Bergmann, Die Praxis des Gestaltens

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Roberta Bergmann

Die Praxis des Gestaltens

Das Ăœbungsbuch



Roberta Bergmann

Die Praxis des Gestaltens



Roberta Bergmann

Die Praxis des Gestaltens

Das Ăœbungsbuch

Haupt Verlag


Gestaltung und Satz: Roberta Bergmann, www.robertabergmann.de, www.derkreativeflow.de Lektorat: Claudia Huboi, D-Köln Covergestaltung: Roberta Bergmann, unter Verwendung von Bildern folgender Urheber (von links oben nach rechts unten): Hannah Robold, Dorothea Blankenhagen, Annika Rodermund, Simone Fürst, Ruby Warnecke, Eva Brünz, Leonie Nieporte, Roberta Bergmann, Rieke Grünig, Andrea Wong, Melina Buschak, Lisa Silbermann, Dorothea Blankenhagen, Yentl Hartkopf, Rieke Grünig, Adrian Cosma, Tom Wolf (Rückseite Bucheinband), Annette Szendera (Buchrücken oben) Vorsatzpapier & Seite 2: Roberta Bergmann, unter Verwendung der Hand und der Zeichnung von Annette Szendera 1. Auflage 2020 Diese Publikation ist in der Deutschen Nationalbibliografie verzeichnet. Mehr Informationen dazu finden Sie unter http://dnb.dnb.de ISBN 978-3-258-60217-2 Gedruckt in der Tschechischen Republik Alle Rechte vorbehalten. Copyright © 2020 Haupt Bern Jede Art der Vervielfältigung ohne Genehmigung des Verlages ist unzulässig. Der Haupt Verlag wird vom Bundesamt für Kultur mit einem Strukturbeitrag für die Jahre 2016–2020 unterstützt. Wünschen Sie regelmäßig Informationen über unsere neuen Titel zum Gestalten? Möchten Sie uns zu einem Buch ein Feedback geben? Haben Sie Anregungen für unser Programm? Dann besuchen Sie uns im Internet auf www.haupt.ch. Dort finden Sie aktuelle Informationen zu unseren Neuerscheinungen und können unseren Newsletter abonnieren. Anmerkung der Autorin: Zusammen mit dem Verlagslektorat habe ich mich entschieden, auf die Form «Gestalterinnen und Gestalter» bw. Unterformen wie «GestalterInnen» oder «Gestalter*Innen» zugunsten der Lesbarkeit des Textes zu verzichten. Wenn ich von «Gestaltern», «Kreativschaffenden», «Fotografen» etc. schreibe, meine ich immer die berufliche Funktion, nicht das Geschlecht. www.haupt.ch

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Roberta Bergmann wurde 1979 in Nordhausen geboren. Nach dem Abitur absolvierte sie ein Grafikdesign-Studium mit den Schwerpunkten Illustration, Fotografie und Buchgestaltung, das sie 2005 mit Auszeichnung und Diplom abschloss. Im Studium lernte sie vier Kommilitoninnen kennen und gründete 2003 mit diesen Kolleginnen die Ateliergemeinschaft Tatendrang-Design in Braunschweig, die für ihre illustrierten Produkte deutschlandweit bekannt wurde. Von 2006–2017 führte die Gruppe ein eigenes Ladenatelier in Braunschweig. Ein weiteres Ladengeschäft existiert seit 2011 in Hamburg. Die Kreativschaffende lehrt seit mehr als einem Jahrzehnt zu den Themen «Gestaltung» und «Kreativität», u. a. war sie wissenschaftliche Mitarbeiterin und Gastprofessorin an der Hochschule für Bildende Künste in Braunschweig. 2017 wurde sie zum «Fellow» der Kultur- und Kreativwirtschaft des Bundes ernannt, ein Ehrenamt, das nur 100 Kreative in ganz Deutschland für die Bundesregierung bekleiden dürfen. Seit 2018 hat Roberta Bergmann in ihrer Wahlheimat Braunschweig ein eigenes Künstleratelier und gibt dort ab und an Workshops, wie z. B. die «Ladies Drawing Night». Für den HAUPT-Verlag arbeitet sie als Buchgestalterin und Autorin. Dies ist ihr drittes Gestaltungs-Sachbuch als Autorin. 2019 gründete Roberta Bergmann die Kreativ-Plattform und den Podcast «Der kreative Flow». Mehr Infos unter: www.robertabergmann.de und www.derkreativeflow.de

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Vorwort Einführung in die zehn Praxis-Kapitel Die Gestaltungselemente

1.

