Cohen-Cossen, Holz- und Linolschnitt

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Christina Cohen-Cossen

Holz- und Linolschnitt



Christina Cohen-Cossen

Holzund Linolschnitt Geschichte, Techniken und Projekte

H a u p t Ve r l a g

Bern

Stuttgart Wien


Für Rolf und meine Eltern Zur Autorin Christina Cohen-Cossen wurde 1969 in Hamburg geboren und studierte an der Hochschule für angewandte Wissenschaften in Hamburg Illustration. Seit 2006 arbeitet sie als selbstständige Illustratorin und Leiterin von Holzschnitt-Workshops. Basierend auf ihrer langjährigen Erfahrung als Tischlergesellin und Meisterin hat sie im Bereich Druckgrafik eine eigene qualifizierte, künstlerische Technik entwickelt.

Text, Fotos und Projekte: Christina Cohen-Cossen, D-Hamburg Gestaltung und Satz: Susanne Nöllgen, D-Berlin Lektorat: Heidi Müller, CH-Bern Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. ISBN 978-3-258-07497-9

IMPRESSUM

Falls nicht anders vermerkt, stammen alle Holz- und Linolschnitte von der Autorin.

Alle Rechte vorbehalten. Copyright © 2009 by Haupt Berne Jede Art der Vervielfältigung ohne Genehmigung des Verlages ist unzulässig. www.haupt.ch Wünschen Sie regelmäßig Informationen über unsere neuen Kunsthandwerk-Titel? Möchten Sie uns zu einem Buch ein Feedback geben? Haben Sie Anregungen für unser Programm? Dann besuchen Sie uns im Internet auf www.haupt.ch. Dort finden Sie aktuelle Informationen zu unseren Neuerscheinungen und können unseren Newsletter abonnieren.

Umschlag vorne: Hund und Libelle

Printed in Germany


I N H A LT Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 1 Geschichte des Holzschnitts . . . . . . . . . . . . . . . . 10 2 Material . . . . . . . . . . . . . . . . 30 3 Die Technik des Holzschnitts . . . . . . . . . . . . . . . 56 4 Projekte . . . . . . . . . . . . . . . . 80 Projekt I: Form . . . . . . . . . . . . . . . . 82 Projekt 2: Stempel . . . . . . . . . . . 92 Zwischenkapitel Messer schärfen . . . . . . . . . . . . . . . . 96

Projekt 4:

Mehrfarbendruck . . . . . . . . . . 108 Zwischenkapitel Druckpressen . . . . . . . . . . . . . . . . 120 Projekt 5:

Rohholzdrucke . . . . . . . . . . . . .126 Zwischenkapitel Trockenvorrichtungen . . . . . . . . .128 Projekt 6:

Verlorener Druckstock . . . 130 Projekt 7:

Puzzledruck . . . . . . . . . . . . . . . . 136

Projekt 3: Weißlinien-, Schwarzlinien-, Flächenschnitt . . . . . . 100

ANHANG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .142 Glossar . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .144 Literaturhinweise und Bildnachweis . . . . . . . . . . . . . . . . . .148

Zwischenkapitel Passvorrichtungen für den Mehrfarbendruck . . . . . . . . . . . . . .106

Dank . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149 Bezugsquellen. . . . . . . . . . . . . . . . . 149 Stichwortregister . . . . . . . . . . . . . 150


In der Hand halten Sie ein Buch über die älteste Technik des Druckens – den Holzschnitt, den man unter Kennern auch die „Hochdrucktechnik“ nennt.

V O RW O RT

Christina Cohen-Cossen bevorzugt in ihren Arbeiten als Illustratorin den Holzschnitt als Druckform, sie ist eine leidenschaftliche Verehrerin dieser Technik und sie erklärt den Holzschnitt im vorliegenden Buch auf subtile und einfühlsame Art und Weise. Sie zeigt praktische Anwendungen, gibt Hinweise und Tipps und führt in die richtige Auswahl von Materialien und Werkzeug ein. Sie bezieht sich bei ihren Projekten sowohl auf historische Beispiele als auch auf eigene Werke. Gleichzeitig werden wir in eine Schwarz-Weiß-Welt der Kontraste eingeführt und in die Welt des vielfarbigen Druckens. Die Autorin möchte mit diesem Buch das Schöpferische, das kreative Potenzial in uns wecken und uns ermutigen, selber die Schönheit des Druckens und der Vervielfältigung zu entdecken. Für die Beschäftigung mit dem Holzschnitt benötigt man keine große Ausrüstung und nicht viel Platz, Messer, Holz, Farbe und Papier genügen bereits.

