Gemeinsam Mehr.Wert - Innovationen im industriellen Mittelstand

Page 1

Motor für Innovation

Gemeinsam Mehr.Wert Innovationen im industriellen Mittelstand Ergebnisse einer Studie der Institut der deutschen Wirtschaft Köln Consult GmbH für das Land Hessen

Eine Initiative von

Herausgeber Initiative Industrieplatz Hessen Emil-von-Behring-Str. 4 | 60439 Frankfurt am Main | www.industrieplatz-hessen.de


Impressum

Erschienen | Februar 2011 Auflage | 2.000 Stück Kontakt Initiative Industrieplatz Hessen eine Initiative der Vereinigung der hessischen Unternehmerverbände (VhU) und des Hessischen Ministeriums für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung c/o: Vereinigung der hessischen Unternehmerverbände e. V. (VhU) Emil-von-Behrings-Str. 4 60439 Frankfurt am Main www.industrieplatz-hessen.de Dr. Ulrich Kirsch Tel. 069 95808-150 Mail: ukirsch@vhu.de Ansprechpartner für die Inhalte der Studie: Institut der deutschen Wirtschaft Köln Consult GmbH Konrad-Adenauer-Ufer 21 50668 Köln www.iwconsult.de Dr. Karl Lichtblau Tel. 0221 4981 - 759 Mail: lichtblau@iwkoeln.de Hanno Kempermann Tel. 0221 4981 - 863 Mail: kempermann@iwkoeln.de Layout CREATUR Werbeagentur | Darmstadt www.creaturgrafik.de Druck mt druck Walter Thiele GmbH & Co. KG | Neu-Isenburg


Gemeinsam Mehr.Wert Innovationen im industriellen Mittelstand Ergebnisse einer Studie der Institut der deutschen Wirtschaft KĂśln Consult GmbH fĂźr das Land Hessen


Gemeinsam Mehr.Wert | Innovationen im industriellen Mittelstand

Inhalt

Vorwort des Wirtschaftsministers und VhU-Präsidenten

5

1 1.1 1.2

Fragestellung und Ausgangslage Ausgangslage Aufbau und Ziel der Studie

10 10 18

2 2.1 2.1.1 2.1.2 2.2 2.2.1 2.2.2 2.3 2.4 2.4.1 2.4.2 2.4.3 2.5

Industrieland Hessen – die makroökonomische Sicht Erfolgsfaktor Wissen Forschung, Entwicklung und Innovationen Die Position der hessischen Wirtschaft Branchenstruktur und -entwicklung Klassische Branchensicht Branchen nach Zukunftsrelevanz Die Bedeutung des Mittelstandes Tertiarisierung der Wirtschaft Megatrend Dienstleistungen Industrie-Dienstleistungsverbund Hybride Wertschöpfung Fazit

18 19 19 22 25 26 30 34 37 37 39 45 49

3 3.1 3.2 3.2.1 3.2.2 3.2.3 3.3 3.3.1 3.3.2 3.3.3 3.3.4 3.4 3.4.1 3.4.2 3.4.3 3.4.4

Innovationen in Hessen – die mikroökonomische Sicht Methode, Daten und Definitionen Innovationsverhalten Tätigkeitsprofile Forschungs- und Innovationsintensität Fazit – Tätigkeitsprofil Erfolgsanalyse Innovationen und Unternehmenserfolg Erfolgsfaktor Netzwerke Erfolg von Innovationen – Selbsteinschätzung von Unternehmen Fazit – Wirkungskette Innovationsmuster Innovationsarten und Wettbewerbsfähigkeit Gründe für verändertes Innovationsverhalten Impulsgeber für Innovationen Zukunftspläne

50 50 55 55 63 67 68 69 72 76 80 81 81 86 93 102


Motor für Innovation

3.5 3.6 3.7

Innovationshemmnisse Innovationsförderung Empirische Befunde im Überblick

105 110 115

4 4.1 4.2 4.2.1 4.2.2 4.2.3 4.2.4 4.2.5 4.2.6 4.3 4.4 4.5

Innovationspolitik in Hessen Strategie und Umfang der Innovationspolitik in Hessen Monetäre Förderung Darlehen und Bürgschaften Finanzielle Innovationsförderung Hessen ModellProjekte Innovationsförderung im ländlichen Raum Innovationsförderung innerhalb des Energiegesetzes Machbarkeitsfonds Nicht monetäre Förderung Andere Maßnahmen zur Innovationsförderung Zusammenfassung und Bewertung

118 118 119 119 120 128 130 131 132 132 139 139

5 5.1 5.2 5.3 5.4

Handlungsempfehlungen Gesamtstrategie Netzwerke als Problemlösungsplattform Innovations- und Forschungsförderung Rahmenbedingungen

143 143 145 148 153

6

Die Initiative Industrieplatz Hessen

157

Literatur

164

Tabellenverzeichnis

166

Abbildungsverzeichnis

167


Gemeinsam Mehr.Wert | Innovationen im industriellen Mittelstand

VORWORT

Sehr geehrte Damen und Herren,

die Innovationskraft eines Wirtschaftsstandortes entscheidet über seine Konkurrenzfähigkeit auf den internationalen Märkten. Im weltweiten Wettbewerb um Wertschöpfung und Wohlstand können nur starke Innovationsstandorte bestehen. Der Wettkampf mit den dynamischsten Volkswirtschaften der Welt kann mit Effizienz und Kostenmanagement allein nicht mehr gewonnen werden. Wenn Deutschland Exportweltmeister bleiben will, muss es sich dem Wettbewerb der Innovationen stellen. Der Produktionsfaktor Wissen, in dem Forschung, Entwicklung und Innovation zusammengefasst sind, wird zum entscheidenden Parameter für den Erfolg von Unternehmen und ganzen Volkswirtschaften. Hessen ist für den Wettbewerb in der „Wissensökonomie“ gut aufgestellt. In Deutschland firmiert es in jüngsten Erhebungen der Deutschen Bank neben Bayern und Baden-Württemberg als Flächenland mit der drittstärksten Innovationskraft. Allerdings verzeichnete das Verarbeitende Gewerbe in Hessen in den letzten Jahren einen Rückgang der Beschäftigung – gerade in den wissensintensiven Branchen. Dieser Befund ist mit Blick auf die Zukunftsaussichten des Wirtschaftsstandortes kritisch. Denn Industrie und industrienahe Dienstleistungen sind von hoher Forschungs- und Innovationsintensität geprägt. Die typischen Verbundbranchen der Industrie, ihre Nettolieferanten, sind vor allem Finanzdienste, Logistik, Unternehmensdienstleister, aber auch Energiedienstleister und Agrarwirtschaft. Hinzu kommen als Nettoabnehmer noch Bauwirtschaft, Handel und Gastgewerbe. Dieser Verbund aus Industrie und industrienahen Dienstleistungen spielt eine zentrale Rolle als Innovationstreiber. Die deutsche und die hessische Wirtschaft befinden sich indessen in einem fortschreitenden Tertiarisierungsprozess. In Hessen werden heute fast vier Fünftel der Wertschöpfung im Dienstleistungssektor generiert. Dessen Bedeutungszunahme ist direkt verknüpft mit der zunehmenden Verflechtung innerhalb des sogenannten Industrie-Dienstleistungsverbunds.

5|


Motor für Innovation

Dieter Posch Hessischer Minister für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung

Der Tertiarisierungsprozess verläuft in Hessen aber völlig anders als in den beiden ausgewählten Vergleichsregionen Bayern und Baden-Württemberg. Während dort der industrielle Kern in den letzten Jahren immer noch weiter gewachsen ist, ist er in Hessen geschrumpft. Dagegen sind die industrienahen Dienstleistungen in Hessen ungefähr gleich schnell gewachsen wie in den Vergleichsländern, also überproportional. Aber insgesamt konnte der Industrie-Dienstleistungsverbund den Rückgang der Wertschöpfungsanteile des Verarbeitenden Gewerbes nicht kompensieren. Vor allem zwischen 1999 bis 2008 ist eine Abkopplung des Wachstums im Verarbeitenden Gewerbe von den Dienstleistungen im Verbund erkennbar. Hessen muss – so das klare Ergebnis unserer neuen Studie – seine Schwäche im industriellen Kern beseitigen und sich stärker als attraktiver Industriestandort positionieren. Solange der industrielle Kern in Hessen schrumpft, verschenkt der Standort kurzfristiges Wachstum und riskiert darüber hinaus auch langfristige Innovations- und Zukunftschancen. Für die dauerhafte Innovationskraft Hessens ist es daher entscheidend, die Innovationspotenziale der Industrie und ihres Verbundes zu stärken. Hessen beherbergt weniger große Industrieunternehmen als Bayern und Baden-Württemberg. Wie die Studie zeigt, betreiben sie Innovation in der Regel internationaler, systematischer und vernetzter - und deshalb auch erfolgreicher. Deshalb muss Hessen noch viel mehr als die Vergleichsstaaten einen Schwerpunkt auf die Förderung der Innovationsfähigkeit des industriellen Mittelstands legen. Dies ist Anlass und Ausgangspunkt der Studie „Innovation in Hessen“, die die Institut der deutschen Wirtschaft Köln Consult GmbH (IW Consult) im Auftrag der Initiative Industrieplatz Hessen im Herbst 2010 erarbeitet hat und die wir nun im ersten Quartal 2011 vorlegen. Die Initiative wird getragen von führenden hessischen Unternehmerpersönlichkeiten, der Vereinigung der hessischen Unternehmerverbände und dem Hessischen Wirtschaftsministerium. Die Studie zielt ab auf das Innovationspotenzial im industriellen Mittelstand Hessens und auf Möglichkeiten, dieses Potenzial zu heben. Dazu untersucht sie das Innovationssystem Hessen sowohl auf der gesamtwirtschaftlichen Makroebene als auch auf der Unternehmens- oder Mikroebene. 6|


Gemeinsam Mehr.Wert | Innovationen im industriellen Mittelstand

Auf der Makroebene beantwortet die Untersuchung zunächst die Frage nach der aktuellen Leistungsfähigkeit Hessens im Innovationswettbewerb und beschreibt die Bedeutung der Industrie in diesem Prozess. Auf der Mikroebene sucht sie im Wesentlichen nach Antworten auf drei Fragen: Welche Innovationspotenziale gibt es im industriellen Mittelstand in Hessen? Was sind für ihn die wichtigsten Innovationshemmnisse? • Welche Handlungsempfehlungen lassen sich daraus für die Unternehmen selbst und die Politik ableiten? • •

Die Studie sieht für mittelständische Unternehmen in Hessen vor allem bei zwei Erfolgsfaktoren Nachholbedarf und dementsprechend Entwicklungspotenzial: beim systematischen Management von Innovationen und bei der Beteiligung mittelständischer Unternehmen an wissensintensiven Kooperationen. Mittelständische Unternehmen sind bei Innovationen richtigerweise kundengetrieben, aber dadurch eher reaktiv und stärker vom Zufall abhängig. Wissensintensive Kooperationen sind in Hessen im Vergleich zum Bund etwas schwächer ausgeprägt. Jene hessischen Unternehmen, die sich in wissensintensive Kooperationen einbringen, schätzen ihren Erfolg aber deutlich höher ein, als dies im Bundesdurchschnitt der Fall ist.

Prof. Dieter Weidemann Präsident Vereinigung der hessischen Unternehmerverbände e. V. (VhU)

Um Innovationstätigkeit, -intensität und -erfolg im industriellen Mittelstand zu erhöhen, müssen neben der Realisierung von Innovationspotenzialen aber auch Innovationshemmnisse in Hessen abgebaut werden. Als Gründe für nicht realisierte Innovationsprojekte treten vor allem Mängel bei der Finanzierung, das Fehlen geeigneter Partner und ein Mangel an veränderungsorientierten Mitarbeitern auf. Die wichtigsten Hemmnisse für die geschäftsrelevante Umsetzung sind nach Auskunft der Unternehmen fehlendes Kapital, komplizierte Beantragungswege und bürokratische Hemmnisse bei der Innovationsförderung.

7|


Motor für Innovation

Die vorliegenden Befunde zum Innovationssystem Hessen legen nahe, dass sowohl im Management von Innovation auf der Ebene der Unternehmen, als auch in der Organisation von Netzwerken sowie im Bereich der Innovationsförderung noch viele Chancen schlummern, die genutzt werden könnten. Um dieses Potenzial zu entfalten, müssen die vorhandenen Stärken in der Förderung von Netzwerken weiter gestärkt und die latenten Schwächen im Innovationsmanagement sowie in der Förderung von Innovation im industriellen Mittelstand abgebaut werden. Beides muss Teil einer Gesamtstrategie sein, für die sich drei Handlungsempfehlungen ableiten lassen:

• • •

Innovationsmanagementfähigkeiten in mittelständischen Unternehmen stärken, Netzwerke und Kooperationen als Problemlösungsplattformen rund um Zukunfts- und Leitthemen organisieren, Selektions- und Informationsprobleme in der Innovationsförderung reduzieren.

Zudem wird es erforderlich sein, auch den Innovationsbegriff neu zu fassen. Denn Innovation wird hierzulande häufig noch mit Forschung und Entwicklung im Bereich der Hochtechnologie gleichgesetzt. Die vorliegende Studie weist indessen nach, dass Innovation für den industriellen Mittelstand auch abseits der von Hochtechnologien geprägten Branchen erfolgsrelevant ist und dass der industrielle Mittelstand seinerseits Rückgrat der Innovationsfähigkeit des Wirtschaftsstandorts ist – und noch in viel stärkerem Ausmaß sein muss, will der Standort seine Innovationskraft im weltweiten Wettbewerb um Wertschöpfung und Wohlstand auch langfristig erhalten.

Diese Empfehlungen sind nun in einem zweiten Schritt weiter zu konkretisieren: • Welche inhaltlichen Schwerpunkte will man bei der Stärkung des Innovationsmanagements setzen? Wie kommt man an Vorbilder, und welche Wettbewerbe eignen sich für nachhaltige Erfolgsvergleiche? Welche harten Effizienzkriterien rechtfertigen eine QualifizierungsFörderung? Und welche Träger und Einrichtungen eignen sich als Kooperationspartner für Programme? • Wie sollte die Clusterförderung weiterentwickelt, gestrafft, konzentriert oder neu aufgesetzt werden? Welchen Querschnitt-Leitthemen will man in Hessen den Vorzug geben – und sie den bestehenden Förderlinien wie Umwelt-Tech, Bio-Tech, Nanotech zur Seite stellen? Wie lässt sich der Trend zu „Avantgarde-Unternehmen“, die Industrie und Dienstleistung intelligent miteinander verbinden, beschleunigen?

8|


Gemeinsam Mehr.Wert | Innovationen im industriellen Mittelstand

• Sollte den Hausbanken zur Reduktion von Such- und Informationskosten und damit zur Beseitigung der entscheidenden Eintrittsbarriere für KMUs eine größere Rolle ermöglicht werden? Z. B. durch bestimmte Refinanzierungsmöglichkeiten nach dem Vorbild der kfwKredite, über staatliche Kreditzusagen oder Bürgschaften für ausgewählte Innovationen? Dazu bedarf es einer vertieften und strukturierten Diskussion der hessischen Wirtschaft mit der hessischen Politik, einer klaren Priorisierung der Umsetzung sowie einer standardisierten Erfolgskontrolle. Die Initiative Industrieplatz Hessen möchte die Konkretisierung der Handlungsempfehlungen in den nächsten zwei Jahren ins Zentrum ihrer Arbeit stellen und die Diskussion umsetzungsorientiert vorantreiben. Wir laden zur Mitarbeit ein.

Dieter Posch

Prof. Dieter Weidemann

9|


Motor für Innovation

1 FRAGESTELLUNG UND AUSGANGSLAGE Hessen zählt neben Bayern, Baden-Württemberg und Hamburg zu den wirtschaftsstärksten Bundesländern. Das Land ist ein traditioneller Industriestandort, hat aber in den letzten Jahren seinen Schwerpunkt immer stärker in Richtung Dienstleistungswirtschaft verschoben. Es gibt drei Entwicklungslinien, die gleichzeitig zu beobachten sind: •

Im weltweiten Wettbewerb können heute nur noch starke Innovationsstandorte bestehen. Forschung und Entwicklung sind wesentliche Voraussetzungen dafür.

Besonders hohe Forschungs- und Innovationsintensitäten sind in der Industrie und in den industrienahen Dienstleistungen – also in dem sogenannten IndustrieDienstleistungsverbund – zu beobachten.

Dieser Industrie-Dienstleistungsverbund ist gerade in den beiden wirtschaftsstärksten Bundesländern – Bayern und Baden-Württemberg – besonders stark ausgeprägt.

Die vorliegende Studie soll deshalb zwei Fragen beantworten: Wo steht Hessen im Innovationswettbewerb und welche Bedeutung hat die Industrie in diesem Prozess? Basis der Analyse ist neben klassischen statistischen Daten auch eine Unternehmensbefragung hessischer und einer Vergleichsgruppe deutscher Unternehmen aus dem Frühsommer 2010. Aufbauend auf diesen Ergebnissen werden Schlussfolgerungen und Handlungsempfehlungen abgeleitet. Zunächst soll aber kurz das Umfeld beschrieben werden, vor dem sich der Innovationswettbewerb abspielt.

1.1 Ausgangslage Deutschland ist überdurchschnittlich von der Industrie geprägt. Gegen den weltweiten Trend haben sich in den letzten Jahren die Anteile des Verarbeitenden Gewerbes – der Kernbrachen der Industrie – an der Wertschöpfung leicht erhöht. Gleichzeitig findet auf mehreren Ebenen eine tief greifende Tertiarisierung der Wirtschaft statt: Dienstleistungstätigkeiten und Dienstleistungsprodukte gewinnen an Bedeutung und Industrie- und Dienstleistungsbranchen verschmelzen über Vorleistungsverflechtungen zu einem Verbund. Die Voraussetzung für Erfolg in diesem modernen Industrie-Dienstleistungsverbund ist Wissen. Eng verbunden mit der Industrie sind die Themen Innovationen sowie Forschung und Entwicklung (FuE). Etwa 90 Prozent der FuE-Ausgaben entfallen auf die Industrie. Von den Aufwendungen für Innovationen trägt die Industrie rund drei Viertel. Der technologische Fortschritt wird auch in Zukunft einer der Haupttreiber des globalen Struk-

10 |


Gemeinsam Mehr.Wert | Innovationen im industriellen Mittelstand

turwandels und des weltwirtschaftlichen Wachstums sein. Bildung, Qualifikationen, Innovationen sowie Forschung und Entwicklung sind die entscheidenden Wachstumstreiber in modernen Industrien. Wissen macht heute den Unterschied zwischen erfolgreichen und weniger erfolgreichen Volkswirtschaften aus. Wissen ist ein entscheidender Erfolgsfaktor In einer Wissensgesellschaft sind Innovationen wesentlich für die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen verantwortlich, da sie zumindest temporäre Wettbewerbsvorteile gegenüber der Konkurrenz erzielen. Eine Vielzahl von Studien zeigt einen deutlichen Zusammenhang zwischen Unternehmenserfolg und Innovationstätigkeit (z. B. Baldwin/Johnson, 1995; Gemünden et al., 1992). In einer Befragung unter 1.500 bayerischen Unternehmen wurde beispielsweise die Frage gestellt, welche Erfolgsfaktoren in der Vergangenheit wesentlichen Einfluss auf die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen hatten und welche Erfolgsfaktoren in Zukunft wesentlichen Einfluss haben werden. Die Unternehmen sehen den Bereich Innovationen als den wichtigsten Faktor zur Wettbewerbssicherung in der Vergangenheit (59 Prozent) und glauben, dass dies in Zukunft sogar noch stärker der Fall sein wird (66 Prozent). Selbstverständlich ist Wissen nicht der einzige Erfolgsfaktor von Unternehmen. Analysen des IW-Zukunftspanels zeigen, dass vier Gruppen von Einflussgrößen den Erfolg von Unternehmen maßgeblich bestimmen: •

Know-how: Dazu gehört natürlich in erster Linie der Faktor Wissen. Forschung und Entwicklung, Innovationen und eine gute Ausstattung mit Humankapital (gemessen durch die Akademikerdichte) wirken positiv auf den Unternehmenserfolg.

Internationalisierung: Unternehmen mit Auslandsgeschäft sind erfolgreicher als die, die sich nur auf den Inlandsmarkt konzentrieren.

Differenzierungsfähigkeit: Die Stärke der deutschen Wirtschaft auf den internationalen Märkten liegt in der hohen Differenzierungsfähigkeit, d. h. in der Fähigkeit zu kundenindividuellen und maßgeschneiderten Produkten. Immer wichtiger wird dabei das Verbinden von Industrie und Dienstleistungen und damit das Angebot kompletter Problemlösungen.

Marktumfeld: Wichtig für den Erfolg ist auch, in welchem Umfeld die Unternehmen agieren. Dabei sind die erfolgreicher, die es schaffen, durch Qualität einen Preiswettbewerb gegen Niedriglohnländer zu vermeiden. Dazu gehört aber die Einbindung in Netzwerke. Unternehmen, die bei Forschung, Entwicklung und Innovationen mit externen Partnern zusammenarbeiten, sind erfolgreicher als andere.

11 |


Motor für Innovation

Abbildung 1-1: Erfolgsfaktoren der Unternehmen Schematische Darstellung auf Basis der Ergebnisse des IW-Zukunftspanels

Internationalisierung

Know-how Erfolgsfaktoren Marktumfeld

Differenzierung

Quelle: IW-Zukunftspanel

Aufgrund dieser Vielfältigkeit der Erfolgsfaktoren sollten Innovationen und Innovationssysteme nicht isoliert betrachtet werden. Deshalb wird in dieser Studie der Blick auch auf andere Aspekte gerichtet. Die Bedeutung von Netzwerken oder das vielfältige Zusammenwachsen von Industrie und Dienstleistungen sind Beispiele dafür. Der Erfolgsfaktor Know-how bleibt aber der wichtigste Ankerpunkt der Studie. Ein einfacher Beleg, der die Bedeutung dieses Faktors zeigt, ist die Beschäftigungsentwicklung der wissensintensiven Branchen. Dort ist die Beschäftigung zwischen 1998 und 2008 bundesweit um 7,4 Prozent gestiegen; in den nicht wissensintensiven Bereichen ist sie hingegen um fast 4 Prozent gefallen. Ein ähnliches Profil zeigt sich in Hessen (Abbildung 1-2). In der vergangenen Dekade sind wissensintensive Wirtschaftsbereiche in Hessen (+7 Prozent) deutlich stärker gewachsen als im nicht wissensintensiven Bereich der Wirtschaft (+1 Prozent). Hessen sollte sich als wirtschaftsstarkes Land aber nicht nur am Bundesdurchschnitt, sondern an den besonders erfolgreichen Ländern Bayern und Baden-Württemberg orientieren. Dort ist die Beschäftigung in dem betrachteten Zeitraum in den wissensintensiven Bereichen sogar um 13 Prozent gestiegen. Auch die nicht wissensintensiven Branchen haben sich etwas besser entwickelt als in Hessen.

12 |


Gemeinsam Mehr.Wert | Innovationen im industriellen Mittelstand

Abbildung 1-2: Wissensintensive Branchen auch in Hessen immer wichtiger Entwicklung der SV-Beschäftigten in Hessen (1998 = 100) 115 110

107,1 105

101,2 100 95 90 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 1998 wissensintensive Branchen nicht wissensintensive Branchen

zum Vergleich die aggregierte Entwicklung in Baden-Württemberg und Bayern

115

113

110

103,1

105 100 95 90

1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 1998 wissensintensive Branchen nicht wissensintensive Branchen

Wissensintensive Branchen: Gewinnung von Erdöl und Erdgas, Kokerei/Mineralölverarbeitung, Verlagsgewerbe, Chemie, Maschinenbau, Elektroindustrie, Fahrzeugbau, Energie- und Wasserversorgung, Kredit- und Versicherungswesen, DV-Dienste, Forschung und Entwicklung, unternehmensnahe Dienste, Gesundheits-, Veterinär- und Sozialwesen, Kultur, Sport und Unterhaltung nicht-wissensintensive Branchen: übrige Branchen

Quelle: Bundesagentur für Arbeit (2010), WZ 2003

KMU haben Defizite bei FuE und Innovationen In Deutschland konzentrieren sich Aktivitäten in den Bereichen Forschung und Entwicklung sowie Innovationen bisher auf Großunternehmen. Es bestehen signifikante Größenunterschiede bei den Innovationsleistungen von Unternehmen – während Großunternehmen strategischer

13 |


Motor für Innovation

und eher kontinuierlich forschen und entwickeln, läuft der Innovationsprozess bei kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) wesentlich ungeplanter und diskontinuierlicher ab. Dies spiegeln Umfragewerte des Mannheimer Innovationspanels (ZEW) wider: Die Innovatorenquote von Großunternehmen ist etwa doppelt so hoch wie die von KMU (5–500 Beschäftigte). Das Gleiche gilt für den Umsatzanteil mit Marktneuheiten. Ebenso fällt auf, dass grundsätzlich deutlich mehr Großunternehmen Forschung betreiben als KMU. Deshalb sollte in Deutschland besonderer Wert auf eine möglichst optimale Entfaltung des Innovationspotenzials von KMU gelegt werden. Einerseits sind hier die zu hebenden Potenziale noch wesentlich größer, andererseits tragen KMU aufgrund ihrer schieren Anzahl entscheidend zum Wohlstand Deutschlands bei. Dies gilt auch für den hessischen Mittelstand. Abbildung 1-3: Krisenrisikoindex Welche Regionen sind am stärksten von der Wirtschaftskrise betroffen?

Schleswig-Hollstein 11 Hamburg 13

Mecklenburg-Vorpommern 15

Bremen 5 Berlin 16

Niedersachsen 6

Brandenburg 14 Sachsen-Anhalt 12 Nordrhein-Westfalen 4 Sachsen 8 Hessen 9

Thüringen 10 sehr stark betroffen eher stark betroffen durchschnittlich betroffen eher schwach betroffen sehr schwach betroffen

Rheinland-Pfalz 7

Saarland 2

Bayern 3 Baden-Württemberg 1

Quelle: IW Consult (2010), Krisenrisikoindex 14 |


Gemeinsam Mehr.Wert | Innovationen im industriellen Mittelstand

Hessen kommt einigermaßen gut durch die Krise Die aktuelle Wirtschaftskrise betrifft zum großen Teil diejenigen Unternehmen, die bisher besonders erfolgreich waren, nämlich die exportstarken Industrieunternehmen. Um eine Idee zu bekommen, welche Bundesländer unter diesen Entwicklungen besonders zu leiden haben, wurde ein Krisenrisikoindex entwickelt. In diesen Index gehen sieben Indikatoren ein, vier zum Arbeitsmarkt (wie z. B. die Entwicklung der Arbeitslosenquote und der Bestand an Kurzarbeit) und drei zur Branchenstruktur (wie z. B. Branchenanteile mit überdurchschnittlichen Exportund Umsatzrückgängen). Hessen konnte die globale Wirtschaftskrise besser abfedern als einige der stärker industriell geprägten Bundesländer wie insbesondere Baden-Württemberg und Bayern. Hessen landet bei diesem Krisenbetroffenheitsindex der IW Consult auf Platz neun von 16 Bundesländern und ist somit durchschnittlich von der Krise betroffen (Abbildung 1-3). Während Schleswig-Holstein, Hamburg und der Nordosten der Republik unterdurchschnittlich stark von den Auswirkungen der Wirtschaftskrise betroffen sind, verzeichnet der Süden der Bundesrepublik nach wie vor starke Einschnitte. Abbildung 1-4: Auftragseingänge Verarbeitendes Gewerbe in Hessen Index Januar 2006= 100 Inland

Ausland

Gesamt

170

150

130

110

90

70 2006

2007

2008

2009

2010

Quelle: Hessisches Landesamt für Statistik, Darstellung IW Consult

15 |


Motor für Innovation

Die aktuelle Sicht auf die Industriestatistik zeigt sogar ein noch positiveres Bild. Nach den Daten für Auftragseingänge und Umsätze zu urteilen, spürt das hessische Verarbeitende Gewerbe den Aufschwung schon. Die Auftragseingänge werden in Abbildung 1-4, die Umsatzentwicklung wird in Abbildung 1-5 dargestellt. Bis Ende 2008 blieben die Auftragseingänge in hessischen Verarbeitenden Gewerbe vergleichsweise stabil. Zum Jahreswechsel 2008 zu 2009 hin gingen sie jedoch dramatisch zurück und konnten sich nur geringfügig erholen. An der Gesamtsituation änderte auch ein Großauftrag im Bereich Sonstiger Fahrzeug im Juli 2009 wenig. Nach Angaben des Hessischen Statistischen Landesamts lagen die preisbereinigten Auftragseingänge der hessischen Industrie im Juli 2009 um 27 Prozent höher als im Vorjahr. Die Inlandsaufträge nahmen wegen eines Sondereffekts durch einen Großauftrag um 73 Prozent zu, während die Auslandsaufträge um 12 Prozent zurückgingen. Beim Sonstigen Fahrzeugbau lagen die Inlandsaufträge im Juli 110 mal so hoch wie im Vorjahr. Im „normalen“ Bereich bewegten sich der Kraftwagensektor mit einem Anstieg von 11 Prozent und der Pharmabereich mit 3,3 Prozent. Seit dem vierten Quartal 2009 ist jedoch ein nachhaltiger Aufwärtstrend bei den Auftragseingängen in der hessischen Industrie zu erkennen. Dieser hat dazu geführt, dass man aktuell im Oktober 2010 schon wieder fast auf dem Niveau von Januar 2006 ist. Erfreulicherweise bezieht sich dieser Aufschwung sowohl auf die Auftragseingänge aus dem Inland wie auch die Eingänge aus dem Ausland. Abbildung 1-5: Umsätze Verarbeitendes Gewerbe in Hessen Index Januar 2006= 100 Inland

Ausland

Gesamt

130

120

110

100

90

80 2006

2007

2008

2009

Quelle: Hessisches Landesamt für Statistik, Darstellung IW Consult 16 |

2010


Gemeinsam Mehr.Wert | Innovationen im industriellen Mittelstand

Wie in Abbildung 1-5 zu erkennen folgten die Umsätze im hessischen Verarbeitenden Gewerbe einem grundlegend ähnlichen Muster wie die Auftragseingänge, die zuvor beschrieben wurden. Auch hier ist eine nachhaltige Trendänderung seit Ende 2009 festzustellen. Inzwischen (Oktober 2010) sind die Umsätze nach der Krise sogar wieder deutlich höher als im Vergleichsmonat Januar 2010. Ebenso wie schon bei Auftragseingängen ist positiv zu beobachten, dass sowohl Inlands- als auch Auslandsumsätze sich positiv entwickeln. Kaum Rationalisierungen bei FuE und Innovationen Die aktuelle Krise unterscheidet sich von bisherigen Krisen, da es sich eher um eine Wachstumspause handelt als um einen grundlegenden Restrukturierungsprozess. Es wird davon ausgegangen, dass die Konjunktur bereits in diesem Jahr wieder an Fahrt gewinnen wird. Fast alle Unternehmen wollten Kosten einsparen und Prozesse rationalisieren, aber kaum in den Bereichen Forschung und Entwicklung/Innovationen, so das zentrale Ergebnis der 12. Welle des IW-Zukunftspanels. Schwerpunktmäßig setzen Einsparungen vor allem im Einkauf, in der Verwaltung und im Workflow an. Dies gilt insbesondere für Unternehmen mit einem Umsatz von mehr als 50 Millionen Euro: Einschnitte in den Bereichen FuE sowie Innovationen sind hingegen in allen Größenklassen nur von untergeordneter Bedeutung. So plant nur etwa jedes zehnte Unternehmen Rationalisierungen bzw. Kosteneinsparungen in diesen Bereichen. Ein weiterer wichtiger Befund aus dem IW-Zukunftspanel ist, dass die Erfolgsfaktoren sich durch die Krise nicht geändert haben. Know-how (Forschung, Entwicklung, Innovationen, Bildung), Internationalisierung, Differenzierungsfähigkeit und Netzwerke bleiben auch in Zukunft wichtige Treiber für Erfolg. Insgesamt gibt es drei wesentliche Beschreibung des gegenwärtigen wirtschaftlichen Umfeldes: •

Wissen ist der entscheidende Erfolgsfaktor für die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen und für die gesamte Volkswirtschaft.

Die Wirtschaftskrise des Jahres 2009 hat insbesondere die Industrieregionen im Süden Deutschlands getroffen, die besonders innovations- und forschungsstark sind.

Die Unternehmen werden aber aller Voraussicht nach auf diese Krise nicht mit einer Verringerung ihrer Innovations- und Forschungsaktivitäten reagieren. Die Erfolgsfaktoren für Unternehmen haben sich durch die Krise nicht geändert.

Deshalb bleiben das Innovationsthema und damit die Fragestellungen dieser Studie hochaktuell. Es gibt keine Anzeichen, an der Bedeutung der Innovationen für zukünftige Wettbewerbsfähigkeit zu zweifeln. Im Gegenteil – nach aktuellen Befragungsergebnissen des IW-Zukunftspanels wird die Bedeutung zunehmen. 17 |


Motor für Innovation

1.2 Aufbau und Ziel der Studie Die Initiative Industrieplatz Hessen hat das Thema „Innovation“ zum Schwerpunkt ihrer Arbeit im Jahr 2010 gemacht. Die vorliegende Studie zum Thema „Innovation im industriellen Mittelstand in Hessen“ wurde in Auftrag gegeben, um auf Basis von empirischen Grundlagen Perspektiven und Handlungsempfehlungen für Wirtschaft und Politik aufzuzeigen, die Hessen als Innovationsstandort stärken. Ziel dieser Studie ist es, durch eine regionale Betrachtung ein vertieftes Verständnis für das Innovationssystem Hessens zu bekommen, um auf regionaler Ebene Innovationspotenziale insbesondere bei KMU ausschöpfen zu können. Die Studie analysiert Hessen als Innovationsstandort aus folgenden Perspektiven: •

In Kapitel 2 richtet sich der Blick auf Hessen aus einer gesamtwirtschaftlichen Sicht. Im Vordergrund steht hier die Analyse der Rahmenbedingungen in Hessen als Innovationsstandort. Es werden hier zentrale Indikatoren zur Wirtschaftsstruktur sowie zur Aufstellung mit dem Erfolgsfaktor Wissen abgebildet.

In Kapitel 3 folgt dann ein ausführlicher Blick auf der Unternehmensebene. Auf Basis einer Befragung im Rahmen des IW-Zukunftspanels wird in diesem Kapitel die qualitative und quantitative Bedeutung von Innovationen in der hessischen Wirtschaft untersucht.

Kapitel 4 stellt die wesentlichen Maßnahmen in der hessischen Innovationspolitik dar.

Kapitel 5 entwickelt Handlungsoptionen, wie eine erfolgreiche Weiterentwicklung Hessens als Innovationsstandort aussehen könnte.

2 INDUSTRIELAND HESSEN – DIE MAKROÖKONOMISCHE SICHT Neben der Analyse des Innovationsverhaltens in hessischen Unternehmen ist es für eine spätere Ableitung von Handlungsoptionen zentral, auch immer die gesamtwirtschaftlichen Rahmenbedingungen im Blick zu haben. Insbesondere geht es um die Bedeutung der Industrie für den Innovationsprozess. Dieses Kapitel beschäftigt sich mit der hessischen Wirtschaft aus drei Sichten: • • •

Aufstellung der hessischen Wirtschaft beim Megatrend Wissensintensivierung Analyse der Branchenstruktur und -entwicklung Aufstellung der hessischen Wirtschaft beim Megatrend Tertiarisierung

18 |


Gemeinsam Mehr.Wert | Innovationen im industriellen Mittelstand

Die Analyse der hessischen Wirtschaft stützt sich weitgehend auf amtliche Statistiken (Volkswirtschaftliche Gesamtrechnungen der Länder, SV-Beschäftigte der Bundesagentur für Arbeit u. Ä.). Es wird ein Vergleich Hessens mit den gesamtdeutschen Werten sowie mit zwei für diese Fragestellung relevanten Benchmark-Bundesländern – Baden-Württemberg und Bayern – vorgenommen. Bei einigen Indikatoren ist eine tiefer gegliederte regionale Sicht auf Ebene der hessischen Regierungsbezirke Gießen, Kassel und Darmstadt möglich.

2.1 Erfolgsfaktor Wissen 2.1.1 Forschung, Entwicklung und Innovationen Forschung und Entwicklung und Innovationen sind entscheidende Wettbewerbsparameter und Erfolgsfaktoren für Unternehmen (Baldwin/Johnson, 1995; Gemünden et al., 1992). Es gibt klare Unterschiede in den Forschungs- und Innovationsaktivitäten zwischen Unternehmensgrößen und Branchen. KMU sind weniger FuE- und innovationsintensiv. Auf die Industrie entfällt der Großteil der FuE- sowie der Innovationsaufwendungen der deutschen Wirtschaft. Das zeigen die einschlägigen empirischen Befunde, wie z. B. das ZEW-Innovationspanel oder die Erhebung der FuE-Aufwendungen des Stifterverbandes für die deutsche Wissenschaft. Zu sehr ähnlichen Ergebnissen kommt das IW-Zukunftspanel. Zwei für diese Studie zentrale Ergebnisse zeigt das ZEW-Innovationspanel: Alle einschlägigen Innovationsindikatoren liegen in der Industrie höher als den Dienstleistungen. Rund zwei Drittel der Unternehmen des Verarbeitenden Gewerbes sind Innovatoren; in den Dienstleistungsbranchen sind es nur 49 Prozent. Rund 35 Prozent der Industrieunternehmen betreiben Forschung und Entwicklung; bei den Dienstleistungen sind es nur 15 Prozent. Die Innovationsintensität beträgt in den industriellen Branchen 4,1 Prozent; bei den Dienstleistungen ist diese Quote mit 1,2 Prozent deutlich niedriger. Auf die Industrie entfallen 77 Prozent aller Innovationsaufwendungen und auf den quantitativ größeren Dienstleistungsbereich nur 23 Prozent. Innerhalb dieser Branchengruppen gibt es noch deutlichere Unterschiede zwischen der forschungsintensiven und der sonstigen Industrie sowie zwischen den wissensintensiven und sonstigen Dienstleistungen. Auf die forschungsintensive Industrie beispielsweise entfallen 60 Prozent der Innovationsaufwendungen, aber nur 22 Prozent der Umsätze und nur knapp 9 Prozent der ZEW-Stichprobe. Die Unterschiede zwischen Industrie und Dienstleistungen sind in der Wirklichkeit noch deutlicher, wenn man berücksichtigt, dass typische FuE- und innovationsschwache Branchen wie das Gastgewerbe, der Einzelhandel, die konsumnahen oder kulturellen Dienstleistungen im ZEW-Panel nicht enthalten sind.

19 |


Motor für Innovation

Bei einem Blick auf die Unternehmensgrößenklassen zeigt sich, dass die Innovatorenquoten und die FuE-Tätigkeit mit der Unternehmensgröße deutlich zunehmen. Das gilt nicht nur für die Gesamtwirtschaft, sondern auch innerhalb des Industrie- und Dienstleistungsbereiches. Die Innovationsintensität hat einen U-förmigen Verlauf. Sie beträgt 1,6 Prozent bei den Unternehmen bis fünf Beschäftigte, fällt dann auf 1,2 Prozent für Unternehmen zwischen 250 und 999 Beschäftigten und steigt dann in der Gruppe der Großunternehmen (1.000 und mehr Beschäftigte) wieder sehr deutlich an (4,6 Prozent). Absolut betrachtet bestreiten mit fast 80 Prozent die größeren Unternehmen (250 Beschäftigte und mehr) den Löwenanteil der Innovationsaufwendungen.

