Heimatschutz Patrimoine
Tourismus am Vierwaldst채ttersee Le tourisme au lac des Quatre-Cantons
Schweizer heimatschutz patrimoine suisse Heimatschutz svizzera protecziun da la patria
1 2011
Inhalt
Editorial
FORUM
Tourismus am Vierwaldstättersee 2 6 10 14
Peter Omachen
Kaiserbesuch René Regenass
Georg Carlen: «Meine Hoffnung liegt beim Nachwuchs» Urs Steiger
Siedlungsdruck am Vierwaldstättersee Patrick Schoeck-Ritschard
Wohnen und Tourismus in Konkurrenz
19 Lea, Luc & Miro 26 Frisch gestrichen SCHWEIZER HEIMATSCHUTZ 30 Wakkerpreis 2011 an die Gemeinden des Ouest lausannois VD 32 Jakob Zweifel – eine Würdigung 38 Von Menschen und Häusern
Sommaire FORUM
Le tourisme au lac des Quatre-Cantons 4 9 12 16
Peter Omachen
Visite impériale René Regenass
Georg Carlen: La relève est porteuse d’espoir Urs Steiger
Les rives du lac des Quatre-Cantons sous la pression des constructions Patrick Schoeck-Ritschard
Habitat et tourisme en concurrence
19 Lea, Luc & Miro 27 Peinture fraîche PATRIMOINE SUISSE 28 Prix Wakker 2011 aux communes de l’Ouest lausannois (VD) 39 Des maisons et des hommes
Titelseite: Zeugheersaal im Hotel Schweizerhof; Studienauftragsprojekt «Icon» Hotel Bürgenstock. (Bilder Stadtarchiv Luzern; Lussi+Halter Partner AG) Page de couverture: La Zeugheersaal dans l’Hôtel Schweizerhof; mandat d’étude «Icon», Hôtel Bürgenstock. (photo Stadtarchiv Luzern; Lussi+Halter Partner AG)
Kaiser Wilhelm II. und die Luzerner Behörden Geschützdonner dröhnte. Das Wetter war prächtig am 2. Mai 1893, als der Raddampfer am eigens errichteten Landungssteg vor dem Hotel Schweizerhof in Luzern anlegte. Der deutsche Kaiser Wilhelm II. und seine Gattin Auguste Victoria wurden vom Schweizer Bundespräsidenten über den roten Teppich in den «Grossen Saal» geführt. 100 Jahre später sollte der bedeutende Zeugheersaal abgebrochen werden. «Rettet die Schweizerhofsäle» riefen 1995 Heimatschutz und Denkmalpflege. Ein innovatives Neubauprojekt ermöglichte den Erhalt der Säle, in denen Richard Wagner «Tristan und Isolde» vollendete und Mark Twain reichhaltig tafelte. Ein Jahr zuvor hatte der Luzerner Stadtrat mit dem Slogan «Luzern im Gleichgewicht» für die neue Bau- und Zonenordung geworben. Die Stimmberechtigten sagten Ja und schützten damit ihre Wohnanteile. Heute schrillen wiederum die Alarmglocken: Die prägnanten Hotels Europe und Palace sollen in Eigentumswohnungen umgebaut, respektive verkauft und Wohnanteile in der Bau- und Zonenordnung sollen reduziert werden. Gleichzeitig kürzten Regierung und Parlament des Kantons Luzern das Budget ihrer Denkmalpflege um 20 Prozent. Georg Carlen, Luzerner Denkmalpfleger, im Amt seit der Auseinandersetzung um die Schweizerhofsäle, kündigte deshalb sein Arbeitsverhältnis. Im Interview lesen Sie dazu mehr. Adrian Schmid, Geschäftsleiter Schweizer Heimatschutz
L’empereur Guillaume II et les autorités lucernoises Des coups de canon. Puis, le 2 mai 1893, par une magnifique journée, un bateau à aubes accosta devant l’hôtel Schweizerhof à Lucerne. L’empereur allemand Guillaume II et son épouse Augusta-Victoria furent accueillis par le Président de la Confédération suisse qui les conduisit sur un tapis rouge jusqu’à la «grande salle». 100 ans plus tard, la démolition de la célèbre Zeugheersaal était à l’ordre du jour. «Sauvez les salles du Schweizerhof», réclamèrent en 1995 Patrimoine suisse et la conservation des monuments. Un projet novateur permit la conservation des salles où Richard Wagner avait achevé «Tristan et Isolde» et Mark Twain savouré de riches repas. Un an auparavant, la ville de Lucerne avait fait campagne pour un projet de plan de zones et de constructions. Les citoyennes et citoyens avaient alors accepté le projet, protégeant les quotas de logements. Aujourd’hui, l’alarme doit de nouveau être donnée: la vente des hôtels prestigieux que sont l’Europe et le Palace serait à l’ordre du jour de même que la réduction des quotas de logements dans le plan de zones et de constructions. En même temps, le gouvernement et le parlement du canton de Lucerne ont diminué de 20% le budget de la conservation des monuments. C’est pour cette raison que le conservateur cantonal Georg Carlen en exercice depuis la mobilisation pour la sauvegarde des salles du Schweizerhof a mis fin à ses rapports de service. Vous en sauvez plus en lisant l’interview. Adrian Schmid, secrétaire général de Patrimoine suisse
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Wilhelm II. und Auguste Victoria in Luzern
Kaiserbesuch Der Kurzaufenthalt des deutschen Kaiserpaars vom 2. Mai 1893 in Luzern war keine Ferienreise, sondern ein Staatsbesuch. Trotzdem ist dieser in direktem Zusammenhang mit dem Tourismus zu sehen. Tausende von Feriengästen folgten jeweils dem Vorbild ihrer Staatsoberhäupter, die seit der Mitte des 19. Jahrhunderts bevorzugt an den Vierwaldstättersee reisten. Dr. Peter Omachen, dipl. Architekt ETH, Kantonaler Denkmalpfleger Obwalden
Eine lange Reihe von gekrönten Häuptern besuchte Luzern, das in den 1850er-Jahren zum exklusiven Treffpunkt des europäischen Hochadels geworden war. Nebst Königin Victoria von England, die hier im Sommer 1868 fünf Wochen Ferien verbrachte, war es vor allem der Besuch des deutschen Kaiserpaars, der international grosse Beachtung fand. Nur wenige Wochen zuvor wurde bekannt, dass der deutsche Kaiser auf der Rückkehr von seinem Staatsbesuch in Italien am 2. Mai 1893 in der Schweiz Halt machen würde. Allerdings rechtfertigte sich ein Umweg über die Bundeshauptstadt nicht. So reiste eine dreiköpfige
Delegation des Bundesrats nach Luzern, um das Herrscherpaar bei seinem Zwischenhalt zu empfangen. «Ein ächt germanisch Weib» «8 Uhr 18 Min. Der Hofzug, von zwei Lokomotiven geführt, fährt in Flüelen ein. Die Stadtmusik setzt mit der deutschen Nationalhymne ein. Endlich stehen die beiden Kaiserwaggons vor der Mitte des Perrons. Hurtig entsteigt der kaiserliche Leibjäger einem Wagen. Bald darauf tritt auch die Kaiserin in Erscheinung. Als dritter wird der Kaiser sichtbar», schrieb die Zeitung «Vaterland» anderntags. Sie schildert
Die Kutsche mit dem deutschen Kaiserpaar (Bildmitte) auf dem Weg vom Hotel Schweizerhof (links aussen) zum Bahnhof. (Bild ZHB Luzern Sondersammlung) La calèche conduit le couple impérial allemand (milieu) de l’Hôtel Schweizerhof (à gauche) à la gare. (photo ZHB Lucerne collection spéciale)
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die Empfangsformalitäten, die bewundernden Worte des Kaisers über die eben zurückgelegte Gotthardfahrt und beschreibt nicht minder überschwänglich die äussere Erscheinung der Kaiserin in ihrem lila Kleid: «Hohe, kräftige Gestalt; ein ächt germanisch Weib.» Eine Viertelstunde nach der Ankunft befanden sich die Gäste auf den beiden Dampfschiffen, das Kaiserpaar in Begleitung von nur zwölf Personen auf der «Stadt Luzern», das übrige Gefolge, darunter auch die Stadtmusik Luzern und die Reporter, auf der «Italia». Kurz nach halb neun erfolgte die Abfahrt. Bei strahlendem Frühlingswetter ging es nahe an der Tellskapelle vorbei, danach zum Schillerstein und zum Rütli, wo Salutschüsse ertönten. Die Kaiserin verfolgte, nach dem Bericht des «Vaterlands», «mit Aufmerksamkeit den bunten Wechsel der Veduten und landschaftlichen Reize». Bei der Vorbeifahrt in Gersau war ein allgemeines Jubeln und Tücherschwenken der Einheimischen und Feriengäste, an denen, wie das Blatt schrieb, Kaiser und Kaiserin göttliche Freude hatten. Auch soll sich der Kaiser eingehend über die Einrichtungen der «Stadt Luzern» erkundigt haben und voll des Lobes über das Schiff und die Mannschaft gewesen sein. Kurzes Staatsbankett Die Ankunft in Luzern war auf 9.57 Uhr festgesetzt. «Schon vor 9 Uhr war es fast unmöglich, noch durchzukommen. Eine gewaltige Menschenmenge, Kopf an Kopf, von der Dampfschiffwerfte weg dem linksseitigen Quai entlang, auf der Seebrücke, und von da weg dem rechten Ufer entlang bis zum Kursaal harrte dicht gedrängt des seltenen Schauspiels, das sich bald bieten sollte.» Geschützdonner dröhnte vom Dreilindenhügel. Das Schiff näherte sich dem Bahnhof, beschrieb einen Bogen vor der Seebrücke und legte beim eigens für diesen Anlass hergerichteten Landungssteg vor dem Hotel Schweizerhof an. Hier wurden Kaiser Wilhelm II. und Kaiserin Auguste Victoria von den Gastgebern begrüsst. Umgeben von einer Ehrenkompanie überquerten die Gäste den mit einem roten Teppich belegten Schweizerhofquai und begaben sich in den Schweizerhof. Vor dem Essen in dem mit Palmen dekorierten «Grossen Saal» erfolgte die Vorstellung der deutschen Persönlichkeiten durch den Kaiser, dann der schweizerischen durch den Bundespräsidenten. Das vom Bundesrat offerierte Menü umfasste sieben Gänge und sechs Weine und musste innert einer Dreiviertelstunde serviert werden; dazwischen fanden die offiziellen Ansprachen des Bundespräsidenten und des Kaisers statt. Anschliessend wurden die Gäste in 13 Equipagen und
unter neuerlichem Jubel von Einheimischen und Feriengästen zum festlich geschmückten Bahnhof gefahren, wo der kaiserliche Zug Luzern pünktlich um 12.12 Uhr verliess. Grosse Werbewirkung Der Kaiserbesuch, der nur zweieinviertel Stunden gedauert hatte, war nicht nur ein politischer und gesellschaftlicher Höhepunkt, sondern brachte dem Luzerner Tourismusgewerbe unmittelbare Einnahmen und grosse Werbewirkung. Dass man sich dessen bewusst war, belegt ein bereits im Vorfeld erteilter Auftrag der städtischen Verkehrskommission. Danach wurden alle Fotos, Drucksachen, Zeichnungen für die aufwendigen Festdekorationen sowie sämtliche Pressestimmen zum Kaiserbesuch gesammelt und in vier grossformatigen Alben archiviert. Aus diesen Quellen geht hervor, dass über 25 000 Schaulustige eigens zu dem Anlass nach Luzern gereist und 3500 Gäste dazu in den Hotels abgestiegen waren. Insgesamt 185 Berichte in Schweizer Zeitungen und 418 ausländische Pressestimmen aus 17 Ländern sind dokumentiert.
LUZERN – EINE TOURISTENSTADT
Mit dem Kriegsausbruch 1914 und dem plötzlichen Versiegen der Touristenströme ging für Luzern eine Ära zu Ende. Im 19. Jahrhundert hatte sich die Stadt am Vierwaldstättersee zu einem der grössten Touristenmagnete der Schweiz entwickelt. Keine andere Epoche hat Luzern so nachhaltig verändert. Über 100 Hotels säumten 1914 das Seeufer oder thronten auf den Hängen über der Stadt. Das Buch von Peter Omachen ist Hotel- und Stadtgeschichte zugleich. Es beschreibt nicht nur Architektur und Glanz der berühmten Luzerner Hotelpaläste, sondern richtet den Blick auch auf die zahlreichen, im Schatten der Grandhotels stehenden kleinen Hotels und Pensionen. Daneben vermittelt es grundlegende Informationen über die Anfänge des Tourismus, die soziale Herkunft der Gäste und Angestellten, die verkehrstechnische Erschliessung sowie das touristische Unterhaltungsangebot. Zudem enthält es ein detailliertes Inventar der Hotel- und Tourismusbauten. Der nebenstehende Beitrag ist ein überarbeiteter Auszug aus dieser Publikation.
Peter Omachen: Luzern – eine Touristenstadt. Hotelarchitektur von 1782 bis 1914. Verlag hier + jetzt, Baden, 2010. 320 Seiten. ISBN 978-3-03919-148-2, CHF 68.00
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La Zeugheersaal, salle spécialement aménagée dans l’Hôtel Schweizerhof (1865) pour le banquet officiel du Conseil fédéral et du couple impérial. (photo archives de la ville de Lucerne) Für das Staatsbankett mit Bundesrat und Kaiserpaar hergerichteter Zeugheersaal im Hotel Schweizerhof, Luzern, erbaut 1865. (Bild Stadtarchiv Luzern)
Guillaume II et Augusta-Victoria à Lucerne
Visite impériale Même s’il fut non pas un séjour de villégiature, mais une visite officielle, le bref passage du couple impérial allemand le 2 mai 1893 à Lucerne est à considérer comme un événement essentiellement touristique. Des milliers de voyageurs ont imité ces chefs d’Etat qui, à partir du milieu du 19e siècle, privilégiaient les séjours au bord du lac des Quatre-Cantons. Dr Peter Omachen, architecte dipl. EPF, conservateur des monuments historiques d’Obwald
Longue est la liste des têtes couronnées qui séjournèrent à Lucerne, devenue vers 1850 le rendez-vous exclusif de la haute noblesse européenne. L’été 1868, la reine Victoria d’Angleterre y passa cinq semaines de vacances, mais c’est surtout la visite du couple impérial allemand qui eut le plus grand retentissement international. On avait appris seulement quelques semaines auparavant que l’empereur allemand allait faire une courte halte en Suisse, le 2 mai 1893, au retour de sa visite officielle en Italie. Un détour par la capitale fédérale ne se justifiait pas. Une délégation de trois membres du Conseil fédéral se rendit à Lucerne pour accueillir le couple lors de son bref passage.
Une femme de stature typiquement germanique «8 h 18: le train impérial conduit par deux locomotives fait sont entrée à Flüelen. La fanfare municipale commence à jouer l’hymne national allemand. Enfin, les deux wagons de la famille impériale s’immobilisent à la hauteur du milieu du quai. Un garde du corps descend prestement, suivi de l’impératrice, puis de l’empereur», relate le quotidien Vaterland le lendemain. Le journal décrit la cérémonie de réception, relate les commentaires élogieux de l’empereur sur le trajet du Gothard et poursuit la couverture de l’événement par une description non moins dithyrambique de l’impératrice dans sa robe lilas: «une femme grande, admirable, de stature typiquement germanique». Un quart d’heure
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après leur arrivée, les hôtes avaient pris place dans les deux bateaux à vapeur, le couple impérial accompagné de douze personne à bord du «Stadt Luzern», et la fidèle suite, dont la fanfare municipale de Lucerne et les reporters, à bord de l’«Italia». Le départ fut donné peu après 8 h 30. Par un soleil de printemps, le bateau passa devant la chapelle de Guillaume Tell, puis devant le Schillerstein et le Rütli, où il fut salué par des coups de canon. Selon l’article du Vaterland, l’impératrice fut fascinée par les lumières changeantes des «vedute» (peintures détaillées d’un paysage urbain) et par les paysages enchanteurs. A la hauteur de Gersau, en entendant la foule de touristes et d’autochtones en liesse qui applaudissait et agitait des mouchoirs, l’empereur et l’impératrice éprouvèrent, selon l’article du journal, une joie divine. Pendant la croisière, l’empereur se serait fait expliquer le fonctionnement des installations techniques du «Stadt Luzern» et aurait complimenté l’équipage et son bateau. Court banquet officiel L’arrivée à Lucerne était prévue à 9 h 57. «Avant 9 heures, il était déjà presque impossible de se frayer un chemin. Une foule compacte se pressait, face au débarcadère, le long du quai, sur le Seebrücke et sur la rive droite jusqu’au Kursaal, impatiente d’attendre ce spectacle exceptionnel». Une salve de canon retentit depuis la colline des Trois-Tilleuls. Le bateau s’approcha de la gare, décrivit un arc de cercle devant le Seebrücke et accosta à un débarcadère spécialement aménagé pour l’occasion devant l’Hôtel Schweizerhof. L’empereur Guillaume II et l’impératrice Augusta-Victoria furent salués par leurs hôtes. Accompagnés par une escorte d’honneur, ils empruntèrent le quai du Schweizerhof recouvert d’un tapis rouge et pénétrèrent dans l’hôtel. Le repas dans la grande salle ornée de palmiers fut précédé de la présentation des personnalités allemandes par l’empereur et du côté suisse par le président de la Confédération. Le menu offert par le Conseil fédéral, qui comportait sept plats et était accompagné de six sortes de vin, devait être servi en trois quarts d’heure. Entre-deux, le président de la Confédération et l’empereur allemand prononcèrent leur discours officiel. Sous les applaudissements nourris de la population et des touristes, les invités furent ensuite reconduits dans treize équipages jusqu’à la gare, magnifiquement décorée pour l’occasion, et le train impérial partit de Lucerne à 12 h 12 précises. Grande efficacité publicitaire La visite impériale qui ne dura que deux heures et quart fut un grand événement politique et
Page de couverture de l’album souvenir de la visite impériale à Lucerne: l’empereur Guillaume II et l’impératrice Augusta-Victoria d’Allemagne. (photo ZHB Lucerne collection spéciale) Titelblatt des Albums zum Kaiserbesuch in Luzern: Kaiser Wilhelm II. und Kaiserin Auguste Victoria von Deutschland. (Bild ZHB Luzern Sondersammlung)
social, mais eut également des retombées directes sur le tourisme lucernois en raison de son effet publicitaire. Les responsables du tourisme en étaient conscients, puisque la commission municipale en charge de ce secteur avait déjà mandaté des personnes pour collecter les photos, les imprimés, les plans des décorations somptueuses et les échos médiatiques sur la visite impériale, et les archiver dans quatre albums grand format. Il ressort de ces sources que plus de 25 000 curieux s’étaient rendus à Lucerne pour cette occasion, et que 3500 voyageurs étaient descendus à l’hôtel. La documentation archivée comprend 185 articles parus dans la presse suisse et 418 dans la presse étrangère de 17 pays différents. Peter Omachen: Lucerne, ville touristique. Architecture hôtelière de 1782 à 1914. En allemand seulement. Edition hier+jetzt, Baden, 2010, 320 pages. ISBN 978-3-03919-148-2, CHF 68.00.
