Jackson, Werbeträger

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VOM FALTOBJEKT ZUM WERBETRÄGER Schneide- und Falt­techniken im papierdesign Paul Jackson

Haupt

GESTALTEN


Paul Jackson hat mehr als 30 Bücher über Papierkunst verfasst, Falttechniken in mehr als 50 Hochschulen für Kunst und Design gelehrt, zahlreiche Auftragsmodelle für Druck, Fernsehen und andere Medien ausgeführt und Unternehmen wie Nike und Siemens bezüglich ihrer Produkte beraten. Seine Werke aus gefaltetem Papier waren und sind in Galerien und Museen auf der ganzen Welt zu sehen. Paul Jackson verfügt über mehrere Studienabschlüsse in den Bereichen Bildende Kunst, Experimentelle Mediengestaltung und Verpackungsdesign.

Die englische Originalausgabe erschien 2013 unter dem Titel Cut and Fold Techniques for Promotional Materials bei Laurence King Publishing Ltd., GB-London Copyright © 2013 Paul Jackson Aus dem Englischen übersetzt von Lina Feske, D-Berlin Satz der deutschsprachigen Ausgabe: Verlag die Werkstatt, D-Göttingen Redaktion der deutschsprachigen Ausgabe: Ute Orth, D-Freiburg Buch- und Umschlaggestaltung: Struktur Design Herstellung der Schachteln: Gilad Dies Ltd., Holon, Israel Gedruckt in China Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. ISBN: 978-3-258-60070-3 Alle Rechte vorbehalten. Copyright © 2013 für die deutschsprachige Ausgabe by Haupt Berne Jede Art der Vervielfältigung ohne Genehmigung des Verlages ist unzulässig. www.haupt.ch Wünschen Sie regelmäßig Informationen über unsere neuen Titel zum Gestalten? Möchten Sie uns zu einem Buch ein Feedback geben? Haben Sie Anregungen für unser Programm? Dann besuchen Sie uns im Internet auf www.haupt.ch. Dort finden Sie aktuelle Informationen zu unseren Neuerscheinungen und können unseren Newsletter abonnieren.


VOM FALTOBJEKT ZUM WERBETRÄGER Schneide- und Falt­techniken im papierdesign Paul Jackson

Haupt Verlag Bern • Stuttgart • Wien


Inhalt

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EINLEITUNG

05

1 1.1 1.2 1.3 1.4 1.5

GRUNDLAGEN 06 Worum es in diesem Buch geht 07 Schneiden und Falten 08 Werkzeuge 09 Auswahl des Papiers 10 Symbole 11

2 FLEXAGONE 2.0 Einleitung 2.1 Trihexaflexagon 2.2 Quadratflexagon 2.3 Windmühlenspiel 2.4 Formwandler 2.5 Drehwürfel 2.6 Flexicube

12 13 14 18 22 25 28 30

3 MODULARE OBJEKTE 3.0 Einleitung 3.1 Sechsteiliger Würfel 3.2 Dreiteiliger Würfel 3.3 Zweiteiliger Würfel 3.4 Puzzlewürfel 3.5 Tetraeder 3.6 A4-Pyramiden

34 35 36 38 40 42 44 46

4 UMSCHLÄGE 4.0 Einleitung 4.1 Spontan gefalteter A4-Umschlag 4.2 Schräg geschlossener A4-Umschlag 4.3 A4-Wickelumschlag 4.4 Japanischer Umschlag 4.5 Französischer Umschlag 4.6 CD-Hülle 4.7 Konstruierter Umschlag

52 53

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54 56 58 60 62 64 66

5 PUZZLES UND KNOBELEIEN 5.0 Einleitung 5.1 Unmögliche Konstruktion 5.2 Positiv-/Negativwürfel 5.3 Tangrams 5.4 Umkehrwürfel 5.5 Links-rechts-Verwandlung 5.6 Vom Streifen zum Quadrat

