Neu zwischen Alt Bauen in historischem Kontext eine Architekturkritik von Hannah Anouk Freund, 20.02.2017
Stadthaus am Markt, Frankfurt am Main
Neubau Historisches Museum, Frankfurt am Main
Neu zwischen Alt Bauen in historischem Kontext Historische Gebäude haben schon seit Jahren und aktuell in zunehmendem Maße einen gar „heiligen“ Wert. Vor allem in Deutschland ist der Umgang mit unserer Geschichte besonders im architektonischen Sinne ein brisantes Thema. Aufgrund der hohen Kriegszerstörung sind städtebauliche Eingriffe in deutschen Altstädten eine heikle, jedoch unumgängliche Unternehmung. Diskussionen drehen sich stets um Rekonstruktion versus Neubau. Im Fokus steht dabei generell der Umgang mit der Historie. Viele Stimmen sind der Meinung, der ästhetische Missstand in der Architektur der Gegenwart sei nur durch das Wiederaufnehmen alter Stilmittel zu lösen. Daher stehen sich echt und unecht, Wahrhaftigkeit und Täuschung sowie Tradition und Moderne, Geschichtsbewusstsein und Vergessen gegenüber. Daraus resultieren die Fragen: Wie können wir heutzutage im historischen Bestand bauen? Müssen wir uns anpassen oder abgrenzen, rekonstruieren oder interpretieren und welche Mittel sind erlaubt oder nötig für einen guten architektonischen Entwurf? Die Frankfurter Altstadt, welche mit ½ km² den kleinsten Stadtteil von Frankfurt am Main bildet, wurde während des Zweiten Weltkrieges durch drei schwere Luftangriffe der Briten im März 1944 massiv zerstört. Schon damals wurden sich die mit dem Wiederaufbau beauftragten Personen nicht über die neue Gestalt der Altstadt einig. Aufgrund lang anhaltender Diskussionen über Rekonstruktion oder Neubau konnte erst 1947, ganze drei Jahre nach der Zerstörung, mit dem Wiederaufbau begonnen werden. Man einigte sich damals auf einen Kompromiss, eine Mischung aus Neubauten und vereinfachten Rekonstruktionen wichtiger Baudenkmäler wie der Paulskirche und des „Goethe Hauses“. In den 70er Jahren erweiterten zwei moderne Betonbauten die Altstadt. Mit ihren „brutalistischen“ Betonfassaden erregten das Technische Rathaus und der Erweiterungsbau des Historischen Museums (Abb. 1) viel Aufmerksamkeit und wurden von der Bevölkerung höchst kritisch betrachtet. Im Jahr 2005 wurden vorhergegangene Überlegungen über einen Umbau des Rathauses mit dem Beschluss zum Abriss beendet. In Folge dessen wurde ein städtebaulicher Ideenwettbewerb ausgeschrieben, der sich mit der Neubebauung des großflächigen Areals zwischen der Schirn Kunsthalle und dem Dom beschäftigte. Vorgaben waren eine kleinteilige Bebauung, ein harmonisches Einfügen in den Altstadtbestand sowie die Wiederherstellung des „Krönungswegs“. Die Ergebnisse des Wettbewerbs wurden in den folgenden Jahren stark diskutiert und stetig verändert, bis die Stadtverwaltung im Jahr 2007 den Beschluss zu dem aktuell in der Ausführung befindlichen Großprojekt „Neue Altstadt“ erteilte. Der Beginn des Projektes startete 2010 mit dem Abriss des Tech-
Hannah Anouk Freund, 20.02.2017 nischen Rathauses und ein Jahr später wich auch der Anbau des Historischen Museums. Im Zuge des großflächigen Erneuerungsprojektes sollen 15 Rekonstruktionen und 20 Neubauten sowie eine nahezu detailgetreue Wiederherstellung des Straßennetzes vor Kriegsbeginn umgesetzt werden und das neue Gesicht der Frankfurter Altstadt bilden. Start der Bauarbeiten, die von der eigens gegründeten städtischen Gesellschaft Dom-Römer GmbH kontrolliert werden, war 2012. Voraussichtliches Ende ist 2018, bis dahin wird das Projekt eine Summe von aktuell geschätzten 186 Millionen Euro verschlungen haben.
