Schriftenreihe «Finanzwissenschaft und Finanzrecht»
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Band 113
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Fabian Mauchle Christoph A. Schaltegger
Der Finanzausgleich des Kantons Zßrich: Wirkungsanalyse und Reformvorschläge
Haupt Verlag
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Fabian Mauchle, M.A. HSG in Volkswirtschaftslehre, M.A. HSG in Rechtswissenschaft, wissenschaftlicher Assistent am Institut für Finanzwissenschaft, Finanzrecht und Law and Economics der Universität St. Gallen (IFF-HSG), Doktorand in Rechtswissenschaft zu einem Thema an der Schnittstelle von Steuerrecht und Volkswirtschaftslehre. Christoph A. Schaltegger, Prof. Dr. rer. pol., Ordinarius für Politische Ökonomie an der Universität Luzern und Direktor des IFF-HSG. Lizentiat und Promotion in Wirtschaftswissenschaften an der Universität Basel, Habilitation an der Universität St. Gallen. Verfasser einer Reihe von Publikationen, insbesondere im Bereich der Finanzwissenschaften und der Politischen Ökonomie.
1. Auflage: 2018 Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar. ISBN: 978-3-258-08067-3 Alle Rechte vorbehalten. Copyright © 2018 Haupt Bern Jede Art der Vervielfältigung ohne Genehmigung des Verlages ist unzulässig. Redaktion und Satz durch die Autoren Printed in Germany www.haupt.ch
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Zum Geleit Der Erfolg der Schweiz hängt von der Fruchtbarkeit ihres Föderalismus, und diese von der Ausgestaltung des Finanzausgleichs zwischen den Kantonen und Gemeinden ab. Die öffentliche Aufmerksamkeit richtete sich bisher vor allem auf den Ausgleich zwischen den Kantonen. Dabei sind die Gesundheit der Gemeinden und damit der Ausgleich zwischen den Gemeinden mindestens ebenso wichtig für unseren Wohlstand und unsere internationale Wettbewerbsfähigkeit. Das gilt insbesondere auch für die Gemeinden des Kantons Zürich. Der wirtschaftlich und politisch gewichtige Kanton hat seit 2012 einen neuen Finanzausgleich. Dieser ist unbestrittenermassen moderner als der alte, aber im schweizerischen Vergleich extrem nivellierend. Deshalb ist es höchste Zeit, dass seine Stärken und Schwächen aus wissenschaftlicher und unabhängiger Sicht analysiert werden. Christoph Schaltegger und Fabian Mauchle präsentieren eine eindrückliche Mischung aus hochkompetenter Analyse, grosser Detailkenntnis und allgemeinverständlicher Formulierung. Damit machen sie das Thema innerkantonaler Finanzausgleich für alle Leser spannend, die verstehen wollen, wie die Schweiz und ihre Institutionen funktionieren. Die Autoren zeigen theoretisch und statistisch überzeugend, wie der Finanzausgleich die Anreize und Möglichkeiten der kommunalen Handlungsträger – den Politikern und Bürgern – unterläuft, ihre Gemeinde wirtschaftlich erfolgreich zu entwickeln. Das schwächt die Position des Kantons Zürich im nationalen und internationalen Standortwettbewerb. Wer hofft, die Diagnose sei blosse Theorie und Menschen handelten nicht so ökonomisch, hofft vergebens. Die von den Autoren aufgezeigten negativen Wirkungen sind erst der Anfang. Die vom Finanzausgleich vermittelten negativen Anreize wirken je länger je stärker. Denn viele Politiker und Bürger lernen erst mit der Zeit, dass gute Standortpolitik ihrer Gemeinde wegen des Finanzausgleichs oft nichts mehr bringt oder sogar schadet. Zum Glück bieten die Autoren viele durchwegs realistische grössere und kleinere Vorschläge, wie der Finanzausgleich verbessert werden kann. Ich bin deshalb sicher, dass dieses Buch einen bedeutenden Beitrag zur Debatte über Sinn und Unsinn sowie fruchtbare Weiterentwicklungen des kantonalen Finanzausgleichs in Zürich und vielen weiteren Kantonen leistet. Reiner Eichenberger Ordentlicher Professor für Theorie der Finanz- und Wirtschaftspolitik an der Universität Fribourg
V
Vorwort Der innerkantonale Finanzausgleich stellt sowohl für den Kanton Zürich als auch für die Gemeinden ein zentrales Element im Finanzhaushalt dar. Im Jahr 2012 mündeten umfassende Bestrebungen in einer grundlegenden Reform des Finanzausgleichs. Der alte Finanzausgleich wurde als ineffizient empfunden: Viel Geld konnte nur wenig Wirkung entfalten. Dies gilt sowohl für den angestrebten Abbau von Unterschieden bei der Finanzkraft als auch bei den unterschiedlichen Lasten der Gemeinden. Der neue Finanzausgleich setzt mit dem Ressourcenausgleich auf der Einnahmenseite und mit den vier Lastenausgleichen auf der Ausgabenseite an. Fünf Jahre nach der Umsetzung der Reform scheint es an der Zeit, eine unabhängige und politisch neutrale Beurteilung der Wirkungen vorzunehmen. Diese Lücke soll mit dem vorliegenden