Punkt – Linie – Fläche #1

Punkte anordnen #2 Linie wird Landschaft #3 Ein-Linien-Logo #4 Briefmarkenserie

2.

Rhythmus – Balance – Wiederholung #5

Stempeldruck-Tapete #6 Vom Hölzchen aufs Stöckchen #7 Rhythmische Schnipselcollage #8 Dschungelbuch-Cover #9 Butterbrotpapier ist alle

3.

Größe – Farbe – Ausschnitt #10 Initialen im Quadrat #11 Magazin-Cover: Monocolor #12 Umgebung durch den Spiegel

4.

Struktur – Textur – Muster #13

5.

6

8 10 14

16 18 20 22 24

26 28 32 36 40 44

48 50 54 56

58

Strukturensammlung & Gegensatzpaar #14 Zoologie vs. Moorlauge #15 Helvetica Goes Wild #16 Print Your Shirt «Ornament & Rapport»

60 64 70 74

Figur – Grund – Reduktion

76

#17 Cut-Out #18 Stripped Package #19 Auf den Kopf gestellt

78 82 84


6.

Raster – Grafik – Diagramm #20 Grid – Punktraster #21 Anschauliche Statistik: Eine Stunde ... #22 Rasterkunstwerk

7.

8.

88 92 96

Körper – Raum – Volumen

98

#23 Das modellierte Selbstportrait #24 Wollige Land-Art #25 3-D-Buchstaben-Initiale #26 Fantastische Unterwasser-Lebewesen #27 Vegetarische Kunstobjekte

100 104 106 108 114

Modularität #28

Modulare Typografie #29 Logo Modular #30 Blaupause

9.

86

Zeit – Bewegung – Interaktion #31 Fotosafari-Geschichtenheft #32 Metamorphose einer Zeichnung #33 Als die Bilder laufen lernten ... #34 Eine App, die meinen Alltag erleichtert

10. Kommunikation #35 Zeichen sprechen #36 Das Schriftportrait #37 Ein Bild sagt mehr als 1000 Worte #38 Neo-Klassiker

Anhang Danke! Weiterlesen Abbildungsverzeichnis Stichwortverzeichnis

116 118 122 126

128 130 132 136 138

140 142 144 148 150

152 154 155 156 158

Inhaltsverzeichnis

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Vorwort «Die Praxis des Gestaltens» – so heißt es jetzt, mein drittes Sachbuch. Und es behandelt wieder meine Lieblingsthemen: Design, zwei- und dreidimensionale Gestaltung und das große Feld der Kreativität. Mit allen Dingen, die ich erfinde – seien es Gestaltungsaufgaben für Bücher, kreative Challenges für meine Social-Media-Kanäle, Hausaufgaben in meinem Podcast («Der kreative Flow») oder Workshop- und Seminar-Inhalte – geht es mir darum, mein Gegenüber, den Lernenden, ein Stück weit kreativ herauszufordern, zu inspirieren und zu motivieren anzufangen! Wer anfängt und das weiße Blatt – wortwörtlich und im übertragenen Sinne – füllt, hat schon einen großen Schritt, vielleicht den größten Schritt für sich selbst, vollbracht. Denn oftmals scheitern wir an der Praxis. Machen ist wie wollen, nur krasser! Wir wollen so viel, haben vielleicht 100 Ideen, denken alles gern vorher ewig lang durch, bevor wir anfangen, weil wir nichts falsch machen wollen, weil wir ein gutes Ergebnis haben wollen (und weil wir prokrastinieren). Aber über diese ganze Denkerei kommen wir nicht zu dem Punkt, dass wir tatsächlich MACHEN! Dasselbe trifft übrigens auch auf Recherchearbeit zu. Recherchieren kann man ewig! (Ich muss nur noch schnell dieses Programm/diese App begreifen, dieses Lehrvideo anschauen, dieses Buch oder diesen Blog lesen ... und dann geht es schon los mit der eigenen praktischen Arbeit!) Das kann auf lange Sicht recht frustrierend sein. Jeder kennt das! Und einige Menschen, zu denen leider auch ich gehöre, vergleichen sich zu viel mit anderen. Gerade heutzutage durch die Möglichkeiten