Abb. 1 Altes Historisches Museum, Blick von Römer
Abb. 2 Stadthaus am Markt, Blick von Domplatz
Abb. 3 Neubau Historisches Museum, Blick von Römer
Fokus dieses Beitrags ist eine vergleichende Analyse zweier Gebäude, die sich als Beispiele zum Leitthema „Bauen in historischem Kontext“ eignen und deren Betrachtung zu der aktuellen Diskussion zu diesem Thema beiträgt. Das Stadthaus am Markt (Abb. 2), welches das erste umgesetzte Gebäude des Projekts „Neue Altstadt“ ist, wurde von Meurer Architekten Stadtplaner Ingenieure aus Frankfurt in Zusammenarbeit mit cba architects aus Luxemburg entworfen. Als vergleichende Architektur dient der Neubau des Historischen Museums (Abb. 3), ein Entwurf von Lederer Regnarsdottir Oei (LRO) aus Stuttgart, der zwar nicht Teil des Projekts „Neue Altstadt“ ist, sich jedoch aufgrund seines Kontextes in der Frankfurter Altstadt zum Vergleich eignet.
Rekonstruktion
Stadthaus am Markt
Neubau
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Bestand
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Hühnermarkt
Domplatz
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Dom Schirn Kunsthalle
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Abb. 4 Verortung des Stadthauses am Markt innerhalb des Projekts „Neue Altstadt“
Das Stadthaus am Markt ist zwischen Schirn Kunsthalle und Dom verortet und bildet den südlichen Abschluss der „Neuen Altstadt“ (Abb. 4). Der aus fünf Gebäudeteilen bestehende Bau wird zukünftig direkt an die noch im Bau befindliche, am Krönungsweg liegende Häuserzeile angeschlossen sein, welche mit bedeutenden Rekonstruktionen wie das Haus „Zur Goldenen Waage“ und das „Rote Haus“ das Kernstück des Quartiers bilden soll. Der Haupteingang des Stadthauses befindet sich im Norden zum Domplatz ausgerichtet, die Südfassade öffnet sich zu der schmalen Bendergasse, welche gegenüberliegend von der Schirn Kunsthalle begrenzt wird und nach Westen Richtung Römer ansteigt. Das neue Stadthaus überbaut den historisch bedeutenden Archäologischen Garten, der Ausgrabungen aus der Zeit der Karolingischen Kaiserpfalz und der Römer zeigt. Im Auftrag der Stadtregierung und der Dom Römer GmbH als Bauherr haben das Büro Meurer und cba architects das Stadthaus am Markt als Veranstaltungsgebäude mit Mehrzwecknutzung geplant. Der Archäologische Garten mit Grundmauern aus der Entstehungszeit Frankfurts soll geschützt werden, jedoch immer noch der Öffentlichkeit frei zugänglich sein. Der Entwurf des Stadthauses am Markt folgt dem Konzept eines „steinernen“ Gebäudes, welches sich mit seinen fünf spitzgiebligen Gebäudeteilen aus rotem Main-Sandstein in die kleinteilige Altstadtumgebung einfügt. Weitere historische Stilmittel wie Arkaden und Profilierungen, jedoch auch die städtebauliche Positionierung am Dom (Ravensteinplan von 1861 zeigt ehemalige Bebauung bis an den Dom heran
(Abb. 5)) werden genutzt, um sich dem historischen Kontext anzupassen. Mit modernen Elementen aus Metall sowie einer rhythmischen Fenstereinteilung wird zudem Bezug auf die Architektur der Gegenwart genommen und eine Brücke zu der gegenüberliegenden Schirn Kunsthalle geschlagen. Auch die Konstruktion des Stadthauses ist eine Kombination aus Historie und Moderne. Die Main-Sandstein Fassade ist einem modernen Stahlbetonbau vorgeblendet, der zum einen den freitragenden Konferenzsaal über dem Archäologischen Garten möglich macht und zum anderen ein schlichtes Inneres zur Präsentation der Ausgrabungen bietet.