wissenschaftlichen Beitrag geschlossen werden. Wertvolle Unterstützung haben wir von verschiedener Seite erfahren. Zunächst einmal gilt unser grosser Dank Dr. Terenzio Angelini, der mit zahlreichen wertvollen Ratschlägen zum Gelingen der Arbeit beigetragen hat. Dank gebührt auch dem Gemeindeamt des Kantons Zürich, namentlich Dr. Alexander Gulde, sowie dem Fachbeirat für die offenen und interessanten Diskussionen zu dieser Thematik. Herzlich danken dürfen wir Prof. Dr. Reiner Eichenberger, der sich spontan dazu bereit erklärt hat, ein Geleitwort zu verfassen. Das Institut für Finanzwissenschaft, Finanzrecht und Law and Economics der Universität St.Gallen (IFF-HSG) hat die Publikation mit einem finanziellen Beitrag unterstützt, wofür wir unseren besten Dank aussprechen möchten. Prof. Dr. Robert Waldburger, Vorsitzender der Direktion des IFF, danken wir für die stets wohlwollende Unterstützung des Projekts und die freundliche Aufnahme des Beitrags in diese Schriftenreihe. Nicht zuletzt sei dem Haupt Verlag für die gute Zusammenarbeit gedankt. St. Gallen/Luzern, im Oktober 2017 Die Autoren
VII
Inhaltsverzeichnis Zum Geleit ........................................................................................................ V Vorwort ........................................................................................................... VII Inhaltsverzeichnis ............................................................................................ IX
Zusammenfassung......................................................................1 I.
Einleitung ..........................................................................7
II.
Ausgangspunkt: Theorien des Föderalismus und die Rolle eines Finanzausgleichs ...........................................9
1
Föderalismus und Zentralstaat ........................................................... 9
2
Notwendigkeit und Funktionen eines Finanzausgleichs ................. 13
III.
Kriterien zur Beurteilung eines Finanzausgleichs .....15
1
Zielkonflikte........................................................................................ 15
2
Die ideale Ausgestaltung eines Finanzausgleichs im Besonderen .. 16
IV.
Ressourcenausgleich ......................................................19
1
Zielsetzungen ...................................................................................... 19
2
Beurteilung der Zielsetzungen .......................................................... 19
3
Ausgestaltung ..................................................................................... 21
4
Beurteilung der Ausgestaltung.......................................................... 22
5
4.1
Die relative Steuerkraft als Mass für die Finanzkraft ......................22 4.1.1 Zu berücksichtigende Einnahmen ......................................22 4.1.2 Unabhängigkeit von der Besteuerung ................................28 4.1.3 Vergleichbarkeit zwischen den Gemeinden .......................30 4.1.4 Simulation einer Anpassung der relativen Steuerkraft.......30
4.2
Anreizwirkung des Ressourcenzuschusses ......................................32 4.2.1 Modellübersicht .................................................................32 4.2.2 Zuschusshöhe in Abhängigkeit des Steuerfusses ...............35 4.2.3 Anreizwirkung der Ressourcenabschöpfungen ..................41 4.2.4 Wirkungsanalyse................................................................43
Ergebnisse und Reformvorschläge ................................................... 50
IX
Inhaltsverzeichnis
V.
Demografischer Sonderlastenausgleich .......................53
1
Zielsetzung .......................................................................................... 53
2
Beurteilung der Zielsetzung .............................................................. 53 2.1
Bedingung 1: Nicht-Beeinflussbarkeit des Lastenelements .............53
2.2
Bedingung 2: Belastung des Gemeindehaushalts ............................55
3
Ausgestaltung ..................................................................................... 56
4
Beurteilung der Ausgestaltung.......................................................... 56 4.1
Art und Höhe des Beitrags ...............................................................57
4.2
Abhängigkeit vom Bedarf ................................................................58
4.3
Zweckbindung .................................................................................59
4.4
Wirkungsanalyse..............................................................................59
5
Ergebnisse und Reformvorschläge ................................................... 63
VI.