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des World Wide Web schauen wir immer auf die anderen und zu wenig auf uns selbst. Was möchte ich für mich kreieren? Was interessiert mich persönlich? Wo möchte ich aktiv kreativ werden? Wo möchte ich mich weiterbilden und schließlich besser werden? Sich weiterzuentwickeln bedeutet auch, sich mit sich selbst eine längere Zeit beschäftigen zu können – und weniger zu schauen, was und wie es die anderen machen. Denn das kann ablenken, verunsichern und schließlich sogar komplett lähmen. Des Öfteren kaufe ich Sachbücher, weil ich das Thema interessant finde und das Buch besitzen möchte, um es in Ruhe zu Hause zu lesen und bestenfalls dann meine Lehren daraus zu ziehen. Oder, wenn es ein Anwendungsbuch, ein Praxisaufgabenbuch wie dieses hier ist, dann nehme ich mir ganz fest vor, dass ich es durcharbeite und jede Aufgabe ausprobiere – wie ein Arbeitsbuch! Doch nicht selten blättere ich nach dem Kauf nur einmal ein Stündchen auf der Couch darin herum, dann wandert es in einem längeren Prozess erst vom Wohnzimmer-Couch-Bereich ins Arbeitszimmer und von dort irgendwann ins Bücherregal. Und wissen Sie was? Das ist völlig in Ordnung! Hier kommt jetzt kein erhobener Zeigefinger von mir. Nein, das ist der Lauf der Dinge ... Aber gar nicht so selten ziehe ich dasselbe Buch eine ganze Weile später wieder aus dem Regal (ein bisschen überrascht, dass ich es besitze), vielleicht auch auf der Suche nach etwas anderem, und lese mich plötzlich darin fest. Einfach weil es in diesem Moment interessant(er) für mich wird, vielleicht weil ich mich gerade jetzt in einer Lebenslage passend zum Buchinhalt


befinde und nach Informationen suche oder schließlich und endlich bereit bin, die Aufgaben aus dem Buch durchzuarbeiten und auszuprobieren. Denn wir entwickeln uns im Laufe des Lebens immer weiter und nehmen dadurch die Dinge (und Medien) anders wahr als zuvor. Ich wünsche mir, dass Ihnen das Buch genauso viel Spaß bringt wie mir, als ich es geschrieben und dabei auch an Sie gedacht habe! Ich möchte Sie mit dem Buch verführen, Ihre Ängste, Bedenken und Zweifel abzulegen und sich für die fast 40 Aufgaben, die in den folgenden zehn Kapiteln auf Sie warten, frei und bereit zu machen – sie schnellstmöglich praktisch zu erfahren und darüber auch etwas für sich selbst zu lernen! Was liegt Ihnen? Wo entdecken Sie für sich neue Talente? Was macht Ihnen in Abgrenzung dazu gar keine Freude und warum? Vielleicht entwickelt sich aus einer simplen Aufgabe wie den «Initialen im Quadrat» plötzlich ein neues Logo, sei es für Sie privat oder für ein kleines kreatives Business, das Sie starten wollen. Oder Sie finden Gefallen an den fotografischen Aufgaben, die Sie mit dem eigenen Mobiltelefon und ohne großes technisches Know-how lösen können, und entdecken so neue Aspekte des Bildergeschichten-Erzählens für sich! Kapitel für Kapitel lernen Sie die verschiedenen Gestaltungselemente kennen und lassen diese spielerisch in Ihre kreativen Ergebnisse wie einen roten Faden einfließen. Dieses Buch eignet sich nicht nur dafür, Aufgaben selbst zu lösen, sondern auch Aufgaben zu teilen und weiterzugeben: Sind Sie Lehrer oder Kreativschaffender, geben Sie Workshops oder

leiten Kreativgruppen an? Vielleicht finden Sie bei diesen Aufgaben Anregung für Ihren Unterricht! Alle Aufgaben basieren auf meinem Wissen über Gestaltungsgrundlagen, ähnlich wie mein erstes Sachbuch «Die Grundlagen des Gestaltens» (Haupt Verlag, 2017, 2. Auflage) und eignen sich daher für den Kunstunterricht an der Realschule, am Gymnasium sowie in Berufsschulkontexten, z. B. für Mediengestalter- und GTA-Ausbildungen oder an der Fachoberschule Gestaltung. Und schließlich können Sie das Buch auch als Studierender oder als Lehrender im Grundlagenstudium der Freien Kunst, der Kunstpädagogik, der Architektur und des Designs verwenden. Viele der Aufgaben habe ich genau in diesen Kontexten erfolgreich ausprobiert– die Ergebnisse finden Sie hier in Form der Abbildungen wieder.

