Das Magazin zur HEKS-Integrationswoche 2011

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handelnextra KAMPAGNENMAGAZIN DES HILFSWERKS DER EVANGELISCHEN KIRCHEN SCHWEIZ

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Fr端hling 2011


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Motto Soziale Integration: «Barrieren abbauen – Begegnungen ermöglichen»

Einblick Viele HEKS-Programme und -Projekte in der Schweiz leisten einen wichtigen Beitrag zur sozialen Integration, indem sie benachteiligten Menschen Begegnungen mit anderen Menschen und mit der Arbeitswelt ermöglichen. Vier Einblicke in die HEKS-Projektarbeit zeigen, wie das in der Praxis aussehen kann.

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«Neue Gärten» – Der Blick über den Gartenzaun «HEKS rollt» – Rollend in die soziale Integration «Mentorat Emploi Migration» – Mit doppelter Kraft voraus «TG job» – Ein bisschen wie Familie

Rückblick Im März 2010 veranstaltete HEKS zum ersten Mal die nationale Integrationswoche «Blickwechsel», um auf die Situation sozial benachteiligter Menschen in der Schweiz aufmerksam zu machen. Wir werfen einen Blick zurück.

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«Einen Schritt aufeinander zugehen» – Integrationswoche 2010

Ausblick Auch im Frühling 2011 führt HEKS wieder eine nationale Integrationswoche durch. Hier finden Sie Veranstaltungshinweise und spannende Mitmachaktionen.

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HEKS-Integrationswoche 2011 – Veranstaltungshinweise Den ersten Schritt machen! – Mitmachaktionen über das Jahr hinweg Schenken Sie Hilfe

IMPRESSUM handeln extra. Kampagnenmagazin des Hilfswerks der Evangelischen Kirchen Schweiz. Frühling 2011. Inhaltliche Mitarbeit: Hanspeter Bigler, Corina Bosshard, Nina Gilgen, Joelle Herren, Antoinette Killias; Fotoredaktion: Ruedi Lüscher; Korrektorat: Erika Reist, Erlenbach; Gestaltung: Herzog Design, Zürich; Druck: Kyburz AG, Dielsdorf; Auflage: 4500 Exemplare Februar 2011

«handeln extra» Kampagnenmagazin «Blickwechsel» 2011

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«handeln extra» Kampagnenmagazin «Blickwechsel» 2011

Foto: HEKS, Annette Boutellier

MOTTO

Neugierig schaut Abishanth durch das Fernglas. Es ist spannend zu sehen, wie sich die Dinge verändern, je nachdem, durch welche Seite des Glases man schaut. Den Blick auf die Dinge zu wechseln, interessiert den dreijährigen Knaben, dessen Familie vor sieben Jahren aus Sri Lanka in die Schweiz kam. «Blickwechsel» ist auch das Motto dieses Kampagnenmagazins, welches HEKS-Projekte vorstellt, die das Ziel der sozialen Integration von Menschen wie Abishanth und seiner Familie verfolgen. Integration heisst, dass es Menschen möglich ist, sich im Alltag selbständig zu bewegen, in der Begegnung mit anderen Menschen und in der Arbeitswelt zu bestehen und sich am öffentlichen Leben beteiligen zu können. Zentral sind Begegnungen, denn Integration heisst auch, einen Schritt aufeinander zuzugehen und einen Blick auf die Seite des anderen zu werfen, einen Blickwechsel zu vollziehen. Abishanth und seine Familie werden dabei unterstützt im HEKS-Projekt «schritt:weise», wo Begegnungen und Blickwechsel in Form von Hausbesuchen und Familientreffen stattfinden. Durch die ganzheitliche Förderung des Kindes, die Stärkung der Interaktion Mutter, Vater und Kind sowie den Austausch mit anderen Familien und Fachpersonen sollen die Kinder gleiche Chancen für ihre Entwicklung erhalten. Geschichten von Begegnungen und Blickwechseln wie jene von Abishanth finden Sie in diesem Kampagnenmagazin – neben weiteren Informationen und Angeboten zur nationalen Integrationswoche 2011 von HEKS, die vom 21. bis 26. März stattfindet.


S O Z I A L E I N T E G R AT I O N

Barrieren abbauen – Begegnungen ermöglichen

In der Schweiz können nicht alle Bevölkerungsgruppen am wirtschaftlichen, sozialen, kulturellen und politischen Leben teilnehmen. Es handelt sich dabei vor allem um sozial benachteiligte Menschen, die ohne oder mit einem für ihren Lebensunterhalt kaum ausreichenden Einkommen leben müssen und die oft einen Migrationshintergrund haben. Migrantinnen und Migranten können zusätzlich aufgrund ihrer Ethnie, Religion oder Sprache als Fremde ausgegrenzt oder diskriminiert werden. Die mangelnde Integration beeinträchtigt das Wohlergehen dieser Menschen, sie haben Mühe, in der Arbeitswelt zu bestehen, sind isoliert und werden an den Rand der Gesellschaft gedrängt. Arbeit ist keine Selbstverständlichkeit Eine existenzsichernde Erwerbsarbeit zu haben oder nach der Ausbildung eine Lehrstelle zu finden, ist für viele Menschen nicht mehr selbstverständlich. Im Jahr 2010 waren in der Schweiz gemäss dem Staatssekretariat für Wirtschaft durchschnittlich fast 152 000 Menschen arbeitslos. Die Zahl der Langzeitarbeitslosen stieg dabei sprunghaft auf über

33 000 Menschen an (von 13% der Arbeitslosen im Jahr 2009 auf 22,2% im Jahr 2010). Neben MigrantInnen wies vor allem die Gruppe der 56- bis 65-Jährigen eine überdurchschnittlich starke Zunahme der Langzeitarbeitslosigkeit auf. Gemäss Bundesamt für Statistik waren Ende 2009 über 230 000 Menschen auf Versicherungsleistungen und Sozialhilfe angewiesen, Tendenz steigend. Der Strukturwandel der Wirtschaft bringt einen Abbau von Arbeitsplätzen für weniger Qualifizierte im Industrie- und Dienstleistungssektor mit sich. Zudem führt der verschärfte Wettbewerb zu steigendem Leistungsdruck und höheren Anforderungen an die Arbeitnehmenden. Dies macht es für Menschen mit Bildungsdefiziten, gesundheitlichen oder sozialen Problemen immer schwieriger, eine Anstellung zu finden oder diese zu behalten. Der Arbeitsplatz ist einer der wichtigsten Orte der sozialen Integration. Es ist daher wichtig, den betroffenen Menschen Arbeitsmöglichkeiten und Perspektiven zu bieten, damit sie wieder am öffentlichen Leben teilnehmen können. Fremd sein und sich willkommen fühlen MigrantInnen sind oft mit zusätzlichen Schwierigkeiten konfrontiert. Fehlende Sprachkenntnisse und die damit verbundenen Informationslücken, aber auch strukturelle Benachteiligungen können ihre soziale Integration zusätzlich erschweren. Dies zeigt sich darin, dass MigrantInnen bei der Lehrstellen-, Wohnungs- und Arbeitssuche aufgrund ihrer Nationalität oder bereits aufgrund ihres Namens vielfach benachteiligt sind. Die verschärften öffentlichen Debatten um den Missbrauch der Sozialversicherungen oder um die mangelnde Integration von AusländerInnen haben in den letzten Jahren polarisiert und zu pauschalen

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Die Integration sozial benachteiligter Menschen in die Gesellschaft gehört auch in den kommenden Jahren zu den grossen sozialen Herausforderungen. Der wirtschaftliche und gesellschaftliche Wandel vergrössert die Lücken in den sozialen Netzen. Vor allem Menschen, die auf wenige Ressourcen in ihrem Umfeld zurückgreifen können, drohen durch diese Lücken zu fallen. Hier setzt die Arbeit von HEKS in der Schweiz ein.

Foto: HEKS, Annette Boutellier

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Foto: HEKS, Annette Boutellier

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Nicht alle Menschen, die aus einkommensschwachen Familien stammen oder einen Migrationshintergrund aufweisen, sind auf Unterstützung und Integrationsmassnahmen angewiesen. Eine überwiegende Mehrheit bewältigt die vielfältigen Herausforderungen des Lebens selbständig und ist gut integriert. Diejenigen aber, die auf wenige Ressourcen in ihrem Familienumfeld zurückgreifen können, brauchen Unterstützung und Schutz vor Ausgrenzung und Diskriminierung. Hier setzt die Arbeit von HEKS ein.