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Interview mit Georg Carlen
«Meine Hoffnung liegt beim Nachwuchs» Das Bedürfnis nach einer intakten Landschaft und intakten Ortsbildern sei unvermindert, sagt der zurückgetretene Luzerner Denkmalpfleger Georg Carlen. Der Heimatschutz müsse beim Landschaftsschutz noch wachsamer werden. Er bezeichnet es als inakzeptabel, dass der Kanton Luzern der Denkmalpflege als einzigem Kulturbereich das Budget um 20 Prozent gekürzt habe. René Regenass, Journalist, Luzern
Was hat Sie motiviert, das Amt des Denkmalpflegers zu übernehmen, zuerst im Kanton Solothurn, dann im Kanton Luzern? Die Denkmalpflege hat mich schon während meines Kunstgeschichtsstudiums stark interessiert. Der Wechsel von Solothurn nach Luzern reizte mich in erster Linie wegen der Herausforderung, nach 13 Jahren noch einmal neu beginnen zu können. Zudem war es eine Rückkehr in die Zentralschweiz. Ich bin in Zug aufgewachsen. 18 Jahre haben Sie jetzt für den Kanton Luzern gearbeitet, vorher 13 Jahre in Solothurn. Was hat sich verändert in dieser Zeit, aus der Optik eines Denkmalpflegers? Sicher ist, dass die Menschen früher staatsgläubiger waren. Heute zählt mehr die natürliche Autorität als die Autorität Kraft eines Amtes, was nicht a priori schlecht ist. Zu den Unterschieden: Solothurn ist mehr nach Frankreich orientiert, Luzern stärker Richtung Italien. Solothurn und der Jura-Südfuss: Da dominiert eine rationale Architektur, während Luzern stark vom Barock beeinflusst ist. Himmelhoch jauchzend und zu Tode betrübt, könnte man sagen. Und damit meine ich auch die Mentalität der Bevölkerung. Sie sind in Luzern ein Jahr vor Ihrer Pensionierung zurückgetreten, weil der Kantonsrat auf Antrag der Regierung das Budget der Denkmalpflege um 20 Prozent gekürzt hatte. Es war nicht allein die Budgetkürzung. Die Begleitmusik war ausschlaggebend. Die Kommunikation war menschenunwürdig. Das hat weh getan? Ja, das ist so. Jetzt kann man natürlich sagen, es gelte überall zu sparen. Dass jedoch der Kanton Luzern die Denkmalpflege als einzigen Kulturbereich derart zurückstuft, ist eigentlich inakzeptabel.
Wie sieht die Zukunft für die Pflege der kulturellen Werte aus? Gibt es noch Verständnis dafür in den bestimmenden politischen Gremien? Ich sehe mehrere Aspekte. Die staatlichen Mittel für die Kultur zählen nicht zu den gebundenen Ausgaben. Darum kommen Kultur und Bildung immer schnell unter die Räder, wenn gespart werden muss. Anderseits sehe ich unter den Denkmalpflegerinnen und Denkmalpflegern junge, engagierte Leute. Das erfüllt mich mit Hoffnung. Und ich zähle auch auf den Heimatschutz, der in der Bevölkerung breit verankert ist. Das Bedürfnis nach einer intakten Landschaft, nach intakten Altstädten und Ortsbildern stelle ich unvermindert fest. Also stellen Sie keinen Wandel in der Werteskala der Ansprüche zwischen Bauen und Schützen fest? Eigentlich nicht. Das zeigen auch die Kontakte mit öffentlichen und privaten Eigentümern, die renovieren oder restaurieren wollen. Manche möchten die Denkmalpflege zuerst nicht dabei haben. Wenn wir dann aber ins Gespräch kommen, stelle ich plötzlich Interesse fest, Interesse an baulicher Qualität und Heimat stiftender Umgebung. Wo sind Sie mit dem Herzen dabei gewesen? (Georg Carlen lacht auf). Natürlich überall! Aber es gab sicher Unterschiede, Objekte, für die Sie sich ganz besonders engagiert haben? Als ich nach Luzern gekommen bin, war ich stark beeindruckt von der Substanz der historischen Hotels, welche das Stadtbild von Luzern und die ganze Vierwaldstättersee-Landschaft prägen. Ich habe mich da sofort eingearbeitet und bin schon in meinem Startjahr an einen Kongress zum Thema «Tourismus und Denkmalpflege» gereist. Die Hotels sind eben nicht nur wegen ihrer schönen Innenräume bedeutend, sie prägen das Stadt- und
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Landschaftsbild, sei es in Luzern, in Seelisberg, auf dem Bürgenstock oder im Entlebuch. Was würden Sie im Rückblick in eine Erfolgsbilanz einreihen? Was mich im Kanton Luzern immer wieder fasziniert, ist die wundervolle Sakrallandschaft. Im Stift Beromünster zum Beispiel konnten wir in meiner Zeit etliche Chorherrenhäuser, die Kustorei und die Probstei restaurieren. Andere positive Beispiele sind die Restaurierung der Wallfahrtskirche Hergiswald über Kriens oder der Kirche St. Jost in Blatten bei Malters. Grosse Erfolge, die hart erkämpft werden mussten, waren auch die Rettung und Restaurierung der Ofenfabrik in Sursee und natürlich der Schweizerhofsäle in Luzern. Als persönlichen Erfolg werden Sie auch die Erstellung des flächendeckenden denkmalpflegerischen Bauinventars im Kanton Luzern werten dürfen.
Ja, dafür habe ich zehn Jahre auf der politischen Ebene gekämpft. Es brauchte eine Änderung des Gesetzes über den Schutz der Kulturdenkmäler sowie des Planungs- und Baugesetzes, von der ich die Regierung und dann auch den Kantonsrat überzeugen konnte. Und das weniger Erfreuliche? Dazu zählen die Abbrüche. Es gibt in Luzern echte Verluste bei Häusern, die um und nach der Jahrhundertwende gebaut worden sind. Dazu zählen Villen von Armin Meili und seinem Vater Heinrich Meili-Wapf, eine davon in Meggen. Die hohen Bodenpreise in Meggen gefährden die alte Bausubstanz ohnehin. Vom Abbruch denkmalwürdiger Bauten ist die Landschaft stärker betroffen als die Stadt. Aber auch hier gab es Verluste, so das alte Bootshaus von Möri und Krebs an prominenter Lage vor dem KKL. Architekt Jean Nouvel hatte dieses massstabbildende Objekt in all seinen Plänen liebevoll eingezeichnet.
Vom Balkon seiner Wohnung sieht Georg Carlen direkt auf die Luzerner Museggmauer, die jetzt in aufwendiger Arbeit renoviert wird. (Bild René Regenass) Le balcon de l’appartement de Georg Carlen donne sur les remparts du Musegg, le mur d’enceinte extérieure de la ville de Lucerne, actuellement en rénovation. (photo René Regenass)
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Georg Carlen Das Geschlecht der Carlen stammt aus dem Goms im Wallis. Aufgewachsen ist Georg Carlen in der Zuger Altstadt. An den Universitäten in Fribourg und Zürich studierte er Kunstgeschichte und Geschichte. Von 1974 bis 1978 wirkte er als Sekretär der Eidgenössischen Kommission für Denkmalpflege, anschliessend war er bis 1992 Denkmalpfleger des Kantons Solothurn. Als Zentralschweizer mit Walliser Wurzeln habe ihn die Tätigkeit für den Kanton Luzern aufgrund des reichen Denkmälerbestandes besonders gereizt, heisst es im «Karton», der Zentralschweizer Architektur-Zeitschrift. Im vergangenen Oktober trat Georg Carlen (64) als Denkmalpfleger des Kantons Luzern zurück.
Haben Luzern und die Innerschweiz das Potenzial ihrer Denkmäler, vor allem jene der Hotellerie, für den Tourismus erkannt? Als ich im Jahr 1992 nach Luzern gekommen bin, ist der Begriff des historischen Hotels für den Hotelier noch keine Auszeichnung gewesen. Heute ist es umgekehrt. Viele wollen in ihrem Haus den historischen Bezug ausgewiesen haben. Das dürfen wir als Erfolg werten, weil dieses Label jetzt zum Marketingwert geworden ist. Das von der Denkmalpflege neu erstellte Inventar der historischen Hotels in der Stadt Luzern ist sehr gut aufgenommen worden. Das hat dazu beigetragen, dass ich bei vielen Bauvorhaben mitreden konnte. Gut aufgenommen worden ist auch der von uns ins Leben gerufene Preis «Das historische Hotel/ Restaurant des Jahres», mit der breiten Trägerschaft von ICOMOS-Schweiz, Schweiz Tourismus, Hotellerie Suisse und Gastro Suisse. Im Raum Luzern/Innerschweiz kommt dem Vierwaldstättersee als Perle der Landschaft grosse Bedeutung zu. Verhalten sich Behörden und Politik entsprechend? Dieser See, oder die Seen überhaupt, haben einen unschätzbaren Wert. Der Vierwaldstättersee ist einer der schönsten Seen auf der ganzen Welt. Die Vielfalt der Landschaft, die lieblich grünen Hügel im Vordergrund, dahinter das dramatische Gebirge, das immer wieder wechselnde Panorama rund um den See sind einzigartig. Zu dieser Kulturlandschaft müssen wir Sorge tragen. Das geschieht leider nicht überall mit der gleichen Sorgfalt. Die Veränderungen fallen mir immer dann auf, wenn ich mit dem Kursschiff den Ufern entlangfahre. Da gibt es schreckliche Bausünden, eigentlich fast überall. Es gibt jüngere Hotelbauten, ohne Rücksicht auf die Landschaft einfach hingestellt, zum Beispiel in Weggis. Oder dann die belanglosen Ferienhaussiedlungen an den
Hängen. Das geht allerdings weit über den Denkmalschutz hinaus. Da kommt dem Schweizer Heimatschutz eine wichtige Rolle zu. Kann der Heimatschutz den hier angesprochenen Landschaftsschutz beanspruchen? Leider nicht im gewünschten Masse. Der Landschaftsschutz liegt zu einem grossen Teil brach. Der Heimatschutz muss hier noch wachsamer werden. Da könnte die vom Heimatschutz in seinem aktuellen Positionspapier angekündigte Bestrebung für den Ausbau des Verbandsbeschwerderechts im Bereich Raumplanung ein Werkzeug werden. Ja, das ist denkbar. Das Verbandsbeschwerderecht ist eine Minimalgarantie für den Landschafts- und Ortsbildschutz. Was zählt noch zu Ihren Anliegen? Die Erhaltung der Altstädte, zum Beispiel jene von Luzern. Wenn ich zurückblicke zu den Anfängen meines Wirkens, bin ich etwas stolz auf die Veränderungen in der Eisengasse. Als ich hier begann, war die Eisengasse ein Drogenviertel. Heute ist die Gasse ein normales Wohn- und Geschäftsquartier, in dem sich jedermann problemlos bewegen kann. Dazu haben auch die baulichen und denkmalpflegerischen Massnahmen beigetragen. Mit der Renovation von einfachen Altstadthäusern entsteht neuer Wohnraum, der sonst bis zur Baufälligkeit verlottern würde. Unten schöne Läden und oben ein leeres Haus, das ist die grosse Gefahr. Der Denkmalschutz hat in der Luzerner Altstadt mancher Verwahrlosung entgegengewirkt. Und jetzt, auf welches Abenteuer freuen Sie sich? Zwei Anliegen stehen im Vordergrund. Ich bereite für die Senioren-Universität Luzern einen Kurs über muslimische Architektur vor. Einerseits bin ich fasziniert von dieser Architektur, weltweit. Anderseits ist es bei uns dringend notwendig, dass wir dieses Kulturerbe besser kennenlernen. Daneben freue ich mich aufs Musizieren, insbesondere mit meiner Tochter, die Cellistin und Musikpädagogin ist.
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Entretien avec Georg Carlen
La relève est porteuse d’espoir Pour Georg Carlen, conservateur des monuments et sites du canton de Lucerne, qui vient de décider de prendre sa retraite anticipée, le besoin de sites et paysages intacts demeure entier. Selon lui, Patrimoine suisse devrait renforcer l’attention qu’il porte à la protection du paysage. Et il trouve inadmissible que le canton de Lucerne ait réduit de 20% le budget affecté à la conservation des monuments. René Regenass, journaliste, Lucerne
Le besoin de paysages, vieilles-villes et sites intacts demeure entier, explique Georg Carlen, ancien conservateur du canton de Lucerne. Cette appréciation, Georg Carlen la fonde sur ses contacts avec les conservatrices et conservateurs des monuments historiques nouvellement engagés qu’il estime porteurs de beaucoup d’espoir. Dans le domaine de la protection du paysage, il compte sur l’engagement de Patrimoine suisse qui bénéficie d’une large assise dans la population. En octobre dernier, Georg Carlen a pris sa retraite anticipée pour protester contre la décision du gouvernement et du Conseil d’Etat lucernois de diminuer son budget de 20% dans le cadre de mesures d’économies. Il trouve inadmissible que le canton de Lucerne ait fait de telles coupes dans le domaine de la protection des monuments historiques. Avant d’adopter Lucerne, Georg Carlen a travaillé de 1979 à 1992 comme conservateur des monuments historiques du canton de Soleure. «Le canton de Soleure est tourné vers la France, et Lucerne l’est plutôt vers l’Italie. Au pied sud du Jura, l’architecture rationnelle domine, tandis que Lucerne a subi une forte influence baroque.» Dès son arrivée à Lucerne, Georg Carlen a été très impressionné par les hôtels historiques qui marquent tant la physionomie de la ville de Lucerne que les paysages du lac des Quatre-Cantons. «Et ces constructions remarquables ne sont pas confinées à la ville», dit Georg Carlen. «Le Seelisberg et le Bürgenstock possèdent également d’anciennes bâtisses de valeur. Et l’Entlebuch compte aussi de petits hôtels dignes de protection.» Une revue lucernoise d’architecture décrit Georg Carlen de la façon suivante: «En tant que conservateur des monuments historiques, c’était un facilitateur et non pas une personne qui vous mettait des bâtons dans les roues.» L’art sacré du canton de Lucerne l’a toujours fasciné. Lorsqu’il était en fonction, plusieurs restaurations d’envergure ont été effectuées sur la collégiale de Beromünster. L’église de pèlerinage d’Hergiswald, au-dessus de Kriens, est un
Georg Carlen: Le lac des Quatre-Cantons est l’un des plus beaux du monde. Nous devons prendre soin de ces paysages. (photo René Regenass) Georg Carlen: Der Vierwaldstättersee ist einer der schönsten Seen auf der ganzen Welt. Zu dieser Kulturlandschaft müssen wir Sorge tragen. (Bild René Regenass)
autre exemple à citer. Dix ans durant, Georg Carlen a mené un combat politique de longue haleine pour encourager la création d’un inventaire du patrimoine historique sur l’ensemble du territoire cantonal. Cette réalisation a nécessité la modification de la loi cantonale sur les constructions et l’aménagement du territoire et celle de la loi sur la protection des biens culturels. Côté négatif, le conservateur regrette la disparition de certains éléments du patrimoine bâti à la suite de démolitions. «Cela se produit régulièrement dans la ville de Lucerne, mais aussi à Meggen, où les prix fonciers très élevés sont à l’origine de nombreuses opérations de démolition-reconstruction.» Le lac des Quatre-Cantons est d’une valeur paysagère inestimable, pour Georg Carlen: «C’est l’un des plus beaux lacs du monde. Nous devons prendre soin de ces paysages. Malheureusement, on ne les respecte pas partout avec le même soin.» Georg Carlen critique surtout le bétonnage de certaines zones en bordure du lac, où l’on a construit en dépit du bon sens et implanté des hôtels sans respect du paysage.
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Immobilenboom an begehrter Lage
Siedlungsdruck am Vierwaldstättersee Die spektakuläre Landschaft rund um den Vierwaldstättersee geniesst seit über 200 Jahren Weltruf. Bis in die 1950er-Jahre verbrachten Celebrities aus Europa und der Neuen Welt die Sommermonate an den Gestaden des Vierwaldstättersees. Nach drei Jahrzehnten eher gemächlicher Entwicklung schlägt der Immobilienboom der Nullerjahre mit grosser Wucht in der Zentralschweiz ein. Urs Steiger, Wissenschaftsjournalist, Luzern
Freie Sicht auf den See gilt auf dem schweizerischen Immobilienmarkt als einer der höchstbewerteten Faktoren. Entsprechend begehrt sind die seeufernahen Gebiete und Hanglagen rund um den Vierwaldstättersee. Ein erster Boom setzte denn auch in den 1960er-Jahren ein. Rund um den See – einem BLN-Gebiet – schieden die Gemeinden grosszügig Bauzonen aus, bis 1972 der dringliche Bundesbeschluss über die Raumplanung Einhalt gebot. Über die ufernahen Gebiete wurde ein Baustopp verhängt, bis eine dem Schutzplan Vierwaldstättersee entsprechende Nutzungsplanung vorlag. Mit der Wirtschaftskrise der 1970er-Jahre verflachte aber auch der Druck generell. In den folgenden 25 Jahren verlief die Entwicklung gemächlicher. Steuerwettbewerb und Autobahn Vor allem die «Riviera» am Südhang der Rigi wurde als Zweitwohnsitz und Altersresidenz,
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insbesondere auch von deutschen Zuzügern, entdeckt. Durch den Steuerwettbewerb der Kantone, aber auch durch die jüngste Eröffnung der A4 durchs Knonaueramt ist die Standortattraktivität der Gebiete rund um den Vierwaldstättersee zusätzlich markant gestiegen. Entsprechend macht sich der seit knapp zehn Jahren schweizweit zu beobachtende Immobilienboom gerade auch am Vierwaldstättersee bemerkbar. Der steigende Druck macht aber planerische Versäumnisse ebenso sichtbar wie fragwürdige Änderungen des Raumplanungs- und Baurechts. Eine Änderung in der Berechnung der Ausnützungsziffer ermöglicht im Kanton Luzern seit gut zehn Jahren, dass vor allem in Hanglagen substanziell mehr gebaut werden kann. Mancherorts so viel mehr, dass sich die erlaubte Nutzung nicht mehr realisieren lässt. Seither stapeln sich die Häuser an den sensiblen Hanglagen.
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Ende der klassischen Hotels Erhebliche Probleme bringen die in den 1960erund 1970er-Jahren geschaffenen Kur- und Hotelzonen mit sich. Meist ohne definierte Ausnützung und an exponierten Standorten gelegen, eignen sie sich heute nicht mehr, um Kurbetriebe oder klassische Hotelbetriebe rentabel zu betreiben. Im Dornröschenschlaf vor sich her schlummernd, werden sie nun zahlreich von Investoren mit erheblichen Mitteln wachgeküsst. Vordergründig werden Hotel- und Kurbetriebe geplant. Das eigentliche Interesse liegt aber bei der Realisierung von Appartements, die sich – in steuergünstigen Gemeinden gelegen und womöglich mit einem Bootsplatz ausgestattet – im oberen Preissegment absetzen lassen. So entstehen in den Hotelzonen schlicht (Zweit-)Wohnsiedlungen. Auch die Öffnung der Landwirtschaftszone macht sich zusehends bemerkbar: Da ist etwa die Bewilligungspraxis des Kantons Luzern, die den Landwirten den Bau von bis zu Dreifamilienhäusern – Wohnungen für Betriebsleiter und Angestellte plus Stöckli – ermöglicht. Entsprechend werden alte Bauernhäuser durch voluminöse Standardbauten ersetzt und das Bild der Streusiedlungen entscheidend verändert. Hinzu kommen Begehren von Landwirten zur Erweiterung ihres Betriebs mit Nutzungen wie Schlachthöfen oder Bäckereien, die schlicht in Gewerbe- oder Zentrumszonen gehören. Zu erkennen sind auch Versuche, Villen im Landwirtschaftsgebiet zu realisieren. Wenn für einen Hobbywinzerbertrieb ein Betriebsleitergebäude mit 250 Quadratmetern Wohnfläche und einem Schwimmbad anbegehrt werden, liegt der Verdacht nahe, dass es sich nicht um einen betrieblich notwendigen Bau handelt.
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Charta für den Vierwaldstättersee Angesichts der Herausforderungen, mit denen der Landschaftsraum Vierwaldstättersee konfrontiert ist, braucht es ein gemeinsames und koordiniertes Vorgehen. Im Sinne eines Jubiläumsgeschenks an die Region Vierwaldstättersee initiierte der Landschaftsschutzverband Vierwaldstättersee (LSVV) zum Anlass seines 25-Jahr-Jubiläums im Jahr 2009 deshalb die Erarbeitung einer «Charta für die gemeinsame Landschaftsentwicklung in der Region Vierwaldstättersee». Der LSVV lud Akteurinnen und Akteure, die zur Gestaltung des Landschaftsraumes Vierwaldstättersee beitragen oder Nutzen davon ziehen, im Rahmen von drei Tagsatzungen zu einem grenzüber- schreitenden Dialog über die Landschaftsentwicklung in der Region Vierwaldstättersee ein. Die Ergebnisse bildeten die Grundlage für die «Charta für die gemeinsame Landschaftsentwicklung in der Region Vierwaldstättersee», die am 21. Mai 2011 veröffentlicht wird.