Für jeden Beruf ist die entsprechende Begabung kostbar und erwünscht, aber die Freude an der praktischen Arbeit und der Wunsch, etwas Neues kennenzulernen und durch die Arbeit ein neues Feld, ein neues Gebiet zu erschließen, sind noch wertvoller. Es gibt in der Kunst keine genauen Rezepte, wie ein Kunstwerk entstehen soll. „Das Kunstwerk ist eine Synthese aus zwei Stücken: Erlebnis als Gefühls- und Empfindungsgehalt und die aus der Wirkung der Mittel abgeleiteten Formprinzipien. Beide werden in der Kunstgestalt zur Einheit. Im Kunstwerk ist die Form der gleichwertige Ausdruck des Erlebnisses, der Empfindungen und Gefühle des Künstlers. In die Form werden die Gefühle des Schaffenden, seine innere Vibration, als Trauer, Freude, Festigkeit, Beschwingtheit, als Härte, Weichheit, Widerstand, Hingabe usf. eingelagert.“ Dies schrieb Gottfried Graf in seinem Buch „Der Neue Holzschnitt“ über das Problem der künstlerischen Gestaltung im Jahre 1927.

Wir schaffen eine Form, ob wir das wollen oder nicht, eine gute oder eine schlechte. Aber was ist eine gute Form? Wenn wir arbeiten, etwas erschaffen, streben wir ein Idealbild der Schönheit, der Funktionalität, der Ästhetik an. Wir haben ein Ziel, ein Bild vor Augen. Es ist aber oft notwendig zu experimentieren, um dieses Ziel zu erreichen. Dieses Buch lehrt uns, offen zu sein für alle Überraschungen und neugierig, die technischen Feinheiten kennenzulernen und zu beherrschen, um dadurch auf einfachste Weise zu einer Lösung zu kommen. Die Autorin entführt uns in ein wundervolles Farben- und Formspiel. Sie regt uns an, mit dem Drucken zu experimentieren, sodass wir zum Schluss auch die Druckplatte und nicht nur das Gedruckte als Kunstwerk betrachten. Ich hoffe, dass sich die Leserinnen und Leser beim Durchsehen des Buches sofort wünschen, sich selbst mit dem Holzschnitt zu befassen, die Technik des Holzschneidens oder Linolschneidens auszuprobieren und sich dabei im Kontrast von Schwarz-Weiß oder in Farben auszudrücken.

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Im Prozess des Holzschneidens werden Sie schwitzen, werden Sie müde werden. Für einige kann das eine gute Therapie sein. Sie werden den Glanz des ersten abgezogenen Blattes nie vergessen, es ist ein unvergleichbares Erlebnis, das Sie wahrscheinlich anspornen wird, weitere Blätter zu bedrucken, noch ein paar Abzüge vom gleichen Druckstock herzustellen, was ja auch der Sinn des Druckens ist. Vergessen Sie dabei nicht, dass Sie diese Technick erst dann beherrschen, wenn Sie in der Lage sind, mit von der Farbe verschmutzten Händen die sauberen Abzüge zu drucken! Jovica Veljovic Professor für Typedesign und Typografie an der Hochschule für Angewandte Wissenschaften in Hamburg Mai 2009