Foto: HEKS, Annette Boutellier

Negativbildern der ausländischen Bevölkerung beigetragen. Die öffentlichen und zum Teil verletzenden Diskussionen zur Minarett- und Ausschaffungsinitiative schüren ein Klima, in dem Fremdenund Islamfeindlichkeit Nahrung finden und diffuse Ängste geweckt werden. Das Erleben von Ablehnung, Ausgrenzung und Diskriminierung verstärkt bei der ausländischen Bevölkerung wiederum das Gefühl, nicht dazuzugehören. Dieser Entwicklung will HEKS eine Haltung entgegensetzen, die dem Gegenüber mit Respekt, Offenheit, Akzeptanz und auf gleicher Augenhöhe begegnet. Wer sich willkommen fühlt, wird es einfacher haben, sich in eine fremde Gesellschaft zu integrieren. Dies erleichtert das gegenseitige Entgegenkommen und das Nutzen der Potenziale einer kulturell diversen Gesellschaft. Jemanden willkommen zu heissen, bedeutet nicht, alle möglichen Verhaltensweisen des Gegenübers zu tolerieren. Auch von jemandem, den man willkommen heisst, erwartet man Anpassung und die Respektierung der geltenden Regeln und Gesetze.

Foto: HEKS, Walter Imhof

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S O Z I A L E I N T E G R AT I O N

jektbesuch im Alltag weiter gelebt werden. Wie dies in der konkreten Projektarbeit von HEKS aussehen kann, wird in den vier Projektreportagen auf den folgenden Seiten dargestellt. Menschen mit ihren Rechten im Fokus Neben der täglichen Projektarbeit findet die Integrationsthematik ihren praktischen Niederschlag auch in Gesetzen, Verordnungen und Einzelentscheiden von Behörden. HEKS hat sich dem Menschenrechtsansatz verpflichtet und stellt sowohl seine anwaltschaftliche Tätigkeit als auch die Integrationsarbeit in den grösseren Rahmen der Menschenrechte. Deshalb setzt HEKS sich auf verschiedenen Ebenen dafür ein, dass die von der Schweiz unterzeichneten Menschenrechtsverträge auch umgesetzt werden. Unter anderem beteiligt sich HEKS an der Erarbeitung der NGO-Schattenberichte bezüglich der Umsetzung der UNO-Menschenrechtskonventionen. So übergab HEKS im September 2010 in einer NGO-Koalition, bestehend aus 24 Organisationen, dem UNO-Ausschuss für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte einen umfassenden NGO-Bericht über die Umsetzung der wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte (UNO-Pakt I) in der Schweiz mit diversen Empfehlungen. Dies, weil der Ausschuss im Herbst 2010 den Staatenbericht der Schweiz zur Umsetzung des UNO-Paktes I behandelte. Der NGO-Bericht kritisierte unter anderem die Haltung der Schweiz, Sozialrechte – insbesondere das Recht auf Bildung – nicht als direkt durchsetzbare Rechte, sondern vielmehr als «Sozialziele», also als richtungsweisende Ziele für die Politik, anzuerkennen. Der Schattenbericht thematisierte zudem die lückenhafte Antidiskriminierungsgesetzgebung und die schwierigen Lebensbedingungen von Asylsuchenden in der Schweiz, insbesondere

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Begegnung: Der erste Schritt zur Integration Integration heisst, dass es Menschen möglich ist, sich im Alltag in verschiedenen Lebensbereichen selbständig zu bewegen, in der Begegnung mit anderen Menschen und in der Arbeitswelt zu bestehen und sich am sozialen, kulturellen und politischen Leben beteiligen zu können. Integration ist ein wechselseitiger und vielschichtiger Prozess, der nicht zu einem bestimmten Zeitpunkt abgeschlossen ist und zu dem alle Menschen unserer Gesellschaft – SchweizerInnen wie AusländerInnen, Integrierte wie Marginalisierte – einen Beitrag leisten müssen. Denn Integration ist nur erfolgreich, wenn sie gelebt wird, wenn Verantwortung von allen Beteiligten übernommen wird, sei es im familiären Umfeld, in der Nachbarschaft, in der Schule, in der Ausbildung, im beruflichen Alltag, in der Religionsgemeinschaft oder in der Freizeit. Integration heisst, dass Menschen aufeinander zugehen und einen Blick auf die Lebensumstände des anderen werfen, dass sie einen Blickwechsel vollziehen. Sozial benachteiligte Menschen haben Freundschaften und Netzwerke verloren oder diese in ihrer Heimat zurücklassen müssen. Es fehlt ihnen an Selbstvertrauen oder an Gelegenheiten, mit anderen Menschen in persönlichen Kontakt zu treten. Deshalb bietet HEKS in seinen Projekten und Kampagnen Plattformen, die Begegnungen und Austausch auf verschiedenen Ebenen ermöglichen. Der persönliche Kontakt ist unter anderem für die Integration wichtig, weil dabei von beiden Seiten Vorurteile hinterfragt und abgebaut werden können. Ziel von HEKS ist es, Begegnungsmöglichkeiten zu schaffen und anzubieten, in der Hoffnung, dass sich daraus langfristige Kontakte, Bekanntschaften und Freundschaften ergeben, die auch nach dem Pro-

Fotos: HEKS, Annette Boutellier

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von Familien mit Kindern. In diesem Sinne kritisierte der Bericht unter anderem das neu in Kraft tretende «Eheverbot für Sans-Papiers» wie auch das fehlende Recht auf eine Berufsausbildung für jugendliche Sans-Papiers. HEKS bezieht regelmässig Stellung für sozial Benachteiligte und MigrantInnen, bringt ihre Interessen in kantonale und nationale Gesetzgebungsverfahren mit ein, kritisiert, wenn in Gesetzgebungsprozessen Grundrechte beschnitten werden oder der Zugang zu Rechten erschwert wird, und unterstützt zudem den Aufbau einer nationalen Menschenrechtsinstitution. Ausgehend von der konkreten Projektarbeit setzt sich HEKS durch Informations-, Sensibilisierungs- und Advocacyarbeit für eine Verbesserung der gesellschaftspolitischen Rahmenbedingungen ein. Gleichzeitig arbeitet HEKS aber auch auf der Seite der Betroffenen selbst: Sozial benachteiligte Menschen und MigrantInnen sind im Umgang mit Behörden und zahlreichen Gesetzen oftmals auf sich selbst gestellt und überfordert. HEKS bietet ihnen unentgeltliche Rechtsberatung an und unterstützt sie dabei, die ihnen zustehenden Rechte zu kennen und einzufordern. HEKS-Integrationswoche «Blickwechsel» Die vielfältigen Aspekte der sozialen Integration, die zahlreichen Herausforderungen und Probleme, mit denen sozial benachteiligte Menschen konfrontiert sind, aber auch die meist unspektakuläre und langfristige Arbeit von Hilfswerken und staatlichen Akteuren werden von einer breiten Öffentlichkeit kaum wahrgenommen. Deshalb führt HEKS in der Woche vom 21. bis 26. März 2011 unter dem Motto «Blickwechsel» zum zweiten Mal eine Integrationswoche durch. Ziel dieser Woche ist es, den sozial benachteiligten Menschen, mit denen HEKS in der Schweiz arbeitet, eine Stimme zu geben und auf ihre Situation aufmerksam zu machen. In sechs Regionen der Schweiz finden verschiedene «Blickwechsel»-Aktionen – Begegnungen zwischen prominenten Persönlichkeiten und Teilnehmenden von HEKS-Integrationsprojekten –, aber auch öffentliche Veranstaltungen für ein interessiertes Publikum statt.


