Die Passion Christi nach dem Lukasevangelium

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Vorwort

Liebe Herold-Leser, das Lukas-Evangelium ist ein wundervolles Zeugnis für Jesu göttliche Liebe, Demut, Macht und Herrlichkeit, aber auch für seine menschlichen Leiden, seines Kampfes voller Furcht und im Tod. Es ist eine überwältigende Sammlung von Augenzeugenberichten, inspiriert durch Gottes Geist. Und doch führt Lukas, der Autor, uns immer wieder den historischen Kontext vor Augen, um uns Belege für die Zuverlässigkeit seines Berichts zu liefern (vgl. 1,5; 2,2; 23,1+6).

Gegen Ende des Berichts, in den Kapiteln 22-24, konzentriert sich schließlich alles auf die Passion Jesu – seine leidenschaftliche Hingabe und sein Leiden, das er stellvertretend zur Errettung derer erlitt, die im Glauben an ihn Gottes Kinder werden.

Genau diese drei Kapitel wollen wir in der vorliegenden Herold-Ausgabe betrachten. Angefangen bei Jesu Liebe und Fürsorge gegenüber seinen Jüngern, trotz des inneren Kampfes, den er bereits während des Abendmahls und noch viel mehr im Garten Gethsemane führte (Kap 22). Oder sein ruhiges, entschlossenes Schweigen angesichts der falschen Anklage durch die geistlichen Leiter und die Folter, die er durch die Hand der römischen Soldaten erlitt (Kap 22-23). Dabei können wir leider nicht auf jedes Detail eingehen, sondern müssen bestimmte Schwerpunkte setzen.

Dasselbe tat auch Lukas, der – wie die anderen Evangelienschreiber auch – nur sehr knapp auf Jesu körperliche Leiden einging. Denn obwohl diese sehr real und heftig waren, lasteten vor allem die Schuld der Welt und die dadurch entstandene Trennung von Gott, schwer auf dem Sohn Gottes. Doch beides nahm er bewusst und willentlich auf sich, aus Gehorsam zum Vater und aus Liebe zu uns, indem er für uns in den Tod ging.

Doch all dies wäre nichts, ohne Jesu Auferstehung aus den Toten (Kap. 24). Denn erst durch seine Auferstehung hat sich der Menschensohn als rechtmäßiger, wahrer Gottessohn erwiesen. Und durch die Kraft seiner Auferstehung werden auch wir, die wir an ihn glauben, eines Tages auferstehen und in Ewigkeit mit Jesus, in seiner Herrlichkeit leben.

Wir wünschen Ihnen Gottes Gnade und Frieden,

Dieses Ma(h)l ist alles anders

Der Teufel steckt im Detail. So lautet ein bekanntes Sprichwort, wenn man vor einem Problem steht und die Lösung nicht sieht. Irgendetwas stimmt nicht. Irgendetwas funktioniert nicht. Irgendetwas ist anders, aber was? Man geht verschiedene Möglichkeiten durch, und kommt womöglich erst spät auf die Lösung, weil man den Fehler übersehen hat. Es war nur ein winziges Detail, nur eine Kleinigkeit, die alles durcheinandergebracht und für Verwirrung gesorgt hat. Der Teufel steckt im Detail. In einem gewissen Sinn trifft dies auch auf Lukas 22,1-53 zu, wo Lukas uns von den Ereignissen um Jesu Verrat, Abendmahl und Gefangennahme berichtet.

Lukas beginnt diesen Abschnitt um die Passion Jesu mit den Worten: „Es nahte aber das Fest der ungesäuerten Brote, das Passah genannt wird. Und die Hohen Priester und die Schriftgelehrten suchten, wie sie ihn heimlich umbringen könnten, denn sie fürchteten das Volk. Aber Satan fuhr in Judas, der Iskariot genannt wurde und aus der Zahl der Zwölf war. Und er ging hin und besprach sich mit den Hohen Priestern und Hauptleuten, wie er ihn an sie überliefere (Lk 22,1-4). Hier tritt der Teufel wieder aktiv in Erscheinung, nachdem es ihm damals nicht gelungen war, Jesus durch seine Versuchungskünste zu Fall zu bringen (vgl. Lk 4,13). Jetzt bemächtigt er sich mit Erfolg des Judas Iskariot, weil – wie Jesus selbst weiß und bezeugt – dies „eure Stunde und die Macht der Finsternis“ ist (Lk 22,53). Diese Tatsache bildet den Rahmen des biblischen Berichts. Der Teufel steckt im Detail, genauer gesagt in der Person des Verräters – und damit ändert sich alles, und zwar für jeden der Beteiligten.

Bleiben wir zunächst bei den Hohen Priestern und Schriftgelehrten. Wir wissen aus den Evangelien, dass sie Jesus nicht erst jetzt aus dem Weg räumen wollten. Anscheinend suchten sie schon länger eine Gelegenheit Jesus loszuwerden – und zwar für immer. Doch bisher konnten sie es nicht, weil ihre Stunde noch nicht gekommen war. Doch nun kommt Judas, vom Teufel verführt, und bietet sich an, ihnen bei ihrem Vorhaben zu helfen. Womöglich hatten sie schon häufig untereinander überlegt, wie sie Jesus beseitigen konnten und nun bot sich ihnen ein Ausweg an. Dieses Mal würde es anders werden. Dieses Mal würde es funktionieren.