Tabelle 2-1: Innovationsindikatoren der deutschen Wirtschaft ZEW-Innovationspanel; Angaben für 2008 in Prozent

Branchen Verarbeitendes Gewerbe Forschungsintensive Industrie Sonstige Industrie Dienstleistungen Wissensintensive Dienstleistungen Sonstige Dienstleistungen Gesamt Unternehmensgrößenklassen 5–49 Beschäftigte 50–249 Beschäftigte 250–999 Beschäftigte 1.000 und mehr Beschäftigte Gesamt 1)

Innovatorenquote1)

FuE-Tätigkeitsquote2)

Innovationsintensität3)

67

35

4,1

84

63

7,0

62

27

1,6

49

15

1,2

61

27

1,6

40

6

0,7

56

23

2,6

54

20

1,6

67

37

1,5

82

53

1,2

92

74

4,1

56

23

2,6

Anteil der Unternehmen, die in den letzten drei Jahren neue oder verbesserte Produkte oder Prozesse eingeführt haben; Anteil der Unternehmen, die kontinuierlich oder gelegentlich Forschung oder Entwicklung betreiben; Innovationsaufwendungen in Prozent des Umsatzes Industrie: Produzierendes Gewerbe ohne Bau; Dienstleistungen: alle ohne Kfz-Reparatur, Einzelhandel, Gastgewerbe, Vermietung, Bildungs- und Gesundheitsdienstleistungen, öffentliche Verwaltung; Konsumnahe und kulturelle Dienstleistungen Forschungsintensive Industrie: Chemie, Pharma, Elektroindustrie; Maschinen- und Fahrzeugbau; Wissensintensive Dienstleistungen: Film, Radio, TV und Verlage, IuK-Dienste, Finanzdienstleistungen, Rechts- und Wirtschaftsberatung, Architektur, technische Labore, FuE-Dienstleistungen und Ingenieurbüros; alle Branchen abgegrenzt auf Basis WZ 2008 2) 3)

Quelle: ZEW (2010)

20 |


Gemeinsam Mehr.Wert | Innovationen im industriellen Mittelstand

Zu ähnlichen strukturellen Ergebnissen kommt die Erhebung der FuE-Aufwendungen des Stifterverbandes für die deutsche Wissenschaft für das Jahr 2008. Knapp 90 Prozent aller FuE-Aufwendungen entfallen auf den industriellen Bereich und nur 10 Prozent auf die Dienstleistungsbranchen (Stifterverband, 2010). Innerhalb der Industrie entfallen fast alle Aufwendungen auf das Verarbeitende Gewerbe. Auch der Blick auf die Unternehmensgröße ist eindeutig. Nur 10 Prozent der FuE-Aufwendungen werden im Mittelstand, d. h. von Unternehmen mit weniger als 250 Beschäftigten, getätigt. Rund 90 Prozent aller FuE-Ausgaben finanzieren die größeren Unternehmen. Viele KMU sind trotz dieser Defizite erfolgreich. Das zeigen Untersuchungen des IW-Zukunftspanels. Ein Teil dieser Unternehmen kann unterdurchschnittliche Forschungs- und Innovationstätigkeiten durch andere Erfolgsfaktoren kompensieren. Dazu gehören die Differenzierungsfähigkeit, d. h. unter anderem die Kombination von Industrie und Dienstleistungen oder der Ausbau der produktbegleitenden Dienstleistungen. Auch wichtige Eigenschaften wie Qualität, Zuverlässigkeit, Termintreue oder die Fähigkeit zum Angebot kundenspezifischer Produkte gehören dazu (Lichtblau/Neligan, 2009). Natürlich sind das nur Durchschnittsbeobachtungen, die nichts über einen Einzelfall aussagen. Viele kleinere Dienstleistungs- oder Industrieunternehmen haben sehr hohe Forschungs- und Innovationsintensitäten und entwickeln sich insgesamt sehr dynamisch. Wichtig ist auch die Beobachtung aus dem IW-Zukunftspanel, dass innerhalb des Mittelstandes die Innovatoren und die Unternehmen mit FuE-Tätigkeiten erfolgreicher sind als die Vergleichsgruppe (IW Consult, 2008). Wissen ist insgesamt betrachtet eine Grundvoraussetzung für internationale Wettbewerbsfähigkeit. Deutschland schneidet bei internationalen Vergleichen zur FuE- und Innovationsintensität relativ gut ab (siehe u. a. European Commission – Enterprise and Industry (Hrsg.) 2010). Deutschland zählt mit Finnland, Dänemark, Schweden und dem Vereinigten Königreich zu den „Innovation leaders“, die deutlich mehr als der EU-27-Durchschnitt in Sachen Innovation unternehmen. Deutschland hat die größte Verbesserung innerhalb seiner Vergleichsgruppe (Innovation leaders) erzielt. Die Stärke beruht vor allem auf wirtschaftlichen Effekten (u. a. Beschäftigtenanteile in wissensintensiven Unternehmen und Umsatzanteile mit Marktneuheiten) und den Innovatoren (u. a. Anteil KMU mit Innovationen). Im Bereich Humanressourcen (u. a. Anteil Hochqualifizierte in der Bevölkerung) ist die Leistung im Vergleich zur EU eher unterdurchschnittlich. Dies gilt auch für den Bereich der Durchbrüche (u. a. europäische Patentanmeldungen, eingetragene Marken). Gleichwohl hat es in diesen Bereichen in den vergangenen fünf Jahren teils deutliche Verbesserungen gegeben. Ein Vergleich der FuE-Ausgaben am BIP (2008) zeigt, dass Deutschland hier mit 2,6 Prozent über dem OECD-Durchschnitt (2,3 Prozent) liegt, aber Schweden (3,8 Prozent), Finnland (3,5 Prozent), Japan (3,4 Prozent), Korea (3,2 Prozent) und USA (2,8 Prozent) eine höhere Intensität aufweisen.

21 |


Motor für Innovation

Fazit Insgesamt zeigen die Indikatoren zur FuE- und Innovationstätigkeit, dass kleine und mittlere Unternehmen und die Dienstleistungsbranchen Defizite haben. Auf die größeren Unternehmen entfallen in Deutschland etwa 90 Prozent der FuE-Ausgaben und 80 Prozent der Innovationsaufwendungen. Ähnliche Relationen zeigt die Branchensicht: Rund 90 Prozent der FuE- und 77 Prozent der Innovationsausgaben investiert die Industrie.

2.1.2 Die Position der hessischen Wirtschaft Grundvoraussetzung für wissensintensive Tätigkeiten ist, dass das notwendige Humankapital – sprich qualifizierte Fachkräfte – hierfür vorhanden ist. Hat man das Innovationspotenzial Hessens im Blick, so muss parallel auch der Bildungsbereich und die demografische Entwicklung mitberücksichtigt werden. Hessen liegt bei fast allen einschlägigen Humankapitalindikatoren1 über dem Bundesdurchschnitt (Tabelle 2-2). •

Bei der Akademikerdichte positioniert sich Hessen mit 12,3 je 100 SV-Beschäftigte ganz weit vorne. Dies liegt vor allem an der hohen Dichte von 14,3 Studierten je 100 SV-Beschäftigte im Regierungsbezirk Darmstadt. Die Regierungsbezirke Gießen und Kassel sind hier weit unter dem deutschen Mittelwert mit etwa 8 Akademikern je 100 SV-Beschäftigte. In Deutschland insgesamt sowie in Bayern sind es lediglich 10 Akademiker je 100 Arbeitnehmer. Baden-Württemberg liegt hier dazwischen. Hessen konnte hier seinen Anteil zwischen 2003 und 2009 um 1,5 Prozentpunkte erhöhen. In Baden-Württemberg lag diese anteilsmäßige Veränderung mit 1,8 Prozentpunkten höher.

Auch die FuE-Intensität mit 10,9 Forschern je 1.000 Erwerbstätige liegt gut über dem Durchschnitt von 8,0. Auch hier sticht Darmstadt mit 13,8 hervor. Schlusslicht bildet hier der Regierungsbezirk Kassel. Lediglich in Baden-Württemberg kommen deutlich mehr Forscher – nämlich 15,8 – auf 1.000 Erwerbstätige.

Besonders in der Industrie ist Hessen mit Blick auf die FuE-Intensität gut aufgestellt. Der Anteil des FuE-Personals an allen Beschäftigten liegt nach Angaben des Stifterverbandes für das Jahr 2007 mit 8,1 Prozent nicht nur über dem Bundesdurchschnitt (5,3 Prozent), sondern übersteigt auch die Vergleichswerte von Bayern (6,0 Prozent) und Baden-Württemberg (7,1 Prozent).

1 Die Ergebnisse des ZEW-Innovationspanels liegen nicht für einzelne Bundesländer vor. Deshalb können in diesem Abschnitt nicht für alle relevanten Indikatoren Daten für Hessen dargestellt werden. Sehr ausführlich wird das Innovationsverhalten der hessischen Unternehmen im Vergleich zum bundesdeutschen Durchschnitt in Kapitel 3 auf Basis einer eigenen Unternehmensbefragung dargestellt.

22 |


Gemeinsam Mehr.Wert | Innovationen im industriellen Mittelstand

Bei der Ingenieursdichte ist der Wert für Hessen eher durchschnittlich. Hier kommen 2,9 Ingenieure auf je 100 SV-Beschäftigte. Hier liegt wieder nur der Wert für Darmstadt ganz vorne. Insbesondere in Baden-Württemberg (3,8) und in Bayern (3,2) ist die Ingenieursdichte deutlich höher.

Langfristig entscheidend für die Leistungsfähigkeit eines Bundeslandes ist ebenfalls der Anteil der erwerbsfähigen Bevölkerung. Dieser kann anschaulich durch den sogenannten Altersquotienten ausgedrückt werden. Der Altersquotient gibt an, wie viele Einwohner im Alter von 65 oder mehr Jahren auf Einwohner im erwerbsfähigen Alter (15 bis 64 Jahre) kommen. Auch bei diesem Indikator liegt Hessen (28,9) mit Bayern (29,2) und Baden-Württemberg (29,1) praktisch gleichauf. Diese Werte sind alle besser als der Bundesdurchschnitt von 30,9. Betrachtet man die Regierungsbezirke in Hessen, so fällt auf, dass auch hier Gießen hinter den anderen zurückfällt. Die Bevölkerung ist hier deutlich älter.

Tabelle 2-2: Erfolgsfaktor Humankapital Angaben in Prozent, Angaben FuE-Personal in Promille

Hessen

Akademikerdichte

FuE-Personal

Ingenieursdichte

Altersquotient

je 100 SVB

je 1.000 ET

je 100 SVB

Anzahl Einw. 65 und älter pro 100 Einw. (15 bis 64 Jahre)

12,3

10,9

2,9

28,9

Darmstadt

14,3

13,8

3,3

29,5

Gießen

8,7

6,2

1,9

33,7

Kassel

7,6

4,7

1,9

29,9

BadenWürttemb.

11,2

15,8

3,8

29,1

Bayern

10,4

10,9

3,2

29,2

Deutschland

10,4

8,0

2,8

30,9

SVB= Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte; ET= Ewerbstätige

Quelle: IW Consult Regionaldatenbank

Ein Blick auf weitere zentrale Indikatoren zum Stand der Bildung und Forschung zeigen, dass Hessen in vielen Bereichen noch Verbesserungsbedarf hat (Tabelle 2-3): 23 |


Motor für Innovation

Hessen konnte in den vergangenen Jahren den Anteil mit Schulabgängern ohne Schulabschluss erheblich um vergleichsweise hohe 2,7 Prozentpunkte reduzieren. Der aktuelle Anteil liegt mit 6,5 Prozent bereits unter dem Bundesdurchschnitt (7,0 Prozent). In Bayern sieht man ein ähnliches Bild. Nur Baden-Württemberg hebt sich hier positiver mit seinen 5,5 Prozent hervor. Bei den Pisa-Ergebnissen, die hier als ein Mittelwert aus allen 3 Disziplinen (Mathematik, Naturwissenschaft, Lesen) gebildet werden, liegt Hessen unter dem gesamtdeutschen Wert und weit hinter Bayern und Baden-Württemberg. Dafür belegt Hessen mit 28 Studierenden je 1.000 Einwohner eine sehr gute Position über dem bundesweiten Durchschnittswert. Hier liegen die Werte für die Vergleichsbundesländer deutlich darunter.

Tabelle 2-3: Kennziffern zu Bildung und Forschung Angaben in Prozent

Hessen

BadenWürttemberg

Bayern

Deutschland

Schulabgänger ohne Abschluss

2008

6,5

5,5

6,3

7,0

w03/08*

–2,7

–1,8

–2,4

–2,0

Pisa-Ergebnisse (Mittelwert)

2006

490

511

527

499

2003

500

513

522

505

Studierende ( je 1.000 Einwohner)

2008

28,0

22,1

20,7

24,3

w03/08*

–1,2

0,4

0,9

–0,2

2008

24,0

33,2

47,4

36,2

w03/08

26,4

22,2

18,4

0,0

Bildungsausgaben ( je EW)

2008

653,0

670,8

667,1

638,2

w03/08

17,2

7,8

10,7

6,3

Patentanmeldungen ( je 100.000 EW)

2009

41

144

101

58

–36,9

10,8

–12,2

–9,4

Wissenschaftsausgaben ( je EW)

w03/09

* Wachstum von 2003 bis 2008, Angaben in Prozentpunkten

Quelle: IW Consult Regionaldatenbank

24 |


Gemeinsam Mehr.Wert | Innovationen im industriellen Mittelstand

Dennoch liegen die Wissenschaftsausgaben je Einwohner in Hessen trotz erheblicher Zuwächse zwischen 2003 und 2008 mit 24 Euro ganz weit hinten. Andere Bundesländer sind spendabler: Bayern gibt hier 47 Euro aus und BadenWürttemberg 33 Euro (Deutschland: 36 Euro). Besser sieht es aber bei den Bildungsausgaben aus. Hier liegt Hessen mit Ausgaben für jeden Einwohner von 653 Euro deutlich hinter BadenWürttemberg (671 je Einwohner) und Bayern (667). Dennoch ist dieser Wert deutlich über dem durchschnittlichen Gesamtwert für Deutschland (638). Bei den Patenanmeldungen schneidet Hessen mit 41 Patentanmeldungen je 100.000 Einwohner selbst im Vergleich mit dem bundesweiten Durchschnitt (58) sehr schlecht ab. Bayern kann hier mit 101 Anmeldungen mehr als doppelt so viele aufweisen und Baden-Württemberg hat mit 144 gut mehr als dreimal so viele Patentanmeldungen.

Kurzum Auch in Hessen – ähnlich wie in Deutschland insgesamt – boomen die wissensintensiven Tätigkeiten. Voraussetzung hierfür sind qualifizierte Fachkräfte. Hessen ist hier im Bereich der Akademiker gut aufgestellt und kann über seine eigenen Studierenden Potenziale schöpfen. Gleichzeitig sind die demografischen Voraussetzungen vor allem im Vergleich zum Bundesdurchschnitt gut. Im Vergleich zu den süddeutschen Bundesländern zeigen sich jedoch Rückstände insbesondere bei der FuE-Personaldichte sowie dem Anteil an Ingenieuren.

2.2 Branchenstruktur und -entwicklung Die Ausführungen im letzten Abschnitt haben gezeigt, dass es im Hinblick auf die FuE-, Innovations- und Wissensintensitäten große Unterschiede in den Branchen gibt. Auf die Industrie entfallen rund 90 Prozent aller FuE- und 77 Prozent aller Innovationsaufwendungen in der deutschen Wirtschaft.2 Eine herausgehobene Bedeutung kommt dabei dem Verarbeitenden Gewerbe – dem Kernsektor der Industrie – zu. Deshalb muss bei der Betrachtung der Struktur und Entwicklung der Wertschöpfung und der Beschäftigung diesem Bereich der Wirtschaft besondere Aufmerksamkeit geschenkt werden. In der nachfolgenden Analyse steht zunächst klassische Branchensicht im Blickpunkt. Danach werden die Branchen nach zukunftsrelevanten Aspekten (wissensintensive Branchen, Wachstumsinseln und Zukunftsbranchen) zusammengefasst.

2 Bei dieser Betrachtung sind nicht alle Branchen, sondern nur die FuE- und innovationsaffinen einbezogen. Siehe dazu die Erläuterungen in Abschnitt 2.1.1.

25 |


Motor für Innovation

2.2.1 Klassische Branchensicht Hessen ist bereits heute ein ausgeprägter Dienstleistungsstandort. In den letzten zehn Jahren haben sich die Dienstleistungsanteile bei der Wertschöpfung und Beschäftigung ständig erhöht (Tabelle 2-4). •

Die Wirtschaft Hessens ist stärker als die anderer Bundesländer von Dienstleistungen geprägt. 78 Prozent der Wertschöpfung wird in Hessen im Dienstleistungssektor erwirtschaftet. Rund drei Viertel der Erwerbstätigen sind dort tätig. Die Anteile sind deutlich höher als in Deutschland und erst recht im Vergleich zu Bayern und Baden-Württemberg.

Einen besonders hohen Stellenwert genießen hier die unternehmensnahen Dienste. Immerhin 57 Prozent der hessischen Wertschöpfung kommen aus diesem Bereich. Auch sind mit 44 Prozent überdurchschnittlich viele Erwerbstätige in Hessen in diesem Sektor beschäftigt.

Etwas geringer ist im bundesweiten Vergleich die Bedeutung der haushaltsnahen Dienstleistungen.

Die hohe Bedeutung der unternehmensnahen Dienstleistungen ist vor allem durch überdurchschnittlich hohe Wertschöpfungsanteile im Finanzsektor (8 Prozent; Deutschland: 4 Prozent), aber auch in den Bereichen Vermietung, Grundstück und Wohnungswesen sowie Verkehr und Nachrichten zurückzuführen.

Die hohe Dienstleistungsorientierung bedeutet im Umkehrschluss, dass Hessen weniger als andere Bundesländer industriegeprägt ist. Der Anteil des Produzierenden Gewerbes an der Bruttowertschöpfung liegt bei knapp 22 Prozent. Bundesweit sind es knapp 27 Prozent und in Bayern und Baden-Württemberg sogar über 30 Prozent. Das Verarbeitende Gewerbe – der Kern der Industrie – hat in Hessen nur noch einen Wertschöpfungsanteil von knapp 16 Prozent – in den beiden süddeutschen Bundesländern sind es acht Prozentpunkte mehr.

In den letzten zehn Jahren von 1999 bis 2009 hat sich in Hessen, Deutschland sowie in Bayern und Baden-Württemberg der Dienstleistungsbereich besser entwickelt. Die Wachstumsraten der Bruttowertschöpfung sind dort höher als im Produzierenden Gewerbe. Das gilt insbesondere im Vergleich zu dem Verarbeitenden Gewerbe, dem Kernsektor der Industrie. •

26 |

Das Produzierende Gewerbe ist in Hessen bei der Wertschöpfung in diesem Zeitraum nicht gewachsen (+0,1 Prozent). Im Verarbeitenden Gewerbe ist ein Rückgang von knapp 5 Prozent zu verzeichnen. Der Dienstleistungsbereich hat in dieser Zeit um 27 Prozent zugelegt.


Gemeinsam Mehr.Wert | Innovationen im industriellen Mittelstand

Deutschlandweit ist das Produzierende Gewerbe um 4,4 Prozent gewachsen, der Dienstleistungssektor aber um knapp 26 Prozent.

Besonders dynamisch hat sich in Bayern und Baden-Württemberg die Industrie entwickelt. Hier ist allerdings auch der Dienstleistungssektor (+29,4 Prozent) deutlich stärker gewachsen als das Produzierende Gewerbe (+7,5 Prozent). In diesen beiden Ländern hat sich aber insbesondere das Verarbeitende Gewerbe besser entwickelt als in Hessen. Immerhin ist die Bruttowertschöpfung in den letzten zehn Jahren um gut 5 Prozent gewachsen; in Hessen ist sie um etwa 5 Prozent gesunken.

Die gleiche Struktur – allerdings mit meistens negativen Wachstumsraten – ist bei einem Blick auf die Entwicklung der Erwerbstätigen zu beobachten. Der betrachtete Zehnjahreszeitraum von 1999 bis 2009 ist sehr stark von dem Krisenjahr 2009 geprägt. In diesem Jahr hat die Wirtschaft einen großen Teil des Wertschöpfungszuwachses der Jahre 1999 bis 2008 wieder verloren. Das ist insbesondere auf den Einbruch im Verarbeitenden Gewerbe zurückzuführen: •

In Hessen ist die Bruttowertschöpfung von 2008 auf 2009 um rund 15 Prozent gefallen. In Bayern und Baden-Württemberg waren es sogar 20 Prozent.

Dieser Einbruch hat sich bei den Erwerbstätigen bei Weitem nicht in diesem Ausmaß gezeigt. In Hessen und in Bayern/Baden-Württemberg war im Verarbeitenden Gewerbe jeweils ein Rückgang von rund 3 Prozent zu verzeichnen. Die Arbeitsvolumen sind allerdings stärker gefallen: in Hessen um gut 9 Prozent und in Bayern und Baden-Württemberg um mehr als 10 Prozent.

Das Krisenjahr 2009 ist sicher eine Sondersituation, die bei der Betrachtung längerfristiger Entwicklung unbeachtet bleiben sollte. Es gibt Anzeichen für eine Erholung auch des industriellen Sektors, wenn auch nicht vorausgesagt werden kann, ob die Industrie ihre alte Bedeutung wieder erreichen wird. Gerade bei dieser Betrachtung des Zeitraumes 1999 bis 2008 gibt es sehr deutliche Unterscheide zwischen Hessen auf der einen sowie Baden-Württemberg und Bayern auf der anderen Seite: •

Die Bruttowertschöpfung im Verarbeitenden Gewerbe ist in Bayern und in BadenWürttemberg um fast 32 Prozent gestiegen. Hessen schaffte nur 12 Prozent. Die beiden süddeutschen Bundesländer haben in diesem Zeitraum ihren Vorsprung als Industriestandorte ausgebaut.

27 |


Motor für Innovation

Bei der Beschäftigung haben Produktivitätsgewinne dafür gesorgt, dass die Zahl der Beschäftigten im Verarbeitenden Gewerbe ständig zurückgegangen ist. Besonders starke Beschäftigungsrückgänge hatte die hessische Industrie zwischen 1999 und 2008 mit einem Rückgang von gut 12 Prozent zu verzeichnen, während die Beschäftigungsrückgänge in Bayern/Baden-Württemberg lediglich bei 1,5 Prozent lagen. Bundesweit lag dieser Abbau bei 4,6 Prozent.

Den Beschäftigungsverlusten im Produzierenden Gewerbe standen Zuwächse im Dienstleistungsbereich gegenüber, die diese in Hessen, Deutschland und den beiden Vergleichsländern überkompensiert haben.

Auf den Punkt gebracht Hessen ist weniger stark industriegeprägt als Bayern und Baden-Württemberg. Das gilt insbesondere mit Blick auf das Verarbeitende Gewerbe. Diese Unterschiede haben sich in den letzten zehn Jahren vergrößert. Hessen ist immer stärker zum Dienstleistungsland insbesondere im Bereich der unternehmensnahen Dienste geworden. Dieser Befund ist kritisch, insbesondere mit Blick auf die hohe Bedeutung der Industrie für Forschung und Entwicklung sowie Innovationen.

28 |


Gemeinsam Mehr.Wert | Innovationen im industriellen Mittelstand

Tabelle 2-4: Branchenstruktur und -entwicklung in Hessen Angaben in Prozent Bruttowertschöpfung

Erwerbstätige

Anteile 2009

w99/09

w99/08

Produzierendes Gewerbe

21,6

0,1

12,4

Bergbau und Energiewirtschaft

1,8

15,5

15,7 4,1

Verarbeitendes Gewerbe Bauwirtschaft Dienstleistungen Unternehmensnah Haushaltsnah Gesamt

Anteile 2009 Hessen

w99/09

w99/08

22,0

–14,1

–12,2

24,3

0,7

–14,8

–14,2

–4,8

12,0

16,6

–14,9

–12,4

16,3

8,6

4,8

–11,1

–11,0

78,0

27,0

26,8

76,5

12,2

11,4

56,5

27,0

28,4

44,2

12,0

12,2

21,5

27,0

22,8

32,3

12,5

10,3

100,0

19,7

22,9

100,0

4,9

4,8

Baden-Württemberg und Bayern Produzierendes Gewerbe

30,7

7,5

27,7

29,9

–5,3

–3,0

Bergbau und Energiewirtschaft

1,9

17,3

12,0

0,6

–4,8

–4,9

24,0

5,2

31,8

24,0

–4,6

–1,5

Bauwirtschaft

4,8

16,0

11,3

4,5

–12,9

–12,7

Dienstleistungen

68,5

29,4

28,1

67,7

14,6

13,8

Unternehmensnah

45,3

28,7

29,3

35,3

13,9

14,5

Haushaltsnah

23,3

30,7

25,7

32,4

15,4

13,0

100,0

21,2

27,5

100,0

7,1

7,4

Verarbeitendes Gewerbe

Gesamt

Deutschland Produzierendes Gewerbe

26,6

4,4

21,9

24,9

–11,8

–9,9

Bergbau und Energiewirtschaft

2,6

26,5

25,9

0,9

–21,2

–19,7

19,4

3,3

27,8

18,5

–7,2

–4,6

4,6

–1,0

–4,0

5,5

–23,1

–23,3

Verarbeitendes Gewerbe Bauwirtschaft Dienstleistungen Unternehmensnah Haushaltsnah Gesamt

72,6

25,8

25,1

73,0

12,5

11,7

46,9

25,9

27,2

37,6

12,6

13,0

25,7

25,7

21,2

35,3

12,4

10,4

100,0

18,8

23,7

100,0

4,8

4,8

Unternehmensnahe Dienste: Handel, Verkehr und Nachrichtenübermittlung, Finanzierung, Vermietung und Unternehmensdienstleister; Haushaltsnahe Dienste: öffentliche und sonstige private Dienstleistungen, Gastgewerbe; Gesamt: einschließlich Agrarwirtschaft

Quelle: Statistisches Bundesamt (2010), VGR der Länder 29 |


Motor für Innovation

2.2.2 Branchen nach Zukunftsrelevanz Interessant ist im Kontext von Innovationen auch der Blick auf Branchen, die künftig an Bedeutung gewinnen können. Dies kann aus drei Perspektiven betrachtet werden: • • •

wissensintensive Branchen Wachstumsinseln Zukunftsbranchen

Wissensintensive Branchen boomen auch in Hessen – aber nicht in der Industrie Wissen ist ein wichtiger Erfolgsfaktor auch in Hessen. Dies verdeutlichte schon die Entwicklung der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in den wissensintensiven Branchen im Vergleich zu den nicht wissensintensiven Branchen in der Abbildung 1-2.3 Die Ergebnisse zeigen dennoch die wesentlichen Trends auf (Tabelle 2-5): •

Etwa zwei Fünftel der Arbeitnehmer sind in Hessen in wissensintensiven Branchen beschäftigt. Dies liegt knapp über dem Bundesdurchschnitt. In Bayern (42 Prozent) und insbesondere in Baden-Württemberg (45 Prozent) liegen diese Anteile höher.

Während die wissensintensiven Branchen in Hessen deutlich um 7 Prozent gewachsen sind, betrug der Beschäftigungszuwachs in den nicht wissensintensiven Bereichen nur 1 Prozent. Für Deutschland ist das Ergebnis sogar noch deutlicher. Während die wissensintensiven Branchen einen Beschäftigungsboom erlebten, mussten die anderen, nicht wissensorientierten Branchen erheblich Beschäftigung abbauen. Auch in Bayern wurde verstärkt auf Know-how gesetzt. Hier konnte ein Wachstum von 15 Prozent verzeichnet werden.

Betrachtet man das Ergebnis im Vergleich von Dienstleistung und Industrie, so fällt auf, dass das Wachstum gerade in den wissensintensiven Bereichen auf die Dienstleistungen zurückzuführen ist. Sie wuchsen für Hessen im genannten Zeitraum um 17,1 Prozent. Innerhalb des wissensintensiven Produzierenden Gewerbes zog der Trend in der Region Darmstadt (–18,5 Prozent) das Ergebnis für Hessen insgesamt nach unten, obwohl auch dieser wissensintensive Bereich für die Regionen Gießen und Kassel zwischen 1998 und 2008 deutliche Wachstumsraten aufweist. Beim Blick auf die Entwicklung der nicht wissensintensiven Dienstleistungen in Hessen wird Hessens Ausrichtung an diesem Schwerpunkt deutlich. Stark über dem deutschen Durchschnitt (+5,5 Prozent) wuchs dieser Bereich zwischen 1998 und 2008 in Hessen um 10,6 Prozent, während die Entwicklung der Beschäftigtenzahl im nicht wissensintensiven Produzierenden Gewerbe (–22,6 Prozent in Hessen) nur knapp hinter der gesamtdeutschen Entwicklung (–24,8 Prozent) zurückblieb. 3 Zu den wissensintensiven Branchen gehören in Anlehnung an die Definition des Niedersächsischen Instituts für Wirtschaftsforschung (NIW) nach der Branchenklassifikation WZ 2003 die Nummern 11; 22–24; 29–35; 40/41; 64–67; 72–74; 85; 92.

30 |


Gemeinsam Mehr.Wert | Innovationen im industriellen Mittelstand

Die schwache Beschäftigungsentwicklung in der wissensintensiven Industrie in Hessen ist vor allem auf das Verarbeitende Gewerbe zurückzuführen. Die Zahl der SV-Beschäftigten ist zwischen 1998 und 2008 in Hessen um fast 12 Prozent gefallen; Bayern hat einen Zuwachs von über 8 Prozent und Baden-Württemberg einen von immerhin 2,4 Prozent zu verbuchen. Dies zeigt sich auch in den Beschäftigungsanteilen. In Bayern waren im Jahr 2008 in den wissensintensiven Branchen des Verarbeitenden Gewerbes mehr als 20 Prozent aller Arbeitnehmer beschäftigt. In Hessen waren es nur noch gut 11 Prozent. Zu den wissensintensiven Bereichen zählen die wichtigen Branchen der Chemie- und Elektroindustrie einschließlich Büromaschinen, Nachrichtentechnik, Medizin-, Mess-, Steuer- und Regeltechnik und Optik sowie der Maschinen- und Fahrzeugbau.

Geht man in Hessen eine regionale Ebene tiefer, dann zeigt sich, dass vor allem Gießen deutlich geringere Beschäftigungsanteile in den wissensintensiven Bereichen der Wirtschaft hat. Gleichzeitig haben die Regierungsbezirke Gießen und Kassel hier einen erheblichen Beschäftigungsaufbau in der vergangenen Dekade erlebt. Auff ällig ist auch, dass gleichzeitig in Kassel die Beschäftigung im nicht wissensintensiven Bereich um 3 Prozent zurückgegangen ist. In Darmstadt, welches den höchsten Beschäftigungsanteil mit wissensintensiven Branchen hat, war das Wachstum in diesem Zeitraum am geringsten.

Fazit Insgesamt ist festzustellen, dass in Hessen die wissensintensiven Dienstleistungen die Entwicklung treiben. Die im letzten Abschnitt festgestellte Schwäche des Verarbeitenden Gewerbes in Hessen – also des industriellen Kerns – ist auf eine unterdurchschnittliche Beschäftigungsentwicklung gerade in den wissensintensiven Branchen des Verarbeitenden Gewerbes zurückzuführen. Hier gibt es die größten Unterschiede zu Bayern und BadenWürttemberg.

31 |


Motor für Innovation

Tabelle 2-5: Anteil und Entwicklung der wissensintensiven Branchen Angaben in Prozent der SV-Beschäftigten Nicht wissensintensive Branchen

Wissensintensive Branchen Wachstum 98–08

Wachstum 98–08

2008 Gesamt Hessen

DL

PG

Gesamt

DL

PG

40,6

7,1

17,1

–11,5

1,2

10,6

–22,6

Darmstadt

42,0

5,7

18,5

–18,8

3,2

11,5

–25,5

Gießen

36,1

9,8

10,8

8,0

–1,4

9,4

–16,5

Kassel

39,0

10,6

16,1

2,1

–3,3

7,7

–22,3

BadenWürttemberg

45,1

10,9

20,5

1,7

2,5

13,4

–15,4

Bayern

42,2

15,0

21,3

7,1

3,5

13,7

–17,7

Deutschland

39,1

10,2

18,4

–2,8

–4,2

5,5

–24,8

DL = Dienstleistungen; PG = Produzierendes Gewerbe wissensintensive Industrie: Gewinnung von Erdöl und Erdgas, Kokerei/Mineralölverarbeitung, Verlagsgewerbe, Chemie, Maschinenbau, Elektroindustrie, Fahrzeugbau, Energie- und Wasserversorgung; wissensintensive Dienstleistungen: Kredit und Versicherungswesen, DV-Dienste, Forschung und Entwicklung wissensintensive unternehmensnahe Dienste, Gesundheits-, Veterinär- und Sozialwesen, Kultur, Sport und Unterhaltung; nicht wissensintensive Branchen: übrige Branchen

Quelle: Bundesagentur für Arbeit (2010), WZ 2003

Wachstumsinseln4 noch ausbaufähig Hessen hat heute nur durchschnittlich viele Beschäftigte in Wachstumsinseln, auch wenn seit 2000 die Anteile erheblich erhöht werden konnten (Tabelle 2-6): •

4

In Hessen beträgt der Beschäftigungsanteil in Wachstumsinseln knapp 16 Prozent, dies entspricht fast dem Bundesdurchschnitt. In 2000 betrug dieser Anteil noch lediglich 12 Prozent. In Baden-Württemberg macht dies in 2008 mehr als ein Fünftel (2000: 17 Prozent) der Beschäftigten aus und in Bayern sogar mehr als ein Viertel (2000: 21 Prozent).

Eine Branche, deren regionaler Beschäftigungsanteil mindestens 1 Prozent beträgt und die ein positives Wachstum zeigt, das signifikant stärker ist als der Bundesdurchschnitt, d. h. 10 Prozent über dem Bundesdurchschnitt.

32 |


Gemeinsam Mehr.Wert | Innovationen im industriellen Mittelstand

Die Daten erlauben eine tiefere regionale Sicht, hier zeigt sich, dass insbesondere Kassel an der Spitze liegt. Zwischen 2000 und 2008 konnte diese Region den Beschäftigungsanteil in überdurchschnittlich wachsenden Branchen von 14 auf 18 Prozent erhöhen, danach folgen Gießen mit 16 Prozent (2000: 13 Prozent) und Darmstadt (2008: 15 Prozent, 2000: 12 Prozent).

Tabelle 2-6: Zukunftsbranchen Angaben in Prozent

Wachstumsinseln

Zukunftsbranchen

2008

2008

15,5

33,0

Darmstadt

14,8

36,9

Gießen

16,1

21,9

Kassel

17,7

27,7

21,5

33,3

Hessen

Baden-Württemberg Bayern

26,1

29,2

Deutschland

16,7

28,9

Wachstumsinseln: Anteil der SV-Beschäftigten in Branchen, die wachsen und eine deutlich bessere Entwicklung als der Bundesdurchschnitt erzielen. Zukunftsbranchen: Anteil der SV-Beschäftigten in den acht IW-Zukunftsbranchen (wie z. B. Unternehmensdienste, Fahrzeugbau und Chemie)

Quelle: Bundesagentur für Arbeit (2010), WZ 2003

Gute Aufstellung bei den Zukunftsbranchen5 Deutlich besser sieht das Bild aus, wenn man die Beschäftigungsanteile in den IWZukunftsbranchen betrachtet: •

Hessen liegt hier anteilsmäßig mit Baden-Württemberg an der Spitze. Zwischen 1998 und 2008 sind in beiden Bundesländern die Anteile von 29 auf 33 Prozent angestiegen.

5 Die IW-Zukunftsbranchen werden mithilfe von 37 Indikatoren identifiziert. Dabei werden sowohl Vergangenheits- und Zukunftsdaten als auch quantitative und qualitative Informationen verwendet. Der Index besteht aus drei Teilen: makroökonomische Performance (z. B. Entwicklung von Prognose der Wertschöpfung von Branchen), Wachstumstreiber (z. B. FuE, Innovationsquoten, Produktivität etc.) und Expertenurteile (z. B. Technologie- und Zukunftstrends). Die Zukunftsbranchen sind Unternehmensdienste, Medizin-, Mess-, Steuer- und Regeltechnik (MMStR), Auto, Logistik, Nachrichten, Chemie, Maschinenbau und sonstiger Fahrzeugbau.

33 |


Motor für Innovation

Ganz vorne dabei ist hier der Regierungsbezirk Darmstadt: Zwischen 1998 und 2008 konnten hier die Beschäftigungsanteile von 33 auf 37 Prozent erhöht werden. Die hohen Anteile erklären sich über die hohen Beschäftigungsanteile insbesondere bei den unternehmensnahen Diensten sowie in den industriellen Bereichen wie Chemie, Fahrzeugbau, aber auch Medizin-, Mess- und Steuertechnik.

Der Bezirk Gießen hat hier lediglich einen Beschäftigungsanteil von 22 Prozent im Jahr 2008. Dies liegt vor allem an der Konzentration auf klassische Industrien wie der Metallindustrie.

Zusammengefasst Bereits heute ist Hessen gut bei den in Zukunft relevanten Branchen aufgestellt. Diesen Trend gilt es fortzusetzen. Eher durchschnittlich ist die Aufstellung in Hessen in Branchen, die bundesweit überdurchschnittliche Wachstumszuwächse verzeichnen. Defizite sind in Hessen gerade im Vergleich zu Bayern und Baden-Württemberg in der wissensintensiven Industrie – und insbesondere im Verarbeitenden Gewerbe – festzustellen.

2.3 Die Bedeutung des Mittelstandes Mehr als 99 Prozent der Unternehmen in Deutschland sind mittelständisch. Definiert man Unternehmen mit bis zu 249 Beschäftigten als KMU, dann macht dies mehr als die Hälfte der Arbeitsplätze in Deutschland aus. In einer umsatzbezogenen Mittelstandsabgrenzung (bis 50 Millionen Euro Umsatz) kann man sogar etwa 70 Prozent der Arbeitsplätze in Deutschland dem Mittelstand zuordnen. Auf Basis des Unternehmensregisters des Statistischen Bundesamtes ist für Hessen lediglich eine Unterscheidung nach Mitarbeitergrößenklassen möglich, sodass KMU hier als Unternehmen mit bis zu 249 Beschäftigten abgegrenzt werden. Großunternehmen spielen in Hessen eine wichtigere Rolle als anderswo. Die hessische Wirtschaft hat mehr Beschäftigte in Großunternehmen als in KMU. Die Rolle der KMU gemessen an den Anteilen, welche auf KMU und Großunternehmen sowie deren Beschäftigten entfallen, unterscheidet sich nach Zugehörigkeit in den verschiedenen Wirtschaftssektoren. Dies wird in Tabelle 2-7 dargestellt:

34 |


Gemeinsam Mehr.Wert | Innovationen im industriellen Mittelstand

52 Prozent der SV-Beschäftigten sind in Hessen in Unternehmen ab 250 Mitarbeitern beschäftigt. Bundesweit beträgt dieser Anteil 47 Prozent.

Dies liegt in Hessen vor allem an dem überdurchschnittlich hohen Anteil an Großunternehmen bei den unternehmensnahen Diensten. Hier sticht besonders der hohe Beschäftigungsanteil von 77 Prozent im Bank- und Kreditwesen durch den internationalen Finanzplatz Frankfurt hervor. Aber auch bei den wirtschaftsnahen Diensten hat Hessen überdurchschnittlich viele Beschäftigte in Großunternehmen. Hier hat Hessen einen überdurchschnittlichen Beschäftigungsanteil im Bereich Arbeitnehmerüberlassungen und Gebäudebetreuung.

Bei den hessischen haushaltsnahen Diensten sind 43 Prozent der Arbeitnehmer in Großunternehmen tätig. Bundesweit sind es hier nur 39 Prozent.

Das hessische Produzierende Gewerbe ist dafür im Vergleich zum Bundesdurchschnitt deutlich stärker mittelstandsgeprägt. Hier machen die KMU 44 Prozent aus (Deutschland: 38 Prozent). Insbesondere die Unternehmen mit 10 bis 249 Mitarbeitern sind vor allem im Verarbeitenden Gewerbe (38 Prozent, Deutschland: 28 Prozent) vergleichsweise deutlich stärker vertreten als die Kleinstunternehmen (6 Prozent, Deutschland: 10 Prozent).

Knapp 9 von 10 Beschäftigten sind im Bausektor in Deutschland beschäftigt. Gleiches gilt auch in Hessen. Allerdings teilt sich in Deutschland hier diese KMUGruppe noch stärker nach den beiden KMU-Größenklassen auf, als es in Hessen der Fall ist. Hier sind 8 von 10 Beschäftigten in Bauunternehmen mit 10 bis 249 Mitarbeitern tätig.

Fazit Die hessische Wirtschaft ist im Industriesektor vergleichsweise stärker mittelständisch und im Dienstleistungsbereich überdurchschnittlich stark von Großunternehmen geprägt.