Illustration zum Gedicht Wie er wolle geküsset seyn von Paul Fleming, 2005

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Sessel, Linoldruck, 1997

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Die Projekte bilden den Hauptteil des Buches. Sie sind nach Schwierigkeitsgrad angeordnet und deshalb beginnen Anfänger/innen am besten mit dem ersten Projekt. Die letzten drei Projekte befassen sich mit Sonderthemen, die manchem Holzschneider bekannt sein mögen, für Neulinge dieses Metiers aber eine Herausforderung darstellen. Fortgeschrittene können damit experimentieren, verschiedene Techniken zu kombinieren, zum Beispiel den Mehrfarbendruck mit dem verlorenen Druckstock oder dem Puzzledruck. Betrachtet man das druckgrafische Werk Edvard Munchs, der als der

Wegbereiter des modernen Flächenholzschnitts gilt, so bemerkt man, wie groß die Vielfalt und die Kombinationsmöglichkeiten in grafischer wie auch in malerischer Hinsicht sind. Ein zusätzlicher Anspruch dieses Buches ist es, einfache Bildfindungsmöglichkeiten aufzuzeigen. Ein problemorientiertes Herangehen erleichtert oft den Einstieg in den kreativen Prozess. Collagenarbeit, Kritzeln und freie Arbeiten, wie im Kapitel Treibholz dargestellt, sowie eine große Bandbreite an Kompositionsvorlagen helfen beim Finden von Ideen. Bildfindung von der Recherche bis zur Übertragung ins bevorzugte Medium braucht Zeit: Es lohnt sich, bereits in diesem ersten Stadium sorgfältig zu arbeiten und jedem dieser Schritte die gleiche Aufmerksamkeit wie der endgültigen Umsetzung zu widmen. Ich wünsche Ihnen bei allem, was Sie aus diesen Seiten lernen und umsetzen, dauerhafte Freude – und gutes Gelingen beim Schneiden. Christina Cohen-Cossen

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EINLEITUNG

Dieses Buchprojekt ist inspiriert durch meine persönliche Laufbahn. Schon lange vor meinem Studium der Illustration habe ich Handwerk und Kreativität in Form des Holzschnitts kombiniert und mir dabei immer ein Standardwerk zu diesem Thema gewünscht, das dem technischen wie auch dem künstlerischen Aspekt Rechnung trägt. Nun habe ich ein solches Werk selbst geschrieben und mir einen lange gehegten Wunsch erfüllt. Dieses Buch soll allen Interessierten den Weg zu neuen künstlerischen Ausdrucksmöglichkeiten ebnen und gleichzeitig einen Überblick über die Tradition des Holzschnitts bieten.



3 Die TECHNIK des

Holzschnitts

Alsterwiese, 2006


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TECHNIK


Übertragung des Entwurfs

Der ursprüngliche Entwurf

Beim Übertragen des Entwurfs auf die Druckplatte ist es wichtig, im Kopf zu behalten, dass der Entwurf seitenverkehrt auf die Platte transferiert werden muss. Bereits im Mittelalter wurden in Europa die Motive mit Bleistift und Kohlepapier übertragen, wobei die Zeichnungen mit ihrer Vorderseite nach unten auf dem Druckstock fixiert und dann die Linien mithilfe von Öl für den Schneidprozess transparent gemacht wurden. Die alten Meister der Malerei perforierten ihre Vorzeichnungen mit einem Punkträdchen und kopierten mithilfe eines mit Kohlestaub gefüllten Stoffbeutelchens die Linien auf ihre Leinwände, sofern dies nicht die Arbeit ihrer Schüler war. Dürer und Menzel zeichneten ihre Entwürfe direkt auf den Druckstock. Auch das Herstellen von Gegendrucken ist eine bewährte Technik, die beim Mehrfarbendruck für das Kopieren eines Entwurfs auf mehrere Druckstöcke eingesetzt wird. Die Geschichte hat also diverse Techniken des Kopierens überliefert, am besten, man sucht sich die zum Projekt passende Variante aus.

