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Kopf des Monats
Wer ein guter Arbeitgeber sein will, sollte das schnell beweisen. Denn immer mehr Menschen kündigen ihren Job innerhalb der ersten Monate: 18 Prozent von über 2.000 Bewerbenden haben laut einer aktuellen Umfrage des Anbieters Softgarden eine Neuanstellung in Deutschland schon einmal in den ersten 100 Tagen beendet. Vor vier Jahren waren es knapp zwölf Prozent. Und 65 Prozent haben darüber nachgedacht. Für die USA hat die Society for Human Resources Management ermittelt, dass 15 Prozent am ersten Tag so schockiert waren über die Verhältnisse an ihrem Arbeitsplatz, dass sie kündigen wollten. Und Stepstone schreibt, dass nur die Hälfte der neu Startenden am ersten Arbeitstag auf ihre Vorgesetzten trafen. Eine gute Integration sieht anders aus.
Dabei belegen Statistiken, dass Unternehmen mit gutem Onboarding Ziele besser erreichen und Gewinne steigern können. Aber selbst Personalverantwortliche gestehen, dass die Qualität ihres Onboardings nicht dem Standard entspricht. 83 Prozent aller Arbeitgeber sagen in einer Umfrage des Personaldienstleister Hays, dass eine gute Einführung wichtig sei, aber die Hälfte gibt zu, dass ihre Organisation in dem Bereich Nachholbedarf hat. In einer Studie des Unternehmens Haufe für den deutschen Markt sind es sogar 68 Prozent. Nur zwölf Prozent der Angestellten sind mit dem Einarbeitungs und Orientierungsprozess im Unternehmen zufrieden, schreibt das Beratungsunternehmen Gallup. Es fehle an Feedback, Kommunikation und Kultur. Kurzum: Es gibt gute Gründe, sich intensiver mit Onboarding zu beschäftigen und Lücken zu schließen, um ein guter Arbeitgeber zu sein – von Anfang an.
1 Preboarding
Schon vor dem ersten Arbeitstag legt HR das Fundament, wie eine Arbeitskraft in den Job und damit in eine neue Gemeinschaft startet. Das Potenzial ist groß: Ein Viertel nutzt laut Umfrage von Haufe das Preboarding nicht. Keine Willkommenspakete, keine Informationen oder keine Möglichkeiten, an virtuellen Events teilzunehmen: Das erschwert es Neuen, sich zu orientieren. Dabei würden sie sich ein Preboarding wünschen. Der Anbieter Tydy hat sich umgehört und schreibt, es seien vor allem Informationen über die Rolle gefragt, gefolgt von Informationen zum Team und internen Richtlinien. Seit der Coronapandemie kommen neue Punkte hinzu: Wo findet der erste Arbeitstag statt? Wie ist der Austausch mit anderen organisiert und welche Mittagstermine sind verplant, um sich gut einzuleben? Ganz banal, aber grundlegend ist auch die Information, ob es überhaupt ein Onboarding gibt und wie es aufgebaut sein wird. Immerhin 16 Prozent haben sich laut der Studie von Softgarden schon einmal gegen eine Stelle entschieden, weil sie nicht wussten, wie es um das Onboarding steht.
2 App-Boarding
Seit der Coronapandemie sind digitale Formate nicht mehr wegzudenken. Wenn Neue nicht im Büro starten, helfen OnboardingTools, sie einzuarbeiten und willkommen zu heißen. Die Möglichkeit gibt es schon: Digitale Lernpfade sollen Personalabteilungen und Führungskräfte seit Jahren entlasten. Sie vermitteln Informationen, die für alle gelten, und sichern die Einarbeitung auf gleichem Niveau. Das gilt zumindest zum Teil. Denn soziale Aspekte wurden lange vernachlässigt. Tydy hat neue Mitarbeitende vor und nach dem Ausbruch der Coronapandemie befragt, wie gut sie sich integriert haben. Wer nur den Bildschirm zur Verfügung hatte, identifizierte sich deutlich weniger mit Team und Werten. Digitale Werkzeuge müssen Kreativität an den Tag legen und Sozialem mehr Raum geben. 83 Prozent der Befragten bei Haufe sagen aber, dass sie während der Pandemie ihre digitalen Tools bisher nicht weiterentwickelt haben. Der Weg geht zur App: Lernpfade lassen sich dank künstlicher Intelligenz personalisieren. Und laut ARD/ZDFOnlinestudie ist das Smartphone der wichtigste Zugang zum Internet.
3 Gamification
Spiele können Lerninhalte vermitteln, die Motivation steigern und das Miteinander stärken. Das gilt nicht nur für Kinder, sondern auch für Erwachsene. Immer mehr Unternehmen nutzen inzwischen spielerische Elemente, um die Zusammenarbeit zu verbessern und die Weiterbildung zu fördern. In der OnboardingPhase lässt Deloitte neue Analystinnen und Analysten gleichzeitig Zombies jagen und Excel trainieren. Andere Firmen nutzen BingoSpiele und PacManAnalogien, um Abteilungen und Mitarbeitende vorzustellen. Gerade Werkzeuge, neue Gesichter und Richtlinien können über Spiele besser verinnerlicht werden. 82 Prozent aller Befragten sagen in einer Studie der
Transferleistung
Wenn die Boomer-Generation nach und nach aus dem Erwerbsleben ausscheidet, geht nicht nur wertvolle Arbeitskraft verloren, sondern auch viel Wissen. HR ist umso stärker gefordert, Expertise und Kontakte im Unternehmen zu halten. Wie das gelingen kann
Ein Beitrag von Anna Friedrich
Sie wissen, dass Ihre Lieblingskundin ihren Kaffee am liebsten mit zwei Stück Zucker und Hafermilch trinkt? Solch ein Wissen kann den entscheidenden Unterschied machen. Doch das ist vielen nicht bewusst. Wissen ist Macht – das gilt auch für Erfahrungswissen. Wissen ist auch Geld. Menschen, die aus einem großen Wissensreservoir schöpfen, sind auf dem Arbeitsmarkt viel wert. Sie beherrschen ihr Fachgebiet, kennen die jeweilige Branche und wissen, wen sie zu welchem Thema konsultieren können. Vor allem ältere Beschäftigte haben über Jahrzehnte Expertise aufgebaut und Erfahrungen gesammelt. Scheiden sie aus dem Erwerbsleben aus, nehmen sie all das mit – es sei denn, sie haben es vorher weitergegeben. Noch nie war ein funktionierender Wissenstransfer so essenziell wie derzeit. Die BabyBoomer, also die geburtenstarken Jahrgänge von 1950 bis 1969, gehen in Rente – und mit ihnen jahrelang erworbenes Wissen und gewonnene Kontakte. Fast 13 Millionen Deutsche scheiden laut Statistischem Bundesamt in den kommenden 15 Jahren aus dem Erwerbsleben aus. Dass Unternehmen, und allen voran HR, hier gefordert sind, liegt auf der Hand. Doch beim systematischen Wissensmanagement gibt es Verbesserungsbedarf: Mit 46 Prozent empfindet nicht einmal die Hälfte der Büroangestellten in Deutschland und Österreich den Wissensaustausch in ihrem Unternehmen als strukturiert,