35 |


Motor für Innovation

Tabelle 2-7: Die Bedeutung des Mittelstandes Anteil der SV-Beschäftigten in Unternehmen nach Mitarbeitergrößenklassen Hessen Unternehmen mit … Beschäftigten 0–9 Produzierendes Gewerbe

10–249

KMU

ab 250

6,0

37,6

43,6

56,4

Bergbau, Energie und Wasserversorgung

0,0

100,0

100,0

0,0

Verarbeitendes Gewerbe

5,8

31,7

37,5

62,5

Bau

8,3

81,3

89,6

10,4

13,1

30,6

43,7

56,3

21,6

45,7

67,3

32,7

5,6

17,2

22,8

77,2

13,5

31,4

44,9

55,1

Haushaltsnahe Dienste

22,4

34,5

56,9

43,1

Gesamt

14,3

33,6

48,0

52,0

9,5

28,3

37,9

62,1

12,6

27,7

40,2

59,8

5,3

26,4

31,7

68,3

43,0

45,8

88,8

11,2

24,8

40,2

65,0

35,0

Distributive Dienste

18,5

43,4

61,9

38,1

Bank und Kreditwesen

49,5

24,4

73,9

26,1

Wirtschaftsnahe Dienste

34,2

37,0

71,2

28,8

Haushaltsnahe Dienste

32,1

29,3

61,4

38,6

Gesamt

19,1

33,5

52,6

47,4

Unternehmensnahe Dienste Distributive Dienste Bank und Kreditwesen Wirtschaftsnahe Dienste

Deutschland Produzierendes Gewerbe Bergbau, Energie und Wasserversorgung Verarbeitendes Gewerbe Bau Unternehmensnahe Dienste

KMU = Unternehmen mit bis zu 249 Mitarbeitern

Quelle: Statistisches Bundesamt, Unternehmensregister WZ 2008 36 |


Gemeinsam Mehr.Wert | Innovationen im industriellen Mittelstand

2.4 Tertiarisierung der Wirtschaft Die bisherige Analyse zeigt, dass der weit überwiegende Teil der FuE- und Innovationsausgaben auf Unternehmen des Verarbeitenden Gewerbes entfällt. Gerade die Industrie und dort insbesondere die größeren Unternehmen haben eine besondere Rolle im Innovationsprozess. Das bedeutet nicht, dass die Dienstleistungen unbedeutend seien und vernachlässigt werden könnten. Das Gegenteil ist richtig. Die Ergebnisse zeigen auch, dass sich die wissensintensiven Dienstleistungen durch relativ hohe FuE- und Innovationsintensitäten auszeichnen und dadurch wichtige Beiträge zur Innovationsfähigkeit der deutschen Wirtschaft leisten. Wichtiger ist aber, dass der Industrie- und der Dienstleistungsbereich immer mehr zusammenwachsen. Die Kombination von Industrieprodukten und Dienstleistungen ist heute ein wichtiges Differenzierungsmerkmal und ein Erfolgsfaktor der Unternehmen. Das wird häufig als hybride Wertschöpfung bezeichnet. Auch sind die Industrie- und Dienstleistungsbranchen über den Vorleistungsverbund heute stärker verflochten als früher. In den Unternehmen nehmen die Dienstleistungstätigkeiten zulasten der Produktionstätigkeiten laufend zu. Kurz: Die deutsche und auch die hessische Wirtschaft befinden sich in einem fortschreitenden Tertiarisierungsprozess, der bei der Analyse von Innovationen und Innovationssystemen berücksichtigt werden muss.

2.4.1 Megatrend Dienstleistungen Dienstleistungen sind auf dem Vormarsch. Unter dem Megatrend Tertiarisierung versteht man die zunehmende Bedeutung von Dienstleistungen, die neben einer generell stärkeren Kundenorientierung vor allem auf die wachsende Nachfrage nach Komplettlösungen und maßgeschneiderten Produkten zurückgeht. Derartige Lösungen und Produkte beinhalten heutzutage – ganz besonders im Investitionsgüterbereich, aber auch bei den Konsumgütern – immer häufiger einen umfangreichen Dienstleistungsanteil. Diese Dienstleistungen stehen nicht allein und ersetzen keine Industrieprodukte. Sie werden vielmehr um Industrieprodukte herum entwickelt, wirken also komplementär statt substituierend. Die Tertiarisierung zeigt sich nicht nur auf der Outputseite, sondern auch in den Unternehmen mit Blick auf Vorleistungen, Tätigkeiten, Berufe und Prozesse. Es gibt somit verschiedene Ansichten auf den Megatrend Dienstleistungen, die hier für Hessen dargestellt werden, sich aber auch prinzipiell in Deutschland zeigen (Abbildung 2-1): •

Branchen: In Bezug auf die Beschäftigten- und Wertschöpfungsanteile findet eine Tertiarisierung der deutschen Volkswirtschaft statt. Dies zeigt sich ebenso in Hessen. Heute werden in Hessen fast vier Fünftel der Wertschöpfung im Dienstleistungssektor generiert. 1996 waren dies nur rund 72 Prozent.

37 |


Motor für Innovation

Berufe: Der Anteil der Dienstleistungsberufe ist in Hessen von rund 65,2 Prozent (1996) auf knapp 70,8 Prozent (2008) gestiegen. Dieser Trend ist auch im Verarbeitenden Gewerbe zu beobachten.

Tätigkeiten: Der Anteil der Dienstleistungstätigkeit in Hessen ist laut Mikrozensus von 79 Prozent (1996) auf rund 84 Prozent (2007) gestiegen. Nur noch ein Fünftel der Erwerbstätigen befasst sich demnach mit der Produktion, d. h. „anbauen, gewinnen, herstellen“ (2007: 8,9 Prozent; 1996: 12,2) oder „Maschinen/Anlagen/ Geräte einrichten, steuern, überwachen, warten“ (2007: 7,2 Prozent; 1996: 7,7 Prozent). Dieser Trend hin zu Dienstleistungstätigkeiten ist auch im Verarbeitenden Gewerbe zu beobachten. Im internationalen Vergleich zeigt eine OECD-Studie, dass schon in 2002 in vielen Ländern im Produzierenden Gewerbe bereits 40 Prozent der Beschäftigten einer Dienstleistungstätigkeit nachgingen.

Abbildung 2-1: Dienstleistungen – mehrere Sichten auf ein Phänomen Angaben in Prozent für Hessen

WS-Anteil Dienstleistungsbranchen 1996: 72,3% - 2009: 78%

Branche Berufe Dienstleistungen: 1996: 65,2% 2008: 70,8%

Berufe

Dienstleistungen

Tätigkeiten

Tätigkeit Dienstleistungen: 1996: 79,0% 2007: 83,8%

Produkte

Im Ver. Gewerbe entfallen nur noch 45% der Umsätze auf reine Industrieprodukte

Quelle: IW Consult 2010 •

38 |

Produkte: Die Brancheneinteilung gibt wenig Aufschluss über den tatsächlichen Schwerpunkt der Unternehmen. Die Unternehmen des Verarbeitenden Gewerbes (einschließlich Bergbau und Energie) erwirtschaften in Hessen nur 45 Prozent ihrer Umsätze mit reinen Industrieprodukten. Die sogenannten hybriden Unternehmen,


Gemeinsam Mehr.Wert | Innovationen im industriellen Mittelstand

die auch Umsätze außerhalb ihrer klassischen Schwerpunkte generieren und insbesondere auf integrierte Industrie-Dienstleistungsprodukte setzen, sind auf dem Vormarsch. Dieser Aspekt wird in Abschnitt 2.4.3 vertieft.

2.4.2 Industrie-Dienstleistungsverbund Die zunehmende Verflechtung zwischen dem Industrie- und Dienstleistungssektor ist ein wichtiger Grund für die Bedeutungszunahme der Dienstleistungen sowohl in Deutschland als auch in Hessen. Gerade Unternehmen des Verarbeitenden Gewerbes kaufen immer mehr Vorleistungen aus anderen Bereichen und insbesondere von den Dienstleistungen. Die Industrie ist deshalb für andere Branchen ein wichtiger Absatzmarkt und Drehscheibe für Wertschöpfungsketten. Diese Verflechtungen zwischen dem Verarbeitenden Gewerbe und den anderen Branchen kann mithilfe von Input-Output-Tabellen dargestellt werden, die allerdings nur bundesweit bis zum Jahr 2006 vorliegen. Es lässt sich zeigen, dass der Saldo von Vorleistungslieferungen des Verarbeitenden Gewerbes an andere Branchen aus Inlandsproduktion minus der Vorleistungskäufe von diesen Branchen gesamtwirtschaftliche Wertschöpfung ist, die beide im Verbund erbringen. Da der größte Teil dieses Vorleistungssaldos mit den Dienstleistungsbranchen erwirtschaftet wird, kann von einem Industrie-Dienstleistungsverbund gesprochen werden. Dies zeigt die Abbildung 2-2, die für Hessen den Vorleistungssaldo des Verarbeitenden Gewerbes mit anderen Branchen verdeutlicht. Das hessische Verarbeitende Gewerbe hat mit den unternehmensnahen Dienstleistungen durch den Vorleistungsverbund einen Beitrag zur hessischen Wertschöpfung in Höhe von 4,3 Prozent geleistet. Zu diesen besonders wichtigen unternehmensnahen Dienstleistungen zählen u. a. Datenverarbeitung und Software, Architekturund Ingenieurbüros, Rechts- und Unternehmensberatung, Werbung, Überwachungs- und Reinigungsdienste sowie Arbeitnehmerüberlassung. Mit dem Logistiksektor hat das Verarbeitende Gewerbe einen Vorleistungsüberschuss in Höhe von 2,8 Prozent der gesamten Wertschöpfung erwirtschaftet. Mit dem Finanzsektor waren es 1,3 Prozent, mit dem Bereich Bergbau und Energie 0,9 Prozent und mit der Agrarwirtschaft 0,7 Prozent. Das sind insgesamt 10 Prozent der hessischen Wertschöpfung. Das Verarbeitende Gewerbe hat damit in Höhe von 18,8 Milliarden Euro mehr bei diesen Branchen eingekauft, als es von dort bezogen hat. Allerdings gibt es auch Branchen, bei denen das Verarbeitende Gewerbe Nettoabnehmer von Vorleistungen ist, d. h. mehr von ihnen bezieht, als es selbst dorthin verkauft. Das sind die Bauwirtschaft (Vorleistungssaldo –1,8 Prozent), das Handels- und Gastgewerbe (–0,3 Prozent) und die sonstigen Dienstleistungen (–0,2 Prozent). Der negative Vorleistungssaldo des Verarbeitenden Gewerbes mit diesen Branchen beträgt zusammen 2,3 Prozent. Zieht man alle Vorleistungssalden zusammen, errechnet sich für das Jahr 2006 ein positiver Vorleistungssaldo des Verarbeitenden Gewerbes mit allen anderen Branchen in Höhe von 7,7 Prozent (10 – 2,3 = 7,7).

39 |


Motor für Innovation

Das bedeutet, dass das Verarbeitende Gewerbe in Hessen im Jahr 2006 rund 19 Prozent der Bruttowertschöpfung selbst und weitere 7,7 Prozentpunkte mit anderen Branchen im Vorleistungsverbund erwirtschaftet hat. Die gesamtwirtschaftliche Bedeutung übersteigt damit den eigenen Wertschöpfungsanteil. Das Verarbeitende Gewerbe ist direkt oder indirekt an der Erwirtschaftung von 26,7 Prozent der hessischen Wertschöpfung beteiligt. Das zeigt nochmals die oben erwähnte wichtige Drehscheibenfunktion. Die Berechnung dieses Vorleistungsverbundes für Hessen unterliegt allerdings einem methodischen Vorbehalt. Die für die Berechnung notwendigen Input-Output-Tabellen liegen nur bundesweit und nicht für einzelne Bundesländer vor. Deshalb wurde die obige Berechnung unter der Annahme vorgenommen, dass die Vorleistungsstruktur des Verarbeitenden Gewerbes in Hessen mit der auf Bundesebene identisch ist. Konkret wurde unterstellt, dass das Verarbeitende Gewerbe je Einheit Wertschöpfung in Hessen genauso viele Vorleistungskäufe oder -verkäufe mit den jeweiligen anderen Branchen tätigt wie im Bundesdurchschnitt. Etwaige Strukturunterschiede in der Fertigungstiefe oder im Branchenmix können deshalb nicht berücksichtigt werden. In den letzten Jahren hat der Vorleistungssaldo des Verarbeitenden Gewerbes mit den anderen Branchen auf Bundesebene ständig zugenommen. Im Jahr 1995 kamen auf 1 Euro Wertschöpfung im Verarbeitenden Gewerbe zusätzlich 33 Cent Wertschöpfung aus dem Vorleistungsverbund hinzu. Im Jahr 2006 lag diese Quote schon bei über 40 Prozent. Berücksichtigt man diesen Vorleistungsverbund, hat es in Deutschland zwischen 1995 und 2006 keine Deindustrialisierung gegeben. Im Jahr 2006 lag der Wertschöpfungsanteil des Industrie-Dienstleistungsverbundes bei fast 30 Prozent – im Jahr 1995 waren es nur 28 Prozent. Der Zuwachs geht allein auf das Konto dieses Verbundeffektes. Mit dieser Schätzmethode für das Jahr 2006 lassen sich die Vorleistungssalden für andere Jahre berechnen, wobei für jedes Jahr unterstellt wird, dass die hessische Industrie je Einheit Wertschöpfung genauso viel indirekte Wertschöpfung über den Vorleistungsverbund generiert wie im Bundesdurchschnitt. Die Input-Output-Tabellen liegen nur bis zum Jahr 2006 vor. Will man die Zeit bis 2009 in den Blick nehmen, sind weitere Schätzungen notwendig. Zur Abschätzung der Verbundwertschöpfung für die Jahre 2007 bis 2009 wird deshalb mit dem Hebeleffekt der Vorjahre gerechnet (41 Cent je Einheit Bruttowertschöpfung im Verarbeitenden Gewerbe). Die Abbildung 2-3 zeigt die Ergebnisse für Hessen. Nach dieser Berechnung hat in Hessen ein echter Deindustrialisierungsprozess stattgefunden. Der ständige Rückgang der Anteile des Verarbeitenden Gewerbes an der Wertschöpfung konnte durch den Vorleistungsverbund nicht mehr kompensiert werden. Bereits im Jahr 2008 – also ohne Kriseneffekt – lag die direkte und indirekte Bruttowertschöpfung des Verarbeitenden Gewerbes mit 25,4 Prozent unter dem Niveau von 1995 (28,2 Prozent).

40 |


Gemeinsam Mehr.Wert | Innovationen im industriellen Mittelstand

Agrar

+0,7%

Bergbau / Energie

+0,9%

Finanzdienste

+1,3%

Logistik

+2,8%

Unt.-Dienste

+4,3%

Verarb. Gewerbe BWS-Anteil 19%

-1,8%

Bauwirtschaft

-0,3%

Handel / Gast.

-0,2%

Sonst. Dienste

Nettoabnehmer

Nettolieferanten

Abbildung 2-2: Industrie-Vorleistungsverbund in Hessen Daten für 2006; Angaben in Prozent der gesamten Bruttowertschöpfung

Vorleistungsverbund: 7,7% Bruttowertschöpfung: 19,0% Gesamtbeitrag: 26,7%

Quelle: Statistisches Bundesamt, Input-Output-Tabelle, erstellt von IW Consult

In Bayern und Baden-Württemberg stellt sich die Situation zumindest bis 2008 völlig anders dar. Der steigende Anteil des Verarbeitenden Gewerbes an der Bruttowertschöpfung zieht die Verbundwertschöpfung zusätzlich hoch. Im Jahr 1995 betrug der direkte und indirekte Wertschöpfungsanteil des Verarbeitenden Gewerbes in diesen Ländern fast 37 Prozent; im Jahr 2008 waren es schon über 40 Prozent. Durch die Krise ist dieser Anteil im Jahr 2009 auf rund ein Drittel gefallen. Die Berechnungen des Industrie-Dienstleistungsverbundes für einzelne Bundesländer steht – wie gesagt – unter dem Vorbehalt, dass die Input-Output-Strukturen von der Bundesebene auf die Länderebene übertragen werden müssen. Unterschiede, die es in der Realität aller Wahrscheinlichkeit nach gibt, können nicht berücksichtigt werden. Die Hauptergebnisse der Analyse können aber mit einer etwas anderen Methode überprüft werden. Bei dieser Bruttomethode wird die Entwicklung der Bruttowertschöpfung der am IndustrieDienstleistungsverbund beteiligten Branchen direkt gemessen, ohne wie bei der Nettomethode auf einen Vorleistungssaldo zurückzugreifen. Bei dieser Sichtweise muss aber in Kauf genommen werden, dass der Logistiksektor etwas breiter abgegrenzt werden muss, weil für den Großhandel keine separaten Wertschöpfungsdaten auf Länderebene vorliegen. Im Logistiksektor ist deshalb auch der Einzelhandel erfasst. 41 |


Motor für Innovation

Abbildung 2-3: Industrie-Dienstleistungsverbund in Hessen Angaben in Prozent der nominalen Bruttowertschöpfung in Hessen

28,2 26,7

30 25

25,4 22,2

6,8 7,7

20

7,4 6,5

15 10

21,4

19,0

18,0

15,7

1995

2006

2008

2009

5 0 Verarbeitendes Gewerbe

Vorleistungsverbund

Wertschöpfung des Vorleistungsverbundes: Wertschöpfung, die das Verarbeitende Gewerbe gemeinsam mit den Vorleistern wie etwa Softwarefirmen, Ingenieurbüros und Logistikern erwirtschaftet, Ableitung auf Basis der deutschen Input-Output-Rechnung; 2008/2009: Schätzwerte

Quelle: Statistisches Bundesamt (2010) In Abbildung 2-4 wird die Entwicklung der Bruttowertschöpfung des Verarbeitenden Gewerbes und der Branchen des Dienstleistungsverbundes dargestellt. Diese Betrachtung zeigt zunächst nochmals das relativ schwache Wachstum des Verarbeitenden Gewerbes in Hessen. Die Verbundbranchen, die nach den Ergebnissen der Input-Output-Analyse damit typischer eng verbunden sind, hingegen wachsen überdurchschnittlich stark. Die Dynamik entspricht ungefähr der in den süddeutschen Ländern Bayern und Baden-Württemberg. Die Bruttowertschöpfung ist in diesem Dienstleistungsverbund in Hessen zwischen 1999 und 2009 um 27 Prozent gewachsen; in Bayern und Baden-Württemberg sind es 29 Prozent. Es gibt einen wesentlichen Unterschied zwischen Hessen und den Vergleichsländern Bayern und Baden-Württemberg: •

42 |

In den beiden süddeutschen Ländern ist die Wertschöpfung im Verarbeitenden Gewerbe zumindest bis 2008 mit der etwa gleichen Rate gewachsen wie die Dienstleistungen. Es gibt also einen engen Wachstumsverbund zwischen dem Verarbeitenden Gewerbe und den Dienstleistungsbranchen. Das gilt selbst für das Krisenjahr 2009. Obwohl die Krise im Kern eine industrielle Krise war, hat sie die Verbundbranchen auch getroffen.


Gemeinsam Mehr.Wert | Innovationen im industriellen Mittelstand

In Hessen sind diese Zusammenhänge schwächer. Im Zeitraum 1999 bis 2008 gibt eine gewisse Abkopplung im Wachstum des Verarbeitenden Gewerbes von den Dienstleistungen des Verbundes.

Ähnliche Ergebnisse zeigen sich, wenn die Branchen des Industrie-Dienstleistungsverbundes nicht anhand der Bruttowertschöpfung, sondern auf Basis der SV-Beschäftigten abgegrenzt werden. Hier kann der Logistikbereich trennschärfer ohne die Kfz-Reparatur und den Einzelhandel definiert werden. Es zeigt sich wiederum, dass zwischen 1998 und 2008 das Verarbeitende Gewerbe in Hessen deutlich höhere Einbußen (–16 Prozent) erlitten hat als in den beiden süddeutschen Ländern (–3 Prozent). Die Beschäftigungsentwicklung in den Dienstleistungsverbundbranchen ist ähnlich (Hessen: +29 Prozent; Bayern und BadenWürttemberg: +35 Prozent). Diese Beobachtungen lassen zwei Interpretationen zu: •

Es gibt in Hessen eine von der Industrie relativ unabhängige autonome Entwicklung der unternehmensnahen Dienstleistungen. Sie können sich auch ohne eine starke und dynamische hessische Industrie behaupten.

Hessen verschenkt Wachstum in diesem Industrie-Dienstleistungsverbund, weil der industrielle Kern schrumpft und nicht mehr die nötigen Impulse setzen kann. Hessen braucht deshalb eine Reindustrialisierung.

Drei Gründe sprechen für die zweite Interpretation: •

Die wirtschaftsstarken Vergleichsländer Bayern und Baden-Württemberg sind gerade mit Industrie sehr erfolgreich.

Industrie ist gemessen an den Anteilen an den Gesamtaufwendungen der Motor für Forschung und Innovationen.

Gleichwohl bleiben Dienstleistungen sehr wichtig, weil die beiden Bereiche auf der Ebene der Branchen, der Tätigkeiten und bei den Geschäftsmodellen immer stärker zusammenwachsen. Eine besondere Aufmerksamkeit muss deshalb der sogenannten hybriden Wertschöpfung (siehe nachstehenden Abschnitt 2.4.3) gewidmet werden.

Ein grundlegendes Ergebnis der bisherigen Analyse ist deshalb, dass Hessen insbesondere seine Schwäche in dem industriellen Kern beseitigen muss. Dann kann das Land noch stärker von der zunehmenden Tertiarisierung der Wirtschaft profitieren.

43 |


Motor für Innovation

Abbildung 2-4: Bruttonwertschöpfung im Industrie-Dienstleistungsverbund Bruttokonzept, Entwicklung 1999 bis 2009; 1999 = 100

140 130 127 120 118,4 110 100 95,2

90 80

1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 Ver. Gewerbe

DL-Verbund

Ver. Gewerbe plus Verbund

zum Vergleich die aggregierte Entwicklung in Baden-Württemberg und Bayern 140 130 128,7

120

119,5 110 105,2

100 90 80

1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 Ver. Gewerbe

DL-Verbund

Ver. Gewerbe plus Verbund

Quelle: Statistisches Bundesamt (2010), VGR, erstellt von IW Consult

44 |


Gemeinsam Mehr.Wert | Innovationen im industriellen Mittelstand

Fazit Die Industrie hat eine wichtige Drehscheibenfunktion für die Gesamtwirtschaft. Im Gegensatz zu Deutschland und vor allem im Vergleich zu Bayern und Baden-Württemberg hat es in Hessen eine wirkliche Deindustrialisierung zwischen 1995 und 2008 gegeben. Die steigende spezifische Bedeutung des Vorleistungsverbundes (gemessen je Einheit Wertschöpfung im Verarbeitenden Gewerbe) konnte den Rückgang des Verarbeitenden Gewerbes nicht mehr kompensieren. Hessen hat ein Problem im Kernsektor dieses Industrie-Dienstleistungsverbundes. In Bayern und Baden-Württemberg sieht das völlig anders aus. Hier hat erst die Krise des Jahres 2009 zu einem (vielleicht vorübergehenden) Rückgang der Bedeutung des Industrie-Dienstleistungsverbundes geführt. Insgesamt sollte trotz der Erfahrungen aus der Krise am modernen Industriebegriff festgehalten werden, der auch diejenigen Dienstleistungen berücksichtigt, die im engen Verbund mit der Industrie entstehen.

2.4.3 Hybride Wertschöpfung Mit einer wachsenden Nachfrage nach Komplettlösungen und maßgeschneiderten Produkten und der verstärkten Kundenorientierung bearbeiten viele Unternehmen immer häufiger größere Teile der Wertschöpfungskette. Eine solche lebenszyklusorientierte Wertschöpfung wird auch als hybride Wertschöpfung bezeichnet, da das Endprodukt aus einem Mix von Industrieprodukten und integrierten Diensten wie z. B. Beratung, Finanzierung und Leasing, Wartung, Aus- bzw. Weiterbildung und Qualitätssicherung besteht. Innovative Dienstleistungen werden in den Unternehmen immer wichtiger. Das hat zur Folge, dass viele Unternehmen nicht mehr reine Industrie- oder Dienstleistungsunternehmen sind. Bedeutender als die Beobachtung der Anteile der Industrie- oder Dienstleistungsbranchen an der gesamtwirtschaftlichen Beschäftigung oder Wertschöpfung ist somit ein Blick auf die tatsächlichen Schwerpunkte (Industrieprodukte, Dienstleistungen oder integrierte Industrie-Dienstleistungsprodukte) der Unternehmen. Deshalb sind Unternehmen, die sowohl Industrieprodukte als auch Dienstleistungen im erheblichen Ausmaß anbieten, besonders interessant. Diese Unternehmen werden als „hybride Unternehmen“ bezeichnet. Die 13. Welle des IW-Zukunftspanels erlaubt eine Typisierung von Unternehmen nach hybriden und nicht hybriden Eigenschaften. Dabei wird zunächst unabhängig von der Branchenzugehörigkeit der Tätigkeitsschwerpunkt der Unternehmen anhand der Umsatzverteilung festgestellt. Dabei wird zwischen den Schwerpunkten Industrieprodukte, Dienstleistungen sowie Bau einschließlich des Handwerksbereichs unterschieden. Unternehmen mit dem Schwerpunkt Industrieprodukte oder Dienstleistungen werden als hybride Unternehmen bezeichnet, wenn sie mehr als 10 Prozent ihres Umsatzes außerhalb des jeweiligen Schwerpunktes erwirtschaften (Tabelle 2-8). Handwerksunternehmen bleiben bei dieser Betrachtung unberücksichtigt, weil dort die Grenze zwischen Industrie- und Dienstleistungstätigkeit schwer zu ziehen ist. 45 |


Motor für Innovation

Tabelle 2-8: Definition hybrider Unternehmen Kriterium: Umsatzanteile außerhalb der Schwerpunkte Hybride Unternehmen

Nicht hybride Unternehmen

Als hybride Unternehmen werden Unternehmen mit Schwerpunkt Industrieprodukte oder Dienstleistungen bezeichnet, die mindestens 10 Prozent ihres Umsatzes außerhalb ihres eigentlichen Schwerpunkts generieren, d. h. Industrienehmen, die mindestens 10 Prozent ihrer Umsätze mit Dienstleistungen erzielen, und Dienstleistungsunternehmen, die mindestens 10 Prozent ihrer Umsätze mit Industrieprodukten erzielen.

Als nicht hybride Unternehmen werden Unternehmen bezeichnet, die mehr als 90 Prozent ihres Umsatzes innerhalb ihres Schwerpunkts generieren, d. h. Industrieunternehmen, die mehr als 90 Prozent ihrer Umsätze mit Industrieprodukten erzielen, und Dienstleistungsunternehmen, die mehr als 90 Prozent ihrer Umsätze mit Dienstleistungen erzielen. Als dritte Gruppe der nicht hybriden Unternehmen werden solche aus dem Bereich Bau und Handwerk definiert.

5 Gruppen von Unternehmen • •

hybride Industrieunternehmen hybride Dienstleistungsunternehmen

• • •

reine Industrieunternehmen reine Dienstleistungsunternehmen Bau- und Handwerksbetriebe

Quelle: IW Consult Nur noch gut die Hälfte aller Unternehmen in Deutschland aus dem Verbundbereich (Industrie plus industrienahe Dienstleistungen) sind klassische nicht hybride Unternehmen, d. h., sie verkaufen fast ausschließlich Industrieprodukte oder Dienstleistungen. Etwa 15 Prozent der Unternehmen haben ihren Schwerpunkt im Bereich Handwerk/Bau (Tabelle 2-9). Der Anteil der „reinen Industrieunternehmen“ beträgt rund 7 Prozent und der der reinen Dienstleistungsunternehmen 45 Prozent. Etwa ein Drittel der Unternehmen sind hybride Unternehmen, d. h., sie erwirtschaften einen wesentlichen Teil ihrer Umsätze außerhalb ihres jeweiligen Schwerpunktes. Die hybriden Unternehmen mit Schwerpunkt Industrieprodukte erwirtschaften nur noch knapp 60 Prozent der Umsätze mit Industrieprodukten. Bereits zwei Fünftel entfallen auf Dienstleistungen, integrierte Industrie-Dienstleistungsprodukte oder Handwerkerleistungen. Auf diese Gruppe der hybriden Unternehmen mit Schwerpunkt Industrieprodukte entfallen 7 Prozent aller Unternehmen. Die hybriden Unternehmen mit Schwerpunkt Dienstleistungen haben einen Anteil von 25 Prozent an allen Unternehmen und erwirtschaften bereits rund 60 Prozent ihrer Umsätze außerhalb ihres Schwerpunktes.

46 |


Gemeinsam Mehr.Wert | Innovationen im industriellen Mittelstand

Insgesamt kann der Umsatzanteil mit hybriden Produkten, d. h. mit Produkten, die außerhalb der jeweiligen Schwerpunkte erwirtschaftet werden, für Deutschland auf 22 Prozent geschätzt werden. Hier sind auch die Umsätze des Bereichs Bau und Handwerk enthalten, die außerhalb des Kernbereichs erwirtschaftet werden. In der Gruppe der hybriden Unternehmen liegt der Umsatz außerhalb der Schwerpunkte bei 52 Prozent. Für Hessen zeigt sich ein ähnliches Bild: •

Der Anteil der hybriden Unternehmen liegt mit 30 Prozent an hybriden Unternehmen leicht unter dem Bundesdurchschnitt.6 Allerdings ist der Anteil mit hybriden Umsätzen mit 59 Prozent höher als im Bundesdurchschnitt. In Hessen gibt es mehr nicht-hybride Unternehmen (57 Prozent) als bundesweit (52 Prozent). Das liegt vor allem an dem höheren Besatz an reinen Dienstleistungsunternehmen in Hessen. Der gesamte hybride Umsatzanteil ist in Hessen mit 26 Prozent etwas höher als im Bundesdurchschnitt (22 Prozent).

Natürlich hängen diese Ergebnisse von der Definition der hybriden Unternehmen ab. Die 10-Prozent-Grenze der Umsätze außerhalb der Schwerpunkte ist willkürlich festgelegt. Sensitivitätsrechnungen mit anderen Grenzwerten kommen aber auch zu dem Ergebnis, dass es nennenswerte Anteile von Unternehmen gibt, die als hybrid bezeichnet werden können. Bei einem Grenzwert von 20 Prozent können immerhin noch gut ein Viertel der Unternehmen in Hessen dieser Gruppe zugeordnet werden. Die Unterscheidung zwischen hybriden und nicht hybriden Unternehmen würde analytisch wenig sinnvoll sein, wenn sich diese Unternehmenstypen bei entscheidenden Eigenschaften nicht unterscheiden würden. Die Tabelle 2-10 zeigt aber, dass es Unterschiede bei wichtigen Erfolgsfaktoren und dem Unternehmenserfolg7 gibt: •

• •

Die Innovatoren- und die Internationalisierungsquote sowie die Anteile der FuE-tätigen Unternehmen sind bei hybriden Unternehmen höher als in der Vergleichsgruppe. Hybride Unternehmen sind erfolgreicher als nicht hybride Unternehmen. Die Ergebnisse gelten gleichermaßen für Hessen und für Deutschland.

6 Allerdings muss hier einschränkend angemerkt werden, dass die Befragungsdaten Unschärfen enthalten. Die Verteilung der Umsätze nach Industrieprodukten, Dienstleistungen, integrierten Industrie-Dienstleistungsprodukten und Bau- und Handwerksleistungen kann dem Rechnungswesen der Unternehmen nicht direkt entnommen werden. Die Unternehmen haben die Anteile in der Befragung geschätzt. 7 Der Unternehmenserfolg wird im IW-Zukunftspanel für jedes Unternehmen durch insgesamt fünf Indikatoren gemessen: Die Beschäftigungs- und Umsatzentwicklung der letzten drei Jahre, die Nettoumsatzrendite des letzten Jahres sowie durch die Einschätzung der kurz- und mittelfristigen Erwartungen der Geschäftsführer. Die einzelnen Werte werden jeweils absteigend geordnet und Quintilen zugeteilt. Auf dieser Basis werden Punkte vergeben. Werte im obersten Quintil erhalten vier Punkte. Ausprägungen im untersten Quintil werden mit null Punkten bewertet. Die Punkte werden zu einem Gesamtindex addiert und auf den Mittelwert (= 100) normiert. Die Erfolgsindizes der einzelnen Unternehmen liegen konstruktionsbedingt eng beieinander. Kleine zahlenmäßige Abstände bedeuten bereits große Unterschiede im Erfolg.

47 |


Motor für Innovation

Tabelle 2-9: Hybride und nicht hybride Unternehmen Anteile in Prozent für Hessen und Deutschland Hessen Anteile der Unternehmen Nicht hybrid

Deutschland

Umsatzanteile außerhalb der Schwerpunkte

Anteile der Unternehmen

Umsatzanteile außerhalb der Schwerpunkte

57

0

52

0

6

1

7

1

51

0

45

0

30

59

32

52

7

43

8

42

23

62

25

61

Unternehmen ohne Bau und Handwerk

87

26

85

22

Bau/Handwerk

13

25

15

21

100

26

100

22

Reine Industrie Reine Dienstleister Hybrid Schwerpunkt Industrie Schwerpunkt Dienstleister

Gesamt Rundungsdifferenzen

Quelle: IW-Zukunftspanel Tabelle 2-10: Erfolgsfaktoren hybrider Unternehmen Angaben für 2009 in Prozent; IW-Zukunftspanel Hessen

Deutschland

Hybrid

Nicht hybrid

Hybrid

Nicht hybrid

Innovatoren

71,4

60,3

66,9

59,1

FuE-Tätigkeit

48,7

41,7

51,7

40,9

Internationalisiert

42,9

29,2

44,9

30,8

Erfolg

105

100

102

100

Quelle: IW-Zukunftspanel 48 |


Gemeinsam Mehr.Wert | Innovationen im industriellen Mittelstand

Auf den Punkt gebracht Die Tertiarisierung der Wirtschaft findet nicht nur zwischen Branchen im Vorleistungsverbund, sondern auch innerhalb der Unternehmen statt. In Hessen kann ja nach der verwendeten Definition jedes dritte bis vierte Unternehmen als hybrid bezeichnet werden, d. h., maßgebliche Umsatzanteile werden außerhalb des eigentlichen Schwerpunktes erwirtschaftet. Hybride Unternehmen sind überdurchschnittlich mit Erfolgsfaktoren ausgestattet. Deshalb ist es wichtig, sie bei der Formulierung der Innovationsstrategie zu berücksichtigen.

2.5 Fazit Hessen ist heute ein wichtiger Dienstleistungsstandort und bei dem Erfolgsfaktor Wissen insgesamt gut aufgestellt. Der Erfolg der hessischen Wirtschaft wird vor allem durch die sehr erfolgreichen unternehmensnahen Dienste getragen. Eine wichtige Rolle spielen hier auch Großunternehmen. Hessen hat aber eine Schwäche im Verarbeitenden Gewerbe. Die Entwicklung ist deutlich schwächer als die in Bayern und Baden-Württemberg. Diese Schwäche des Kernbereichs der Industrie vermindert auch die Bedeutung des IndustrieDienstleistungsverbundes. Im Gegensatz zu Bayern und Baden-Württemberg ist in Hessen eine faktische Deindustrialisierung zu beobachten. Es ist zudem zu einer Abkopplung im Wachstum zwischen der Industrie und den industrienahen Dienstleistungen gekommen. Dadurch könnten in Hessen Wachstumspotenziale verschenkt werden, weil erfolgreiche Geschäftsmodelle gerade durch eine Verknüpfung von Industrie und Dienstleistungen geprägt sind. Folgende Befunde der bisherigen Analyse sind für die Formulierung einer Innovationspolitik und -strategie in Hessen relevant:

8 9

Die internationale Stärke der deutschen Wirtschaft sind technologisch hochwertige Industrieprodukte. Das reicht in Zukunft nicht mehr aus, weil vor allem die BRICLänder8 aufholen. Eine Differenzierung an den Weltmärkten gelingt in Zukunft nur durch eine stärkere Betonung hochwertiger integrierter Dienstleistungen – also hybrider Wertschöpfung.

Die KMU haben Defizite bei Forschung, Entwicklung und Innovationen. In Zukunft wird dies aufgrund der steigenden Wissensintensität und Komplexität der industriellen Produktion noch schwerer ins Gewicht fallen. Deshalb muss das Potenzial der derzeit nicht FuE-treibenden Unternehmen erschlossen werden.

In der Berufsausbildung müssen Kompetenzen wie Innovationsfähigkeit, Teamfähigkeit, Flexibilität, Selbstverantwortung und Internationalität stärker gefördert werden, die für eine weltweite Dienstleistungsorientierung wichtig sind. In der Akademikerausbildung bleibt der Ausbau der MINT-Abschlüsse9 entscheidend;

BRIC= Brasilien; Russland; Indien; China MINT= Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik

49 |


Motor für Innovation

ein Umsteuern auf mehr Akademikerabschlüsse für klassische Dienstleistungen ist nicht zielführend. •

Die Unternehmen agieren zu stark als Einzelkämpfer und sollten stärker in Netzwerken mit anderen Unternehmen und – zumindest technologieorientierte KMU – auch mit der Wissenschaft zusammenarbeiten.

In der Wir tschaftsförderung sind Clusterstrategien10 sinnvoll. Sie sollten sich stärker als heute auf klar definierte Märkte (Produkt- und Wertschöpfungskettensicht) konzentrieren, keinen überzogen regionalen Fokus haben und nach Möglichkeit mehrere Technologiefelder integrieren. Jeder Cluster sollte in Zukunft neben wissenschaftlicher Exzellenz eine klar definierte Transferstrategie als zweite Säule haben.

3 INNOVATIONEN IN HESSEN – DIE MIKROÖKONOMISCHE SICHT 3.1 Methode, Daten und Definitionen Die Analyse zu dem Innovationsverhalten hessischer Unternehmen stützt sich weitgehend auf eine Befragung aus dem Frühjahr 2010. Innerhalb der 13. Welle des IW-Zukunftspanels wurden spezifische Fragen zu Innovationstätigkeit, zum Innovationserfolg, zu Innovationsmustern, zu Innovationshemmnissen und zur Innovationsförderung gestellt. Dabei wurde nicht nur auf Innovationen im engeren Sinn abgestellt, sondern ein breiteres Wissenskonzept verfolgt. Auf den Punkt gebracht geht es in der vorliegenden Studie um den Erfolgsfaktor Know-how. Hier zählen sowohl Input- als auch Outputfaktoren. Zu Inputfaktoren werden die Forschungs-, Entwicklungs- und Konstruktionstätigkeiten oder die Humankapitalintensität der Unternehmen gerechnet. Auf der Outputseite werden die Produkt- und Prozessinnovationen und die Umsatzanteile mit Produktneuheiten oder mit Alleinstellungsmerkmalen betrachtet.

10

Cluster grenzen sich von Netzwerken durch ihre i. d. R. geringe geografische Ausdehnung und ihren klaren Tätigkeitsschwerpunkt ab.

50 |


Gemeinsam Mehr.Wert | Innovationen im industriellen Mittelstand

Das IW-Zukunftspanel: Innerhalb des IW-Zukunftspanels werden regelmäßig 2.500 bis 5.000 Unternehmen zu Themen des Strukturwandels befragt. Im Mittelpunkt stehen dabei Erfolg, Erfolgsfaktoren und Strategien von Unternehmen. Abgedeckt ist der Teil der Wirtschaft, der direkt oder indirekt im internationalen Wettbewerb steht (Industrie und industrienahe Dienstleistungen). Nicht berücksichtigt sind der Einzelhandel, das Gastgewerbe und gesellschaftsnahe Dienstleistungen. Die Ergebnisse für die anderen Branchen werden auf Basis des Unternehmensregisters repräsentativ für Deutschland hochgerechnet. Der Datensatz repräsentiert ca. 75 Prozent aller Unternehmen, ca. 80 Prozent aller Umsätze und rund 60 Prozent der Beschäftigten.

Stichproben Für diese Befragung wurde eine Zufallsstichprobe von rund 2.000 hessischen Unternehmen aus den Bereichen Industrie und unternehmensnahe Dienstleistungen gezogen. 635 Unternehmen haben sich beteiligt und den Fragebogen beantwortet. Davon entfallen 591 auf den sogenannten Industrie-Dienstleistungsverbund, auf den sich diese Studie konzentriert. Dazu zählen das Verarbeitende Gewerbe, die Energie- und Bauwirtschaft, der Logistikbereich (Großhandel, Transport und Verkehr) sowie die unternehmensnahen Dienstleistungen. 44 Unternehmen gehören den Bereichen Einzelhandel, Gastgewerbe oder den gesellschaftsnahen Dienstleistungen an, die nicht Gegenstand der Studie sind und am Rande nachrichtlich erwähnt werden. Nicht einbezogen in die gesamte Befragung ist die Finanzwirtschaft, weil für diese Branche das Befragungskonzept des IW-Zukunftspanels nicht passt. Die Tabelle 3-1 zeigt die Größe und Struktur der Stichprobe. Sie unterteilt in zwei Größenklassen (Unternehmen mit bis zu und mehr als 10 Millionen Euro Umsatz und drei Branchenklassen). Der untere Teil der Tabelle zeigt die entsprechende Stichprobe für Deutschland, die mit 3.491 Unternehmen sehr groß ist. Die Stichprobe ist gemessen an der Grundgesamtheit, also den Besatzziffern des hessischen und deutschen Unternehmensregisters, verzerrt. Es sind insbesondere zu viele größere Unternehmen, die in der Grundgesamtheit in Hessen nur mit einem Anteil von 2 Prozent, aber in der Stichprobe mit 20 Prozent vertreten sind. Dieser hohe Anteil größerer Unternehmen in der Stichprobe ist notwendig, um für diese Gruppe statistisch gesicherte Ergebnisse berechnen zu können.