EINBLICK

«Neue Gärten» – Der Blick über den Gartenzaun Seit dem Jahr 2005 pachtet HEKS Familiengärten für Flüchtlingsfrauen und Flüchtlingsfamilien. Die «Neuen Gärten» sind Orte, an denen nicht nur Gemüse, sondern auch Flüchtlinge und MigrantInnen Wurzeln schlagen und Kontakte knüpfen können. Auf diesen Tag haben Lailoma und Said Fakhri lange gewartet. Heute können sie zum ersten Mal den Garten im Basler Familiengartenareal Hagnau besichtigen, den sie bald übernehmen und bewirtschaften werden. Der Vorpächter macht mit dem Ehepaar eine kleine Führung durch die Parzelle, zeigt ihnen den Rasenmäher, den Kompost und das Gartenhäuschen. Said Fakhri kennt sich aus in der landwirtschaftlichen Arbeit. 1996 machte er an der Universität Kabul sein Diplom in Agronomie, arbeitete danach zwei Jahre für das afghanische Landwirtschaftministerium und zwei weitere Jahre für das britische Hilfswerk Oxfam. Dann bekam er politische Probleme mit den Taliban, musste ins Gefängnis und konnte schliesslich in die Schweiz flüchten. Das war vor acht Jahren. Inzwischen hat Fakhri sehr gut Deutsch gelernt, und vor einem Jahr konnte er seine Frau und seine vier Kinder durch einen Familiennachzug in die Schweiz holen. «Ich wollte schon lange einen eigenen Garten hier in der Schweiz», erzählt er. «Ich rief bei der Basler Stadtgärtnerei an, aber die konnten mir nicht helfen.» Flüchtlinge, vorläufig Aufgenommene und Asylsuchende können aufgrund ihres Aufenthaltsstatus keine Familiengärten pachten; in Basel braucht man dafür eine C-Bewilligung, sprich eine Niederlassung. Bis man die hat, dauert es mindestens zehn Jahre. Die Stadtgärtnerei verwies Fakhri an HEKS. Dort gebe es ein Projekt, wo er sein Interesse an einem Garten anmelden könne. Im Rahmen des Projektes «Neue Gärten – Familiengärten für Flüchtlinge» pachtet die HEKSRegionalstelle beider Basel seit August 2005 Familiengärten für Flüchtlingsfrauen und Flüchtlingsfamilien. In Basel sind derzeit 15 Gärten für Flüchtlingsfamilien aus verschiedenen Ländern gepachtet. Das Pilotprojekt weckte auch in anderen HEKS-Regionalstellen Interesse, und inzwischen

gibt es die «Neuen Gärten» auch bei den HEKSRegionalstellen Bern und Aargau/Solothurn. Die teilnehmenden Frauen, Männer und deren Kinder haben freien ZuInformieren und beraten gang zum Garten und pflanzen dort Zugang zu Wissen und selbständig Gemüse, Früchte und Dienstleistungen Kräuter an. Zahlreiche Flüchtlinge In den HEKS-Anlauf- und haben einen starken Bezug zur GarBeratungsstellen erhalten ten- und Feldarbeit. Denjenigen, die sozial benachteiligte Mennicht in den Arbeitsprozess integriert schen Informationen und sind, bieten die Gärten eine sinnvolle Unterstützung, beispielsund gesundheitsfördernde Tagesweise beim Zugang zu struktur und eine soziale Vernetzung, Beschäftigungsmöglichwie man sie sonst im Erwerbsleben keiten. Diese können den erfährt. Der Garten holt die Leute aus Menschen Halt geben und den eigenen vier Wänden heraus, förihnen neue Perspektiven dert ihr Selbstvertrauen, ermutigt sie, eröffnen. Durch die langselbst tätig zu werden. jährige Arbeit nahe bei «Gefallen hat mir die Vorstellung den Menschen kann HEKS interkultureller Gärten von Anfang auch schwer erreichbare an», erzählt Astrid Geistert von der Gruppen aufsuchen. HEKS-Regionalstelle in Basel. Sie leitet und betreut das «Neue Gärten»-Projekt in Basel seit seiner Entstehung. «Es braucht keine grossen theoretischen Konzepte, sondern es ist eine bestechend einfache Idee. Man stellt ein Stück Land zur Verfügung für Menschen, die ihre Heimat verlassen mussten. Dort können sie Wurzeln schlagen – im konkreten und im übertragenen Sinne.» Ein kleiner, rundlicher Mann kommt auf dem Fahrrad den Kiesweg des Hagnauer Familiengartenareals herangefahren. Der Vorpächter kennt ihn. «Vai Toni!», ruft er ihm schon von weitem zu und stellt ihn dem Ehepaar Fakhri gleich vor: «Das ist Antonio. Er hat seinen Garten da drüben und bringt euch dann immer die Setzlinge vorbei, die er zu viel hat. Und er hat die grössten Tomaten im Areal.» Um es zu beweisen, nimmt Toni die beiden gleich mit zu seinem Garten, zeigt stolz seine Ochsenherzen-Tomaten und verschenkt ein paar. Schnell sind der Afghane und der Italo-Schweizer im Gespräch: «Was ist das? Kann man das essen?»,

Vermitteln und vernetzen Gegenseitiges Verständnis fördern Mangelnde Sprachkenntnisse und pauschalisierende Vorurteile können die Verständigung und Begegnung mit benachteiligten Menschen erschweren. In solchen Situationen versuchen HEKS-Projekte, eine Brückenfunktion einzunehmen und Begegnungen zu erleichtern.

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9 rade einem Gartennachbarn vor. Said Fakhri studierte Agronomie in Kabul. Er flüchtete vor acht Jahren aus Afghanistan und konnte seine Frau und seine vier Kinder vor einem Jahr in die Schweiz nachholen.

Fotos: HEKS, Ruedi Lüscher

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Said Fakhri und seine Frau Lailoma besichtigen den Garten im Basler Familiengartenareal Hagnau, den sie bald bewirtschaften dürfen. Der Vorpächter zeigt ihnen die Gartenparzelle und stellt sie dabei ge-


EINBLICK

fragt Fakhri und zeigt auf ein Beet mit Grünzeug. «Man kann alles essen, wenn deine Frau gut kochen kann», lacht sein neuer Gartennachbar. Die Gärten sind ein Ort der Begegnung; es entstehen Kontakte zwischen Menschen, die sich sonst kaum treffen würden. Eine Komponente der Gartenprojekte ist es, Begegnungen zwischen MigrantInnen untereinander und mit Einheimischen zu erleichtern. Dadurch erhalten die Projektteilnehmenden die Gelegenheit, Wissen auszutauschen und zu erwerben, sei es bezüglich des Gartenanbaus, der deutschen Sprache oder zum schweizerischen Alltag. Immer wieder werden Feste gefeiert, an die alle Teilnehmenden ihre selbst gekochten Spezialitäten mitbringen; oft werden auch die Gartennachbarn eingeladen. «Es hängt stark von den Teilnehmenden selbst, ihrer Offenheit und ihrem Charakter, aber auch von den Nachbarn ab, ob Kontakte über den Gartenzaun hinweg zustande kommen», sagt Geistert. «Man kann es nicht vorschreiben. Wer kontaktfreudig ist, fragt auch mal beim Nachbarn nach einem Werkzeug und verschenkt Kräuter und Früchte.» Wie Mostafa Daryanush. Der iranische Flüchtling bewirtschaftet im Rahmen des «Neue Gärten»Projektes mit einer anderen iranischen Familie einen Garten im Basler Milchsuppe-Areal. Jedes Beet ist mit kleinen Schildchen beschriftet, auf Persisch. Der iranische Zitronenbasilikum vor dem Gartenhäuschen verströmt einen angenehmen Duft. «Ich bin seit vier Jahren in der Schweiz», erzählt Daryanush. «Seit dreieinhalb Jahren haben wir diesen Garten. Ich komme her, um im Fördern und stärken Garten zu arbeiten oder um mit den Stärkung persönlicher Kindern zu spielen. Im Sommer maFähigkeiten chen wir oft Grillabende mit den HEKS fördert in seinen Nachbarn.» Daryanush hat gute KonProjekten das Selbstvertakte zu seiner Nachbarschaft. Vom trauen und die Eigenstänitalienischen Nachbarn leiht er regeldigkeit der Teilnehmenmässig den Rasenmäher aus, da er den. Die Stärkung des selbst keinen hat, und mäht dann geSelbstwerts und das Einrade auch dessen Parzelle mit. Aus gehen auf die individueldem Nebeneinander ist ein Miteinanlen Fähigkeiten sind von der geworden. grosser Bedeutung. Eine dieser Fähigkeiten, die HEKS fördert, ist die Sprache.