Für Architekten scheint das Hochhaus eine gültige Alternative zum Siedlungswachstum rund um den Vierwaldstättersee zu sein. In verschiedenen Wettbewerbsverfahren mussten Hochhausprojekte beurteilt werden. Eine Auswahl unrealisierter Projekte auf dieser und der folgenden Doppelseite: 1 Wettbewerb Neubau Hotel Kulm, Seelisberg, 2006, 2. Preis. Das Neubauprojekt wird wegen eines Besitzerwechsels zurzeit nicht weiterverfolgt. Höingvoney Architekten, Luzern mit Koepfli Partner GmbH, Luzern. Bauherrschaft: Stiftung für das Hauptzentrum des Zeitalters der Erleuchtung. (Bild Höingvoney Architekten) 2 Studienauftrag «Icon» Hotel Bürgenstock, 2010, 2. Preis. Das Hochhaus entwickelt sich in diesem Vorschlag nach unten. ARGE Lussi+Halter Partner AG/Büro Konstrukt AG, Luzern mit Koepfli Partner GmbH, Luzern. Bauherrschaft: Bürgenstock Hotels AG vertreten durch die QDHP Swiss Management AG, Zug. (Bild Lussi+Halter Partner AG) 3 Projekt Gesamtplanung Hotel Seeburg Luzern, 2010. Der Projektvorschlag wird im Rahmen der Revision der Bau- und Zonenordnung Luzern geprüft. Scheitlin Syfrig Architekten, Luzern. Bauherrschaft: Hotel Seeburg, Luzern. (Bild Scheitlin Syfrig Architekten) 4 Studienauftrag Schlosshotel Hertenstein, Weggis, 2008, 1. Preis (wird nicht ausgeführt). Das Projekt wird nicht weiterverfolgt. Der Investor realisiert sein Schlosshotel nun in Vitznau. Matti Ragaz Hitz Architekten, Liebefeld-Bern mit W+S Landschaftsarchitekten, Solothurn. Bauherrschaft: Schlosshotel Hertenstein AG, Weggis. (Bild Matti Ragaz Hitz Architekten)
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Boom immobilier sur des terrains très convoités
Les rives du lac des Quatre-Cantons sous la pression des constructions Les paysages féeriques du lac des Quatre-Cantons sont célèbres dans le monde entier depuis plus de 200 ans. Jusqu’au début des années 50, les bords du lac des Quatre-Cantons ont attiré des célébrités venues d’Europe et du nouveau monde. Après trois décennies de développement plutôt tranquille, la Suisse centrale fait face à un boom immobilier d’une frénésie débordante. Urs Steiger, journaliste scientifique, Lucerne
En Suisse, une vue dégagée sur le lac est l’un des facteurs qui fait grimper la valeur d’un bien immobilier. Les terrains longeant les rives et les pentes qui surplombent le lac des QuatreCantons sont donc très convoités. Un premier boom de la construction y a été observé dans les années 60. Dans ce site inscrit à l’inventaire IFP, les communes riveraines avaient délimité des zones à bâtir surdimensionnées, et en 1972, l’Arrêté fédéral urgent en matière d’aménagement du territoire parvint à freiner la construction. Les terrains en bordure du lac furent frappés d’une interdiction de construire jusqu’à l’établissement d’un plan d’affectation tenant compte du plan de protection du lac des QuatreCantons. La crise économique des années 70 apaisa le marché, et durant les 25 années qui suivirent, un ralentissement de la construction s’est fait sentir. Concurrence fiscale et autoroute De nouveaux arrivants, principalement en provenance d’Allemagne, ont découvert les charmes
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de la «Riviera», au pied sud du Rigi, pour y construire des résidences secondaires et des maisons de retraite. La concurrence fiscale entre les cantons ainsi que l’ouverture d’un accès à l’A4 par le Knonaueramt ont par ailleurs renforcé l’attractivité de la région du lac des Quatre-Cantons. Le boom immobilier observé en Suisse depuis près de dix ans n’a donc pas épargné les bords du lac des Quatre-Cantons. La pression grandissante exercée par les constructions met en évidence les lacunes de l’aménagement du territoire, mais aussi les modifications discutables du droit de l’aménagement du territoire et des constructions. Dans le canton de Lucerne, par exemple, une modification de la méthode de calcul des indices d’utilisation du sol permet depuis une dizaine d’années de construire bien davantage qu’auparavant sur les pentes panoramiques du lac. En plusieurs endroits, il est impossible de construire autant que le permet le calcul de l’indice d’utilisation. Les constructions s’étagent désormais sur des pentes sensibles.
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Fin des hôtels classiques Les zones réservées aux établissements hôteliers et thermaux, créées dans les années 60 et 70, posent des problèmes considérables: souvent sans indice d’utilisation précis et bien exposées, elles ne se prêtent plus aujourd’hui à une exploitation hôtelière ou thermale classique qui soit rentable. Utilisant d’énormes moyens, des investisseurs tirent ces «princesses au bois dormant» de leur profond sommeil. Ils commencent toujours par lancer des projets hôteliers ou de cure. Ce qui les intéresse vraiment, c’est toutefois la réalisation d’appartements qui peuvent se négocier dans les segments de prix les plus élevés – dans des communes de fiscalité favorable et, dans la mesure du possible, pourvues de places d’amarrage. Ces zones hôtelières servent finalement à la réalisation de lotissements de résidences (secondaires). L’ouverture de la zone agricole est de plus en plus manifeste: selon sa pratique, le canton de Lucerne autorise en zone agricole la construction de maisons permettant de loger jusqu’à trois familles. Les vieilles fermes sont remplacées par des constructions standards volumineuses, et la physionomie de l’habitat dispersé est profondément modifiée. Il faut ajouter le souhait des agriculteurs d’agrandir leur exploitation par de nouvelles affectations telles que des abattoirs ou des boulangeries, qui ont en principe leur place en zone commerciale ou dans des zones d’activités centrales. On observe également quelques tentatives d’implantation de villas en zone agricole. Il est par exemple difficile de croire qu’un bâtiment d’habitation de 250 m2 de surface de plancher avec piscine soit nécessaire à la pratique de la viticulture à titre de hobby.
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Charte du lac des Quatre-Cantons Les problèmes qui touchent le paysage du lac des Quatre-Cantons nécessitent la mise en place d’une action commune concertée. En guise de cadeau à la région du lac des Quatre-Cantons, l’Association de protection du paysage du lac des Quatre-Cantons (LSVV) a décidé, à l’occasion de son 25e anniversaire, de se lancer dans l’élaboration d’une «Charte pour le développement concerté du paysage de la région du lac des Quatre-Cantons». La LSVV a invité les acteurs concernés à participer à l’élaboration d’un projet de protection et de développement de l’espace paysager du lac des Quatre-Cantons lors de trois journées de travail placées sous le signe du dialogue intercommunal pour le développement du paysage dans la région du lac des Quatre-Cantons. Les résultats ont servi de base aux travaux de rédaction de la «Charte pour un développement paysager concerté de la région du lac des Quatre-Cantons» qui sera rendue publique le 21 mai 2011.
Les tours et les gratte-ciel semblent constituer, aux yeux des architectes, une réponse appropriée à la problématique de l’expansion des constructions sur les bords du lac des Quatre-Cantons. Des projets de gratte-ciel ont dû être examinés par les jurys de plusieurs concours d’architecture. Sélection de projets non réalisés sur cette page et les deux pages précédentes: 1 Concours pour la construction de l’Hôtel Kulm, Seelisberg, 2006. 2e prix. Pour l’instant, ce projet est en veilleuse en raison d’un changement de propriétaire. Höingvoney architectes, Lucerne, avec Koepfli Partner GmbH, Lucerne. Maître de l’ouvrage: Stiftung für das Hauptzentrum des Zeitalters der Erleuchtung. (photo Höingvoney architectes) 2 Mandat d’étude «Icon», Hôtel Bürgenstock, 2010, 2e prix. ARGE Lussi+Halter Partner AG/Büro Konstrukt AG, Lucerne, avec Koepfli Partner GmbH, Lucerne. Maître de l’ouvrage: Bürgenstock hôtels AG représentée par QDHP Swiss Management AG, Zoug. (photo Lussi+Halter Partner AG) 3 Projet d’ensemble, Hôtel Seeburg Lucerne, 2010. Ce projet est examiné dans le cadre de la révision du plan de zones et des constructions de Lucerne. Scheitlin Syfrig architectes, Lucerne. Maître de l’ouvrage: Hôtel Seeburg, Lucerne. (photo Scheitlin Syfrig architectes) 4 Mandat d’étude Schlosshotel Hertenstein, Weggis, 2008, 1er prix (ne sera pas réalisé). Ce projet est abandonné. L’investisseur réalise maintenant un hôtel à Vitznau. Matti Ragaz Hitz architectes, Liebefeld-Berne, avec W+S architectes-paysagistes, Soleure. Maître de l’ouvrage: Schlosshotel Hertenstein AG, Weggis. (photo Matti Ragaz Hitz architectes)
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Gersau und Brunnen SZ
Wohnen und Tourismus in Konkurrenz Am Schwyzer Ufer des Vierwaldstättersees sind etliche Hotels zum Verkauf ausgeschrieben – die Umnutzung in Wohnungen steht dabei im Vordergrund. Gemeinden wie Gersau und Brunnen sind gezwungen, sich mit ihrer Zukunft als Fremdenverkehrsort auseinanderzusetzen. Patrick Schoeck-Ritschard, Kunsthistoriker, Schweizer Heimatschutz
Die goldene Zeit der Grandhotels rund um den Vierwaldstättersee, in denen Gäste aus aller Welt monatelang residierten, gehört seit vielen Jahrzehnten der Vergangenheit an. Wo der Fremdenverkehr überhaupt noch eine Rolle spielt, dominiert der Tagestourismus. Die Zahlen aus dem Kanton Schwyz sprechen eine deutliche Sprache: Auf sechs Millionen Tagestouristen kommen gerade einmal etwas mehr als 600 000 Übernachtungen. Davon entfällt alleine ein Viertel auf den Swiss Holiday Park in Morschach, der sich losgelöst von der übrigen Infrastruktur als eigenständiger All-Inclusive-Kosmos positioniert hat. Der Wachstumsmarkt im Kantonsgebiet befindet sich in Ausserschwyz, wo adäquate Unterkünfte für Geschäftsreisende bereitstehen. Die beiden klassischen Tourismusdestinationen Gersau und Brunnen, deren Image und Uferpromenade bis heute von markanten Hotelbauten geprägt sind, gehören zu den grossen Verlierern im Wettbewerb um gefüllte Betten. Während man in Brunnen den Rückgang von jährlich 15 000 Übernachtungen über die Schliessung von Hotelbetrieben zu erklären versucht, können die Zahlen in Gersau kaum mehr beschönigt werden: Zwischen 1995 und 2007 sank die Zahl der Übernachtungen um stolze 45 000 pro Jahr. Wenn jeden Tag 125 Gäste fehlen, hat dies zwangsläufig Einfluss auf das Leben in einem Dorf mit 2000 Einwohnern: Die Strassen wirken abends verlassen, Restaurants sind bis auf Weiteres für immer geschlossen, und einigen Hotels ist anzusehen, dass hier kaum noch Geld verdient wird. Zukunft liegt im Tagestourismus «Es gibt in der Region einige sehr gut geführte Betriebe, die ständig ausgebucht sind. Andererseits haben viele Eigentümer den Unterhalt ihrer Gebäude seit Jahrzehnten vernachlässigt. Diese Hotels haben ohne grössere Investitionen kaum noch eine Zukunft», erklärt Monika Müller, Geschäftsführerin von Schwyz Tourismus. Eine Rückkehr zur guten alten Zeit hält Müller indes kaum für realistisch: «Unsere
Zukunft liegt vor allem – aber nicht nur – im Tagestourismus. Leute, die Hotels mit viel Geld instand setzen und sie neu ausrichten, gibt es jedoch nicht wie Sand am Meer.» Es deutet sich an, dass der Strukturwandel in den nächsten Jahren am Schwyzer Seeufer weitere Spuren hinterlassen wird: In Brunnen hat das denkmalgeschützte Hotel Bellevue mit 50 Zimmern an bester Lage seine Tore geschlossen. Wie es um die Zukunft des Hauses steht, ist offen. Man hoffe, heisst es seitens der Gemeinde, dass zumindest einige Hotelzimmer und ein Restaurant erhalten bleiben, Wohnungen kämen aber bestimmt. Nur wenige Schritte weiter Richtung Schiff anlegestelle steht das voluminöse Elite, ein Hotelkasten aus der Hochkonjunktur, zum Verkauf ausgeschrieben, vis-à-vis harrt der Brunnerhof einer ungewissen Zukunft. Offenbar sind weitere Hoteliers im Dorf bereit, sich von ihrem Betrieb zu trennen. Aus Gersau ist Ähnliches zu vermelden: Im September letzten Jahres hat die Unia entschieden, das etwas abseits gelegene Hotel Rotschuo mit seinen 61 Gästezimmern zu veräussern, und auf der Immobilien-Plattform homegate.ch ist das in die Jahre gekommene Hotel Sonne ausgeschrieben. Nicht in den Markt eingreifen Auch wenn Brunnen mit baulichen Massnahmen wie der Neugestaltung des Dorfplatzes versucht, dem Tourismus gute Infrastrukturen zur Verfügung zu stellen, besteht seitens der Politik kaum Interesse, am Seeufer aktiv zu werden: «Die Gemeinde will und kann nicht in den Markt eingreifen», erklärt der Gemeindepräsident Albert Auf der Maur. «Der Hotelier ist in erster Linie Geschäftsmann. Er kann einen Betrieb nur dann halten, wenn er nicht mehr Geld ausgibt als einnimmt. Ob er sein Haus verkaufen möchte, bleibt seine Entscheidung.» Das Hauptaugenmerk der baulichen Entwicklung ist in Brunnen ohnehin in Richtung Norden gerichtet, wo der Kanton Schwyz ein Potenzial von bis zu 150 000 m 2
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Die Uferpromenade von Brunnen SZ ist bis heute von markanten Hotelbauten geprägt. (Bild SHS) A Brunnen (SZ), la promenade en bordure du lac reste marquée par une enfilade de grands hôtels. (photo Ps)
Bruttogeschossfläche sieht. Die paar Dutzend Wohnungen, die in bestehenden Hotels im Dorfkern eingebaut werden können, wirken gegenüber solchen Zahlen wie Brotkrümel. Das Fehlen einer Hotelzone beschleunigt die Wandlung des Brunner Seeufers vom Tourismuszentrum zur Wohngegend zusätzlich. Während andere Gemeinden durch Hotelzonen mit vorgeschriebener touristischer Nutzung versuchen, die Hotels zu erhalten und dem Markt für Wohnliegenschaften zu entziehen, werden Investoren in Brunnen bei der Umgestaltung von Hotels in Wohnhäuser kaum Steine in den Weg gelegt. Schwieriges Nebeneinander Die Renovation des ehemaligen Grandhotels in Brunnen hat zwar gezeigt, dass die Umnutzung zu Wohnzwecken ein geeigneter Weg sein kann, um historisch wertvolle Bausubstanz langfristig zu erhalten, doch löst der damit eingeläutete Wandel der Sozialstruktur zumindest bei einem Teil der Bevölkerung Zweifel aus. Carla Hecke von Brunnen Tourismus kann die Bedenken nachvollziehen: «Die Hotels mit
ihrer herrlichen Aussicht sind ideal, um darin Luxuswohnungen zu realisieren. Ob die neuen Bewohner dereinst Freude am lebendigen Treiben im Brunner Dorfkern mit seinen Festen, Konzerten und Gartenrestaurants haben werden, ist zu bezweifeln. Es könnte durchaus sein, dass unser Dorf langfristig einen Teil seiner Lebensqualität auf Kosten dieser Veränderungen aufgeben muss.» Bisher galt, dass sich in Brunnen Wohnen und Tourismus nur begrenzt in die Quere kamen: Wohnungen entstehen in grosser Zahl an den Siedlungsrändern und auf bisher ungenutzten Grundstücken im Dorf, der Fremdenverkehr konzentriert sich dagegen seit Jahrzehnten auf die Achse zwischen Bahnhof und See. Wird aus dem Nebeneinander am See ein durchmischtes Durcheinander, dürfte auch der Tagestourismus als Störfaktor unter Druck geraten. Wenn dieser nicht mehr dieselbe Wertschätzung geniesst, könnte Brunnen dasselbe Schicksal wie Gersau ereilen: Die Erdgeschosse mit Restaurants und Läden verwaisen, während Wohnungen mit Seesicht für teures Geld die Hand wechseln.
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Quel est l’avenir des stations touristiques du lac des Quatre-Cantons? L’Hôtel Waldstätterhof de Brunnen. (photo Ps) Wie sieht die Zukunft der Fremdenverkehrsorte am Vierwaldstättersee aus? Das Seehotel Waldstätterhof in Brunnen. (Bild SHS)
Gersau et Brunnen (SZ)
Habitat et tourisme en concurrence Sur la rive schwyzoise du lac des Quatre-Cantons, plusieurs hôtels sont à vendre, et leur transformation en appartements est bien souvent à l’ordre du jour. Des stations touristiques telles que Gersau ou Brunnen se trouvent dans l’obligation de repenser leur avenir. Patrick Schoeck-Ritschard, historien de l’art, Patrimoine suisse
L’âge d’or des grands hôtels du lac des QuatreCantons qui accueillaient, plusieurs mois durant, des hôtes du monde entier appartient depuis plusieurs décennies au passé. Et le tourisme qui domine, lorsqu’il subsiste encore, est essentiellement journalier. Les statistiques du canton de Schwyz sont éloquentes: six millions de touristes viennent passer une journée dans cette région qui n’enregistre qu’un peu plus de 600 000 nuitées, dont un quart dans le complexe touristique Swiss Holiday Park de Morschach, qui se positionne comme un univers touristique proposant des prestations forfaitaires déconnectées du reste des infrastructures. Le potentiel d’expansion du marché touristique sur le territoire cantonal est situé dans la région d’Ausserschwyz qui dispose d’hébergements appropriés pour accueillir le tourisme d’affaires. Les deux destinations touristiques classiques de Gersau et Brunnen, réputées pour les grands hôtels de leurs quais lacustres, font partie des grands perdants de la
course aux «lits chauds». Alors que Brunnen tente d’expliquer son recul à 15 000 nuitées par an par la fermeture d’établissements hôteliers, les chiffres de Gersau ne sont guère plus encourageants: entre 1995 et 2007, le nombre de nuitées a baissé de pas moins de 45 000 nuitées par année. La disparition de 125 hôtes par jour a nécessairement un impact sur la vie d’un village de 2000 habitants: les rues sont désertes le soir, les restaurants sont toujours provisoirement fermés, et quelques hôtels ont manifestement de la peine à tourner. Le tourisme journalier est prometteur «Il y a dans la région quelques établissements très bien gérés qui affichent constamment complet. Par ailleurs, plusieurs propriétaires ont négligé l’entretien des bâtiments depuis de nombreuses années. Sans investissement important, ces hôtels n’ont guère d’avenir», explique Monika Müller, directrice de Schwyz Tourisme. Elle estime qu’un retour au bon
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vieux temps n’est guère réaliste: «L’avenir, c’est essentiellement (mais pas seulement) le tourisme journalier. Les gens disposés à investir beaucoup d’argent dans la rénovation d’un hôtel ne sont pas légion.» Ces prochaines années, les changements structurels vont sans doute laisser d’autres traces dans la station: à Brunnen, l’Hôtel Bellevue qui est un bâtiment classé comptant 50 chambres avec vue panoramique sur le lac a fermé ses portes. L’avenir de cet établissement est en suspens. Du côté de la commune, on espère qu’il sera possible de préserver au moins quelques chambres d’hôtel et un restaurant, même si des appartements seront certainement aménagés. Quelques mètre plus loin en direction du débarcadère, l’Hôtel Elite, une construction en cube datant de la haute conjoncture, est en vente tandis que l’avenir du Brunnerhof, visà-vis, est incertain. Manifestement, d’autres hôteliers du village sont prêts à se séparer de leur établissement. Gersau connaît une situation analogue: en septembre 2010, Unia a décidé de se séparer de l’Hôtel Rotschuo, situé un peu à l’écart, qui compte 61 chambres, et l’Hôtel Sonne, un peu défraîchi, est en vente sur le site internet homegate.ch. Ne pas intervenir sur le marché Même si la commune de Brunnen tente, par des mesures telles que le réaménagement de la place du village, de proposer des infrastructures touristiques de qualité, le monde politique ne montre guère d’intérêt pour dynamiser le tourisme en bordure du lac: «La commune ne veut et ne peut pas intervenir sur le marché», explique le président de la commune Albert Auf der Maur. «L’hôtelier est en premier lieu un homme d’affaires. Il ne peut maintenir son entreprise que s’il gagne davantage d’argent qu’il n’en dépense. S’il veut vendre son établissement, c’est son affaire.» Toute l’attention en matière d’aménagements touristiques se focalise au nord de Brunnen, où le canton de Schwyz prévoit une capacité touristique de 150 000 m 2 de surface de plancher. Les quelques douzaines d’appartements qui pourront être aménagés dans les hôtels du centre du village ne font pas le poids face à de telles infrastructures. L’absence de zone hôtelière accélère la mutation du quai du lac de Brunnen, qui se mue en quartier résidentiel. Alors que d’autres communes ont délimité des zones hôtelières pour maintenir le tourisme et soustraire les établissements hôteliers au marché immobilier du logement, les investisseurs qui souhaitent transformer les hôtels de Brunnen en logements ne rencontrent guère d’obstacle qui puisse entraver leur dessein.