Geografisch-topografischer Sonderlastenausgleich ...65
1
Zielsetzung .......................................................................................... 65
2
Beurteilung der Zielsetzung .............................................................. 65 2.1
Bedingung 1: Nicht-Beeinflussbarkeit des Lastenelements .............65
2.2
Bedingung 2: Belastung des Gemeindehaushalts ............................66
3
Ausgestaltung ..................................................................................... 67
4
Beurteilung der Ausgestaltung.......................................................... 68
5
X
4.1
Art und Höhe des Beitrags ...............................................................68
4.2
Abhängigkeit vom Bedarf ................................................................68
4.3
Zweckbindung .................................................................................69
4.4
Wirkungsanalyse..............................................................................69
Ergebnisse und Reformvorschläge ................................................... 73
Inhaltsverzeichnis
VII. Individueller Sonderlastenausgleich ............................75 1
Zielsetzung .......................................................................................... 75
2
Beurteilung der Zielsetzung .............................................................. 75
3
Ausgestaltung ..................................................................................... 76
4
Beurteilung der Ausgestaltung.......................................................... 77
5
4.1
Anreizstruktur ..................................................................................77
4.2
Wirkungsanalyse..............................................................................78
Ergebnisse und Reformvorschläge ................................................... 80
VIII. Zentrumslastenausgleich ...............................................83 1
Zielsetzung .......................................................................................... 83
2
Beurteilung der Zielsetzung .............................................................. 83
3
Ausgestaltung ..................................................................................... 85
4
Beurteilung der Ausgestaltung.......................................................... 85
5
Ergebnisse und Reformvorschläge ................................................... 86
IX.
Simulationen ...................................................................89
1
Partieller Ausgabenausgleich (I) ....................................................... 89
2
Partieller Ausgabenausgleich (II) ..................................................... 91
3
Partieller Ressourcenausgleich ......................................................... 94
4
Partieller Ressourcenausgleich mit Mindestausstattung (Mischmodell) ..................................................................................... 97
5
Partieller Ressourcenausgleich ohne Lastenausgleich .................. 100
X.
Fazit ...............................................................................105
Anhang: Ressourcenausgleich in den Jahren 2012-2014 ............................... 107 Abbildungs- und Tabellenverzeichnis............................................................ 111 Literaturverzeichnis ....................................................................................... 115 Abkürzungsverzeichnis .................................................................................. 121 Sachregister .................................................................................................... 123
XI
Zusammenfassung Der Finanzausgleich zielt einerseits darauf ab, die Schwächen des Föderalismus zu so mildern, dass seine Stärken weitgehend bestehen bleiben und eine «Zentralisierung» von staatlichen Aufgaben verhindert wird. Andererseits können mit dem Finanzausgleich auch Umverteilungsanliegen erfüllt werden. In beiden Fällen sollen die Einnahmen- und Ausgabenunterschiede zwischen den Gemeinden in einer Art und Weise abgebaut werden, dass gleichzeitig Anreize zu einem sorgsamen Umgang mit öffentlichen Mitteln erhalten bleiben. Ein sorgsamer Umgang mit öffentlichen Mitteln bedeutet erstens, dass sowohl den beitragsempfangenden als auch den beitragszahlenden Gemeinden grösstmögliche Entscheidungsfreiheit in Bezug auf die Gemeindeeinnahmen und Gemeindeausgaben eingeräumt wird. Dies unter Einhaltung der fiskalischen Äquivalenz: der Einheit von Risiko, Haftung und Kontrolle von Ausgaben- und Einnahmenentscheiden. Der Finanzausgleich sollte diese Entscheidungen nicht beeinflussen. Zweites sollte die angestrebte Ausgleichswirkung mit einem minimalen Einsatz an finanziellen Mitteln erreicht werden.
1
Der Zürcher Finanzausgleich besteht aus dem Ressourcenausgleich (RA) sowie aus vier Lastenausgleichsystemen (demografischer Sonderlastenausgleich [DLSA], geografisch-topografischer Sonderlastenausgleich [GTSLA], individueller Sonderlastenausgleich [ISOLA] und Zentrumslastenausgleich [ZLA]). Der Übergangsausgleich läuft Ende 2017 aus.