Für Jesus kam dies keineswegs überraschend. Denn als er sich zum letzten Mal mit seinen Jüngern auf den Weg nach Jerusalem machte, sagte er ihnen: „Siehe, wir gehen hinauf nach Jerusalem, und es wird alles vollendet werden, was durch die Propheten auf den Sohn des Menschen hin geschrieben ist; denn er wird den Nationen überliefert werden und wird verspottet und geschmäht werden und angespien werden; und wenn sie ihn gegeißelt haben, werden sie ihn töten und am dritten Tag wird

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er auferstehen.“ Die Reaktion der Jünger war jedoch: „Und sie verstanden nichts von diesen Worten, und diese Rede war vor ihnen verborgen, und sie begriffen das Gesagte nicht“ (Lk 18,31-34).

Als die Jünger dann schließlich in Jerusalem waren und die Vorbereitungen für das Passah anstanden, dachten Petrus und Johannes sich nicht viel dabei, als Jesus ihnen sagte: „Geht hin und bereitet uns das Passahmal, dass wir es essen!“ (Lk 22,8). Das war nicht das erste Mal, dass Jesus das Passah mit seinen Jüngern feierte. Vermutlich hatte er es seit seinem öffentlichen Auftreten mindestens zweimal mit seinen Jüngern gefeiert (vgl. Joh 2,13 und 6,4). Noch kurz zuvor hatte Jesus unbehelligt von irgendjemandem das Volk von frühmorgens an im Tempel gelehrt. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte niemand ihrem Meister irgendetwas entgegenzusetzen. Warum sollte sich jetzt etwas daran ändern?

Womöglich waren Petrus und die anderen guter Dinge, als sie sich mit ihrem Meister im Obersaal versammelten, um gemeinsam das Passah zu feiern. Alles scheint wie die letzten Jahre zuvor auch zu sein. Bequeme Polster, gutes Essen und gute Gemeinschaft. Doch Jesus weiß es besser und Judas auch. Es ist nicht einfach ein weiteres Passahfest, denn plötzlich sagt Jesus:

„Mit Sehnsucht habe ich mich gesehnt, dieses Passahmahl mit euch zu essen, ehe ich leide. Denn ich sage euch, dass ich es gewiss nicht mehr essen werde, bis es erfüllt sein wird im Reich Gottes. Und er nahm einen Kelch, dankte und sprach: Nehmt diesen und teilt ihn unter euch! Denn ich sage euch, dass ich von nun an nicht von dem Gewächs des Weinstocks trinken werde, bis das Reich Gottes kommt“ (Lk 22,15-18).

Nun ist es raus. Jesus sagt seinen Jüngern, dass es das letzte Mal in dieser Runde ist, dass er das Passah gemeinsam mit seinen Jüngern feiern wird. Er hat sich sehr darauf gefreut,

denn er weiß, dass die Zeit seines Leidens unmittelbar bevorsteht.

Doch damit nicht genug. Nun nimmt Jesus Brot und Wein und gibt seinen Jüngern damit zu verstehen, dass das Passahfest nun in seiner Person seine letzte und endgültige Bestimmung erfährt:

„Und er nahm Brot, dankte, brach und gab es ihnen und sprach: Dies ist mein Leib, der für euch gegeben wird. Dies tut zu meinem Gedächtnis! Ebenso auch den Kelch nach dem Mahl und sagte: Dieser Kelch ist der neue Bund in meinem Blut, das für euch vergossen wird“ (Lk 22,19-20).

Er würde fortgehen, doch seine Jünger würden bleiben, um als Teilhaber des neuen Bundes im Gedenken an Jesu Werk Brot und Wein zu teilen. Doch damit nicht genug. Jesus spricht davon, dass einer von ihnen – einer seiner engsten Freunde – ihn verraten würde! Er wird sogar noch konkreter und sagt Petrus: „Simon, Simon! Siehe, der Satan hat euer begehrt, euch zu sichten wie den Weizen. Ich aber habe für dich gebetet, dass dein Glaube nicht aufhöre. Und wenn du einst zurückgekehrt bist, so stärke deine Brüder!“ Petrus kann kaum glauben, was er da aus dem Mund seines Meisters hört, weshalb er ihm auch versichert, dass er bereit ist, Gefängnis und Tod für ihn zu wagen. Doch anstatt Worte des Dankes für diese Loyalitätsbekundung zu hören, kommt die nächste Hiobsbotschaft: „Ich sage dir, Petrus, der Hahn wird heute nicht krähen, ehe du dreimal geleugnet hast, dass du mich kennst“ (Lk 22,34). Nein, es ist definitiv kein Passah wie die letzten Jahre.

Dann deutet Jesus erneut an, dass die gemeinsame Zeit sich dem Ende neigt. In der Vergangenheit hatte er sie zum Predigen ausgesandt, ohne Geldbörse, Tasche und Sandalen, jedoch ausgestattet mit der Macht Dämonen auszutreiben und Kranke zu heilen (vgl. Lk 9,3). Nichts hatte ihnen gefehlt und es scheint, als blicken sie mit glücklichen Gedanken an diese Zeit zurück. Doch nun sagt Jesus ihnen: „Aber jetzt, wer eine Börse hat, der nehme sie und ebenso eine Ta-

sche, und wer nicht hat, verkaufe sein Gewand und kaufe ein Schwert; denn ich sage euch, dass noch dieses was geschrieben steht, an mir erfüllt werden muss: ‚Und er ist unter die Gesetzlosen gerechnet worden‘; denn auch das, was mich betrifft, hat eine Vollendung“ (Lk 22,36-37). Diese Ansage wirft ein ganz anderes Licht auf sie als Jünger Jesu. Das klingt, als ob Jesus sie dauerhaft in eine neue Form des Dienstes entlässt, ein Dienst, der anzudeuten scheint, dass sie selbst bald als Gesetzlose angesehen werden.