Coexistence difficile La rénovation de l’ancien Grand Hôtel de Brunnen démontre certes qu’une transformation en appartements peut être une solution appropriée lorsqu’il s’agit de pérenniser des bâtiments historiques remarquables, mais le changement de tissu social qui en résulte suscite une certaine perplexité, du moins chez une partie de la population. Carla Hecke de l’Office du tourisme de Brunnen peut comprendre ces réticences: «Avec leur vue panoramique, nos hôtels bénéficient d’une situation idéale pour la réalisation de logements de luxe. Il est peu vraisemblable que les nouveaux habitants participent à la vie du village et fréquentent ses fêtes, ses concerts et ses terrasses. A terme, ces transformations pourraient se traduire par la disparition d’une partie de la qualité de vie de notre village.» Jusqu’à présent, habitat et tourisme ne se sont guère contrecarrés: les habitations ont été construites principalement à la périphérie du milieu bâti ou sur des terrains encore non utilisés dans le village, et le tourisme est depuis des décennies concentré sur l’axe gare-lac. Si ce principe de coexistence est remis en question par une mixité habitat/tourisme, une forte pression pourrait s’exercer sur le tourisme journalier qui pourrait être considéré comme un facteur perturbant. Si celui-ci venait à perdre de son prestige, Brunnen pourrait subir le même sort que Gersau, où les rez-de-chaussée, et leurs restaurants et boutiques, sont désertés tandis que les appartements avec vue sur le lac sont devenus la propriété d’une population fortunée.
Est-ce l’avenir des bord du lac à Gersau et Brunnen? (photo Ps) Sieht so die Zukunft an der Seefront in Gersau und Brunnen aus? (Bild SHS)
Tour d’horizon
EN BREF Eoliennes et habitations ne font pas bon ménage Les nuisances sonores constituent sans aucun doute l’un des principaux griefs formulés au voisinage des parcs éoliens en fonctionnement en Europe et depuis peu dans notre pays. En Suisse, cette question est indissociable du problème plus général de l’implantation des parcs éoliens dans les zones rurales de l’Arc jurassien, qui, à l’évidence, même dans une situation d’habitat dispersé, comptent de nombreux lieux d’habitation et d’activités, par exemple touristiques, préexistant à la production éolienne. La question de la distance d’implantation est donc essentielle. La distance minimale de 300 m recommandée actuellement se base sur des types de machines de moindre dimension et s’avère clairement insuffisante. Les expériences effectuées au cours des deux dernières décennies dans divers pays d’Europe ayant une longue tradition de l’éolien industriel indiquent que pour tout projet de parc éolien, on peut s’attendre qu’à moins de 500 m des habitations, le futur parc a fort peu de chance d’être conforme à la réglementation et qu’au-delà de 2000 m, les risques de non-conformité sont très faibles. C’est basé sur cette expérience que presque tous les pays européens exigent des distances minimales obligatoires plus grandes que la Suisse. En Suisse, force est de constater, en regard des exemples négatifs de St-Brais et du Peuchapatte, que les nuisances sonores liées au fonctionnement des éoliennes avaient été négligées et minimisées. Leur impact sur les populations ne fait actuellement l’objet d’aucune réglementation spécifique au niveau national. Une des éoliennes à proximité des habitations du Peuchapatte (JU). (photo SL-FP) Eine der Windanlagen in der Nähe eines Wohnhauses in Le Peuchapatte JU. (Bild SL-FP)
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La Fondation suisse pour la protection et l’aménagement du paysage (FP) demande d’éviter toute construction d’éolienne industrielle à moins de 1000 mètres d’une habitation et l’arrêt immédiat, et si nécessaire le démantèlement des éoliennes les plus proches des habitations de St-Brais et du Peuchapatte. La présidente de la FP, Madame la Conseillère aux Etats Erika Forster, a soulevé la question de l’augmentation de la distance minimale dans une interpellation déposée lors de la session d’hiver 2010. La réponse du Conseil fédéral est attendue avec un grand intérêt.
des revalorisations écologiques plutôt que des reboisements compensatoires peuvent se justifier. Mais pas sur le Plateau ni dans les régions touristiques alpines, où la forêt est plus que jamais sous la pression énorme du milieu bâti. Ici, le principe actuel doit continuer de s’appliquer: les défrichements doivent être compensés par des reboisements à proximité. Sans quoi on risque de voir la forêt régresser sur le Plateau. www.pronatura.ch
www.sl-fp.ch
Le paysage suisse sous pression Croissance démographique, augmentation des besoins en surface habitable, développement des transports, urbanisation pas toujours maîtrisée: voici autant d’éléments qui font pression sur le paysage. Le projet «Observation du paysage suisse» (OPS), élaboré par l’Office fédéral de l’environnement OFEV dans le cadre de l’observation nationale de l’environnement, illustre les modifications du paysage, ses évolutions négatives ainsi que les mesures permettant d’inverser la tendance. Entre 1980 et 2002, le mitage du paysage a augmenté de près de 15%. La proportion de surface bâtie est passée à près de 8% de la superficie totale du pays, et, sur le Plateau, les zones non morcelées ont rétréci de 50% entre 1980 et 2002. Les surfaces bénéficiant d’obscurité nocturne sont passées de 28% du territoire en 1992 à environ 18% en 2003. Depuis 1996, on ne trouve plus sur le Plateau un seul kilomètre carré de paysage plongé dans l’obscurité totale durant la nuit. L’observation de l’environnement laisse également apparaître que les zones protégées sont nettement moins touchées par le mitage que le reste du paysage. www.vlp-aspan.ch
Modification de la Loi sur les forêts La surface forestière bénéficie d’une protection stricte depuis une bonne centaine d’années. Mais l’avant-projet de modification de la Loi sur les forêts remet en question cette politique sylvicole modèle. Pour Pro Natura, la modification législative proposée va nettement trop loin sur un point et se fourvoie complètement sur un autre point. La forêt étant depuis des années en expansion dans certaines régions de montagne, l’avant-projet mis en consultation propose un assouplissement de la protection de l’aire forestière dans toute la Suisse, les défrichements ne devant plus obligatoirement être compensés par des reboisements. Pro Natura est catégoriquement opposée à une telle flexibilisation sur l’ensemble du territoire. Là où la forêt s’étend naturellement,
La brochure «Petite histoire d’un grand cinéma». (photo LDD) Die Publikation zur Geschichte des Kinos Capitole. (Bild ZVV)
Cinéma Capitole Lausanne Le Capitole, le plus grand cinéma de Suisse encore en activité, a été racheté en octobre 2010 par la Ville de Lausanne. La tâche de continuer à faire vivre cette salle historique, ouverte en 1929, a été confiée à la Cinémathèque suisse. Dans une première étape, la programmation régulière de la salle est assurée par Pathé. Le cinéma Capitole y propose de grands films récents, alors que la Cinémathèque y organise diverses soirées événement chaque mois. Le public a ainsi un choix toujours plus important de films en ville de Lausanne. Ensuite, il est indispensable que ce cinéma exceptionnel qui appartient au patrimoine architectural suisse retrouve le lustre de sa grande époque, tout en se dotant d’un équipement technologique de pointe. Il s’agira de permettre la projection de grands classiques du cinéma sur pellicule, des films muets accompagnés au piano ou avec un orchestre, et des films en numérique. Voilà pourquoi la Cinémathèque suisse et la Ville de Lausanne travaillent actuellement à une étude sur sa rénovation et lanceront par la suite une vaste campagne de recherche de fonds pour la financer. Une présentation de l’histoire du bâtiment et du cinéma a été réalisée à la demande du Service de la culture de la Ville de Lausanne par Antonin Scherrer. www.lecapitole.ch
Lea ist in den Skiferien. Ihr Hund Miro ist selbstverständlich auch dabei. Sie wohnen in einem Hotel, das es schon seit über hundert Jahren gibt. Es wurde in der «Belle Epoque» gebaut. In dieser «schönen Epoche» reisten viele vornehme Damen und Herren aus England in die Schweiz, um Ferien zu machen. Sie kamen wegen der frischen Luft, den Bergen und Seen. Natürlich wollten diese Herrschaften in noblen Räumen wohnen, so wie sie es von zu Hause gewohnt waren. Deshalb wurden um 1900 in den Bergen viele prachtvolle Hotelpaläste gebaut. Diese besassen sogar elektrisches Licht, was etwas ganz besonderes war. Und stell dir vor: Die Gäste kamen mit der Postkutsche und fuhren dann mit der Zahnradbahn vom Tal zum Hotel. Autos gab es damals nämlich noch fast keine. Lea will ihrem Cousin Luc eine Postkarte schreiben. Es gibt so viel zu erzählen…
Lea est en vacances de ski. Comme toujours, son chien Miro l’accompagne. Ils logent dans un hôtel qui existe déjà depuis plus de cent ans. Il a été construit à la «Belle Epoque». En ce temps-là, beaucoup de riches Anglais venaient en vacances en Suisse pour y profiter de l’air pur, des montagnes et des lacs. Bien sûr, ces messieurs dames voulaient habiter dans des suites de luxe, comme ils en avaient l’habitude chez eux. C’est pour cela que, vers 1900, de nombreux palaces furent construits dans les montagnes. Ces hôtels chic possédaient même la lumière électrique, ce qui, à l’époque, était quelque chose de tout à fait inhabituel. Et imagine: les hôtes arrivaient en diligence et, pour gagner l’hôtel depuis la vallée, ils prenaient le chemin de fer à crémaillère. C’est que les autos étaient encore très rares. Lea veut écrire une carte postale à son cousin Luc. Il y a tant de choses à raconter...
Lea überlegt, was sie Luc schreiben soll. Lea réfléchit à ce qu’elle va écrire à Luc.
Verlosung Tirage au sort Wo sind die Hasen? Fünf Hasen sind aus dem Hut des Zauberers entwischt. Sie haben sich im ganzen Hotel versteckt. Hilf ihm, sie zu finden. Suche auch auf den vorderen Seiten. Schreibe die fünf Verstecke auf eine Postkarte und schicke diese bis zum 15. April 2011 an: Schweizer Heimatschutz, Stichwort: «Lea im Hotel», Postfach 1122, 8032 Zürich oder schreibe eine E-Mail an: info@heimatschutz.ch. Vergiss nicht, den Absender zu notieren! Unter allen richtigen Antworten verlosen wir ein JugendstilKunstmalbuch. Unter www.heimatschutz.ch/lealucmiro findest du alle bisherigen Kinderseiten auch als PDF.
Où sont les lapins? Cinq lapins se sont échappés du chapeau du magicien. Ils se sont cachés dans tout l’hôtel. Aide-le à les retrouver. Cherche aussi sur les pages précédentes. Décris les cinq cachettes sur une carte postale et envoie-la jusqu’au 15 avril 2011 à: Patrimoine suisse, mention: «Lea à l’hôtel», case postale 1122, 8032 Zurich ou écris un courriel à: info@patrimoinesuisse.ch, n’oublie pas d’indiquer l’expéditeur! Parmi toutes les réponses correctes, l’auteur(e) de la carte qui sera tirée au sort recevra un album sur l’Art nouveau à colorier. Tu peux aussi télécharger toutes les pages enfants précédentes en format PDF sous: www.patrimoinesuisse.ch/ lealucmiro.
Konzept/Conception: Karin Artho, Thomas Munsch, Gabi Berüter Illustration/Graphisme: Gabi Berüter; Texte/Textes: Thomas Munsch Übersetzung ins Französische/Traduction française: Léo Biétry
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KURZ UND BÜNDIG Schwyzer Industriekultur nachgespürt Seit vielen Jahren geht die in Steinen SZ lebende Juristin Yvonne Scheiwiller in ihrer Freizeit der Industriekultur des Kantons Schwyz nach. Ihre akribischen Forschungen liegen nun in einer Publikation vor, die es auf nicht weniger als 550 Seiten bringt. Das Werk versammelt von Trafostationen über Industriehallen bis hin zu Schutzunterständen am Wegrand eine Vielzahl von Gebäuden, die von der Öffentlichkeit kaum als Baudenkmäler wahrgenommen werden und dem schleichenden Verschwinden ausgesetzt sind. Das Buch ist ein Mahnmal gegen das Vergessen, nicht nur von Baukultur, sondern auch von traditionellen industriellen Produktionsverfahren und alten Verkehrswegen. Der genaue Blick der Autorin auf scheinbar Nebensächliches und die Auswertung von langen Gesprächen mit Beteiligten erklären Zusammenhänge und fügen die zahlreichen Einzelphänomene zu einem Ganzen zusammen. Auch wenn sich das Buch nicht an strenge wissenschaftliche Regeln hält und Gestaltung und Bebilderung eher handgestrickt wirken, gehört der Autorin für ihr wichtiges Engagement ein Kränzchen gewunden. Yvonne Scheiwiller: Schwyzer Industriekultur, Schwyz 2010. Triner Verlag AG, Schwyz, beratung@triner.ch
Glarus zwischen Habsburg und Zürich Die «Näfelser Fahrt» ist neben der Landsgemeinde der wichtigste Tag im glarnerischen Kalender. Man gedenkt an diesem wichtigen Staatsakt der Schlacht bei Näfels von 1388, bei der – im traditionellen Geschichtsverständnis – eine Handvoll mutiger Glarner ein angreifendes habsburgisches Ritterheer heldenhaft in die Flucht geschlagen und so definitiv die Zugehörigkeit zur Eidgenossenschaft bestätigt hat. Der Historiker Rolf
Kamm zeigt in seiner Geschichte des Glarnerlandes im Spätmittelalter, inwiefern das seit dem 19. Jahrhundert verbreitete Verständnis der Näfelser Schlacht noch haltbar ist. Die Schlacht bildet jedoch nicht sein zentrales Thema. Vielmehr nimmt er erstmals die Glarner Talschaft genauer unter die Lupe. Zudem beschreibt er anhand bisher unbeachteter Quellen das regionale Wirtschaftssystem zwischen 1300 und 1450. Der sozialgeschichtliche Zugang gibt den Blick frei für eine Neuinterpretation der Glarner Geschichte. Glarus zwischen Habsburg und Zürich. Die Entstehung des Landes im Spätmittelalter. Rolf Kamm. Verlag hier + jetzt. 2010, ISBN 978-3-03919-150-5, CHF 48.00
Erfolgreiche Zusammenarbeit Die Zusammenarbeit zwischen AlpTransit Gotthard AG und den beschwerdeberechtigten Umweltschutzorganisationen bewährt sich. Zu diesem Schluss sind die schweizerischen Umweltschutzorganisationen (USO), vertreten durch Dr. Martin Furter, beim Besuch der Baustellen des Ceneri-Basistunnels gekommen. Die schweizerischen Umweltschutzorganisationen besuchen seit Jahren regelmässig die Baustellen, welche von der AlpTransit Gotthard AG für das Projekt NEAT betrieben werden. Diese Besuche ermöglichen es den nationalen Umweltschutzorganisationen (Schweizer Heimatschutz, Pro Natura, Rheinaubund, Stiftung Landschaftsschutz Schweiz, Schweizer Vogelschutz, VerkehrsClub der Schweiz und WWF Schweiz), sich über die Umsetzung der zum Teil aufgrund ihrer Einsprachen als Auflage angeordneten Umweltschutzmassnahmen ins Bild zu setzen. Keine Ausnahme für Formel-1-Weltmeister Der WWF und die Stiftung Landschaftsschutz Schweiz (SL) freuen sich, dass der Formel-1Weltmeister im Thurgau eine neue Heimat
gefunden hat. Dass er neben seinem Anwesen einen Tennisplatz und einen Swimmingpool bauen will, ist ebenfalls kein Problem – aber nur, wenn dafür nicht geschütztes Land geopfert werden muss. Das betroffene Grundstück «Neumüli» liegt in einer intakten, geschützten Geländekammer und einem wichtigen Vernetzungskorridor. Darum ist es als Landschaftsschutzzone klassifiziert und Bestandteil eines kantonalen Landschaftsentwicklungskonzepts. Zur Kompensation der Sonderbauzone wurde angeboten, bereits erschlossenes Bauland vorübergehend auszuzonen. Dies ist sowohl aus Sicht der Raumplanung wie auch des Naturund Landschaftsschutzes sinnlos. Das Vorgehen im Fall Vettel widerspricht dem Sinn und Geist des Bundesgesetzes über die Raumplanung und auch den derzeitigen Bestrebungen des Kantons Thurgau und des Bundes, die Zersiedelung der Landschaft zu stoppen. Das Bundesamt für Raumentwicklung (ARE) ist deshalb ebenfalls auf den Fall aufmerksam geworden. Für den WWF und die SL ist zwingend, dass der Kanton die neu geschaffene Sonderbauzone in Kemmental rechtlich überprüft. Die beiden Organisationen werden deshalb beim Baudepartement des Kantons Thurgau einen Rekurs einreichen. www.sl-fp.ch, www.wwf.ch
Denkmalpflege und Stadtentwicklung Die Denkmalpflege Basel Stadt hatte am 20. Januar zu einer Veranstaltung zum Thema «Denkmalpflege und Stadtentwicklung» geladen. Die Referenten Jan Capol (ZH) und Daniel Schneller (BS) berichteten über Ihre Erfahrungen als Denkmalpfleger in den Städten Basel, Zürich und Winterthur. Fritz Schumacher, Kantonsbaumeister BS, erläuterte am Beispiel der Basler Spitalplanung die Wechselwirkung von Stadtentwicklung und Denkmalpflege. Im Anschluss an die Referate fand ein Podiumsgespräch statt, an welchem auch der Wakkerpreis 2011 des Schweizer Heimatschutzes zur Sprache kam: Für den Nationalökonomen René L. Frey ist die Auszeichnung an die neun Lausanner Gemeinden wegweisend. Er gratuliere dem Schweizer Heimatschutz für diesen mutigen Entscheid. Der gut besuchte Anlass war eine gute Gelegenheit, um den heutigen Beitrag der Denkmalpflege zur Stadtentwicklung darzulegen.