Die spiegelverkehrte Variante auf dem Druckstock aus Lindensperrholz

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Kopierpapier

Am gebräuchlichsten ist es, das Original mit transparentem Papier durchzupausen und die Kopie dann spiegelverkehrt auf ein Stück Kohlepapier zu legen. Kohlepapier und Transparentpapier werden danach auf dem Druckstock fixiert. Zum Nachzeichnen benötigt man einen harten Bleistift oder einen Kugelschreiber. Es empfiehlt sich, von Anfang an Bezugskanten zu schaffen. In der Bildabfolge ist sichtbar, dass die untere und die rechte Seite der Zeichnung und des Druckstockes zueinander gebracht werden. Das hat den Vorteil, dass, ohne viel zu überlegen, von dem Motiv ein weiterer Druckstock in einer anderen Farbe angefertigt werden kann. Diese Technik wird im Projekt „Mehrfarbendruck“ näher erläutert.

Für das Durchpausen der Originalzeichnung kann alternativ zu Transparentpapier auch sehr dünnes und leichtes Papier benutzt werden wie zum Beispiel Chinapapier von der Rolle. Dieses Papier kann gleichzeitig gut für Probeabzüge verwendet werden. Für die Originale ist es nicht empfehlenswert, da die Handhabung wegen des gerollten Zustandes etwas mühselig ist.

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Das durchgepauste Motiv kann man auch, wie in der chinesischen Drucktechnik, mit der Zeichenseite nach unten und mithilfe einer dünnen Schicht Tapetenkleister auf den Druckstock ziehen. So kann dann ein sogenannter „Schlüsselblock“ oder eine „Konturplatte“ geschnitten werden. Wenn der Druckstock fertiggestellt ist, lassen sich die Reste des Papiers mit Wasser und einem weichen Schwamm ablösen. Wichtig ist bei dieser Technik, dass sehr scharfe Messer benutzt werden und dass das Papier gut auf dem Druckstock haftet, da sich sonst das Papier auf dem Druckstock verschiebt.

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TECHNIK

Wie auf der Abbildung links sichtbar, schließen die untere und die rechte Blattkante mit dem Druckstock ab. Natürlich kann man auch die linke und die obere Kante wählen, das bleibt jedem selbst überlassen. Wenn man nun die Zeichnung nach gleicher Manier auf einen zweiten Druckstock für die zweite Farbe überträgt, erhält man ein exaktes Resultat beim Mehrfarbendruck.


Kopieren mit einer perforierten Vorlage

TECHNIK

Eine weitere Kopiermöglichkeit, die älter als der Holzschnitt ist und schon lange von Malern zum Kopieren von Zeichnungen auf Leinwände eingesetzt wurde, ist das Perforieren von Konturen. Dabei wird die Vorzeichnung mit einem Kopierrad, Schnittmusterrad, Punkträdchen oder einer Nadel auf weicher Unterlage entlang den Linien perforiert und danach seitenverkehrt auf die Druckplatte gelegt. Kohlepuder in einem feinen Baumwoll- oder Leinenbeutelchen wird durch die Löcher durchgestäubt. Die Kohlepünktchen auf dem Druckstock werden anschließend miteinander verbunden, und die Linien können geschnitten werden.

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Benutzt man zum Kopieren eine Sprühdose anstelle des Kohlestaubsäckchens, kann das Ergebnis leicht ungenau ausfallen. Das Papier sollte bei beiden Verfahren glatt auf der Druckplatte liegen und beim Sprühen müssen die Öffnungen der Löcher eine gewisse Größe haben. Die Übertragung mit der Sprühdose ist bei einer künstlerischen Arbeitsweise empfehlenswert, bei der eine akkurate Übereinstimmung der Druckstöcke nicht notwendig ist.

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Kopieren mit Gegendrucken Auf dem Schlüsselblock, dem zuerst geschnittenen Druckstock, sieht man die eigentliche komplette Zeichnung mit den wichtigen Linien. Zur Herstellung von weiteren Farbdruckstöcken fixiert man den dick mit Farbe eingewalzten Druckstock auf der Arbeitsfläche und macht einen Abzug mit glattem Papier. Dann nimmt man eine neue Druckplatte und reibt den nassen Papierabzug auf die neue Platte. Wichtig hierbei ist, dass Schlüsselblock und neue Druckplatte an der genau gleichen Stelle auf der Arbeitsunterlage fixiert werden. Hilfreich sind Anlagepunkte, welche die Position der Druckstöcke markieren. Am besten, man zeichnet die Stelle auf dem Tisch oder auf der Arbeitsplatte an, auf der der Schlüsselblock gelegen hat und der nächste Block liegen soll. Die Druckstöcke sollten der Einfachheit halber die gleichen Formate haben.