Abb. 5 Ravensteinplan von 1861, Ausschnitt Altstadt
1
2
4 3
Abb. 6 Gesamtkomplex - Stadthaus am Markt
ße Domstra
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Der Grundriss gliedert den zwei- bis viergeschossigen Gesamtkomplex (Abb. 7) mit 4000 m² Nutzungsfläche in fünf Teile (Abb. 6). Das östliche Haus 1, welches den Haupteingang bildet und vom Domplatz aus gut sichtbar ist, verfügt über drei Geschosse, die das Foyer sowie Seminarräume im dritten Stock beherbergen. Haus 3, welches nach der Schirn Kunsthalle ausgerichtet ist, verfügt über Zugänge und Aussichtspunkte zu dem abgesenkten Archäologischen Garten und bildetet im ersten Stock die Erweiterung des Foyers. Über das Foyer hat man direkten Zugang zu dem 12 Meter hohen Veranstaltungssaal (Abb. 8) für ca. 150 Gäste, der als Haus 2 das Kernstück des Komplexes bildet und den Römer als Tagungsstätte entlasten soll. Westlich schließt mit Haus 4 der Technik und Servicebereich an den Saal an. Haus 5 schließt den Gesamtkomplex im Westen ab, dabei nimmt es ebenerdig Gewerbeflächen auf und bietet in den drei oberen Geschossen Platz für Wohnungen.
Domplatz
U
Dom
Weckmarkt
Veranstaltungssaal Archäologischer Garten Foyer und Nebenräume
Seminarräume
Technik und Service
Wohnen
Gastronomie und Einzelhandel
Abb. 9 Stadthaus am Markt, Blick von Weckmarkt
Abb.10 Tür Haupteingang - Stadthaus am Markt
Die Inszenierung der Architektur von Meurer und cba architects findet auf mehreren Ebenen statt. Der Gebäudekomplex betont sanft durch seine abgestuften, schiefergedeckten Giebeldächer sowie die rot bis grau gehaltene Farbpalette, die Verbindung vom Dom zur Schirn Kunsthalle und zur restlichen kleinteiligen Altstadtarchitektur (Abb. 9). Als besondere und weitaus intensivere Inszenierung wurde dem Veranstaltungssaal ein goldenes Dach aufgesetzt. Die Goldelemente wiederholen sich zudem als Betonung in der Fassadengestaltung. So sind die Tür des Haupteingangs (Abb. 10), die Fensterrahmen sowie die Gitter des Archäologischen Gartens aus goldenem Metall gefertigt (Abb. 11). Besondere Blickbezüge und Tageslicht erweitern die Inszenierung des Gebäudes im Inneren. Durch offene Zwischenräume des Kernstücks zu den umgebenden Gebäudeteilen wird zum einen der schwebende Saal hervorgehoben und zum andern der darunter liegende Archäologische Garten mit indirektem Tageslicht versorgt. Es entsteht eine mystische Atmosphäre, die den alten Stadtmauern angemessen erscheint. Ermöglicht wird diese Stimmung außerdem durch die Zurücknahme der Innenarchitektur, welche mit Sichtbeton und anthrazitfarbenen Elementen gestaltet ist und so in den Hintergrund tritt.