Viel Freude mit dem Buch wünscht Ihnen Roberta Bergmann, Sommer 2019

Vorwort

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EINFÜHRUNG IN DIE ZEHN PRAXIS-KAPITEL Dieses Buch trägt den Titel «Die Praxis des Gestaltens» – doch was beinhaltet der Titel konkret? Etwas zu gestalten, heißt nichts anderes, als sich in einen kreativen Schaffensprozess zu begeben. Sie und ich sind in diesem Kontext Kreativschaffende. Wir erschaffen, kreieren, designen (= gestalten) etwas mit unseren Gedanken, mit unserer Sprache, mit unseren Händen, mit Werkzeugen und Hilfsmitteln, die uns zur Verfügung stehen. Aus unseren Gedanken schöpfen wir schließlich Ideen und Konzepte von Dingen, modifizieren bereits bestehende Ideen (und verbessern oder verändern sie), überführen diese vielleicht in die Realität, in die Materialität, indem wir Objekte bauen, Motive erfinden, etwas sichtbar machen oder abbilden, ein Erscheinungsbild kreieren. Der Kreativschaffende arbeitet in den Feldern der Kunst (freie, bildende und darstellende Kunst), der Architektur (Raum und Hülle) und des Designs (Produkt, Mode, Grafik, Fotografie, Typografie, Prozesse/Dienstleistungen, UI/UX und andere digitale Felder etc.). Das Geschaffene kommuniziert und entwickelt seine eigene (Formen-) Sprache. Dem Gestalter, Ihnen und mir, stehen dabei diverse Gestaltungsmittel zur Verfügung. Das sind z. B. Zeichen, Symbole, Formen, eine breite Farbpalette (egal in welchem Medium), Bilder, Schriften, Materialien, Werkzeuge und Medien. Dieses Buch ist in zehn Kapitel gegliedert, in denen ich bewusst die Gestaltungsmittel mit-

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einander mische. Der Fokus liegt in jedem Kapitel also nicht auf einem Gestaltungsbereich (wie Fotografie, Typografie) und auch nicht auf einer Technik, einem Werkzeug oder einem Medium, sondern auf den Begriffen, die dem jeweiligen Kapitel seinen Namen geben! Diese Begriffe nenne ich «Gestaltungselemente». Jedes Kapitel umschreibt in seinem Titel mit ein bis drei Gestaltungselementen eine gestalterische Perspektive, die Sie mit den Aufgaben pro Kapitel näher beleuchten werden. Es gibt demnach zehn Perspektiven, die Sie durch die verschiedenen Aufgabenstellungen besser kennenlernen: 1. Punkt – Linie – Fläche 2. Rhythmus – Balance – Wiederholung 3. Größe – Farbe – Ausschnitt 4. Struktur – Textur – Muster 5. Figur – Grund – Reduktion 6. Raster – Grafik – Diagramm 7. Körper – Raum – Volumen 8. Modularität 9. Zeit – Bewegung – Interaktion 10. Kommunikation Im Folgenden werde ich Ihnen einen kleinen Überblick über diese «Gestaltungselemente» geben und so die Kapitel etwas näher beschreiben. Auf Basis dessen können Sie anschließend die 38 Aufgaben des Buches durcharbeiten und sich pro Kapitel auf eine Gestaltungsperspektive fokussieren.


DER KREATIVSCHAFFENDE Freier Künstler (Maler, Grafiker, Bildhauer), Produkt-, UI/UX- und Grafikdesigner, Illustrator, Fotograf, Typograf, Musiker, Schauspieler, Tänzer, Autor/Schriftsteller, Architekt, Kunsthandwerker

DIE GESTALTUNGSELEMENTE DIE GESTALTUNGSMITTEL Zeichen, Symbole, Formen, Farbpalette, Bilder, Schriften, Materialien, Werkzeuge, Medien

Punkt, Linie, Fläche, Rhythmus, Balance, Wiederholung, Größe, Farbe, Ausschnitt, Struktur, Textur, Muster, Figur, Grund, Reduktion, Raster, Grafik, Diagramm, Körper, Raum, Volumen, Modularität, Zeit, Bewegung, Interaktion, Kommunikation

Der Kreativschaffende und zukünftige Urheber in seinem kreativen Prozess: Mithilfe ihm zur Verfügung stehender Gestaltungsmittel und Gestaltungselemente erschafft er auf seinem Gebiet neue gedankliche und physische Werke.