Der eingefärbte Schlüsselblock

Das Blatt Papier wird auf der gegenüberliegenden Seite des Druckstocks mit einer Klemmvorrichtung oder einem Klebestreifen befestigt, um es zum Druckstock vor- und zurückzuschlagen. Druckstock und Papier brauchen in keiner bestimmten Relation oder einem bestimmten Winkel zueinander zu stehen, solange beide einen Fixpunkt haben und das Blatt Papier den ganzen Druckstock abdeckt. Auch wenn das Blatt für eine weitere Kopie

Der Gegendruck auf einer Lindensperrholzplatte dient als Vorlage für weitere Farbdruckstöcke.

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TECHNIK

gewechselt wird, darf sich die Position etwas ändern. Fortgeschrittene, die eine Passvorrichtung für Mehrfarbendrucke haben, können ihre Vorrichtung auch für Gegendrucke benutzen. Dieses Blumenmotiv ist inspiriert von einem Tapetenmotiv der 1930er-Jahre, die Farben wurden dazu passend gewählt.

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TECHNIK

1. Der Schlüsselblock ist dick mit Farbe eingerollt, und ein am Tisch mit Klebeband befestigter Bogen glattes Papier wird aufgelegt.

2. Der Abzug wird geprüft. Es muss ausreichend Farbe auf dem Papier für eine Kopie auf einer nächsten Druckplatte vorhanden sein.

3. Eine neue Druckplatte liegt genau an der Stelle des Schlüsselblocks. Der frische Abzug wird passend daraufgelegt und mit Baren und Falzbein abgezogen.

4. Der Gegendruck erscheint auf der Platte, der Schlüsselblock ist übertragen. Für einen weiteren Abzug für den nächsten farbigen Druckstock benutzt man ein neues Blatt Papier.

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Herstellung eines Holzschnitts Der Begriff „Holzschnitt“ bezeichnet sowohl den Druckstock, die Grafik wie auch das Verfahren. Bei diesem Verfahren drucken die erhabenen, eingefärbten Flächen, während die ausgeschnittenen Partien auf dem Papier freie Flächen bilden, es handelt sich also um ein Hochdruckverfahren. Der Abdruck erfolgt durch Handabreibung mittels eines Falzbeines oder durch eine Druckerpresse. Bei der Herstellung eines Holzschnitts schneidet man mit dem Konturenmesser auf der einen Seite der vorher aufgebrachten Kontur entlang, wobei das Messer nicht senkrecht zum Holz geführt wird, sondern schräg nach außen, von der Kontur weg. Im spitzen Winkel zum ersten Schnitt erfolgt danach der Gegenschnitt. Auf die gleiche Art und Weise wird auf der anderen Seite der Kontur verfahren. So entsteht auf dem Linoleum oder Holz ein freigestellter Grat, der, im Querschnitt betrachtet, sich nach unten verbreitert, was ihm beim Drucken eine höhere Stabilität verleiht, insbesondere bei feinen Stegen. Wenn alle gewünschten Konturen und Flächen freigestellt sind, können die nicht druckenden Flächen mit Flach- und Hohleisen ausgehoben werden. Beim Ausheben der Flächen ist Vorsicht geboten, da bei zu viel Druck und oder stumpfen Messern die Hand leicht abrutschten kann und so die Kontur weggeschnitten wird.