Äußerlich scheint alles wie die Jahre zuvor zu sein, doch mit seiner Rede von seinem Fortgehen, einem neuen Bund, dem Verrat und der neuen Art der Nachfolge ist nichts mehr, wie es mal war.

Das bekommt nun auch Jesus selbst zu spüren, als er kurz darauf im Garten Gethsemane betet:

„Vater, wenn du willst, nimm diesen Kelch von mir weg – doch nicht mein Wille, sondern der deine geschehe! … Und als er in Angst war, betete er heftiger. Es wurde aber sein Schweiß wie große Blutstropfen, die auf die Erde herabfielen“ (Lk 22,42-44).

Jesus war oft in diesem Garten gewesen, hatte dort übernachtet und gewiss gesegnete Zeiten im Gebet mit seinem himmlischen Vater gehabt. Doch diese Nacht ist auch für ihn alles anders. Der Zeitpunkt ist gekommen, wo es der Wille des Vaters ist, dass der Sohn Gottes den Kelch des Leidens trinken muss. Und so geschieht es, dass den Feinden Jesu freie Hand gewährt wird, um, „alles zu tun, was deine Hand und dein Ratschluss vorherbestimmt hat, dass es geschehen sollte“ (Apg 4,28). Der Teufel mag im Detail stecken, aber es ist und bleibt Gottes Ratschluss.

Ich bin mir sicher, dass Petrus und die anderen Jünger sich an jenem Abend und die drei Tage danach gewünscht hätten, dass alles beim Alten geblieben wäre. Dass Jesus nicht von Verrat und Verleugnung geredet hätte. Doch später, nach der Auferstehung Jesu verstanden sie, „dass alles erfüllt werden muss, was über [Jesus] geschrieben steht in dem

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Gesetz Moses und in den Propheten und Psalmen“ (Lk 24,44). Nun war wirklich alles anders, doch auf einer Ebene, wie es sich die Jünger nicht im Traum vorzustellen gewagt hätten. Ihr Herr hatte den Tod, den Teufel und die Macht der Sünde besiegt und ihre Freude war unbeschreiblich.

In Jesaja 55,8-9 erinnert uns Gott durch den Propheten Jesaja an seine Souveränität und Weisheit:

„Denn meine Gedanken sind nicht eure Gedanken, und eure Wege sind nicht meine Wege, spricht der HERR. Denn so viel der Himmel höher ist als die Erde, so sind meine Wege höher als eure Wege und meine Gedanken als eure Gedanken.“

Nirgendwo wurde die Wahrheit dieser Aussage deutlicher zum Ausdruck gebracht als an Ostern. Und weil das so ist, dürfen wir Gott gerade in den Zeiten vertrauen, wenn es im Leben anders kommt als erwartet. Wir mögen Gott, seine Zeitpläne und sein Vorgehen nicht verstehen, doch weil Jesus für uns gestorben und auferstanden ist, können wir in jeder Lebenslage mit dem Psalmisten sagen:

„Harre auf Gott – denn ich werde ihn noch preisen, das Heil meines Angesichts und meinen Gott“ (Ps 42,12).

Andreas Münch ist Mitarbeiter der Herold-Schriftenmission. Er ist verheiratet mit Miriam und Vater von drei Söhnen.

Die Verurteilung des einzig Gerechten

Es gibt kaum etwas Schlimmeres, als zu Unrecht beschuldigt und bestraft zu werden. Noch viel schlimmer ist es, wenn Freunde an diesen Beschuldigungen beteiligt sind, wenn sie uns ebenfalls ungerecht behandeln und hintergehen. Mit der Zeit bekommen wir den Eindruck, dass alle gegen uns sind. Wir werden gemieden, belächelt, gering geschätzt, Gutes wird uns negativ ausgelegt. Und irgendwann fragen wir uns, warum Gott das zulässt.

Hast du so etwas schon einmal erlebt? Wenn ja, dann darfst du wissen, dass Jesus genau an diesem Punkt war. In Jesu Leben gab es durchaus Zeiten, in denen er seinen Ruf um der Wahrheit des Evangeliums Willen verteidigen musste (vgl. z.B. Joh 7,14 ff.). Aber seine Leidensgeschichte zeigt uns, dass es durchaus auch Zeiten gibt, in denen wir die Dinge Gott überlassen und ihm als Richter vertrauen müssen, in dem Wissen, dass er uns zu seiner Zeit rechtfertigt (vgl. 1Petr 2,18-20).

Von den religiösen Führern verurteilt

Obwohl Jesus schon mehrfach, vermutlich schon Wochen vorher, seine Jünger darauf vorbereitet hatte, dass man ihn in Jerusalem verhaften und hinrichten würde, zögerte er nicht, die Hauptstadt zu betreten, dort in aller Öffentlichkeit aufzutreten, zu predigen und Gottes Ehre zu verteidigen (vgl. Lk 19,45-48).

Wer meint, dass vor diesem höchsten Gerichtshof alles nach Recht und Ordnung verlief, der irrt. Der Prozess um Jesus ist voller Gesetzesbrüche und Grausamkeiten. Angefangen damit, dass sie Jesus bei Nacht verhörten. Laut jüdischem Gesetz waren nächtliche Verhöre strikt verboten. Nur um die Form zu wahren, warten sie mit der offiziellen Befragung bis zum Tagesanbruch (V.66). Verhaftet wurde Jesus von denselben Priestern und Ältesten, die auch seine Richter waren. Sie waren es auch, die Judas, Jesu Verräter, bestochen hatten!