51 |


Motor für Innovation

Tabelle 3-1: Größe und Struktur der Stichprobe Anzahl der Unternehmen Bis 10 Mio. Euro Umsatz

Über 10 Mio. Euro Umsatz

Gesamt

Hessen Produzierendes Gewerbe Logistik

205

58

263

82

25

107

Unternehmensnahe Dienste

183

38

221

Gesamt

470

121

591

1.464

495

1.959

336

150

486

Deutschland Produzierendes Gewerbe Logistik Unternehmensnahe Dienste Gesamt

877

169

1046

2.677

814

3.491

Quelle: IW-Zukunftspanel (2010)

Hochrechnung und Kalibrierung Diese Verzerrungen zwischen Stichprobe und Grundgesamtheit werden durch eine Hochrechnung korrigiert. Dabei werden vier Hochrechnungsgruppen mit zwei Branchen- und Größenklassen gebildet. Bei den Branchen wird zwischen der Industrie (Verarbeitendes Gewerbe, Bergbau und Energiewirtschaft) und Dienstleistungen unterschieden. Die Bauwirtschaft wird den Dienstleistungen zugeschlagen, weil diese Branche hinsichtlich wesentlicher Strukturvariablen (Internationalisierung, FuE-Tätigkeit bzw. Innovationen) dem Dienstleistungssektor ähnlicher als dem Industriesektor ist. Für die deutsche Vergleichsstichprobe werden ebenfalls die entsprechenden Hochrechnungsfaktoren berechnet. Eine Hochrechnung wird umso genauer, je detaillierter das unterliegende Modell ist, also je differenzierter zwischen einzelnen Branchen- und Größenklassen unterschieden wird. Im IW-Zukunftspanel wird üblicherweise auf Basis von acht Branchengruppen und drei Unternehmensklassen (8x3-Modell) hochgerechnet. Eine solche Differenzierung ist bei einer Stichprobe von knapp 600 Unternehmen nicht möglich, weil die einzelnen Zellen (BranchenGrößen-Kombinationen) nicht hinreichend groß besetzt wären. Um die besseren Informationen eines größeren Modells dennoch nutzen zu können, werden das bundesweite 8x3-Modell und das reduzierte hessischen 2x2-Modells kombiniert. Dabei werden zunächst alle Ergebnisse für

52 |


Gemeinsam Mehr.Wert | Innovationen im industriellen Mittelstand

Deutschland mit dem großen 8x3-Modell berechnet. Danach wird für Hessen und Deutschland die Befragung auf Basis des 2x2-Modells ausgewertet und für jedes Ergebnis die Relationen zwischen Hessen und Deutschland gebildet. Abschließend werden in einer Kalibrierung mithilfe dieser Relationen und den Niveaugrößen des 8x3-Modells die Werte für Hessen berechnet. Beispiel: Die Innovatorenquote liegt in Hessen bei 67,5 Prozent und in Deutschland jeweils im 2x2-Modell bei 65 Prozent. Im deutschen 8x3-Modell, das der Wirklichkeit am nächsten kommt, liegt diese Quote bei 60 Prozent. Die Innovatorenquote in Hessen wird mit den vorliegenden Informationen auf 62,4 Prozent – (67,5/65)*60 – kalibriert. Durch Korrekturfaktoren werden unsinnige Ergebnisse, z. B. Quoten über 100 Prozent, anschließend in einer Konsistenzprüfung beseitigt. Diese Vorgehensweise stellt einen guten Kompromiss zwischen dem Bemühen, die Niveaugrößen möglichst wirklichkeitsnah darzustellen, und der Absicht, die Unterschiede zwischen Hessen und Deutschland als Vergleichsgruppe klar herauszuarbeiten, dar. Die Hochrechnung erfolgt auf Basis der Zahl der Unternehmen. Da in der Grundgesamtheit sowohl in Hessen als auch in Deutschland rund 98 Prozent in die Größenklasse mit weniger als 10 Millionen Euro Umsatz fallen, ist klar, dass basierend auf dieser Methode die kleinen Unternehmen faktisch allein den Durchschnittswert für die Gesamtwirtschaft bestimmen. Diese Angaben können bei manchen Fragen irreführend sein, weil die höhere Bedeutung (gemessen am Umsatz, der Beschäftigung oder der Wertschöpfung) der größeren Unternehmen nicht berücksichtigt wird. Deshalb werden in der vorliegenden Studie die meisten Ergebnisse getrennt nach Umsatzgrößenklassen ausgewiesen. Zusätzlich werden für ausgewählte Fragen die Durchschnittswerte für die Gesamtwirtschaft auf Basis eines größengewichteten Hochrechnungsmodells berechnet. Dafür werden die Beschäftigtenanteile verwendet, die sich nach dem Unternehmensregister für die einzelnen Hochrechnungszellen (BranchenGrößenklassen-Kombinationen) ergeben. Bei diesem größengewichteten Ansatz gehen die Werte der größeren Unternehmen (über 10 Millionen Euro Umsatz im 2x2-Modell) mit einem Gewicht von knapp 83 Prozent ein. Typen und Klassifizierungen Die meisten Befragungsergebnisse sind erst durch den Vergleich mit Referenzgruppen oder mit unterschiedlichen Gruppen innerhalb der Stichprobe sinnvoll. Deshalb werden in dieser Studie verschiedene Unternehmenstypen oder Klassifizierungen unterschieden. Die wichtigsten sind: Größenklassen: Standardmäßig wird zwischen kleinen (bis 10 Millionen Euro Umsatz) und größeren Unternehmen (über 10 Millionen Euro Umsatz) unterschieden. Für einzelne Fragestellungen werden auch Angaben für Unternehmen mit weniger als 50 Millionen Euro Umsatz gemacht, um den Kreis abzubilden, der nach der offiziellen Definition zu den kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU) gehört. Diese Gruppe umfasst in der Stichprobe rund 520 Unternehmen.

53 |


Motor für Innovation

Branchen: Es wird zwischen der Industrie, der Logistik und den unternehmensnahen Dienstleistungen unterschieden. In Einzelfällen wird die Gruppe der Industrie weiter untergliedert. Innovatoren: Dazu zählen Unternehmen, die in den letzten vier Jahren Produkt- und/oder Prozessinnovationen eingeführt haben. Internationalisiert: Das sind Unternehmen mit Auslandsgeschäft, d. h. Unternehmen, die zumindest exportieren. FuE-Tätigkeit: Hier werden Unternehmen zusammengefasst, die kontinuierlich oder gelegentlich Forschungs- oder Entwicklungstätigkeit betreiben. Typ-D-Unternehmen: Der Erfolg der deutschen Wirtschaft auf den Weltmärkten basiert hauptsächlich auf Unternehmen, die FuE betreiben, innovativ und internationalisiert sind. Unternehmen, die alle drei Eigenschaften erfüllen, werden als Typ-D-Unternehmen bezeichnet, weil sie als Avantgarde für das Geschäftsmodell Deutschland stehen. In Deutschland beträgt der hochgerechnete Anteil dieser Unternehmen im IW-Zukunftspanel rund 18 Prozent. In Hessen liegt dieser Anteil mit 17 Prozent in einer ähnlichen Größenordnung. Humankapitalorientierung: Hier werden Unternehmen zusammengefasst, die eine überdurchschnittlich hohe Akademikerdichte haben. Dadurch werden auch Dienstleistungsunternehmen umfasst, die geschäftsfeldbedingt keine Forschung betreiben, aber durch eine sehr hohe Wissensintensität ihrer Mitarbeiter (unvollkommen definiert durch die Akademikerquote) ausgezeichnet sind. Tätigkeitsschwerpunkt: Bei dieser Typisierung werden die Unternehmen nicht wie üblich nach ihrer Branchenzugehörigkeit, sondern nach ihrem Produktionsschwerpunkt (Industrieprodukt, Dienstleistung, Bau- oder Handwerksleistungen) untergliedert. Diese Unterscheidung nach der Tätigkeit liefert trennschärfere Ergebnisse als die übliche Branchensicht. Hybride Unternehmen: Wie bereits ausgeführt gibt es einen Trend zur Integration von Industrie- und Dienstleistungsprodukten. Diese Unternehmen werden als hybride Unternehmen bezeichnet. Dazu zählen nach dem hier vorliegenden Bericht Unternehmen mit Tätigkeitsschwerpunkt Industrie oder Dienstleistungen, die einen Umsatzanteil von mindestens 10 Prozent außerhalb ihres Schwerpunktes haben. Erfolg: Bei dieser Typisierung werden die Unternehmen nach ihrem Erfolg in drei Klassen (hoch, mittel, niedrig) eingeteilt. Der Erfolg wird als Index auf Basis der Umsatz- und Beschäftigtenentwicklung der letzten drei Jahre, der Nettoumsatzrendite und der Zukunftsaussichten berechnet. Diese acht Typisierungen sind jeweils für Hessen und Deutschland definiert und ausgewertet. Um 54 |


Gemeinsam Mehr.Wert | Innovationen im industriellen Mittelstand

die Übersichtlichkeit der Analysen zu erhöhen, werden jeweils nur die Ergebnisse für ausgewählte Typen dargestellt.

3.2 Innovationsverhalten Dieser Abschnitt hat zwei Aufgaben. Zunächst wird die Forschungs-, Entwicklungs- und Innovationstätigkeit für die hessischen und deutschen Unternehmen dargestellt. Diese Tätigkeitsprofile sind für die Erklärung des Unternehmenserfolgs sehr wichtig. Anschließend werden die Intensitäten der einschlägigen Innovationsindikatoren untersucht.

3.2.1 Tätigkeitsprofile Am Anfang der Analyse über Innovationssysteme muss eine Bestandsaufnahme der Tätigkeiten stehen, von denen zu erwarten ist, dass sie positiv auf die Innovationen wirken. Dazu gehören Forschungs-, Entwicklungs- und Konstruktionstätigkeiten in den Unternehmen. Die Tabelle 3-1 zeigt die Ergebnisse für Hessen im Vergleich zu Deutschland. Etwa 18 Prozent der hessischen Unternehmen aus dem Bereich des in dieser Studie untersuchten IndustrieDienstleistungsverbundes forschen. Das entspricht in etwa dem bundesdeutschen Durchschnitt. Gut ein Drittel davon hat kontinuierliche Forschungstätigkeiten; die anderen forschen nur gelegentlich. Auf die gesamte Wirtschaft11 bezogen bedeutet dies, dass nur 6,5 Prozent in Hessen kontinuierlich forschen. Es gibt allerdings erhebliche strukturelle Unterschiede: •

Kleine Unternehmen forschen deutlich seltener als größere. In Hessen liegt diese Quote bei Unternehmen mit weniger als 10 Millionen Euro Umsatz bei knapp 18 Prozent; bei den größeren Unternehmen sind es 27 Prozent. Auch für die Gruppe der Unternehmen mit weniger als 50 Millionen Euro Umsatz – den sogenannten KMU – liegt diese Quote bei 18 Prozent. Vergleichbare Ergebnisse finden sich auch in einer Studie der OECD zur Innovationstätigkeit von KMU (OECD, 2010). Für Deutschland belegt diesen Trend der Mittelstandsmonitor (KfW et al., 2009).

Bei den Branchen zeigt sich ein differenziertes Bild. Die Quote der forschenden Unternehmen ist bei den unternehmensnahen Dienstleistern (22,5 Prozent) höher als in der Industrie. Deutlich niedriger liegt sie im Bereich Logistik einschließlich Bauwirtschaft. Dieser Befund ist nicht überraschend, sondern durchaus mit den Ergebnissen anderer Untersuchungen vergleichbar (z. B. Rammers/Peters, 2010).

11 Zur sprachlichen Vereinfachung wird von Gesamtwirtschaft gesprochen, obwohl in der Studie nur der Industrie-Dienstleistungsverbund berücksichtigt wird. Wenn die anderen Branchen (Einzelhandel, Gastgewerbe oder gesellschaftsnahe Dienstleistungen) einbezogen werden, wird darauf ausdrücklich hingewiesen.

55 |


Motor für Innovation

Der Befund ändert sich deutlich, wenn man nicht die Branche, sondern den Tätigkeitsschwerpunkt betrachtet. Die Unternehmen, die zur Hauptsache Industrieprodukte herstellen, forschen deutlich öfter (35 Prozent) als Anbieter von Dienstleistungen (18 Prozent) oder Handwerker und Bauunternehmen (8 Prozent). Erklärbar ist das durch zwei Effekte. Zu der Branche Industrie gehören die meisten Handwerksbetriebe, die aber im eigentlichen Sinn keine Industrieprodukte anbieten. Sie ziehen statistisch betrachtet den Anteil der forschenden Unternehmen in der Industrie nach unten. Andererseits ist auch zu berücksichtigen, dass viele Industrieunternehmen Dienstleistungen und viele Dienstleistungsunternehmen auch Industrieprodukte anbieten.

Internationalisierte, innovative und hybride Unternehmen forschen öfter als die entsprechenden Vergleichsgruppen. Das ist ein erster Hinweis auf die Erfolgsfaktoren, auf die in Abschnitt 3.3 näher eingegangen wird.

Insgesamt sind die Ergebnisse für Hessen und Deutschland sehr ähnlich. Allerdings fallen zwei Unterschiede auf: • •

Der Anteil der größeren forschenden Unternehmen ist in Deutschland mit 33 Prozent etwas größer als in Hessen (27 Prozent). Die Industrie (Branchensicht) in Hessen weist im Vergleich zu Deutschland eine etwas geringere Forschungstätigkeitsquote auf.

Diese Unterschiede werden bestätigt, wenn man die Befragungsergebnisse größengewichtet hochrechnet, also nicht die Zahl der Unternehmen, sondern die der Mitarbeiter als Gewichte zugrunde legt. Nach dieser Rechnung liegt der Anteil der forschenden Unternehmen in Hessen mit gut 28 Prozent deutlich unter dem bundesdeutschen Vergleichswert (35 Prozent). Diese Unterschiede können wiederum durch geringere Forschungsquoten bei größeren Unternehmen in der Industrie erklärt werden.12 Bei kleinen Unternehmen und im Dienstleistungsbereich unterscheiden sich die Ergebnisse zwischen Hessen und Deutschland auch größengewichtet kaum.

12 Diese Ergebnisse stehen unter dem Vorbehalt, dass sich in Hessen einige wichtige große und forschungsstarke Unternehmen an der Befragung nicht beteiligt haben. In der Gruppe der sehr großen Unternehmen könnten die Ergebnisse deshalb anders ausfallen.

56 |


Gemeinsam Mehr.Wert | Innovationen im industriellen Mittelstand

Tabelle 3-2: Tätigkeitsprofile Angaben in Prozent; Erhebungsjahr 2009; hochgerechnet Hessen Forschung Gesamt

Entwicklung

Deutschland Konstruktion

Forschung

Entwicklung Konstruktion

18,1

37,7

21,9

18,1

38,6

26,6

Klein

17,7

37,1

21,5

17,5

37,9

26,0

Groß

27,2

52,2

31,8

33,2

57,1

43,4

Industrie

19,4

47,3

36,1

22,8

50,7

43,8

Logistik

13,6

34,3

28,1

12,4

31,4

29,2

Dienstleistung

22,5

39,1

11,9

22,0

40,5

15,4

25,3

52,9

26,0

25,6

52,7

31,8

5,2

10,3

14,6

5,9

15,7

18,2

Ja

27,2

58,6

30,7

28,7

59,1

35,0

Nein

14,1

28,3

18,2

13,2

29,0

22,7

Industrieprodukt

35,3

71,5

53,3

36,5

66,1

55,3

Dienstleistung

17,7

36,3

13,9

17,8

38,2

16,7

7,9

22,7

31,1

9,0

24,3

38,2

Hybrid

21,5

46,4

32,8

22,5

50,0

32,3

Nicht Hybrid

19,7

38,7

11,8

19,6

38,0

16,8

Größenklasse

Branchen

Innovatoren Ja Nein Auslandsgeschäft

Schwerpunkt

Bau/ Handwerk Verbund

Größe: klein – bis 10 Mio. Euro Umsatz; groß – über 10 Mio. Euro Umsatz Industrie: Verarbeitendes Gewerbe/Energie; Logistik: Großhandel/Verkehr; Dienste: unternehmensnahe Dienstleistungen Innovatoren: Unternehmen, die in den letzten vier Jahren neue Produkte und/oder Prozesse eingeführt haben Auslandsgeschäft: Unternehmen mit Auslandsaktivitäten (mindestens Export) Schwerpunkt: Umsatzschwerpunkt nach Produktart Verbund: hybrid – Unternehmen (ohne Bau und Handwerk) mit einem Umsatzanteil außerhalb des Schwerpunktes von mindestens 10 Prozent

Quelle: IW-Zukunftspanel

57 |


Motor für Innovation

Bei einem Blick auf die Entwicklungstätigkeit zeigt sich, dass die hessischen Unternehmen mit 37,6 Prozent eine etwas geringere Quote als im Bundesdurchschnitt (38,6 Prozent) aufweisen. Dieser Unterschied liegt aber im Unschärfebereich solcher Befragungen und sollte nicht als klarer Unterschied interpretiert werden. Auff ällig ist wiederum bei den größeren Unternehmen der im Vergleich zum bundesdeutschen Durchschnitt niedrigere Anteil in Hessen. 52 Prozent der hessischen Unternehmen mit mehr als 10 Millionen Euro Umsatz geben an, dass sie Entwicklungstätigkeiten haben; im Bund sind es 57 Prozent. Bei allen Typisierungen (Größe, Branche, Schwerpunkte, Internationalisierung, Innovatoren, hybride Unternehmen) ergeben sich die gleichen strukturellen Unterschiede innerhalb dieser Gruppen wie bei der Forschungstätigkeit. Es zeigt sich nur deutlich, dass Entwicklungstätigkeiten eher eine Domäne der Industrie sind, unabhängig davon, ob die Industrie nach dem Branchenoder Schwerpunktkonzept abgegrenzt wird. Besonders ausgeprägt sind Entwicklungstätigkeiten in Hessen bei Unternehmen mit Schwerpunkt Industrieprodukte. Die Quote liegt mit 71 Prozent auch deutlich über dem bundesdeutschen Vergleichswert (66 Prozent). Dies macht die Wichtigkeit der Industrie für FuE-Aktivität und damit für die zukünftige Wettbewerbsfähigkeit des Standorts Hessen deutlich. Es ist empirisch sehr schwierig, die Tätigkeiten zu erfassen, die den Unternehmen einen Wissensvorsprung geben und Grundlage für Innovationsfähigkeit sind. Dazu gehört neben der Forschung und Entwicklung auch die Konstruktion, die besonders im Handwerksbereich oft eine Innovationsquelle und Differenzierungsmerkmal ist. Deshalb werden im IWZukunftspanel auch Konstruktionstätigkeiten erfasst. Hier gibt es deutliche Unterschiede zwischen Hessen und Deutschland. 22 Prozent der hessischen Unternehmen geben an, dass sie Konstruktionstätigkeiten haben; im Bund sind es 27 Prozent. Diese Unterschiede zeigen sich bei allen Typen und Klassifizierungen. Die hessische Wirtschaft erscheint nur unterdurchschnittlich von einer Tüftlermentalität geprägt zu sein. Interessant an dieser Stelle ist auch ein Vergleich Hessens mit Bayern und Baden-Württemberg, weil diese beiden Länder traditionell eine wichtige Benchmarkgruppe sind. In diesen beiden Bundesländern beträgt der Anteil der Unternehmen mit • • •

Forschungstätigkeit knapp 20 Prozent (Hessen: 18 Prozent), Entwicklungstätigkeiten 39 Prozent (Hessen: 38 Prozent) und Konstruktionstätigkeit 26 Prozent (Hessen: 22 Prozent).

Insgesamt weisen Bayern und Baden-Württemberg höhere Tätigkeitsquoten auf, die besonders stark im Bereich Konstruktion ausgeprägt sind. Forschungs- und Entwicklungstätigkeiten sind in der Praxis oft schwer unterscheidbar. Deshalb gibt es auch bei Umfragen gewisse Unschärfen. Schon allein aus diesem Grund ist es

58 |


Gemeinsam Mehr.Wert | Innovationen im industriellen Mittelstand

zweckmäßig, diese beiden Tätigkeiten zusammen zu betrachten und zu fragen, wer Forschungsoder Entwicklungstätigkeiten betreibt. Die Tabelle 3-3 zeigt, dass • • •

in Hessen knapp 39 Prozent der Unternehmen Forschungs- oder Entwicklungstätigkeiten nachgehen13, es kaum Unternehmen gibt, die forschen, aber nicht entwickeln, über die Hälfte der Unternehmen mit Entwicklungstätigkeit keine Forschung hat.

Im bundesdeutschen Durchschnitt ist diese Forschungs- oder Entwicklungstätigkeitsquote mit ein wenig über 39 Prozent marginal höher. Dieser knappe Vorsprung gilt nicht nur für 2009, sondern auch schon für die Jahre 2007 und 2008. Das zeigen Berechnungen auf Basis der Jahresdatensätze 2008 und 2009 des IW-Zukunftspanels.14 Forschung und Entwicklung sind aber nicht die einzigen Wege zu oder Quellen von Innovationen. Berücksichtigt werden muss – wie bereits oben erwähnt – auch die Konstruktionstätigkeit. Sie ist insbesondere für Industrieunternehmen und das Handwerk wichtig. Die Abbildung 3-1 zeigt, dass in Hessen 44 Prozent der Unternehmen eine Forschungs-, Entwicklungs- oder Konstruktionstätigkeit haben. In Deutschland sind es fast 48 Prozent. Wiederum gibt es hier strukturelle Unterschiede. Besonders Größeneffekte fallen ins Auge. Die Tätigkeitsquoten fallen in Hessen und Deutschland bei größeren Unternehmen höher aus als bei kleineren. Am einfachsten lässt sich dies durch eine größengewichtete Hochrechnung (nach Beschäftigungsanteilen) zeigen. Diese Quote liegt in Hessen bei 54 Prozent und in Deutschland bei 65 Prozent. Damit wird auch der vorne bereits angeführte Größeneffekt zwischen Hessen und Deutschland wieder deutlich. Die größeren Unternehmen in Hessen haben im bundesdeutschen Vergleich geringere Forschungs-, Entwicklungs- oder Konstruktionstätigkeit. Tabelle 3-3: Forschung und Entwicklung Angaben für 2009 in Prozent, hochgerechnet Forschung Entwicklung Keine Entwicklung Gesamt

17,1 1,0 18,1

Entwicklung Keine Entwicklung Gesamt

17,6 0,5 18,1

Keine Forschung Hessen 20,6 61,3 81,9 Deutschland 21,0 60,9 81,9

Gesamt 37,7 62,3 100,0 38,6 61,4 100,0

Quelle: IW-Zukunftspanel 13

Errechnet sich aus Tabelle 3-3 wie folgt: 17,1 % (FuE) + 20,6 % (nur E) + 1,0 % (nur F) = 38,7 %. Der Jahresdatensatz 2008 enthält die Daten für das Jahr 2007 und der Jahresdatensatz 2009 entsprechend für 2008. Von den rund 8.000 Unternehmen in der Stichprobe sind jeweils knapp 600 aus Hessen. 14

59 |


Motor für Innovation

Um ein möglichst komplettes Profil dieser wissensintensiven Tätigkeiten zu zeichnen, sollte neben der Forschungs-, Entwicklungs- und Konstruktionstätigkeit noch der Humankapitaleinsatz einbezogen werden. Damit wird zwar keine Tätigkeit im eigentlichen Sinne beschrieben, es ist aber ein Faktor, der gerade bei vielen unternehmensnahen Dienstleistungen das entscheidende Alleinstellungsmerkmal bildet. In dieser Studie wird die Humankapitalintensität durch den Anteil der Akademiker an den Beschäftigten gemessen. Als High-Skill-Unternehmen gelten die, deren Anteil um 50 Prozent über dem Durchschnitt liegt. In Hessen fallen 35 Prozent der Unternehmen in diese Gruppe; in Deutschland sind es nur 32 Prozent. Das bestätigt den zuvor festgestellten Befund, dass die hessische Wirtschaft insgesamt durch eine überdurchschnittliche Humankapitalintensität geprägt ist. Berücksichtigt man in diesem Zusammenhang zusätzlich die Skill-Intensität, haben rund zwei Drittel der Unternehmen in Hessen entweder Forschungs- oder Entwicklungs- oder Konstruktionstätigkeit oder gehören dem High-Skill-Bereich an. Diese Quote entspricht in etwa dem bundesdeutschen Durchschnittswert. Hessen hat also im Bereich des Industrie- und Dienstleistungsverbundes eine etwa durchschnittliche Ausstattung mit wissensintensiven Tätigkeiten. Abbildung 3-1: Wissensintensive Tätigkeiten Angaben für 2009 in Prozent; hochgerechnet

63,4 63,0

FoEoKoSkill 47,5 44,1

FoEoKo

39,1 38,7

FoE 17,6 17,1

FuE

20

0 Hessen

40

60

80

Deutschland

FuE: Forschung und Entwicklung; FoE: Forschung oder Entwicklung; FoEoK: FoE oder Konstruktion; FoEoKoSkill: FoEoK oder Skill-intensiv (hohe Akademikerquote)

Quelle: IW-Consult

60 |


Gemeinsam Mehr.Wert | Innovationen im industriellen Mittelstand

Entscheidend ist letztendlich nicht die Tätigkeit oder Humankapitalintensität, sondern was daraus für das Innovationsverhalten folgt. Deshalb ist ein Blick auf die Innovationstätigkeit notwendig. Die Stichprobe des IW-Zukunftspanels wird dafür in zwei Gruppen geteilt – in Innovatoren und Nicht-Innovatoren. Innovatoren sind Unternehmen, die in den Jahren 2008 und 2009 neue Produkte, Verfahren oder Prozesse eingeführt haben oder die Einführung in den nächsten 12 Monaten (also bis Frühjahr 2011) planen. Tabelle 3-4: Innovatorenquoten Angaben für 2009 in Prozent, hochgerechnet

Hessen

Deutschland

63

60

Klein

62

60

Groß

77

70

Industrie

62

63

Logistik

60

58

Unternehmensnahe Dienste

64

61

Ja

77

76

Nein

57

53

74

72

Gesamt Größenklasse

Branche

Auslandsgeschäft

Schwerpunkt Industrieprodukt Dienstleistung

63

60

Bau/Handwerk

55

55

Hybrid

71

67

Nicht hybrid

60

59

Verbund

Größe: klein – bis 10 Mio. Euro Umsatz; groß – über 10 Mio. Euro Umsatz Industrie: Verarbeitendes Gewerbe/Energie; Logistik: Großhandel/Verkehr; Dienste: unternehmensnahe Dienstleistungen Innovatoren: Unternehmen, die in den letzten vier Jahren neue Produkte und/oder Prozesse eingeführt haben Auslandsgeschäft: Unternehmen mit Auslandsaktivitäten Schwerpunkt: Umsatzschwerpunkt nach Produktart Verbund: hybrid – Unternehmen (ohne Bau und Handwerk) mit einem Umsatzanteil außerhalb des Schwerpunktes von mindestens 10 Prozent

Quelle: IW-Zukunftspanel 61 |


Motor für Innovation

Die Tabelle 3-4 zeigt die Ergebnisse. Rund 63 Prozent der hessischen Unternehmen sind Innovatoren. Das sind drei Prozentpunkte mehr als der bundesdeutsche Durchschnitt. Die Innovationsbreite – gemessen an der Beteiligung der Unternehmen – scheint in Hessen leicht überdurchschnittlich ausgeprägt zu sein. Die Innovatorenquote liegt in Hessen sogar höher als in Bayern und Baden-Württemberg, die hier nur auf knapp durchschnittliche 59 Prozent kommen. Auch wenn man die Jahresdatensätze des IW-Zukunftspanels – und damit eine noch größere Stichprobe über das gesamte Jahr 2009 verteilt – hinzuzieht, bleiben die Ergebnisse stabil. Die Innovatorenquote ist in Hessen sowohl bei den kleineren als auch bei den größeren Unternehmen höher als in Deutschland. Im Gegensatz zu den Ergebnissen aus den obigen Tätigkeitsprofilen hat Hessen insbesondere bei den großen Unternehmen einen Vorsprung. 77 Prozent der Unternehmen mit mehr als 10 Millionen Euro Umsatz sind Innovatoren; in Deutschland liegt diese Quote bei 70 Prozent. Mit Blick auf die Strukturen zeigen sich die erwarteten Unterschiede: •

Die Innovatorenquoten sind bei unternehmensnahen Dienstleistungen und in der Industrie höher als in der Logistik.

Unternehmen mit Schwerpunkt Industrieprodukt haben eine höhere Innovatorenquote als solche mit Schwerpunkt Dienstleistungen oder aus dem Bereich Handwerk oder Bauwirtschaft.

Internationale Unternehmen haben eine höhere Innovatorenquote als die Vergleichsgruppe.

Ausgeprägt sind auch die Unterschiede zwischen hybriden und nicht hybriden Unternehmen mit deutlich höheren Quoten für die erste Gruppe.

Die höheren Innovatorenanteile Hessens kommen insbesondere durch Verfahrens- und Prozess- und weniger durch Produktinnovationen. Gut 34 Prozent der hessischen Unternehmen haben in den Jahren 2008 und 2009 neue oder verbesserte Prozesse oder Verfahren eingeführt; in Deutschland waren es nur 30 Prozent. Hingegen sind die Quoten bei Produktinnovationen (Hessen: 46 Prozent; Deutschland 45 Prozent) ähnlich hoch. 55 Prozent der hessischen Unternehmen haben nach dieser Rechnung in den Jahren 2008 und 2009 Prozess-, Verfahrensoder Produktinnovationen eingeführt; in Deutschland waren es nur 52 Prozent.15

15 Die Unterschiede zu der obigen Innovatorenquote liegen darin, dass dort auch die in den nächsten 12 Monaten geplanten Innovationen berücksichtigt sind.

62 |


Gemeinsam Mehr.Wert | Innovationen im industriellen Mittelstand

3.2.2 Forschungs- und Innovationsintensität Neben den Forschungs- und Entwicklungstätigkeiten ist ein Blick auf die Intensitäten wichtig, also auf die Ausgaben, die die Unternehmen für Forschung und Entwicklung oder Innovationen je Euro Umsatz ausgeben. Die FuE-Intensität liegt in Hessen bei 3,2 Prozent (Tabelle 3-5). Damit investieren die hessischen Unternehmen genauso viel in Forschung und Entwicklung wie im Bundesdurchschnitt. Bei kleinen Unternehmen (bis 10 Millionen Euro Umsatz) ist die FuE-Quote höher als für größere Unternehmen. Dieser größenabhängige Verlauf zeigt sich auch bei einer stärkeren Differenzierung nach drei Größenklassen (bis 1 Million, 1 bis 50 Millionen und größer 50 Millionen Euro Umsatz). Die kleinen Unternehmen haben die höchste und große Unternehmen die geringste FuE-Intensität.16 Die kleineren Unternehmen forschen weniger oft. Wenn sie es aber tun, ist ihre FuE-Intensität höher.17 Das gilt insbesondere für kleinere Unternehmen im Bereich der unternehmensnahen Dienstleistungen, die oft sehr forschungsintensiv sind. Das leitet über zu der Branchenbetrachtung. Hier zeigt sich in Hessen und in Deutschland, dass die unternehmensnahen Dienstleistungen die höchsten FuE-Intensitäten aufweisen. Erst dann folgen die Industrie und die Logistik. Dieser Befund gilt auch, wenn die Unternehmen nach ihrem Tätigkeitsschwerpunkt typisiert werden. Unternehmen mit Schwerpunkt Dienstleistungsprodukt haben eine höhere FuE-Quote als die Unternehmen mit Schwerpunkt Industrieprodukt. Deutlich fällt bei dieser Sicht der Bereich Handwerk und Bauwirtschaft ab. Diese Ergebnisse gelten für Hessen und – allerdings noch stärker ausgeprägt – auch für Deutschland. Die weiteren Befunde der Tabelle 3-5 sind keine Überraschungen: •

Innovatoren und internationalisierte Unternehmen weisen eine deutlich höhere FuE-Quote auf als die entsprechenden Gegengruppen.

High-Skill-Unternehmen forschen intensiver als Unternehmen mit geringer Akademikerquote.

Ähnliche Ergebnisse wie die FuE-Quote liefert ein Blick auf die Innovationsintensität der Unternehmen. Bei dieser Kennzahl werden die Innovationsaufwendungen je Euro Umsatz berechnet. Dazu zählen neben der FuE alle Aufwendungen, die für die Einführung neuer Produkte und Verfahren oder deren Verbesserung aufgewendet werden.18 Die hessischen Unternehmen schätzen ihre Innovationsaufwendungen im Jahr 2009 auf 7,8 Prozent des Umsatzes; der 16 Die FuE-Intensität beträgt für kleine Unternehmen in Hessen 3,6 Prozent, für mittelgroße 2,3 Prozent und für große Unternehmen mit mehr als 50 Millionen Euro Umsatz 1,7 Prozent. Das gleiche Profil zeigt sich auch in Deutschland insgesamt. 17 Diese Aussage wird auf internationaler Ebene von Ergebnissen der OECD (2010) unterstützt. 18 In der Befragung werden die Unternehmen gebeten, eine Größenordnung der Innovationsquote (Aufwendungen zu Umsatz) für 2009 abzuschätzen. Da diese Angaben häufig nicht in den Kostenrechnungssystemen detailliert erfasst werden, schätzen viele Unternehmen die Größenordnung. Die Angaben können deshalb verzerrt sein. Bei der Auswertung sollten deshalb eher die Strukturunterschiede zwischen einzelnen Unternehmenstypen und nicht so sehr die Niveauangaben im Vordergrund stehen.

63 |


Motor für Innovation

Tabelle 3-5: FuE-Intensität Angaben für 2009 in Prozent, hochgerechnet Hessen

Deutschland

2009

2004

2009

3,2

3,0

3,2

Klein

3,2

3,0

3,3

Groß

1,8

2,0

1,9

Industrie

3,8

4,1

3,6

Logistik

2,4

2,9

1,6

Dienstleistung

4,2

3,7

4,9

8,4

7,8

8,3

k. A.

k. A.

k. A.

Ja

4,4

4,1

4,7

Nein

1,0

1,1

0,9

Ja

3,9

3,4

4,9

Nein

2,9

2,9

2,4

Industrieprodukt

3,4

3,5

4,6

Dienstleistung

3,7

3,4

3,9

Bau/Handwerk

1,6

1,8

0,7

5,1

5,4

6,7

Mittel

3,1

2,2

2,6

Niedrig

1,6

2,1

1,0

Gesamt Größenklasse

Branchen

FuE-Tätigkeit Ja Nein Innovatoren

Internationalisiert

Schwerpunkt

Skill-Intensität Hoch

FuE= Forschung und Entwicklung FuE-Intensität= FuE-Ausgaben in Prozent des Umsatzes

Quelle: IW-Zukunftspanel

64 |


Gemeinsam Mehr.Wert | Innovationen im industriellen Mittelstand

Bundesdurchschnitt liegt mit 7,9 Prozent in einer ähnlichen Größenordnung. Mit Blick auf die einzelnen Unternehmensgruppen und -typen gelten die gleichen Befunde wie bei der FuEQuote: •

Kleinere Unternehmen geben relativ mehr für Innovationen aus als größere.

Unternehmen des Dienstleistungssektors haben höhere Innovationsintensitäten als die Branchen Industrie und Logistik.

FuE-treibende, internationalisierte, Skill-intensive und hybride Unternehmen sind innovationsintensiver als die entsprechenden Vergleichsgruppen.

Vergleicht man die Daten der Jahre 2004 und 2009 in Tabelle 3-5, so fallen einige Entwicklungen auf. Insgesamt hat sich die FuE-Intensität der hessischen Unternehmen nur leicht von 3,0 auf 3,2 Prozent gesteigert. Aufgeteilt nach Branchen zeigt sich jedoch, dass dieses Wachstum hauptsächlich aus der Dienstleistungsbranche stammt. Diese hat im Gegensatz zu Industrie und Logistik ihre FuE-Intensität deutlich erhöht (von 3,7 auf 4,2 Prozent). Ein ähnliches Bild ergibt sich aus dem Blick auf die Aufteilung nach Schwerpunkten. Unternehmen mit Dienstleistungsschwerpunkt sind hier die einzigen, die ihre FuE-Intensität erhöht haben. Bei Unternehmen mit anderen Schwerpunkten blieb diese unverändert. Die Unternehmen, die als Innovatoren eingestuft wurden, sowie die Unternehmen, die international agieren, haben ebenfalls ihre FuE-Intensität gesteigert. Interessant zu bemerken ist, dass vor allem in Unternehmen mit mittel ausgeprägter Wissensintensität die FuE-Intensität zunahm, wohingegen Unternehmen mit hohem und niedrigem Skill-Faktor ihre FuE-Intensität verringerten. Die Innovationsintensität kann auch auf der Outputseite auf Basis von Umsatzanteilen mit innovativen Produkten oder Dienstleistungen gemessen werden. Neben Produkt- und Marktneuheiten sind das Produkte mit Alleinstellungsmerkmalen, die es in der vorliegenden Spezifikation nur von dem betreffenden Unternehmen gibt und mit denen es sich von der Konkurrenz abheben kann. Die Abbildung 3-2 verdeutlicht, dass die hessischen Unternehmen einen etwas höheren Anteil an innovativen Produkten haben. Dies wird vor allem mit Blick auf die Marktneuheiten deutlich. In Hessen fallen im Durchschnitt der Unternehmen 13 Prozent der Umsätze darauf; in Deutschland sind es nur 10 Prozent. Auch wenn man die Jahresdatensätze des IW-Zukunftspanels – und damit eine noch größere Stichprobe über das gesamte Jahr 2009 verteilt – hinzuzieht, bleiben die Ergebnisse stabil.

65 |


Motor für Innovation

Abbildung 3-2: Umsatzanteile mit innovativen Produkten und Dienstleistungen Angaben in Prozent

14,8 Alleinstellungen 15,4 10,1 Marktneuheiten 13,4 22,4 Neue Produkte 23,2 0

5 Hessen

10

15

20

25

Deutschland

Alleinstellungen: Produkte oder Dienstleistungen, bei denen das Unternehmen ein Alleinstellungsmerkmal im Markt hat Marktneuheiten: neue oder verbesserte Produkte/Dienstleistungen, die das Unternehmen selbst in den Markt eingeführt hat Produktneuheiten: neue oder verbesserte Produkte/Dienstleistungen, die es in dem Angebot der Unternehmen seit höchstens vier Jahren gibt

Quelle: IW-Zukunftspanel (2010) Wiederum wichtiger als die absoluten Niveaus dieser Umsatzanteile sind die strukturellen Unterschiede zwischen den einzelnen Gruppen und Unternehmenstypen:

19

Kleinere Unternehmen haben höhere Umsatzanteile aus innovativen Produkten als große.19 Der gleiche Befund gilt für die Dienstleistungsbranchen im Vergleich zur Industrie.

Viel wichtiger sind aber die anderen Typen. Unternehmen mit Forschung und Entwicklung, mit internationalem Geschäft oder mit einer höheren Akademikerdichte haben deutlich höhere Umsatzanteile aus innovativen Produkten als die jeweiligen Vergleichsgruppen. Die Unternehmen, die vorne als Typ-D-Unternehmen definiert wurden, die also forschen, internationalisiert und Innovatoren sind, weisen fast doppelt so hohe Umsatzanteile aus innovativen Produkten auf. Bei den Produktneuheiten sind es 41 Prozent (Vergleichsgruppe: 19 Prozent), bei den Marktneuheiten 23 Prozent (Vergleich: 12 Prozent) und bei Alleinstellungen 25 Prozent im Vergleich zu 13 Prozent.

Das zeigt sich auch in einer Studie der Deutschen Bank (Hohmann, 2009).

66 |


Gemeinsam Mehr.Wert | Innovationen im industriellen Mittelstand

Diese strukturellen Unterschiede sind in Hessen und in Deutschland ähnlich ausgeprägt. Die von Unternehmen umgesetzten Produkt- und Dienstleistungsinnovationen lassen sich weiter danach unterteilen, ob sie sich an einen bestehenden oder neuen Markt des Unternehmens richten. Aus Tabelle 3-6 lässt sich ersehen, dass es bei der Umsetzung von Innovationen in neuen Märkten nur wenige Unterschiede zwischen kleineren und größeren Unternehmen gibt. Kleinere Unternehmen beziehen jedoch einen deutlich größeren Teil ihrer Umsätze aus Produkt- und Dienstleistungsinnovationen, die sie auf schon für das Unternehmen bestehenden Märkten einbringen. Hieraus lässt sich ableiten, dass kleinere Unternehmen stärker von ihren bestehenden Märkten abhängen und ihre Innovationsprojekte entsprechend ausrichten. Tabelle 3-6: Umsatzanteile mit innovativen Produkten und Dienstleistungen in Hessen; Angaben in Prozent Innovative Dienstleistung in bestehendem Markt

Innovative Dienstleistung in neuem Markt

Innovatives Produkt in bestehendem Markt

Innovatives Produkt in neuem Markt

Gesamt

8,9

3,7

7,2

3,4

23,2

Klein

9,0

3,8

7,3

3,4

23,4

Groß

6,0

2,5

5,6

2,7

16,7

Gesamt Größenklasse

Klein= weniger als 10 Mio. Euro Jahresumsatz; Groß= 10 Mio. Euro oder mehr Jahrumsatz

Quelle: IW-Consult

3.2.3 Fazit – Tätigkeitsprofil •

Insgesamt geben 44 Prozent der hessischen Unternehmen im IndustrieDienstleistungsverbund an, zu forschen, zu entwickeln oder zu konstruieren. Bundesweit liegt die Zahl mit 48 Prozent etwas höher.