Abb.7 Schnitt mit Nutzungen - Stadthaus am Markt
Rekonstruktion Neubau Bestand
Stadthaus am Markt
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Abb. 8 Exemplarischer Grundriss 1. OG - Stadthaus am Markt
Abb.11 Goldelemente Fassadengestaltung - Stadthaus am Markt
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Neubau Historisches Museum Main
Altbau Historisches Museum Bestand Abb. 12 Verortung des Neubaus des Historischen Museums
Der Neubau des Historischen Museums, welcher aus zwei gegenüberliegenden Gebäuden und einem Hof mit Freitreppe besteht, befindet sich zwischen Römer und Main (Abb. 12). Der größere der beiden Neubauten tritt vom Römer aus gesehen hinter der „Alten Nikolaikirche“ hervor und gibt der nördlich verlaufenden Saalgasse ihre ehemalige Form zurück (Ravensteinplan von 1861, Verlauf der Saalgasse (Abb. 5)). Der kleinere Neubau schließt direkt an den Saalhof (Teil des alten Historischen Museums am Mainkai) an. Der zwischen den beiden Gebäudeteilen liegende Innenhof öffnet sich nach Westen zum Fahrtor hin. Subterran sind die Neubauten durch ein unter dem Hof liegendes Geschoss verbunden. Mit der Stadt Frankfurt als Bauherrn hat das Büro LRO ein neues Ausstellungshaus, einen Museumsplatz sowie einen kleineren Verwaltungsbau entworfen, welche das Museum auf eine Gesamtfläche von 6000 m² erweitert. Der Entwurf von LRO für den Neubau des Historischen Museums verfolgt ein klares Konzept: Kontinuität. Typisch für die Arbeiten des Stuttgarter Büros ist den Architekten der Kontext sehr wichtig, die Sprache der umgebenden Altstadtbebauung wird aufgenommen und mit dem Entwurf weitergeführt. So spielen auch an dieser Stelle die Vorkriegsstrukturen der Stadt eine große Rolle. Ehemals prägende Elemente werden wieder fokussiert, wie z.B. die Betonung des gegen-
überliegenden „Haus Wertheim“ (Abb. 12), welchem als einzig erhaltenem Fachwerkhaus der Altstadt durch die Öffnung des Hofes besondere Aufmerksamkeit zuteil wird. Auch die mit Naturschiefer gedeckten Satteldächer fügen sich schlicht in das Gesamtbild der Altstadt ein. Durch Kontinuität und sanfte Wiederaufnahme alter Stilmittel, städtebaulich wie auch in der Fassadengestaltung, wird in die Gegenwart überführt. Die Konstruktion der beiden Neubauten ist ebenso wie die des Stadthauses am Markt eine Stahlbeton-Konstruktion mit vorgeblendeter Main-Sandstein Fassade, welche durch ihre traditionelle handwerkliche Verarbeitung von hoher Qualität besticht und sich fließend in die Umgebung einfügt (Abb. 13).
Abb. 13 Neubau angefügt an Altbau - Historisches Museum
Der Grundriss der beiden Gebäude gliedert sich auf zwei unterirdisch verbindende Ebenen, sowie vier weitere Geschosse im Eingangs- / Verwaltungsbau und drei Geschossen im großen Ausstellungsgebäude (Abb. 14). Die Besucher betreten das Museum zukünftig über den Hof (Abb.15) und den Haupteingang im südlichen, kleineren Neubau. Von dort gelangen sie in das erste Untergeschoss, welches die Frankfurter Stadtgeschichte illustriert und mit einem die Stadtmodelle auswechselnden Roboter beeindrucken wird. Im großen Ausstellungshaus werden im Erdgeschoss auf 1000 m² Fläche Wechselausstellungen stattfinden. In den beiden darüber liegenden Stockwerken findet die historische Dauerausstellung Platz. Aus dem Dachgeschoss bietet sich den Besuchern zudem aus 84 Fenstern ein besonders schöner Ausblick über die Stadt. Wie im Museumsbau üblich sind die Ausstellungsbereiche komplett barrierefrei gestaltet.