70 71 72 74 76 82 86 88

6 FALTBÜCHER 6.0 Einleitung 6.1 Acht-Seiten-Büchlein 6.2 Auf-und-ab-Minibuch 6.3 Origamibuch 6.4 Posterbuch

92 93 94 96 100 104

7 WEITERE FALTIDEEN 7.0 Einleitung 7.1 Drehspirale 7.2 Hängebuchstaben 7.3 Würfelkette 7.4 Schreibtischpokal 7.5 Masu-Schachtel 7.6 Einstürzender Turm

106 107 108 110 112 116 118 120

8 HINWEISE 8.1 Die Qual der Wahl 8.2 Wie Sie Ihre Modelle realisieren können 8.3 Herkunftsnachweise 8.4 Danksagung

124 124 125 126 128


Einleitung

Bevor sich in den 1950er- und 1960erJahren das Fernsehen in den meisten westlichen Haushalten als Hauptfreizeitbeschäftigung durchsetzte, gab es eine Vielzahl von Büchern mit Ratschlägen zur Freizeitgestaltung für unternehmungslustige Familien. Vom selbst gebauten Billardtisch oder Kurzwellenradio, über das Legen von Patiencekarten, bis hin zum Aufführen von Theaterstücken waren darin alle denkbaren Hobbys vertreten. Wenn man den Bildern aus dieser Zeit Glauben schenken darf, war für den Erfolg eines Unternehmens nichts weiter vonnöten als ein ordentlich gebundener Schlips bzw. eine Perlenkette und ein strahlendes Lächeln. In diesen Büchern konnte man auf die wunderbarsten Gedulds- und Geschicklichkeitsspiele, Objekte und Basteleien aus geschnittenem oder gefaltetem Papier stoßen. Einige dieser Ideen aus Papier haben ihren Weg in die heutige Zeit gefunden, andere hingegen sind bedauerlicherweise in Vergessenheit geraten. In meinem Buch habe ich Klassiker aus vergangenen Tagen und wenig bekannte Stücke aus der Welt der mathematischen Spielereien, des Origami, der Zaubertricks und des Gebrauchsdesigns versammelt, die ich vor allem nach dem Kriterium ausgewählt habe, Erstaunen zu wecken und zu unterhalten. Einzelne Faltobjekte wurden jedoch speziell für dieses Buch neu gestaltet oder entwickelt.

Wenn Sie diese großartigen kleinen Papierkonstruktionen mit prägnanten Aufschriften, Drucken oder Bildern versehen, lassen sie sich hervorragend als Werbeträger oder -geschenk einsetzen. Sie sind eine ausgezeichnete Möglichkeit, um ein neues Produkt oder eine neue Dienstleistung zu bewerben, das eigene Unternehmen zu präsentieren, eine Sonderaktion anzukündigen oder Ihren Stamm- und Neukunden oder Klienten ein „Frohes neues Jahr” zu wünschen. Manche Faltobjekte in diesem Buch sprechen auch ohne Zusatzbotschaft für sich. Sie laden den Kunden zum Spielen ein oder erfüllen eine nützliche Funktion. Auch Sie finden in Vom Faltobjekt zum Werbeträger mit Sicherheit ein geeignetes Faltobjekt, mit dem Sie auf sich oder Ihr Anliegen aufmerksam machen können. Mit einem Grafikprogramm und einem Drucker können Sie alle Objekte in kleiner Stückzahl im Büro oder zu Hause selbst herstellen. Für größere Mengen bieten sich herkömmliche Stanz- und Druckmethoden an. Einige der Papierkonstruktionen lassen sich für den Versand flach zusammenlegen und dann wie durch ein Wunder in eine dreidimensionale Form verwandeln. Sich mit der eigenen Werbebotschaft von den uns täglich überflutenden visuellen Informationen abzuheben ist heutzutage schwierig. Mit den hier vorgelegten eleganten, originellen und vor allem bemerkenswerten Papierkonstruktionen steigen Ihre Chancen, von Ihren Kunden oder Klienten wahrgenommen zu werden – ein solches Werbegeschenk bleibt im Gedächtnis haften und wird zur bleibenden Erinnerung. Paul Jackson

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01: GRUNDLAGEN

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1. Grundlagen 1.1 Worum es in diesem Buch geht