Während Jesus auf das offizielle Urteil wartete, vertrieben sich seine Wärter im Beisein des Hohen Rates die Zeit, indem sie Jesus verspotteten, verprügelten und über ihn lästerten. Was höchstens eine Anhörung hätte sein dürfen, mutiert zur Folter, ohne jegliche Beweise, Zeugen und ohne abschließendes Urteil. Nach jüdischem Gesetz durfte niemals an ein und demselben Tag das Todesurteil gesprochen und vollzogen werden, es musste immer mindestens ein Tag dazwischen liegen (Mishna, IV, 1). All dies gilt bei diesem Prozess nicht. Doch Jesus schweigt und erduldet all das Unrecht, das ihm seine Peiniger antun, ganz so, wie Jesaja es über ihn als den leidenden Gottesknecht vorausgesagt hatte (vgl. Jes 53,7).

Es kam, wie es kommen musste: Jesus wurde von einem seiner engsten Jünger an die Leute verkauft und verraten, die Jesus schon lange beseitigen wollten (vgl. Mk 11,18). Wie ein Verbrecher wurde er vor den Hohen Rat geführt (nachdem er zuvor eine kurze, aber schmerzhafte Begegnung mit Hannas, dem ehemaligen Hohepriester hatte; vgl. Joh 18,19-23). Der Hohe Rat war das höchste jüdische Gericht, bestehend aus 71 Männern, unter dem Vorsitz des Hohepriesters.

Erst, als sie ihn fragen, ob er der Messias sei, reagiert Jesus auf sie. Zwar weigert er sich, ihnen direkt zu antworten, weil er weiß, dass sie bereits ihr Urteil über ihn gefällt haben, aber die Antwort, die er ihnen gibt, ist für sie noch viel schockierender. Er ist nicht einfach nur der Messias, er ist auch „der Menschensohn“! Bis auf eine Ausnahme (in Joh 2,26) hatte Jesus niemals für sich den Titel „Messias“ (griechisch: „Christus“) in Anspruch genommen. Der alttestamentliche Titel, den Jesus immer wieder für sich in Anspruch nahm, ist der Titel „Sohn des Menschen“.1 Dieser Titel stammt aus Daniel 7,13-

1 Oder „Menschensohn“ – je nach Übersetzung. Jesus gebraucht ihn ganze 69-mal in den Synoptischen Evangelien und 12-mal bei Johannes.

14 und er vereint und offenbart zwei wundervolle Wahrheiten über Christus: er ist wahrer Gott und wahrer Mensch zugleich. In Daniels Vision vom Menschensohn, tritt dieser nach seiner Himmelfahrt in Gottes Gegenwart und empfängt aus Gottes Hand die Königsherrschaft über die Welt. Darauf spielt Jesus an, und sagt den ausgebildeten Theologen vor sich mit anderen Worten: „Ich bin der göttliche König, von dem Daniel sprach.“ Und der Hohe Rat versteht ganz genau. Denn sie rufen entrüstet: „Du bist also der Sohn Gottes?“ (Lk 22,70). Die Behauptung, der Messias zu sein, war technisch gesehen keine Gotteslästerung, aber zu behaupten, der Sohn Gottes zu sein, war Gotteslästerung. Nun haben sie endlich das, was sie brauchen, um Jesus hinrichten zu lassen.

Bis hierher erduldet Jesus bereits sehr viel Unrecht und Schmerzen. Doch ist es bewundernswert, wie stark er dem entgegensteht. Ja, Jesus ist der ewige Sohn Gottes, und doch ist er auch wahrer Mensch geworden. Wenige Stunden zuvor konnten wir in Gethsemane einen Eindruck davon bekommen, wie sehr ihn als Mensch das bevorstehende Leid ängstigte (Lk 22,39 ff.). Doch hier im Gerichtssaal haben wir einen deutlichen Beleg dafür, dass der Vater sein dreimaliges Gebet erhört hat. Er gab ihm die Kraft, den Leidenskelch zu trinken. Wie oft fürchten wir uns vor Leid und denken, wir seien nicht in der Lage, es zu ertragen. Oder wie oft stecken wir in Leid und meinen, Gott erhört unser Gebet um Hilfe nicht. Wenn wir aber wirklich Gottes Kinder sind, dürfen wir immer wissen, dass wir denselben Beistand und dieselbe Kraft des Gebets haben wie Jesus. Und falls wir meinen, Gott greift nicht ein, sollten wir auf Christus schauen. Der Vater hat den Kelch nicht von ihm genommen, weil es nötig war, dass er ihn erduldete, aber er hat ihm die Kraft gegeben, ihn zu ertragen. Kann es sein, dass du für dieselbe Kraft beten musst?

Von den politisch Mächtigen abgelehnt

Jesu Aussage ist ihrer Meinung nach genau der Beweis, den sie brauchten. Und sie, die 71 Zeugen, sind genau die Zeugen, die ihnen noch

fehlten (von Matthäus und Markus wissen wir, dass die bisherigen Zeugen mit ihren Falschaussagen keinen Pfifferling wert waren; vgl. Mt 26,5961; Mk 14,55-57). Nun war Jesus die Todesstrafe sicher. Sie brauchen nur jemanden, der die Drecksarbeit für sie erledigt. Also machen sie sich auf den Weg zu Pilatus, dem Repräsentanten des römischen Kaisers, des Herrschers des mächtigsten und größten Reiches, das es bis dato gab.

