Coco Chanel

Page 1

1914– 1930 A rt déco Und di e w i lde n 19 2 0 e r-Jah re

Coco Chanel 1883–1971 Coco Chanel, geboren als Gabrielle Bonheur Chanel, verbreitete über ihre Jugend teilweise widersprüchliche Details. 1883 im französischen Saumur in eine verarmte Familie hineingeboren, wuchs sie wahrscheinlich in einem Waisenhaus auf. Vor dem Ersten Weltkrieg richtete Chanels Geliebter, Etienne Balsan, ihr ein Hutatelier ein. Er stellte sie dem englischen Kohlemagnaten Boy Capel vor, in den sie sich verliebte. Capel gab ihr das Geld für ein Hutgeschäft im mondänen Badeort Deauville in der Normandie. Chanel fiel auf. Ihr Geschmack unterschied sich von allem, was Frauen bisher kannten. Burschikos räumte sie mit dem Firlefanz der Belle Époque auf und entwarf sehr schlichte, schicke Hutmode.

In den 60ern galt ein Chanel-Kostüm aus LintonTweed oder Wollbouclé als Zeichen gepflegter Eleganz. Zum klassischen Kostüm gehören Goldknöpfe mit Doppel-C-Logo auf einer kragenlosen Jacke, gefüttert mit kontrastfarbener Seide.

98

Geboren

1883 in Saumur Anspruch

Frauenkleidung durch Eleganz zu vereinfachen

Chanel wurde zum Vorbild. Sie nahm Herrenpullover in ihr Sortiment auf, nachdem sie einmal zufällig einen Herrenpullover übergezogen und eine Sensation verursacht hatte. Sie ließ sich von Herren-, Sport- und Arbeitskleidung inspirieren und trug Oberteile mit bretonischem Streifendessin. Als ganz Deauville diesen Trend aufnahm, entwickelte sie die für sie charakteristische Farbkombination Marineblau/ Weiß. Chanel eröffnete ein Modegeschäft in Paris und begann, die Silhouette zu vereinfachen, damit sie ihrem anspruchsvollen Geschmack entsprach: Sie verzichtete auf Verzierungen und verwendete leichtere Stoffe. Wie schon Poiret entwarf sie Kleider ohne Korsett. Sie griff die geraden Linien des LanvinHemdkleides auf und verarbeitete ihre revolutionären, einfarbigen Jerseystoffe in Marineblau oder Creme. Zu Beginn des Krieges schloss sie das Geschäft, kehrte aber 1919 zurück, um ein Couture-Haus zu eröffnen. Als Tageskleidung entwarf sie bequeme und legere Cardigan-Kostüme mit aufgesetzten Taschen und Faltenröcken aus weichen Tweedstoffen, die, so Paul Poiret et-


Coco Chane l 1883 – 1971

was bitter, den Eindruck von „luxuriöser Armut“ vermittelten. Als Abendkleidung entwarf Chanel das „kleine Schwarze“, ein Kleidungsstück, von dem sie sagte, es sei in seiner perfekten Einfachheit so schick, dass nur sie es habe entwerfen können. Chanels Arroganz war legendär. Ihrer Meinung nach verkörperte sie die Mode. Andere Couturiers wurden gönnerhaft geduldet, gehasst (Patou) oder ignoriert (Schiaparelli). Da sie von Natur aus eine Garçonne-Figur hatte, erkor Chanel diese zur einzig gültigen Silhouette für moderne Kleidung. Sie „erfand“ den gebräunten Teint und widmete sich den verschiedensten Themen: U-Boot-Ausschnitt, Slingpumps, Two-Tone-Optik, Pullover und Perlen, Blazer, Kurzmantel, Canotier und Baskenmütze, blütenweiße Blusen unter Matrosenanzügen, Bademoden, Beige, Modeschmuck, Taschen mit Goldketten, die alle Kultstatus erlangten. Typisch für Chanel war die legere, sportliche Kleidung. Der klare Schnitt war jedoch so perfekt, dass ihre Entwürfe zum Inbegriff der Eleganz wurden. Es gab keine aufwendigen Verzierungen: Die Goldknöpfe hatten eine Funktion und die Borte schuf einen zusätzlichen Kontrast. Die polnische Pianistin Misia Sert, eine Freundin Chanels, führte in Paris

einen Künstlersalon und stellte sie Djagilew – für den sie 1924 die Kostüme für das Ballet Le Train Bleu entwarf –, Picasso, Cocteau und Paul Iribe vor, der ihr Geliebter wurde. Einflussreichere Liebhaber folgten: Großfürst Dmitri von Russland und der Herzog von Westminster. 1931 unterschrieb sie einen Kostümvertrag mit Metro-GoldwynMayer. Nach drei Filmen, u. a. Tonight or Never mit Gloria Swanson, beendete sie die Zusammenarbeit aus reiner Langeweile. Chanel N° 5, das 1921 herauskam, wurde zum Inbegriff der „luxuriösen Einfachheit“ und begründete den Erfolg der Marke. Mit Ausbruch des Zweiten Weltkriegs 1939 musste das Modehaus Chanel schließen. Cocos Liaison mit einem deutschen Offizier machte sie bei den Franzosen unbeliebt und führte sie schließlich ins Exil. 1954 eröffnete sie ihr Modehaus in der Rue Cambon wieder und in den 1960er-Jahren war sie als Altmeisterin der Haute Couture wieder etabliert.

Chanel N° 5 war das erste nach einem Designer benannte Parfüm. Es gab minimale Änderungen am Markendesign, aber das Parfüm gilt noch heute, fast ein Jahrhundert später, als Synonym für Luxus.

„Zwei Dinge sollte eine junge Frau haben: Klasse und Fantasie.“ Coco Chanel

99


Turn static files into dynamic content formats.

Create a flipbook
Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.