18 Prozent der hessischen Unternehmen im Verbund forschen, was auch in etwa dem deutschen Durchschnitt entspricht. Ein Drittel dieser Unternehmen legen ihre Forschung kontinuierlich aus. 38 Prozent der Unternehmen entwickeln in Hessen (ähnlich wie in Deutschland) und gut ein Fünftel hat eine Konstruktionsabteilung – deutschlandweit können allerdings gut ein Viertel der Unternehmen darauf verweisen.

Gut die Hälfte der Unternehmen, die entwickelt, forscht nicht, aber nur 5 Prozent der Unternehmen, die forschen, entwickeln nicht. Wer forscht, entwickelt also auch, aber wer entwickelt, forscht nicht unbedingt. 67 |


Motor für Innovation

Zu den Strukturunterschieden gehört, dass exportorientierte Unternehmen stärker in Forschung, Entwicklung und Konstruktion investieren20 – Gleiches gilt für Großunternehmen. Beide Befunde gelten sowohl in Hessen als auch in Deutschland.

In Hessen weisen die Unternehmen des Industrie-Dienstleistungsverbundes eine überdurchschnittliche Humankapitalausstattung auf. 35 Prozent der Unternehmen fallen unter unsere High-Skill-Definition – in solchen Unternehmen arbeiten 50 Prozent mehr Akademiker als im Durchschnittsunternehmen. In Deutschland sind dies nur 32 Prozent der Unternehmen.

Die Ausstattung Hessens mit wissensintensiven Tätigkeiten (also Forschung, Entwicklung, Konstruktion oder High-Skill-Intensität) ist im Vergleich zu Deutschland durchschnittlich.

63 Prozent der hessischen Verbundunternehmen sind Innovatoren – in Deutschland innovieren nur rund 60 Prozent der Unternehmen. Die relative Stärke erreichen die hessischen Unternehmen vor allem aufgrund vermehrter Prozessinnovationen.

Die FuE-Intensität der Unternehmen liegt bei 3,2 Prozent und damit im Mittel Deutschlands. Überdurchschnittlich sind die Umsätze aus Marktneuheiten. 13 Prozent der Umsätze werden von hessischen Unternehmen aus Marktneuheiten generiert, bundesweit sind es nur 10 Prozent.

Typ-D-Unternehmen (diejenigen, die die Erfolgsfaktoren Exportorientierung, FuE und Innovation auf sich vereinen) erzielen doppelt so hohe Umsatzanteile mit innovativen Produkten wie die Gegengruppe – bei Marktneuheiten liegen die Umsätze von Typ-D-Unternehmen bei 41 Prozent (19 Prozent in der Vergleichsgruppe).

Vor allem der Blick auf die aufgeführten Indikatoren für die Unternehmen, deren Schwerpunkt auf Industrieprodukten liegt, – also den industriellen Kern – zeigt die Relevanz dieses Bereichs für die Innovationskraft Hessens auf. Diese Unternehmen liegen bei praktisch allen Innovationsindikatoren auf Platz eins.

3.3 Erfolgsanalyse Bei der Analyse des Innovationserfolges sind zwei Sichtweisen wichtig. Zum einen soll der Einfluss von Innovationsaktivitäten auf den Unternehmenserfolg untersucht werden. Zum anderen wird der Erfolg von Innovationsvorhaben auf Basis der Selbsteinschätzungen der befragten Unternehmen untersucht. Auf Grundlage dieser Ergebnisse kann als Fazit eine Wirkungskette von Innovationsaktivitäten und Innovationserfolg abgeleitet werden.

20

Dieses Ergebnis wird durch die Studie von Waser/Hanisch (2003) gestützt.

68 |


Gemeinsam Mehr.Wert | Innovationen im industriellen Mittelstand

3.3.1 Innovationen und Unternehmenserfolg In der Wirtschaftspolitik und in der Fachöffentlichkeit wird immer wieder betont, wie wichtig Innovationen für den Erfolg der Unternehmen sind. Diese wichtige Hypothese muss – so einleuchtend sie klingt – empirisch bewiesen werden. Mit den Daten des IW-Zukunftspanels ist dies möglich. In mehreren Untersuchungen konnte ein positiver Zusammenhang zwischen Unternehmenserfolg und Innovation für den Verbundsektor in Deutschland gezeigt werden (z. B. Gemünden et al., 1992; Harrison et al., 2008; Smolny, 2002).21 Auf Basis der vorliegenden Sonderauswertung kann eine Überprüfung dieser Hypothese auch für Hessen erfolgen. Erfolg und Erfolgsfaktoren Dazu muss zunächst mithilfe der Befragungsdaten ein Erfolgsindex berechnet werden: •

Dabei werden die Umsatz- und Beschäftigungsentwicklung der letzten drei Jahre, die Nettoumsatzrendite des Vorjahres (Vergangenheitskomponenten) und die kurzsowie die mittelfristigen Geschäftserwartungen auf Basis von Selbsteinschätzungen der Geschäftsführer (Zukunftskomponenten) einbezogen.

Den einzelnen Ausprägungen werden Punkte und Gewichte zugewiesen und die Ergebnisse zu einem Gesamtindex zusammengefasst.

Der Mittelwert dieses Erfolgsindex wird gleich 100 gesetzt und so der Gesamtindex jedes Unternehmens auf den Mittelwert normiert.

Die Abstände zwischen den Unternehmen sind konstruktionsbedingt sehr gering, sodass Abweichungen von 5 Prozentpunkten schon deutliche und Abweichungen von 10 Prozentpunkten sehr deutliche Unterschiede im Erfolg anzeigen.

Die Tabelle 3-7 zeigt den Erfolgsindex für verschiedene Unternehmensgruppen und -typen. In der zweiten Spalte sind die entsprechenden Innovatorenquoten und in der dritten Spalte die Innovationsintensitäten abgetragen. Die Daten für den Erfolgsindex bestätigen die Hypothesen, dass innovative Unternehmen überdurchschnittlich erfolgreich sind. Innovatoren weisen einen Erfolgsindex von 105,4 Punkten auf, während Nicht-Innovatoren nur einen deutlich unterdurchschnittlichen Wert von knapp 92 Indexpunkten erreichen. Indirekt bestätigen lässt sich die Hypothese auch durch einen Vergleich bestimmter Unternehmen, die durch Merkmale gekennzeichnet sind, die als innovationsfördernd gelten: •

Unternehmen mit Forschungs- und Entwicklungs- oder Konstruktionstätigkeiten haben einen deutlich höheren Erfolg als die entsprechenden Vergleichsgruppen.

21 International zeigt sich das gleiche Bild: Leitner/Stehrer (2008) für Österreich; Raymond et al. (2004) für die Niederlande; Sarkar (2007) für internationale Firmen allgemein.

69 |


Motor für Innovation

Unternehmen mit Auslandsgeschäft sind erfolgreicher als lokale Unternehmen, die nur den nationalen Markt bedienen. Das ist ein Hinweis darauf, dass nur innovationsstarke Unternehmen auf den Auslandsmärkten erfolgreich sein können.

Hybride Unternehmen, die neben ihren Schwerpunkten im nennenswerten Ausmaß auch Dienstleistungen oder Industrieprodukte anbieten, sind erfolgreicher als die reinen Spezialisten. Das Geschäftsmodell kann also auch Einfluss auf den Erfolg haben. Der Grad der Integration von Industrieprodukten und Dienstleistungen im Produktportfolio der Unternehmen kann auch als Ausdruck der Differenzierungsfähigkeit interpretiert werden, die als Erfolgsquelle gerade deutscher Unternehmen gilt.

Wie wichtig insbesondere die Faktoren Forschung, Innovationen und Internationalität für den Erfolg von Unternehmen sind, zeigt ein Blick auf den Unternehmenstyp „Typ-D“, also Unternehmen, die gleichzeitig forschen, innovativ sind und international agieren. Sie weisen einen Erfolgsindex von 115 Punkten auf; in der Vergleichsgruppe liegt der Wert nur bei 96 Punkten. Das sind sehr deutliche Unterschiede. Auch die Unternehmensgröße hat Einfluss auf den Erfolg. Größere Unternehmen sind erfolgreicher als kleinere. Unternehmen mit mehr als 10 Millionen Euro Umsatz erreichen einen Erfolgsindex von 120; die kleineren Unternehmen nur einen von 99,3 Indexpunkten.22 Bei einer stärkeren Differenzierung der Ergebnisse nach der Unternehmensgröße zeigt sich für 2009 ein U-förmiger Verlauf. Den größten Erfolg haben die mittelgroßen Unternehmen (mit Umsätzen zwischen einer und 50 Millionen Euro) mit einem Erfolgsindex von 114 Punkten. Danach folgen die großen Unternehmen (Umsatz > 50 Millionen Euro) mit 110 Punkten. Weit abgeschlagen landen die kleinen Unternehmen (Umsatz weniger als 1 Million Euro) mit unterdurchschnittlichen 97,6 Punkten auf dem letzten Platz. Unterschiede zeigen sich bei den Branchen. Die unternehmensnahen Dienstleistungen sind erfolgreicher als die Logistik oder die Industrie. Regressionsanalysen23 mit älteren Datensätzen des IW-Zukunftspanels haben aber immer wieder gezeigt, dass nicht in erster Linie die Größenklassen oder die Branchenzugehörigkeit den Erfolg von Unternehmen erklären, sondern ihr Know-how24, die Internationalität, die Differenzierungsfähigkeit25 und das Marktumfeld26.

22 Die kleinen Unternehmen liegen deshalb so nahe am Durchschnittswert von 100, weil sie durch ihr großes Gewicht im Hochrechnungsmodell (98 Prozent) praktisch den Mittelwert bestimmen. Bei der Interpretation der Ergebnisse kommt es auf den Abstand zwischen kleinen und großen Unternehmen an, der 20,7 Indexpunkte beträgt und sehr erheblich ist. 23 Bezogen auf hessische Unternehmen. 24 Gemessen an der FuE- sowie Innovationstätigkeit, der Akademikerdichte oder Umsatzanteilen mit Alleinstellungsmerkmalen. 25 Gemessen als Zunahme von produktbegleitenden Dienstleistungen oder Anteilen an der Wertschöpfungskette. 26 Als negativ hat sich die Abhängigkeit von einem Hauptkunden, hohe lokale Anteile bei Absatz und Beschaffung und insbesondere der Preiswettbewerb mit Niedriglohnländern herausgestellt. Positiv auf den Erfolg wirkt sich die Beteiligung an Netzwerken aus.

70 |


Gemeinsam Mehr.Wert | Innovationen im industriellen Mittelstand

Tabelle 3-7: Erfolg und Innovationsmerkmale in Hessen Angaben in Prozent für 2009; hochgerechnet

Erfolgsindex

Innovatorenquote

Innovationsintensität

Durchschnitt = 100

Prozent

Prozent

Größenklasse Klein

99,3

62

7,8

Groß

120,5

77

5,3

105,4

100

13,1

91,9

0

4,1

112,6

88

12,6

92,6

49

5,5

111,4

76

11,4

97,9

61

7,1

106,9

77

9,7

95,5

57

7,0

107,3

71

8,4

98,5

60

8,0

Hoch

102,9

70

9,5

Mittel

99,2

70

7,5

Niedrig

97,6

52

7,2

Innovatoren Ja Nein FoE-Tätigkeit Ja Nein Konstruktionstätigkeit Ja Nein Auslandsgeschäft Ja Nein Verbund Hybrid Nicht hybrid Humankapitalintensität

Größe: klein – bis 10 Mio. Euro Umsatz; groß – über 10 Mio. Euro Umsatz Innovatoren: Unternehmen, die in den letzten vier Jahren neue Produkte und/oder Prozesse eingeführt haben FoE: Forschung oder Entwicklung Auslandsgeschäft: Unternehmen mit Auslandsaktivitäten (mindestens Export) Verbund: hybrid – Unternehmen (ohne Bau und Handwerk) mit einem Umsatzanteil außerhalb des Schwerpunktes von mindestens 10 Prozent Humankapitalintensität: Akademikerquote; hoch (50 Prozent und mehr über dem Mittelwert); niedrig (50 Prozent und mehr unter dem Mittelwert)

Quelle: IW-Zukunftspanel (2010) Ganz offensichtlich gibt es einen Zusammenhang zwischen den Unternehmenstypen, dem Erfolg und den Innovationen. Die Tabelle 3-7 zeigt deutlich, dass Unternehmen mit FoE71 |


Motor für Innovation

oder Konstruktionstätigkeit, Auslandsgeschäft, hybriden Geschäftsmodellen und hoher Humankapitalintensität nicht nur einen höheren Erfolg haben, sondern sich auch durch einen höheren Innovatorenanteil und Innovationsintensitäten auszeichnen. Sehr deutlich und exemplarisch zeigt sich dies bei Unternehmen mit FoE-Tätigkeiten: Sie sind überdurchschnittlich erfolgreich (112,6 Indexpunkte) und weisen eine überdurchschnittliche Innovatorenquote (88 Prozent) sowie überdurchschnittlich hohe Innovationsintensitäten (12,6 Prozent) auf. Logistische Regressionen27 zeigen, dass mithilfe des Tätigkeitsprofils (Forschungsund Entwicklungstätigkeit, Auslandsgeschäft), der Forschungsintensität und der Unternehmensgrößenklassen rund drei Viertel der Innovatoren identifiziert werden können. Das ist eine hohe Quote, die die Bedeutung insbesondere der Tätigkeitsprofile bestätigt. Mehr Forschung, mehr Entwicklung, mehr Konstruktion und mehr Auslandsgeschäft führen zu mehr Innovationen.

3.3.2 Erfolgsfaktor Netzwerke Was den Erfolg von Unternehmen betrifft, so zeigen umfassende Auswertungen, dass Unternehmen, die sich an Netzwerken beteiligen, erfolgreicher sind als solche, die sich nicht an Netzwerken beteiligen. Hierfür sprechen verschiedene empirische Evidenzen. Zunächst wird der generelle Erfolg von Netzwerkunternehmen gezeigt. Tabelle 3-8 macht dies deutlich. Teilnehmer an Netzwerken sind, basierend auf den Umfrageergebnissen des IW-Zukunftspanels, wesentlich erfolgreicher als Unternehmen, die sich nicht an Netzwerken beteiligen. Diese Beobachtung gilt für Hessen sogar in noch ausgeprägterem Maße als für Deutschland. Während Netzwerkunternehmen im Erfolgsindex – der Erfolgsindex misst Erfolgsfaktoren wie die Nettoumsatzrendite oder die mittelfristigen Geschäftserwartungen und bündelt diese zu einem Index – einen Wert von 107,3 erreichen, liegen nicht an Netzwerken teilnehmende Unternehmen bei nur 88,7 Punkten. Wichtig ist aber auch der Fokus des Netzwerks. Netzwerke, in denen eher überregionale Partner zusammenarbeiten, sind erfolgreicher als lokal orientierte Netzwerke. Das hängt mit der Erkenntnis zusammen, dass lokal orientierte Netzwerke oftmals eher gesellschaftliche, soziale oder kulturelle Hintergründe haben. Überregionale Netzwerke beschäftigen sich demgegenüber eher mit dem operativen Geschäft bzw. der Forschung, Entwicklung oder Innovation. Diese Netzwerke sind es aber, die den Geschäftserfolg positiv beeinflussen können. Lokale Netzwerke erreichen in Hessen mit 97,6 Punkten gleichwohl eine etwas bessere Performance im Vergleich zum deutschen Mittelwert, der bei 95,6 Punkten liegt. Ein weiterer positiver Befund ist, dass knapp 60 Prozent aller hessischen Unternehmen Teilnehmer eines Netzwerkes sind, während deutschlandweit nur knapp die Hälfte aller Unternehmen 27

Bezogen auf hessische Unternehmen.

72 |


Gemeinsam Mehr.Wert | Innovationen im industriellen Mittelstand

sich einem Netzwerk zugehörig fühlen. Gleichwohl ist die Gesamtperformance der hessischen Unternehmen im Durchschnitt etwas schlechter als die der deutschen Unternehmen. Tabelle 3-8: Erfolg von Netzwerkunternehmen Ergebnisse für Hessen und Deutschland in Prozent

Hessen

Deutschland

Beteiligung Teilnehmer

107,3

106,1

Nicht-Teilnehmer

88,7

94,7

Gesamt

100,0

100,6

Überregionales Netz

106,2

106,6

Lokales Netz

97,6

95,6

Fokus des Netzwerks

Beteiligung: Die Ergebnisse basieren auf dem IW-Zukunftspanel. Erfolg meint, dass die Unternehmen nach einem Erfolgsindex, bestehend aus Nettoumsatzrenditen, Geschäftsentwicklungen und Planungen, bewertet werden. Je höher der Indexwert, desto erfolgreicher das Unternehmen. Der deutschlandweite Mittelwert für alle Unternehmen liegt normiert bei 100 Punkten. Fokus des Netzwerks: Unternehmen, die in überregionalen Netzwerken situiert sind, erreichen einen Erfolgswert von 106,2 Punkten in Hessen und 106,6 Punkten in Deutschland.

Quelle: IW-Consult Beteiligung an wissensintensiven Kooperationen Neben der grundsätzlichen Zugehörigkeit zu einem Netzwerk wurde die Teilnahme an spezifischen Kooperationen ermittelt. Hier sind insbesondere die Kooperationen interessant, die auf einer wissensintensiven Zusammenarbeit beruhen, wie z. B. in den Bereichen FuE und Produktinnovationen. In beiden Bereichen schneiden die hessischen Unternehmen etwas schlechter als der deutsche Durchschnitt ab. Nur jedes achte hessische Unternehmen beteiligt sich an Kooperationen im Bereich FuE – deutschlandweit ist es rund jedes siebte Unternehmen. Kooperationen zum Thema Innovation unterhalten rund zwei Fünftel aller Unternehmen. Diese unterdurchschnittlichen Werte könnten auch eine Erklärung dafür geben, dass zwar überdurchschnittlich viele Unternehmen in Hessen Teilnehmer eines Netzwerkes sind, aber

73 |


Motor für Innovation

trotzdem der Durchschnitt der Unternehmen etwas weniger erfolgreich ist. Bei den Netzwerken kommt es darauf an, eine möglichst wissensintensive Zusammenarbeit zu suchen – Netzwerke zu sozialen oder gesellschaftlichen Themen mögen in anderer Hinsicht sinnvoll sein, den Geschäftserfolg scheinen sie aber nicht nachhaltig zu beeinflussen. Ein solcher Zusammenhang kann nur für wissensintensive Kooperationen gezeigt werden, wie im Folgenden dargestellt wird. Tabelle 3-9: Beteiligung an wissensintensiven Kooperationen Ergebnisse für Hessen und Deutschland in Prozent Beteiligung Themen Hessen

Deutschland

FuE

12,5

13,9

Produktinnovation

39,3

41,1

Beteiligung: Im Bereich FuE kooperieren 12,5 Prozent der hessischen Unternehmen mit anderen Unternehmen oder Institutionen im Bereich FuE. In Deutschland sind es 13,9 Prozent aller Unternehmen.

Quelle: IW Consult Unternehmensbefragung (2010) Erfolg von wissensintensiven Kooperationen Neben der Angabe zur Beteiligung an wissensintensiven Kooperationen sollten die Unternehmen den Erfolg dieser Zusammenarbeit bewerten. Hier schneiden hessische Unternehmen überdurchschnittlich ab. 93,1 Prozent der hessischen Unternehmen, die eine Forschungskooperation unterhalten, bewerten diese als erfolgreich – bundesweit tun dies nur knapp 80 Prozent. Die Zusammenarbeit im Bereich Produktinnovation bewerten immerhin 85 Prozent der hessischen Unternehmen als erfolgreich und liegen damit knapp über dem deutschen Mittelwert. Diese Analyse zeigt das Potenzial, das hier noch zu heben ist. Da nur ein relativ kleiner Teil der Unternehmen Forschungskooperationen unterhält, erscheint es sinnvoll, genau diese Kooperationen stärker durch Clusterbildungen und gezielte Informationskampagnen zu fördern – insbesondere, da in Hessen solche Kooperationen besonders oft als erfolgreich bewertet werden. Die hessischen Unternehmen könnten hierbei auf die Erfahrungen aus ihrer allgemein relativ hohen Netzwerktätigkeit zurückgreifen, um solche Forschungskooperationen verstärkt aufzubauen.

74 |


Gemeinsam Mehr.Wert | Innovationen im industriellen Mittelstand

Tabelle 3-10: Erfolg von wissensintensiven Kooperationen Ergebnisse für Hessen und Deutschland in Prozent Erfolg Themen Hessen

Deutschland

FuE

93,1

79,3

Produktinnovation

85,2

83,5

Erfolg: Im Bereich FuE bewerten 93,1 Prozent der hessischen Unternehmen ihre Kooperationen als eher erfolgreich. In Deutschland sind es 79,3 Prozent aller Unternehmen.

Quelle: IW Consult Unternehmensbefragung (2010)

Zukünftig engere Zusammenarbeit mit Forschung und Bildung Auch die zukünftige Perspektive im Rahmen von einer wissensintensiven Zusammenarbeit ist wichtig für die Wettbewerbsfähigkeit des Standorts Hessen. Dies fängt bei den Bildungsinstituten an, die für qualifizierten Fachkräftenachwuchs sorgen sollen, und hört auf bei Forschungsinstituten, die die Unternehmen bei anwendungsorientierter Forschung unterstützen sollen. Hier zeigt sich eine weitere Stärke der hessischen Unternehmen. Im Durchschnitt planen mehr Unternehmen, die Zusammenarbeit mit überregionalen Forschungs- und Bildungseinrichtungen zu intensivieren, als im Mittelwert Deutschlands. Immerhin rund jedes fünfte Unternehmen in Hessen möchte sich in Zukunft enger überregional vernetzen – in Deutschland trifft dies nur auf jedes sechste Unternehmen zu. Zudem geben gut ein Fünftel der Unternehmen an, auf regionaler Ebene ihre Zusammenarbeit mit Forschungsunternehmen zu intensivieren, und 44 Prozent, mit regionalen Bildungsinstituten verstärkt zusammenzuarbeiten. Kombiniert man diese Ergebnisse mit der empirischen Evidenz, dass Unternehmen, die in überregionalen Netzwerken eingebunden sind, erfolgreicher sind als solche, die sich auf regionale Netzwerke konzentrieren, kann für Hessen von einem Erfolg versprechenden Zukunftsmodell gesprochen werden.

75 |


Motor für Innovation

Tabelle 3-11: Zukünftige engere Zusammenarbeit mit Forschung und Bildung Ergebnisse für Hessen und Deutschland in Prozent Engere Zusammenarbeit Akteure Hessen

Deutschland

Regionale Forschungsinstitute

21,2

20,3

Überregionale Forschungsinstitute

19,7

16,3

Regionale Bildungseinrichtungen

43,8

42,6

Überregionale Bildungseinrichtungen

21,0

16,2

Engere Zusammenarbeit: 21,2 Prozent der hessischen Unternehmen plant, ihre Kooperationen mit regionalen Forschungsinstituten zu intensivieren. In Deutschland sind es 20,3 Prozent aller Unternehmen.

Quelle: IW Consult Unternehmensbefragung (2010) Insgesamt sind die empirischen Evidenzen relativ eindeutig, dass insbesondere wissensintensive Netzwerke positiv zum Geschäftserfolg der Unternehmen beitragen können. Hier haben hessische Unternehmen noch Aufholpotenzial, wenngleich die zukünftige Perspektive Hoffnung gibt, dass die Weichen von den Unternehmen schon jetzt gestellt werden. Aufgrund ihrer überdurchschnittlich häufigen Einbindung in Netzwerke könnten hessische Unternehmen mit ihrer dort gesammelten Erfahrung auch verstärkt Kooperationen in wissensintensiven Bereichen anstoßen. Hierbei könnten die Unternehmen durch die weitere zielgerichtete Förderung von Clustern und Informationskampagnen zu der Wirksamkeit von Netzwerken unterstützt werden.

3.3.3 Erfolg von Innovationen – Selbsteinschätzung von Unternehmen Der Erfolg von Innovationen lässt sich auch direkt durch eine Selbsteinschätzung der Unternehmen messen. In der Befragung haben die Unternehmen den Anteil ihrer Innovationen in den letzten fünf Jahren angegeben, die sie selbst als erfolgreich bezeichnen:

76 |

Rund 39 Prozent der Innovationen werden von Unternehmen aus Hessen als erfolgreich bezeichnet. Im Umkehrschluss bedeutet das, dass drei Fünftel der Vorhaben als nicht erfolgreich bewertet werden. Innovationen sind offensichtlich riskant und es gibt hohe Misserfolgsraten.

Die Er folgsquote in Hessen ist allerdings höher als im bundesdeutschen Durchschnitt, der bei nur knapp 35 Prozent liegt.


Gemeinsam Mehr.Wert | Innovationen im industriellen Mittelstand

Bei dieser Betrachtung kommt es wiederum auf die Strukturunterschiede an. Bei größeren Unternehmen ist die Erfolgsquote höher als bei kleineren. Unternehmen mit mehr als 10 Millionen Euro Umsatz geben an, dass über 43 Prozent ihrer Innovationen in den letzten fünf Jahren erfolgreich waren. Bei kleinen Unternehmen sind es nur 35 Prozent. Die Abbildung 3-3 zeigt weitere Unterschiede zwischen Unternehmensgruppen und -typen, die strukturell den bisherigen Ergebnissen sehr ähnlich sind: •

Wiederum haben Unternehmen mit Forschungs-, Entwicklungs- oder Konstruktionstätigkeit höhere Erfolgsquoten als die Vergleichsgruppen.

Der gleiche Befund gilt im Hinblick auf das Auslandsgeschäft und die Humankapitalintensität.

Die Industrieunternehmen haben geringere Erfolgsquoten als die unternehmensnahen Dienstleistungen. Deutlich fallen im Vergleich allerdings die Logistikunternehmen ab, bei denen nur jede dritte Innovation als Erfolg eingestuft wird.

Als wichtigstes Ergebnis bleibt festzuhalten, dass nach diesem Befund – in Hessen und Deutschland – der Mittelstand höhere Misserfolgsquoten hat als große Unternehmen. Abbildung 3-3: Innovationserfolg nach Typen in Hessen Angaben für 2009 in Prozent; hochgerechnet 37,0

Skill-intensiv

38,5 36,2 38,2

International 34,0

Konstruktion

42,0 31,0

FoE-Tätigkeit

43,1 41,4

Industrie

37,0 35,1

Große Unternehmen

43,3

Durchschnitt

36,8 0

10 Ja

20

30

40

50

Nein

Skill-Intensiv: Vergleich hoch mit niedrig; FoE: Forschung oder Entwicklung; Industrie: Vergleich Verarbeitendes Gewerbes/Energie mit Unternehmensnahen Dienstleistungen; Größe: Vergleich von Unternehmen mit mehr oder weniger als 10 Mio. Euro Umsatz.

Quelle: IW Consult

77 |


Motor für Innovation

Erfolgsfaktor Innovationsmanagement Eine der wichtigsten Fragen der Innovationsforschung ist, warum kleinere Unternehmen eine geringere Erfolgsquote als größere haben. Das könnte mit den Innovationsmanagementsystemen zusammenhängen. Die Hypothese lautet, dass kleinere Unternehmen kein systematisches Innovationsmanagement haben und vielleicht deshalb nicht so erfolgreich sind.28 Die Befragungen der hessischen Unternehmen scheint diese These zu stützen. Nur knapp 18 Prozent der Unternehmen in Hessen haben ein geregeltes Ideen- und Innovationsmanagement (Tabelle 3-12). Bei über zwei Fünftel der Unternehmen ist dies eine dezentrale Querschnittsaufgabe aller Mitarbeiter. Auff allend sind die Unterschiede zwischen den Größenklassen. Bei den größeren Unternehmen haben knapp 44 Prozent der Unternehmen ein systematisches Innovationsmanagement. Gemessen daran sind in diesem Punkt bei kleineren Unternehmen Defizite auszumachen. Tabelle 3-12: Geregeltes Ideen- und Innovationsmanagement in Hessen Anteile in Prozent; hochgerechnet Alle

17,8

Größe Klein

17,9

Groß

43,5

Branche Industrie

18,6

Logistik

11,8

Unternehmensnahe Dienste

22,4

Erfolg Hoch

23,7

Mittel/niedrig

13,8

Größe: klein – bis 10 Mio. Euro Umsatz; groß – über 10 Mio. Euro Umsatz Erfolg: hoch= 15 % oder mehr über dem Mittelwert des Erfolgsindexes; mittel/ niedrig= alle weniger erfolgreichen Unternehmen

Quelle: IW-Zukunftspanel

28

In diese Richtung deutet auch die Studie von Smelinski et al. (o. D.).

78 |


Gemeinsam Mehr.Wert | Innovationen im industriellen Mittelstand

Beim Blick auf die Branchen fällt auf, dass ein größerer Anteil der Unternehmen aus unternehmensnahen Dienstleistungsbranchen über ein systematisches Innovationsmanagement verfügt. In der Logistikbranche ist dies noch am wenigsten verbreitet. Erfolgreiche Unternehmen kümmern sich eher auch organisatorisch um Innovationen als die weniger erfolgreichen. Ein Blick auf weitere Typisierungen bringt keine weiteren Erkenntnisse. FuEtreibende Unternehmen haben eine ähnliche Quote wie die Gegengruppe ohne Forschung und Entwicklung. Auch auslandsaktive Unternehmen zeichnen sich im Durchschnitt nicht durch breiter etablierte Innovationsmanagementsysteme aus. Einen klaren Hinweis – wenn auch keinen endgültigen Beweis im strengen statistischen Sinn – für einen positiven Einfluss von Innovationssystemen auf den Erfolg zeigt die Tabelle 3-13. Dort sind für hessische Unternehmen mit einem geregelten Ideen- und Innovationsmanagement •

die Abbruchquoten von Innovationsvorhaben in den letzten fünf Jahren,

die durchschnittlichen Erfolgsquoten der Innovationsvorhaben der letzten fünf Jahre und

der Unternehmenserfolg (gemessen an dem vorne eingeführten Index) dargestellt.

Sicherlich ist ein geregeltes Innovationsmanagement kein Erfolgsgarant, aber die Erfolgswahrscheinlichkeit wird erhöht. Alle angeführten Erfolgsindikatoren sind für Unternehmen mit einem geregelten Ideen- und Innovationsmanagement besser ausgeprägt als bei den Gegengruppen. Vor dem Hintergrund ist die Beobachtung relevant, dass nur knapp jedes fünfte kleine Unternehmen über ein Innovationssystem verfügt. Hier scheint ein Defizit vorzuliegen, um das sich die Innovationspolitik kümmern sollte. Tabelle 3-13: Zusammenhang von Innovationsmanagement und Erfolg Angaben in Prozent für Hessen; hochgerechnet Vorzeitiger Abbruch Erfolgsquote der von InnovationsInnovationen in den vorhaben letzten fünf Jahren

Erfolg des Unternehmens

Geregeltes Innovationsmanagementsystem

44,6

42,1

107,6

Kein geregeltes Innovationsmanagementsystem

38,6

35,6

98,4

Gesamt

39,7

36,8

100,0

Quelle: IW-Zukunftspanel 79 |


Motor für Innovation

3.3.4 Fazit – Wirkungskette Die bisherigen Ergebnisse der Analyse können sehr einfach zusammengefasst werden. Die Forschungs-, Entwicklungs- und Konstruktionstätigkeit, das Auslandsgeschäft, eine hohe Humankapitalintensität und hybride Geschäftsmodelle begünstigen jeweils für sich genommen die Innovatorentätigkeit und die Innovationsintensität positiv.29 Das gilt auch für ein zentral geregeltes Ideen- und Innovationsmanagement. Diese Merkmale begünstigen auch die Erfolgsquote von Innovationen. Innovationen und Innovationserfolge sind wiederum eine wichtige Determinante für Unternehmenserfolg. Bei dieser Wirkungskette sind natürlich noch andere Faktoren wie die Unternehmensgröße oder die Branchenstruktur zu berücksichtigen. In der Gruppe der größeren Unternehmen ist die Innovatorenquote höher, dafür haben sie geringere Innovationsintensitäten. Bei einem Blick auf die Branchen fallen insbesondere die unternehmensnahen Dienstleistungen mit hohen Innovationsaktivitäten auf. Abbildung 3-4: Wirkungskette Innovationen Schematische Darstellung

Unternehmensgröße

Konstruktionstätigkeit Humankapital Auslandsgeschäft

Innovationsmanagement

FuE-Tätigkeit Innovationstätigkeit Innovationsintensität

Innovationserfolg

Unternehmenserfolg

Geschäftsmodell

Branchen

Quelle: IW Consult Diese Wirkungskette kann durch eine Regressionsanalyse für die Stichprobe der hessischen Unternehmen bestätigt werden. Die Unterschiede im Unternehmenserfolg können durch die 29 Streng genommen liegt kein Beweis über die Richtung der Kausalität vor. Es sind durchaus auch Wechselwirkungen möglich. So können Innovationen auch Voraussetzungen für Forschung, hybride Wertschöpfung oder Auslandsgeschäft sein.

80 |


Gemeinsam Mehr.Wert | Innovationen im industriellen Mittelstand

Innovationstätigkeit, die Auslandstätigkeit, die FuE-Intensität30, den Anteil erfolgreicher Innovationen sowie die Kontrollvariablen Größe, Branche und Alter der Unternehmen31 gut erklärt werden. Alle Variablen haben das erwartete Vorzeichen und sind signifikant. Mit diesem einfachen Modell können immerhin gut ein Viertel der Unterschiede im Erfolgsindex erklärt werden. Eine Kontrollrechnung mit allen Unternehmen bestätigt die Befunde.

3.4 Innovationsmuster In diesem Abschnitt stehen vier Fragen im Mittelpunkt der Analyse. Zunächst wird untersucht, welche Innovationsarten für die Wettbewerbsfähigkeit besonders wichtig sind. Danach geht es um die Gründe, warum Unternehmen ihre Innovationsbudgets im Zeitablauf variieren. Im dritten Abschnitt werden die wichtigsten Impulsgeber für Innovationen analysiert. Am Ende wird noch kurz der Blick auf die Zukunftspläne der Unternehmen in Bezug auf ihre Innovationsverhalten gerichtet.

3.4.1 Innovationsarten und Wettbewerbsfähigkeit Empirisch eindeutig lässt sich die Bedeutung der Innovationen für Profitabilität von Unternehmen belegen (z. B. Cefis/Ciccarelli, 2005; Geroski et al., 1993; Leiponen, 2000). Analysiert man unterschiedliche Innovationsarten, zeigt sich auch ein klares Ergebnis: Innovationen in Dienstleistungen sind für die Wettbewerbsfähigkeit der hessischen Wirtschaft wichtiger als Produkt- oder Prozessinnovationen (Tabelle 3-14): •

Gut ein Viertel der befragten Unternehmen bewertet die Bedeutung von Innovationen in bestehende Dienstleistungsmärkte für die Wettbewerbsfähigkeit als hoch. Nur bei 7 Prozent spielt diese Innovationsart keine Rolle.

Die Bedeutung von Innovationen in neue Dienstleistungsmärkte schätzen knapp ein Viertel der Unternehmen als hoch ein. Der Anteil der Unternehmen, bei denen diese Innovationsart keine Rolle spielt, ist allerdings mit knapp 16 Prozent doppelt hoch wie bei Innovationen in bestehende Dienstleistungsmärkte.

Wichtig ist aber, dass nur 15 bis 16 Prozent und damit deutlich weniger Unternehmen den Prozess- und Produktinnovationen eine hohe Bedeutung zumessen. Überraschend sind auch die hohen Anteile von Unternehmen, bei denen Prozessinnovationen und Innovationen in neue Produkte keine Rolle spielen.

Es bleibt zunächst festzuhalten, dass Innovationen in Dienstleistungen für den hier betrachteten Ausschnitt der Wirtschaft in Hessen – den sogenannten Industrie-Dienstleistungsverbund – eine sehr wichtige Rolle spielen. Sie sind offensichtlich nicht nur profitabler als Innovationen 30 Sie wird als Approximation für die Innovationsintensität verwendet. Die FuE- und die Innovationsintensität sind stark korreliert, die Erstere liefert aber bessere Ergebnisse in der Regression. 31 Das Alter der Unternehmen ist eine Kontrollgröße, weil junge Unternehmen wegen des Niveaueffektes höhere Umsatzund Beschäftigtenwachstumsraten als ältere Unternehmen haben und deshalb der Erfolgsindex günstiger ausfällt.

81 |


Motor für Innovation

in Produkte, sondern haben auch eine höhere Bedeutung für die Wettbewerbsfähigkeit. Diese Befunde sind keine hessische Sondersituation, sondern gelten auch im bundesdeutschen Durchschnitt.

Tabelle 3-14: Innovationsarten und Wettbewerbsfähigkeit in Hessen Einschätzung der Bedeutung verschiedener Innovationsarten für die Wettbewerbsfähigkeit; Angaben in Prozent für 2009; hochgerechnet

Innovationsart

Hoch

Eher hoch

Eher gering

Spielt keine Rolle

Prozessinnovationen

14,7

25,0

24,5

36,0

Dienstleistungen für bestehende Märkte

26,0

45,9

21,2

6,9

Dienstleistungen für neue Märkte

23,1

32,0

28,9

15,7

Produkte für bestehende Märkte

16,6

37,3

23,1

23,4

Produkte für neue Märkte

15,1

31,4

21,5

31,8

Quelle: IW-Zukunftspanel Hinter diesen Durchschnittsdaten für die Gesamtwirtschaft stecken auch Struktureffekte, die zu beachten sind und die Aussage nach der höheren Bedeutung von Dienstleistungsinnovationen relativieren könnten. Die Tabelle 3-15 zeigt die Unterschiede zwischen kleinen und großen Unternehmen sowie zwischen Unternehmen, die ihren Schwerpunkt bei Industrieprodukten oder Dienstleistungen haben.32 Ausgewiesen ist der Anteil der Unternehmen, die die Bedeutung der entsprechenden Innovationsart als „hoch“ oder „eher hoch“ ausweisen: •

Bei großen Unternehmen ist der Anteil der Unternehmen, die Innovationen eine hohe Bedeutung zumessen, mit 64 Prozent deutlich höher als kleineren Unternehmen (57 Prozent). Die Unterschiede zeigen sich vor allem bei Produktinnovationen für bestehende (Differenz: 14,2 Prozentpunkte) und für neue Märkte (Differenz 12,6 Prozentpunkte). Auch Dienstleistungsleistungsinnovationen für neue Märkte sind für größere Unternehmen wichtiger als für kleinere.

32 Diese Schwerpunktbetrachtung zeigt nur einen Ausschnitt der Wirtschaft. Um die Tabelle nicht zu befrachten, wurde der Schwerpunkt Handwerk/Bauwirtschaft nicht ausgewiesen.

82 |


Gemeinsam Mehr.Wert | Innovationen im industriellen Mittelstand

Sehr drastische Unterschiede zwischen kleinen und großen Unternehmen gibt es bei der Einschätzung der Bedeutung von Prozessinnovationen. Fast zwei Drittel der größeren bemessen dieser Innovationsart eine hohe Bedeutung zu; bei kleinen sind es nur knapp zwei Fünftel.

Die angesprochenen Strukturunterschiede werden sehr deutlich sichtbar, wenn man Unternehmen mit unterschiedlichen Schwerpunkten vergleicht. Für Unternehmen mit Schwerpunkt Industrieprodukt sind Produktinnovationen wichtiger als Dienstleistungsinnovationen. Bei Unternehmen mit Schwerpunkt Dienstleistungen ist es umgekehrt. Deshalb sollte man die Ergebnisse nicht überbewerten, weil sie letztendlich die Wirtschaftsstruktur mit einem deutlich höheren Anteil an Dienstleistungsunternehmen33 widerspiegeln.

Neben der Unternehmensgröße gibt es noch andere strukturell wichtige Unterschiede. Für erfolgreiche oder forschende Unternehmen oder sogenannte Typ-D-Unternehmen34 sind Innovationen für die Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit deutlich wichtiger als im Durchschnitt. Der gleichen Befunde gelten mit Blick auf die Bedeutung Innovationen für neue Märkte. Die Befragungsdaten zeigen auch einen Zusammenhang zwischen der Bedeutung der Innovationen für die Wettbewerbsfähigkeit und dem Erfolg der Unternehmen. Bei (fast) allen Innovationsarten sind die Unternehmen, die die Bedeutung mit „hoch“ oder „eher hoch“ bewerten, gemessen an dem vorne eingeführten Erfolgsindex überdurchschnittlich erfolgreich. In dieser Gruppe ist auch der Anteil der erfolgreichen Innovationen in den letzten Jahren höher als im Durchschnitt. Zwei Beispiele sollen dies belegen: Im Durchschnitt beträgt die Quote erfolgreicher Innovationen in Hessen 36,8 Prozent (Abbildung 3-3), •

bei Unternehmen, die Prozessinnovationen als wichtig oder eher wichtig bewerten, sind es 43 Prozent,

bei Unternehmen, die Innovationen in neue Dienstleistungsmärkte als wichtig oder eher wichtig bewerten, beträgt die Erfolgsquote 40 Prozent.