Es liegt in der Freiheit des Holzschneiders oder der Holzschneiderin, mit welchen Messern er oder sie den Druckstock schneidet. Natürlich kann das Holz nur mit einem Hohleisen bearbeitet werden. Die traditionelle Bearbeitung seit Beginn des Buchdruckes und auch in der asiatischen Druckgrafik findet jedoch mit dem Konturenmesser statt. Das Vorschneiden der Motive mit dem Konturenmesser verleiht der Druckgrafik eine eigene, reizvolle Bildsprache. Holzschnitte, in denen beispielsweise eine Figur wie in einer Zeichnung mit ihren erhabenen Linien stehen bleibt, bezeichnet man als Schwarzlinienschnitt. Bei der umgekehrten Variante, dem Weißlinienschnitt, werden die Schnittlinien in die Fläche eingegraben und die Flächen drucken ab: die Zeichnung erscheint weiß auf schwarzem Hintergrund. Holz- und Linolschnitt erfordern wie jedes andere Handwerk Übung und Erfahrung. Es braucht ein bisschen Zeit, um die Eigenheiten der Materie kennenzulernen.

Eine freigeschnittene Kontur

Entlang der Kontur erfolgt der erste Schnitt schräg nach außen.

Im spitzen Winkel dazu schneidet man den Gegenschnitt, es löst sich ein Span.

Auf der anderen Seite der zu druckenden Linie erfolgt ebenfalls ein Schnitt nach schräg außen.

Und entsprechend dazu erfolgt der Gegenschnitt.

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Das Ausrollen der Farbe Wenn man mit mehreren Farben zeitgleich auf einem Druckstock arbeitet, empfiehlt es sich, mit mehreren Walzen und Platten zu arbeiten. Hat jede Farbe einen eigenen Druckdurchlauf, reichen eine Walze und eine Platte aus (siehe Projekt Mehrfarbendruck). Zum Anmischen der Farbe benötigt man etwas Platz auf der Platte. Manche Drucker haben für Schwarz eine Extraplatte, damit die Buntfarben nicht verschmutzt werden. Will man eine weiche Verbindung zweier Farbtöne erzielen (Iriseffekt), so verwendet man eine breite Walze und trägt zwei Farben in kleiner Menge nebeneinander auf der Platte auf. Die beiden Farben werden gleichzeitig in einer Richtung ausgerollt. Sie verteilen sich gleichmäßig und bilden in der Mitte einen weichen Übergang. Je nach Wunsch und Walzenbreite kann man die Zahl der nebeneinander liegenden Farben erhöhen.

Farbe macht sich beim Verteilen durch Geräusch und Optik bemerkbar: Bei der richtigen Farbmenge zischt die Walze beim Rollen, hat man zu viel Farbe genommen, so macht die Walze ein schmatzendes Geräusch. Eine für den Druck bereite Farbfläche zieht keine Fäden, hat eine regelmäßige, glatte Oberfläche und eine dünne Konsistenz. Die Farbe wird kreuzweise vertrieben. Ist sie im Laufe der Druckdurchgänge zu großflächig auf der Platte verteilt, schiebt man die Farbschicht mit einem breiten Spachtel zusammen. Ein Vorgang, den man am besten macht, bevor man wieder neue Farbe aufträgt, denn die Farbe reicht meistens noch für einen weiteren Abzug.

Man beginnt mit kleinen Portionen (Walnussgröße) die Farbe auszurollen, es kann jederzeit etwas Farbe nachgelegt werden. Die perfekte Menge an

Die beste Farbverteilung erzielt man, wenn man die Walze in eine Richtung bewegt. In der Vorwärtsbewegung wird die Walze über die Platte gerollt und in der Rückwärtsbewegung – zum Körper hin – wird sie angehoben.

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TECHNIK TIPP

Eine groĂ&#x;e, plane Walze verteilt natĂźrlich dann am besten die Farbe, wenn der Druckstock ebenso plan ist. Eine Linolplatte, die mit Wasser in Kontakt war, wird leicht uneben. Ziehen Sie die Linolplatte mittels doppelseitigem Klebeband auf eine plane Furnierplatte (Sperrholz oder Multiplex) auf, so bleibt Ihr Druckstock plan und kann trotzdem schnell ausgewechselt werden.