Warum sie Jesus vor Pilatus führen, hat zwei ganz entscheidende Gründe – einen aus Sicht des Hohen Rates, einen aus Gottes Sicht. Um den Grund des Hohen Rates besser zu verstehen, müssen wir kurz ins Johannesevangelium schauen. Als Pilatus nach dem Grund der Hinrichtung fragt und der Hohe Rat keinen triftigen Grund nennt, entgegnet Pilatus: „Dann nehmt ihr ihn und richtet ihn nach eurem Gesetz“, woraufhin der Hohe Rat antwortet: „Es ist uns nicht erlaubt, jemanden zu töten“ (Joh 18,31-32). Moment mal, hatten die jüdisch-geistlichen Leiter nicht auch in anderen Situationen Hinrichtungen durch Steinigungen durchgeführt? Z. B. bei Stephanus, den sie wegen angeblicher Gotteslästerung steinigen würden (vgl. Apg 7,59), oder Paulus (vgl. Apg 14,19; 2Kor 11,25) und Jakobus. Und auch bei Jesus hatten sie es schon einmal versucht, aber nicht gekonnt (vgl. Joh 10,31). Hintergrund ist, dass die römische Besatzungsmacht damals sehr klug handelte, und die Gesetze, Gebräuche und Religionen der eroberten Völker respektierte. Auch bei der Rechtsprechung ließ sie ihnen einen großen Spielraum. In allen Provinzen wurde ein römischer Statthalter eingesetzt, der die oberste Befehlsgewalt hatte und dafür sorgte, dass Ordnung herrschte und die Belange und Interessen des Kaisers Vorrang hatten. Doch gerade aus diesem Grund durften schwerwiegende Urteile wie die Todesstrafe nur von den Römern durchgeführt werden. Steinigungen, wie in den oben erwähnten Fällen, gab es nur selten und geschahen meist während eines Aufruhrs, hinter dem sich der Hohe Rat versteckte. In Jesu Fall konnte der Hohe Rat Jesu nicht öffentlich steinigen, denn sie fürchteten das Volk, denn das Volk liebte Jesus

und hielt ihn für den Messias (vgl. Lk 20,19; 22,2).

Der bisherige Anklagepunkt lautete noch: Gotteslästerung. Aber weil dies im polytheistischen Rom kein Vergehen war, solange man die Autorität des Kaisers anerkannte, änderten sie ihre Strategie und schwenkten von religiös- zu politisch-besorgten Bürgern um. Und obwohl sie eigentlich diejenigen waren, die innerlich die Autorität und Rechtmäßigkeit des Römischen Kaisers ablehnten, machten sie genau das nun Jesus zum Vorwurf: „Er verführt unsere Nation und bringt sie davon ab, dem Kaiser Steuern zu geben …“ Das war eine glatte Lüge, wie mehrere Zeugen hätten bestätigen können (vgl. Lk 20,25).

Pilatus durchschaut sie und bringt mit seiner Reaktion noch einmal das bösartige Herz der geistlichen Leiter ans Tageslicht. Das, was bisher im Schatten der Nacht hinter den Mauern eines dunklen Gerichtssaals passiert ist, wird hier vor aller Augen deutlich: hier wird ein Unschuldiger zum Sündenbock gemacht. Pilatus erkennt das und spricht es auch mehrfach öffentlich aus, und doch lässt er den Unschuldigen Jesus zuerst geißeln, übergibt ihn dann den Händen des zwielichtigen Königs Herodes, um ihn dann am Ende doch hinrichten zu lassen (vgl. Lk 23,4.15-16.2224). Schon viele Christen haben versucht, Pilatus in Schutz zu nehmen; wie schwer doch seine Position hier gewesen sei. Aber Pilatus ist nicht der Arme und Gerechte in der Geschichte, Christus ist es. Pilatus empfindet höchstens Mitleid mit ihm, aber dieses Mitleid ist geringer als sein Selbstmitleid. Ihm ist die gesamte Geschichte suspekt und lästig, und das Leben eines einzelnen unschuldigen Menschen ist ihm nicht wertvoll genug, um dem Druck einer Gruppe standzuhalten.

Genau dieser Gruppendruck ist eine der größten Herausforderungen für uns Menschen, zu allen Zeiten. Und dennoch ist es genau dieser Druck, dem Christen wie Dietrich Bonhoeffer oder Helmuth James Graf von Moltke vor 80 Jahren standhielten, weil sie wussten, dass Wahrheit und Gerechtigkeit, Menschenleben, aber vor allem ein reines Gewissen vor Gott einen weit größeren Wert haben als das Ansehen vor Millionen von Menschen.

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Pilatus und Herodes waren mächtige Männer, die vor dem Allmächtigen standen, ohne es zu ahnen. Während Jesus mit Pilatus sprach, weil dessen öffentliches Urteil über Jesus vor den Ohren des Volkes von entscheidender Bedeutung war, verlor er gegenüber Herodes kein Wort. Weder Pilatus noch Herodes waren aufrichtig an Jesus interessiert. Für den einen war er ein unschuldiger, aber harmloser Mensch, der andere hielt ihn für jemanden, der seine Langeweile vertreiben sollte. Doch beide, Pilatus und Herodes, verdeutlichen Jesu Unschuld und machen das über ihn verhängte Urteil als Fehlurteil ersichtlich. Lukas weist seine Leser darauf hin, dass Jesus der unschuldig leidende Gottesknecht ist, von dem Jesaja schon 700 Jahre zuvor sprach. Gleichzeitig erfüllt Jesu Auftreten vor Herodes Jesajas Prophezeiung: „über ihm werden Könige den Mund verschließen“ (Jes 52,15). Denn in dem Moment, als Herodes eigentlich das Urteil über Jesus sprechen sollte, schweigt er und verleiht seiner Überzeugung von Jesu Unschuld dadurch Ausdruck, dass er Jesus in ein weißes Gewand hüllt und fortschickt (vgl. Lk 23,11).