1.1 Worum es in diesem Buch geht Fast alle Faltobjekte in diesem Buch sind interaktiv: die meisten von ihnen lassen sich öffnen, schließen, zusammenfalten, von innen nach außen stülpen, in der Form verändern oder müssen zusammengebaut werden. Ihre verschiedenen interaktiven und dynamischen Möglichkeiten lassen sich auf einer gedruckten Buchseite jedoch nur schwer darstellen. Wenn Sie sich also für ein Objekt interessieren, sich aber trotz der Abbildungen und Fotos nicht sicher sind, wie es funktioniert oder sich bewegen lässt, möchte ich Ihnen das Nachfalten und damit Herumspielen wärmstens ans Herz legen. Verwerfen Sie eine Faltkonstruktion, die Sie vielleicht aufgrund der statischen zweidimensionalen Anleitung nicht in allen Einzelheiten und Nuancen erfassen konnten, jedoch nicht zu schnell. Sie können davon ausgehen, dass ich die Objekte in diesem Buch wegen ihrer Eleganz und Genialität (sie sind einfach genial!) ausgewählt habe und dass es ein ebenso großes Vergnügen ist, sie mit den Händen zu entdecken, wie hier auf diesen Seiten. Die Mehrzahl der Faltkonstruktionen sind wahrhaft entzückend – sie sind kleine Meisterstücke der Papierkunst –, um sich aber richtig daran freuen zu können, muss man sie nachmachen! Aus Platzgründen konnte nicht immer auf alle und zum Teil nicht auf den ersten Blick sichtbare Manipulationsmöglichkeiten eines Objekts eingegangen werden. Es lohnt sich also, mit einem angefertigten Faltobjekt zu experimentieren. Falten Sie es mal so und mal anders herum, tun Sie einfach das Gegenteil (wie auch immer Sie das interpretieren) von dem, was in der Anleitung steht, fügen Sie hier oder da Material hinzu und spielen Sie einfach damit, als hätten Sie dieses Ding nie zuvor gesehen und wüssten nicht, wie es funktioniert. Ihre Experimentierfreude wird reichlich belohnt werden.

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1. Grundlagen 1.2. Schneiden und Falten 1.2.1. Schneiden 1.2.2. Falten

1.2 Schneiden und Falten 1.2.1 Schneiden Eine wichtige Voraussetzung für das Schneiden von Papier oder Karton per Hand ist ein hochwertiger Cutter oder besser noch ein Skalpell. Billige Cutter mit Abbrechklinge sind instabil und daher im Gebrauch nicht ungefährlich. Es gibt robustere Cutter, bei denen die Verletzungsgefahr geringer ist. Allerdings bekommen Sie für den gleichen Preis auch ein Skalpell mit Metallgriff und auswechselbaren Klingen, das sich besser führen lässt und mit dem eine saubere Schnittlinie weitaus leichter gelingt. Unabhängig von der Art Ihres Schneidemessers, sollten Sie die Klinge unbedingt regelmäßig austauschen. Ein Metall- oder Winkellineal ermöglicht einen kräftigen, geraden Schnitt. Sie können aber auch mit einem durchsichtigen Kunststofflineal arbeiten, das zudem den Vorteil bietet, dass die vorgezeichnete Linie unter dem Lineal sichtbar ist. Verwenden Sie für kurze Schnittlinien ein etwa 15 cm langes Lineal. Generell sollten Sie das Lineal beim Schneiden auf den vorgezeichneten Bereich legen, so schneiden Sie nur in den Kartonrand außerhalb der Konturen Ihres Faltobjekts hinein, wenn Ihnen die Klinge abrutscht.

Standardhaltung des Skalpells beim Schneiden. Achten Sie zu Ihrer Sicherheit darauf, dass sich Ihre freie Hand stets oberhalb der schneidenden befindet.

