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»Die Nachfrage nach EU-Gütern ist unersättlich«
Frank Haas im Gespräch mit Michael Stephenson
Davies Turner ist seit 40 Jahren die Partnerspedition von Gebrüder Weiss in Großbritannien. Im Interview spricht Geschäftsführer Michael Stephenson über seine persönlichen Brexit-Erwartungen.
Wir stehen zurzeit vor dem sogenannten No-Deal-Brexit. Wie haben Sie, als Logistikunternehmen, sich auf diese Situation vorbereitet? Das hat uns viel Zeit und Geld gekostet. Es ist schwierig, Pläne zu machen, wenn man nicht weiß, wofür. In letzter Minute scheint sowohl bei der EU als auch bei der britischen Regierung der ehrliche Wunsch zu bestehen, ein Handelsabkommen zu vereinbaren, also hoffen wir das Beste. Unabhängig vom Ergebnis werden wir gut vorbereitet sein. Wir haben zusätzliches Zollpersonal eingestellt und geschult, und wir entwickeln unsere Import-und-Export-Systeme weiter. Die Herausforderung besteht darin, die konkurrenz fähigen Vorlaufzeiten, die für unsere gemeinsamen Kunden mittlerweile selbstverständlich sind, bestmöglich einzuhalten.
Haben Sie Angst um die Wettbewerbsfähigkeit britischer Produkte? Ein No-Deal-Abkommen wird sich sicherlich auf die Wettbewerbsfähigkeit britischer Produkte und Dienstleistungen auswirken; dies könnte jedoch durch den sinkenden Wert des Britischen Pfunds ausgeglichen werden. Auch wenn sie nicht mehr in britischem Besitz sind, sind Autohersteller wie Jaguar Landrover (JLR) sowie große Fertigungsanlagen für Nissan und Toyota neben der Luft- und Raumfahrt und dem Finanzwesen äußerst wichtig für die britischen Exporte in die EU. Um wettbewerbsfähig zu bleiben, werden diese Industrien stark von einem Freihandelsabkommen abhängen, und eine gewisse Flexibilität bei den Ursprungsregeln, die scheinbar einen schwierigen Punkt in den Verhandlungen darstellen, wird notwendig sein.
Was ist Ihre persönliche Meinung zur Behauptung, der Brexit werde die britische Wirtschaft ankurbeln? Die Vor- und Nachteile werden sich möglicherweise letztendlich gegenseitig aufheben, aber die Gründe für einen Brexit
Davies Turner wurde 1870 gegründet und betreibt heute über 20 Standorte in Großbritannien und Irland mit rund 100.000 Quadratmeter Lagerfläche. Das Familienunternehmen wird von Philip Stephenson und Michael Stephenson (links) geführt.
Founded in 1870, Davies Turner now has 20 sites in Britain and Ireland and around 100,000 square meters of warehouse space. The family-run business is led by Philip Stephenson and Michael Stephenson (left).
sind wahrscheinlich sowohl ideologischer als auch kommerzieller Art. Kurzfristig wird erwartet, dass der Austritt aus der EU erhebliche negative Auswirkungen auf die britische Wirtschaft haben wird, aber natürlich wird sich dies deutlich verringern, wenn ein Handelsabkommen erreicht wird.
Wird der Brexit die lokale Wirtschaft stärken? Und wenn ja, wie wird sich dies auf die logistischen Rahmenbedingungen vor Ort auswirken? Auf dem Logistikmarkt wird es Gewinner und Verlierer geben. Einige Unternehmen im Vereinigten Königreich verlegen ihre Lagerhaltung in Lagerhäuser auf dem Kontinent, um den freien Umlauf und den reibungslosen Handel mit EU-Kunden aufrechtzuerhalten. Umgekehrt errichten einige EU-Unternehmen Vertriebslagerhäuser hier, um den britischen Markt zu bedienen. Es könnte interessante regionale Auswirkungen für Davies Turner haben, da die Regierung ein strenges Verfahren zur Vermeidung von Staus um das Hafengebiet einführt, bei dem Lkw auf dem Weg nach Kontinentaleuropa das Ausfuhrzollverfahren abgeschlossen haben müssen, bevor sie in die Grafschaft Kent, in der Dover liegt, einfahren dürfen. Unser wichtigster Knotenpunkt für den Weg nach Europa liegt in Dartford, Kent. Dort werden wir die Exportdokumente online an das computergestützte System der Regierung übermitteln, um so die Genehmigung zu erhalten, dass die Lkw ohne weitere Ausfuhrformalitäten direkt zum Fährhafen oder zum Eurotunnel fahren können.