Von einem Verbrecher erkannt

Am Ende wird Jesus sowohl von den religiösen als auch von den politischen Führern abgelehnt, nimmt den Platz eines Mörders ein und wird zum Tode verurteilt (Lk 23,24-25). Er, der einzig Gerechte, dem niemand auch nur eine Sünde nachweisen konnte, wird als Verbrecher abgestempelt und stirbt den grausam schmerzvollen Tod eines Frevlers unter Frevlern.

Unbegreiflich, dass der Sohn Gottes, durch den alles geschaffen wurde, sich dazu herabließ, sich von seinen Geschöpfen so behandeln zu lassen! In gewissem Sinne lässt sich Gott noch heute tagtäglich dazu herab, dass er sich von seinen eigenen Geschöpfen ablehnen, verspotten und verlästern lässt. Und obwohl er unserer absoluten Liebe, Hingabe und Anbetung würdig ist, wird ihm noch heute täglich die Existenz, die Allmacht oder seine Güte aberkannt.

Doch es wird der Tag kommen, an dem Christus für alle sichtbar wiederkommt. Und zwar nicht, um noch einmal zu leiden, sondern um zu richten und zu herrschen. Dann müssen

alle ihre „Knie beugen, sowohl derer, die im Himmel als auch die auf der Erde und unter der Erde sind, und jede Zunge wird bekennen, dass Jesus Christus der Herr ist, zur Ehre Gottes, des Vaters“ (Phil 2,10-11).

Und während die religiöse Elite schrecklich blind ist für ihr eigenes Unrecht und für die Wahrheit der Identität Jesu, ist es ausgerechnet ein zurecht verurteilter Verbrecher, der in ihm den unschuldig leidenden Gottesknecht erkennt. Er erkennt und bekennt nicht nur seine eigene Sünde und stellt Jesu Unschuld fest (V.41, nach Jes 53,9), sondern er spricht ihn auch auf seine zukünftige Erhöhung hin an (V. 42, nach Jes 52,13). Der Verbrecher weiß, dass im Tod Jesu die Errettung des Volkes Gottes vollendet wird.

Deshalb sehen wir Jesus hier auch, wie er in der Stunde seines eigenen Todes dem Verbrecher neben ihm die Last eines schuldbeladenen Lebens abnimmt und ihm ein Leben in unmittelbarer Gottesgemeinschaft verheißt. „Eindrucksvoller lässt sich die Erkenntnis nicht darstellen, daß in Jesus der von Jesaja geheimnisvoll angekündigte Gottesknecht stirbt, der durch seinen Stellvertretungstod Sühne schafft und den Menschen dem Schuldverhängnis entreißt.“2 Und eindrucksvoller als durch die Umkehr des Schächers am Kreuz, lässt sich nicht verdeutlichen, dass die Glaubenserkenntnis und die Erlösung ganz und gar Gottes Werk sind, aus reiner Gnade.

Vom Vater geplant

All das, was Lukas uns berichtet, von der Verhaftung Jesu, bis zu seinem Tod, war das schrecklichste Ereignis der menschlichen Bosheit. Und doch sagt Jesus seinen Jüngern, dass er all dies erleiden musste, und dass sich alles erfüllen musste, was über ihn geschrieben steht (siehe Lk 22,37; 24,7). Dasselbe erfahren wir auch in Bezug auf die Auslieferung Jesus an Pilatus: „damit das Wort Jesu erfüllt wurde, das er sprach, um anzudeuten, welches Todes er sterben sollte“ (Joh 18,32). Diese Ereignisse, so grauenvoll sie auch waren und so gottlos das Handeln der Beteiligten auch war, spielte sich genau nach Gottes Plan ab. Jesus musste durch die Hand der religiösen Führer Israels und durch die Hand der poli-

tischen Machthaber sterben. Christus war nicht nur das Opfer einer Nation, sondern sowohl der Juden als auch der Heiden – der gesamten Menschheit (vgl. Apg 4,27-28). In derselben Weise dürfen wir wissen, dass Gott all unsere Lebensumstände sowie die gesamte Weltgeschichte in seiner Kontrolle hat. Christus konnte geduldig Unrecht erleiden, weil er wusste, dass alles nach dem Plan des Vaters verläuft.

Aber Jesus ist weit mehr als nur ein Beispiel. Wir stehen in dieser Geschichte nicht auf der Seite des Gerechten, sondern gehören zu denen, die hätten verurteilt werden müssen – sei es, weil wir selbstgerecht sind, wie die religiösen Leiter, selbstsüchtig, wie Pilatus oder gleichgültig, wie Herodes, wir stehen schuldig vor Gott. Doch wir dürfen hoffnungsvoll auf Christus schauen, wie der Verbrecher am Kreuz, weil Christus stellvertretend für Sünder gestorben ist. Er hat das Urteil all derer, die auf ihn vertrauen, auf sich genommen, damit wir durch ihn Frieden, Heil, Vergebung, ewiges Leben und eine vollkommene Gerechtigkeit haben, die vor Gott gilt (Jes 53,5-6.10-12). Lasst uns dies mutig bekennen, in einer Welt, die Christus so dringend braucht!

Benjamin Schmidt ist verheiratet mit Hanna und dreifacher Vater. Er ist Leiter der Herold-Schriftenmission und verantwortlich für die Zeitschrift „Herold“.

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2 Ulrike Mittmann-Richert: „Der Sühnetod des Gottesknechts“, S.91.

