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Ist für Cannabis Tabaksteuer zu bezahlen?
Text Mag. Georg Männl | Rechtsanwalt |Gibel Zirm Rechtsanwälte
Cannabisblüten werden aktuell in vielen Geschäften als pflanzliche Raucherzeugnisse verkauft. Obwohl auf der Verpackung Warnhinweise zur gesundheitlichen Gefahr angebracht sind und diese als Rauchware verkauft werden, führen die Unternehmen keine Tabaksteuer ab. Ist diese Vorgangsweise korrekt und wenn ja wie lange noch?
Sogenannte Tabakerzeugnisse unterliegen dem Tabakmonopol. Obwohl man aus dem Wort „Tabakerzeugnis“ ableiten könnte, dass nur Erzeugnisse aus Tabak darunterfallen, kann dies auch auf andere Erzeugnisse zutreffen.
Nach der Gesetzeslage fallen nämlich auch Erzeugnisse unter das Tabakmonopol, die ganz oder teilweise aus anderen Stoffen als Tabak bestehen, ansonsten jedoch Tabakzigaretten oder Rauchtabak gleichzuhalten sind. Vom Tabakmonopol und der Tabaksteuer ausgenommen sind aber Erzeugnisse, die keinen Tabak enthalten und ausschließlich medizinischen Zwecken dienen.
Der Verkauf von Cannabisblüten zu medizinischen Zwecken ist derzeit in Österreich nur in einem sehr eingeschränkten Bereich zulässig. Hier könnte sich zwar in ferner Zukunft etwas ändern, weil Nachbarländer wie Deutschland bereits viel großzügiger sind. In naher Zukunft wird das aber nicht passieren, wie sich aus einer aktuellen Stellungnahme des obersten Sanitätsrats ableiten lässt. Hier bleibt den Unternehmen der Cannabisbranche daher nichts anderes übrig, als aufmerksam die Gesetzeslage im Auge zu behalten und bei Gesetzesänderungen rasch zu reagieren.
Da der Verkauf zu medizinischen Zwecken scheitert, ist zu prüfen, in welchen Fällen Erzeugnisse aus Cannabis Tabakzigaretten oder Rauchtabak gleichzuhalten sind.
Das Tabaksteuergesetz versteht unter Zigaretten Tabakstränge,
1. die sich unmittelbar zum Rauchen eignen und nicht Zigarren oder Zigarillos sind oder;
2. die durch einen einfachen nicht industriellen Vorgang in eine Zigarettenpapierhülse geschoben werden oder;
3. die durch einen einfachen nicht industriellen Vorgang mit einem Zigarettenpapierblättchen umhüllt werden.
Ist eine dieser Voraussetzungen erfüllt, so unterliegt ein Cannabiserzeugnis dem Tabakmonopol und ist Tabaksteuer zu zahlen. Nun sind der Fantasie zumeist keine Grenzen gesetzt. Tatsächlich fällt es einem aber schwer, sich eine Cannabiszigarette oder einen Cannabisjoint vorzustellen, ohne dass eine der obigen Voraussetzungen erfüllt ist. Man muss daher davon ausgehen, dass Joints bzw. Zigaretten mit Cannabis grundsätzlich immer unter das Tabakmonopol fallen und dafür Tabaksteuer zu zahlen ist.
Schwieriger ist die Situation jedoch bei ganzen Cannabisblüten, die nicht in ein Papier geschoben werden und verpackt an Konsumenten verkauft werden. Nach dem Gesetz unterliegen andere Erzeugnisse als Rauchtabak (Feinschnitt) der Tabaksteuer, wenn sie dem Rauchtabak (Feinschnitt) gleichzuhalten sind. In welchen Fällen sind Cannabisblüten jedoch Rauchtabak (Feinschnitt) gleichzuhalten? Auch hier ist zu untersuchen, welche Eigenschaften Rauchtabak nach dem Gesetz hat, um dann beurteilen zu können, ob Cannabisblüten diese Eigenschaften auch aufweisen.
Gemäß § 3 Abs. 3 Tabaksteuergesetz ist Rauchtabak, geschnittener oder anders zerkleinerter, gesponnener oder in Platten gepresster Tabak, der sich ohne weitere industrielle Bearbeitung zum Rauchen eignet. Sofern Cannabisblüten nicht geschnitten oder anders zerkleinert, gesponnen oder in Platten gepresst sind und sich ohne weitere industrielle Bearbeitung zum Rauchen eignen, fällt keine Tabaksteuer an und unterliegt das Erzeugnis auch nicht dem Tabakmonopol.