Die beiden Referenten Daniel Schneller und Jan Capol hören den interessanten Ausführungen der Architektin Elisabeth Boesch zum Thema «Stadtentwicklung und Denkmalpflege» zu. (Bild ZVG) Elisabeth Boesch s’exprime sur le sujet «développement urbain et monuments historiques». Les deux orateurs Daniel Schneller et Jan Capol écoutent attentivement. (photo LDD)
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Ausschreibung des «Flâneur d’Or 2011 – Fussverkehrspreis Infrastruktur»
«Flâneur d’Or 2011» Strassen sind mehr als Verkehrswege – sie sind Lebensräume. Erst durch Fussgängerinnen und Fussgänger wird ein Ort belebt. Direkte und sichere Fusswege sowie attraktive öffentliche Räume und Plätze laden zum Flanieren ein und erhöhen die Aufenthaltsqualität. Gemeinden, die etwas auf sich halten, planen daher bewusst Massnahmen zugunsten der Fussgängerinnen und Fussgänger. Marlène Butz, Projektleiterin «Flâneur d‘Or», Fussverkehr Schweiz
Um die Bestrebungen zugunsten der Fussgängerinnen und Fussgänger zu unterstützen, schreibt «Fussverkehr Schweiz», der Fachverband der Fussgängerinnen und Fussgänger, ungefähr alle drei Jahre einen Preis aus. Ein kurzer Einblick in drei Preisträger der letzten Jahre: 2008: Baden – Ennetbaden Am 24. Februar 2009 wurde der Stadt Baden der «Flâneur d’Or 2008» verliehen. Dank des Limmatstegs und des Promenadenlifts konnte eine bedeutende Netzlücke zwischen Baden und Ennetbaden geschlossen werden, wodurch das gemeindeübergreifende Fusswegnetz eine wichtige Aufwertung erhalten hat. Bis 2007 waren Baden und Ennetbaden nur über die Holzbrücke und die schiefe Brücke verbunden. Beide Verbindungen sind bezogen auf die kurze Luftliniendistanz mit relativ grossen Umwegen verbunden. Auch das attraktive Limmatufer war kaum an die Stadt Baden angeschlossen. Eine direkte Verbindung für Fussgängerinnen und Fuss-
Fussverkehr Schweiz
Die Mobilität der Zukunft liegt in unseren Füssen! Denn wer zu Fuss geht, bewegt sich nachhaltig und umweltschonend. Zufussgehen ist gesund. Es braucht weder Fremdenergie noch verursacht es Immissionen und es braucht erst noch wenig Platz. Als Fachverband setzt sich «Fussverkehr Schweiz» für fussgängerfreundliche Siedlungsräume ein. www.fussverkehr.ch
gänger war schon längere Zeit Thema. Der Limmatsteg und der Promenadenlift wurden als Schlüsselprojekte in den Entwicklungsrichtplan für das Bäderquartier Baden/Ennetbaden aufgenommen. Aus einem zweistufigen Wettbewerbsverfahren in den Jahren 2003 und 2004 ging das Projekt «Fachmann» als Sieger hervor. Am Ort der historischen Seilfähre wurde eine Brücke geschlagen, in deren axialer Verlängerung auf Badener Seite ein vertikaler Aufzugsturm mit horizontaler Passerelle folgt. Die Anknüpfung an den unteren Bahnhofplatz in Baden erfolgt auf der Höhe des Eisenbahnweges. An dieser Stelle verknüpfen sich die Fusswegverbindungen zwischen Altstadt, Bahnhof und dem Bäderquartier. Auf Ennetbadener Seite erschliesst der Steg wertvolle, gut besonnte Erholungsräume entlang der Limmat. Zusätzlich wurde auf Ennetbadener Seite eine Veloabstellanlage realisiert, welche nun für Bike & Ride benutzt wird. Brücke und Lift stehen auch den Velofahrenden offen. Der Limmatsteg mit dem Promenadenlift stellt einen Quantensprung in der Entwicklung des Wegnetzes der Stadt Baden und der Gemeinde Ennetbaden dar. Mit dem Brückenschlag und der bequemen Überwindung der Höhendifferenz wird eine Netzlücke auf verblüffende Weise geschlossen. Mit dem Lift erhält Baden einen direkten Zugang zum Naherholungsgebiet am Limmatufer, und die Brücke bietet der Gemeinde Ennetbaden einen schnellen Weg zum Badener Bahnhof. Die hohen Frequenzen des Lifts zeigen die grosse Akzeptanz dieses Bauwerkes und die Integration in die alltäglichen Wege. Jetzt, wo sie gebaut sind, erscheinen Lift und Brücke als naheliegende Lösung, und auch die Jury fragte sich: «Weshalb wurde das nicht schon früher gemacht?»
2004: Grenchen 2004 konnte die Stadt Grenchen den «Innovationspreis Fussverkehr 2004 – Sicher zu Fuss» entgegennehmen. Grenchen veränderte ab April 2002 – nach Eröffnung der A5 – Gestalt und Betrieb seiner Hauptstrasse, um Zufussgehenden und Velofahrenden den ihnen zustehenden Raum zurückzugeben. Bis dahin durchquerten über 15 000 Fahrzeuge täglich das Zentrum von Grenchen, und die Fussgängerinnen und Fussgänger konnten die Strasse nur durch eine Unterführung «überwinden». Durch Strassenumgestaltung, Begrünung und moderne Strassenbeleuchtung entstand nicht nur ein sicherer Raum für Fussgängerinnen und Fussgänger, sondern auch ein attraktives Geschäftszentrum. Von der neuen Verkehrsorganisation profitieren auch ältere Menschen, die nicht mehr durch eine beschwerliche Unterführung geschleust werden, sondern die Strasse oberirdisch und vortrittsberechtigt überqueren können. 2001: Genf Die Fussgängerinnen und Fussgänger sollen ihr angeborenes «Stadtrecht», den ihnen zustehenden Platz im öffentlichen Raum zurückerhalten: Dies ist seit Mitte der 90er-Jahre der erklärte politische Wille der Genfer Stadtbehörden. Auf die Massnahmenpläne zu Luftreinhaltung und Lärmschutz sowie zum Zweiradverkehr folgte 1995 der erste «Plan Piétons». Mit dem im März 2000 aufgelegten Fussweg-Richtplan wurden die nötigen Rahmenbedingungen geschaffen, um überall dort koordiniert eingreifen zu können, wo die zu Fuss gehende Bevölkerung der Schuh drückt: fussgängerfreundliche Lichtsignalregelungen, Schulwegsicherung, Schaffung einladender Begegnungsräume und Einkaufsmeilen. «Plan Piétons»
Tour d’horizon
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Baden – Ennetbaden (links): Limmatsteg und Promenadenlift als attraktiver Brückenschlag zwischen den beiden Gemeinden. Grenchen (rechts): Dank der Begegnungszone gilt auf der Hauptstrasse Tempo 20 und Fussgängervortritt. (Bilder Fussverkehr Schweiz) Baden-Ennetbaden (à gauche): la passerelle qui enjambe la Limmat et l’ascenseur ont créé une liaison attractive entre les deux communes. Granges (à droite): sur la zone de rencontre de l’artère principale, la vitesse est limitée à 20 km/h, et les piétons sont prioritaires. (photo Mobilité piétonne)
heisst: Sicherheit und Komfort für die Zufussgehenden auf einem attraktiven, lückenlosen Fusswegnetz, auf den täglichen Wegen im Quartier ebenso wie beim Spazieren und Promenieren. Preisausschreibung 2011 2011 wird der Preis zum siebten Mal ausgeschrieben. Mit dem «Flâneur d‘Or 2011» werden fussgängerfreundliche Infrastrukturmassnahmen prämiert. Gemeinden, Institutionen, Fachleute und andere engagierte Personen sind eingeladen, bis Ende April 2011 Projekte einzureichen, welche die Attraktivität des Zufussgehens steigern. Eine Fachjury – mit dabei der Schweizer Heimatschutz, vertreten durch Monique Keller – wird die Projekte bezüglich Qualität, Sicherheit, Komfort, Modellcharakter, Innovation, Vorgehensweise und finanzieller Effizienz beurteilen. Es winken eine von der Signal AG zur Verfügung gestellte Preissumme von 10 000 Franken sowie diverse Auszeichnungen. Der Wettbewerb wird vom Bundesamt für Strassen (Astra) unterstützt. Die Medienpartnerin «Schweizer Gemeinde» wird die Siegerprojekte prominent porträtieren, und Hochparterre wird anlässlich der Prämierung ein Sonderheft zum Flâneur d’Or 2011 herausgeben. www.flaneurdor.ch
Appel d’offres «Flâneur d’Or 2011»
Les rues sont des espaces de vie. Les rendre plus accueillantes pour le piéton et créer de nouvelles liaisons piétonnes sûres et agréables améliore la qualité de vie des villes et des villages. Mobilité piétonne, l’association suisse des piétons, organise tous les deux à trois ans le concours «Flâneur d’Or» pour récompenser les réalisations communales les plus intéressantes et innovantes en faveur des piétons. Le jury de ce concours, organisé pour la septième fois cette année, décerne un prix et plusieurs distinctions. Les partenaires médias – le magazine «Commune Suisse» et la revue d’architecture «Hochparterre» présenteront les projets gagnants dans un cahier spécial.
Trois récents lauréats du Flâneur d’Or 2008 Baden: Le «Flâneur d’Or» a récompensé en février 2009 la ville de Baden qui a comblé une lacune importante de son réseau de mobilité douce inscrit dans son plan directeur urbain par la réalisation d’une passerelle sur la Limmat et d’un ascenseur pour les piétons et les cyclistes. Marcher ou rouler d’Ennetbaden au quartier des bains de Baden en empruntant un cheminement direct et agréable qui enjambe la Limmat à la hauteur de l’ancien bac à traille se fait désormais sans effort d’une rive à l’autre. Les comptages effectués mettent en évidence une forte fréquentation de l’ascenseur.
2004 Granges: En 2004, la ville de Granges a reçu le Prix de l’innovation de la mobilité des piétons. En 2002, profitant de la construction de l’autoroute A5 qui décharge son centre du trafic de transit de 15 000 véhicules par jour, la ville lance un concours d’idées pour transformer son artère centrale en un espace de vie urbain, attractif et convivial. Les piétons qui devaient traverser par un long passage souterrain peuvent aujourd’hui se déplacer librement d’un commerce à l’autre grâce à des zones de rencontre signalisées par des revêtements différents. Des arbres, des plantations, un mobilier urbain, un bel éclairage ainsi qu’une limitation de la vitesse des véhicules sécurisent la traversée des piétons. Le centre-ville a retrouvé son caractère urbain. 2001 Genève: Selon l’objectif déclaré des autorités de la ville de Genève depuis le milieu des années 90, les piétons doivent retrouver leur «droit de cité» en ville. En adoptant en 1995 le premier Plan directeur des chemins pour piétons, puis en 2000 le second Plan piéton, la ville lémanique a revalorisé la marche en milieu urbain et mis en place des mesures coordonnées en faveur des piétons, notamment aux carrefours, sur le chemin de l’école, sur les places de quartier, en sécurisant les traversées, élargissant les trottoirs et modérant le trafic automobile.
Frisch gestrichen
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Arbeitersiedlung Turmmatt, Altdorf
Erfolgreiche Verjüngungskur Die Siedlung war dem Abbruch geweiht. Dank der Hartnäckigkeit der Gemeinde Altdorf und dank Architekten, die Qualitäten sahen, fand eine lange Planungsgeschichte ein gutes Ende. Die Siedlung erhält jetzt sogar einen «Denkmalpreis 2011». Ivo Bösch, Architekt und Redaktor Hochparterre
Die Planungsgeschichte beginnt 2003. Auf der einen Seite steht die inzwischen mit dem Wakkerpreis ausgezeichnete Gemeinde Altdorf, auf der andern der grösste Arbeitgeber des Kantons Uri, die Dätwyler Holding mit einem weltweiten Umsatz von 1,2 Milliarden Franken. Es geht um die 1941– 1943 gebaute Arbeitersiedlung Turmmatt mit 32 Reihenhäusern. Die Firma Dätwyler will sie verkaufen und abbrechen. Dafür findet sie den Investor Roland Müller, der einen Quartiergestaltungsplan für eine neue Bebauung vorlegt. Das Seilziehen beginnt. Die Gemeinde will die Siedlung erhalten. Man schaltet die Natur- und Heimatschutzkommission Uri und das Bundesamt für Kultur ein. Der Gemeinderat beschliesst 2004 die Wohnüberbauung unter Schutz zu stellen. Doch er lässt gleichzeitig ein Hintertürchen offen: «Von der Pflicht des Erhalts wird die Eigentümerin dann befreit, wenn mit einem Neubau aufgrund eines Architekturwettbewerbs nach SIA-Normen
eine räumlich und architektonisch gleichwertige Siedlung erstellt wird.» Er ist also bereit, die Siedlung zu opfern. Die Besitzerin fürchtet trotzdem eine Entwertung des Grundstücks und ein langwieriger Rechtsstreit bahnt sich an. Das Dätwyler-Verwaltungsratsmitglied Franz Steinegger, der Gemeindepräsident und der Leiter der Bauabteilung treffen sich zu einer Aussprache. Alle Häuser schnell verkauft Man sucht nach Lösungen, denn die delikate Geschichte soll glücklich enden. Da kontaktiert Investor Müller, der selbst ein Architekturbüro führt, im Einverständnis der Dätwyler AG die HTS Architekten. Sie sollen ihm helfen, die architektonischen Ansprüche der Gemeinde Altdorf zu erfüllen. Architekt Beat Trachsel sagt heute, ihm sei bei Auftragsannahme sofort klar gewesen, dass die drei Häuserreihen stehen bleiben müssen. Seine Analyse zeigt, dass 20 Prozent der Häuser
leer sind und nur gerade vier Familien mit Kindern in der Siedlung wohnen. Auch das Bundesamt für Kultur kommt in ihrer Stellungnahme zum Schluss, dass sich die Bausubstanz zwar in einem guten Zustand befinde. «Allerdings lassen sich deutlich Spuren des wohl über Jahre vernachlässigten Unterhalts erkennen.» Die Eigentümerin glaubt schon lange nicht mehr an die Siedlung. Das im Gegensatz zu den zwei andern Arbeitersiedlungen der Dätwyler AG in Altdorf, der «Waldmatt» und der «Dätwylerstrasse», welche die Firma selbst erneuert hat. Dass Trachsel mit seinen HTS Architekten ins Spiel kam, war für die Geschichte ein Glück. Er versteht es, zwischen den Anliegen zu vermitteln und er schreibt schon früh: «Eine Erweiterung und Verdichtung der Bauten ist nicht nur möglich, sondern aus wirtschaftlichen Gründen eine Notwendigkeit.» Nur so würden sich die Bauten erhalten lassen. Der schliesslich 2005 bewilligte Gestaltungsplan sieht
Die einstige Zufahrtsstrasse ist heute eine Wohnstrasse (links). Den zwei Neubauten am Rand der Siedlung (rechts und unten im Bild) ist es zu verdanken, dass die alten Reihenhäuser noch stehen (rechts). (Bilder Markus Frietsch) La rue est devenue une impasse résidentielle (à gauche). Les deux nouveaux immeubles aux extrémités du lotissement (à droite et en bas) ont permis la conservation des anciennes rangées de maison (à droite). (photos Markus Frietsch)
Peinture fraîche
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Einfach, aber gut gestaltete Arbeiterhäuser aus der Kriegszeit – eine Mischung aus traditioneller und moderner Architektur. Jedes Haus bekam eine Terrasse im Erdgeschoss und eine Raumerweiterung im darunterliegenden Gartengeschoss. (Bilder Markus Frietsch) Logements ouvriers simples, mais bien conçus datant des années 40 – un mélange d’architecture traditionnelle et moderne. Chaque maison possède une terrasse au rez-de-chaussée et une extension au rez-de-jardin inférieur. (photos Markus Frietsch)
neue Hauszeilen zwischen den bestehenden vor. Zum Glück lassen sich die eingeschossigen Hofhäuser nicht verkaufen, denn sie hätten genau die Hauptqualität der Siedlung zerstört, nämlich die grossen Gärten zwischen den Zeilen. Heute stehen zwei neue Mehrfamilienhäuser am Rand der Siedlung und nicht mehr dazwischen. «Diese 15 Eigentumswohnungen subventionieren die Reihenhäuser», gibt Trachsel zu, der schliesslich auch als Mitbauherr aufgetreten ist. Doch sein Investorenrisiko hielt sich in Grenzen, denn alle Häuser sind bereits ab Plan für 600 000 bis 630 0000 Franken verkauft, also noch vor dem eigentlichen Umbau. 32 Häuser, 50 Kinder Wenn Arbeiterhäuser aus den Kriegsjahren zu Eigentumshäusern mit heutigem Standard ausgebaut werden, dann hinterlässt das Spuren. Tiefgaragen, Veloraum und Geräteschopf, Terrassen und Raumerweiterung im Gartengeschoss – das ist keine sanfte Renovation. Man wünschte sich etwas weniger Umbau und mehr Originalsubstanz. Doch das wäre nur mit einem Besitzer möglich gewesen, der die Häuser auch weiterhin vermietet hätte. Die Architekten gehen trotzdem anständig mit den Häusern um, sie suchen die Balance zwischen den Ansprüchen der Käufer und dem Erhalt
von originaler Bausubstanz. Im Innern ist zum Beispiel noch die originale Holztreppe zu sehen oder in den meisten Häusern auch noch die Holzbalken. Besonders aber überzeugt die Grundidee des Projekts: Die Architekten wandeln die früheren Durchfahrten zu gesperrten Wohnstrassen. Deshalb sind die Häuser bei Familien beliebt. In den 32 Reihenhäusern wohnen heute nicht mehr nur vier Kinder,
sondern über 50. Die Siedlung steht übrigens am Ende der Geschichte noch immer nicht unter Schutz. Die Konferenz der Schweizer Denkmalpflegerinnen und Denkmalpfleger hat trotzdem einen ihrer drei «Denkmalpreise 2011» an die Wohnüberbauung vergeben – «für die schonende Restaurierung der Arbeitersiedlung aus den 1940er-Jahren, die dank eines wegweisenden Gesamtprojektes möglich geworden ist».
Logements ouvriers de Turmmatt, Altdorf Récompensée par le Prix Wakker 2007, Altdorf voulait protéger la cité ouvrière de Turmmatt et avait fait intervenir la Commission de la protection de la nature et du paysage du canton d’Uri et l’Office fédéral de la culture (OFC) pour contrecarrer le projet de démolition du groupe Dätwyler, propriétaire des lieux. En 2004, la commune limite les possibilités de reconstruction en exigeant l’établissement de plans sur la base d’un concours d’architecture respectant les normes SIA. Craignant une dépréciation de leur propriété, les propriétaires organisent leur défense. D’entente avec ceux-ci, Roland Müller, architecte indépendant, consulte Beat Trachsel du bureau HTS architectes. Cette aide sera décisive. Beat Trachsel observe que 20% des maisons sont vides, et que seules quatre familles avec enfants y résident. Densifier est à son avis le seul moyen de préser-
ver les maisons d’origine. Son intervention est habile et convaincante pour toutes les parties: en 2005, le nouveau plan de quartier autorisé prévoit une densification dans les alignements de maisons et la construction de deux petits immeubles à leur extrémité. Les quinze appartements en propriété subventionnent les rangées de maisons: la prise de risque est limitée, car toutes les maisons ont été vendues sur plan. L’intervention a permis de trouver un équilibre entre les souhaits des acheteurs et la conservation de l’existant. A l’intérieur, certains éléments d’origine ont été préservés. Les architectes ont eu l’excellente idée de transformer la rue en une impasse résidentielle. La cité a repris vie. La Conférence suisse des conservatrices et conservateurs des monuments a attribué son prix 2011 aux auteurs de ce projet de restauration exemplaire.