Gepflegte Tradition oder lebensverändernde Begegnung? von Georg Münch

Das Osterfest kann so unterschiedlich gefeiert werden. Da sind diejenigen, die sich an toten Ritualen oder heidnischen Bräuchen an ihren freien Tagen erfreuen und für die es neben Weihnachten nur ein weiteres großes Familienfest ist. Und dann gibt es andere, bei denen nicht Osterhasen oder gefärbte Eier im Mittelpunkt stehen, sondern Jesus Christus, der Auferstandene. Übrigens, die Grenzen können hierbei schnell verschwimmen. Wie wirst du in diesem Jahr die Ostertage begehen?

Auch der Evangelist Lukas nimmt uns im 24. Kapitel seines Evangeliums mit hinein in den Ostermorgen und das Geschehen um die Auferstehung Jesu. Allerdings ist seine Erzählung, die letztlich der Ergänzung durch die anderen Evangelisten bedarf, sehr ernüchternd und wirft einige Fragen auf.

I. Gepflegte Traditionen! (V. 1-4)

Die Frauen, die kurz zuvor in Jerusalem mit dem Zubereiten von Ölen und Salben beschäftigt waren, machen sich am Sonntagmorgen in aller Frühe auf den Weg zum Grab. Einen letzten Liebesdienst an ihrem geliebten, aber nun toten Rabbi wollen sie vollenden und damit auch eine ihrer Traditionen pflegen. Dabei dient die Praxis von Ritualen beim Bestatten der Toten wohl in allen Kulturen zunächst einmal der Trauerbewältigung der noch Lebenden, der Hinterbliebenen. Und das war wohl auch hier der Fall. Sie wollten etwas tun, ihrer Trauer mithilfe von Handlungen Ausdruck verleihen und damit Raum geben. Das ist zutiefst menschlich. Unsere Trauer braucht solche Rituale und Traditionen, wenn es um zwischenmenschliche Beziehungen geht. Auf der horizontalen Ebene sind sie auch für uns zutiefst wichtig, aber auf der vertikalen Ebene, in unserem Glauben, geht es gerade nicht um Religion, tote Rituale und Traditionen,

sondern um die Pflege einer lebendigen Beziehung mit dem Auferstandenen, der uns allein Leben gibt.

Unterwegs erörtern die Frauen die Schwierigkeit, wie sie den schweren Stein vor dem Grab beseitigt bekommen. Doch kaum angekommen ist dieses Problem gelöst. Dafür eröffnet sich ihnen ein anderes Problem – im wahrsten Sinne des Wortes: das Grab ist offen, aber leer. Der Leichnam Jesu ist weg. Verschwunden! Ratlosigkeit macht sich breit; ihre gepflegten Traditionen finden hier keine Möglichkeit der Anwendung, vermitteln keinen Halt. Und genau inmitten dieser Ratlosigkeit greift Gott ein und sendet seine Boten.

II. Verkündete Realität! (V. 5-8)

Vor über 40 Jahren erhielt ich als Patient von einer Krankenschwester einen Brief, in dem sie über ihren Weg zu einer lebendigen Beziehung zu Jesus Christus, dem Sohn Gottes berichtete. Schon beim Lesen wurde mir eines deutlich: als Katholik kannte ich die Informationen über Gott, während sie, die Krankenschwester, dem Auferstandenen persönlich begegnet war. Informationen allein reichen zwar für Traditionspflege aus, nicht aber für ein Leben im Glauben. Allerdings können sie auf dem Weg dorthin helfen.

Eine Begegnung mit Gottes Boten ist nicht alltäglich. So können wir das Erschrecken und die Ehrfurcht der Frauen gut nachvollziehen. Achten wir einmal auf die Aussagen der Engel. Zuerst eine tadelnde Frage:

„Was sucht ihr den Lebenden unter den Toten?“ (Ihr sucht am falschen Platz!)

Für uns schließt sich vielleicht eine weitergehende Frage an: „Wo suchen wir Leben und Erfüllung?“ Bei dem, der gesagt hat: „Ich bin gekommen euch Leben in ganzer Fülle zu schenken!“ (Joh 10,10b) oder an völ-

lig falschen Plätzen, die uns unerfüllt zurücklassen?

Das leere Grab ist nicht nur ein klarer Hinweis, dass Jesus den Tod – auch für uns – besiegt hat, sondern zugleich Garantie, dass wir in IHM die Lebensquelle haben. Der Lebende ist Gott selbst! Noch vor seinem Tod und seiner Auferstehung sprach Jesus folgende Wahrheit über sich aus:

„Ich bin die Auferstehung und das Leben; wer an mich glaubt, wird leben, auch wenn er gestorben ist; und jeder, der da lebt und an mich glaubt, wird nicht sterben in Ewigkeit“ (Joh 11,25-26).

Die nächsten Worte der Engel sind eine Proklamation der Auferstehung:

„ER ist nicht hier, sondern ER ist auferstanden (auferweckt worden)!“

Eine alles entscheidende Aussage, die auch den weiteren geplanten Ablauf der Frauen völlig auf den Kopf stellt.

Und zuletzt ein ernüchternder Hinweis:

„Erinnert euch daran, was er zu euch geredet hat, als er noch bei (unter) euch war!“

Mindestens dreimal hatte Jesus seinen Jüngern (und darunter auch den Frauen) sein Leiden, Sterben und seine Auferstehung angekündigt.