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STICHWORTREGISTER Abziehen 32–33, 37, 55, 72, 77, 96, 98 Abziehstein 55, 99, 142 Altdorfer, Albrecht 18 Auflage 12, 14, 37, 78–79, 132, 142 Ausrollen 68 Autotypie 24 Baldung, Hans gen. Grien 18 Ballen 70–71, 87 Baren 32, 54, 74, 142 Baselitz, Georg 33 Baumgartner, Christiane 29 Beham, Hans Sebald 18 Behrens, Peter 27 Bernard, Emile 24 Bethge, Rudolph 22 Bewick, Thomas 20 Bleistift 32, 55 Bleyl, Fritz 27 Briefmaler 12 Buchdruck 14, 26, 70 Buchdruckfarbe 32, 50 –51, 75, 132, 142 Burgkmair, Hans, 16 –18 Bürste 32, 55 Busch, Wilhelm 23–24 Casper von Regensburg 12 Chiaroscuro-Druck 18, 142 Chinapapier 60, 142 Clair-obscur-Holzschnitt 18 –19, 142 Collage 9, 127, 136 –137 Cranach, Lukas d. Ä. 18 Druck 26, 29, 32, 36, 74 –79 Druckfarbe 32, 35, 50 Druckgrafik 4, 12, 15, 18, 27– 29, 32–33, 38, 67, 79, 86 – 88, 92, 142

Druckpapier 33, 74 Druckpresse 37, 74, 120–126, 142 Druckschlitten 122–123 Druckstock 7, 9, 12, 14, 18, 20, 21, 24, 25, 27, 33–37, 43–44, 46, 48, 54, 55, 59, 60 –79, 86, 88, 90, 100, 142 Drucktisch 122–123 Dürer, Albrecht 12, 14–16, 18–19, 22 Epreuve d’artiste 79 Faksimileholzschnitt 20–21 Faksimilestich 22 Falzbein 32, 54, 74, 106 Farben 6, 13, 19, 32, 36, 50, 108, 114, 118, 132 Farbgebung 114 Farbwalze 32, 53, 68–69 Fase 51, 55, 96, 98, 143 Fasenwinkel 98 Feininger, Lyonel 27 Flacheisen 32, 48 Flächenschnitt 9, 24, 100–104, 143 Form 6, 9, 12, 13, 22, 25, 27, 45, 82–83, 88–91 Formschneider 12, 143 Frühholz 41 Gauguin, Paul 24–25, 100 Gegendruckverfahren 59, 64–66, 110, 118 Gegenschnitt 67 Geißfuß 32, 48, 98 Gertsch, Franz 29 Geschichte 11–29 Grabstichel 20 Graf, Gottfried 6 Grieshaber, HAP 29, 32 Gubitz, Friedrich Wilhelm 20–21 Gutenberg, Johannes 14

Handhebel-Druckpresse 120 Handrad 122–123 Heckel, Erich 27, 29 Hirnholz 20–21, 36, 39–40, 143 Hirnholzschnitt 21 Hochätzung 24 Hochdruck 6, 21, 33, 67, 74, 143 Hohleisen 48, 67, 98, 104 Holz 36–41 Holzschnitt 4, 6, 9, 11–15, 18–22, 24–29, 33, 45, 57–79, 100, 120, 123, 143 Holzstich 20–21, 24, 37, 143 Holztafeldruck 26 Hors de commerce 79 Hosho-Papier 33, 138 Inkunabel 14, 143 Janssen, Horst 33 Kambium 41 Kandinsky, Wassily 27 Kento-System 106 Kirchner, Ernst Ludwig 27, 113 Kilpper, Thomas 29 Koberger, Anton 14–15 Kohle-/Kopierpapier 59, 60–61, 110, 118 Kohlepuder/-staub 59, 62–63 Kölderer, Jörg 18 Konturenmesser 32, 45–48, 67, 83, 84, 99, 101 Konturlinienschnitt 110 Konturplatte 61 Korrekturabzug 78, 144 Kretzschmar, Eduard 21 Kugler, Franz Theodor 21 Künstlerabzug 79, 144 Kupferstich 16, 19–20