Ein paar Parzellen nebenan im Milchsuppe-Areal arbeitet Ruben Diem mit Familie Ullah aus Pakistan. Diem ist als Praktikant im «Neue Gärten»-Pro-

jekt tätig. Der gelernte Landschaftsgärtner macht dieses Praktikum im Rahmen seiner Zusatzausbildung zum Sozialdiakon. «Er ist ein Glücksfall für das Projekt», sagt Geistert. «Die Teilnehmenden lernen von ihm viel über den Gartenbau, über saisonale Pflanz- und Erntezeiten und bei Bedarf über die biologische Schädlingsbekämpfung. Und er arbeitet tatkräftig im Garten mit.» Abaid und Bushra Ullah können Diems Hilfe heute gut gebrauchen. Das aus dem pakistanischen Teil des Punjab stammende Ehepaar mit den sechs Kindern hat den Garten erst kürzlich übernommen und noch nicht viel Erfahrung mit der Gartenarbeit. Heute gilt es, die Beete mit Hacke und Rechen vom Unkraut zu befreien und zu düngen vor dem Winter. Auch die achtjährige Tochter Salma packt mit an. «Vielleicht kann man auch noch Wintersalat und Rüben pflanzen», schlägt ihnen Diem vor. «Rüebli?», wundert sich Abaid Ullah. «Nein, nicht Rüebli. Die grossen, Rüben», wiederholt Diem und gestikuliert wild. «Es ist eine tolle Arbeit», sagt er lachend. «Ich lerne auch immer wieder viel Interessantes von den Teilnehmenden über ihre Anbautechniken und Gemüsesorten. Es ist manchmal nur nicht ganz einfach, sich zu verständigen.» Diem spricht mit den Teilnehmenden immer nur deutsch, damit diese ihre Sprachkenntnisse anwenden und verbessern können. Während Diem mit den Projektteilnehmenden Hand anlegt und UnSensibilisieren und kraut ausrupft, übernimmt Projektlobbyieren leiterin Astrid Geistert die Rolle der Öffentlichkeitsarbeit Vermittlerin mit den kantonalen Beund politisches hörden oder den Vorständen der Lobbying Familiengartenvereine. Eine manchHEKS analysiert Mechanismal nicht ganz leichte Aufgabe. «In men, die zu Ausschluss der Anfangsphase des Projekts hatund Ausgrenzung führen, ten wir einige Steine im Weg und und zeigt Massnahmen mussten Durchhaltevermögen beauf, um diese zu verhinweisen», erinnert sich Geistert. dern. Durch Öffentlich«Aber es hat sich gelohnt. Die keitsarbeit und politisches Zusage zum ersten Garten war dann Lobbying bezieht HEKS der Durchbruch.» Die Lobby- und Stellung für sozial BenachSensibilisierungsarbeit trug Früchte: teiligte und MigrantInnen. Das «Neue Gärten»-Projekt in Basel wird heute sowohl von den Behörden wie auch den Familiengartenvereinen akzeptiert und geschätzt.

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11 Familie bewirtschaftet, bedeutet ihm viel. Oft organisiert der kontaktfreudige Iraner Grillabende mit der Gartennachbarschaft.

Fotos: HEKS, Ruedi Lüscher

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Mostafa Daryanushs Familie flüchtete vor vier Jahren aus dem Iran in die Schweiz. Der Garten, den er mit einer anderen iranischen


EINBLICK

Geistert ist zudem Ansprechpartnerin für die Projektteilnehmenden in allen Belangen und vermittelt ihnen Informationen zu Integrations-, Rechtsund Gesundheitsangeboten. Sie ist nur zu 35 Prozent im «Neue Gärten»Projekt tätig. Die anderen 40 Prozent arbeitet sie bei der Rechtsberatungsstelle für Asylsuchende in Basel, wo selbst gestellt und überHEKS das geschäftsführende Hilfswerk fordert, ihre Rechte und ist. Said Fakhri erinnert sich gut daran, Pflichten wahrzunehmen. wie er nach seiner Ankunft in der Deshalb bietet ihnen HEKS Schweiz zu ihr in die Rechtsberatung unentgeltliche Rechtsberakam und dort dringend benötigte Intung an und unterstützt formationen und Unterstützung ersie beim Einfordern ihrer hielt. Jetzt im Garten betrachtet Rechte, zum Beispiel im Geistert sein Universitätsdiplom in Familien-, Ausländer- oder Agronomie, das Fakhri mitgebracht Arbeitsrecht. hat. «Das werden wir am besten an die Schweizerische Rektorenkonferenz schicken, um es anerkennen zu lassen», rät sie ihm. Denn ein in der Schweiz anerkanntes Diplom wird ihm in Zukunft nicht nur bei der Arbeitssuche helfen, er wird eventuell auch Weiterbildungen in seinem Fachgebiet besuchen können.

Menschenrechtsumsetzung Anwaltschaftliche Tätigkeit Sozial benachteiligte MigrantInnen sind im Umgang mit den Behörden und Gesetzen oft auf sich

Soziale Integration in zwei Wirkungskreisen HEKS hat eine langjährige Projekterfahrung im Bereich der sozialen Integration. Die Projektarbeit richtet sich dabei nach einem Modell in zwei Wirkungskreisen: dem Wirkungskreis «Soziale Integration» und dem Wirkungskreis «Menschenrechtsumsetzung». Die Kreise veranschaulichen, welches die notwendigen Schritte sind, um Inte-

Nach einem Tag in den «Neuen Gärten» wird klar: Die Gärten sind nicht nur Produktionsfläche für Gemüse, Kräuter und Blumen, sondern genauso sehr Ort für persönliche Kontakte und soziale Integration. «Die Gärten bieten die Möglichkeit, etwas selbst zu gestalten, an etwas mitzuarbeiten, sich aktiv einzubringen», sagt Geistert und fügt an: «Dieses Gefühl, dazuzugehören, ist für mich auch ein Teil der Integration.» Die drei Garten-Projekte in Basel, Bern und Aargau/Solothurn sind noch junge Projekte und ausbaufähig. In Bern testet man zurzeit ein Patenschafts-Modell: Einheimische GartenbesitzerInnen können mit den Projektteilnehmenden ein Tandem eingehen, sie in der Gartenarbeit, aber auch in anderen Fragen unterstützen. In Baden konnten neue Gartenflächen auf dem Gelände des Gemeinschaftszentrums Arche in Rütihof gefunden werden, wo auch ein Kindergarten und eine Primarschule ihre Gärten unterhalten. Oft sind es gerade die Kinder, die neugierig und unbeschwert aufeinander zugehen und damit auch Kontakte und Begegnungen zwischen ihren Eltern erleichtern. In dem kleinen Gartenhäuschen von Mostafa Daryanush in Basel hängt eine grosse Weltkarte, darauf ist mit rotem Stift eine Linie gezeichnet. Sie beginnt im Iran, führt durch den Irak, die Türkei und schlängelt sich dann durch das Mittelmeer bis an die Ostküste Italiens und von dort in die Schweiz. «Ich bin mit meiner Frau und meinem Sohn aus dem Iran geflüchtet. Das war unser Weg. Drei Tage und Nächte waren wir mit dem Boot unterwegs. Es war eigentlich für sechs Personen, an Bord waren wir vierzehn. Ständig mussten wir Wasser schöpfen.» Er atmet tief ein und lässt seinen Blick durch den Garten schweifen und fügt an: «Ich danke Gott, dass wir heil angekommen sind.» Mithilfe der Gärten können Menschen, die alles zurücklassen mussten, wieder etwas Eigenes wachsen lassen und Boden unter den Füssen bekommen. Denn nur wer festen Boden unter den Füssen hat, kann auch beginnen, auf andere zuzugehen.

gration zu fördern, und welche Massnahmen es braucht, um Diskriminierung und Ausschluss zu verhindern. Die einzelnen Phasen der Wirkungskreise sind als Prozesse zu verstehen, die nicht immer nachgeordnet, sondern oft gleichzeitig stattfinden. Die Reportage über die «Neuen Gärten» in Basel zeigt, wie das Modell und die einzelnen Phasen im Projektalltag ihren Niederschlag finden.

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13 übernommen. Heute unterstützt sie Ruben Diem, Praktikant beim «Neue Gärten»-Projekt und gelernter Landschaftsgärtner, bei der Gartenarbeit.

Fotos: HEKS, Ruedi Lüscher

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Abaid und Bushra Ullah und ihre sechs Kinder stammen aus dem pakistanischen Teil des Punjab. Sie haben ihren Garten im Basler Milchsuppe-Areal erst kürzlich


EINBLICK

Herkunft, Alter und die spezifischen Probleme der «Thawil bringts»-Velokuriere sind breit gefächert. Ob junge Erwachsene wie Achmiller und Baranzini, die Mühe haben, eine Lehrstelle zu finden, ob 60-Jährige, denen aus heiterem Himmel gekündigt wurde, oder Menschen, die schwere Drogenprobleme hinter sich haben: Wer Velo fahren kann, kann mitmachen. Zurzeit sind acht Kuriere mit fünf Flyer-Elektrovelos mit einem Einsatzpensum von mindestens 50 Prozent in der Stadt am Zürichseeufer unterwegs. «Unsere Kuriere beliefern die Kinderkrippe, Altersheime und besuchen im Stundentakt die Coop- und Migros-Filialen, in denen Kunden ihre Einkäufe hinterlegen können», erklärt Projektleiter Edo Tikvesa. «Diese liefern sie dann innerhalb von drei Stunden oder zur gewünschten Zeit an die angegebene Adresse.» Achmiller und Baranzini sind wieder zurück in der Zentrale und wärmen sich bei einer Tasse Tee auf. Baranzini nimmt noch per Telefon die Bestellung eines Kunden entgegen und notiert sich dessen Wünsche auf einer Einkaufsliste, während Achmiller sich seinen Einsatzplan für die nächste Woche anschaut. Nicht minder wichtig als die Dienstleistungen, die «Thalwil bringts» der Gemeinde anbietet, ist der Integrationseffekt des Projekts auf die Teilnehmenden. «Unser Hauptziel ist die soziale Integration», erklärt Tikvesa. «Die Leute erhalten eine geregelte Tagesstruktur. Sie werden in ihren sozialen, beruflichen und sprachlichen Kompetenzen gestärkt. Viele empfinden diese sinnvolle Beschäftigung als Belohnung, sie schätzen die Velofahrten und den täglichen Kontakt mit der Kundschaft.» «Letztes Jahr war ja ein ganz harter Winter, doch ich habe unsere Kuriere nicht einmal jammern hören», erzählt Nicole Matys. Sie ist als Coach zuständig für die individuelle Teilnehmerbegleitung und für die Kontakte zu den sozialen Diensten. «Die Teilnehmenden erhalten von mir Unterstützung in Fragen des Alltags und beim Schreiben ihrer Bewerbungen», sagt sie und fügt nicht ohne Stolz an: «Vier haben bereits im Anschluss einen Job gefunden. Auch Langzeitarbeitslose haben den Sprung geschafft.» Um die Teilnehmenden zu fördern und motivieren, übernimmt jeweils einer von ihnen für eine Woche den Pikettdienst, bedient das Telefon und steht als Ersatz bei Ausfällen zur Verfügung. «Es