Abb.16 Lichtkonzept - Neubau Historisches Museum
Ausstellung Stadtgeschichte Technik, Sanitär, Garderobe WechselDaueraustellungen ausstellung
Foyer Verwaltung
Verbindung Neubau - Altbau Altbau
Abb. 17 Spiegelung der Alten Nikolaikirche
Abb.14 Schnitt mit Nutzungen - Neubau Historisches Museum
Abb.15 Modell - Neubau Historisches Museum
Abb.18 Rautenmuster - Neubau Historisches Museum
Die Inszenierung der neuen Architektur zwischen Römer und Main (Abb. 15) ist passend zu dem Konzept der Kontinuität insgesamt schlicht gehalten. Die Fassade des Ausstellungsbaus hebt sich durch eine Gliederung in Form von Wandnischen ab. Die rhythmische Anordnung der Nischen richtet sich nach der Fensteranordnung der gegenüberliegenden „Alten Nikolaikirche“, der Neubau nimmt so direkten Bezug auf die Umgebung und fügt sich städtebaulich ein. In den Einbuchtungen sollen zukünftig Figuren und historische Bauelemente aus dem Bestand des Museums in Szene gesetzt werden, auf ihnen wird auch der Fokus des Lichtkonzeptes liegen (Abb. 16). Durch das Heraustreten der Ausstellungsgegenstände in den Stadtraum wird gezielt auf die Nutzung des Gebäudes hingewiesen. Die Fensteranordnung passt sich dem Rhythmus der Nischen an und es werden gezielt Ausblicke auf den Römer, den Rententurm und die „Alte Nikolaikirche“ freigegeben (Abb. 17). Der kleinere Verwaltungsbau bildet den neuen großflächigen Haupteingang des Museums den Besucher über den Hof erreichen. Die Eingangsfassade wird durch ein besonderes Rautenmuster mit innenliegenden Kreisen hervorgehoben (Abb. 18). Auch in der Inszenierung durch das Lichtkonzept spielt diese besondere Fassadengestaltung eine tragende Rolle, da die Kreise nachts leuchten (Abb. 16).
Die Entwürfe, Stadthaus am Markt und Neubau des Historischen Museums, sind beide auf ihre Art eine angemessene Antwort darauf, wie man heutzutage mit historischem Kontext umgehen kann. Das Stadthaus am Markt wurde unter Architekturkennern stark kritisiert. Jedoch erweist sich der Entwurf von Meurer Architekten und cba architects bei näherer Betrachtung besonders städtebaulich als harmonischer Vermittler zwischen traditioneller Altstadtarchitektur und Moderne. Die abgestuften Giebelbauten verbinden Dom und Schirn Kunsthalle welche einen auffälligen Höhenunterschied aufweisen. Zudem entsteht als Anfügung zum Domplatz ein einladender Eingangsbereich in die Frankfurter Altstadt. Die rote Main-Sandstein-Fassade passt sich farblich hervorragend an ihre Umgebung an, jedoch verhindert die auffällig zeitgenössische Fenstereinteilung eine zu historisierende Anmutung. Größter Makel des neuen Stadthauses ist seine zukünftige Nutzung. Als erster Baustein der „Neuen Altstadt“ war das Stadthaus eine Planung der alten Stadtregierung. Nach dem politischen Wechsel Anfang März 2016 sieht die neue Stadtregierung zusätzlich zur öffentlichen Nutzung als Veranstaltungsort ein ökumenisches Kirchenmuseum vor. Jedoch würde eine museale Nutzung des bereits 20 Millionen Euro teuren Baus schwerwiegende Umbaumaßnahmen erforderlich machen. Zudem kann das neue Schmuckstück Frankfurts zurzeit nicht vermarktet werden, da eine klare Entscheidung über die zukünftige Nutzung noch aussteht und somit kein Betreiber festgelegt werden kann. Der mögliche, voraussichtlich aber höchst unrentable Umbau würde 2017 beginnen und weitere unnötige Kosten verursachen. Aus diesem Grund ist es nicht verwunderlich, dass die Frankfurter Stadtbevölkerung nicht besonders gut auf ihr neues „Aushängeschild“ zu sprechen ist. Das eigentliche Problem ist jedoch nicht der architektonische Entwurf des Stadthauses, sondern