1.2.2 Falten Während es beim Schneiden kaum etwas zu beachten gibt, ist das Falten doch etwas kniffliger. Hier gibt es unterschiedliche Methoden, bei denen es aber im Grunde darum geht, niemals den Karton an der Falzlinie einzuritzen, sondern ihn lediglich einzudrücken. Dafür benötigen Sie ein Werkzeug. Ob es sich dabei um ein eigens dafür gedachtes oder ein improvisiertes Hilfsmittel handelt, ist eine Frage der persönlichen Vorliebe und Gewohnheit. Buchbinder arbeiten mit verschiedenen Arten sogenannter „Falzbeine“. Diese prägen den Karton sehr gut, allerdings liegt die sich ergebende Rille meist 1-2 mm neben der Anlegekante des Lineals. Die Arbeit mit dem Falzbein kann also bereits zu ungenau sein, wenn die Konstruktion des Faltobjekts nur geringe Abweichungen zulässt. Ein gutes improvisiertes Werkzeug ist die Mine eines leer geschriebenen Kugelschreibers. Die Kugel erzeugt eine hervorragende Falzlinie, die jedoch ähnlich wie beim Falzbein etwas neben dem Lineal liegt. Ich habe auch schon Scherenspitzen, Küchenmesser, einen Schaber zum Glätten von nassem Ton, einen Fingernagel (!) oder eine Nagelfeile im Einsatz gesehen.

Ein Skalpell oder Cutter eignet sich sehr gut zum Erzeugen einer Falzlinie in Karton. Mit der K linge nach oben direkt entlang der Linealkante geführt, wird der Karton an der Falzlinie nicht eingeschnitten, sondern nur eingedrückt.

Ich selbst bevorzuge eine stumpfe Skalpell- oder Cutterklinge, die ich umgedreht halte (siehe Abbildung links unten). So wird der Karton in einer gleich bleibenden Linie und unmittelbar an der Linealkante gerillt.

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1. 1.3.

Grundlagen Werkzeuge

1.3 Werkzeuge Die Grundformen der meisten Faltobjekte in diesem Buch bestehen aus einfachen Polygonen (d. h. Vielecken) − also aus Quadraten, Rechtecken und Dreiecken mit einfachen 90°-, 45°- oder 60°-Winkeln. Auch ohne große Erfahrung lassen sich diese Polygone und Winkel mithilfe herkömmlicher Geometriehilfsmittel leicht konstruieren. Dieses Vorgehen mag Ihnen etwas antiquiert erscheinen, damit kommen Sie aber oft schneller voran als mit einem Entwurf am Computer, und Sie ersparen sich so auch das Ausdrucken Ihrer Entwürfe. Hier eine Liste der erforderlichen Hilfsmittel: • Bleistift, hart (am besten 2H) • guter Radiergummi (nicht der vom Bleistiftende!) • guter Bleistiftanspitzer, wenn Sie keinen Druckbleistift verwenden • Kunststofflineal, 15 cm lang • Metall- oder Kunststofflineal, 30 cm lang • großer Winkelmesser, 360° • hochwertiges Cuttermesser oder Skalpell mit Wechselklingen • scharfe Schere • Zirkel • Zeichendreieck, 45° • durchsichtiges Klebeband und/oder Masking Tape • selbstheilende Schneidematte, so groß wie möglich Mit einer Ausnahme kosten diese Hilfsmittel nicht die Welt. Aber wie so oft zahlt es sich auch hier aus, in gute Qualität zu investieren. Grundsätzlich ist jedoch billiges, intaktes und sauberes Arbeitsmaterial besser als teures abgenutztes. Über die Jahre entstandene Gebrauchsspuren auf Linealen lassen Ihr Papier oder den Karton und auch alles, was sie daraus herstellen, schnell unansehnlich und belanglos aussehen. Wenn Sie Ihre Werkzeuge sauber halten, werden Sie bessere Ergebnisse erzielen. Die einzige relativ teure Anschaffung ist die Schneidematte. Papier und Karton direkt auf der Tischplatte zu schneiden grenzt an Vandalismus und Holzoder Pappunterlagen zeigen bald Schnittspuren, die Ihnen das Arbeiten erschweren. Eine selbstheilende Schneidematte belohnt Sie mit stets akkuraten und spurlosen Schnitten. Kaufen Sie am besten die größte, die Ihr Geldbeutel zulässt. Bei richtiger Behandlung bleibt sie ein Jahrzehnt oder länger in gutem Zustand. Ein zusätzlicher Vorteil dieser Schneidematte ist ihr Zentimeterraster, sodass Sie, wenn überhaupt, nur selten ein Lineal zum Messen brauchen.