Die beiden HEKS-Veloprojekte «Wädi rollt» und «Thalwil bringts» vereinen Werte wie Umweltschutz und Mobilität auf originelle Weise mit sozialer Integration und Arbeitsintegration. In blauen Windjacken flitzen die zwei jungen Herren auf ihren Elektrovelos mit Anhängern durch Thalwil. Ihr Ziel ist die Kinderkrippe, wo sie wie jeden Tag pünktlich die Mahlzeiten ausliefern werden. Anukun Achmiller und Thierry Baranzini sind Velokuriere für das HEKS-Projekt «Thalwil bringts». Der Lieferdienst per Elektrovelo ist nicht nur eine beliebte Dienstleistung in Thalwil, er schafft gleichzeitig Beschäftigungsmöglichkeiten für Sozialhilfebeziehende und Langzeitarbeitslose.

Thierry Baranzini und Anukun Achmiller treten als Velokuriere für den

Hauslieferdienst «Thalwil bringts» in die Pedale.

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«HEKS rollt» – Rollend in die soziale Integration

Fotos: HEKS, Ruedi Lüscher

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15 geht um das Übernehmen von Verantwortung und um die Anerkennung ihrer Fähigkeiten», sagt Tikvesa. Anerkennung bekommen die Velokuriere auch von der Kundschaft. Im Vergleich zum Vorjahr hatte «Thalwil bringts» dieses Jahr fast viermal mehr Lieferungen. Das Vertrauen der Thalwiler in die Kuriere wächst. «Ich profitiere regelmässig von dem praktischen Angebot», lobt beispielsweise eine Kundin. «Die Kuriere sind immer nett und hilfsbereit.» Manchmal entstehen Bekanntschaften, die Kunden kennen die Kuriere nach einer Weile persönlich. «Oft geben sie ihnen Trinkgeld, manchmal auch einen Kuchen oder so», erzählt Tikvesa. «Solche Gesten der Anerkennung sind wichtig für die Kuriere.» «Thalwil bringts» entstand im April 2008 aus einem anderen HEKS-Projekt, das sich ums Velo dreht: «Wädi rollt», einem von Asylsuchenden und Langzeitarbeitslosen betriebenen Veloverleih in Wädenswil. Die Velos kann man in der Velostation gratis ausleihen, man braucht nur einen Ausweis und 20 Franken zu hinterlegen. Auch im Winter, wenn die Velostation geschlossen ist, kann «Wädi rollt» seine Teilnehmenden beschäftigen: in der eigenen Velowerkstatt, im Nähatelier oder als Beaufsichtigungspersonen und Aushilfen in der Skaterhalle oder auf der Eisbahn. Auch in diesem Projekt haben die Teilnehmenden die Gelegenheit, mit anderen von Arbeitslosigkeit Betroffenen und mit der Bevölkerung Kontakte zu knüpfen. Der tägliche Umgang mit den Kunden stärkt ihre sozialen und beruflichen Kompetenzen. Im letzten Jahr fanden von zwanzig Projektteilnehmenden fünf im Anschluss eine Stelle. «Ich sage immer ‹Wädi rollt› und ‹Thalwil bringts› sind nicht meine Projekte, es sind die Projekte der Teilnehmenden», betont Projektleiter Tikvesa. «Sie machen etwas Tolles für die zwei Städte.» Tikvesa arbeitet daran, die HEKS-Projekte rund um den Drahtesel unter dem Überbegriff «HEKS rollt» auf weitere Städte rund um den Zürichsee auszuweiten. Dabei kann es sich um Veloverleihe oder Hauslieferdienste handeln, aber auch neue Projektideen schweben ihm vor, wie Veloreparaturwerkstätten oder bewachte Velostationen. Tikvesa kommt aus dem Schwärmen gar nicht mehr heraus: «In diesem Markt gibt es noch viel Platz und viele Lücken, die wir füllen können. Das Potenzial ist riesig.»

Asylsuchende und Langzeitarbeitslose betreiben den Veloverleih «Wädi

rollt». Edo Tikvesa (oben) leitet die HEKSVelo-Projekte.


EINBLICK

«Mentorat Emploi Migration» – Mit doppelter Kraft voraus

Beim ersten Treffen mit Lorena Sheu kann man kaum glauben, dass sie seit erst vier Jahren in der Schweiz ist. Die Albanerin, Mutter eines dreijährigen Mädchens, verliess Tirana im Alter von 23 Jahren, um bei ihrem albanischen Ehemann zu leben, der in der Schweiz studierte. Sheu spricht fliessend Französisch und ist vielfältig aktiv, um sich in ihr neues Aufnahmeland zu integrieren. Sie arbeitet ehrenamtlich bei der Caritas, ist Ausbildnerin für Bürgerfragen für AlbanerInnen in der Schweiz und ausserdem staatlich anerkannte Tagesmutter. Ihre beruflichen Karriereziele und ihren Universitätsabschluss im Fach Agrobusiness-Management musste sie aufgrund der Mutterschaft jedoch vorerst beiseitelegen. Tobias Eisenring, Projektleiter der Abteilung Internationale Zusammenarbeit beim Forschungsinstitut für biologischen Landbau (FiBL), ist mit einer Kubanerin verheiratet, die eine begehrte Stelle als Journalistin in Havanna innehatte. Den Kulturschock und die Frustration über die fehlende berufliche Anerkennung erlebte er mit voller Wucht, als seine Frau zu ihm in die Schweiz kam. Erst nach mehreren Jahren und unzähligen Bewerbungsschreiben fand sie in der Schweiz eine Arbeit für die Organisation Ärzte ohne Grenzen. Als Eisenring gefragt wurde, ob er Mentor von Lorena Sheu werden wolle, zögerte er daher keine Sekunde.

Tobias Eisenring und Lorena Sheu aus Tirana bilden seit Juli 2010 ein

Tandem. Erste Erfolge ihrer Arbeit zeichnen sich bereits ab.

«handeln extra» Kampagnenmagazin «Blickwechsel» 2011

Seit Juli treffen sich Sheu und ihr Mentor regelmässig im Rahmen des HEKS-Projekts MEM. Die Idee hinter diesem vor einem Jahr ins Leben gerufenen Pilotprojekt besteht darin, qualifizierten MigrantInnen die Möglichkeit zu geben, von der Erfahrung und den Ratschlägen von Fachleuten aus der eigenen Branche zu profitieren. Ungefähr zwanzig solcher Tandems wurden in den Kantonen Genf und Waadt bereits gebildet. «Sie ist unglaublich! Sobald ich ihr von einer wichtigen Person in der Branche erzähle, weiss Lorena bereits deren Namen», sagt Eisenring «Aber einfach nur zu wissen, wer was macht, reicht nicht aus, um eine Anstellung zu finden.» Und genau an dieser Stelle kommt der Betreuer zum Einsatz. Eisenring erklärt Sheu, wer die entscheidenden Personen sind, wo sie realistische Einstellungschancen hat, und vor allem lässt er sie von seinem Netzwerk im Bereich Agrarwissenschaften profitieren, indem er sie empfiehlt. «Die Trümpfe von Lorena gehen weit über ihr Diplom hinaus. Ihre Lebenserfahrung, ihre sozialen Kompetenzen, ihre gewitzte und kreative Seite müssen zur Geltung gebracht werden, und auch daran versuchen wir gemeinsam zu arbeiten», fährt Eisenring fort. Sheu wurde gerade für einen kleinen Auftrag beim Bundesamt für Statistik engagiert. Aber das Tandem verfolgt noch andere Projekte. Während der Gespräche kam die Idee auf, ein Qualitätslabel für Produkte aus Albanien aufzubauen. «Lorena gäbe eine ideale Botschafterin ab», erklärt Eisenring, «denn sie kennt den albanischen Markt, die LandwirtInnen und die Produkte, und sie hätte keine Mühe, diese gegenüber den Schweizer Produkten, die sie ebenfalls kennt, zu positionieren.» Die Karten sind auf dem Tisch. Und die Lust, all dieses Potenzial, das sich in einem Lebenslauf nicht auf Anhieb zeigt, auszuschöpfen, ist gross. «Von alleine wäre ich niemals auf diese Idee gekommen», sagt Sheu. «Das Projekt MEM öffnet mir in der Tat meine berufliche Zukunft.»