Patrimoine suisse
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Gare de Renens (Renens, Chavannes, Crissier, Ecublens). A l’intersection de quatre communes, ce secteur constitue le nœud principal d’un réseau de transports publics appelé à devenir la 3e gare de Suisse romande. (photo G. Bally/Keystone) Bahnhof Renens (Renens, Chavannes, Crissier, Ecublens). Dieser Sektor am Schnittpunkt von vier Gemeinden stellt den Hauptknotenpunkt des öffentlichen Verkehrsnetzes dar und soll zum drittgrössten Bahnhof der Westschweiz werden. (Bild G. Bally/Keystone)
Quarantième édition du Prix Wakker
Prix Wakker 2011 aux communes de l’Ouest lausannois
Pour sa quarantième édition, Patrimoine suisse attribue le Prix Wakker 2011 aux neuf communes de l’Ouest lausannois. Bussigny, Chavannes, Crissier, Ecublens, Prilly, Renens, St-Sulpice, Villars-Ste-Croix et Lausanne reçoivent cette distinction pour leur action commune de mise en valeur de leur territoire, d’organisation de leur développement et de création d’une identité cohérente. La remise officielle du Prix Wakker aura lieu le samedi 18 juin 2011 dans le cadre d’une cérémonie festive. Monique Keller, Patrimoine suisse
A l’occasion de sa quarantième édition, le Prix Wakker est exceptionnellement attribué à neuf communes simultanément. Davantage qu’un état des lieux, qu’une idylle de carte postale, Patrimoine suisse récompense avec le Prix 2011 une vision: la réorganisation urbanistique d’un morceau de territoire du canton de Vaud. De cette vision, amorcée il y a dix ans, découle une dynamique de transformation qui vise à améliorer le cadre de vie de ses habitants. Patrimoine suisse salue ici la volonté commune de renforcer l’«esprit de quartier» dans une région qui a priori ne projette guère une image identitaire. Ancien territoire rural, l'Ouest lausannois s’est développé de façon anarchique, produisant une agglomération
peu attractive dominée par des axes de circulation, des nœuds routiers et ferroviaires, des parkings, des hypermarchés, des entrepôts et des friches. Cette urbanisation rapide et dispersée a engendré des problèmes de trafic et de pollution. Affectant directement la qualité de vie, ils risquaient de compromettre le développement social et économique de la région. En 2000, le canton de Vaud et les neuf communes concernées ont convenu un moratoire sur les constructions afin de réfléchir sur l’avenir de la région qui compte aujourd’hui 75 000 habitants et quelque 50 000 emplois. Liées par un accord politique, les neuf communes se sont donné pour outil le Schéma directeur de l’Ouest lausannois (SDOL). Depuis 2003, ce bureau de six person-
nes est chargé de penser et de redessiner ce qui doit devenir l’un des principaux pôles de l’essor régional. Tout en gardant son identité, l’Ouest lausannois devient ville et prépare le terrain pour l’arrivée des 20 000 à 30 000 nouveaux résidents d’ici 2020. La vision initiale prend la forme de projets concrets et coordonnés. Gares, aménagements pour un tram, parcs, quartiers restructurés et vivifiés, ces projets se développent en suivant des principes de développement durable et de concertation. Les deux dernières années ont constitué une phase cruciale avec l’ouverture des premiers chantiers de constructions planifiés dans le cadre du SDOL. Par des démarches participatives et des études tests, autorités communales
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et SDOL ont intégré les habitants dans le processus de transformation. L’organisation systématique de concours pour les projets d’une certaine envergure a pour résultat une plus grande qualité de la production architecturale. Les exemples les plus probants en sont la nouvelle place du Marché qui redonne un véritable cœur à Renens, l’ancienne zone industrielle de Malley ou encore la gare de Renens.
Comme l’Ouest lausannois, de nombreuses agglomérations en Suisse se sont longtemps développées dans l’angle mort de la société, de sorte que personne ne leur prêtait attention. Aujourd’hui, elles jettent des défis majeurs à la société et à la politique: comment lutter contre la consommation effrénée de surface à bâtir, les axes de transport surchargés ou les espaces sans visages.
Planification intercommunale: Les fragments de ville se rejoignent petit à petit au-delà des frontières communales. Des réalisations de qualité trouvent place dans les nombreux interstices accroissant la densité et la qualité des lieux. Sur la dizaine de chantiers en développement dans l’Ouest lausannois, l’ancienne zone industrielle de Malley, la gare de Renens et le nouveau secteur Arc-en-Ciel forment les points stratégiques du développement de ce territoire. (photo G. Bally/Keystone) Gemeindeübergreifende Planung: Die Stadtfragmente wachsen langsam über die Gemeindegrenzen zusammen. In zahlreichen Zwischenräumen werden qualitätsvolle Projekte realisiert, womit diese Orte gleichzeitig verdichtet und aufgewertet werden. Von den circa zehn laufenden Baustellen im Ouest lausannois bilden die ehemalige Industriezone Malley, der Bahnhof Renens und der neue Sektor Arc-en-Ciel die strategischen Punkte für die Entwicklung dieses Gebiets. (Bild G. Bally/Keystone)
Exigence sur la qualité architecturale: Le SDOL promeut une architecture de qualité au moyen d’études et de planifications tests, de concours et par l’accompagnement des projets en phase de réalisation. A titre d’exemple: le collège du Léman (Javet et Esposito, architectes, photo), le collège de la Carrière (Galletti et Matter, architectes), l’ECAL dans l’ancienne usine Iril (Tschumi Architectes) ou encore le collège de l’Union à Prilly (CCHE Architectes). (photo G. Bally/Keystone) Anforderungen an die architektonische Qualität: Das Büro des SDOL fördert gute Architektur mit Studien, Testplanungen und Architekturwettbewerben sowie durch die Projektbegleitung in der Realisierungsphase. Beispiele: Das Collège du Léman (Javet et Esposito, Bild), das Collège de la Carrière (GallettiMatter), die ECAL (Kantonale Kunsthochschule) in der ehemaligen Fabrik Iril (Tschumi Architectes) oder das Collège de l’Union in Prilly (CCHE Architectes). (Bild G. Bally/Keystone)
Les habitants sont associés au processus de développement de leur région. Ici, la place du Marché à Renens (Paysagestion et Local architecture) est le fruit d’une large concertation populaire. Au fil des démarches participatives qui sous-tendent toutes les actions, le territoire intercommunal prend davantage conscience de ses richesses paysagères et patrimoniales, de la valeur de son histoire et de son potentiel de développement. (photo G. Bally/Keystone) Die Bewohner werden in den Entwicklungsprozess ihrer Region einbezogen. Die Place du Marché in Renens (Paysagestion und Localarchitecture) ist das Resultat einer breit angelegten öffentlichen Absprache. Im Laufe der partizipativen Vorgehen, die allen Aktionen zugrunde liegen, wurde man sich des kulturellen Erbes und der landschaftlichen Reichtümer des gemeindeübergreifenden Territoriums immer mehr bewusst, man erkannte den Wert seiner Geschichte sowie sein Entwicklungspotenzial. (Bild G. Bally/Keystone)
En décernant le Prix Wakker 2011 aux communes de l’Ouest lausannois, Patrimoine suisse encourage les autorités à poursuivre leurs efforts entamés il y a dix ans. Après Saint-Prex (1973), Montreux (1990) et Yverdons-les-Bains (2009), c’est la quatrième fois que le Prix Wakker récompense une commune ou une région du canton de Vaud. Pour en savoir plus: www.patrimoinesuisse.ch/wakker et www.ouest-lausannois.ch
Schweizer Heimatschutz
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40. Wakerpreis des Schweizer Heimatschutzes
Wakkerpreis 2011 an die Gemeinden des Ouest lausannois
Der Schweizer Heimatschutz vergibt zum vierzigsten Mal den Wakkerpreis, diesmal an die neun Gemeinden von Lausanne West. Bussigny, Chavannes, Crissier, Ecublens, Prilly, Renens, St-Sulpice, Villars-Ste-Croix und Lausanne erhalten diese Auszeichnung für ihr koordiniertes Vorgehen bei der Gebietsentwicklung, beim Aufwerten der bestehenden Wohnsituationen und bei der Schaffung einer gemeinsamen Identität. Die offizielle Preisübergabe findet am 18. Juni 2011 im Rahmen einer öffentlichen Feier statt. Monique Keller, Schweizer Heimatschutz
Ausnahmsweise – weil der Anlass zum vierzigsten Mal stattfindet – geht der Wakkerpreis gleichzeitig an neun Gemeinden. Nicht einen Zustand oder eine Postkartenidylle will der Schweizer Heimatschutz mit dem Preis 2011 auszeichnen, sondern eine Vision: die städtebauliche Neuorganisation eines Teilgebiets des Kantons Waadt. Diese Vision löste eine Dynamik aus, die darauf abzielt, die Wohnqualität der Einwohnerinnen und Einwohner zu verbessern. Der Schweizer Heimatschutz begrüsst den gemeinsamen Willen, den «Quartiergeist» zu stärken in einem Umfeld, das nicht von vornherein identitätsstiftend wirkt. Der einst landwirtschaftlich geprägte Westen von Lausanne hat sich chao-
tisch entwickelt. Das Resultat ist eine wenig attraktive Agglomeration, beherrscht von Verkehrsachsen, Eisenbahnknoten, Parkplätzen, Einkaufszentren, Lagergebäuden und Brachen. Diese schnelle und verzettelte Verstädterung hat zu Umwelt- und Verkehrsproblemen geführt und sich direkt auf die Lebensqualität ausgewirkt, was die soziale und wirtschaftliche Entwicklung der Region gefährdete. Koordiniertes Vorgehen Im Jahr 2000 haben sich der Kanton Waadt und die neun Gemeinden auf ein Baumoratorium geeinigt, um über die Zukunft der Region nachzudenken, die heute 75 000 Einwohnerinnen und Einwohner zählt und rund 50 000 Ar-
beitsplätze bietet. Die neun Gemeinden sind über ein politisches Abkommen miteinander verbunden. Als Werkzeug haben sie sich den Richtplan für Lausanne West, SDOL (Schéma directeur de l’Ouest lausannois), gegeben. Seit 2003 ist das zuständige Büro mit sechs Personen damit beauftragt, die Zukunft eines der wichtigsten Wachstumspole der Westschweiz neu zu überdenken und zu gestalten: L’Ouest lausannois bereitet sich auf den Zuzug von 20 000 bis 30 000 Menschen vor – die Region wird zur Stadt und will dabei ihre Identität behalten. Die ursprüngliche Vision nimmt in konkreten, untereinander koordinierten Projekten Form an. Bahnhöfe, Anlagen für ein Tram, Pärke, restruk-
Der Westen von Lausanne bereitet sich auf den Zuzug von 20 000 bis 30 000 Menschen in den nächsten zehn Jahren vor. (Bild G. Bally/Keystone) L’Ouest lausannois prépare le terrain pour l’arrivée des 20 000 à 30 000 nouveaux résidents d’ici 2020. (photo G. Bally/Keystone)
Schweizer Heimatschutz
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Die Gemeinden des Ouest lausannois werden beherrscht von Verkehrsachsen, Eisenbahnknoten, Einkaufszentren und Brachen. (Bilder G. Bally/Keystone) Les communes de l’Ouest lausannois sont dominées par des axes de circulation, des nœuds ferroviaires, des hypermarchés et des friches. (photos G. Bally/Keystone)
turierte und neu belebte Quartiere – all diese Vorhaben werden nach den Prinzipien der nachhaltigen und aufeinander abgestimmten Entwicklung vorangetrieben. Eine entscheidende Phase stellten die letzten beiden Jahre dar, als die ersten Arbeiten an den im Rahmen des SDOL geplanten Bauten begonnen wurden. Partizipation Mit partizipativen Verfahren und Teststudien haben die Gemeindebehörden und das Büro des SDOL die Einwohnerinnen und Einwohner in den Wand-
lungsprozess einbezogen. Das systematische Ausschreiben von Architekturwettbewerben für Projekte ab einer gewissen Grösse führte zu qualitätsvollen Lösungen. Beispiele sind die neue Place du Marché, die in Renens wieder ein eigentliches Zentrum schafft, die ehemalige Industriebrache Malley oder der Bahnhof Renens. Wie l‘Ouest lausannois haben sich auch andere Agglomerationen in der Schweiz im toten Winkel der Gesellschaft entwickelt. Heute stellen diese Gebiete eine grosse Herausforderung für Politik und Gesellschaft dar: unge-
zügelter Verbrauch von Bauland, überlastete Verkehrsachsen oder gesichtslose urbane Räume. Mit der Verleihung des Wakkerpreises 2011 an die Gemeinden von Lausanne West ermuntert der Schweizer Heimatschutz die Behörden, ihre vor zehn Jahren in Angriff genommenen Bemühungen fortzusetzen. Nach Saint-Prex (1973), Montreux (1990) und Yverdonles-Bains (2009) geht der Wakkerpreis zum vierten Mal an eine Gemeinde oder Region des Kantons Waadt. Mehr dazu unter www.heimatschutz.ch/wakkerpreis und www.ouest-lausannois.ch
Schweizer Heimatschutz
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Zum Tod von Jakob Zweifel
Jakob Zweifel – eine Würdigung Jakob Zweifel wurde am 29. September 1921 in Wil geboren und ist am 27. November 2010 nach langem Leiden in Zürich gestorben. Sein Wirken und seine Persönlichkeit rechtfertigen das Gedenken in den verschiedenen Facetten seines erfüllten Lebens und bedeutenden Wirkens. Fridolin Beglinger, Präsident Glarner Heimatschutz
Jakob Zweifel, der Architekt und Planer Im Jahr 1950 gründete Zweifel Büros in Zürich und Glarus. Mit 31 Jahren gewann er den Wettbewerb für den Bau des Personalhochhauses der Universitätsklinik in Zürich. In der Folge plante er bedeutende Projekte wie das Schulhaus in Netstal, den Kiosk im Gäsi am Walensee, Hochhäuser in Glarus, Spital und Terrassenhaus am Burghügel Glarus, Gemeindezentrum Schwanden, das landwirtschaftliche Forschungszentrum in St. Aubin FR, stellvertretend auch für viele andere Objekte genannt. Hervorzuheben sind der Richtplan und die 1. Bauetappe der ETH Lausanne und die Gestaltung des Sektors Feld und Wald an der Expo 64, an der Seite von Alberto Camenzind. Architektur war für Zweifel mehr als Beruf, sie war das Bekenntnis zum Schönen, das vom Guten lebt. Als Ortsplaner wirkte er vorab in Glarner Dörfern. Seine Nutzungspläne und Bauordnungen sind vorausschauende Vermächtnisse mit weitem Blick für die Qualität im Lebensraum. Der Theatermäzen Im Jahr 1964 gründete Zweifel das Theater an der Winkelwiese in Zürich, das er in der Folge massgebend finanzierte. Im Requiem von Johannes Brahms heisst es: «Sie sammeln und wissen nicht wer es kriegen wird». Bei Jakob Zweifel war es umgekehrt: Er sammelte nicht, aber er wusste wer es kriegt. Sein Herz schlug für die Veredlung des Profanen, für die Kultur und öffnete seine beiden Hände. Ein Vorbild also, der als Gebender bereichert wurde. Der Heimatschützer Zweifel war während 33 Jahren Präsident des Glarner Heimatschutzes. Neues bauen und Altes erhalten waren ihm gleichermassen wichtig. Er betrachtete Architektur und Heimatschutz unabdingbar als Einheit. Er verstand es,
die beiden Disziplinen zu verbinden. Während seiner Präsidialzeit und auch im Anschluss daran galt es, im Kanton Glarus Bauten vor dem Abbruch zu bewahren und zu restaurieren, wie etwa das Iselihaus, das Trümpyhaus, die ehemalige Stadtschule, alle in Glarus, sowie das Leglerhaus in Diesbach. Zahlreiche Umbauten zeugen überdies von seinem Gestaltungswillen, wie das Stählihaus in Netstal, das Schiffsmeisterhaus zu Mitlödi, das Haus am Fahrtsplatz in Näfels. Heimatschutz war für Zweifel Passion, weil er um die Bedeutung von Geschichte und Geschichten wusste. Was Theodor Fontane im Gedicht König Jakob gegenüber Graf Archibald Douglas sagen lässt, gilt auch für Jakob Zweifel: «Der ist in tiefster Seele treu, wer die Heimat liebt wie du.» Ehrungen und Auszeichnungen Zahlreiche Auszeichnungen erhielt Jakob Zweifel rechtzeitig zu Lebzeiten: Die Ehrenmitgliedschaft beim Glarner und Schweizer Heimatschutz, den Kulturpreis des Kantons Glarus, die «Goldene Ehrenmedaille» des Kantons Zürich und zuletzt den Doktor der Wissenschaften ehrenhalber der ETH Zürich. Die Laudatio ehrte Zweifel «für sein Lebenswerk als Architekt, das sich über die Bauten hinaus weit in die kulturelle Verantwortung hinein erweitert und entfaltet hat». Als Zweifel den Kulturpreis des Kantons Glarus, zusammen mit Dr. Eduard Vischer erhielt, verdankte dieser den Preis für beide und jenen für Zweifel besonders, mit den Worten: «Es ehrt nicht nur ihn, sondern auch jene, die den Preis verliehen haben, im Wissen darum, wie oft Zweifel ihnen ‹an den Karren fuhr›.» Jakob als politischer Mensch Du warst ein politischer Mensch, ein verantwortungsbewusster, echter Bür-
Jakob Zweifel (Bild ZVG)
ger. Du warst ein Kämpfer, taktisch geschickt, strategisch klug. Das hattest Du im Militär gelernt. Nur um des Friedens willen, warst Du nicht bereit, zu schonen. Unterliegen war nicht Deine Sache, Du wolltest überstehen. Du wagtest aufzutreten gegen Projekte von Berufskollegen, wenn sie Dir als zu schwach erschienen. Du hast Politiker geachtet, aber Dich vor ihnen nicht gefürchtet. Vergessen hast Du wenig, verziehen aber alles. Du konntest lachen über Dich, Du konntest eigene Fehler zugeben, etwa mit den Worten «da habe ich einen rechten Bock geschossen». Wenn Dir die fünfzehn Minuten Schlaf nach dem Mittag nicht zugestanden waren, hat er Dich eingeholt. «Jakob schläft», war lange vor dem Buchtitel ein geflügeltes Wort an Sitzungen und Besprechungen. Aber stets bist Du aufgewacht im Vertrauen darauf, dass sich gewisse Dinge oft von selbst erledigen. Wir alle, die Dich kannten, als ganz besonderen Gestalter, als begabten Macher und als Menschen, sind durch Dich bereichert worden. Die Lasten, die Du Dir aufgebürdet, die hast Du selbst getragen bis zuletzt, an der Seite Deiner geduldigen, wunderbaren Frau Hanna Zweifel-Wüthrich. Im Andenken und der Erinnerung, ehren wir Dich immer wieder neu. Wir verneigen uns vor Dir und Deinem Werk, in tiefer Dankbarkeit.