2
Die Wirkungsanalyse für den Ressourcenausgleich kommt zum Ergebnis, dass das Ziel der Effizienz (Wirtschaftlichkeit) verletzt wird. Ein ähnlicher Disparitätenabbau liesse sich mit wesentlich geringerem Mitteleinsatz erreichen. Zudem schaden die starken Fehlanreize der Wettbewerbsfähigkeit der Empfängergemeinden und somit des ganzen Kantons. Im Einzelnen sind folgende Punkte hervorzuheben:
3
1. Der Ressourcenausgleich ist auf den Abbau von Finanzkraftunterschieden ausgerichtet. Die Gleichsetzung dieses Ziels mit dem Abbau von Steuerfussdisparitäten ist unnötig und sachlich nicht zwingend. 2. Als Mass für die Finanzkraft vernachlässigt die relative Steuerkraft mehrere relevante Einnahmequellen einer Gemeinde. Die relative Steuerkraft kann somit nur ein unvollständiges Bild von der tatsächlichen «wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit» einer Gemeinde zeichnen. 3. Die Gewichtung der Steuereinnahmen mit einem einheitlichen Steuerfuss bewirkt, dass die relative Steuerkraft unabhängig von der tatsächlichen Besteuerung ermittelt wird. Jedoch hemmt der fixe Gewichtungsfaktor von 100% den Ausgleich und macht weitere Komponen1
Zusammenfassung
ten in der Ausgleichsformel notwendig, was diese unnötig verkompliziert. 4. Die Garantie einer sehr hohen minimalen Finanzkraft für die Gemeinden bewirkt im Ergebnis eine unerwünschte «Zementierung» der bestehenden Verhältnisse. 76% der Gemeinden haben keine Anreize, selbstverantwortlich Verbesserungen der finanziellen Situation anzustreben. 5. Die Berechnung der Zuschüsse in Abhängigkeit des Steuerfusses ist eine faktische Subvention von hohen Steuerfüssen und macht die Unabhängigkeit von der tatsächlichen Besteuerung wieder rückgängig. In der Folge resultieren Rangfolgeverschiebungen unter den Gemeinden vor und nach der Umverteilung, was sich strukturerhaltend auswirkt, ungerecht ist und ein Verstoss gegen das Gleichbehandlungsgebot darstellt. 6. Das abstrakte Mass der berichtigten Steuerkraft eignet sich nicht für die Beurteilung der Wirksamkeit des Ressourcenausgleichs. Nimmt man dagegen ein adäquates Mass, wird ersichtlich, dass ein erheblicher Abbau an Unterschieden in der Finanzkraft vorhanden ist. Dieser ist jedoch kleiner als mit der berichtigten Steuerkraft ausgewiesen. 7. Nicht alle Gemeinden weisen die garantierte, minimale Finanzkraft nach dem Ressourcenausgleich auf (Mindestausstattung). Ungenügende Zuschüsse bei finanzschwachen Gemeinden gefährden die Erfüllung der notwendigen Aufgaben und die Gemeindeautonomie. 4
Die Wirkungsanalyse für die Lastenausgleichsysteme kommt zu folgenden Ergebnissen: 1. Bei allen Lastenausgleichsystemen (ausser dem Zentrumslastenausgleich) besteht eine Politikabhängigkeit, da die Gemeinden die Lastenelemente beeinflussen können (Endogenität). In der Folge resultieren verzerrte Ausgabenentscheide und teure Mitnahmeeffekte. 2. Beim geografisch-topografischen Sonderlastenausgleich besteht kein eindeutiger Zusammenhang zwischen dem Lastenelement der tiefen Bevölkerungsdichte und den entsprechenden Gemeindeausgaben. Es bestehen keine genügenden Hinweise, dass dieses Lastenelement Ausgaben verursacht, weshalb es für einen Lastenausgleich nicht tauglich ist. 3. Beim demografischen und geografisch-topografischen Sonderlastenausgleich bestehen Überentschädigungen im Umfang von ca. 20 Prozent. Neben einem ineffizienten Mitteleinsatz verstärken Überentschä2
Zusammenfassung