Einführung in die zehn Praxis-Kapitel

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2. Rhythmus Balance Wiederholung



#5 STEMPELDRUCK-TAPETE Eine Tapete besteht aus starkem Papier (z. B. Affichenpapier) und ist mit einem wiederkehrenden Muster im Rapport bedruckt. In der folgenden Aufgabe werden Sie ein Tapetenmuster imitieren («imitieren» deshalb, weil das entstehende Blatt keinen Rapport haben muss). Ziel ist es, ein großes Format (z. B. ein weißes oder farbiges DIN A2) mit einem rhythmischen, sich wiederholenden Muster zu bedrucken, indem Sie sich mehrere Stempel mit verschiedenen Ornamenten und Formen schnitzen und diese abdrucken. Das verwendete Papier sollte recht dünn, glatt und ohne Struktur sein. Als Stempel dienen z. B. Plastilin/Modelliermasse (aus einer Kugel Modelliermasse kneten

Sie sich eine flache, runde oder eckige Stempelform, die Sie mit Modellierwerkzeugen, Bleistiften, Linolmessern etc. sehr leicht bearbeiten können.), Moosgummi, Pappe (beides sollte auf Holz oder einen anderen festen Träger aufgeklebt werden, damit man es besser in die Hand nehmen kann), Radiergummi oder Kartoffeln. Wenn Sie Modelliermasse zum Stempeln verwenden, brauchen Sie wasserlösliche Druckfarbe (ölhaltige Farbe haftet schlecht an der Modelliermasse, da diese wächsern ist). Setzen Sie sich mit den Kapitelthemen «Rhythmus – Balance – Wiederholung» auseinander und experimentieren Sie mit Anordnung, Abstand, Anzahl, Drehung der einzelnen Stempel.

Materialien: DIN-A2-Papier, Plastilin/ Modelliermasse, Kartoffeln, Moosgummi, Pappe, Holzreste, Radiergummi, Bleistift, Linolmesser, Modellierwerkzeuge, Druckerfarbe (auf Wasserbasis, z. B. Linolfarbe), Walze, Platte zum Ausrollen der Farbe, Lappen, Einmalhandschuhe Zeitspanne: 3–6 Stunden

Hier sieht man einen klassischen Kartoffeldruck mit verschiedenen Hausmotiven, die Dächer sind z. T. durch einen weiteren türkisfarbenen Stempel hervorgehoben und setzen dadurch farbige Akzente. 28

V A R I A N T E : > Statt auf DIN A2 können Sie auch auf DIN A3 oder DIN A4 arbeiten, dementsprechend werden Ihre Stempel kleiner. Das Ergebnis können Sie anschließend z. B. auf DIN A3 hochkopieren oder einscannen und dann auf DIN A2 ausdrucken (mit einem Großformatdrucker).


Rhythmus – Balance – Wiederholung

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4. Struktur Textur Muster



#15 HELVETICA GOES WILD Die Helvetica von Max Miedinger und Eduard Hoffmann ist eine Grotesk-Schriftart aus der Gruppe der serifenlosen, klassizistischen Linear-Antiqua. Sie gehört zu den bekanntesten und meist genutzten Schriften. Kann man das klare, vielleicht sogar etwas langweilige Schriftbild der Helvetica durch kleine Übungen und Etüden aufpeppen? Nach dem Motto «Helvetica Goes Wild» versuchen Sie die Helvetica in möglichst vielen Varianten (mindestens jedoch zwölf) zu redesignen. Was können Sie verändern, was können Sie addieren, subtrahieren? Welche Texturen können Sie der Schrift in Ihrer Neuinterpretation mitgeben? Welche neuen Schriftmuster (im doppelten Sinn!) können dabei entstehen? a. Analysieren Sie die Helvetica, indem Sie sich das gesamte Alphabet genau anschauen. Ebenso

alle (oder zumindest einige) Schriftschnitte (z. B. Regular, Italic, Bold). b. Setzen Sie die Helvetica anschließend in einem Wort auf einer Länge eines DIN-A4Querformats (analog gezeichnet/ausgeschnitten oder digital am Rechner), egal in welchem Schriftschnitt. c. Nehmen Sie Punkt b. als Ausgangsgestaltung und verändern Sie nun wild die Anmutung der Schrift! Sie können die Schrift zeichnerisch, analog oder digital verfremden, Sie können sie beschneiden, erweitern, mit einem Muster versehen, sie zerschneiden, sie neu zusammensetzen, sie mit anderen Schriftarten mischen usw. Der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt. Farben dürfen nicht verwendet werden. Erstellen Sie mindestens zwölf Varianten.