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Aargau Das Kraftwerk Rheinfelden wird abgerissen Gespenstisch steht er da, der Torso des alten Kraftwerks Rheinfelden im Vollmond. Seiner Nordfassade bereits entblösst ragen die Skelette der ehrwürdigen Generatoren noch empor. Einige dieser Maschinen produzierten mehr als hundert Jahre lang Energie. Jetzt nicht mehr, sie stehen still, ihre Tage sind gezählt. Abbruch und Demontage kommen zügig voran. Manche nennen das Fortschritt, andere die Schändung eines Industriedenkmals. Andere nehmen hin, was als unvermeidbar deklariert wurde und hoffen, dass möglichst bald ein neuer Steg über den Rhein entsteht. Und wieder andere freuen sich auf das Fischaufstiegsgewässer, das dereinst im Bett des alten Oberwasserkanals rieseln soll. Renaturierung heisst das und tut dem Ort hier gut. Die Natur gedeiht wieder, wenn man sie lässt, sie nimmt sich zurück, was ihr vorenthalten wurde. Das hat der Naturschutz dem Denkmalschutz voraus: Abgerissene Denkmäler werden kaum je wieder aufgebaut, sie erscheinen bestenfalls bestandteilweise im Museum oder in gut dokumentierten Monografien. www.heimatschutz-ag.ch
APPENZELL AUSSERRHODEN Rückblick auf das 100-Jahr-Jubiläum Am Anfang jeden Monats im Jubiläumsjahr 2010 erschien in der Appenzellerzeitung eine ganze Seite zum Thema «Heimat ist ...». Zu zwölf verschiedenen Aspekten der Frage «Was bedeutet mir Heimat?» wurden von der Kulturjournalistin Franziska Schläpfer Leitartikel verfasst. Neben historischen Rückblicken auf jeweils zehn Jahre Heimatschutz verfasste eine im Kanton bekannte Person einen Textbeitrag zu ihrer persönlichen Sicht zum Monatsthema und zur Institution Heimatschutz. Unten an der Zeitungsseite fand sich jeweils ein Bildstreifen mit Fotos zum entsprechenden Themenkreis aus den Gemeinden unseres Kantons. Damit von allen Gemeinden Bilder zur Verfügung standen, wurden in den folgenden Wochen weitere Bildstreifen in der Zeitung veröffentlicht. Die Bilder konnten von Leserinnen und Lesern ausgeschnitten und in ein Sammelheft eingeklebt werden. Mit dem Sammeln war auch ein
Wettbewerb verbunden. So konnten Gemeinden und Kanton besser kennen und damit schätzen gelernt werden. Über die vielfältigen positiven Reaktionen auf dieses Jubiläumsprojekt hat sich der Vorstand sehr gefreut. Er dankt allen, die zum Gelingen beigetragen haben sehr herzlich. Die Inhalte dieser Zeitungsseiten sind nun in einer Jubiläumsbroschüre zusammengefasst worden. Diese Jubiläumsbroschüre wird den Mitgliedern der Sektion Heimatschutz Appenzell Ausserrhoden zusammen mit der Einladung zur Hauptversammlung zugestellt. Personen aus anderen Sektionen können die Broschüre mit einem adressierten und mit zwei Franken frankierten C4-Kuvert gratis bezogen werden (Heimatschutz AR, Ober Bendlehn 20, 9042 Speicher). Die Hauptversammlung findet am 29. April 2011 im stilgerecht renovierten Kursaal in Heiden statt. www.heimatschutz-ar.ch
Stadt Basel Jahresversammlung/Bautenprämierung Im denkmalgeschützten Hotel Bildungszentrum 21 (Missionshaus) fand am 2. November die Jahresversammlung 2010 des Heimatschutz Basel statt. Der vorgängige informative und lebendige Bildervortrag über die Geschichte der Basler Mission und der Einblick ins Archiv durch Markus Perrenoud und Guy Thomas stiessen auf grosses Interesse. Anschliessend genehmigte die Versammlung die Jahresrechnung 2009 und den Jahresbericht 2009/2010. Die Anwesenden betätigten zudem Obmann Roberto Schiess und die 17 bisherigen Vorstandsmitglieder. Neu in den Vorstand gewählt wurde Dr. Charles Stirnimann. Gebührend verabschiedet wurden zudem die langjährigen Vorstandsmitglieder Dr. Christoph Winzeler und Johann Jacob Bachofen. Bei den mit Spannung erwarteten Bautenprämierungen wurden drei Liegenschaften bzw. deren Bauherrschaft und Architekten ausgezeichnet. Jürg Eichenberger und der Architekt Christian Lang wurden für die Gesamtrenovation und die vorbildliche Restaurierung des historischen Gebäudekomplexes Spiesshof am Heuberg geehrt. Die Architekten Hanspeter Müller & Roland Naegelin und die Eigentümergemeinschaft konnten die Würdigung
Das alte Flusskraftwerk Rheinfelden AG. (Bild Henri Leuzinger) L’ancien bâtiment des forces motrices de Rheinfelden (AG). (photo Henri Leuzinger)
Drei prämierte Basler Bauten: das «VoltaZentrum», der Spiesshof und das Haus Leonhardsstrasse 37. (Bilder ZVG) Trois constructions bâloises primées: le Volta Zentrum, le Spiesshof et le 37 Leonhardsstrasse (photos LDD)
für die Renovation des klassizistischen Wohnhauses mit Neubau an der Ecke Leonhardstrasse/Holbeinstrasse entgegennehmen. Und zu guter Letzt zeichnete der Heimatschutz die Architekten Buchner/ Bründler AG für den Neubau des Wohn- und Geschäftshauses mit Einkaufszentrum «Volta Zentrum» aus. In dem im Garten des Missionshauses gelegenen gemütlichen Restaurant Rosengarten genossen anschliessend die Vereinsmitglieder sowie die Prämierten das bodenständige Menü, die dazu passenden Weine und die angeregte Stimmung. www.heimatschutz.ch/basel
Glarus Herbarella Glarnerland Eine kürzlich erschienene Ausgabe des Magazins für Gartenkultur, Reisen, Küche und Lebensart «Herbarella», widmet sich dem Glarnerland. In der lesenswerten und mit edlen Fotografien illustrierten Publikation nimmt die Gartenkultur einen gewichtigen Teil ein. In seiner Einführung über Glarner Gärten spannt Fridolin Beglinger, Landschaftsarchitekt und Präsident des Glarner Heimatschutzes, den Bogen von den Nutz- und Wohngärten über öffentliche Anlagen bis zur Kulturlandschaft. Seien es die Bauerngärten, die Gärten der wohlhabenden Glarner, der
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Volksgarten in Glarus oder der Künstlerort Richisau oberhalb des Klöntalersees – die Vielfalt der Gartenkultur ist gross und das Glarnerland auch unter diesem Aspekt einen Besuch wert. Weitere Artikel des Magazins widmen sich unter anderem den Gärten von Mollis, dem Freulerpalast in Näfels oder dem Kantonshauptort Glarus. Das Herbarella Journal 13 – Glarnerland kann unter www.herbarella.ch zum Preis von CHF 18.90 bezogen werden. www.heimatschutz-gl.ch
GrauBÜNDeN
Das Magazin «Herbarella» entdeckt das Glarnerland. (Bild ZVG) le magazine «Herbarella» fait découvrir la région de Glaris. (photo LDD)
stabwechsel im Bündner Heimatschutz Inge Beckel wird neue Präsidentin des Bündner Heimatschutzes (BHS) – dies haben die Vereinsmitglieder an der gut besuchten Jahresversammlung vom 4. Dezember 2010 beschlossen. Die in Fürstenaubruck wohnhafte Bauexpertin folgt auf Jürg Ragettli, der im Frühling 2011 nach engagierten 13 Jahren das Präsidium des Vereins abgeben wird, um sich beruflich neu zu orientieren. Als studierte Architektin bildet Beckel in fachlicher Hinsicht die optimale Ergänzung zur Kunsthistorikerin Ludmila Seifert, welche die Geschäfte des Heimatschutzes seit dem Herbst 2010 führt. Ragettli zeigte sich sehr erfreut; er sei überzeugt, dass mit diesem Führungsduo die gewichtige Stimme des Heimatschutzes in Sachen Bündner Baukultur nicht verstummen wird. Die letzte von Ragettli geleitete Jahresversammlung fand an symbolträchtigem Ort statt: in Fläsch, dessen vorbildliche, mit dem Wakkerpreis ausge-
zeichnete Ortsplanungsrevision vom BHS unterstützt und begleitet worden war. Wie Ragettli in seinem Rückblick ausführte, stand die Wakkerpreisvergabe an Fläsch im Zentrum der letztjährigen Vereinsarbeit. Ein weiteres zentrales Ereignis war die Ausstellung «Der nicht mehr gebrauchte Stall», die vom BHS initiiert und finanziell sowie fachlich unterstützt worden war. Ein weiterer Schwerpunkt liegt in Valendas, wo sich der BHS bei den vielfältigen Bemühungen um eine Wiederbelebung des Dorfkerns engagiert. Als hoffnungsvolles Signal wirkte der Beginn der Aussenrestaurierung am Türelihus; das historisch wertvolle Gebäude befindet sich heute im Besitz der Stiftung Ferien im Baudenkmal des Schweizer Heimatschutzes. Geplant ist der Einbau von Ferienwohnungen, die Sammlung der dazu notwendigen Gelder ist noch im Gang. Gut angelaufen ist die Spendenaktion für das im Besitz der Gemeinde befindliche «Engihus» am Dorfplatz, das zu einem Gasthaus umgewandelt werden soll. Als grosse Herausforderungen zeichnen sich der zunehmenden Druck auf die Liberalisierung des Raumplanungsgesetzes, vor allem auch im Hinblick auf Bauten ausserhalb der Bauzonen, und die zahlreichen touristischen Grossprojekte ab, die den Bestand der Bündner Kulturlandschaft zu gefährden drohen. Der BHS wird sich auch mit einer Stellungnahme zum geplanten Erweiterungsbau des Kunstmuseums in Chur beschäftigen müssen. Aus dem Vorstand ausgetreten sind die langjährigen Mitglieder Daniel Ladner und Diego Giovanoli, deren verdienstvolles Wirken für den Verein vom Präsiden-
VauD – staDe De la PONtaIse À lausaNNe En mars 2010, la Ville de Lausanne lance un concours de projet d’urbanisme pour la réalisation d’un écoquartier aux Plaines-du-Loup sur les hauts de la ville. Malgré notre intervention, le programme du concours ne suscite pas la conservation du stade de la Pontaise. Après ce constat, notre comité a publié, dans «24 Heures» et dans la presse spécialisée, un appel aux architectes participants au concours, en faveur du maintien du stade. Le projet primé n’a pas prévu de le conserver. Afin d’assurer la sauvegarde de ce stade d’une valeur architecturale, historique et patrimoniale, nous avons demandé en novembre l’inscription du stade sur la liste des «Monuments Historiques». Cette demande a suscité de nombreuses réactions. Nous avons pu lire et entendre que le projet «Métamorphose» n’était pas réalisable sans la démolition du stade, et que Patrimoine suisse tirait sa dernière cartouche contre le projet des Plaines-du-Loup. Or, nous ne nous sommes jamais opposés au projet «Métamorphose», ayant toujours été convaincus que celui-ci était réalisable sans la démolition du stade. D’autres prétendent que le projet primé n’est pas réalisable en conservant le stade. Là encore, après avoir étudié, attentivement et en détail, le projet primé, nous avons pu nous rendre compte qu’il pouvait s’adapter sans grande difficulté au maintien du stade. En effet, le lauréat a marqué sa sensibilité à la valeur du stade de la Pontaise en conservant le portique aux anneaux olympiques et en aménageant, précisément à la place du stade, une zone réservée au sport.
Une autre crainte exprimée est que la conservation du stade met en péril la construction d’un nouveau stade à Vidy. Le maintien de la Pontaise pour l’athlétisme et pour d’autres usages permet d’éviter la construction d’un nouveau stade d’athlétisme à proximité de l’écoquartier, mais il n’a aucune influence sur le projet de Vidy. Que faire de la Pontaise après la construction du nouveau stade de Vidy est un autre souci. Les courts de tennis prévus à l’endroit du stade peuvent être intégrés dans le stade conservé; les compétitions d’athlétisme pourront régulièrement recevoir les meilleurs athlètes du monde; la réputation des grands concerts donnés à la Pontaise n’est plus à démontrer; enfin, les nombreux équipements sportifs prévus dans le projet pourraient être rassemblés dans le stade conservé. L’investissement important à consacrer à la restauration du stade et à son adaptation pour de nouvelles activités a aussi été un argument en faveur de sa démolition. La démolition du stade actuel en béton armé aura un coût élevé de même que la construction d’un nouveau stade à proximité des Plaines-duLoup. Des comparaisons financières seraient intéressantes. En outre, cette démolition n’est pas favorable au bilan énergétique et écologique. Le concours d’architecture lancé en 2002 par la Ville de Lausanne pour la réfection du stade de la Pontaise a suscité l’intérêt d’une vingtaine d’architectes qui ont apporté des solutions novatrices pour une adaptation du stade aux exigences actuelles. Cette démarche et le résultat du concours démontrent bien la pertinence de notre volonté de préserver un té-
moin important de l’histoire de la construction moderne et de l’histoire du sport du 20e siècle. A plus forte raison puisqu’il s’agirait d’un témoin «actif», réhabilité, et non pas d’une structure muséale et passive. Sa géométrie audacieuse, la beauté et l’équilibre de sa forme, son implantation en harmonie avec la vue sur le lac et les Alpes sont autant d’éléments qui permettent à La Pontaise de se démarquer des autres stades construits à la même époque. Les spécialistes le placent parmi les plus prestigieux stades internationaux du début du 20e siècle. Il est extrêmement regrettable que la Municipalité de Lausanne ne soit pas entrée en matière, même tardivement, pour éviter cette perte patrimoniale. Le fait que le Conseil communal de Lausanne ait refusé, en 2002, le projet de réfection du stade ne constitue pas un «permis de démolir», puisque les circonstances étaient différentes et surtout que la valeur patrimoniale du Stade, reconnue aujourd’hui, était alors encore méconnue. Devant l’impossibilité d’ouvrir le dialogue avec la Municipalité de Lausanne au sujet du stade, de ses possibilités d’adaptation et d’ouverture au future ecoquartier, nous avons décidé de demander son classement. Notre dernière cartouche n’est certainement pas contre le Projet «Métamorphose», mais bien contre la démolition du stade de la Pontaise dont nous demandons, à la Municipalité, la conservation depuis le début de l’année 2007. Nous sommes toujours persuadés de sa valeur indéniable. Denis de techtermann et alexandre antipas, Patrimoine suisse, section vaudoise
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ten entsprechend gewürdigt wurde. Als neues Mitglied wurde Ramun Capaul, Mitinhaber eines Architekturbüros in Ilanz, in den Vorstand gewählt. www.heimatschutz-gr.ch
L’hôtel, désigné par ICOMOS hôtel historique de l’année 2001, compte près de 130 ans d’âge et a fait l’objet d’agrandissements successifs. Depuis bientôt 15 ans, la famille Buchs, propriétaire des lieux, a entrepris des travaux de rénovation fort coûteux, mais toujours dans le respect de sa substance historique, de cet incontournable témoin de la «Belle époque». Pour preuve, la restauration des dernières chambres témoigne de la volonté de conserver ce patrimoine historique et hôtelier. Et vous, chers lecteurs, seriez-vous également sensibles à cette cause? Si tel est le cas, vous avez la possibilité de verser votre contribution sur le compte ccp 10-261702-9 avec la mention «Plafond Hôtel Bella Tola». D’ores et déjà, notre section et la famille Buchs vous remercient chaleureusement de l’intérêt porté à cette requête! Patrimoine suisse, section Valais romand
ZÜRICH Ludmila Seifert und Inge Beckel übernehmen die Geschicke des Bündner Heimatschutzes. (Bild ZVG) Ludmila Seifert et Inge Beckel reprennent les rênes de la section grisonne de Patrimoine suisse. (photo LDD)
OBERWALLIS Heimatschutzpreis Oberwallis Der Heimatschutzpreis Oberwallis, gestiftet von der Vereinigung der Oberwalliser Raiffeisenbanken, wird seit 1998 vergeben. Ausgezeichnet werden Projekte und Aktionen, welche beispielhaft unter dem Grundsatz «Altes erhalten – Neues gestalten» stehen. Die Wahl der Jury fiel auf eine vorbildlich umgebaute Stallscheune in Randa, die dank der engagierten Bauherrschaft (Familie Truffer, Visp) und des Gespürs des Architekten (Imboden & Partner, Visp) gerettet werden konnte. Die bestehenden Konstruktionselemente wurden soweit sinnvoll und möglich erhalten, der Charakter des Gebäudes wurde gewahrt.
Rekurs gegen Projekt auf der Halbinsel Giessen in Wädenswil Am 24. November hat der Zürcher Heimatschutz einen Rekurs bei der Baurekurskommission des Kantons Zürich gegen das Grossüberbauungsprojekt der Peach Property Group AG und der Condominium Invest AG auf der Halbinsel Giessen, Wädenswil, eingereicht. Die in Wädenswil geplante voluminöse Überbauung «Giessen», mit einer Fassadenlänge von bis zu 85 Metern, stört das heutige kontrastreiche Zusammenwirken zwischen diversen interessanten Bauten verschiedener Architekturstile (auch historische Industriebauten) und andererseits die sensible und an diesem Ort besonders idyllische Uferlandschaft. Da 95 Prozent der Uferlandschaft des Zürichsees aus aufgeschüttetem Konzessionsland bestehen, überrascht es nicht, dass auch ein Teil der beiden direkt am Ufer geplanten Mehrfamilienhäuser auf Konzessionsland zu stehen kämen. Bebauungen jeder Art sind auf solchem Konzessionsland jedoch gesetzlich stark eingeschränkt. «Diese gesetzlichen Beschränkungen werden aber von vielen Gemein-
INNERSCHWEIZ Der Innerschweizer Heimatschutz als führende Non-Profit-Organisation in Sachen Baukultur sucht per 1. Juli 2011 auf Mandatsbasis eine neue Leitung der Geschäftstelle (20%) Bewerbungen mit Unterlagen per E-Mail an: sepp.rothenfluh@innerschweizer-heimatschutz.ch Sepp Rothenfluh, Architekt und Obmann IHS Murbacherstr. 25, 6003 Luzern 041 210 87 80
den und auch vom Kanton allzu häufig einfach ignoriert», moniert Victor von Wartburg, Präsident von «Rives Publiques», des Vereins, der sich für den freien Zugang zu den Ufern der Seen und Wasserläufe der Schweiz einsetzt. Die im Rekurs des Zürcher Heimatschutzes enthaltenen Rügen und Forderungen betreffen Verletzungen des Koordinationsgebots, unzulässige Vorbefassung, unzulässige Unterschreitung des kantonal geltenden MindestGewässerabstandes, unzulässige Ausnahmebewilligung zur Abweichung vom Gestaltungsplan, Missachtung des Ortsbildschutzes, unzulässige Inventarentlassungen von schützenswerten Altbauten sowie unzulässige Baukonzessionen. Erweiterungsbau Landesmuseum Gegen den Kantonsratsbeschluss, 20 Millionen Franken an den Erweiterungsbau des Schweizerischen Landesmuseums Zürich zu zahlen, hat das Komitee «Standpunkt Landesmuseum» das Referendum ergriffen und im Juni 2010 4231 Unterschriften eingereicht (vgl. Heft 3/2010). Am 13. Februar 2011 fand die Abstimmung statt. Resultat: Die Stimmberechtigten des Kantons Zürich sagten Ja zum kantonalen Standortbeitrag und damit zum Erweiterungsbau. Sowohl der kantonale wie auch der städtische Heimatschutz empfahlen ein Nein. www.heimatschutz-zh.ch; www.heimatschutzstadtzh.ch
www.oberwalliserheimatschutz.ch
VALAIS ROMAND Hôtel Bella Tola de Saint-Luc Une fois n’est pas coutume! En novembre 2010, le comité de la section Valais romand a sollicité ses membres de soutenir une cause de «sauvegarde patrimoniale» en lien avec le magnifique Hôtel Bella Tola, à Saint-Luc (www.bellatola.ch). Le soutien financier demandé a pour objectif de contribuer à la restauration du plafond de la salle à manger de l’hôtel, qui menace de subir des dommages irréparables. Lors de leur assemblée générale du 2 octobre dernier, la conférencière conviée, Evelyne Lüthi-Graf, directrice des Archives hôtelières suisses, à Lausanne, a rendu son auditoire attentif à cette cause lors de la visite guidée qui a clos son exposé. Son plaidoyer nous a convaincus de mettre sur pied une campagne de recherche de fonds dans le but de contribuer à sauvegarder et mettre en valeur ce plafond digne d’intérêt.
