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Hanf & seine Fasern

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VON DIRK NETTER

HANF ALS RETTER DER MODERNEN TEXTILINDUSTRIE

Ob Abendkleid oder Freizeithose – Kleidung aus Hanffasern ist längst nicht mehr ausschließlich Szenekleidung für Cannabis- Enthusiasten. Hanf hat das Potenzial, die Textilindustrie massiv zu verändern.

Waren es bisher eher die Bereiche der nachhaltigen Mode und der hochwertigen Funktionskleidung, die auf Hanffasern gesetzt haben, so steigt das Interesse auch in der Bekleidungsindustrie im Allgemeinen.

Neben der gestiegenen Nachfrage an allem, was Hanf betrifft, sind es insbesondere die landwirtschaftlichen und ökonomischen Vorteile, in die die Industrie ihre Hoffnungen setzt.

Hanftextilien sind umweltfreundlich und günstig in der Produktion

Denn im Gegensatz zu seinem größten Konkurrenten, der Baumwolle, weist Hanf einen beträchtlich geringeren ökologischen Fußabdruck auf: Bei gleicher Fläche können etwa dreimal so viele Hanffasern erzeugt werden.

Ebenso wird bei der Produktion wesentlich weniger Bewässerung benötigt: Für ein Kilogramm nutzbare Hanffasern werden ca. zwischen 2041 – 3401 Liter Wasser benötigt. Im Kontrast dazu, 9788 – 9958 Liter bei einem Kilogramm Baumwollfasern, wie eine Studie von Duque et al. (2020, S. 11) verdeutlicht.

Während in der industriellen Hanfproduktion bisher nahezu keine Insekten und Unkrautvernichtungsmittel Anwendung finden, ist dies bei der Baumwolle in beträchtlichem Ausmaß notwendig. Neben den hohen Umweltschäden, die der Einsatz von Insektiziden verursacht, schlägt sich dies auch auf die landwirtschaftlichen Kosten der Baumwollproduktion nieder, die bei Hanf in etwa 77 % geringer ausfallen (vgl. Duque Schumacher/Pequito/Pazour 2020, S. 11).

CO2-Bilanz von Hanf im Vergleich zur Baumwolle

Der höchste Energiebedarf bei der Produktion von Hanftextilien fällt auf den Spinnprozess. Für jede Tonne gesonnene Hanffaser werden 3,5 kg – 5,5 kg CO₂ ausgestoßen (Baumwolle im Vergleich 2,5 kg – 6 kg). (vgl. Duque Schumacher/Pequito/Pazour 2020, S. 3) Der vergleichsweise niedrigere Energiebedarf bei der Baumwollverarbeitung lässt sich unter anderem auf die vielen Jahrzehnte intensiver Forschungsarbeit zurückführen, die eine weitgehend effiziente Verarbeitung ermöglichte, während die industrielle Hanftextilproduktion (prohibitionsbedingt) lange Jahre brach lag.

Es kann jedoch davon ausgegangen werden, dass dieser Energiebedarf durch Innovationen im Verarbeitungsprozess, sowie durch die flächendeckende Anwendung erneuerbarer Energien auf eine mindestens gleichwertige Ebene mit dem der Baumwollproduktion gebracht werden kann.

Verarbeitungsprozess von Hanffasern

Während aus Baumwollfasern vergleichsweise einfach Garn gesponnen werden kann, erfordert Hanf einen aufwändigeren Verarbeitungsprozess, bei dem die Pflanzenfasern von den holzigen Bestandteilen getrennt werden. Dieser Arbeitsschritt, der traditionell als »Röste« bezeichnet wird, ist sehr aufwendig und zeitintensiv. Bei der sogenannten »Feldröste« werden die abgeschnittenen Pflanzen auf dem Feld ausgelegt, wo sie dem Tau ausgesetzt und von Mikroorganismen (und frostbedingtem mechanischen Stress) bearbeitet werden. Die unerwünschten Bestandteile werden dadurch wieder an den Boden abgegeben, während die Fasern übrig bleiben und anschließend abgesammelt und versponnen werden können. Grundlage dafür ist ein optimal gewählter Erntezeitpunkt, der sich je nach Witterung und Geografie unterscheidet. Denn mit zunehmenden Pflanzenalter degradieren die wünschenswerten Langfasern zu, für die Textilproduktion weniger geeigneten, Fasern (vgl. Duque Schumacher/ Pequito/Pazour 2020, S. 2–3).

Hohes Innovations- und Entwicklungspotenzial für Hanf-Textilsektor

Sowohl bei der Ernte, als auch bei der Röste sowie bei der Anwendung angemessener Erntemaschinen und -techniken existiert ein großer Spielraum für Innovationen, der bislang weitestgehend ungenutzt ist. In Anbetracht der Nachhaltigkeit von Hanftextilien, sowie deren breite Anwendungsmöglichkeiten abseits der Bekleidung (beispielsweise in Form von Vlies als Bau-, Geo- und Agrartextil, oder auch als naturfaserverstärkter Kunststoff in der Automobilindustrie), sowie die geringen landwirtschaftlichen Folgekosten, spricht einiges für großflächige Investitionen – notfalls in Form von gesetzlich vorgeschriebenen Quoten um dem Markt Starthilfe zu geben.

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