«DESTROY», analog zerkratzte und zerstörte Schrift

«SHORT», analog ausgeschnittene Buchstaben, oben und unten abgeschnitten/verkürzt

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«FLOWER» & «DOODLE», analog gezeichnete, illustrierte Helvetica-Alternative

Materialien: Helvetica, DIN-A4-Papier, Zeichenmaterial, Rechner, Software, Drucker, optional: Schere, Kleber, Kopierer, andere Schriften Zeitspanne: 30 Minuten (a.), 2–3 Stunden (b. und c.)

V A R I A N T E : > Statt nur ein Wort zu wählen, können Sie auch einen kurzen Satz oder ein Sprichwort setzen.

«FREAK», ebenfalls analog gezeichnete Helvetica-Alternative

Struktur – Textur – Muster

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#16 PRINT YOUR SHIRT «ORNAMENT & RAPPORT» Gehen Sie auf Muster-Safari! Suchen Sie mit dem Skizzenbuch oder mit der Fotokamera interessante Muster in Ihrer Umgebung. Achten Sie auf Bodenbeläge, tapezierte Räume, Stuckdecken, Muster von Polstermöbeln oder -sitzen in der S-Bahn, Ornamentfliesen im Schwimmbad oder am Bahnhof, das Fell des Zebras oder Leoparden im Zoo, die Teppiche auf einem Basar im Urlaub, das Halstuchmuster der Freundin etc. Auch hier ist wieder alles möglich! a. Stellen Sie sich eine Sammlung aus den besten zehn Mustern und Ornamenten zusammen (z. B. auf einem Moodboard). b. Im nächsten Schritt überlegen Sie, welches Ihrer Muster/Ornamente sich gut für einen Rapport (= ein sich wiederholendes, flächenfüllendes, unendliches Element zur Gestaltung von Oberflächen) auf einem handelsüblichen, weißen T-Shirt eignen würde. Wählen Sie dieses Muster als Positivform aus und schnitzen/schneiden Sie sich dieses zu einem Motivstempel (z. B. aus Moosgummi, aus einer Kartoffel, aus Linoleum). Alternativ können Sie es auch als Schablone umsetzen, dann schneiden Sie die Negativform des Musters aus Karton oder aus einer stabilen Folie aus.

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c. Kaufen Sie sich ein neutrales weißes T-Shirt in Ihrer Größe und bedrucken Sie dieses mit Ihrem Muster/Ornament auf oben vorgeschlagene Art. Verwenden Sie zum Drucken Textilfarbe Ihrer Wahl. Sie können auch mehrfarbig und mehrformig (= mit mehreren Einzelformen) drucken. Sie entscheiden, wie oft und in welchen Abständen das Motiv auf das T-Shirt gedruckt wird bzw. ob Flächen auf dem Shirt frei bleiben. Spielen Sie mit dem Positiv- und Negativraum. Achten Sie darauf, dass das Motiv nicht verwischt, wenn Sie es mehrfach drucken und das T-Shirt z. B. wenden. Arbeiten Sie ggf. in Etappen und mit einem sauberen Arbeitsplatz (und sauberen Fingern)! d. Fotografieren Sie sich mit dem Ergebnis, sodass man den Rapport und das Ergebnis gut erkennen kann. Sie können auch ein ModelShooting daraus machen und das T-Shirt richtig in Szene setzen. Was ist Ihnen im Prozess aufgefallen? Was haben Sie vorher nicht bedacht? Was war überraschend? Was hat gut/weniger gut geklappt und warum? Was würden Sie mit diesen Erkenntnissen das nächste Mal anders machen?


Materialien: weißes T-Shirt, Fotokamera, Skizzenbuch, Moodboarduntergrund, Zeichenwerkzeug, Textilfarbe (ggf. verschiedene Farben), Material für Stempel-/Schablonendruck, Lappen, Gummihandschuhe, Rechner, Software, Drucker Zeitspanne: 1–2 Stunden (a.), 1–2 Stunden (b.), 1 Stunde (c., ohne einkaufen) , 2–5 Stunden (je nach Aufwand)

linke Seite: zu a. Musterstudien in Form eines Moodboards diese Seite: zu d. drei fotografierte Ergebnisse des Muster-Shirts

Struktur – Textur – Muster

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8. Modularität



#28 MODULARE TYPOGRAFIE Modularität und Schrift passen hervorragend zusammen. Schrift ist an sich schon modular, da sie aus vielen verschiedenen Einzelbuchstaben besteht. Diese ergeben Wörter, diese Sätze, diese wiederum Texte usw. Wir wenden uns der kleinsten modularen Einheit der Schrift, den Buchstaben, zu. Sie werden in der folgenden Aufgabe weiter von Ihnen aufgeschlüsselt.