Ja klar, jetzt fällt es ihnen wieder ein. Wie konnten sie das vergessen, aus dem Blick verlieren? Wie gut, wenn wir Jesu Worte im Gedächtnis behalten, wenn wir sie auswendig lernen und in unseren Herzen bewegen. Aber wir sind ja nicht besser! Genau darum gibt es solche kirchlichen Feiertage, die uns immer wieder an die Gewissheiten unseres Glaubens erinnern. Darum feiern wir regelmäßig das Mahl des Herrn, weil wir so vergesslich und im Diesseits gefan-

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gene Menschen sind. Das merken wir auch bei den Jüngern:

III. Geprüfter Glaube! (V. 9-12)

Jetzt hält die Frauen nichts mehr am leeren Grab. Sie vergessen ihre kostbaren Salbenmischungen und Öle. Ihnen gelingt ein ganz entscheidender Schritt: Sie schenken der Botschaft der Engel Vertrauen; sie glauben!

Diese Nachricht muss weitergegeben werden – als Freudenbotschaft für die anderen Jünger, die sich aus Angst gut versteckt hielten. Diese Nachricht würde auch bei ihnen alles verändern, oder? Weit gefehlt! Wir lesen im Text von einer recht ernüchternden Bestandsaufnahme am Ostermorgen. Sie sind gefangen in Trauer, Angst und Hoffnungslosigkeit. Gefangen in ihrer Sicht über Jesus, die sich hartnäckig in ihren Herzen hält. Glaubensprüfung leider nicht bestanden!

Zunächst einmal müssen wir festhalten, dass wir ähnliches erleben, wenn wir das Evangelium weitersagen und von Jesu Auferstehung sprechen. Menschen, die dem Glauben fern stehen, sehen in diesen biblischen Wahrheiten meist nur Legenden, Märchen oder frommes Geschwätz. Aber hier geht es nicht um irgendwelche Menschen, es geht um Jesu Jünger, um Personen, die mit ihm unterwegs waren, die seine Worte vom Reich Gottes aufsogen und seine Wunder hautnah erlebt hatten. Auch sie glauben der Botschaft seiner Auferstehung zunächst nicht. Ihnen reicht ein Bericht der Frauen zunächst nicht aus.

Letztendlich macht sich dann zumindest Petrus auf den Weg, um sich selbst ein Bild von der Sache zu machen, in Begleitung von (vermutlich) Johannes (vgl. Joh 20,3 ff.).

Und so endet bei Lukas der Abschnitt voller Betroffenheit:

› Bei den Frauen, denen man nicht glauben will.

› Bei Petrus, der das Geschehen nicht einordnen kann.

› Bei uns, die wir uns über den Unglauben der Jünger wundern.

Für Osterwünsche scheint es noch zu früh. Schade. Aber hier kann ich mit meinem Text nicht enden.

IV. Lebensverändernde Begegnung!

Der Auferstandene weiß um die Situation seiner Jünger. Er gibt sie nicht auf, auch wenn sie scheinbar alles aufgeben wollen, „weil sie die Schrift nicht verstehen“. Was sie benötigen, ist eine Begegnung mit ihrem auferstandenen HERRN und König. Und in seiner großen Gnade schenkt er ihnen genau das. „Die Realität der leiblichen Auferstehung Jesu musste sich gegen ihren Zweifel und Unglauben durchsetzen. Aber gerade deshalb sind sie später davon so überzeugt gewesen, dass sie für diese Überzeugung sterben konnten.“ (Gerhard Maier)

Wie Johannes berichtet, begegnet Maria Magdalena Jesus noch „auf dem Friedhof“, sodass sie sagen kann: Ich habe den Herrn gesehen!“ (Joh 20,18). Auch Simon begegnet der HERR persönlich (vgl. Lk 24,34), und anschließend zeigt er sich ihnen allen (vgl. Lk 24,36 ff.); fast allen, denn Thomas, der an diesem Abend nicht anwesend war, bekommt noch eine zweite Chance, und was der HERR ihm mitteilt, ist als große Hilfe und Ermutigung an uns gerichtet:

„Du glaubst [Thomas], weil du mich gesehen hast. Glücklich zu preisen sind die, die mich nicht sehen und dennoch glauben“ (Joh  20,29).

Wir haben nicht die Möglichkeit der damaligen Jünger, Jesus leibhaftig vor uns zu sehen. Und dennoch will er auch dir und mir begegnen: in seinem Wort. Machen wir es den Frauen nach und schenken seinen Worten Vertrauen. Seine Botschaft ist bis heute für uns unmissverständlich klar:

„Ich, euer HERR, bin auferstanden! Ich bin tatsächlich auferstanden!“

Begegne auch du dem auferstandenen HERRN.

Georg Münch ist Pastor der EFG Unna und verheiratet mit Rita. Sie haben vier erwachsene Kinder und fünf Enkelkinder.

HEROLD ist eine monatliche Erweckungszeitschrift, die allein von ihren Lesern finanziert wird. Bezug (jährlich): 10,- € (D/A), bzw. 12,– sfr (CH)· Verleger: HEROLD-Schriftenmission e.V., Postfach 1162, D-35634 Leun • Redaktion: Benjamin Schmidt · redaktion@herold-mission.com Wir sind telefonisch für Sie wie folgt erreichbar: Mo, Mi, Fr von 9-12 und von 13-16 Uhr unter +49 (0) 6473 - 931 076 Oder über unsere Homepage unter www.herold-mission.com

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Verwendete Bilder dieser Ausgabe: Titelbild: Fotomontage von Die Grablegung Christi (Caravaggio), S. 2: Ausschnitt aus Das Abendmahl (Meister des Hausbuches), S. 3: Ausschnitt aus Die Krönung Christi (Caravaggio), S. 7: Ausschnitt aus Der ungläubige Thomas (Caravaggio).

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