Diese Daten sind sicherlich kein strenger Beweis. Sie deuten aber darauf hin, dass Unternehmen, die Innovationen zur Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit hohe Wichtigkeit beimessen, auch höhere Erfolgsquoten haben.

33 Nach dem Schwerpunktkonzept entfallen 75 Prozent der Unternehmen in den Bereich Dienstleistungen, 13 Prozent in den Bereich Industrieprodukte und 12 Prozent in den Bereich Handwerk/Bauen. 34 Das sind Unternehmen, die FuE betreiben, innovieren und international aktiv sind

83 |


Motor für Innovation

Tabelle 3-15: Innovationen nach Art und Markt in Hessen Anteile in Prozent für Bedeutung „hoch“ auf 2er-Skala; hochgerechnet Innovationen für bestehende Märkte

Innovationen für neue Märkte

Gesamt

Alle Unternehmen Produktinnovationen

53,6

46,5

50,1

Dienstleistungsinnovationen

71,7

55,0

63,4

Gesamt

62,7

50,8

56,7

Prozessinnovationen

39,6 Kleine Unternehmen

Produktinnovationen

53,1

46,0

49,5

Dienstleistungsinnovationen

71,9

55,0

63,4

Gesamt

62,5

50,5

56,5

Prozessinnovationen

38,8 Große Unternehmen

Produktinnovationen

67,3

58,6

62,9

Dienstleistungsinnovationen

70,7

61,0

65,8

Gesamt

69,0

59,8

64,4

Prozessinnovationen

63,9 Schwerpunkt Industrieprodukte

Produktinnovationen

80,9

69,9

75,4

Dienstleistungsinnovationen

48,5

38,2

43,4

Gesamt

64,7

54,0

59,4

Prozessinnovationen

51,4 Schwerpunkt Dienstleistungen

Produktinnovationen

45,1

39,6

42,3

Dienstleistungsinnovationen

78,2

62,5

70,4

Gesamt

61,6

51,0

56,3

Prozessinnovationen

Quelle: IW-Zukunftspanel

84 |

40,5


Gemeinsam Mehr.Wert | Innovationen im industriellen Mittelstand

Produktart und Profitabilität Innovationen für Dienstleistungsmärkte haben eine höhere Bedeutung für die Sicherstellung der Wettbewerbsfähigkeit als Innovationen für Produktmärkte. Dieser Befund bekommt dadurch eine noch höhere Relevanz, weil Dienstleistungen offensichtlich auch profitabler sind als Industriewaren. Fast die Hälfte der Unternehmen in Hessen gibt an, dass Dienstleistungen profitabler sind als Industriewaren. Bei 29 Prozent ist es umgedreht und bei 22 Prozent der Unternehmen gibt es keine Unterschiede (Tabelle 3-16). Bemerkenswert ist der Positivsaldo von 20 Prozentpunkten zwischen den Unternehmen, bei welchen die Dienstleistungen profitabler sind, und denen, bei welchen die Industriewaren profitabler sind. In der bundesweiten Stichprobe ist dieser mit 27 Prozentpunkten sogar noch größer. Wiederum ist ein Blick auf verschiedene Typen und Untergruppen hilfreich: •

Unternehmensgröße: In Hessen sind im Vergleich zu Deutschland die Dienstleistungsprodukte bei größeren Unternehmen profitabler. 53 Prozent der Unternehmen geben an, dass die Dienstleistungen profitabler als die Industriewaren sind. Der Positivsaldo beträgt 19 Prozentpunkte. In Deutschland halten sich bei großen Unternehmen die Unternehmen, bei denen Dienstleistungen oder Industriewaren profitabler sind, die Waage.

Branchen: Selbst in der Industrie werden die Dienstleistungsprodukte als profitabler eingestuft als Industriewaren. Bei den unternehmensnahen Dienstleistungsbranchen ist diese Einschätzung wenig überraschend. Nur die Logistik fällt aus der Reihe. Dort leisten die Industriewaren einen Beitrag zum Ergebnis.

Typ-D-Unternehmen: Der Blick auf diesen Unternehmenstyp zeigt wieder, dass kaum ein Ergebnis verallgemeinert werden darf und für alle Teilgruppen gilt. Für Unternehmen, die forschen, entwickeln, innovativ und auslandsaktiv sind, sind für mehr als die Hälfte die Industriewaren profitabler als Dienstleistungen. Nur 27 Prozent der Unternehmen geben die umgekehrte Relation an. Diese Befunde gelten in der Struktur auch für Deutschland. Gerade diese Typ-D-Unternehmen stehen für das deutsche Geschäftsmodell von komplexen und hochwertigen Industriewaren für die Weltmärkte. In diesem wichtigen Marktsegment haben Industriewaren offensichtlich eine höhere Profitabilität als Dienstleistungen.

85 |


Motor für Innovation

Tabelle 3-16: Profitabilität von Produkten Vgl. von Dienstleistungen und Industriewaren; Angaben in Prozent; hochgerechnet Hessen

Deutschland Die Profitabilität von Dienst- leistungen ist im Vergleich zu Industriewaren ...

Die Profitabilität von Dienstleistungen ist im Vergleich zu Industriewaren ... Höher

Niedriger

Saldo

49

29

20

52

25

27

Klein

49

28

21

53

24

28

Groß

53

34

19

40

39

1

Industrie

50

30

21

40

31

9

Logistik

30

46

–16

36

39

–2

unternehmensnahe DL

73

6

66

80

4

76

Ja

27

54

–27

32

42

–10

Nein

57

21

37

60

19

41

Alle

Höher

Niedriger

Saldo

Größe

Branchen

Typ D

Größe: klein – bis 10 Mio. Euro Umsatz; groß – über 10 Mio. Euro Umsatz

Quelle: IW-Zukunftspanel

3.4.2 Gründe für verändertes Innovationsverhalten Die Innovationsaktivitäten der Unternehmen unterliegen zeitlichen Schwankungen. Es ist beispielsweise bekannt, dass kleinere Unternehmen ihre Ausgaben für Forschung und Entwicklung viel stärker als größere von der allgemeinen Wirtschaftslage oder ihrem Cashflow abhängig machen (Aghion et al., 2004; Bovha-Padilla et al., 2009, IHK Stuttgart, 2009; Rammers/Peters, 2010). Auch bei den Innovationsaufwendungen dürften solche Effekte eine Rolle spielen. Insbesondere könnte die Krise des Jahres 2009 sich negativ auf das Innovationsverhalten auswirken.35 35

Auf eine solche Entwicklung deuten auch die Zahlen im Innobarometer 2009 hin (Gallup, 2009).

86 |


Gemeinsam Mehr.Wert | Innovationen im industriellen Mittelstand

Die Befragungsdaten deuten allerdings nicht darauf hin, dass im Krisenjahr 2009 die Innovationsaufwendungen gegenüber 2007 niedriger sind. Rund 28 Prozent der Unternehmen in Hessen haben ihre Aufwendungen in diesem Zeitraum erhöht und nur 18 Prozent haben sie verringert (Tabelle 3-17). Das ist ein Positivsaldo von immerhin 10 Prozentpunkten, der sich in unterschiedlichen Ausmaßen sowohl für größere als auch für kleinere Unternehmen zeigt. Allerdings ist dieser Positivsaldo noch kein Beweis für gestiegene Innovationsaufwendungen, weil diese Anteilsbetrachtung keine Angaben über das Ausmaß in den einzelnen Gruppen macht. Die Daten zeigen zwar keinen krisenhaften flächendeckenden Rückgang der Innovationsaufwendungen im Jahr 2009, dennoch scheint die Krise Einfluss zu haben. Die Unternehmen mit Auslandsgeschäft, die besonders hart betroffen waren, haben nur einen sehr geringen Positivsaldo von einem Prozentpunkt. Bei den auslandsaktiven Unternehmen haben fast genauso viele Unternehmen ihre Innovationsaufwendungen 2009 gegenüber 2007 erhöht wie verringert. Der Einfluss der Krise zeigt sich auch bei einem Blick auf die Schwerpunkte der Unternehmen. Der Positivsaldo beträgt bei Unternehmen, die sich auf Industrieprodukte konzentrieren, nur knapp 5 Prozent. Das ist deutlich weniger als bei Unternehmen mit Schwerpunkt Dienstleistungen. Allerdings weisen die Unternehmen im Bereich Handwerk/Bau ebenfalls nur einen geringen Positivsaldo auf, obwohl sie von der Krise nicht überdurchschnittlich betroffen sind. Sehr deutlich wird wiederum der Zusammenhang zwischen Innovationen und Erfolg. In der Gruppe der erfolgreichen Unternehmen haben immerhin 31 Prozent ihre Innovationsaufwendungen im Betrachtungszeitraum erhöht und nur knapp 14 Prozent haben reduziert. Bei den nicht erfolgreichen Unternehmen sieht das anders aus: Nur 19 Prozent haben die Innovationsaufwendungen erhöht, aber 36 Prozent haben sie reduziert. Das ergibt einen Negativsaldo von 17 Prozent. Generell zeigt sich beim Thema Rationalisierungen und Kostensenkungen ein anderes Krisenmuster als bisher – die Unternehmen gehen diesmal strategisch sinnvolle Wege, indem sie die Stammbelegschaft halten (was durch die breite Einführung der Kurzarbeit seitens der Politik möglich gemacht wurde) und nur sehr wenige Kürzungen in wissensintensiven Bereichen wie Forschung und Entwicklung vorgenommen haben. Während über die Hälfte der Unternehmen Rationalisierungsmaßnahmen im Bereich Einkauf und der Materialwirtschaft aufgrund der Krise durchgeführt haben, haben nur 2 Prozent aller Unternehmen beim Forschungsetat gespart. Nur 10 Prozent der Unternehmen fuhr die Ausgaben für Entwicklung krisenbedingt zurück – knapp die Hälfte der Unternehmen senkte aber Kosten in der Verwaltung. Dies zeigt, dass die Unternehmen erkannt haben, wie wichtig in Zukunft eine hohe Wettbewerbsfähigkeit auf Basis von Alleinstellungsmerkmalen und kontinuierlichen Innovationen ist. Der aktuelle Trend ist auch volkswirtschaftlich sehr bedeutsam, da erstens diese Krise die erste zu sein scheint, in der die Langzeitarbeitslosigkeit nicht ansteigt, und zweitens die Unternehmen weiterhin in Forschung und Entwicklung investieren und sich dementsprechend 87 |


Motor für Innovation

gegenüber anderen, ausländischen Unternehmen, die sich in der Krise befinden, ihre Wettbewerbsfähigkeit ausbauen können. Dies wiederum wirkt sich positiv auf den Export und die Beschäftigungssituation aus. Tabelle 3-17: Veränderung der Innovationsaufwendungen in Hessen Angaben in Prozent oder Prozentpunkten; 2009 gegenüber 2007 Innovationsaufwendungen 2009 gegenüber 2007 ... Niedriger Gesamt

Gleich

Differenz höher zu niedriger

Höher

17,8

54,0

28,2

10,4

Klein

18,0

53,8

28,3

10,3

Groß

11,7

63,3

25,0

13,3

Ja

29,0

40,9

30,1

1,1

Nein

12,3

60,8

26,8

14,5

Industrieprodukt

21,0

53,1

25,8

4,8

Dienstleistung

19,0

49,6

31,4

12,4

Handwerk

17,9

61,7

20,4

2,5

Hoch

13,5

56,0

30,5

17,0

Mittel

18,5

49,4

32,2

13,7

Niedrig

36,2

45,2

18,6

–17,6

Unternehmensgröße

Auslandsgeschäft

Schwerpunkt

Erfolg

Größe: klein – bis 10 Mio. Euro Umsatz; groß – über 10 Mio. Euro Umsatz Erfolg: hoch= 15 % oder mehr über dem Mittelwert des Erfolgsindexes; mittel/ niedrig= alle weniger erfolgreichen Unternehmen

Quelle: IW-Zukunftspanel

88 |


Gemeinsam Mehr.Wert | Innovationen im industriellen Mittelstand

Gründe für erhöhte Innovationsausgaben Fast 30 Prozent der Unternehmen in Hessen haben trotz der Krise im Jahr 2009 mehr in Innovationen investiert als 2007. Die Gründe dafür sind hauptsächlich der Wettbewerbsdruck und Kundenanforderungen.36 Rund vier Fünftel der betroffenen Unternehmen haben in der Befragung dieses Motiv angegeben (Abbildung 3-5).37 Mit erheblichen Abstand und einer Zustimmungsrate von einem Drittel folgt das Diversifikationsargument. Die Unternehmen haben ihre Innovationsanstrengungen erhöht, weil sie in anderen Bereichen wachsen wollen. Nur ein Fünftel der Unternehmen hat die Innovationsausgaben erhöht, weil die Branche floriert. Dieser relativ geringe Anteil ist natürlich eine unmittelbare Folge der Krise. Neben diesen marktorientierten Motiven wird in der Befragung auch nach zwei mehr gesellschaftspolitischen Gründen gefragt. Immerhin gibt fast ein Drittel der Unternehmen in Hessen an, dass sie aufgrund von gesellschaftlichen Erfordernissen mehr in Innovationen investiert haben. Erhöhte Umweltschutzauflagen, knapper werdende Ressourcen oder die Trends zur Ressourcenschonung und erhöhter Energieeffizienz schaffen für einige Unternehmen offensichtlich Wachstumschancen. Hier zeigt sich die Ambivalenz staatlicher Rahmenbedingungen. Auf der einen Seite bedeuten sie neue Belastungen, auf der anderen Seite können sie neue Märkte und Absatzmöglichkeiten schaffen. Untersuchungen aus dem IW-Zukunftspanel38 haben gezeigt, dass die Technologien zur Ressourcenschonung neben den Internet- und Kommunikationstechnologien zu den bedeutendsten Zukunftsbereichen gehören. Etwa 30 Prozent der deutschen Unternehmen aus dem Bereich Industrie und industrienahe Dienstleistungen geben an, dass sie im Bereich Ressourcenschonung tätig sind. Bei der Hälfte davon fällt sogar das Hauptprodukt in diesen Bereich. In fünf Jahren wollen zwei Fünftel der Unternehmen dort aktiv sein. Ähnliche Befunde gibt es für die Umweltschutzmärkte. Ein Viertel der deutschen Unternehmen ist dort aktiv; in fünf Jahren wollen knapp 40 Prozent mit Produkten oder Dienstleistungen dort tätig sein. Aus gesellschaftlichen Erfordernissen und Zielen können für Unternehmen durchaus lukrative Märkte erwachsen, die im Regelfall nur durch Innovationen erschlossen werden können. Das bedeutet nicht, dass verbesserte Rahmenbedingungen in Deutschland und Hessen in den letzten zwei Jahren ein Motiv waren, ihre Innovationsaktivitäten zu erhöhen. Nur 11 Prozent der befragten Unternehmen geben an, deshalb in 2009 mehr als in 2007 für Innovationen ausgegeben zu haben.

36

Die Ergebnisse des Innobarometers 2009 (Gallup 2009) zeigen eine ähnliche Tendenz. Die Ergebnisse sind ungewichtet ausgewiesen, weil es für die Teilgruppe der Unternehmen mit erhöhten oder reduzierten Innovationsaufwendungen keine Angaben für die Grundgesamtheit gibt, die für eine sinnvolle Hochrechnung notwendig sind. Außerdem werden die Fallzahlen bei der Spaltung der Stichprobe für Hessen für eine differenzierte Hochrechnung zu gering. 38 Im Rahmen der 12. Welle und der 13. Welle des IW-Zukunftspanels wurde im Auftrag der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft untersucht, in welchen Zukunftsmärkten die deutschen Unternehmen aktiv sind und wo aufgrund globaler Trends Wachstumschancen gesehen werden. Dazu gehören beispielsweise die Themen Ressourcenschonung, Umweltschutz und Mobilität, deren zukünftige Entwicklung sehr stark von staatlichen Rahmenbedingungen abhängt. 37

89 |


Motor für Innovation

Die Abbildung 3-5 zeigt, dass es keine wesentlichen Unterschiede zwischen den Antworten der Unternehmen aus Hessen und denen aus anderen Bundesländern gibt. Die Marktmotive Wettbewerbsdruck und Kundenanforderungen dominieren klar. Abbildung 3-5: Gründe für erhöhte Innovationsaufwendungen Angaben in Prozent; 2009 gegenüber 2007; ungewichtet

78,0 83,0

Wettbewerbsdruck

80,0 79,0

Kundenanforderung 66,0 63,0

Diversifikation 26,0 31,0

Gesell. Erfordernis

22,0 20,0

Branche floriert 11,0 11,0

Positive Rahmenbedingungen 0

40

20 Hessen

60

80

Deutschland

Quelle: IW-Zukunftspanel Auch bei der Frage nach den Motiven für erhöhte Innovationsaktivitäten gibt es Unterschiede zwischen verschiedenen Gruppen und Unternehmenstypen. Das gilt insbesondere für die Größenklassen. Bei den größeren Unternehmen sind die Motive „florierende Branche“, „Diversifikation in neue Bereiche“ und „positive Rahmenbedingungen“ deutlich stärker ausgeprägt als bei den kleineren. Immerhin gibt rund ein Fünftel der Unternehmen in Hessen und in Deutschland an, dass sie aufgrund positiver Rahmenbedingungen ihre Innovationsausgaben erhöht hätten. Die kleineren Unternehmen reagieren dafür stärker auf gesellschaftliche Erfordernisse. Gründe für reduzierte Innovationsausgaben Knapp ein Fünftel der Unternehmen haben 2009 im Vergleich zu 2007 ihre Innovationsausgaben reduziert. Die Notwendigkeit, sich in der Krise auf weniger Projekte zu konzentrieren, ist dafür der wichtigste Grund. Über 80 Prozent der betroffenen Unternehmen in Hessen und Deutschland geben an, dass sie deshalb weniger ausgegeben hätten. Rund 60 Prozent der Unternehmen mit reduzierten Innovationsbudgets haben gespart, weil der Markt weggebrochen ist. Knapp 90 |


Gemeinsam Mehr.Wert | Innovationen im industriellen Mittelstand

60 Prozent haben sich stärker auf Erfolg versprechende Projekte konzentriert und bei dieser Fokussierung insgesamt weniger ausgegeben als 2007. Knapp die die Hälfte der Unternehmen hat aufgrund schwieriger Finanzierungsbedingungen für Innovationen weniger ausgegeben. Über ein Drittel der Unternehmen mit reduzierter Innovationstätigkeit hat es deshalb getan, weil die Kundenansprüche gesunken sind. Auch Kapazitätsprobleme spielen – wenn auch klar untergeordnet – eine Rolle. Immerhin hat ein Viertel der betroffen Unternehmen deshalb die Innovationsausgaben reduziert, weil es keine freien Kapazitäten gab. Abbildung 3-6: Gründe für reduzierte Innovationsaufwendungen Angaben in Prozent; 2009 gegenüber 2007; ungewichtet

81,0 81,0

Krise 59,0 61,0

Wegbrechen des Marktes

58,0 52,0

Fokussierung

49,0 47,0

Finanierung 35,0 38,0

Reduzierte Kundenansprüche 24,0 25,0

Keine freien Kapazitäten 0

40

20 Hessen

60

80

Deutschland

Quelle: IW-Zukunftspanel (2010) Bei einer Betrachtung von kleineren und größeren Unternehmen gibt es kaum Unterschiede, was die Rangfolge der einzelnen Motive für Reduzierungen der Innovationsausgaben angeht. Allerdings sind die Intensitäten anders ausgeprägt. Bei kleineren Unternehmen sind reduzierte Kundenansprüche und Finanzierungsprobleme viel wichtiger. Dafür ist das Motiv der Fokussierung auf Erfolg versprechende Projekte als Erklärung für reduzierte Innovationsbudgets weniger wichtig. Bei den meisten dieser Motive gibt es Mehrfachnennungen, die den Blick auf einzelne Aspekte verstellen. Deshalb ist eine Analyse von Motivbündeln hilfreich. Die Abbildung 3-7 zeigt einen paarweisen Vergleich der verschiedenen Gründe für reduzierte Innovationsaufwendungen. Die Abbildung ist zeilenweise zu lesen und zeigt in der Zeile an, wie wichtig die verschiedenen 91 |


Motor für Innovation

Motive für die Unternehmen sind, die ihre Innovationsbudgets wegen der Krise reduziert haben. Die Anzahl der Kreuze gibt die Intensität der paarweisen Zustimmungsquoten an. Vier Kreuze bedeuten eine sehr hohe Zustimmung (über 80 Prozent) und ein Kreuz markiert eine niedrige paarweise Zustimmungsquote (unter 40 Prozent). In der der ersten Zeile ist zu erkennen, dass die Motive „Krise“ und „Markteinbruch“ sehr korreliert sind. Zwischen 60 und 80 Prozent der Unternehmen, die krisenbedingt ihre Budgets reduziert haben, geben auch den Grund „Markteinbruch“ an. Sehr auff ällig ist, dass jedes Motiv mit dem Krisenmotiv sehr korreliert ist. Jeweils über 80 Prozent der Unternehmen, die aus einem der genannten Gründe ihre Innovationsbudgets reduziert haben, geben auch den Grund Krise an. Unternehmen, die aufgrund von Finanzierungsengpässen die Innovationsausgaben gesenkt haben, geben zu 40 bis 60 Prozent auch die Fokussierung, Kunden und Markteinbruch an. Eine Sonderrolle nimmt das Argument „keine freien Kapazitäten“ ein. Kein anderes Motiv ist damit hoch korreliert. Die paarweisen Zustimmungsquoten liegen unter 40 Prozent (Zeilensicht). Die Unternehmen, die diesen Grund angeben, geben zu einem sehr hohen Prozentsatz auch andere Motive an. Drei Befunde sind wichtig: Die Motive Krise und wegbrechender Markt sind mit allen anderen hoch korreliert und scheinen diese zu überlagern. Die Finanzierungsprobleme hingegen haben im Vergleich eine untergeordnete Bedeutung. Insgesamt kann daraus abgeleitet werden, dass die Sondereffekte der Krise des Jahres 2009 bei den Unternehmen, die ihre Innovationsbudgets reduziert haben (18 Prozent; Tabelle 3-17), dafür hauptsächlich verantwortlich sind. Als Gesamtfazit bleibt stehen, dass trotz der Krise mehr Unternehmen in Hessen ihre Innovationsbudgets seit 2007 erhöht als verringert haben. In der Gruppe der Unternehmen, die reduziert haben, sind die Krise und die verbundenen wegbrechenden Märkte die entscheidenden Gründe.

92 |


Gemeinsam Mehr.Wert | Innovationen im industriellen Mittelstand

Abbildung 3-7: Motivbündel für reduzierte Innovationen* Paarweiser Vergleich verschiedener Motive; Hessen und Deutschland Krise

Fokusierung Keine Kapazität

++

Krise

KundenMarktanforderung einbruch

Finanzierung

+

+

+++

++

+

+

++

++

++

+++

+++

+++

++

Fokusierung

++++

Keine Kapazität

++++

++++

Kundenanforderung

++++

++

+

Markteinbruch

++++

++

+

++

Finanzierung

++++

++

+

++

++ ++++

++++ sehr hohe gemeinsame Zustimmungsquote (> 80 Prozent) +++ hohe gemeinsame Zustimmungsquote (60 bis 80 Prozent) ++ mittlere gemeinsame Zustimmungsquoten (40 bis 60 Prozent) + niedrige gemeinsame Zustimmungsquote (< 40 Prozent) *) Unternehmen, die 2009 weniger in Innovationen investiert haben als 2007

Quelle: IW-Zukunftspanel

3.4.3 Impulsgeber für Innovationen Eine sehr bedeutende Frage in der Innovationsforschung ist die nach den wichtigsten Impulsgebern. Noch interessanter sind die Entwicklungstrends (Wer wird wichtiger?) und die Einschätzungen des Erfolges der verschiedenen Innovationsquellen. Demnach beschäftigt sich dieser Abschnitt mit diesen drei Fragen: • • •

Bedeutung verschiedener Impulsgeber zukünftige Entwicklung Bewertung des Erfolges

93 |


Motor für Innovation

Bedeutung verschiedener Impulsgeber für Innovationsprozesse Auch in der vorliegenden Befragung haben die Unternehmen verschiedene externe und interne Partner im Hinblick auf ihre Bedeutung als Impulsgeber für Innovationsprozesse bewertet. Zugrunde lag eine 4er-Skala von wichtig, eher wichtig, eher unwichtig bis unwichtig. In der nachfolgenden Tabelle 3-18 sind jeweils die Anteile der Kategorie „wichtig“ angegeben: •

Mit großem Abstand sind die wichtigsten Impulsgeber für Innovationen die Kunden. Rund 70 Prozent der Befragten haben deren Beitrag als wichtig eingestuft. Diese extrem hohen Bewertungen gelten für Hessen und Deutschland. Auch in allen untersuchten Teilgruppen und Unternehmenstypen liegen die Kunden als Impulsgeber klar auf dem ersten Platz.

Dahinter folgen mit Zustimmungsquoten zwischen 40 und 50 Prozent interne Ideengeber. Dazu zählen der eigene Vertrieb, die Geschäftsführung und die Produktionsabteilung. Mit etwas Abstand folgt der Servicebereich, den ein Drittel der Unternehmen in Hessen für ihren Innovationsprozess als wichtig betrachten.

Mit Zustimmungsraten um 20 Prozent folgen die Lieferanten (externe Quelle) und die eigene FuE-Abteilung im hinteren Mittelfeld.

Kaum Bedeutung haben die Wissenschaft und die Hochschulen sowie andere Unternehmen. Nur etwa jedes zehnte Unternehmen bewertet ihren Beitrag als wichtig.

Insgesamt zeigen sich kaum Unterschiede zwischen den hessischen und den bundesweiten Ergebnissen, wenn man von der höheren Bedeutung der Beiträge der Geschäftsführungen in Hessen absieht. Dies kann zu dem Fazit zusammengefasst werden, dass Innovationsimpulse hauptsächlich vom Markt kommen und weniger durch wissenschaftliche Ideengeber aus den eigenen Forschungs- und Entwicklungsabteilungen oder Hochschulen und Instituten. Auch scheinen interne Quellen – mit Ausnahme der Kunden – wichtiger zu sein als externe Impulsgeber. Diese Ergebnisse bestätigen sich sowohl im nationalen (Commerzbank, 2007) als auch im internationalen Vergleich mit anderen Studien (Gallup, 2009).

94 |


Gemeinsam Mehr.Wert | Innovationen im industriellen Mittelstand

Tabelle 3-18: Impulsgeber für Innovationen Anteile in Prozent „wichtig“ auf einer 4er-Skala von „wichtig“ bis „unwichtig“; hochgerechnet

Impulsgeber

Hessen alle Unternehmen

Darunter:

Große

FuEtreibend

Typ-D

Industrie

Dienste

Handwerk

Deutschland alle Unternehmen

Extern Kunde

70

74

74

80

81

68

76

71

Lieferant

21

10

17

19

26

17

33

21

Unternehmen

12

2

12

17

15

9

24

11

Wissenschaft

10

7

11

13

2

11

14

8

Vertrieb

46

37

55

71

53

51

27

42

Geschäftsf.

46

26

55

53

39

51

32

39

Produktion

41

30

47

61

32

46

36

35

Service

33

27

32

38

19

41

24

28

FuE

17

20

30

40

26

17

24

14

Intern

Quelle: IW-Zukunftspanel Natürlich gibt es bei den Impulsgebern für Innovationen auch Unterschiede zwischen einzelnen Untergruppen und Unternehmenstypen: •

Große Unternehmen: Bei einem Vergleich von größeren und kleineren Unternehmen fällt auf, dass die größeren insgesamt zurückhaltender bewerten. Mit Ausnahme der Kunden, der eigenen FuE-Abteilung und der Wissenschaft sind alle Zustimmungsquoten39 geringer als im Durchschnitt und damit geringer als bei kleineren Unternehmen. Besonders auff ällig ist dies bei Lieferanten und anderen Unternehmen. Nur 2 Prozent der großen Unternehmen schätzen die Bedeutung anderer Unternehmen als Impulsgeber für Innovationen als wichtig ein (kleine Unternehmen:12 Prozent). Nur jedes zehnte größere Unternehmen bewertet

39 Zustimmungsquote meint hier den Anteil der Unternehmen, die den Impulsgeber auf der 4er-Skala von wichtig bis unwichtig mit wichtig bewerten.

95 |


Motor für Innovation

die Beiträge der Lieferanten als wichtig. Bei kleineren Unternehmen ist diese Quote doppelt so hoch. Die geringere Bedeutung der eigenen Geschäftsführung bei größeren Unternehmen ist strukturbedingt, denn dort gibt es allein durch die Größeneffekte mehr Möglichkeiten, andere Abteilungen und Mitarbeiter einzubinden. Insgesamt scheinen bei größeren Unternehmen noch mehr die Kunden als Impulsgeber zu dominieren, aber auch die wissenschaftlichen Quellen (Hochschulen, Institute und eigene FuE-Abteilungen) haben eine höhere Bedeutung als bei kleineren Unternehmen. •

FuE-treibende Unternehmen: In dieser Gruppe sind die eigenen FuE-Abteilungen als Impulsgeber natürlicherweise wichtiger. Rund 30 Prozent dieser Unternehmen geben an, dass die eigene FuE-Abteilung ein wichtiger Impulsgeber ist. Erstaunlich gering wird die Bedeutung der externen Wissenschaft bewertet. Die Bewertungen liegen kaum über den Durchschnittswerten.

Typ-D-Unternehmen: In diesem Unternehmenstyp werden die Erfolgsfaktoren Forschung und Entwicklung, Innovationen und Auslandstätigkeit gebündelt. Schon allein deshalb sind die Ergebnisse dieser unternehmerischen Avantgarde interessant. Sie sind noch stärker als größere Unternehmen kunden- und vertriebsorientiert. 80 Prozent bewerten den Beitrag der Kunden als wichtig. Auch die eigene FuE- sowie die Produktionsabteilung werden als wichtige Quellen genannt. Die Zustimmungsquoten liegen weit über dem Durchschnitt.

Tätigkeitsschwerpunkte: Bei den Unternehmen mit dem Schwerpunkt Industrieprodukte kommen die Impulsgeber für Innovationsprozesse überdurchschnittlich oft vom Markt (Kunden und Vertriebsabteilung). Die externe Wissenschaft spielt kaum eine Rolle. Bei den Dienstleistungsproduzenten fällt auf, dass viele Innovationsimpulse offensichtlich vom Servicebereich kommen. Über 40 Prozent dieser Unternehmen geben an, dass diese wichtig sind. Der Durchschnitt liegt nur bei einem Drittel. Im Handwerksbereich haben neben den Kunden auch die Lieferanten und die anderen Unternehmen eine überdurchschnittliche Bedeutung als Impulsgeber. Eigene Ideen spielen hier offensichtlich eine etwas untergeordnete Rolle.

Fazit Die wichtigsten Impulsgeber für Innovationsprozesse sind die Kunden und die eigene Vertriebsabteilung. Lieferanten und andere Unternehmen spielen eine untergeordnete Rolle. Erstaunlich gering werden die Beiträge der Wissenschaft (Hochschulen, Institute und eigene FuE-Abteilungen) bewertet. Die Impulse kommen von den Märkten und weniger aus den Laboren oder Forschungseinrichtungen.

96 |


Gemeinsam Mehr.Wert | Innovationen im industriellen Mittelstand

Wer wird wichtiger? Bei der Frage nach der zukünftigen Bedeutung der verschiedenen Impulsgeber für Innovationen gibt es drei wesentliche Trends (Tabelle 3-19): •

Die Bedeutung der Kunden und der eigenen Vertriebsabteilungen wird noch weiter zunehmen. Das gilt vor allem für größere Unternehmen und für die sogenannten Typ-D-Unternehmen. Die Innovationen werden in Zukunft noch stärker vom Markt kommen. Die Befunde sind in Hessen ähnlich wie für die gesamte deutsche Stichprobe.

Es zeigen sich keine großen Unterschiede, wenn man die Rangfolge der heutigen Bedeutung mit der Bewertung „wichtig“ (Tabelle 3-18) mit der der zukünftigen Einschätzungen mit der Bewertung „wird größer“ vergleicht. Die internen Quellen (Vertrieb, Produktion, Service und Geschäftsführung) werden noch wichtiger werden als externe Quellen wie Lieferanten, die Wissenschaft oder andere Unternehmen. Die eigenen FuE-Abteilungen bleiben als Impulsgeber eher unwichtig. Nur 8,5 Prozent der hessischen Unternehmen (Deutschland: 9,7 Prozent) messen ihnen eine steigende Bedeutung bei. Die eigenen FuE-Abteilungen verlieren sogar relativ an Wichtigkeit. Bei der heutigen Bedeutung belegt diese Innovationsquelle noch den siebten Platz; bei der Bewertung der Zukunftsrelevanz ist es nur noch Platz neun. Abnehmen wird bei dieser Betrachtung auch die Bedeutung der Geschäftsführung (von Rang zwei auf fünf). Relativer Gewinner ist die Wissenschaft, die sich von Platz neun auf sieben verbessert.

Hervorzuheben ist, dass bei den Typ-D-Unternehmen – also der Gruppe, die aufgrund ihrer Ausstattung mit Erfolgsfaktoren für die Zukunft sehr wichtig ist – die Bedeutung von Wissenschaft, den anderen Unternehmen und der eigenen FuEAbteilungen deutlich wichtiger wird als im Durchschnitt. Gerade die Wissenschaft klettert bei einem Vergleich der Rangfolgen der heutigen mit der der zukünftigen Bedeutung um vier Plätze (von Rang neun auf fünf) nach oben. Ein sehr ähnliches Veränderungsmuster zeigt sich auch für Deutschland. Die Innovationsprozesse dieser Unternehmen werden in Zukunft sowohl stärker von Marktimpulsen (vor allem aus eigenen Vertriebsabteilungen) als auch von Netzwerken mit der Wissenschaft und anderen Unternehmen geprägt sein.

97 |


Motor für Innovation

Tabelle 3-19: Bedeutung verschiedener Impulsgeber in Zukunft Anteile „wird größer“ in Prozent; hochgerechnet

Impulsgeber

Alle Hessen

Darunter: Große Unternehmen

Typ-DUnternehmen

Alle Deutschland

Extern Kunde

31,9

40,3

32,6

33,0

Lieferant

16,2

11,2

17,5

13,0

Wissenschaft

13,7

14,8

20,0

13,3

Unternehmen

9,7

9,5

17,2

10,1

Vertrieb

27,5

44,1

41,6

26,1

Produktion

24,1

33,8

25,3

21,7

Service

21,9

31,3

18,2

20,0

Geschäftsführung

21,4

20,7

26,6

20,7

8,5

13,3

17,4

9,7

Intern

FuE

Quelle: IW-Zukunftspanel Beiträge zum Erfolg Entscheidend für die Beurteilung der Bedeutung verschiedener Impulsgeber für den Innovationsprozess ist natürlich die Beurteilung des Erfolges. Auch dazu haben die befragten Unternehmen auf einer 4er-Skale von „sehr erfolgreich“ bis „ohne Erfolg“ Antworten gegeben. Tabelle 3-20 fasst die wesentlichen Ergebnisse zusammen:

98 |

An der Spitze liegen wiederum die Kunden. Rund die Hälfte der Innovationsprojekte mit Impulsen von Kunden wird als sehr erfolgreich eingestuft. Dahinter kommen die Projekte der Geschäftsführung mit einer Erfolgsquote von 36 Prozent in Hessen.

Im Mittelfeld befinden sich fast gleichauf die Innovationsprojekte mit Lieferanten und internen Impulsgebern (Service, Vertrieb, Produktion). Die wesentliche Beobachtung hier ist, dass die Projekte mit Lieferanten eine hohe Erfolgsquote haben, obwohl sie in ihrer Bedeutung als eher nachrangig eingeschätzt (Tabelle 3-18) werden.

Deutlich geringer sind die Erfolgsquoten bei Projekten mit Innovationsimpulsen anderer Unternehmen, der Wissenschaft und der eigenen FuE-Abteilung.

Insgesamt zeigen sich in der hessischen Stichprobe etwas höhere Erfolgsquoten als im bundesweiten Datensatz.


Gemeinsam Mehr.Wert | Innovationen im industriellen Mittelstand

Sehr deutlich wird dieser letzte Befund nochmals, wenn man das untere Ende der Bewertungsskala betrachtet und die Anteile der Projekte analysiert, denen die Unternehmen keinen Erfolg attestieren. Bei Projekten mit Kunden, Lieferanten oder der eigenen Geschäftsführung oder Vertriebsabteilung liegen diese absoluten Misserfolgsquoten bei fast null. Bei Projekten mit anderen Unternehmen, der Produktions- oder Serviceabteilung ist diese Quote auch niedrig und liegt in der Größenordnung zwischen 3 und 4 Prozent. Völlig aus diesem Rahmen hingegen fallen die Misserfolgsquoten von Projekten mit Innovationsimpulsen aus der Wissenschaft oder den eigenen FuE-Abteilungen: •

Die Unternehmen in Hessen bewerten 8 Prozent der Innovationsvorhaben mit Impulsen aus der eigenen FuE-Abteilung als erfolglos.

Bei Projekten mit der Wissenschaft liegt diese Quote (ohne Erfolg) sogar bei 26 Prozent. Jedes vierte Projekt mit wissenschaftlichen Einrichtungen oder Hochschulen ist ein Flop.

Diese Bewertungen gelten nicht nur in Hessen, sondern zeigen sich auch für den gesamtdeutsche Stichprobe. Diese sehr hohe Misserfolgsquote in Hessen kann deshalb nicht auf den relativ kleinen Datensatz von knapp 400 Unternehmen zurückgeführt werden; die Ergebnisse gelten auch für den größeren bundesweiten Datensatz mit 1.300 antwortenden Unternehmen. Tabelle 3-20: Bedeutung verschiedener Impulsgeber in Zukunft Prozentanteile „sehr erfolgreich“ auf 4er-Skala; hochgerechnet

Impulsgeber

Unternehmen Hessen

Darunter: Große Unternehmen

Typ-DUntnehmen

Unternehmen Deutschland

Extern Kunde

49,8

48,8

57,6

46,4

Lieferant

28,4

19,9

24,9

30,2

Wissenschaft

18,5

10,8

23,1

13,6

Unternehmen

14,1

14,0

19,7

11,9

Geschäftsführung

36,0

22,4

40,4

30,1

Service

28,8

26,8

31,6

23,4

Vertrieb

28,2

21,7

32,4

24,5

Produktion

23,5

22,6

24,4

21,0

FuE

16,4

15,0

26,3

15,5

Intern

Quelle: IW-Zukunftspanel 99 |


Motor für Innovation

Mit Blick auf Untergruppen und Unternehmenstypen fällt auf, dass die Erfolgsquoten der Typ-D-Unternehmen durchweg höher sind als im Durchschnitt. Besonders auff ällig sind die Unterschiede bei Projekten mit Kunden, der Wissenschaft und der eigenen FuE-Abteilung. Ein differenziertes Bild zeigt sich bei größeren Unternehmen. Die Erfolgsquoten bei Projekten mit Lieferanten, der Wissenschaft, der Geschäftsführung sowie der eigenen Vertriebsabteilung sind niedriger als im Durchschnitt und damit im Vergleich zu den kleineren Unternehmen. Über alle externen und internen Impulsgeber betrachtet haben kleinere Unternehmen eine höhere Erfolgsquote als größere.

Warum Kooperationen bei Innovationen? Zu den Beweggründen für Kooperationen fanden sich im IW-Zukunftspanel drei Fragen, die sich auf die Risikoaufteilung, die Aufteilung des Investitionsvolumens und den Transfer von Knowhow bezogen. Die Auswertung in Tabelle 3-21 zeigt, dass für alle Unternehmen vor allem der Know-how-Transfer bei Kooperationen im Vordergrund steht. Diese Wichtigkeit nimmt in Skillintensiven Unternehmen noch zu. Die Aufteilung des Risikos und der Investitionslast stehen für deutlich weniger als die Hälfte der Unternehmen im Vordergrund. Die Aufteilung des Risikos ist jedoch für große Unternehmen und Unternehmen mit dem Schwerpunkt Bau/Handwerk von gesteigertem Interesse.

Fazit Die Ergebnisse zu der Bedeutung der Impulsgeber für Innovationen sind sicher vielschichtig. Aber drei Aussagen lassen sich als Fazit generieren: Die Kunden haben als Impulsgeber eine überragende Bedeutung. Das gilt sowohl für die heutige und zukünftige Bedeutung als auch mit Blick auf die Erfolgsquoten. Nachrangige Bedeutung und vor allem geringere Erfolgsquoten haben die Wissenschaft und die eigenen FuE-Abteilungen. Bei größeren Unternehmen und bei Typ-D-Unternehmen, die durch die Merkmale Forschungs-, Innovations- und Auslandstätigkeit gekennzeichnet sind, ist die Bedeutung der Wissenschaft und der eigenen FuE-Abteilungen höher.