Materialien: divers (s.o.), Fotokamera Zeitspanne: 1–2 Stunden (ohne Ergänzungsteil)

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Nehmen Sie sich eine ausreichende Menge gleicher Objekte (Klebezettel oder -punkte, Stecknadeln, Münzen, Erbsen, Schokolinsen, Kieselsteine, Glasperlen etc.) und legen Sie daraus ein passendes Wort (z. B. den Namen der Schrift, die Sie gerade damit erfunden haben) oder einen kurzen Satz (z. B. ein passendes Zitat). Fotografieren Sie Ihr Ergebnis.

Auf dieser Seite wurden Klebezettel, Haarklammern und saure Gummibeeren zu einem Alphabet gelegt (aus Platzgründen sehen Sie nur die Namen der so entstandenen Schriften). Es empfiehlt sich, bei der Aufgabe das komplette Alphabet zu legen, wie in dem Beispiel auf der rechten Seite: gebogene, z. T. gekürzte und anschließend zu einem Alphabet gelegte Büroklammern.


Modularität

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10. Kommunikation



#38 NEO-KLASSIKER Nehmen Sie sich einen Klassiker der Malerei zum Vorbild* und stellen Sie ihn auf Ihre Weise fotografisch nach. Sie haben alle Freiheiten. Sie können im Fotostudio arbeiten, mit Requisiten, Sie können das Bild künstlerisch bearbeiten, Sie können eine Schwarz-Weiß-Serie daraus machen, Sie können die Aussage in die Gegenwart übertragen oder die Aussage durch eine gegenwärtige oder zukünftige Sichtweise ersetzen. Es geht bei dieser Aufgabe zum einen um die Nachstellung des Originals, zum anderen aber auch um eine Neuinterpretation, Ihre Neuinterpretation, des Motivs. Fragen, die Sie sich im Prozess stellen könnten: Was kommunizieren die Bilder des Malers? Kann ich diese Aussagen in die heutige Zeit transferieren? Was war für seinen Stil charakteristisch? Wie kann ich diesen Stil übertragen? Wie würden die portraitierten Personen aus den Bildern des Malers heute aussehen (Requisiten, Hintergrund, Kleidung)?

Als Ergebnis erhalten Sie ein «Neo-KlassikerFotoportrait» oder eine Serie von Fotos. Die Wahl der Präsentation ist frei (als Ausdruck/Abzug, bei Instagram, als Profilbild in Social Media etc.). *mögliche Klassiker zur Auswahl (Es gibt noch viel mehr!): «Mona Lisa» oder «Das Abendmahl» von Leonardo da Vinci, «Selbstbildnis im Pelzrock» von Albrecht Dürer, «Das Mädchen mit dem Perlenohrring» von Jan Vermeer, «Kind mit Taube» von Pablo Picasso, «Der Schrei» von Edvard Munch, «Der Kuss» von Gustav Klimt

Materialien: Requisiten, Fotokamera, optional: Fotostudio, Rechner, Software, Drucker, Social-Media-Account Zeitspanne: 6–10 Stunden

V A R I A N T E : > Statt eines Bildes nehmen Sie sich einen bekannten Maler des 20. Jahrhunderts zum Vorbild und stellen seine Art zu malen auf Ihre Weise fotografisch nach. Es geht bei dieser Aufgabe zum einen um die Nachstellung des Malstils als Fotografie, zum anderen um Ihre Neuinterpretation des malerischen Stils.

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Die Beispiele rechts zeigen die Neuinterpretation der malerischen Werke von Frida Kahlo und Vincent van Gogh. Beide Künstler haben sich viel mit dem Selbstbildnis beschäftigt, so passt es sehr gut, dass hier das moderne Selbstbildnis in Form des Selfies aufgegriffen wurde.


Kommunikation

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Stichwortverzeichnis A

Abformen, 112f. abstrakt, 18f., 20f., 36ff. Alphabet, 118f. Anagramm, 44ff. Animation, 136f. App, 138f. Architektur, 12 Ausschnitt, 13ff., 48ff.