In der Westschweiz bilden freiwillige MentorInnen gemeinsam mit qualifizierten MigrantInnen Tandems und betreuen und unterstützen diese in ihrer Arbeitsintegration – ein Pilotprojekt von HEKS.

Foto: HEKS, Joelle Herren

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17 «HEKS TG job» – Ein bisschen wie Familie krippe, in der Nicole sie morgens abgeben kann, während sie selbst bei «TG job» arbeitet. «So weiss ich immer, wo meine Kleine ist und dass es ihr gut geht.» Nebenbei erhält Nicole Unterstützung beim Schreiben ihrer Bewerbungen, um eine Anschlusslösung zu finden, bis ihre Tochter in den Kindergarten kommt. «TG job» bietet den Teilnehmenden zudem Deutschkurse oder erstellt gemeinsam mit ihnen Kompetenz-Portfolios. Durchschnittlich dauert es sechs Monate, bis sie einen Arbeitsplatz oder eine Anschlusslösung finden. 35 Prozent schaffen den Sprung in die Arbeitswelt. «Uns geht es nicht nur um das Finden eines Arbeitsplatzes, sondern um die gesamthafte Stärkung eines Menschen», sagt Gabriela Alfanz, HEKS-Regionalstellenleiterin der Ostschweiz. Daher hält sie nicht nur die Kontakte mit der Arbeitswelt, wie die ISA sie bietet, für wichtig, sondern auch die Begegnungen der Teilnehmenden untereinander. «Wir sind ein sehr heterogenes Team: Asylsuchende, junge Mütter, ältere Männer. Die Begegnungen zwischen den Generationen, Kulturen und Geschlechtern sind wertvoll.» «Ich wurde hier mit offenen Armen empfangen», sagt Nicole, und Kathrin nickt zustimmend. «Im Gegensatz zu anderen Jobs schaut mich niemand von oben herab an.» Man unterstütze sich gegenseitig, schliesslich sitze man im gleichen Boot. «Früher, wenn ich ein finanzielles oder seelisches Tief hatte, hab ich’s in mich reingefressen. Hier kommen sie auf dich zu, fragen: ‹Hey, du siehst nicht gut aus, was ist los?› Fast schon ein bisschen wie in einer Familie ist das bei uns.»

Kathrin ist alleinerziehend, der Vater ihrer neunjährigen Tochter kam bei einem Autounfall ums Leben. Das Ersparte ging bald aus, und mit dem Kind wurde die Jobsuche im Verkauf schwierig. «Ich musste mich an die Sozialhilfe wenden. Zu Hause fiel mir aber fast die Decke auf den Kopf», erzählt sie. «Ich war froh, als ich bei ‹TG job› einsteigen durfte.» Das Arbeitsintegrationsprogramm «TG job» in Amriswil unterstützt Erwerbslose bei der Erlangung oder Verbesserung ihrer Arbeitsmarktfähigkeiten. Das Projekt befindet sich auf dem Gelände der Firma ISA Bodywear, mit der es eine wichtige Partnerschaft eingegangen ist: Die ISA bietet den Projektteilnehmenden wirtschaftsnahe Arbeitsplätze in der Fabrik. Arbeit gibt es bei «TG job» zudem im Hausdienst, im Atelier, in der Kantine oder in der Werkstatt zu erledigen. «TG job» ist wie ein kleines Dorf, das jedem der momentan 45 Teilnehmenden niederschwellige bis anspruchsvolle Aufgaben und eine klare Tagesstruktur bietet. «Man geht auf deine persönlichen Fähigkeiten ein», erzählt Kathrin. «Als ich die ersten drei Tage im Atelier Kugelschreiber zusammendrehen musste, dachte ich, ich drehe durch. Ich fragte, ob ich etwas anderes machen dürfe.» Seither arbeitet sie oft bei der ISA, verpackt Pyjamas oder etikettiert Kartons voller Unterwäsche. Die ISA bietet den Teilnehmenden den Kontakt mit der Arbeitswelt jenseits des geschützten Rahmens eines Arbeitsintegrationsprojekts. «Du bekommst Lob, wenn du was gut machst, und eins auf den Deckel, wenn du was verbockst», sagt Kathrin. «Du trägst Verantwortung, und das tut gut.» Heute verpackt sie Männerunterhosen mit Nicole. Auch Nicole ist alleinerziehend und musste nach der Geburt ihrer Tochter zum Sozialamt, da sie sich mit Putzarbeiten nicht mehr über Wasser halten konnte. Ihre Tochter ist heute vier Jahre alt. Seit Oktober 2010 gibt es bei «TG job» eine KinderWährend Nicole bei «TG job» arbeitet und Bewerbungen schreibt, weiss sie ihre Tochter

in der projekteigenen Kinderkrippe in guten Händen.

Foto: HEKS, Corina Bosshard

«handeln extra» Kampagnenmagazin «Blickwechsel» 2011

Der Arbeitsplatz ist einer der wichtigsten Schauplätze der sozialen Integration. HEKS TG job unterstützt Erwerbslose bei ihrem Sprung oder Wiedereinstieg in die Arbeitswelt.


RÜCKBLICK

«Einen Schritt aufeinander zugehen» – Blickwechsel-Aktio nen wünschen. Beeindruckt von der positiven Haltung der Jugendlichen, betonte Leuthard, dass jedem Jugendlichen nach der obligatorischen Schulzeit eine Ausbildung in der Berufswelt ermöglicht werden müsse. Pierin Vincenz, CEO der Raiffeisen-Gruppe, besuchte den Erwerbslosen Ambros Kübler an seinem Arbeitsplatz von «TG job», einem HEKS-Arbeitsintegrationsprogramm in Amriswil. Nachdem er Kübler in der Velowerkstätte über die Schultern geschaut hatte, zeigte Vincenz diesem im Gegenzug seine Arbeitswelt in den Chefetagen der Raiffeisen-Bank. «Ich hätte nicht gedacht, dass Banker auch so richtig hart arbeiten», lachte Kübler nach dem Treffen. Vincenz hingegen stimmte die Begegnung nachdenklich: «Es ist schon bedenklich, dass ein so zuverlässiger und motivierter Arbeiter wie Herr Kübler keine Stelle finden kann. Es ist wichtig, dass sich die Unternehmen für das Thema Arbeitsintegration interessieren und diese auch ermöglichen.» In Basel traf sich der Schauspieler Gilles Tschudi zu einem «Blickwechsel» mit der Kosovarin Valbone Hoti, die über die Rechtsberatungsstelle für Asylsuchende der Region Basel den Einstieg ins Berufsleben fand und heute als Dolmetscherin für HEKS Linguadukt arbeitet. Da die beiden die Leidenschaft fürs Theater teilen, besuchte Hoti Tschudis Auftritt beim «Pfyfferli». Tschudi revanchierte sich mit einem Besuch des albanischen Forumtheaters «Post scriptum», wo Hoti in einem Stück zum Thema Integration und Fremdsein mitspielte. «Auch ich war als Kind fremd in der eigenen Stadt», sagte Tschudi, der als Kind aus der Romandie nach Basel kam, nach dem «Blickwechsel». «Einheimische nehmen oft gar nicht wahr, wie schwer das Leben für Fremde sein kann.»