Hôtel Bella Tola de Saint-Luc: la section Valais romand demande de soutenir la restauration du plafond de la salle à manger. (photo LDD) Hôtel Bella Tola in Saint-Luc: Die Sektion Valais romand ruft für eine Unterstützung der Restaurierung einer Decke des Esssaals auf. (Bild ZVG)
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Originalfenster sind ein wichtiger Bestandteil der Bauten aus dem späten 19. und frühen 20. Jahrhundert. (Bild SHS) Les fenêtres originales sont des caractéristiques essentielles de la fin du XIXe et du début du XXe siècles. (photo Ps)
Blickpunkt: Sektion Basel-Stadt
Fenster sind die Augen eines Hauses Originalfenster in Liegenschaften aus dem späten 19. oder frühen 20. Jahrhundert werden bei Sanierungen oft herausgerissen und ersetzt. Viele Gebäude verlieren durch das Auswechseln der Fenster ihren Charme. Die Sanierung von Altbaufenstern ist in vielen Fällen energetisch, ökologisch und finanziell sinnvoll. Der Basler Heimatschutz hat deshalb eine Kampagne für die energetische Sanierung von Altbaufenstern lanciert. Paul Dilitz, Geschäftsleiter Heimatschutz Basel
Im Kanton Basel-Stadt läuft eine staatlich subventionierte Energieoptimierungskampagne. Leider führt diese oft dazu, dass Originalfenster in Altliegenschaften herausgerissen und durch neue ersetzt werden. Dabei wird zu wenig auf das architektonische Gesamtbild Rücksicht genommen und insbesondere Bauten aus dem späten 19. und frühen 20. Jahrhundert verlieren durch die neuen Fenster ihren Ausdruck und Charme. Mit einer eigenen Kampagne hat der Heimatschutz Basel als Reaktion deshalb die Besitzerinnen und Besitzer von nicht denkmalgeschützten Altbauten mit zwei Faltblättern zum Thema «energetisch sinnvolle Sanierung von Altbaufenstern» auf das Thema aufmerksam gemacht, die Bauberatung am Fenster- und Energiesparthema neu lanciert und qualifizierte örtliche Schreinereien mit entsprechende Erfahrungen empfohlen. Zur Erhärtung der Kampagne hat der Heimatschutz Basel durch ein Inge-
nieurbüro bauphysikalische Untersuchungen bei abgedichteten Altbaufenstern durchführen lassen. Auch diese stützen die Kampagnenbotschaft: Eine fachmännische, auf das einzelne Objekt abgestimmte Fenstersanierung bringt in Sachen Energieeffizienz viel und ist architektonisch die bessere Lösung als der Einbau neuer Fenster. Die Studie zeigt, dass sich durch relaltiv einfache Massnahmen, zum Beispiel den nachträglichen Einbau von Dichtungen, bereits deutlich spürbare Verbesserungen erzielen lassen. Einige Fakten: • Durch einen Glasersatz (Wärmeschutzglas) und den Einbau einer Dichtung können die Transmissionswärmeverluste über die Fenster um ca. 40 bis 50 Prozent reduziert werden. • Durch eine Hinterdämmung der Leibung (zusätzlich zum Glasersatz und dem Einbau einer Dichtung) steigt der Komfort spürbar im In-
nenbereich. Die Oberflächentemperaturen erhöhen sich im Fensterbereich um ca. 2° K. Auf den gesamten Heizenergieverbrauch kann dadurch (bei einem Fensteranteil von 15 bis 20 Prozent) eine Einsparung von ca. 7 bis 10 Prozent erzielt werden. • Die Effizienz von nachträglich fachgerecht eingebauten Falzdichtungen entspricht dem Standard eines neuen modernen Fensters (Luftdurchlässigkeit Klasse 3). • Voraussetzung für eine schadensfreie Sanierung bzw. Ertüchtigung ist die Abstimmung einzelner Massnahmen untereinander. So kann ein Fensterersatz unter Umständen ein erhöhtes Schimmelrisiko an den unsanierten Aussenwänden provozieren. Der Heimatschutz Basel stellt die Studie im Februar 2011 der Öffentlichkeit vor und informiert über den weiteren Verlauf der Kampagne. www.heimatschutz.ch/basel
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Gros plan: section Genève
Un autre projet pour le Musée d’art et d’histoire de Genève Pour l’agrandissement de son Musée d’art et d’histoire (MAH), la Ville de Genève soutient un projet signé Jean Nouvel, qui contrevient aux principes de conservation du patrimoine. Patrimoine suisse Genève préconise une véritable extension contemporaine du MAH, mais s’oppose à ce projet qui porterait une atteinte irréversible à l’intégrité du monument et à l’esthétique du quartier: sacrifice du corps de bâtiment arrière, remplissage de la cour par de grands plateaux, percement des façades, surélévation illégale de deux niveaux au-dessus des toitures pour édifier une cafétéria «panoramique». Des solutions respectueuses du monument existent, mais, malgré nos demandes, ne sont pas examinées. Cecilia Maurice de Silva et Jean-Philippe Koch, Patrimoine suisse Genève
Le MAH est le plus bel exemple genevois d’architecture «beaux-arts» et un fleuron de l’architecture muséale européenne. Sa qualité d’œuvre d’art justifie sa restauration et son classement (que nous demandons depuis plus de deux ans). Son architecte, Marc Camoletti, s’est fidèlement inspiré du Petit Palais inauguré à Paris en 1900. Achevé en 1906, le MAH s’établit lui aussi autour d’une cour-cloître, source d’éclairage naturel pour les locaux d’exposition, qui lui donne son sens esthétique et fonctionnel. Tenant compte de la forte déclivité du site, cet
Le projet de Jean Nouvel: coupe latérale du bâtiment. (image de synthèse Musée d’art et d’histoire, Genève) Das Projekt von Jean Nouvel: Schnitt durch das Gebäude. (Bild Musée d’art et d’histoire, Genf)
édifice d’une grande rationalité est organisé autour de deux niveaux: celui de la Vieille-Ville pour l’entrée monumentale et, en contrebas, celui des boulevards pour la cour et les entrées secondaires. En 1998, le MAH a pu déménager certains de ses services vers l’ancienne école des Casemates contiguë. Notons qu’à ce jour, les 1500 m 2 ainsi libérés restent inutilisés pour l’exposition des collections malgré le pressant besoin d’agrandissement invoqué. L’agrandissement du MAH doit préserver la cohérence de son architecture.
La cour-cloître du Musée d’art et d’histoire de Genève. (photo Patrimoine suisse Genève) Der Innenhof des Genfer Musée d’art et d’histoire. (Bild Patrimoine suisse Genève)
Plutôt que le bourrage dévastateur de sa cour et une surélévation illégale, il faudrait opter pour des solutions rationnelles et respectueuses du monument, qui garantiraient de surcroît une meilleure croissance future du MAH. Ainsi, une verrière abritant la cour (comme celles du Louvre ou du Bristish Museum), du reste demandée dans l’appel d’offres de 1998, offrirait un très bel espace d’exposition et de repos tout en préservant l’éclairage naturel des espaces d’exposition intérieurs. Des extensions considérables sont par ailleurs possibles dans le sous-sol de la cour existante, dans l’école des beaux-arts adjacente et sous la butte de l’ancien Observatoire (face à l’entrée principale du MAH). Celles-ci offriraient des surfaces d’exposition bien plus généreuses que le projet Nouvel et permettraient en outre une restauration immédiate du MAH sans imposer sa fermeture complète pour plusieurs années. La Ville de Genève doit de toute urgence reconsidérer son projet, présenté comme acquis alors qu’il se révèle de toute évidence irrespectueux des principes de conservation du patrimoine les plus élémentaires et gravement dommageable au chef-d’œuvre architectural qu’est le MAH. www.patrimoinegeneve.ch
Von Menschen und Häusern
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Eine Stiftung rettet die Fischerhäuser
Beinahe wären die Bagger aufgefahren Der letzte Eigentümer wollte die Fischerhäuser in Romanshorn abbrechen. Er durfte nicht. Jetzt sind sie im Besitz der Denkmal Stiftung Thurgau und werden restauriert. Ab Juli stehen in diesen Häusern aus dem 17. Jahrhundert Sommergästen über die Stiftung Ferien im Baudenkmal drei Ferienwohnungen zur Verfügung. Marco Guetg, Journalist, Zürich
Erinnerung an einen Dialog. Sie: «Seid ihr wahnsinnig?» Er: «Wahrscheinlich hast du Recht.» Beat Haag, Präsident der Denkmal Stiftung Thurgau, steht vor den Fischerhäusern beim Bahnhof Romanshorn und lacht. Soeben hat er verraten, wer Anfang 2010 noch an ihm und den weiteren Mitgliedern des Stiftungsrates gezweifelt hat: Seine Frau, nachdem sie zum ersten Mal die Fischerhäuser besichtigt hatte. Inzwischen ist das ungläubige Staunen dem staunenden Schauen gewichen. Denn seit Juni 2010 werden die verfallenen Fischerhäuser restauriert und die ersten, sichtbaren Zeichen zeigen, dass das machbar ist. Beat Haag führt uns ins Innere der niederen Bauten. Wir blicken links in einen versenkten Raum. Das ist der Keller. «Grauenhaft hat er ausgesehen», sagt Haag und schildert, was er dort sah: «Die Balken hingen herunter, ein Kachelofen baumelte in der Luft.» Jetzt ist er geräumt und gesichert. Eine neue Mauer stützt die Aussenwand. Im Innern ist auch Monate nach Frau Haags Spontanreaktion nachvollzieh-
bar, worin ihr Unbehagen bestand. Alles ist ein bisschen schief und verkommen. Hier braucht es noch eine Treppe ins Obergeschoss, dort hängt eine Decke durch. Das inzwischen zur Hälfte sanierte Dach lässt ahnen, wie diese getäfelten Räume mit ihren Bretterböden über Jahrzehnte Wind und Wetter ausgesetzt waren. «Die Balken waren verfault und die Böden morsch», sagt Haag. Überraschungen beim Umbau waren programmiert, aber auch Entdeckungen. Eine sehen wir im Erdgeschoss. Eine Wand gab alte Tapeten frei, zusätzlich ornamentiert mit Zeitungen aus dem vorletzten Jahrhundert. «Diese Wand belassen wir so und schützen sie mit einer Glaswand», sagt Haag. Hinter einer Vitrine wird einst ein kurzes Kaptiel aus der Geschichte dieses Hauses ablesbar sein. Zeugen der vorindustriellen Geschichte Es ist eine lange Geschichte. Auf 1671 wurde das Fälljahr des Bauholzes für den Kernbau an der Mittleren Gasse 11 und an der Rislenstrasse 4 datiert, ein Doppelhaus in kompletter Bohlen-
ständerkonstruktion. Es handle sich dabei um «traditionelle Wohnbauten des 17. Jahrhunderts und authentische Zeugen der vorindustriellen Geschichte Romanshorns», schreibt die kantonale Denkmalpflege. Fischer wohnten darin, Schiffsmänner, ein Spengler und ein Schuhmacher. «Die letzten dreissig Jahre jedoch», sagt Haag, «waren die Häuser am Verludern.» Ein einheimischer Architekt kaufte sie, entwarf ein Umbauprojekt und bewirkte, dass sie im Herbst 2004 aus dem kommunalen Schutz entlassen wurden. Es drohte der Abbruch. Rekurse des Thurgauer Heimatschutzes und einer Anwohnerin folgten. Nach langem Hin und Her wurden sie gutgeheissen und die Häuser blieben unter Schutz. Doch was tun damit? Perspektive dank Unterstützung Der Tag, der diese Frage beantwortete, war der 21. Januar 2009. An diesem Tag kaufte die Denkmal Stiftung Thurgau die Fischerhäuser für 210 000 Franken. «Wir hatten kein Geld und waren dann doch erstaunt, wie schnell wir Spen-
Beat Haag, Präsident der Denkmal Stiftung Thurgau, unter dem Dach der Fischerhäuser in Romanshorn. (Bilder SHS; Lukas Fleischer) Beat Haag, président de la Fondation «Denkmalstiftung Thurgau», sous le toit des maisons de pêcheurs de Romanshorn. (photos Ps, Lukas Fleischer)
Des maisons et des hommes
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Die Fischerhäuser in Romanshorn waren lange vom Abbruch bedroht. Zurzeit werden sie von der Denkmal Stiftung Thurgau instand gestellt. (Bilder Lukas Fleischer) Les maisons de pêcheurs de Romanshorn ont été longtemps menacées de démolition. La Fondation s’occupe actuellement de leur restauration. (photos Lukas Fleischer)
denzusagen erhielten», sagt Haag, «und wir hatten eine weitere Unterstützung»: die Stiftung Ferien im Baudenkmal des Schweizer Heimatschutzes. Das gab den Fischerhäusern eine Perspektive. Nun also wird seit Juni 2010 in enger Zusammenarbeit mit der kantonalen Denkmalpflege gezimmert und gehämmert und gemalt, damit auf Anfang Juli 2011 und somit rechtzeitig auf die Sommersaison die drei Wohnungen bezogen werden können. Etwas über eine Million wird die Restaurierung kosten. Trotz dieser Summe wird nur sanft saniert. «Wir wollen zeigen», sagt Haag, «wie um 1670 gebaut worden ist. Deshalb belassen wir bis auf das Bad und die Küche vieles im originalen Zu-
stand.» Bewohnt werden können die Fischerhäuser allerdings nur in den Sommermonaten. «Ohne alles rauszureissen und zu isolieren, hätten wir den Energienachweis nie erbringen können», sagt Beat Haag, sichtlich zufrieden, dass diese zwei historischen Gebäude am Bodensee künftig sinnvoll neu genutzt werden können. Und ein wenig Stolz und eine Hoffnung klingen dabei auch mit. «Beim Kauf der Fischerhäuser wurden wir belächelt. Wenn wir beweisen können, dass auch aus einem heruntergekommenen Objekt etwas Gutes entsteht, haben wir in Zukunft mehr Goodwill», sagt Haag – bei den Banken und anderswo. Und das kann nur nützlich sein: fürs nächste Objekt und fürs übernächste ...
Die Denkmalstiftung Thurgau Die Denkmal Stiftung Thurgau fördert den Erhalt und die Pflege historischer Bauten im Kanton Thurgau. Die Stiftung erhält und restauriert wichtige historische Bauten, insbesondere dort, wo die Möglichkeiten von öffentlichen und privaten Institutionen nicht ausreichen. Sie fördert das Verständnis breiter Kreise der Bevölkerung für die Pflege des gebauten Erbes. Sie richtet ihre Tätigkeit strikt nach denkmalpflegerischen Grundsätzen aus. www.denkmalstiftung-thurgau.ch Die Stiftung Ferien im Baudenkmal Im Jahr 2005 hat der Schweizer Heimatschutz die Stiftung Ferien im Baudenkmal gegründet. Ziel ist, bedrohte Baudenkmäler zu übernehmen, zu renovieren und als Ferienwohnung zu vermieten. Mit den Fischerhäusern wächst das Angebot auf 15 Wohnungen in zwölf Häusern. Die drei Wohnungen in Romanshorn – eine davon behindertengerecht – sind ab 2. Juli 2011 bezugsbereit. Sie bieten Platz für vier, fünf und zehn Personen und sind ab sofort über die Website der Stiftung Ferien im Baudenkmal buchbar. www.magnificasa.ch
Les maisons de pêcheurs A l’abandon depuis 30 ans, les maisons de pêcheurs de Romanshorn, précieux témoins de l’ère préindustrielle, semblaient vouées à la démolition. Certaines poutres de la charpente de ces maisons d’habitation datent de 1671, et un recours en justice de la section thurgovienne de Patrimoine suisse et d’une propriétaire voisine a permis de maintenir leur statut de protection. Ces petites maisons traditionnelles du XVIIe siècle ont retenu l’attention de la Denkmalstiftung Thurgau, une fondation qui en a fait l’acquisition début 2009 au prix de 210 000 francs grâce à une collecte de dons, dans la perspective de les restaurer et de confier par la suite leur exploitation à Vacances au cœur du patrimoine. Les travaux de restauration menés en étroite collaboration avec le Service cantonal des monuments historiques ont débuté en juin 2010 et devraient s’achever début juillet 2011 pour accueillir des vacanciers. La rénovation douce devisée à un million de francs permettra de réaliser trois appartements pour la saison d’été en gardant l’état original, sauf la salle de bains et la cuisine. Beat Haag, président de la Fondation, suit les travaux de près. A l’intérieur, tout est un peu bancal. Cependant, les panneaux de bois ont résisté aux vents et tempêtes. Au rez-de-chaussée, un mur recouvert d’anciennes tapisseries et de journaux anciens sera conservé tel quel et protégé par une paroi de verre. Une moitié du toit a déjà été rénovée. Les travaux avancent … une belle revanche pour Beat Haag qui s’était heurté à l’incrédulité de nombreuses personnes, et même de sa femme, qui doutaient de la faisabilité d’une rénovation.
Info-Mix
LE COMMENTAIRE
Incohérente Confédération La Confédération a pris l’an dernier une excellente initiative: sous l’égide de l’Office fédéral de la culture est en effet paru un livre impressionnant, «PATRIMONIUM, Conservation et archéologie des monuments en Suisse, 1950–2000». Un pavé de 800 pages, une somme richement illustrée qui décrit la situation de la conservation du patrimoine culturel, un ouvrage de référence fort utile sur l’évolution du travail, des pratiques et de la recherche en matière de monuments historiques, un véritable bilan d’activité de ces 50 dernières années durant lesquelles la perception du patrimoine bâti s’est sensiblement modifiée. Bravo! Dans le même temps, le Conseil fédéral rendait public son projet de premier «Message concernant l’encouragement de la culture, pour la période 2012 à 2015». Cinq pages seulement, sur 96, y sont consacrées au chapitre «Patrimoine culturel et monuments historiques». Le point le plus intéressant réside dans la reconnaissance, noir sur blanc, des «[...] besoins financiers réels, chiffrés à 60 millions de francs pour les seules mesures de restauration dans le domaine des monuments historiques (sans l’archéologie) [...]» (p. 29). Pour le reste, ce message se borne à lister les activités conduites jusqu’ici. On aurait aimé y lire l’énoncé et la volonté d’une véritable politique patrimoniale, claire et transparente, fixant des objectifs précis, des priorités, des critères d’intervention, etc. Un tel document manque actuellement. En cohérence avec «PATRIMONIUM», la Confédération aurait eu l’occasion, dans ce message, de se doter d’un instrument de conduite moderne qui fasse honneur à la qualité des multiples intervenants de notre domaine et qui permette une action efficace en faveur des monuments et sites. Dommage! Le comble de l’incohérence est atteint au paragraphe du message consacré aux finances: sans référence aucune aux besoins pourtant clairement énoncés (voir ci-dessus), le Conseil fédéral annonce 4 pages plus loin vouloir doter le domaine «Patrimoine culturel et monuments historiques» (y compris l’archéologie) de 21 millions de francs seulement par année! Soit pratiquement rien! Cinq fois moins que les besoins avérés! Et même moins que les 30 millions obtenus ces dernières années grâce aux corrections des parlementaires! Inacceptable! Philippe Biéler, président de Patrimoine suisse Die deutschsprachige Übersetzung des Kommentars findet sich unter www.heimatschutz.ch/Kommentar
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BUCHTIPP Was Denkmäler erzählen Denkmäler sind gebaute Gedankenstützen für die kollektive Erinnerung. Auch wenn Inschriften mit Namen und Jahreszahlen auf den Grund ihrer Errichtung hinweisen, weiss man oft doch nicht, aus welchem Grund diese Frauenfigur oder jene Stele in einen Park gestellt wurde. Fritz von Gunten hat sich diesen Zeitzeugen angenommen und liefert Erklärungen zu 170 Denkmälern und 150 Museen im Kanton Bern. Ein vergnüglicher Spaziergang durch die Regionen zeigt, wie reichhaltig die Denkmallandschaft in Stadt und Land ist. Wer hätte gedacht, dass mitten auf dem Dorfplatz von Adelboden 2004 eine Anlage eingeweiht wurde, die unter dem Namen «Place of Fame» vergangenen und künftigen Ski-Assen gewidmet ist oder dass in Laupen seit 1994 jedes Neugeborene einen Gedenkstein erhält? Als Führer zu Denkmälern getarnt entpuppt sich das Buch als kurzweiliger Streifzug durch die Geschichte des Kantons Bern, seiner Dörfer und Personen, die in irgendeiner Weise als eines Denkmals würdig erschienen. Wer bisher glaubte, dass Denkmäler ein Relikt der Vergangenheit sind, wird auf knapp dreihundert Seiten eines Besseren belehrt. Patrick Schoeck-Ritschard
Denk mal – ein Denkmal. Fritz von Gunten, Huttwil 2010, Bezugsquelle: Druckerei Schürch, Huttwil, 062 959 80 70, info@schuerch-druck.ch, CHF 43.00. ISBN 978-3-9523719-2-3
HEIMATSCHUTZ VOR 102 JAHREN Die Hässlichkeit einer Fremdenindustriestadt «Es werden vielleicht Tage kommen, wo es der Geldbeutel bereut, dass man mit all den Kostbarkeiten so gründlich fertig geworden ist. Man hat es in Graubünden schon erfahren, dass besonders die Engländer die Gasthäuser meiden, die in aufdringlicher Weise den Landschaftseindruck stören. Man wird auch noch in Luzern die Erfahrung machen, dass feinfühlige gebildete Fremde (und das sind nicht die Ärmsten!) die herrliche Gegend am Vierwaldstättersee fliehen, weil ihnen die Hässlichkeit, die ästhetische und kulturelle Bedeutungslosigkeit einer Fremdenindustriestadt den ganzen Naturzauber gründlich verleidet. Es ist heute die höchste Zeit, dass über der städtischen und privaten Bautätigkeit eine künstlerisch vielseitig gebildete Körperschaft oder Behörde wache, die Missgriffe der letzten Dezennien einigermassen ausgleiche und neue Schädigung verhindere. Sonst wird der ästhetische Bankbruch der Stadt nicht mehr lange auf sich warten lassen. Dann ist es zu spät, einzusehen, dass man den landschaftlichen und historischen Hintergrund Luzerns allzu leichten Herzens der zeitlichen Unfähigkeit zu originellem Schaffen, dem Drang, rasch und in Fülle Geld zu verdienen, geopfert hat.» Auszug aus dem Artikel «Die Stadt Luzern» von Dr. Jules Coulin, Luzern, in der Zeitschrift Heimatschutz, Nr. 1/1909, S. 1–7