Fein zerkleinerte Cannabisblüten, allenfalls auch gemischt mit anderen Pflanzen, unterliegen daher dem Tabakmonopol. Weicht man jedoch von diesem klaren Beispiel ab, so ergibt sich ein erheblicher Graubereich, in dem die Unternehmen dem Ermessen der Behörden ausgeliefert sind. Müssen beispielsweise die Cannabisblüten handgepflückt sein? Oder ist der Einsatz von Schnittgeräten bei der Ernte noch zulässig, solange die Blüten als Ganzes abgepackt werden? Diese Fragen sind in doppelter Hinsicht entscheidend. Je nachdem, wie man diese beantwortet, fällt nicht nur Tabaksteuer in erheblicher Höhe an. Vielmehr würde das Cannabiserzeugniss auch dem Tabakmonopol unterliegen, was zu einem Verkaufsverbot in herkömmlichen Handelsgeschäften führen würde.
In der Praxis prüfen die Behörden derzeit nicht, wie die Cannabisblüte von der Pflanze getrennt und dann abgepackt wurde. Im Alltag lässt sich daher feststellen, dass für Cannabisblüten, die nicht geschnitten oder anders zerkleinert, gesponnen oder in Platten gepresst sind, keine Tabaksteuer zu zahlen ist und diese nicht dem Tabakmonopol unterliegen.
Blickt man in die Zukunft, so stellt sich jedoch eine wesentliche Frage: Können die Behörden diese Praxis jederzeit ändern und daher von einem Tag auf den anderen auch Cannabisblüten dem Tabakmonopol unterwerfen?
Grundsätzlich darf der Gesetzgeber die Freiheit der Unternehmen nicht beliebig einschränken. Verfassungsrechtlich ist zwischen Ausübungs- und Zugangsbeschränkungen zu unterscheiden. Ausübungsbeschränkungen erlauben zwar eine unternehmerische Tätigkeit, lenken diese aber in gewisse Bahnen (zB Ladenschlusszeiten). Solche Vorschriften sind in der Regel verfassungsrechtlich unbedenklich. Zugangsbeschränkungen sehen dagegen eine Hürde vor, ob jemand überhaupt eine unternehmerische Tätigkeit ausüben darf. Kann eine Person diese aus eigenem schaffen (z. B. Aufnahmeprüfung), so unterliegen derartige Vorschriften noch keiner strengen verfassungsrechtlichen Kontrolle. Kann eine Person diese Hürden jedoch nicht aus eigenem schaffen (z. B. eine begrenzte Anzahl von Lizenzen), so unterliegen derartige Vorschriften einer besonders strengen verfassungsrechtlichen Kontrolle.
Würden Cannabisblüten unter das Tabakmonopol fallen, so würde eine Zugangskontrolle letzterer Art vorliegen. Denn österreichische Unternehmen könnten sich zwar um eine öffentlich ausgeschriebene Tabaktrafik bewerben. Da aber wenig neue Tabaktrafiken jährlich ausgeschrieben werden und behinderte Bewerber bevorzugt werden (§ 30 Tabakmonopolgesetz), hätten nicht behinderte Bewerber wenig Chancen. Selbst wenn Bewerber seit Jahren ein Cannabisfachgeschäft betrieben hätten, hätten sie nahezu keine Chancen auf eine Tabaktrafik und würde daher vor dem wirtschaftlichen Aus stehen. Sollten die Behörden daher ihre Sichtweise ändern, so würde dies einer strengen Kontrolle des Verfassungsgerichtshofs unterliegen, was den Unternehmen der Cannabisbranche etwas Zuversicht geben sollte.
Wünschenswert wäre aber in Wahrheit, dass eine klare gesetzliche Regelung geschaffen wird, die auch für alle Seiten erfolgversprechend sein und folgendermaßen aussehen könnte: Cannabisprodukte dürfen in Trafiken und in Cannabisfachgeschäften verkauft werden. In beiden Fällen ist Steuer zu zahlen, jedoch in einer Höhe, dass man Cannabisblüten zu konkurrenzfähigen Preisen verkaufen darf. Beide Geschäftsstellen unterliegen strengen Auflagen, etwa was den Jugendschutz, die Qualitätskontrolle und die Abfuhr der Steuer anbelangt. Diese Lösung wäre für vier Seiten gut: Die Existenz der Cannabisfachgeschäfte wäre gesichert. Die Trafiken könnten teilhaben an einem Markt, von dem sie derzeit weitgehend ausgeschlossen sind. Der Staat hätte Steuereinnahmen. Und die Verbraucher hätten rechtliche Klarheit beim Einkauf und eine gute Qualitätskontrolle.