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1. Grundlagen 1.4. Auswahl des Papiers

1.4 Auswahl des Papiers Für die meisten Projekte in diesem Buch wird eine annähernde Papier- oder Kartonstärke angegeben. Orientieren Sie sich am besten an diesen Angaben, obwohl auch andere Stärken zu guten, manchmal sogar besseren Ergebnissen führen können, vor allem wenn Sie ein Faltobjekt besonders klein oder besonders groß anfertigen wollen. Viele der Objekte sind „interaktiv“, d. h., sie müssen in die Hand genommen werden − ein guter Grund, sich für einen strukturierten Karton oder ein ebensolches Papier statt dem konventionellen glatten („gestrichenen“) Papier zu entscheiden. Eine strukturierte Oberfläche fasst jeder gerne an, sie hat etwas Sinnliches und ist daher eine ideale Voraussetzung, um mehr Freude im Umgang mit dem fertigen Objekt zu haben. Je angenehmer sich zudem das Material anfasst, umso weniger muss es sich hinter aufwendigen Oberflächengrafiken verstecken. Für einige der Faltobjekte können Sie auch handgeschöpftes Papier verwenden, selbst farbiges mit einer auffallenden dekorativen Oberfläche ist gut geeignet. Die Schwarz-Weiß-Gestaltung dieses Buchs verleitet Sie vielleicht dazu, diese Ästhetik zu übernehmen. Es gibt aber keinen Grund, warum Sie sich nicht für Büttenpapier, Farbkarton, texturiertes Papier, Silberfolie, Wellpappe, Recyclingpapier, lästige Werbepost, ja sogar für dünne Plastikfolie oder laminierten Stoff entscheiden sollten. Ihr Wunschmaterial sollte allerdings die Manipulationen mitmachen, die der Zusammenbau des jeweiligen Objekts erfordert. Was die Beschriftung oder den Druck angeht, ist Ihre Papierauswahl stärker eingeschränkt, wenn Sie diese nicht von Hand, sondern per Computer oder Kopierer aufbringen wollen. Wenn Sie Ihr Faltobjekt stanzen wollen, kann die Auswahl noch begrenzter sein (siehe „Die Qual der Wahl“ auf Seite 124) – bedingt durch die technischen Gegebenheiten dieses Verfahrens. Aber selbst wenn nicht alle Papier- oder Kartonstärken geeignet sind, haben Sie immer noch genügend Farben und Strukturierungsmöglichkeiten zur Verfügung. Wenn Sie die ausführenden Firmen (Stanzerei oder Druckerei) in Ihre Planung einbeziehen, werden Sie sicherlich eine funktionale und interessante Lösung finden. An eine besonders umfangreiche Materialauswahl gelangen Sie, wenn Sie sich an einen Papierhersteller wenden und ihn um die Zusendung von Papiermusterbüchern bitten. Versuchen Sie dabei als Lieferanschrift eine Firmenadresse zu nennen, dann können Sie die Muster vielleicht sogar kostenlos erhalten − die Auslieferung an einen potentiellen Neukunden erscheint Unternehmen in der Regel attraktiver als an eine Privatadresse.