B

Balance, 13ff., 26ff. Bewegung, 13ff., 128ff. Bildkomposition, 36ff. Bindfaden, 90f., 104f. Blaupause, 126f. Briefmarkenserie, 24f.

C

CD-Verpackung, 42f. Collage, 36ff., 92ff., 126f. Corporate Design, 122ff. Cover, 40ff., 54f., 130f. Cut-Out, 78ff.

D

Daumenkino, 136ff. Design, 12 Diagramm, 13ff., 86ff. Diorama, 81 158

E

Ein-Linien-Logo, 22ff.

F

Farbe, 13ff., 48ff. Figur, 13ff., 76ff. Fineliner, 18f. Fläche, 13ff., 16ff. Fotografie, 60ff., 92ff., 104f., 106f., 108ff., 114f., 130f., 150f.

G

Gestaltungselemente, 12ff. Gestaltungsgrundlagen, 9, 155 Gestaltungsmittel, 12f. GIF, animiertes, 136ff. Gips, 112f. Grafik, 13ff., 86ff., 92ff., 142f., 140ff. Größe, 13ff., 48ff. Grund, 13ff., 76ff.

H

Haeckel, Ernst, 108 Helvetica, 70ff. Hoffmann, Eduard, 70


I

Icon, 142f. Illustration, 40ff., 92ff., 148f. Initialen, 50ff., 106f. Interaktion, 13ff., 128ff.

Moorlauge, 64ff. Muster, 13ff., 58ff.

N

Naturstudium, 64ff., 108ff.

K

Kahlo, Frida, 150f. Kipling, Rudyard, 40ff. Kommunikation, 13ff., 140ff. Konzept, 138f. Körper, 13ff., 98ff. kreativer Prozess, 13 Kreativschaffende, 12f. Kunst, 12

L

Land-Art, 104f. Layout, 28ff., 54f., 122ff., 130f. Linie, 13ff., 16ff.

M

Magazin-Cover, 54ff. Metamorphose, 132ff. Miedinger, Max, 70 Modelliermasse, 28ff., 100ff., 108ff. Modularität, 13ff., 116ff. Moodboard, 74

P

Packaging, 82f. Pixel, 96f. Portrait, 96f., 144ff., 150f. Postkarte, 30f. Punkt, 13ff., 16ff.

R

Rapport, 28f., 74f. Raster, 13ff., 86ff. Raum, 13ff., 98ff. Reduktion, 13ff., 76ff. Rhythmus, 13ff., 26ff. Rockwell, 44ff.

S

Selbstportrait, 100ff., 144ff. Selfie, 150f. Spiegelung, 56f. Stempeldruck, 28ff., 74f. Stillleben, 114f. Struktur, 13ff., 58ff. Symbol, 142f.

T

Textur, 13ff., 58ff. Tonpapier, 18f., 36f., 50f, 114f. topologisch, 20f. T-Shirt-Design, 74f. Tusche, 20f., 32ff., 56f., 64f., 132ff. Typografie, 44ff., 50ff., 54f., 70ff., 82f., 118f., 130f., 144ff.

V

van Gogh, Vincent, 150f. Vermeer, Jan, 96f. Volumen, 13ff., 98ff.

W

Wachstum, 32ff. Wiederholung, 13ff., 26ff.

Z

Zeichen, 142f. Zeichnung, 32ff., 40ff., 56f., 60ff., 64ff., 82ff., 88f., 126f., 132ff., 142f., 148f. Zeit, 13ff., 128ff. Zitat, 142f.

Anhang

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Für alle n, die Kreative

meln m a s s i x a Pr möchten

als Mehr isc he r e t l a st d 30 ge en un

g Übun aben Aufg

Das Praxisbuch zu «Die Grundlagen des Gestaltens»! Dieses Buch ist eine Sammlung von praktischen Anwendungsaufgaben aus den Bereichen Grafikdesign, Typografie und Illustration mit Ausblicken in die Themengebiete dreidimensionale Formen und Animation. Hier werden Initialen im Quadrat entworfen, Statistiken in attraktive Infografiken verwandelt oder Verpackungsdesigns bis auf das Wichtigste reduziert. Diese sorgfältig zusammengestellten Übungen regen die Kreativität an, sie machen Spaß und Mut, wenn man sich auf eine neue Herausforderung vorbereiten oder einfach so mehr Praxis sammeln möchte.


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