digungen die Anreize einer Gemeinde, die Lastenelemente zu beeinflussen, um höhere Beiträge zu erhalten. 4. Die Kürzung der Lastenbeiträge aufgrund eines tiefen Steuerfusses ist eine systemfremde Vermischung von Lastenausgleichs- und Ressourcenausgleichssystemen und führt zu problematischen Anreizen. 5. Die Stärkung der Mittelausstattung von Gemeinden mit hohen proKopf-Ausgaben in den relevanten Bereichen des DSLA, GTSLA und ISOLA gelingt nur begrenzt. Auch Gemeinden mit tiefen Ausgaben können teilweise von Beiträgen profitieren (hohe Streuverluste). Ein Abbau der Ausgabenunterschiede kann bezüglich dieser Ausgaben bei allen Lastenausgleichsystemen nicht festgestellt werden. 6. Die Antragsberechtigung beim individuellen Sonderlastenausgleich in Abhängigkeit des Steuerfusses stellt eine faktische Subvention hoher Steuerfüsse dar. In Kombination mit den hohen Beiträgen bewirkt dies, dass ein Absenken der Steuerfüsse und ein potenzielles Ausscheiden aus dem ISOLA unattraktiv sind. 7. Der Zentrumslastenausgleich ist kein integraler Teil des Finanzausgleichsystems. Das Ausgleichen von individuellen Sonderlasten der Grossstädte Zürich und Winterthur stellt eine Ungleichbehandlung gegenüber den restlichen Gemeinden dar, welche die individuellen Sonderlasten nur mit sehr hohem Steuerfuss beim ISOLA abgegolten erhalten. Das Ausgleichen von unentgeltlichen Leistungen der Grossstädte, welche von allen konsumiert werden («spillovers»), ist grundsätzlich richtig. Ein exakter Ausgleich kann jedoch nicht erreicht werden, weshalb eine Über- oder Unterkompensation sehr wahrscheinlich ist. Zudem tragen finanzstarke Gemeinden, unabhängig von ihrer Konsumleistung, überproportional zur Finanzierung bei. Des Weiteren ist eine Zweckbindung der Kulturbeiträge unnötig, da die Lenkung der Mittel auf Ziele mit höchster Priorität verhindert werden, was der Gemeindeautonomie schadet. Nachfolgend sollen mögliche Entwicklungslinien des Finanzausgleichs im Kanton Zürich zusammengefasst werden. Für den Ressourcenausgleich können folgende Massnahmen identifiziert werden: 1. Das verfassungsrechtliche Ziel, der Abbau von Unterschieden in den Steuerfüssen, sollte geändert werden. Erstrebenswert ist der Abbau von Unterschieden in der Finanzkraft. Dies kann als indirekter Effekt auch zu einem Abbau an Steuerfussdisparitäten führen.
3
5
Zusammenfassung
2. Die Definition der Finanzkraft sollte umfassender ausgestaltet werden. Will man die Finanzkraft adäquat abbilden, sollten neu die Grundstückgewinnsteuer, übermässige Abgaben, Gewinne von öffentlichen Unternehmen (unter Ausklammerung von Steuermitteln und mit einem Verlustvortrag von sieben Jahren), Einnahmen aufgrund von Finanzund Sachvermögen sowie eidgenössische und kantonale Beiträge zur Kompensation von externen Effekten (namentlich alle Lastenbeiträge) eingeschlossen werden. 3. Der einheitliche, fiktive Steuerfuss sollte, anstelle von fixen 100%, dem mit der Einwohnerzahl gewichteten Durchschnittssteuerfuss entsprechen. Mit dieser Änderung erhöht sich die Transparenz und der Steuerfussindex in der Berechnungsformel wird überflüssig. 4. Eine explizite Garantie für eine minimale Finanzkraft (Mindestausstattung) und die damit verbundenen Fehlanreize sollten nur für die finanzschwächsten Gemeinden und nicht für ca. 76% aller Gemeinden gelten. Für die restlichen Gemeinden kann ein partieller Ausgleich in Betracht gezogen werden. 5. Es wird empfohlen, auf eine Multiplikation der Zuschüsse mit dem Steuerfuss einer Gemeinde zu verzichten. Wie die Simulationen zeigen, kann mit gleichem Mitteleinsatz ein stärkerer Disparitätenabbau erreicht werden, wenn auf die Berücksichtigung der Gemeindesteuerfüsse als Berechnungsgrundlage für den Ressourcenausgleich verzichtet würde. 6. Das abstrakte Mass der berichtigten Steuerkraft zur Beurteilung der Wirkungen des Ressourcenausgleichs sollte so angepasst werden, dass die Beiträge und die Finanzkraft desselben Jahres verwendet werden. Zudem sollte die Gewichtung mit dem Gemeindesteuerfuss nicht unterdrückt werden, indem die Beiträge durch den Steuerfuss dividiert werden. 6