: 010


1. 1.5

Grundlagen Symbole

1.5 Symbole

Talfalte

Bergfalte

vorhandene Falzlinie

wenden

Punkt auf Punkt falten

Rรถntgenansicht

hier kleben

schneiden

markieren : 011


02: FLEXAGONE

: 012


2. 2.0

FLEXAGONE Einleitung

Einleitung Der Begriff „Flexagon“ ist ein Kunstwort, das sich zusammensetzt aus „flexibel“ und „gon“, wobei „gon“ wie in „Pentagon“ (= Fünfeck) oder „Hexagon“ (= Sechseck) eine geometrische Fläche bzw. Figur mit Ecken bezeichnet. Flexagone sind also zwei- oder dreidimensionale Konstruktionen – hier aus geschnittenem und gefaltetem Papier –, die verändert werden können. Bei einem typischen Flexagon wird durch eine bestimmte Faltung die ursprünglich sichtbare Fläche von anderen Papierschichten verdeckt und es kommt eine neue Fläche zum Vorschein. Auch diese kann wieder verdeckt und durch die ursprüngliche oder eine weitere ersetzt werden und so weiter und so fort. Anstelle des Weg- oder Zum-Vorschein-Faltens von ganzen Flächen können auch Teile einer Fläche in eine andere Position gebracht und auf diese Weise zu einer neuen Konstruktion zusammengefügt werden. Wenn Sie sich dies jedoch schwer vorstellen können, so zeigt das nur, wie geheimnisvoll Flexagone sind. Sie scheinen einem vieldimensionalen Universum unmittelbar entsprungen zu sein, sind schwer zu beschreiben und eindrucksvoll, wenn man sie in den Händen hält und bewegt. Kurzum: Flexagone haben Suchtpotenzial! Das Auftauchen und Verschwinden von Flächen macht das Flexagon zu einem idealen Medium für Text und Bild, die als Abfolge am besten zur Wirkung kommen. Es ist einfach faszinierend, dass viele Flexagone die gleiche Fläche in zwei oder mehr unterschiedlichen Konstellationen sichtbar machen, wodurch sich Texte oder Bilder zunächst zusammenfügen und durch Verändern des Flexagons wieder ganz neu zusammensetzen. Dieses Buch stellt einige der besten zwei- und dreidimensionalen Flexagone vor. Die meisten von ihnen sind leicht herzustellen – dies allerdings mit gebührender Sorgfalt. Nur durch ihr Anfertigen und das Mit-ihnen-Spielen werden Sie ihre vielfältigen Facetten und Verwendungsmöglichkeiten wirklich kennenlernen. Und falls Flexagone für Sie völliges Neuland sind: Lassen Sie sich überraschen und verzaubern!

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2. FLEXAGONE 2.1 Trihexaflexagon

2 1 K

3

2.1 Trihexaflexagon Dies ist das klassische und originale Flexagon, das 1939 von Arthur Stone, einem in England geborenen Mathematikstudenten der Harvard Universität, erdacht wurde. Obwohl es leicht herzustellen ist, sind die Kombinationsmöglichkeiten seiner beweglichen Struktur faszinierend und komplex. Falls Sie sich zum ersten Mal mit Flexagonen beschäftigen, sollten Sie damit beginnen.

3 2

1

1

1 3

2

2

2 1 3

3

3 2 1

2.1 _ 1 Schneiden Sie einen Papierstreifen mit zehn gleichseitigen Dreiecken zu ( jeweils mit 60°-Winkeln). Die Seitenlänge der Dreiecke sollte zwischen 4 und 5 cm betragen. Jedes Dreieck wird mit zwei Zahlen versehen. Dabei die hier oben stehende Zahl jeweils auf die Vorderseite des Dreiecks schreiben und die untere Zahl auf die Rückseite des gleichen Dreiecks. K bedeutet „kleben“.

1 1

2 1

1 3

K

K

2 1

3 2

1

3

2.1 _ 3 … wie hier zu sehen ist. Jetzt werden drei rechte Dreiecke rückwärts nach unten gefaltet (siehe Pfeil auf der Abbildung). Dabei muss das Dreieck am rechten Ende mit der Nummer 3 über das Dreieck mit der 3 direkt oberhalb von K gelegt werden.

3

1

2

2.1 _ 2 Dann wie in der Abbildung dargestellt die ersten vier Dreiecke von links mit einer Talfalte nach unten falten …

1 1

2

: 014

2

3

2.1 _ 4 Jetzt sind keine Dreiecke mit einer 3 mehr zu sehen und der Papierstreifen hält locker zusammen. Falten Sie nun das untere, mit „K“ bezeichnete Dreieck nach oben und kleben es auf das obere. Dadurch fügen Sie den Papierstreifen zu einem sechskantigen Endlosstreifen (einem sogenannten „Möbiusstreifen“) zusammen.