100 |


Gemeinsam Mehr.Wert | Innovationen im industriellen Mittelstand

Tabelle 3-21: Beweggründe für Kooperationen in Hessen Zustimmende Unternehmen in Prozent

Risikoaufteilung

Investitionsaufteilung

Know-howTransfer

36,0

30,5

69,8

Klein

35,8

30,2

69,6

Groß

41,7

38,2

75,3

Industrie

36,3

25,6

67,7

Logistik

37,1

36,6

73,7

Dienstleistung

34,7

28,0

66,1

Ja

32,7

33,5

70,1

Nein

39,1

27,5

69,8

Ja

30,6

31,3

69,8

Nein

39,1

30,0

72,7

Industrieprodukt

14,5

23,9

58,7

Dienstleistung

36,1

29,5

70,7

Bau/Handwerk

46,8

41,2

77,5

Hoch

35,6

32,6

77,1

Mittel

30,7

34,0

66,0

Niedrig

51,9

19,1

61,6

Gesamt Größenklasse

Branchen

FoE-Tätigkeit

Internationalisiert

Schwerpunkt

Skill-Intensität

Quelle: IW-Zukunftspanel

Die Abbildung 3-8 fasst die wesentlichen Ergebnisse im Überblick für den Durchschnitt der hessischen Unternehmen zusammen. Durch die Farbgebung (grün = hoch; orange = mittel; rot = niedrig) werden die heutige und zukünftige Bedeutung sowie die Erfolgsquoten der einzelnen Impulsgeber bewertet.

101 |


Motor für Innovation

Abbildung 3-8: Zusammenfassende Bewertung Innnovationsimpulse Bewertungen hoch – mittel - niedrig

Impulsgeber

Bedeutung heute

Bedeutung Zukunft

Erfolg

Kunden Lieferanten Andere Unternehmen Wissenschaft Vertrieb Produktion FuE Geschäftsführung Servicebereich

rot = hoch; schwarz = mittel ; grau = niedrig

Quelle: IW-Zukunftspanel

3.4.4 Zukunftspläne Rund 40 Prozent der Unternehmen in Hessen wollen in den nächsten drei Jahren ihre Innovationsaufwendungen erhöhen. Nur 12 Prozent wollen sie reduzieren. Das ergibt einen Positivsaldo von 29 Prozentpunkten (Tabelle 3-22). Bei größeren Unternehmen ist er mit fast 45 Prozentpunkten noch deutlicher ausgeprägt. Da die größeren Unternehmen einen absolut höheren Beitrag zu den gesamten Innovationsaufwendungen leisten, kann eigentlich kein Zweifel an dem Befund bestehen, dass die Innovationsausgaben der hessischen Unternehmen in den nächsten drei Jahren steigen sollten. Auch in der bundesweiten Stichprobe ergeben sich ähnliche Ergebnisse. Die deutschen Unternehmen wollen ihre Innovationsanstrengungen in den nächsten Jahren erhöhen.

102 |


Gemeinsam Mehr.Wert | Innovationen im industriellen Mittelstand

Sehr aufschlussreich ist wiederum ein Blick auf die unterschiedlichen Teilgruppen: •

Unternehmen mit Forschungs-, Entwicklungs- und Innovationstätigkeiten sind optimistischer als die Vergleichsgruppen. Die Positivsalden zwischen den Anteilen der Unternehmen, die steigende oder fallende Innovationsausgaben erwarten, zeigen dies deutlich. Auch bei den Typ-D-Unternehmen zeigen sich diese Ergebnisse. 63 Prozent wollen ihre Ausgaben erhöhen und nur 6 Prozent wollen sie reduzieren.

Erwartungsgemäß fällt auch der Befund mit Blick auf die Unternehmen mit unterschiedlicher Humankapitalintensität aus. Die High-Skill-Unternehmen wollen ausbauen und ihre Ausgaben für Innovationen erhöhen. Bei den Low-SkillUnternehmen überwiegen die Anteile derer, die reduzieren wollen. Es ergibt sich ein Negativsaldo von 7,2 Prozentpunkten. Bundesweit ist dieser Saldo zwar positiv, aber mit 6 Prozentpunkten gering.

Bei dem Blick auf die Tätigkeitsschwerpunkte fällt auf, dass Unternehmen aus dem Bereich Handwerk und Bauwirtschaft deutlich zurückhaltender sind. Nur jedes fünfte Unternehmen rechnet mit steigenden Innovationsausgaben. Etwa genauso viele geben an, dass sie ihre Innovationsanstrengungen verringern wollen. Besonders sollte auf die Rolle der Unternehmen mit dem Schwerpunkt Industrie hingewiesen werden. Für diese Gruppe fällt der Saldo von Unternehmen mit steigenden Ausgaben zu Unternehmen mit sinkenden Ausgaben innerhalb der Vergleichsgruppe am besten aus.

Diese Einschätzung einer eher steigenden Innovationstätigkeit in den nächsten drei Jahren steht auf einer breiten Basis, denn über die Hälfte der Unternehmen, die in den letzten zwei Jahren reduziert haben, wollen ihre Innovationsaufwendungen wieder erhöhen. Das bedeutet, dass gerade die Unternehmen, die aufgrund der Krise ihre Innovationsintensität verringert haben, wieder zulegen wollen.

103 |


Motor für Innovation

Tabelle 3-22: Zukünftige Entwicklung der Innovationsausgaben Entwicklung in den nächsten drei Jahren; hochgerechnet

Hessen Steigt

Fällt

Deutschland Saldo

Prozent Gesamt

Saldo Prozentpunkte

39,7

11,9

27,8

28,9

Klein

39,4

12,1

27,3

28,5

Groß

49,2

4,4

44,8

44,6

Ja

46,2

8,5

37,7

39,9

Nein

19,5

23,4

–3,9

0,1

Ja

53,8

3,3

50,5

44,4

Nein

24,2

21,5

2,7

15,6

Ja

63,2

5,7

57,5

54,9

Nein

33,3

13,9

19,6

22,7

Hoch

47,4

5,8

41,6

38,3

Mittel

37,7

8,5

29,2

33,4

Niedrig

23,9

31,0

–7,1

6,6

Industrie

45,6

8,4

37,2

36,2

Dienstleistung

44,8

11,1

33,7

34,3

Handwerk

20,4

21,6

–1,2

14,6

Größenklasse

Innovatoren

FoE-Tätigkeit

Typ-D

Humankapitalintensität

Schwerpunkt

Quelle: IW-Zukunftspanel

104 |


Gemeinsam Mehr.Wert | Innovationen im industriellen Mittelstand

3.5 Innovationshemmnisse Die bisherige Analyse zeigt deutlich, dass Innovationen ein wichtiger Erfolgsfaktor sind. Sollen die Innovationstätigkeit und die Intensitäten in Hessen erhöht werden, ist zunächst einmal eine Bestandsaufnahme der wichtigsten Hemmnisse notwendig. In dieser Studie werden auf der Suche nach Antworten zwei Wege beschritten. Die Unternehmen werden zunächst nach Gründen gefragt, warum sie Innovationsvorhaben abgebrochen haben. Anschließend werden die wichtigsten Hemmnisse bei der Umsetzung von Innovationsprojekten dargelegt. Gründe für nicht realisierte Innovationen Knapp zwei Fünftel der Unternehmen in Hessen haben in den letzten fünf Jahren Innovationen vorzeitig abgebrochen. Die Quote ist etwas niedriger als in bundesdeutschen Durchschnitt, der bei gut 41 Prozent liegt. Die Abbruchquote ist bei kleinen Unternehmen etwas höher als bei größeren. Deutlich öfter als im Durchschnitt brechen FoE-treibende, erfolgreiche Unternehmen und Typ-D-Unternehmen Innovationsvorhaben vorzeitig ab. Aus Abschnitt 3.3.3 ist bekannt, dass auch Unternehmen mit einem geregelten Innovationsmanagement höhere Abbruchquoten haben. Das sind Belege dafür, dass ein überdurchschnittlicher Abbruch von Innovationsvorhaben kein Indiz für Misserfolg ist, sondern im Gegenteil sogar ein Erfolgsfaktor zu sein scheint. Erfolgsreiche Unternehmen wägen anscheinend sorgsam ab, ob sie ein Vorhaben weiterführen oder nicht.40 Der wichtigste Grund, warum Unternehmen in den letzten fünf Jahren Innovationsvorhaben vorzeitig abgebrochen haben, ist die mangelnde Finanzierung. Das geben über 55 Prozent der hessischen Unternehmen an (Tabelle 3-23).41 Danach folgen die Gründe fehlende Partner (43 Prozent), fehlende Mitarbeiter (36 Prozent) und fehlende Fördermöglichkeit (20 Prozent). Die Ablehnung eines Förderantrages spielt nur eine sehr untergeordnete Rolle als Begründung für abgebrochene Innovationsvorhaben. Bei dem Blick auf die Unternehmensgrößen fällt auf, dass die kleineren Unternehmen mehr mit Finanzierungsproblemen und fehlender Förderung zu tun haben. Sie geben diese Gründe deutlich öfter an als größere Unternehmen. Die kleineren Unternehmen bis 10 Millionen Euro Umsatz haben in Hessen auch eine etwas höhere Abbruchquote (40 Prozent) als Unternehmen mit mehr als 10 Millionen Euro Umsatz (36 Prozent). Die Unternehmen mit FoE-Tätigkeit nennen den Grund „fehlende Fördermöglichkeit“ überdurchschnittlich oft. Unternehmen des Typ-D (forschend, innovativ und international) brechen Innovationsvorhaben nicht nur überdurchschnittlich oft vorzeitig ab, sie geben 40 Hinter diesem Befund steckt auch ein einfacher Mengeneffekt. Die Unternehmen wurden gefragt, ob sie in den letzten fünf Jahren bereits vor der Realisierung Innovationsvorhaben eingestellt haben. Da erfolgreiche Unternehmen mehr Innovationsprojekte haben, es ist es klar, dass dort auch die Wahrscheinlichkeit des Abbruchs zumindest eines Vorhabens höher ist als bei Unternehmen, die wenige Innovationsprojekte durchführen. 41 In einer Studie der Commerzbank (2007) zeigt sich dies im hohen Anteil (79 Prozent) der Unternehmen, die die Finanzierungsmöglichkeiten von Innovationen in Deutschland als klaren Standortnachteil sehen.

105 |


Motor für Innovation

auch öfter als die Vergleichsgruppe als Gründe „mangelnde Finanzierung“, „fehlende Fördermöglichkeit“ und „fehlende Mitarbeiter“ an. Bei einem Blick auf die Differenzierung der Unternehmen nach ihrer Humankapitalintensität fällt auf, dass die High-Skill-Gruppe überdurchschnittlich den Grund „fehlende Mitarbeiter“ angibt. Im Gegensatz zu dieser Gruppe beklagen Low-Skill-Unternehmen vor allem „mangelnde Finanzierung“, „fehlende Förderung“ und „fehlende Partner“. Tabelle 3-23: Gründe für nicht realisierte Innovationen Angaben für Hessen in Prozent, hochgerechnet

Mangelnde Finanzierung Gesamt

Ablehnung der Förderung

Fehlende Fördermöglichkeit

Fehlende Partner

Fehlende Mitarbeiter

55,6

2,3

20,1

43,3

36,0

Klein

56,7

2,3

20,4

43,2

36,1

Groß

22,3

1,6

13,3

55,6

29,9

Ja

52,3

2,1

23,5

42,8

35,5

Nein

59,7

2,6

15,2

44,7

35,3

Ja

60,6

1,5

36,4

40,2

41,8

Nein

51,8

2,4

13,6

44,7

33,4

Hoch

57,8

3,6

16,9

38,6

43,8

Mittel

49,4

0,8

22,2

41,2

36,5

Niedrig

68,1

4,4

27,9

46,1

29,0

Größe

FoE-Tätigkeit

Typ-D

Humankapital

Quelle: IW-Zukunftspanel Die Ergebnisse für die bundesdeutsche Stichprobe fallen ähnlich aus. Es gibt allerdings zwei Ausnahmen. Mit mehr als 12 Prozent geben deutlich mehr Unternehmen als in Hessen abgelehnte Förderungen als Grund für den vorzeitigen Abbruch von Innovationen an. Auch sind im bundesdeutschen Datensatz alle Gründe bei kleineren Unternehmen deutlicher ausgeprägt als bei den größeren. Das gilt auch für das Argument „fehlende Partner“, das in Hessen

106 |


Gemeinsam Mehr.Wert | Innovationen im industriellen Mittelstand

überraschend mehr von großen als von kleineren Unternehmen angeführt wird. Die Ergebnisse für Deutschland sind statistisch insgesamt valider, weil rund 1.250 auswertbare Antworten vorliegen und es für Hessen nur rund 180 sind. Insgesamt sind drei Befunde wichtig: •

Finanzierungsengpässe sind der wichtigste Grund für einen vorzeitigen Abbruch von Innovationen und bleiben Dauerthema der Innovationspolitik.

Die hohe Bedeutung des Grundes fehlende Partner zeigt an, dass es noch Potenziale für den Ausbau von Netzwerken gibt. Das Argument ist umso wichtiger, weil der positive Effekt von Nerzwerken auf den Erfolg von Unternehmen nachgewiesen werden kann.

Schließlich gibt immerhin ein Fünftel der Unternehmen an, dass fehlende Förderungen dafür zumindest mitverantwortlich waren, dass Projekte vorzeitig abgebrochen wurden. Das wiederum ist ein Hinweis darauf, dass in der Förderpolitik auch noch Möglichkeiten zur Verbesserung bestehen.

Umsetzungshemmnisse für Innovationen Mehr als drei Fünftel der Innovationen der letzten fünf Jahre bezeichnen die hessischen Unternehmen als nicht erfolgreich. Bei dieser hohen Misserfolgsquote ist es notwendig, nach den Ursachen zu fragen. In der Befragung zu dieser Studie haben die Unternehmen die wichtigsten Hemmnisse auf einer 4er-Skala von „ja“, „eher ja“, „eher nein“ bis „nein“ bewertet. Die Tabelle 3-24 zeigt die Ergebnisse. Abgetragen sind die Ja-Quoten: •

Die wichtigsten Hemmnisse bei der Umsetzung von Innovationsprojekten sind fehlendes Kapital, komplizierte Beantragungen von Innovationsförderungen und bürokratische Hemmnisse sowie ein zu hohes Kostenrisiko. Jeweils mindestens 20 Prozent der Unternehmen haben diese Hemmnisse als wesentlich eingestuft, d. h. auf der 4er-Skala mit der höchsten Relevanzstufe bewertet.

Dahinter folgen mit Ja-Quoten zwischen 10 und 20 Prozent Umsetzbarkeitsprobleme technologischer Art oder aufgrund von zu hohen Kosten, fehlendem Fachpersonalpersonal, zu hohem Imitationsrisiko, fehlendem Kontakt zu Forschungseinrichtungen und fehlenden Kooperationspartnern.

Als weniger relevant werden mit Zustimmungsquoten unter 10 Prozent die Gründe mangelndes Projektmanagement, mangelnde Kommunikationsinfrastruktur und fehlendes Know-how eingestuft.

107 |


Motor für Innovation

Die Ergebnisse sind für Hessen und Deutschland zumindest bezüglich der Rangfolge der einzelnen Hemmnisse sehr ähnlich. Meistens sind die Relevanzquoten (d.h. die Einschätzung als Hemmnis durch die befragten Unternehmen) in Hessen etwas deutlicher ausgeprägt. Vor allem zeigt sich dies bei dem fehlenden Fachpersonal und dem hohen Imitationsrisiko. Auf der anderen Seite geben die hessischen Unternehmen etwas seltener fehlendes Kapital (28 Prozent in Hessen gegenüber 32 Prozent in Deutschland) als Innovationshemmnis an. Dieses Problem liegt auch in Hessen auf Platz eins.

Tabelle 3-24: Innovationshemmnisse Anteile „ja“ auf 4er-Skala von „ja“ bis „nein“ in Prozent; hochgerechnet

Hessen

Deutschland

Gesamt

Klein

Groß

Gesamt

Fehlendes Kapital

27,6

28,2

7,1

31,9

Komplizierte Beantragung von Innovationsförderungen

27,0

27,3

15,8

25,7

Bürokratische Hemmnisse

24,2

24,6

11,2

22,9

Zu hohes Kostenrisiko

22,0

22,4

11,9

22,8

Technologisch nicht oder nur mit zu großen Kosten umsetzbar

19,1

19,2

14,0

18,6

Fehlendes Fachpersonal

17,1

17,1

15,1

12,1

Zu hohes Imitationsrisiko

13,6

13,9

3,3

8,9

Fehlender Kontakt zu Forschungseinrichtungen

13,5

13,7

11,7

11,0

Fehlende Kooperationspartner

12,8

13,0

6,1

12,3

Mangelndes Projektmanagement

9,2

9,3

5,8

6,0

Mangelhafte Kommunikationsinfrastruktur

5,3

5,2

7,3

5,4

Fehlendes Know-how

5,0

5,0

3,4

4,1

Größe: klein – bis 10 Mio. Euro Umsatz; groß – über 10 Mio. Euro Umsatz

Quelle: IW-Zukunftspanel

Aufschlussreicher als die Gesamtdaten sind die Bewertungen der einzelnen Unternehmenstypen und Untergruppen:

108 |


Gemeinsam Mehr.Wert | Innovationen im industriellen Mittelstand

Klar ausgeprägt ist ein Größenunterschied. Bei den kleineren Unternehmen sind die Hemmnisse durchweg stärker ausgeprägt als bei den größeren. Die Ja-Quoten bei den einzelnen Gründen (Ausnahme Kommunikationsinfrastruktur) sind höher. Besonders deutlich sind die Unterschiede bei den Punkten fehlendes Kapital, Bürokratie, Imitations- und Kostenrisiko sowie bei den Beantragungsverfahren zur Innovationsförderung.

Auch für die Unternehmen mit FuE-Aktivitäten haben die untersuchten Hemmnisse tendenziell eine höhere Relevanz als bei den entsprechenden Gegengruppen. Sie geben überdurchschnittlich oft an, dass die Umsetzbarkeit (technologisch oder wegen zu hoher Kosten) und fehlendes Kapital bedeutende Innovationshemmnisse seien. Unterdurchschnittlich ausgeprägt sind allerdings die Gründe „zu hohes Kostenrisiko“, „zu hohes Imitationsrisiko“ oder „fehlende Kooperationspartner“.

Die Unternehmen des Typ-D (forschend, innovativ und international) antworten ähnlich wie die FuE-treibenden Unternehmen. Auch hier stehen auf der Liste der Hemmnisse die Umsetzbarkeit aus technologischen oder Kostengründen, fehlendes Kapital sowie die Bürokratie einschließlich der Antragsverfahren zur Innovationsförderung weit vorne.

Betrachtet man die Unternehmen nach ihren Produktschwerpunkten, fällt auf, dass bei unternehmensnahen Dienstleistungen die Umsetzung von Innovationsprojekten deutlich weniger durch Hemmnisse erschwert wird als bei Unternehmen, die sich auf Industrieprodukte oder Handwerksleistungen konzentriert haben. In der Industrie werden vor allem die Umsetzungsprobleme (Technologie oder Kosten), die Bürokratie und die Antragsverfahren überdurchschnittlich oft genannt. Im Handwerk sind es neben der Bürokratie vor allem die Kosten- und Imitationsrisiken. Insbesondere bei der bundesweiten Betrachtung fällt auf, dass die Unternehmen aus dem Bereich Handwerk und Bauwirtschaft alle untersuchten Hemmnissen überdurchschnittlich als belastend (Ja-Quote) bezeichnen.

Die erfolgreichen Unternehmen (gemessen an dem vorne eingeführten Erfolgsindex) sehen bei der Umsetzung von Innovationsvorhaben deutlich seltener Hemmnisse als weniger erfolgreiche Unternehmen. Besonders ausgeprägt ist dies wiederum in der bundesweiten Betrachtung. Die Interpretation dieses Befundes ist schwierig. Offensichtlich schaffen es die erfolgreichen Unternehmen besser, mit diesen Hemmnissen umzugehen, und diese Fähigkeit gehört zu ihren Erfolgsfaktoren. Es ist aber auch möglich, dass in der Gruppe der weniger erfolgreichen Unternehmen viele Problemgruppen stecken, die aufgrund ihrer Struktur stärker von den Hemmnissen betroffen sind. Dazu gehören kleinere Unternehmen und das Handwerk. Nicht auszuschließen ist auch eine dritte Interpretation: Vielleicht neigen weniger erfolgreiche Unternehmen auch dazu, die Gründe dafür in externen Ursachen zu suchen.

109 |


Motor für Innovation

Ähnliche Unterschiede im Antwortverhalten wie zwischen erfolgreichen und weniger erfolgreichen Unternehmen (siehe Erfolgsindex) zeigen sich auch, wenn man die Unternehmen nach dem Anteil ihrer erfolgreichen Innovationsprojekte in den letzten Jahren differenziert. Unternehmen mit einem hohen Anteil erfolgreicher Innovationen (größer 60 Prozent bei einem Durchschnitt von knapp 40 Prozent) geben seltener an, dass sie von den angeführten Hemmnissen betroffen sind als Unternehmen mit einer niedrigen Erfolgsquote (kleiner 20 Prozent). Besonders ausgeprägt sind diese Unterschiede bei den Gründen „fehlendes Fachpersonal“, „zu hohes Kostenrisiko“ und „fehlendes Kapital“.

Als Fazit bleiben vier Befunde festzuhalten: •

Die wesentlichen Hemmnisse sind eigentlich die „Klassiker“, die auch in anderen Studien immer wieder genannt werden: fehlendes Kapital, Finanzierungsproblem, Bürokratie und komplizierte Beantragungsverfahren bei der Innovationsförderung. Erstaunlich viele Unternehmen – jedes fünfte – geben als Abbruchgrund für Innovationen fehlende Förderung an.

Fehlendes Know-how geben die Unternehmen nur selten als Innovationshemmnis an. Auch ein fehlendes Innovationsmanagement wird nur von einer kleinen Minderheit der Unternehmen als Innovationshemmnis eingestuft. Dieses Ergebnis ist vor dem Hintergrund interessant, dass gerade bei kleinen Unternehmen systematische Innovationsmanagementsysteme fehlen und diese aber gleichzeitig ein Erfolgsfaktor sind.

Die Hemmnisse sind bei kleineren Unternehmen deutlich stärker ausgeprägt als bei größeren. Kapitalmangel ist bei den größeren Unternehmen im Regelfall nicht das Problem. Dafür stehen Fachkräftemangel, komplizierte Verfahren der Innovationsförderung und die Schwierigkeit bei der Umsetzung von Vorhaben aufgrund von technologischen Problemen oder Kosten vorne.

Weniger erfolgreiche Unternehmen sind von den Hemmnissen bei der Umsetzung von Innovationsvorhaben stärker betroffen als erfolgreiche Unternehmen.

3.6 Innovationsförderung Die Forschungs- und Innovationsförderungsprogramme erreichen längst nicht alle Unternehmen. Nur rund 13 Prozent der hessischen Unternehmen aus dem Bereich Industrie und industrienahe Dienstleistungen haben überhaupt Förderanträge gestellt (Tabelle 3-25). Das ist eine Größenordnung, die auch durch andere bundesweite Studien bestätigt wird (IW Consult, 2006). Dabei gibt es wiederum teilweise sehr deutliche Unterschiede zwischen verschiedenen Untergruppen: 110 |


Gemeinsam Mehr.Wert | Innovationen im industriellen Mittelstand

In der vorliegenden Untersuchungen lassen sich keine Unterschiede zwischen kleineren (bis 10 Millionen Euro Umsatz) und größeren Unternehmen feststellen. Andere Untersuchungen zeigen dies allerdings, wenn man die Unternehmensgrößenklassen stärker differenziert. Nach einer Studie der IW Consult (2006) beantragen rund zwei Fünftel der Unternehmen mit mehr als 250 Millionen Euro Umsatz Förderungen. In der Größenklasse von 50 bis 250 Millionen Euro Umsatz sind es gut ein Viertel der Unternehmen.

Unternehmen mit FoE-Tätigkeit beantragen deutlich häufiger Forschungs- und Innovationsfördermittel. Die Quote liegt bei dieser Gruppe in Hessen bei 21 Prozent. Auch die Typ-D-Unternehmen (forschend, innovativ und internationalisiert) stellen überdurchschnittlich oft (24 Prozent) Förderanträge. Die Gruppe der erfolgreichen Unternehmen liegt mit einer Quote von 15 Prozent ebenfalls über dem Durchschnitt.

Sehr klare Unterschiede gibt es bei einer Betrachtung der Unternehmen nach ihrem Tätigkeitsschwerpunkt. Industrieunternehmen stellen deutlich öfter Förderanträge als Unternehmen, die auf Dienstleistungen konzentriert sind. Kaum Förderanträge werden aus dem Bereich Handwerk einschließlich Bauwirtschaft gestellt. Die Quote liegt mit 1 Prozent sehr weit unter dem Durchschnitt von 13 Prozent.

Ein Blick auf die fördernden Institutionen zeigt eine Dominanz der Bundesprogramme. Etwa die Hälfte der Antragstellungen fällt unter diese Programme. Knapp 30 Prozent der Beantragungen entfallen auf Programme des Landes Hessen. Die restlichen gut 20 Prozent beziehen sich etwa zu gleichen Teilen auf EU- oder andere Förderprogramme. Letztendlich entscheidend sind nicht die Förderanträge, sondern die Zusagen und damit die Anzahl der geförderten Unternehmen. In dieser Befragung geben knapp zwei Drittel der Unternehmen42 an, dass sie zumindest einmal in den letzten drei Jahren gefördert wurden. Daraus ergibt sich eine Förderquote bezogen auf alle Unternehmen von rund 8 Prozent. Das ist eine Größenordnung, die mit den Ergebnissen anderer Studien vergleichbar ist. In dieser Studie konnten keine Unterschiede zwischen großen und kleinen Unternehmen festgestellt werden. Das liegt auch an der kleinen Stichprobe. Diese Differenzierung zeigt sich allerdings in anderen Studien (IW Consult, 2006). Rund ein Drittel der sehr großen Unternehmen (Umsatz größer 250 Millionen Euro) werden gefördert.

42 Die durchschnittliche Erfolgsquote liegt bei den Förderanträgen bei rund einem Drittel. Jeder dritte Antrag auf Forschungs- und Innovationsförderung wird demnach in Hessen positiv beschieden.

111 |


Motor für Innovation

Tabelle 3-25: Antragsteller Innovationsförderung in Hessen Angaben in Prozent; hochgerechnet Gesamt

13

Größe Klein

13

Groß

13

Typen FoE-Tätigkeit

21

Typ-D

24

Erfolgreich

15

Schwerpunkt Industrie

20

Dienstleistung

12

Handwerk

1

Größe: klein – bis 10 Mio. Euro Umsatz; groß – über 10 Mio. Euro Umsatz FoE: Forschung oder Entwicklung

Quelle: IW-Zukunftspanel Die wichtigsten Förderinstrumente in den bestehenden Förderprogrammen sind im Regelfall Zuschüsse, Darlehen, Steuervergünstigungen, Bürgschaften oder Beratungsleistungen. In den einschlägigen Untersuchungen sind Zuschüsse und Steuervergünstigungen die Instrumente, die aus der Sicht der Unternehmen die höchste Präferenz haben. In der vorliegenden Untersuchung wird der Fokus etwas anders gesetzt und gefragt, welche Unterstützungen bei Innovationsprojekten für die Unternehmen wichtig wären. Dabei wird neben den klassischen Instrumenten (Darlehen und Steuervergünstigung) auch nach weicheren Instrumenten gefragt. Dazu zählen Unterstützungen durch externes Fachpersonal oder durch Netzwerkexperten, Förderung der Kooperation und Aufbau von Wissensdatenbanken. Die Unternehmen sollten unter sieben Alternativen43 die drei wichtigsten auswählen und die entsprechenden Ränge von 1 bis 3 vergeben. Die Tabelle 3-26 zeigt die Ergebnisse: •

Klar auf Platz eins liegen die zinsbegünstigten Darlehen. Sie erreichen 47 Prozent der maximal erreichbaren Punkte. 35 Prozent der befragten Unternehmen haben dieses Instrument auf Platz eins gesetzt. Bei je 12 Prozent der Befragten landete es auf den Plätzen zwei oder drei. Bei 41 Prozent der Unternehmen waren zinsbegünstigte Darlehen nicht unter den Top-Drei.

43 Die siebte Kategorie war eine offene; hier konnten die Unternehmen in der Liste noch nicht genannte Instrumente ergänzen.

112 |


Gemeinsam Mehr.Wert | Innovationen im industriellen Mittelstand

Auf dem zweiten Platz landen Steuervergünstigungen (32 Prozent der Punkte). Danach kommen dicht hintereinander Unterstützungen durch externes Fachpersonal (28 Prozent), Förderung der Kooperationen (28 Prozent) und der Aufbau von Wissensdatenbanken (26 Prozent). Weniger gefragt ist externes Fachpersonal für Management von Innovationsnetzwerken.

Sehr deutliche Unterschiede zeigen sich zwischen den Unternehmensgrößenklassen. Größere Unternehmen haben höhere Präferenzen für Unterstützungen durch externes Fachpersonal für Innovationen und Netzwerke sowie für Wissensdatenbanken. Deutlich weniger wichtig als bei kleineren Unternehmen sind die klassischen finanziellen Förderinstrumente der Darlehen oder der steuerlichen FuE-Förderung.

In der Befragung gibt es kaum Unterschiede zwischen den bundesweiten und den hessischen Ergebnissen. Tabelle 3-26: Bewertung der Förderinstrumente Punkte in Prozent der maximalen Punktzahlen, hochgerechnet

Hessen

Deutschland

Gesamt

Klein

Groß

Gesamt

Zinsbegünstigtes Darlehen

47

48

18

47

Steuervergünstigung für FuE

32

33

25

32

Externes Fachpersonal für Innovationen

28

27

50

28

Förderung der Kooperation mit Wissenschaft

28

28

28

28

Wissensdatenbank

26

26

31

26

Externes Fachpersonal für Netzwerkmanagement

17

17

30

17

Größe: klein – bis 10 Mio. Euro Umsatz; groß – über 10 Mio. Euro Umsatz

Quelle: IW-Zukunftspanel Insgesamt ist festzuhalten, dass die Forschungs- und Innovationsförderung nur eine Minderheit der Unternehmen erreicht. Rund 13 Prozent der hessischen Unternehmen haben in den letzten drei Jahren eine Förderung beantragt und nur 8 Prozent sind tatsächlich gefördert wurden. Für die kleineren Unternehmen sind im Vergleich zu den größeren die Förderinstrumente „mit Geld“ (Darlehen und Steuervergünstigungen) wichtiger als die weicheren Instrumente (externes Fachpersonal, Netzwerke, Wissensdatenbanken). 113 |


Motor für Innovation

Dieser Abschnitt zur Forschungs- und Innovationsförderung soll durch einige Befunde aus anderen Studien ergänzt werden, weil einige davon wichtig für die Ableitung von Handlungsempfehlungen sind. Vier Ergebnisse sind hervorzuheben:

114 |

Effizienz und Mitnahmeeffekte: Die Forschungsförderung induziert zusätzliche private Forschungsausgaben und ist deshalb nicht durch Mitnahmeeffekte gekennzeichnet. Die Forschungsintensität der geförderten Unternehmen ist bei Abzug der Fördermittel höher als bei nicht geförderten, aber ansonsten strukturgleichen Unternehmen. Dieser zentrale Befund kann durch sogenannte Zwillingsschätzungen, die in vorherigen IW Consult Studien sowie vom ZEW durchgeführt wurden, belegt werden.

Selektionsproblem: Die Forschungs- und Innovationsförderung ist hochselektiv. Es gibt kaum technologieunabhängige Förderinstrumente. Nur wer in staatlich präferierten Forschungsfeldern aktiv ist, hat wirkliche eine Chance auf Förderung. Dies zeigt ein Ergebnis einer IW Consult-Studie aus dem Jahr 2006. Die Förderwahrscheinlichkeit von Unternehmen, die in den Bereichen Biotechnologie, Nanotechnologie, Medizintechnik, Mikrosystemtechnik, den Optischen Technologien oder den regenerativen Technologien aktiv sind, ist dreimal höher als für Unternehmen ohne diese Tätigkeitsschwerpunkte.

Informationsproblem: Die Förderprogramme sind sehr unübersichtlich und durch bürokratische Antrags- und Verfahrensregeln gekennzeichnet. Dieser Befund ist nicht nur ein wichtiges Ergebnis dieser Studie, sondern findet sich auch in anderen Untersuchungen. Zwei Drittel der Unternehmen geben als Hauptgrund für einen Verzicht auf eine Antragsstellung auf Förderung einen zu hohen bürokratischen Aufwand an. Mehr als ein Drittel der Unternehmen verzichtet auf eine Antragstellung, weil sie glauben, dass es für sie keine relevanten Fördermöglichkeiten gibt (IW Consult, 2006). Das sind Belege dafür, dass es massive Informations- und Verfahrensprobleme gibt.

Kooperationsproblem: Netzwerke werden gerade bei FuE- oder Innovationsaktivitäten immer wichtiger. Auch diesen Befund bestätigt die vorliegende Untersuchung. Es gibt eine Reihe bewährter Förderprogramme wie z. B. die industrielle Gemeinschaftsforschung oder Verbundforschungsprojekte, die direkt an diesem Punkt ansetzen und die Kooperation zwischen Unternehmen, Instituten und Hochschulen fördern. Es gibt aber immer noch zu wenig netzwerkorientierte Förderung; dieser Bereich der Forschungs- und Innovationsförderung sollte ausgebaut werden.


Gemeinsam Mehr.Wert | Innovationen im industriellen Mittelstand

3.7 Empirische Befunde im Überblick Bereits im ersten Kapitel ist die Bedeutung von Wissen für die hessische Wirtschaft hervorgehoben worden. Die wissensintensiven Branchen hatten in der Vergangenheit eine bessere Beschäftigungsentwicklung als die Gesamtwirtschaft. Die Bedeutung von Wissen wird in Zukunft noch steigen. Hessen ist gemessen an den einschlägigen Kennziffern im Bundesvergleich gut aufgestellt. Als Besonderheit kommt hinzu, dass in Hessen der Dienstleistungsbereich eine überdurchschnittlich hohe Bedeutung hat. Die Zukunftsfähigkeit des Standortes wird insbesondere durch die unternehmensnahen Dienstleistungen bestimmt, die zusammen mit dem Verarbeitenden Gewerbe den Kern des Industrie-Dienstleistungsverbundes ausmachen. Das ist der Teil der Wirtschaft, der direkt im internationalen Standortwettbewerb steht. Auch die vorliegende Befragung stützt in zwei Punkten die hohe Bedeutung der Dienstleistungen für Hessen: •

Dienstleistungen sind im Vergleich zu Industrieprodukten profitabler. Knapp die Hälfte der befragten Unternehmen gibt an, dass die Dienstleistungen profitabler sind als Industrieprodukte; nur knapp 30 Prozent geben die gegenteilige Relation an.

Dienstleistungsinnovationen sind im Durchschnitt wichtiger als Produktinnovationen. Rund zwei Drittel der Unternehmen bewerten die Bedeutung der Innovationen im Dienstleistungsbereich für die Wettbewerbsfähigkeit hoch; bei denen Produktinnovationen sind es rund 50 Prozent. Natürlich hängen diese Einschätzungen auch von der dienstleistungsintensiven Wirtschaftsstruktur in Hessen ab.

Zusammengefasst bedeutet das, dass in einer Innovationsstrategie für Hessen die Dienstleistungen eine herausgehobene Rolle spielen müssen. Unabhängig von dieser Frage können Befunde aus fünf wesentlichen Bereichen als Ergebnis der empirischen Untersuchung hervorgehoben werden: Wirkungskette Erfolg Ein wesentliches Ergebnis der Studie ist die Ableitung und Begründung einer „Wirkungskette Erfolg“. Der Erfolg eines Unternehmens hängt wesentlich von der Innovationstätigkeit und der Innovationsintensität ab. Dieses Innovationsverhalten wiederum ist das Ergebnis von wissensintensiven Tätigkeiten. Unternehmen, die forschen, entwickeln, konstruieren oder eine hohe Humankapitalintensität haben, sind überdurchschnittlich innovationsstark und letztendlich erfolgreicher als die anderen. Dazu kommen noch andere Erfolgsmerkmale, wie die Auslandstätigkeit oder die Konzentration auf hybride Geschäftsmodelle (Kombination von Industrie- und Dienstleistungsprodukten im Portfolio der Unternehmen). Als weiterer wesentlicher Faktor hat sich in der Befragung ein systematisches Innovationsmanagementsystem 115 |


Motor für Innovation

herausgestellt. Unternehmen mit einem geregelten Ideen- und Innovationsmanagement sind erfolgreicher als andere. Der entscheidende Befund dieser Analyse besteht darin, dass diese Erfolgsfaktoren in den kleineren Unternehmen deutlich seltener vorliegen als in den größeren. Es gibt ein KMU-Problem: •

Nur 18 Prozent der Unternehmen mit weniger als 10 Millionen Euro Umsatz forschen; bei den größeren sind es 28 Prozent. Rund 37 Prozent der kleineren Unternehmen haben Entwicklungstätigkeiten; bei den großen ist es mehr als die Hälfte.

62 Prozent der kleinen Unternehmen sind Innovatoren; bei den großen Unternehmen liegt die Quote bei 77 Prozent.

18 Prozent der kleineren Unternehmen haben ein geregeltes Ideen- und Innovationsmanagement; bei den großen sind es 44 Prozent.

Daraus folgt eine wichtige strategische Implikation für die Innovationspolitik. Soll die Innovationsintensität der hessischen Wirtschaft erhöht werden, muss der Anteil der Unternehmen mit wissensintensiven Tätigkeiten steigen. Die Basis muss verbreitert werden, was gelingen kann, wenn in Zukunft mehr kleinere Unternehmen forschen, entwickeln oder innovativ sind. An den bereits forschenden kleineren Unternehmen anzusetzen, scheint nicht der vordringliche Ansatz zu sein, denn die FuE-Intensität der kleineren Unternehmen ist höher als die der größeren. Erfolgsmerkmal Netzwerke Die Beteiligung an Netzwerken, d. h. die Zusammenarbeit mit anderen Unternehmen und der Wissenschaft bei der Entwicklung und Verbesserung neuer Produkte oder Dienstleistungen, hat sich als Erfolgsfaktor erwiesen. In Hessen ist der Anteil dieser Netzwerkunternehmen noch unterdurchschnittlich; sie sind aber überdurchschnittlich erfolgreich. Das ist ein Beleg dafür, Innovationsnetzwerke systematisch zu einem strategischen Instrument der Innovationsförderung auszubauen. Innovationsimpulse Zwei zentrale Ergebnisse lassen sich aus der Analyse der Bedeutung der Impulsgeber für Innovationen ableiten: •

116 |

Die Innovationsimpulse kommen hauptsächlich vom Markt. Die Kunden und die eigenen Vertriebsabteilungen sind die wichtigsten Impulsgeber. Innovationen, die durch diese Quellen angestoßen werden, sind auch überdurchschnittlich erfolgreich.


Gemeinsam Mehr.Wert | Innovationen im industriellen Mittelstand

Nachrangige Bedeutung und vor allem geringere Erfolgsquoten haben die Wissenschaft und die eigenen FuE-Abteilungen. Das gilt auch für die Bewertung der zukünftigen Bedeutung.