Für die Lastenausgleiche können folgende Massnahmen identifiziert werden: 1. Aufgrund des ausbleibenden Abbaus der Ausgabenunterschiede sowie aufgrund der Endogenität- und Messprobleme beim Ausgleich von Lasten sollte ein partieller Ausgabenausgleich in Erwägung gezogen werden. Ein partieller Ausgabenausgleich verzichtet auf die selektive Vorgabe von Kostenübernahmen in bestimmten Bereichen des Budgets, sondern geht davon aus, dass hohe Durchschnittsausgaben teilweise durch exogene Lasten verursacht sind und daher grundsätzlich ausgeglichen werden sollten. Ein weiterer Vorteil liegt darin, dass eine Gleichbehandlung von allen möglichen Lastenelementen stattfindet 4
Zusammenfassung
und damit die Gemeindeautonomie bei der Ausgabenstruktur geschont wird. Ein partieller Ausgabenausgleich behebt grösstenteils die aufgezeigten Fehlanreize und ermöglicht eine administrative Vereinfachung. 2. Der individuelle Sonderlastenausgleich könnte ebenfalls in den partiellen Ausgabenausgleich überführt werden. Um für Gemeinden existenzbedrohende Situationen (bspw. Naturkatastrophen) zu vermeiden, könnte ein kantonaler Fonds im Sinne einer Versicherungslösung eingerichtet werden. Notwendige Voraussetzung ist eine klare Definition der Anspruchsberechtigung für Zahlungen aus dem Fonds. 3. Im Zentrumslastenausgleich wird eine pauschale Abgeltung von unentgeltlichen staatlichen Leistungen der Städte Zürich und Winterthur vorgenommen («spillovers»). Um dieses Problem der unentgeltlichen Inanspruchnahme von Leistungen der Grossstädte durch andere Gemeinden bereits bei der Entstehung zu unterbinden, sollten – wo möglich – kostendeckende Preise eingeführt werden. Falls dies nicht möglich ist, müssten in einem ersten Schritt direkte Verhandlungen zwischen den Grossstädten und den Gemeinden im Sinne einer dezentralen Lösungsfindung gefördert werden. Als Alternative können Zweckverbände für einzelne Leistungen gegründet werden, bei welchen die konsumierenden Gemeinden eine Teilfinanzierung übernehmen. Erst in einem zweiten Schritt könnten verbleibende Leistungen durch einen finanziellen Ausgleich abgegolten werden. Auch hier ist ein partieller Ausgabenausgleich einer pauschalen Abgeltung vorzuziehen. Falls alle vorgängigen Massnahmen nicht zielführend sind, sollte über eine «Kantonalisierung» der öffentlichen Aufgabe nachgedacht werden.
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Sachregister Abbau – Finanzkraftunterschiede s. Disparitätenabbau, Finanzkraft – Ausgabenunterschiede s. Disparitätenabbau, Ausgaben Abschöpfung s. Ressourcenabschöpfung Abschöpfungsgrenze 100 ff. ACIR 62 Akzeptanz, politische 32, 209, 211 f., 215 Allmende, fiskalische 20 Anstalt, öffentliche 62 ff. Äquivalenz, fiskalische 19, 26, 50, 97, 196 Aufwendung s. Nettoaufwendung Ausgestaltung – demografischer Sonderlastenausgleich 134 f. – geografisch-topografischer Sonderlastenausgleich 160 f. – individueller Sonderlastenausgleich 177 – Ressourcenausgleich 51 ff. – Zentrumslastenausgleich 195 Ausschöpfung – fiskalische 17 Ausstattung, minimale s. Mindestausstattung Beeinflussbarkeit s. Exogenität Beitrag – aus Auftragsverwaltung 70 – eidgenössischer 68 ff. – kantonaler 68 ff. – konjunkturbedingter 70 – strukturpolitischer 70 – wachstumsbedingter 70