1

1

1 K

K


2. 2.1

FLEXAGONE Trihexaflexagon

Bruch 1

Kante

2

1

1

1

2

1

2

1

2 2

2

2

2

2

2

2

2

2.1 _ 5 Auf der Vorderseite steht jetzt sechsmal die Ziffer 1 und auf der Rückseite sechsmal die 2. Falls bei Ihnen andere Zahlen zu sehen sind, sollten Sie überprüfen, ob Sie den Streifen richtig nummeriert und gefaltet haben.

2.1 _ 6 Auf der Seite mit den Zweien ist zu beachten, dass die sechs Linien, die speichenförmig von der Mitte wegführen, abwechselnd eine Kante, ein Bruch, eine Kante, ein Bruch, eine Kante, ein Bruch, eine Kante und abschließend ein Bruch sind. D. h., jede Speiche ist abwechselnd ein Bruch oder eine Kante. B

A

B A

2

2 2

2

B

2

B

A

2 2

2

2

A

2

2 B A

A

B

2.1 _ 7 Jetzt alle Brüche (A) talfalten und alle Kanten (B) bergfalten. Das Hexagon stellt sich räumlich auf …

2.1 _ 8 … und sieht so aus. Verfolgen Sie, wie die A-Ecken nach unten und nach außen streben und die B-Ecken nach oben und innen.

C

C

C B 3

B

3

B

C B

3

2 2

B AAA 2.1 _ 9 Schließlich treffen alle drei A-Ecken unten aufeinander und die drei B-Ecken befinden sich an den Enden von drei flachen Flügeln. Oben ist eine neue Ecke (C) entstanden. Öffnen Sie nun die drei Flächen der C-Ecke …

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A 2.1 _ 10 … wie hier zu sehen ist. C öffnet sich in drei Teile. Indem Sie die C-Ecken immer weiter nach außen führen, wird das Sechseck zunehmend flacher.

B


2. FLEXAGONE 2.1 Trihexaflexagon C

B 3

1

3

3

1

A

B 3

C 1

3 3

C

1

1 1

B

2.1 _ 11 Es zeigt sich eine neue Oberfläche mit der Nummer 3, bei der die A-Ecken im Mittelpunkt des Hexagons liegen. Wiederholen Sie nun das Faltmuster wie in Schritt 7 beschrieben und formen jeden von Punkt A ausgehenden Bruch (C) als Talfalte und jede von A ausgehende Kante (B) als Bergfalte. Wenn Sie das Faltobjekt nun wie oben beschrieben öffnen, erscheint auf der neuen Oberseite überall die Nummer 1.

3 3

3

: 016

1

3

1

3

2.1 _ 12 Dieser Falt- und Öffnungsvorgang kann endlos fortgesetzt werden und immer erscheinen nacheinander diese drei Flächen. Achten Sie dabei darauf, dass die Bruchspeichen stets Tal- und die Kantenspeichen stets Bergfalten sind und dass Sie das Hexagon immer oben öffnen.

2.1 _ 13 Statt die Flächen zu nummerieren, können Sie sie auch mit einem Muster versehen. Ebenso bieten sie schöne Möglichkeiten für einen Text, einen dreiteiligen Cartoon oder eine Botschaft Ihrer Wahl − das bleibt ganz Ihrer Fantasie überlassen.