vielmehr der Selbstverwirklichungsgedanke der Stadtregierung. Die größtmögliche Schwachstelle aus architektonischer Sicht könnte die enge Bendergasse zwischen Archäologischem Garten und Schirn Kunsthalle werden, der Lichteinfall ist in diesem Teil sehr begrenzt. Auf der einen Seite könnte dies der historischen Atmosphäre des Archäologischen Gartens zur Gute kommen, auf der anderen Seite besteht die Gefahr, dass die Gasse von Fußgängern gemieden werden könnte. Der angedachte Einzug von Cafés und Läden würde aber der Verwaisung entgegenwirken. Auch im Innenausbau überzeugt das neue Stadthaus durch die Ausgewogenheit an modernen und historischen Elementen. Die heutige Technik des Bauens macht die Konstruktion des freitragenden Veranstaltungssaals möglich, welche erlaubt, dass die Ausgrabungen des Archäologischen Gartens
komplett unangetastet bleiben. Geschichtliche Motive wie das Rautenmuster der Eingangstür, das an die karolingische Torhalle von Lorsch (Weltkulturerbe seit 1991) erinnert, bilden einen sanften Kontrast. Eben diese Hommage an die Historie findet sich auch in der Fassadengestaltung des Neubaus des Historischen Museums wieder. Dieser Entwurf von Lederer Regnarsdottir Oei, welcher generell ein ähnliches Konzept verfolgt wie der des Stadthauses, wird von Kritikern derzeit weitaus positiver bewertet. Ein Erklärung hierfür könnte sein, dass der Kontrast zu seinem Vorgängerbau extrem hoch ist, welcher mit seinen Betonelementen von Anfang an für starke Ablehnung sorgte. Der Neubau fügt sich in seine Umgebung ein und versucht durch Details, neue Raumsituationen sowie dadurch entstehende Blickachsen, zu glänzen. Das Gesamtbild soll zeitlos wirken, erscheint jedoch durch die Fassadengestaltung in Kombination mit dem extremen Lichtkonzept übertrieben. Der 52,7 Millionen Euro teure Bau soll 2017 eröffnet werden, dann wird man beurteilen können wie das neue Museum von der Bevölkerung angenommen wird und in welcher Weise vor allem auch der neue öffentliche Hof genutzt wird. Insgesamt bleibt zu sagen, dass beide Entwürfe eine klare Haltung zum Bauen im historischen Bestand vertreten. Beide beantworten die Frage nach Anpassung oder Abgrenzung, Rekonstruktion oder Interpretation durch Vermittlung ebendieser Komponenten. Historische Recherche ist im Zusammenhang mit der Altstadt unumgänglich und das Aufnehmen und Interpretieren alter Stadtstrukturen sowie ehemaliger Stilmittel sind kein Täuschungsversuch, sondern nötige Maßnahmen um einen sinnvollen Entwurf zu erarbeiten. Weiterführend machen beide Neubauten klar in welchem Zeitalter wir leben und dass es relevant ist, die heutigen Möglichkeiten des Bauens geschickt zu nutzen um moderne Architektur zu entwickeln. Denn modern muss nicht den Gegensatz von historisch bilden, sondern kann auch als Erweiterung und Bereicherung fungieren.
Bibliografie Literatur
sonstige Quellen
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Abbildungensnachweis Abb. 1
Abb. 15
«Altes Historisches Museum».
BauNetz: «Wie man heute baut». Auf:
Auf: http://media1.faz.net/ppmedia/
www.baunetz.de/meldungen/Meldun-
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26.07.2016 Abb. 16 Abb. 2-4, 6-14, 17-18
MuseumsUferFrankfurt: «Der Neubau
Freund, Hannah. 2016, Frankfurt Main.
des Historischen Museums Frankfurt». Auf: http://www.museumsufer-frank-
Abb. 5
furt.de/portal/de/AktuelleNeubauten/
«Ravensteinplan». Auf: www.domroemer.
Start/0/0/42755/mod1812-details1/2312.
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aspx, aufgerufen am 26.07.2016
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