Im März 2010 veranstaltete HEKS zum ersten Mal die nationale Integrationswoche «Blickwechsel». Wir werfen einen Blick zurück. Soziale Integration ist nur erfolgreich, wenn sie gelebt wird: sei es in der Nachbarschaft, in der Schule, im beruflichen Alltag oder in der Freizeit. Also überall dort, wo Menschen aufeinander zugehen und sich begegnen. Soziale Integration heisst immer, einen Schritt aufeinander zuzugehen. In diesem Sinne organisierte HEKS im März 2010 zum ersten Mal die nationale Integrationswoche, die sozial benachteiligten Menschen in der Schweiz eine Stimme geben und auf ihre Situation aufmerksam machen sollte. Unter dem Motto «Blickwechsel» fanden in sechs Regionen der Schweiz Begegnungen zwischen prominenten Persönlichkeiten und Begünstigten von HEKS-Projekten statt. Die sechs manchmal sehr ungleichen Paare besuchten sich gegenseitig in ihrem Alltag, gewannen Einblick in die Lebenswelt des andern und entdeckten dabei viel Neues, Unerwartetes, aber auch Verbindendes. In Bern beispielsweise statteten arbeitslose Jugendliche aus dem Motivationssemester HEKS KICK Bundespräsidentin Doris Leuthard einen Besuch ab und bekamen dabei nicht nur Einblick ins Bundeshaus, sondern auch in das Funktionieren des Parlaments. Im Gegenzug besuchte die Bundespräsidentin die KICK-Werkstatt, und die Jugendlichen berichteten ihr von der erfolglosen Suche nach Lehrstellen und von den vielen frustrierenden Absagen, aber auch von ihren Berufs- und Zukunfts-

Foto: HEKS, Mediapark

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19 ktio nen 2010 Weitere «Blickwechsel»-Paare bildeten die Zürcher Sopranistin Noëmi Nadelmann und der Sozialhilfebezüger Bernhard Laubscher, der nach einem Alkoholentzug zum Arbeitsintegrationsprojekt HEKSVisite gelangte und heute in einem Kinderheim arbeitet. Im Aargau frühstückte die aus Kosovo stammende Familie Hoxha im Rahmen der «Blickwechsel»-Aktion mit Ständerätin Christine Egerszegi – und besuchte danach mit ihr das Bundeshaus. Egerszegi zeigte grosses Interesse an der Arbeit von Ragip Hoxha und seiner Frau Florije, die seit mehr als zehn Jahren in der Schweiz leben und mit Leidenschaft als interkulturelle Vermittler und Übersetzer arbeiten. Und in der Westschweiz traf sich der welsche Komiker Karim Slama mit der Kolumbianerin Diana, die im HEKS-Projekt «Permanences volantes» arbeitet, in welchem Sans-Papiers in der Westschweiz wichtige Informationen zur Gesundheitsversorgung und Familienplanung erhalten, und die früher selbst als Sans-Papier in der Schweiz lebte. Einen weiteren Eckpfeiler der Integrationswoche bildeten die von den HEKS-Regionalstellen organisierten Stadtrundgänge in Aarau, Basel, Bern, Zürich, St. Gallen und in Genf zum Thema soziale Integration. Die Teilnehmenden konnten dabei die Perspektive wechseln und ihre Stadt von einer neuen Seite kennenlernen. Wo überall gibt es Organisationen, die sich für die Integration sozial benachteiligter Menschen einsetzen? Und in welchen Vierteln lebten eigentlich früher die Randständigen und Marginalisierten? Die vielfältigen Aspekte und Herausforderungen der sozialen Integration konnten den Teilnehmenden auf den Stadtrundgängen so auf überraschende Weise nähergebracht werden. Auch während der HEKS-Integrationswoche im Frühling 2011 werden wieder Paar-Aktionen mit

Promis und Begünstigten stattfinden. Persönlichkeiten wie Uli Forte, Trainer des FC St. Gallen, Autor Pedro Lenz, Slampoet Simon Libsig oder der Präsident des FC Zürich, Ancillo Canepa, werden sich auf einen «Blickwechsel» mit HEKS-Begünstigten einlassen. Zudem werden die HEKS-Regionalstellen diverse andere Aktionen und Anlässe zum Thema soziale Integration veranstalten. Finden Sie dazu mehr Informationen auf den nächsten Seiten.

Foto: HEKS, Annette Boutellier

Foto: HEKS, August Saalem

Foto: HEKS, Beni Basler

Im Rahmen der «Blickwechsel»-Aktionen gaben sich Prominente wie Opernsängerin Noëmi Nadelmann, Bundespräsidentin Doris Leuthard, der CEO der

Raiffeisen-Gruppe Pierin Vincenz sowie Ständerätin Christine Egerszegi und Teilnehmende von HEKS-Projekten gegenseitig Einblick in ihren Alltag.


AUSBLICK

Integrationswoche 21. –26. März 2011: Veranstaltungshin wei REGIONALSTELLE ZÜRICH/SCHAFFHAUSEN

«quartier social» Ein Comic, ein Deutschkurs und ein Velo: Ein überraschender Parcours im HEKS Der HEKS-Hauptsitz an der Seminarstrasse in Zürich wird zu einer fiktiven Stadt, die einzelnen Büroräume verwandeln sich in Quartiere. Sie sind eingeladen, einen Stadtplan zu nehmen und sich auf verschiedenen Routen durch die Quartiere mit ihren jeweiligen HEKS-Projekten führen zu lassen. Die Routen entsprechen jeweils dem «Weg» einer Person, die von HEKS-Projekten unterstützt wird. Begeben Sie sich beispielsweise auf den Weg einer jungen Asylbewerberin: von der Rechtsberatung über Sprachkurse bis zur Suche nach Beschäftigungsmöglichkeiten. Oder treten Sie im «HEKS rollt»Quartier selbst in die Pedale. Ort

Datum

Zeit

Veranstaltung

Zürich HEKS Seminarstr. 28

Dienstag, 22. März 2011

9 – 12 Uhr

«quartier social» Ein Comic, ein Deutschkurs und ein Velo: Ein überraschender Parcours im HEKS

Donnerstag, 24. März 2011

16 – 19 Uhr

«quartier social» Ein Comic, ein Deutschkurs und ein Velo: Ein überraschender Parcours im HEKS

REGIONALSTELLE BEIDER BASEL

«Blickwechsel und Wortwechsel» HEKS-Projekte und deren Teilnehmende geben Einblick Besuchen Sie Flüchtlingsfrauen in den «Neuen Gärten», nehmen Sie selbst an einer Schulstunde des Schul-, Integrationsund Elternbildungsprogramms AKEP für Familien aus der Türkei teil oder begleiten Sie interkulturelle VermittlerInnen bei ihrer Arbeit. Verteilt auf alle Wochentage der nationalen Integrationswoche organisiert die Regionalstelle beider Basel eine «hautnahe» und überraschende Veranstaltungsreihe, die den Besuchern Begegnungen mit verschiedenen HEKS-Projekten und Projektteilnehmenden ermöglicht. Ort

Datum

Zeit

Veranstaltung

Basel Orte: Siehe detaillierte Ausschreibung

21. – 26. März 2011

Siehe detaillierte Ausschreibung

«Blickwechsel & Wortwechsel» HEKS-Projekte und deren Teilnehmende geben Einblick

REGIONALSTELLE OSTSCHWEIZ

«Gelebte Integration auf Stör in den HEKS-Räumen» Flicken, backen und dabei Blicke wechseln Gemeinsam mit Projektteilnehmenden von «TG job» in der Stör-Flicki alte Velos in Schuss bringen? Oder besser in der Stör-Küche internationales Apéro-Gebäck zaubern? Oder doch lieber einen Sprachkurs in Thailändisch für Anfänger belegen? Während der Integrationswoche wird dies während dreier Tage in den Räumlichkeiten von HEKS in St. Gallen möglich. In jedem der einzelnen Räume können Sie mit Projektleitenden und Teilnehmenden in die HEKS-Projekte in der Ostschweiz eintauchen. An einem Morgen sind die Räume zudem für interessierte Schulklassen und Konfirmanden reserviert.