1 3

1

1 1

2 2

2

2

2 2


2. 2.1

FLEXAGONE Trihexaflexagon

2.1 _ 14 Diese Abbildung zeigt in der Mitte die drei Musterflächen des vorhergehenden Schritts. Beim Umdrehen auf die Rückseite ergibt sich jeweils ein anderes Muster, und zwar eines der drei im äußeren Ring dargestellten. Diese drei neuen Muster können ebenfalls unendlich oft umgeklappt werden. Die entstehenden Muster sind immer anders zusammengewürfelte Versionen der Originalmuster. Auf diese Weise ergeben die drei Oberflächen insgesamt sechs Muster! Lassen Sie sich ein wenig Zeit, um mit Ihrem Flexagon zu spielen, damit Sie verstehen, was dabei vor sich geht. Und vergessen Sie nicht, es ab und zu umzudrehen. Die Möglichkeiten, Bilder und Texte darzustellen und auf diese Weise wieder neu zusammenzuwürfeln, sind enorm. Dafür bieten sich je nach Ihren Vorstellungen Bild- oder Textfolgen an, aber auch einfache oder komplizierte Puzzles.

Umfalten

Umfalten

Umfalten

Umfalten

Umfalten

Umfalten

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2. FLEXAGONE 2.2 Quadratflexagon

2.2 Quadratflexagon Dieses Flexagon mit drei Flächen ähnelt dem ersten. Es ist aber einfacher herzustellen und bietet nicht so viele Kombinationsmöglichkeiten von sichtbaren Flächen. Im Wesentlichen ist es ein doppeltes Scharnier, das wie eine Schwingtür funktioniert, die nach innen und außen geöffnet werden kann (wie die Tür zwischen Küche und Gastraum in einem Restaurant).

1 K

2 3

2 1

3 1

K 3

3 2

1 2

2.2 _ 1 Schneiden Sie die hier dargestellte und aus sieben Quadraten bestehende Figur aus Papier zu. Die Seitenlänge der Quad­ rate sollte zwischen 4 und 5 cm liegen. Auf jedem Quadrat werden zwei Zahlen eingetragen. Tragen Sie die obere Zahl auf der Vorderseite der Quadrate ein und die untere Zahl entsprechend auf der Rückseite. K steht dabei für „kleben”.

1

2

2

3

2.2 _ 2 Die vier linken Quadrate über die rechten Quadrate talfalten. Dabei die oberen Quadrate hinter das Quadrat mit dem K oben rechts legen …

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K

3

1


2. FLEXAGONE 2.2 Quadratflexagon

1

K

1

1

K

1

1

2

2

1

1

2

2

2.2 _ 3 … wie hier zu sehen ist. Dann K leber auf das rechte mit „K“markierte Quadrat geben, auf das mit „K“ gekennzeichnete Quadrat links davon falten und festkleben. Der Papierstreifen wird dadurch geschlossen und ergibt eine „Endlosschleife“ von Quadraten.

1

3

3

1

3

3

2.2 _ 5 Die im letzten Schritt vorgenommene Faltung verläuft entlang der linken Kante. Die Papierschichten sind dort allerdings getrennt, sodass sich die zwei EinserQuadrate nun nach rechts umklappen lassen …

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2.2 _ 4 Auf der einen Seite des Faltobjekts ist nun viermal die 1 sichtbar. Auf der anderen Seite erscheint viermal die 2. Falten Sie nun die zwei linken Zweier-Quadrate auf die beiden rechten.

2.2 _ 6 … und so viermal die 3 aufgedeckt wird! Die Fläche mit den Zweien ist verschwunden.


2. FLEXAGONE 2.2 Quadratflexagon Umfalten

3

3

2

2

3

3

2

2

1

1

1

1

1

1

1

1

2.2 _ 7 Durch das beschriebene Umfalten können Sie zwischen den Dreier- und den Zweier-Flächen hin- und herwechseln. Auf der Rückseite erscheint dann immer die Fläche mit den Einser-Quadraten, ganz gleich welche Zahl (3 oder 2) auf der Vorderseite zu sehen ist.

: 020

Umfalten

2.2 _ 8 Wenn Sie die Ziffern 3 und 2 durch grafische Elemente ersetzen, bleibt ein Quad­ rat immer ein Quadrat und ein Stern immer ein Stern. Der Kreis (auf der Seite mit den Einsen) erscheint entweder als vollständiger Kreis oder als zwei nicht miteinander verbundene Halbkreise, je nachdem welches Bild sich auf der Rückseite des Flexagons gerade zeigt.


2. FLEXAGONE 2.2 Quadratflexagon

: 021



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