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Langholz 24 Langholzschnitt 21 Leuchttisch 102 Liliencron, Detlev von 43 Linienschnitt 29 Linolbesteck 45, 83, 92 Linoleum 28, 32–35, 38, 44–45, 67, 70, 75, 83, 86, 90,110 Linolschnitt 28–29, 50, 67, 82, 120, 123 Lithografie 28 Löffel 32, 54 Luther, Martin 18 Mansen, Matthias 29 Marc, Franz 27–28 Massivholz 32, 35–36 Massivholzdruckstock 135 Material 31–55 Mehrfarbendruck 9, 59, 61, 65, 106, 108–119 Mehrplatten-Farbdruck 108–119 Menzel, Adolph von 21–22 Messer 6, 24, 32, 34, 36–37, 45–48, 55, 67, 96, 98 Metallletter 12, 14 Monotypie 28 Multiplex 36 Munch, Edvard 9, 23–25, 100, 136 Naturstein 32, 55, 97 Noël, Martin 29 Oberländer, Adolf 23 Oberwalze 122–123 Offsetfarben 50 Orlik, Emil 27 Papillon, Jean Michel 20 –21 Passvorrichtung 106–107 Perforieren 62 Picasso, Pablo 28 Pinsel 70–71, 87–88 Plakat 86–87


Radiergummi 32–33, 45, 55, 92–95 Radierung 20, 28, 123 Raimondi, Marcantonio 18 Räumlichkeit 15, 88, 104 Reiberdruck 32, 54, 74, 76–77 Reinigung 35, 72–73 Reißer 12, 144 Rethel, Alfred 22 Richter, Ludwig 22 Riesenholzschnitt 18 Rohholzdruck 52, 126 Rundeisen 104 Rundholz 36 Schärfen 45, 47, 96 –97, 99 Schattenumriss/Umrisslinie 82– 83, 88 Schedel, Hartmann 14 Schleifpaste 55 Schleifstein 32, 55, 144 Schlüsselblock 61, 64, 66, 100, 108, 110 –115, 145 Schmidt-Rottluff, Karl 27 Schneidetechnik/Schnittführung 67, 83 Schnitt 46 – 47, 67 Schraffur 20 –23, 48, 83, 88–91, 111 Schwarzlinienschnitt 67, 100–103, 105, 145 Signatur 18, 78 –79, 145 Skizzenbuch 109 Solis, Virgil 18 Spätholz 41 Sperrholz 32, 35 –36, 38, 50, 59, 69, 64, 75, 90, 136 Spindelpresse 14 Stabsperrholz 35 –36

Stempeldruckverfahren 78, 86, 92–95, 106, 131 Sterngriff 122 Textildruck 12, 18 Textur 36, 48, 88, 104 Thompson, Charles 21 Tiefdruck 20–21, 145 Tizian 18 Tonholzschnitt 20 Tonplattenschnitt 18 Tonschneidemaschine 23 Transfermedium 51 Transparentpapier 60 Trockenvorrichtung 128– 129 Trockenwagen 128 Trocknungsbeschleuniger 51

Wunderlich, Paul 33 Xylografie 21–23, 144 Zerkall-Bütten-Papier 33 Zustandsabzug 78

Übertragen des Entwurfs 59 – 66 ukiyo-e 27 Unger, Johann Friedrich Gottlieb 20 –21 Unger, Johann Georg 20 Unterwalze 122 Unzelmann, Friedrich 21 Vallotton, Félix 27 Veljovic, Jovica 6 Verlorener Druckstock 9, 130 –135, 145 Vernet, Horace 21 Viskosität 75 Vogel, Albert 21 Vogel, Otto 21 Vorzugsdruck 79

ANHANG

Platte 18, 20, 34 –36, 53, 68, 107–108, 113 Pleydenwurff, Wilhelm 14 Probedruck 16, 33, 78, 144 Puzzledruck 9, 136 –141, 144

Walzendruckpresse 122–125 Wasserfarben 26, 27, 32, 51, 71, 120, 145 Weißlinienschnitt 67, 100– 104, 145 Wiegendruck 14, 143 Wolgemut, Michael 14–15

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