Belastung, tatsächliche – demografischer Sonderlastenausgleich 130 ff. – geografisch-topografischer Sonderlastenausgleich 153 ff. – Grundsatz 40 Bemessungszeitraum 52, 105, 117, 135, 161, 177 Bevölkerungsdichte 152, 155 ff. Bundesstaatsprinzip s. Föderalismus Bürokratie 180 Dezentralisierung – Definition 13 – Theorem 15 – Wirkungen 15 ff. Direktzahlung 196 Disparitätenabbau – Ausgaben 42, – Finanzkraft 36, 55 ff., 113 ff., 211, 220 – geografisch-topografische Nettoaufwendungen 166 ff., 170 – individuelle Lasten 181 ff. – Nettoaufwendungen Jugend 146 ff. – Nettoaufwendungen, totale 203, 207, 214 – Steuerfüsse 46 ff., 98 Dotation s. Volumen Effekt, externer 68 ff., 190 ff. Einkommenseffekt 190 Einkommenssegregation 22 Einkommenssteuer 56 f., 103 Einnahmenpotenzial s. Ressourcenpotenzial Endogenitätsproblem 201
123
Sachregister
Erbschaftssteuer 60 Ermessen 180 Exogenität – Ausgabenentscheid 38 – demografischer Sonderlastenausgleich 126 ff. – Finanzkraft 48 ff. – geografisch-topografischer Sonderlastenausgleich 152 ff. – individueller Sonderlastenausgleich 174 ff. – Lastenelement 39, 69 – Ressourcenbeitrag 37, 86 ff. Externalität, fiskalische 20 Fachbeirat 175, 177 Finanzausgleich – Architektur 8 – Ausstattung s. Volumen – Finanzierung s. dort – Funktionen 27 f. – idealtypischer 35 ff. – Reform 7, 32, 212 ff. – Volumen s. dort Finanzierung – Definition 26 – demografischer Sonderlastenausgleich 135 – Finanzausgleich 8, 27, 37 – geografisch-topografischer Sonderlastenausgleich 161 – individueller Sonderlastenausgleich 177 – öffentlicher Unternehmen 62 ff. – Ressourcenausgleich 54 – Zentrumslastenausgleich 195 ff. Finanzkraft s. Steuerkraft, relative Finanzvermögen 67 Föderalismus – Definition s. Föderalismus, Merkmale 124
– Grundsatzentscheid 25 – Merkmale 13 – Nachteile 19 ff. – Verständnis von 13 – Vorteile 15 ff. Fragmentierung 13 Garantie, minimale Finanzkraft s. Mindestausstattung Gebühr s. Kausalabgabe Gemeindeautonomie 91, 110, 128, 144, 165 Gemengsteuer 61 ff. Gewichtungsfaktor 57 f., 72 ff., 77, 119 Gewinnsteuer 56 f. Gleichbehandlungsgebot s. Rechtsgleichheitsgebot Grenzabschöpfung 38, 81 ff., 88 ff., 100 ff. Grundstücksgewinnsteuer 58 f., 76 Gut, meritorisches 193 Handänderungssteuer 60 Inflation 135, 161, 195 Informationsasymmetrie 176 Inkongruenz, institutionelle 190, 192 Kapitalsteuer 56 f. Kartellabsprache s. Kollusion Kausalabgabe 61 – überschiessende s. Gemengsteuer Kinderbetreuungsindex 128 Kollusion 21 Kompressionswirkung s. Disparitätenabbau Kosten – Durchschnitts- 179 – -einsparung 88
Sachregister
– Norm- 137, 162 – -träger s. Finanzierung Kulturanteil 195 Lastenelement – demografisches 125, 131 – geografisch-topografisches 151 Leistungsfähigkeit, wirtschaftliche 56 f., 69 f., 71, 77, 105 ff. Liegenschaftssteuer 60 Mehrheitsprinzip s. Akzeptanz, politische Minderlast 141 ff. Mindestausstattung 28, 36, 45 ff., 78 ff., 110, 120, 213 ff. – Höhe 83 Mindeststeuerfuss 46, 102 f., 177 ff., 181, 189 Mitnahmeeffekt 36, 39, 42, 129 Moral Hazard 63 Nachfrageelastizität 145 Nettoaufwendung – geografisch-topografische 156 – Interpretation 132 – Jugend 132, 137 f., 146 ff. – totale 216 ff. Notwendigkeit – Staatsaufgabe 97, 174 ff. Nutzenfunktion 190 Opfertheorie, marginale 103 Personalsteuer 60, 76 Preis, kostendeckender 192 Produktionsmenge, optimale 191 Quellensteuer 56 f. Rangfolgeverschiebung – in Finanzkraft 36, 111 ff., 183