«handeln extra» Kampagnenmagazin «Blickwechsel» 2011

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21 hin weise Ort

Datum

Zeit

Veranstaltung

St. Gallen HEKS Tellstrasse 4

Montag, 21. März 2011

18 – 20 Uhr

Dienstag, 22. März 2011

10 – 12 Uhr

Mittwoch, 23. März 2011

14 – 16 Uhr

«Gelebte Integration auf Stör in den HEKS-Räumen» Stör-Flicki, Stör-Küche, Stör-Kinderspiele, Stör-Sprachkurs In Anwesenheit von Uli Forte (Trainer FC SG) «Gelebte Integration auf Stör in den HEKS-Räumen» Führung durch die HEKS-Räume für Schulklassen und KonfirmandInnen «Gelebte Integration auf Stör in den HEKS-Räumen» Stör-Flicki, Stör-Küche, Stör-Kinderspiele, Stör-Sprachkurs

REGIONALSTELLE BERN

«Blick- und Stimmenwechsel» Dialogische Lesung mit Pedro Lenz und Knackeboul Die HEKS-Regionalstelle Bern veranstaltet im Rahmen der Integrationswoche eine dialogische Lesung im Berner Kornhaus, an der der Dichter und Schriftsteller Pedro Lenz und der Beatboxer und Rapper Knackeboul gemeinsam mit einem HEKSProjektteilnehmenden Texte vortragen werden. An diesem Abend werden Welten und Lebenswelten geöffnet, Perspektiven verschoben, und alltägliche Begegnungen werden zu Reisen ins Ungewisse. Immer wieder geht es dabei um das Finden einer gemeinsamen Sprache und eines gegenseitigen Verständnisses – die Schlüssel für eine gelingende Integration. Ort

Ort

Datum

Datum

Zeit

Zeit

Veranstaltung

Veranstaltung

Bern Kornhaus Kornhausplatz 18

Mittwoch, 23. März 2011

18.30 Uhr

«Blick- und Stimmenwechsel» Dialogische Lesung mit Pedro Lenz und Knackeboul

REGIONALSTELLE AARGAU/SOLOTHURN

«Integration – eine Begegnung auf Augenhöhe» «handeln extra» Kampagnenmagazin «Blickwechsel» 2011

Geschichten, Bilder und Poesie von Bühnenautor und Slampoet Simon Libsig Simon Libsig, einer der gefragtesten Bühnenpoeten der Schweiz, erzählt Geschichten zum Thema Integration. Ausschnitte aus seinem Soloprogramm ergänzt er mit seinen Erfahrungen aus dem «Blickwechsel» mit einer interkulturellen HEKSÜbersetzerin aus der Türkei. Hören Sie selbst, welche Gedanken und Entdeckungen die «Blickwechsel»-Aktion in ihm auslöst. Seine treffende Sprache voller Fingerspitzengefühl lässt aufhorchen. Ort

Datum

Zeit

Aarau

Donnerstag, 24. März 2011

18.15 Uhr

Bullingerhaus Jurastrasse 13

Veranstaltung

«Integration – eine Begegnung auf Augenhöhe» Geschichten, Bilder und Poesie von Bühnenautor und Slampoet Simon Libsig

Vor oder im Anschluss an die Veranstaltungen laden wir Sie gerne zu einem Apéro riche ein. Das definitive Programm mit detaillierten Informationen zu den einzelnen Anlässen finden Sie auf unseren Flyern zur Integrationswoche und auf unserer Website: www.heks.ch/blickwechsel


AUSBLICK

Den ersten Schritt machen! – Mitmachaktionen Ziel von HEKS ist es, sozial benachteiligten Menschen Begegnungsmöglichkeiten anzubieten, die im Alltag gelebt werden und auf die sie auch nach ihrem Projektbesuch zurückgreifen können. Deshalb ist HEKS der Meinung, dass die während der Integrationswoche erlebten Blickwechsel und angebotenen Veranstaltungen – wo möglich – auch ausserhalb der Integrationswoche weitergetragen werden sollten. Aus diesem Grund erarbeiteten die HEKSRegionalstellen Mitmachaktionen, bei denen Interessierte auch nach der Integrationswoche mit

HEKS-Projekten und -Begünstigten in Kontakt treten können. So laden die «Neue Gärten»-Projekte in Aargau/Solothurn, Basel und Bern Sie dazu ein, im Frühling und Sommer gemeinsam mit Flüchtlingsfrauen in den Familiengärten Hand anzulegen. In der Ostschweiz besucht die «Gelebte Integration auf Stör» über das Jahr hinweg interessierte Kirchgemeinden. Und in den Kantonen Genf und Waadt können sich Freiwillige als Mentoren für MigrantInnen melden. Es gibt viele Möglichkeiten, aufeinander zuzugehen. Machen Sie den ersten Schritt.

Datum

Inhalt

Regionalstelle Zürich/Schaffhausen Dienstag, 26. April 2011, ab 14 Uhr

«Tour de Wädi»: Eröffnung der Saison mit Mitmachaktion. Einblick in den Projektalltag und Begegnungen mit Projektteilnehmenden von «Wädi rollt» in Wädenswil.

Regionalstelle Aargau/Solothurn Mittwoch, 4. Mai 2011, ab 15 Uhr

Frühlingserwachen im Projekt «Neue Gärten»: Praktische Mithilfe im Familiengarten für und mit Flüchtlingsfrauen. Mit anschliessendem Apéro.

Regionalstelle Bern Samstag, 2. Juli 2011, 10 – 12 Uhr

Allerlei gedeiht im Sommergarten: Praktische Mithilfe im Familiengarten für und mit Flüchtlingsfrauen. Mit anschliessendem Essen vom Grill.

Regionalstelle beider Basel Freitag, 16. September 2011, ab 17 Uhr

Herbsternte in den «Neuen Gärten»: Interessierte Personen bekommen Einblick in die Projektarbeit der «Neuen Gärten» in Basel/Reinach BL und kommen ins Gespräch mit Teilnehmenden. Mit anschliessendem gemeinsamen Essen.

Regionalstelle Ostschweiz Juni – September 2011, Daten folgen in detaillierter Ausschreibung

«Gelebte Integration auf Stör»: Stör-Flicki, Stör-Küche, Stör-Sammelstelle für Kleinkindermaterial und Stör-Sprachkurs zu Besuch in den Evangelisch-reformierten Kirchgemeinden Altstätten, Herisau, Kreuzlingen und Wattwil

Secrétariat romand Über das ganze Jahr hinweg

Im Rahmen des Projektes MEM (siehe Seite 16) sucht HEKS in den Kantonen Genf und Waadt freiwillige MentorInnen, die qualifizierte MigrantInnen bei der Arbeitssuche unterstützen. Mehr Informationen unter www.mentoratemploimigration.ch

Detaillierte Informationen zu den einzelnen Mitmachaktionen finden Sie auf unserer Website www.heks.ch/blickwechsel. Wenn Sie laufend über unsere Aktionen informiert werden möchten, können Sie den HEKS-Newsletter abonnieren unter www.heks.ch/newsletter

«handeln extra» Kampagnenmagazin «Blickwechsel» 2011

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23 Schenken Sie Hilfe … … damit Chancengleichheit in der Schweiz kein Schlagwort bleibt. Die Fundamente für erfolgreiche Bildungs- und Lebensverläufe werden in der frühen Kindheit gelegt. Kinder, welche zu Hause nicht gefördert werden, tragen oft ein Leben lang an der fehlenden Unterstützung. Das HEKS-Projekt «schritt:weise» unterstützt Kinder aus sozial benachteiligten Familien mit einem 18 Monate dauernden Spiel- und Lernprogramm. Die Kleinkinder werden gefördert und deren Eltern für ihre Bedürfnisse sensibilisiert. Unterstützen Sie «schritt:weise» mit einer Spielzeugkiste und schenken Sie Hilfe, die ein Leben lang nachwirkt! Spielzeugkiste für nur CHF 75.–

… damit eine Flüchtlingsfamilie Boden unter den Füssen bekommt. Flüchtlingsfamilien leiden oft stark unter ihrer Entwurzelung. Abgeschnitten von ihrem vertrauten sozialen und beruflichen Umfeld ist es für sie oft schwer, in der Schweiz Anschluss zu finden. Von HEKS gepachtete Freizeitgärten bieten einen Ausweg: Flüchtlingsfamilien aus verschiedensten Ländern bewirtschaften die Gärten selbständig und knüpfen Kontakte mit anderen Projektteilnehmenden und mit der Gartennachbarschaft. Helfen Sie einer Flüchtlingsfamilie, mit Gartenwerkzeugen in den «Neuen Gärten» Wurzeln zu schlagen.

«handeln extra» Kampagnenmagazin «Blickwechsel» 2011

Gartenhacke für nur CHF 50.–

Die Aktion «Hilfe schenken» von HEKS macht’s möglich. Sie überraschen Ihre Liebsten mit einem Geschenk, das Freude bereitet und gleichzeitig Hilfe für sozial Benachteiligte in der Schweiz leistet. Die Gartenhacken und Spielzeugkisten kommen doppelt an: Bei Ihren Liebsten als stilvolle Geschenkurkunde, bei den Kindern von «schritt:weise» und den Familien in den «Neuen Gärten» als konkrete Unterstützung. Das Bestellformular und viele weitere originelle Geschenke finden Sie unter: www.hilfe-schenken.ch


Foto: HEKS, Annette Boutellier

HEKS Seminarstrasse 28 Postfach 8042 Zürich Telefon 044 360 88 00 Fax 044 360 88 01 info@heks.ch Postkonto 80-1115-1 www.heks.ch

Im Kleinen Grosses bewirken. Hilfswerk der Evangelischen Kirchen Schweiz

«handeln extra» Kampagnenmagazin «Blickwechsel» 2011

Hauptsitz Zürich


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