– in geografisch-topografischer Nettoaufwendung 168 – in Nettoaufwendung Jugend 147 – in totaler Nettoaufwendung 206 Rechtsgleichheitsgebot 94 ff., 189 Ressourcenabschöpfung – Berechnung 51 – Modellübersicht 100 ff. – Rechtfertigung 46 – Verpflichtung 52 – Volumen s. Volumen, Ressourcenausgleich Ressourcenpotenzial – Abgrenzung Abgabenpotenzial 61 – Bemessung 37 – Interpretation 72 ff. – Solidarisierung 71 Ressourcenzuschuss – Berechnung 51 – Berechtigung 52 – Modellübersicht 78 ff. – Volumen s. Volumen, Ressourcenausgleich Risikostreuung 18 Rückstellung 110 Sachvermögen 67 Schenkungssteuer 60 Schulgemeinde 54, 59, 135 Simulation – Ausgabenausgleich, partieller 201 ff., 204 ff. – Ressourcenausgleich, partieller 208 ff. – Ressourcenausgleich, partieller mit MA 213 ff. – Ressourcenausgleich, partieller ohne Lastenausgleich 216 ff. Skalenerträge, steigende 23, 75 125
Sachregister
Spillover – Entschädigung 27, 190 ff. – Kosten- 19 – Nutzen- 19, 190 ff. Steigungsindex 154, 159 Steuerexport s. Spillover, KostenSteuerfuss – Ausgleichs- s. Mindeststeuerfuss – in Berechnungsformel 51 f., 86 ff. – Disparitätenabbau s. Disparitätenabbau, Steuerfüsse – Durchschnitts- 72 f., 77, 119, 134, 160, 177 – Einflussfaktor 50, 96 – einheitlicher s. Gewichtungsfaktor – -index 53, 74 – Kürzung aufgrund 135, 141 ff., 147, 160, 163 f. – Senkung 88 ff. Steuerkraft, relative – Anpassung 76 f. – in Berechnungsformel 51 ff. – berichtigte 104 ff. – Gewichtung s. Gewichtungsfaktor – Komponente 56 ff. – nach Ressourcenausgleich 107 ff., 116 – Vergleichbarkeit 75 Steuerprogression 84 Steuerwettbewerb 17, 21, 27, 49 Streuverlust – Ausgabenausgleich, partieller 202, 204 – demografischer Sonderlastenausgleich 147 – geografisch-topografischer sonderlastenausgleich 167
126
Subsidiaritätsprinzip 13, 26, 144, 199 Substitutionseffekt 190 Substitutionseffekt, politischer 39, 129 Subvention – Familienpolitik 128 f. – Nettoaufwendung 203 – Pigou- 190 f., 196 – Steuerfuss 88 Übergangsausgleich 76, 181 Überhang 177, 206 Überkompensation – demografischer Sonderlastenausgleich 126, 137 ff. – geografisch-topografischer Sonderlastenausgleich 162, 166, 169 – Grundsatz 41, 69 Übernutzung der Steuerbasis s. Allmende, fiskalische Überversorgung 129 Ungleichbehandlung – Gemeinden s. Rechtsgleichheitsgebot – individuelle Last 189 – Minderlast 143, 164 – Rechtfertigungsgrund 97 – Ressourcenausgleich, partieller ohne LA 218 – Steuerkraft 65 Unternehmung, öffentliche 62 ff. Unterversorgung 21, 23, 190 Verfügung 99, 181 Verlustanrechnung 63 ff. Vermögenssteuer 56 f. Versicherungslösung 186 Volumen – Ausgabenausgleich, partieller 203, 206
Sachregister
– Brutto- 208 – demografischer Sonderlastenausgleich 135 – Finanzausgleich 9 f. – geografisch-topografischer Sonderlastenausgleich 161 – individueller Sonderlastenausgleich 181 – Netto- 208 – optimales 24 ff. – Ressourcenausgleich 54 – Ressourcenausgleich, partieller 208 ff. – Ressourcenausgleich, partieller mit MA 213 ff. – Ressourcenausgleich, partieller ohne LA 217 ff. – Zentrumslastenausgleich 195 Voting by feet 16
Zuschuss s. Ressourcenzuschuss Zuschussgrenze 78 ff., 208 Zweckbindung – demografischer Sonderlastenausgleich 135, 144 f. – geografisch-topografischer Sonderlastenausgleich 161, 165 – individueller Sonderlastenausgleich 177 – Ressourcenausgleich 54 – Wirkung 43 – Zentrumslastenausgleich 195, 198 Zweckverband 62 ff.
Wirtschaftlichkeit 97, 137, 162 Wirtschaftswachstum – durch Steuerwettbewerb 17 Zementierung 38, 81, 89 ff., 120 f., 178 Zentralisierung – Tendenz zur 14 – Verhinderung der 27, 31 Zentralstaat 8 Zielsetzung – demografischer Sonderlastenausgleich 125 – Finanzausgleich s. Finanzausgleich, Funktionen – geografisch-topografischer Sonderlastenausgleich 151 – individueller Sonderlastenausgleich 173 – Ressourcenausgleich 45 f. – Zentrumslastenausgleich 188 Zielungenauigkeit s. Streuverlust 127