Für die Innovationspolitik folgt daraus eine Doppelaufgabe. Der Innovationsbegriff darf nicht zu eng auf Technologien begrenzt, sondern sollte eher breit definiert werden. Neue Geschäftsmodelle oder kleinere Verbesserungen von Produkten und Prozessen gehören dazu. Auf der anderen Seite muss ein Ziel der Innovationspolitik darin bestehen, die Erfolgsquoten von Innovationen mit „wissenschaftlichen Hintergrund“ zu verbessern. Innovationshemmnisse Die wesentlichen Hemmnisse sind eigentlich die „Klassiker“, die auch in anderen Studien immer wieder genannt werden: fehlendes Kapital, Finanzierungsprobleme, Bürokratie und komplizierte Beantragungsverfahren bei der Innovationsförderung. Erstaunlich viele Unternehmen – jedes fünfte – geben als Abbruchgrund für Innovationen fehlende Förderung an. Die Hemmnisse sind bei kleineren Unternehmen deutlich stärker ausgeprägt als bei größeren. Kapitalmangel ist bei den größeren Unternehmen im Regelfall nicht das Problem. Dafür stehen Fachkräftemangel, komplizierte Verfahren der Innovationsförderung und die Schwierigkeit bei der Umsetzung von Vorhaben aufgrund von technologischen Problemen oder Kosten vorne. Für die Innovationspolitik folgt daraus, dass es neben den klassischen Themen wie Innovationsfinanzierung und Bürokratie vor allem um die Verbesserung der Rahmenbedingungen im bildungspolitischen Bereich mit dem Ziel einer besseren Versorgung gerade für kleinere Unternehmen geht. Förderung Die Forschungs- und Innovationsförderung ist hoch selektiv und erreicht nur eine Minderheit der Unternehmen. Nur 13 Prozent der Unternehmen haben in den letzten Jahren Förderanträge gestellt und 8 Prozent sind zumindest einmal gefördert worden. Die Förderprogramme sind zu wenig transparent und bürokratisch organisiert. Für die kleinen Unternehmen bleiben die Instrumente, bei denen unmittelbar Geld fließt (Darlehen, FuE-Steuervergünstigungen), wichtiger als weichere Instrumente, die externe Experten für Innovationen, Netzwerkmanagement oder Wissensdatenbanken unterstützen. Für größere Unternehmen stellt sich dies genau andersherum dar. Die Innovationspolitik hat abgeleitet aus diesen Befunden zwei zentrale Aufgaben: Zum einem sollte der hohe Selektivitätsgrad der Förderung reduziert werden. Das geht z. B. durch eine Stärkung von technologieunabhängigen Förderansätzen. Zum anderen müssen die Informationen zu den Förderprogrammen verbessert und die Antragsverfahren einfacher gestaltet werden. 117 |


Motor für Innovation

4

INNOVATIONSPOLITIK IN HESSEN Für eine bedarfs- und kontextgerechte Formulierung von Handlungsempfehlungen ist es zunächst notwendig, sich einen Überblick über die bestehende Innovationspolitik Hessens zu verschaffen. Hierzu sollen im Folgenden die Strategie sowie die verschiedenen Instrumente der hessischen Innovationspolitik näher dargestellt werden. Basierend auf diesem Überblick werden im Anschluss konkrete Handlungsempfehlungen gegeben, die bestehende Hemmnisse in der Innovationspolitik angehen und Innovationspotenzial in Hessen freisetzen können. Die Darstellung der Instrumente gliedert sich nach deren grundsätzlichem Charakter in: Monetäre Förderungen • •

Darlehen und Bürgschaften direkte finanzielle Förderungen

Nicht monetäre Förderungen • • •

Aktionslinien TechnologietransferNetzwerk (TTN) Branchen-, Netzwerk- und Clusteraktivitäten

Bevor diese jedoch im Detail besprochen werden, sollen zunächst die grundlegende Strategie und der Umfang der hessischen Innovationspolitik beschrieben werden.

4.1 Strategie und Umfang der Innovationspolitik in Hessen Die Zielsetzung der Technologie- und Innovationspolitik des Landes lautet, „den Strukturwandel in der Wirtschaft durch Modernisierung zu meistern. Die zentralen wirtschaftspolitischen Aufgaben sind dabei die Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit durch Innovationen, die Schaffung und Erhaltung zukunftssicherer Arbeitsplätze sowie der Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen.“ (Hessisches Ministerium für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung, 2009: 874) Grundsätzlich besteht auf keine der im Folgenden detaillierter dargestellten Maßnahmen ein Rechtsanspruch. Sie werden nach pflichtgemäßem Ermessen im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel vergeben. Da die genauen finanziellen Aufwendungen für Innovationsförderung innerhalb des Landeshaushalts nur schwer abgrenzbar sind und oftmals durch Bundes- oder EU-Mittel mitfinanziert werden, fällt es schwer, eine aussagekräftige Größe für das gesamte Förderungsvolumen Hessens zu finden. Nur in Bezug auf die Vergabe von KfW-Krediten an KMU lassen sich verlässliche Zahlen angeben. Hier liegt die Förderung, die in Hessen vergeben wird 118 |


Gemeinsam Mehr.Wert | Innovationen im industriellen Mittelstand

(28,7 Euro pro Einwohner im Zeitraum 2002 bis 2007), deutlich hinter den Benchmarks BadenWürttemberg (im gleichen Zeitraum 135,2 Euro) und Bayern (im gleichen Zeitraum 36,0 Euro). Der tatsächliche Umfang an verschiedenen Förderungsmaßnahmen ist jedoch groß und soll im Folgenden näher dargestellt werden.

4.2 Monetäre Förderung 4.2.1 Darlehen und Bürgschaften Auf Landesebene findet zwar konkret keine speziell geförderte Darlehensvergabe für FuEAufwendungen von Unternehmen statt, jedoch können auch hessische Unternehmen die von der KfW innerhalb des ERP-Innovationsförderprogramms zur Verfügung gestellten Darlehen nutzen. Voraussetzung ist ein mindestens zweijähriges Bestehen des Unternehmens. Das zu fördernde Unternehmen darf sich nicht in der Sanierung oder in Schwierigkeiten befinden. Es gelten hierfür die Leitlinien der „Gemeinschaft für staatliche Beihilfen zur Rettung und Umstrukturierung von Unternehmen in Schwierigkeiten“. Die Darlehen dienen der langfristigen Finanzierung von marktnahen FuE-Projekten sowie der Entwicklung neuer Produkte, Verfahren oder Dienstleistungen und deren Markteinführung. Das Darlehen besteht aus zwei Tranchen: der Fremdkapitaltranche, die banküblich zu besichern ist, und der Nachrangtranche mit einem Anteil von i. d. R. 60 Prozent. Für Letztere sind keine Sicherheiten zu stellen und die Hausbank haftet dafür nicht. Durch Bürgschaften erleichtert die Bürgschaftsbank Hessen Neugründungen sowie bestehenden Unternehmen (beschränkt auf die Zeit vom 10.08.2009 bis 31.12.2010) den Zugang zu Finanzierung. Dies wird durch die sogenannte Bürgschaft ohne Bank (BoB) erreicht. Hierbei wird das Hausbankprinzip umgekehrt. Den Antrag stellt der Gründer, der Unternehmer, das Unternehmen oder auch der Freiberufler direkt bei der Bürgschaftsbank Hessen. Nach der Prüfung des Antrags insbesondere im Hinblick auf das eingebrachte fachliche und unternehmerische Know-how wird ein Zertifikat ausgestellt, das die Suche nach einer finanzierenden Bank erleichtert. So kann bei Gründern ein Betrag von 50.000 bis 300.000 Euro oder bei bestehenden Unternehmen und Unternehmensübernahmen ein Betrag bis 500.000 Euro abgesichert werden.

119 |


Motor für Innovation

Tabelle 4-1: Übersicht Darlehen und Bürgschaften Darlehen Leistungen ERP-Innovationsförderprogramm

Bedingungen

60 % des Darlehens für langfristige FuE-Projekte können ohne Sicherheit gewährt werden.

• •

mindestens 2 Jahre bestehendes Unternehmen nicht möglich innerhalb einer Sanierung oder in schwieriger Lage

Bürgschaften Leistungen Bürgschaftsbank Hessen Bürgschaft ohne Bank (BoB)

1 2

• •

Bürgschaften für Neugründungen1 Absicherungsrahmen: 50.000 bis 300.000 Euro2

Bedingungen

fachliche und unternehmerische Kompetenz des Gründers

Im Zeitraum vom 10.08.2009 bis 31.12.2010 können auch schon bestehende Unternehmen gefördert werden. Für schon bestehende Unternehmen können bis zu 500.000 Euro abgesichert werden.

Quelle: eigene Darstellung (IW Consult) basierend auf den veröffentlichten Informationen zur Innovationsförderung in Hessen

4.2.2 Finanzielle Innovationsförderung Neben diesen grundsätzlich kreditfinanzierten Leistungen sieht die Innovationspolitik des Landes Hessen ebenfalls zahlreiche direkte finanzielle Förderungsmodelle vor. Insgesamt stehen fünf solcher Maßnahmen zur Verfügung:

120 |

1.

Forschung, Entwicklung, Innovation sowie Wissens- und Technologietransfer

2.

Aufbau, Erweiterung und Belebung von Innovationskernen (Forschungs-, Innovations- und Anwenderzentren, Laboratorien, Prüfeinrichtungen)

3.

Inkubatoren und technologieorientierte Gründerzentren

4.

Innovationsassistenten

5.

Beteiligungskapital Unternehmen


Gemeinsam Mehr.Wert | Innovationen im industriellen Mittelstand

Forschung, Entwicklung, Innovation sowie Wissens- und Technologietransfer Dieses Instrument richtet sich insbesondere an KMU und soll deren Innovationskraft stärken. Hierbei geht es darum, das Risiko des Antragsstellers zu vermindern. Die Initiative und Verantwortung für das Vorhaben verbleiben jedoch grundsätzlich bei dem Antragssteller. Die Förderung dient dazu, die Einführung innovativer Produkte, Produktionsanlagen und Verfahren zu beschleunigen. Gefördert werden FuE-Vorhaben sowie technologieorientierte Demonstrationsvorhaben und Dienstleistungen. Zudem werden Vorhaben gefördert, die den Wissens- und Technologietransfer beschleunigen. Insbesondere werden Vorhaben aus den Bereichen

• • • • • •

Informations- und Kommunikationstechnik, Multimedia, Mikrosystemtechnik, Optische Technologien, Umwelttechnik und ökologische Wirtschaft, Biotechnologie und Medizintechnik, Nanotechnologie, Neue Werkstoffe, Produktions- und Verfahrenstechnologien

sowie aus Bereichen, die den Zielen des jeweils gültigen Forschungsrahmenprogramms der EU entsprechen, gefördert. Innerhalb dieser Maßnahme sind die meisten mit dem geförderten Vorhaben verbundenen Kosten förderfähig. Es können anfallende Personalkosten bis zum einem Höchstsatz von 9.952 Euro (62,20 Euro pro Stunde; 160 Stunden pro Person und Monat) im Falle der Anstellung einer Fachkraft mit Universitätsabschluss gefördert werden. Im Falle von niedriger qualifizierten Arbeitskräften gelten geringere Förderungssätze. Bei Ausgaben für Instrumente und Ausrüstungen und Gebäude sind nur die während der Nutzung aufgetretenen Wertminderungen förderungsfähig. Unter die förderungsfähigen Ausgaben für Auftragsforschung fallen z. B. zu erwerbende Lizenzen oder Patente sowie notwendige Beratungsleistungen. Die Förderung umfasst darüber hinaus andere allgemeine Kosten des Forschungsvorhabens. Dazu zählen Betriebs- und Gemeinkosten, Muster- und Prototypenerstellung, sowie Qualitätssicherung. Der Anteil der möglichen Förderung hängt maßgeblich von der Art des Vorhabens sowie der Größe des Unternehmens ab. Bei Grundlagenforschung können bis zu 100 Prozent der förderungsfähigen Ausgaben ersetzt werden. Für rein industrielle Forschungsvorhaben können bis zu 50 Prozent der förderfähigen Ausgaben gefördert werden. Bei experimentellen Entwicklungen reduziert sich dieser Anteil weiter auf 25 Prozent. Innerhalb dieser Maßnahme können Studien zur Durchführbarkeit des Projekts nur dann gefördert werden, wenn sie nicht

121 |


Motor für Innovation

mehr als 75 Prozent (KMU) bzw. 65 Prozent (Großunternehmen) für industrielle Zwecke oder nicht mehr als 50 Prozent (KMU) bzw. 40 Prozent (Großunternehmen) für experimentelle Zwecke ausmachen. Alle diese Obergrenzen können in Einzelfällen nach Ermessen erhöht werden. Aufbau, Erweiterung und Belebung von Innovationskernen (Forschungs-, Innovations- und Anwenderzentren, Laboratorien, Prüfeinrichtungen) Das Land Hessen gewährt direkte Zuwendungen für den Aufbau, die Erweiterung und Belebung sowie für den Betrieb von Innovationskernen44. Wiederum zielt diese Maßnahme auf die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit und Innovationskraft von KMU. Zu den vornehmlichen Aufgaben solcher Innovationskerne gehört es z. B., Unternehmen durch Innovationsberatung und anwendungsnahe Entwicklungsleistungen, durch Informationsund Kooperationsvermittlung sowie durch Aus-, Fort- und Weiterbildung zu unterstützen. Die Innovationszentren arbeiten dabei mit vorhandenen Anbietern derartiger Serviceleistungen eng zusammen. Neben der Sensibilisierung kleiner und mittlerer Unternehmen (KMU) für Markt- und Technologieentwicklungen und für die daraus resultierenden Chancen besteht eine wichtige Aufgabe von Innovationskernen darin, regionale Kooperationsnetzwerke zwischen KMU zu initiieren, zu strukturieren und zu betreuen. Es werden in dieser Maßnahme ausschließlich neue Projekte gefördert.45 Obwohl die Förderung an die Betreiber des jeweiligen Innovationskerns ausgegeben wird, darf diese ausschließlich den Nutzern des Innovationskerns zugutekommen. Die Förderung erfolgt auf dem Weg der Anteilfinanzierung als Zuwendung zu den zuwendungsfähigen Ausgaben. Für die Ausarbeitung von Konzepten werden bis 50 Prozent der zuwendungsfähigen Kosten gefördert, jedoch nur bis zu einer Höchstgrenze von 40.000 Euro. Ausgaben für Aufbau, Erweiterung und Belebung können in einer Höhe von bis zu 15 Prozent, die späteren Aufwendung für den Betrieb mit bis zu 50 Prozent der zuwendungsfähigen Ausgaben gefördert werden. Letztere nehmen mit der Zeit degressiv gestaffelt ab. Innerhalb dieser Maßnahme können Zuwendungen für folgende Kosten erfolgen: •

Personal und Verwaltung (in unmittelbarem Zusammenhang mit der Tätigkeit)

Anwerbung von neuen Mitgliedsunternehmen

Verwaltung der frei zugänglichen Anlagen

Organisation von Bildungsmaßnahmen, Workshops und Konferenzen zur Wissensvermittlung und Vernetzung der Mitglieder

44 Die Definition von Innovationskernen umfasst insbesondere „regional ausgerichtete Dienstleistungseinrichtungen (Forschungs-, Innovations- und Anwendungszentren; frei zugängliche Forschungsinfrastrukturen wie Laboratorien und Prüfeinrichtungen und Breitbandnetzwerk-Infrastrukturen) zur Unterstützung kleiner und mittlerer Unternehmen, die in Eigeninitiative der Wirtschaft, durch öffentliche Einrichtungen, oder in öffentlich-privater Partnerschaft entstehen und deren Ziel es ist, die Innovationskraft und Leistung und damit die Wettbewerbsfähigkeit der regionalen Wirtschaft zu steigern.“ (Hessisches Ministerium für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung, 2009: 877) 45 Es muss jedoch darauf hingewiesen werden, dass sich diese Maßnahme noch im Notifizierungsverfahren bei der EUKommission in Brüssel nach Art. 88 Abs. 3 des EGV befindet. Bevor die Kommission keine abschließende Entscheidung erlassen hat, kann diese Fördermaßnahme nicht durchgeführt werden (Stand 2009).

122 |


Gemeinsam Mehr.Wert | Innovationen im industriellen Mittelstand

Inkubatoren und technologieorientierte Gründerzentren Mit der Förderung von Inkubatoren sollen Studierende, Absolventen und wissenschaftliche Mitarbeiter einer Hochschule, die ein Gründungsprojekt in der sogenannten Pre-Seed/SeedPhase verfolgen, Unterstützung in Form der Bereitstellung von Räumlichkeiten und Ausstattung sowie Beratung durch die Hochschule erhalten. Es soll ihnen die Möglichkeit gegeben werden, ihre Geschäftsidee über die Startphase hinaus im Hochschulmilieu vorantreiben zu können, damit die Idee nach entsprechender Reife abschließend in eine Unternehmensgründung münden kann. Mit der Förderung von technologieorientierten Gründerzentren sollen die Startbedingungen für technologieorientierte Existenzgründer und Jungunternehmer insbesondere durch die Bereitstellung funktionsgerechter Büro-, Labor- und Produktionsflächen zu günstigen Konditionen sowie zentraler Service- und Gemeinschaftseinrichtungen und die Bereitstellung umfassender Beratungsleistungen verbessert werden und damit zur Erhöhung der Wettbewerbsfähigkeit und Innovationskraft beitragen. Technologieorientierte Gründerzentren sind Ansprechpartner für das innovative Potenzial in der Region. Sie sollen die Unternehmen durch Kooperationsvermittlung zu Hochschulen, FuE-Einrichtungen u. a. unterstützen sowie den praxisbezogenen Technologietransfer fördern. Die Dauer der Maßnahme soll i. d. R. fünf Jahre, aber nicht länger als acht Jahre betragen. In Einzelfällen kann jedoch von dieser Regelung abgewichen werden. Als zuwendungsfähige Ausgaben des Trägers werden anerkannt: Errichtung bzw. Um- und Ausbau sowie erforderliche technische Ausstattung. Hoch spezialisierte bzw. unternehmensspezifische Ausstattung ist nicht förderfähig. Ebenso können keine Ausgaben für anteilige Grundstückskosten, reine Ersatzinvestitionen, Projektsteuerungskosten, Ausgaben für Veranstaltungen, Kreditbeschaffungskosten oder Ausgleichsabgaben gefördert werden. Alle Zuwendungen an den Projektträger erfolgen als Anteilfinanzierung durch Zuschüsse und/oder zinslose Darlehen. Die Höhe wird im Einzelfall entschieden (i. d. R. 40 bis 60 Prozent der zuwendungsfähigen Kosten).

Innovationsassistenten Das Land Hessen gewährt in den strukturschwachen Landesteilen Zuschüsse für die Beschäftigung von Hochschul- und Fachhochschulabsolventen als Innovationsassistenten zur Erhöhung der Innovations- und Wettbewerbsfähigkeit kleiner und mittlerer Unternehmen sowie zur Umstellung auf umweltverträgliche Produkte oder Produktionsverfahren. Antragsberechtigt sind ausschließlich KMU.

123 |


Motor für Innovation

Gefördert wird die Neueinstellung und Beschäftigung von Absolventen einer Fachhochschule oder einer wissenschaftlichen Hochschule, die einen Studiengang im wirtschaftswissenschaftlichen, ingenieurwissenschaftlichen oder naturwissenschaftlichen Bereich abgeschlossen haben, in einem der Schwerpunkte • • • •

Forschung und Entwicklung, Innovations-, Produktions- oder Umweltmanagement, Marketing oder Produktentwicklung einschließlich Produktionsvorbereitung und Design

arbeiten und zur qualitativen Verbesserung der Personalstruktur des geförderten Unternehmens beitragen sollen. Beschäftigungsverhältnisse können nur unter bestimmten Voraussetzungen gefördert werden. Die Förderung beschränkt sich z.B. auf neue Beschäftigungsverhältnisse. Die Förderung ist auf 20.000 Euro im ersten bzw. 10.000 Euro im zweiten Jahr der Beschäftigung beschränkt. Beteiligungskapital für Unternehmen Das Land Hessen vergibt über die Investitionsbank Hessen Risikokapital in Form offener und stiller Beteiligungen an junge innovative Unternehmen zur Erhöhung der Innovations- und Wettbewerbsfähigkeit kleiner Unternehmen. Antragsstellende Unternehmen müssen zum Zeitpunkt der Antragsstellung weniger als sechs Jahre bestanden haben. Es muss sich um nachweislich innovative Unternehmen46 handeln. Gefördert werden Maßnahmen zur Erhöhung der Innovations- und Wettbewerbsfähigkeit. Zu den förderfähigen Ausgaben zählen insbesondere Konzept- und Studienkosten, Personalkosten, Investitionen, Betriebsmittel, Markterschließungskosten, Ausbildungskosten und Kosten für Schutzrechte. Diese Maßnahme ist einmalig und auf maximal 1 Million Euro beschränkt. Sie wird durch die Bereitstellung von offenem und stillem Beteiligungskapital bereitgestellt. Unternehmen, die nicht nachweislich innovativ sind, aber trotzdem Kapital in Form von Beteiligungen für die Einführung neuer (innovativer) Produkte am Markt oder für die Umstrukturierung/Modernisierung des Betriebs benötigten, können sich an die Mittelständische Beteiligungsgesellschaft Hessen mbH (MBG H) wenden. Die MBG H ist eng in das Netzwerk der anderen Akteure der hessischen und bundesweiten Innovationspolitik eingebunden. Schwerpunktmäßig stellt die MBG H im Wachstums- und Innovationsprogramm 46 Als nachweislich innovativ gelten Unternehmen, die mittels eines Gutachtens von einem externen Sachverständigen basierend auf einem Geschäftsplan nachweisen können, dass sie in absehbarer Zukunft Produkte, Dienstleistungen oder Verfahren entwickeln werden, die technisch neu oder verglichen mit dem Stand der Technik in dem jeweiligen Wirtschaftszweig in der Europäischen Union wesentlich verbessert sind und die das Risiko eines technischen oder industriellen Misserfolges in sich tragen. Ebenso gelten solche Unternehmen als innovativ, deren FuE-Aufwendungen zumindest in einem der drei Jahre vor Gewährung der Beihilfe – oder im Falle eines neu gegründeten Unternehmens ohne abgeschlossenes Geschäftsjahr im Rahmen des Audits des laufenden Geschäftsjahres – 15 Prozent ihrer gesamten, von einem externen Rechnungsprüfer beglaubigten Betriebsausgaben ausmachen.

124 |


Gemeinsam Mehr.Wert | Innovationen im industriellen Mittelstand

Beteiligungskapital für Unternehmen mit einem Jahresumsatz bis zu 50 Millionen Euro und mit höchstens 500 Mitarbeitern zur Verfügung. In diesem Programm werden Investitionen und Aufwendungen im Rahmen der Entwicklung und Markteinführung neuer Produkte oder Verfahren mitfinanziert. Ebenso können Investitionen im Rahmen von Umstrukturierungen oder von Wachstum und Erweiterung des Betriebes unterstützt werden. Die Beteiligung soll im Interesse des Unternehmens die Höhe der im Unternehmen vorhandenen Eigenmittel nicht übersteigen. Innerhalb dieses Verbunds besteht die Möglichkeit speziell für Unternehmen im Raum Gießen, Wetzlar und dem Landkreis Gießen, Beteiligungskapital aus der Regionalfonds Mittelhessen GmbH (RegioMIT) zu erhalten. Bei diesen stillen Beteiligungen beträgt die Beteiligungshöhe zwischen 25.000 und 250.000 Euro über eine Laufzeit von fünf bis sieben bzw. höchstens zehn Jahren. Bei einer offenen Beteiligung erwirbt die RegioMIT einen Anteil am Stamm-Grundkapital einer Gesellschaft (nach dem Wert des Unternehmens bei realistischer Einschätzung der Zukunftsperspektiven). Weniger speziell, aber mit einer ähnlichen Ausrichtung fungiert der Beteiligungsfonds Hessen Kapital. Ganz speziell kümmert sich dieser Fonds um die Bereitstellung von Mezzanine-Kapital, um Finanzierungslücken von mittelständischen und jungen Unternehmen zu schließen. Die in dieser Maßnahme bereitgestellten Beteiligungen liegen zwischen 200.000 und 1,5 Millionen Euro pro Unternehmen. Die Laufzeit beträgt i. d. R. zehn Jahre. Die Vergütung der Beteiligung wird individuell anhand des Unternehmensratings festgelegt. Sie besteht aus einer festen und einer gewinnabhängigen Komponente. Die möglichen Verwendungszwecke des Kapitals sind hier nicht näher definiert, sollen jedoch zu Gründungen, Innovationen und Wachstum unter den hessischen Unternehmen beitragen. Venture-Capital-Finanzierungen für hessische Unternehmen können durch Minderheitsbeteiligungen der Technologie-Finanzierungsfonds Hessen GmbH (TF H) am Unternehmenskapital geleistet werden. Voraussetzung hierfür ist ein hohes Wachstumspotenzial des Beteiligungsnehmers und eine konkrete Exit-Perspektive. Das bedeutet, dass der Partner bereit ist, das Unternehmen oder Teile davon in einem absehbaren Zeitraum zu veräußern oder an die Börse zu bringen. Im Gegensatz zur stillen Beteiligung erhält die TF H keine laufende Vergütung für die Beteiligung, sondern die Rendite wird aus dem Kapitalgewinn beim Verkauf der Anteile erzielt. Neben der ausschließlichen Kapitalbeteiligung der TF H besteht auch die Möglichkeit der Kombination mit einer stillen Beteiligung der MBG H.

125 |


Motor für Innovation

Tabelle 4-2: Überblick zur Innovationsförderung in Hessen Direkte Förderung für FuE, Innovation bzw. Wissens- und Technologietransfer Ausrichtung

Geförderte Leistungen

Bedingungen

Fördervolumen

KMU (bevorzugt) Kooperationen technische Innovationen/ FuE

Personalkosten Instrumente und Ausrüstung Gebäudekosten Auftragsforschung Betriebs-/Gemeinkosten Muster-/ Prototypenerstellung Qualitätssicherung

Standort (überwiegend) in Hessen

je nach Unternehmensgröße und Vorhaben bis zu 100 % der förderungsfähigen Kosten

Innovationskerne Ausrichtung

Geförderte Leistungen

Bedingungen

Fördervolumen1,2,3

Beratungsdienstleister für Innovationen in KMU bzw. der tech. Unterstützung (z. B. Labore)

Personal- und Verwaltungskosten Mitgliederanwerbung Verwaltung der frei zugänglichen Anlagen Bildungsmaßnahmen, Workshops und Konferenzen

neues Projekt Förderung muss an die Nutzer durchgereicht werden

für die Konzeptausarbeitung max. 40.000 Euro (50 %) für Aufbau, Erweiterung und Belebung max. 15 % für den Betrieb max. 50 % (degressiv)

Inkubatoren und technologieorientierte Gründerzentren Ausrichtung

Geförderte Leistungen

Bedingungen

Fördervolumen

Studierende Absolventen wiss. Mitarbeiter

Bereitstellung von Räumlichkeiten und Ausstattung (i. d. R. 5 Jahre, aber nicht länger als 8 Jahre) Beratung innerhalb der Hochschule

Gründung in der (Pre-)Seed-Phase technologischer Bezug Hochschule als Antragssteller (bevorzugt)

Einzelfallregelungen

Innovationsassistenten Ausrichtung

KMU in strukturschwachen Landesteilen

1 2 3

Geförderte Leistungen

Bedingungen

Fördervolumen

Beschäftigung eines Innovationsassistenten

Absolvent mit Studienschwer punkt in FuE, Innovations-, Produktions-, Umweltmanagement, Marketing oder Produktentwicklung nur neue Mitarbeiter

20.000 Euro im ersten Jahr 10.000 Euro im zweiten Jahr

Bei Trägerschaft durch eine Forschungseinrichtung finden Einzelregelungen Anwendung. Die genannten Fördersätze enthalten eventuelle Zuschüsse aus den EU-Strukturfonds. Die Prozentangaben beziehen sich jeweils auf den Anteil der zuwendungsfähigen Ausgaben.

Quelle: eigene Darstellung (IW Consult) basierend auf den veröffentlichten Informationen zur Innovationsförderung in Hessen 126 |


Gemeinsam Mehr.Wert | Innovationen im industriellen Mittelstand

Tabelle 4-3: Übersicht Beteiligungskapital für Innovationen in Hessen Beteiligungskapital für nachweislich innovative Unternehmen Ausrichtung

Beteiligungshöhe

Bedingungen

innovative, junge Unternehmen

max. 1 Mio. Euro als offene oder stille Beteiligung

Unternehmen nicht älter als 6 Jahre nachweislich innovatives Unternehmen

Beteiligungen durch die Mittelständische Beteiligungsgesellschaft Hessen mbH (MBG H) Ausrichtung

Beteiligungshöhe

Bedingungen

Unternehmen mit bis zu 50 Mio. Euro Umsatz und weniger als 500 Mitarbeitern

130.000 bis 1 Mio. Euro (in Ausnahmen bis 1,5 Mio. Euro)

Verwendung zur Entwicklung/ Markteinführung neuer Produkte bzw. Verfahren oder zur Umstrukturierung bzw. Erweiterung des Betriebes

Beteiligungen durch den Regionalfonds Mittelhessen (RegioMIT) Ausrichtung

Beteiligungshöhe

Bedingungen

Unternehmen im Raum Gießen, Wetzlar und LK Gießen

25.000 bis 250.000 Euro

Laufzeit 5 bis 7, höchstens 10 Jahre technologieorientierte und innovative Unternehmungsgründungen

Beteiligungen durch Hessen Kapital Ausrichtung

Beteiligungshöhe

KMU

200.000 bis 1,5 Mio. Euro Laufzeit i. d. R. 10 Jahre

Bedingungen KMU Bonität

Venture-Capital-Finanzierungen durch den TechnologieFinanzierungsfonds Hessen GmbH (TF H) Ausrichtung

Beteiligungshöhe

Bedingungen

Neugründungen

k. A.

hohes Wachstumspotenzial konkrete Exit-Perspektive

Quelle: eigene Darstellung (IW Consult) basierend auf den veröffentlichten Informationen zur Innovationsförderung in Hessen

127 |


Motor für Innovation

4.2.3 Hessen ModellProjekte Zusätzlich zu den in den Förderungsrichtlinien festgehaltenen Maßnahmen fördert das Land Hessen in Zusammenarbeit mit der EU Innovationen im Rahmen der sogenannten „Hessen ModellProjekte“. Im Rahmen des Programms Hessen ModellProjekte werden bis zu 49 Prozent der Projektausgaben von Forschungs- und Entwicklungsprojekten, die in Kooperation mehrerer Partner bearbeitet werden, gefördert. Diese Zuwendung muss durch finanzielle Eigenanteile des antragsstellenden Unternehmens und der Partner kofinanziert werden. Ziel der Maßnahme ist •

die Intensivierung angewandter Forschung und Entwicklung in Unternehmen,

die Entwicklung marktfähiger und innovativer Produkte, Verfahren und Dienstleistungen,

die Beschleunigung von Wissens- und Technologietransfer zwischen KMU, Hochschulen und außeruniversitären Einrichtungen,

die schnellere Nutzung von neuen Ideen und Verkürzung des Zeitraums zwischen Erfindung und Markteinführung zur Beschäftigungssicherung,

die Stärkung der Innovationskraft von KMU,

die Generierung von Ergebnissen mit Modellcharakter für den Technologiestandort,

die Schließung von Lücken in der Wertschöpfungskette durch Kooperationen,

die Unterstützung bei Kompetenzclusterbildung.

Insgesamt gibt es derzeit drei solcher ModellProjekte:

128 |

LOEWE – Landes-Offensive zur Entwicklung Wissenschaftlich-ökonomischer Exzellenz mit der Förderlinie 3: LOEWE-KMU-Verbundvorhaben. Diese Maßnahme besteht seit 2008 und wird aus Landesmitteln finanziert. Die Hessen Agentur fungiert als Projektträger für das Hessische Ministerium für Wissenschaft und Kunst (HMWK). Bezuschusst werden hiermit Forschungsvorhaben, die durch KMU im Verbund mit Hochschulen und Forschungseinrichtungen aus Hessen realisiert werden.

KMU-Modell- und Pilotprojekte, kurz MPP: Diese Maßnahme setzt sich für Forschungs- und Entwicklungsprojekte zwischen KMU mit unterschiedlichen Kernkompetenzen ein. Vorrangig werden Projekte in Nord- und Mittelhessen sowie der Odenwaldregion gefördert. Hierzu stehen Mittel des Landes Hessen zur Verfügung, die durch den Europäischen Fonds für Regionale Entwicklung (EFRE)


Gemeinsam Mehr.Wert | Innovationen im industriellen Mittelstand

kofinanziert werden. Die Hessen Agentur fungiert als projektdurchführende Stelle für das Hessische Ministerium für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung (HMWVL). •

Modellhafte Forschungs- und Entwicklungsprojekte mit Schwerpunkt im Automotivebereich: Die Maßnahme unterstützt die Diversifizierung des Produktsortiments und die Erschließung neuer Märkte. Die Finanzierung und der Aufbau des Projekts setzen sich genauso zusammen wie bei den eben dargestellten MPP.

Die der Antragstellung zugrunde liegenden Verfahrensschritte, Art und Umfang der Förderung und die zuwendungsfähigen Ausgabenarten sind in den drei ModellProjekten identisch. Förderfähig sind im Rahmen eines Projektes u. a. Personalausgaben, Mieten und Leasingraten, Verbrauchsmaterial und Betriebsmittel. Tabelle 4-4: Übersicht Hessen ModellProjekte

Allgemeine Ziele • •

Intensivierung angewandter FuE in Unternehmen Entwicklung marktfähiger und innovativer Produkte, Verfahren und Dienstleistungen Beschleunigung von Wissensund Technologietransfer zwischen KMU, Hochschulen und außeruniversitären Einrichtungen

• • • • •

Verkürzung von Time to Market Stärkung der Innovationskraft von KMU Generierung von Ergebnissen mit Modellcharakter für den Technologiestandort Schließung von Lücken in der Wertschöpfungskette durch Kooperationen Unterstützung bei Kompetenzclusterbildung

Spezielle Ziele der einzelnen ModellProjekte LOEWE

MPP

FuE Automotive

Forschungsvorhaben bei Kooperationen von KMU mit Hochschulen

FuE im Verbund von mehreren KMU mit verschiedenen Kernkompetenzen

Diversifikation des Produktsortiments und Erschließung neuer Märkte im Automotive-Bereich

Förderfähig sind ausschließlich Kooperationen. Es werden 49 Prozent der Projektausgaben gefördert.

Quelle: eigene Darstellung (IW Consult) basierend auf den veröffentlichten Informationen zur Innovationsförderung in Hessen

129 |


Motor für Innovation

4.2.4 Innovationsförderung im ländlichen Raum Speziell für den ländlichen Raum in Hessen stehen noch weitere Förderprogramme zur Verfügung. Sie ermöglichen die Förderung von Machbarkeitsstudien zur Erarbeitung von Problemlösungen, Forschungs- und Entwicklungsvorhaben, Pilot- und Demonstrationsvorhaben sowie Schulungsund Informationsveranstaltungen und Informationsmaterial in Hessen. Machbarkeitsstudien zur Erarbeitung von Problemlösungen Die Machbarkeitsstudien dienen durch die Erfassung von spezifischen Problemen und Rahmenbedingungen sowie durch die Erarbeitung von Lösungsvorschlägen der Vorbereitung komplexer Entscheidungen. Es werden Zuschüsse von maximal 50 Prozent der förderfähigen Ausgaben gewährt. Forschungs- und Entwicklungsvorhaben Die Vorhaben müssen der Gewinnung von Erfolg versprechenden Grundlagenkenntnissen dienen oder vorhandene Grundlagenkenntnisse weiterentwickeln. Es werden Investitionskostenzuschüsse von maximal 40 Prozent der förderfähigen Ausgaben gewährt. Bei Vorhaben von KMU erhöht sich der Zuschuss auf maximal 50 Prozent der förderfähigen Ausgaben. Pilot- und Demonstrationsvorhaben Erfolg versprechende, neu entwickelte Techniken und Verfahren müssen zur Vorbereitung des kommerziellen Einsatzes erprobt und optimiert werden. Zur Vorbereitung der Markteinführung muss die Möglichkeit eines Erfolg versprechenden, kommerziellen Einsatzes in beispielhaften und mustergültigen Anlagen nachgewiesen werden. Es werden Investitionskostenzuschüsse von maximal 40 Prozent der förderfähigen Ausgaben gewährt. Bei Vorhaben von KMU erhöht sich der Zuschuss auf maximal 50 Prozent der förderfähigen Ausgaben. Schulungs- und Informationsveranstaltungen und Informationsmaterial Förderfähig sind Informationsmaterialien, Schulungs- und Informationsveranstaltungen zu technischen, ökonomischen, ökologischen und organisatorischen Fragen im Zusammenhang mit nachwachsenden Rohstoffen.

130 |


Gemeinsam Mehr.Wert | Innovationen im industriellen Mittelstand

Tabelle 4-5: Übersicht Innovationsförderung im ländlichen Raum

Programm Machbarkeitsstudien zur Erarbeitung von Problemlösungen Forschungs- und Entwicklungsvorhaben Pilot- und Demonstrationsvorhaben

Anteilige Förderungshöhe an den förderungsfähigen Aufwendungen 50 % 40 % bzw. 50 % (KMU) 40 % bzw. 50 % (KMU)

Schulungs- und Informationsveranstaltungen und Informationsmaterial

k. A.

Quelle: eigene Darstellung (IW Consult) basierend auf den veröffentlichten Informationen zur Innovationsförderung in Hessen

4.2.5 Innovationsförderung innerhalb des Energiegesetzes Die Richtlinien der §§ 4 bis 8 des Hessischen Energiegesetzes umfassen sowohl indirekte als auch direkte Innovationsförderungen. Als indirekte Maßnahmen können vor allem die Marktvorbereitungsförderung und die Richtlinien zur energetisch optimierten Modernisierung angesehen werden. Innerhalb dieser sind Vorhaben förderungsfähig, die zur Erprobung und Anwendung neuer Technologien zur Erhöhung der Energieeffizienz und zur Nutzung erneuerbarer Energien dienen. Ziel ist es, diese Vorhaben bis zur Marktreife zu entwickeln. Innerhalb des zweiten Teils der Richtlinien werden Investitionsvorhaben zur nachhaltigen Verringerung von CO2-Emissionen durch Modernisierungsmaßnahmen in Wohngebäuden und ausgewählten Nichtwohngebäuden gefördert. Zu den ausgewählten Nichtwohngebäuden zählen Verwaltungsgebäude, Schulen (und deren Sporthallen), Kindergärten und -tagesstätten. Eine Förderung ist jedoch nur möglich, wenn die Modernisierungsmaßnahmen geeignet sind, den jährlichen Heizwärmebedarf auf maximal 25 kWh pro Quadratmeter zu reduzieren. Ebenso können Entwicklungsvorhaben direkt gefördert werden. Entwicklungsvorhaben sind Vorhaben, die der Weiterentwicklung von Grundlagenkenntnissen mit dem Ziel der Anwendung neuer Techniken oder Verfahren dienen. Gefördert werden können Entwicklungsvorhaben im Energiebereich mit den Schwerpunkten energiesparende Bauweise und nachhaltige energetische Modernisierung von Gebäuden, rationelle Elektrizitätsanwendung sowie Nutzung erneuerbarer oder vergleichbarer Energiequellen. Es werden nur marktnahe Entwicklungsvorhaben gefördert. Sofern der Antragsteller nicht selbst bereits in dem entsprechenden Marktsegment tätig ist, bedarf es eines oder mehrerer entsprechender Projektpartner, die mindestens 30

131 |


Motor für Innovation

Prozent der förderfähigen Ausgaben übernehmen. Bevorzugt werden Vorhaben in den EFREVorranggebieten unterstützt. Es werden Zuschüsse von i. d. R. bis zu 50 Prozent der förderfähigen Ausgaben gewährt. Eine Überschreitung des Fördersatzes ist in Ausnahmefällen möglich. Zum Teil werden die Fördermittel aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) bereitgestellt.

4.2.6 Machbarkeitsfonds Zusätzlich zu den genannten Maßnahmen setzt ein Teil des hessischen Innovationsförderprogramms an einer der kritischsten Stellen des Innovationsprozesses an, nämlich deren Umsetzung auf dem Markt. Die sogenannten Machbarkeitsfonds fördern dabei die Kooperation zwischen Wissenschaft und Wirtschaft, um Innovationen zeitnah nutzbar zu machen. Die „Fonds zur Veredlung und Verwertung von Patenten der staatlichen Hochschulen Hessens“ (kurz: Machbarkeitsfonds) werden von der hessischen Landesregierung in Zusammenarbeit mit der LTH-Bank für Infrastruktur angeboten und umfassen ein Gesamtvolumen von 4 Millionen Euro. Dieses bislang in Deutschland einzigartige Fondsmodell (Stand 2009) soll den Hochschulen neue Impulse geben, den Praxis- und Marktbezug ihrer wissenschaftlichen Arbeit zu erhöhen. Anträge können von allen Hochschulen gestellt werden, die sich in der Hessischen Intellectual Property Offensive (HIPO) zusammengeschlossen haben. Auch diese Initiative zeichnet sich durch einen starken Technologiefokus aus. Insbesondere konzentriert man sich auf die Bereiche Technologie, Biowissenschaft und Software. Auf der Internetseite (www.hipoonline.net) findet sich für diese Bereiche eine eigens eingerichtete Innovationsbörse, auf der Innovationspotenzial und -bedarf aus der Wirtschaft zusammenfinden können. Ebenso können hieraus neue Kooperationen entstehen. Als zukünftige Erweiterung der Machbarkeitsfonds ist geplant, die Forschungskapazitäten der teilnehmenden Universitäten zu erfassen und für privatwirtschaftliche Unternehmen nutzbar zu machen, um so die Nähe der erbrachten Forschungsleistung und der daraus resultierenden Patente zum Anwender sicherzustellen.

4.3 Nicht monetäre Förderung Unternehmen, die mit anderen Unternehmen oder Forschungseinrichtungen zusammenarbeiten, sind innovativer, wirtschaftlich erfolgreicher und damit krisenfester als ihre Mitbewerber. Cluster und Netzwerke sorgen für einen Dialog entlang der Wertschöpfungskette, ziehen neue Zulieferer und Dienstleistungsunternehmen an und fördern den Innovationstransfer. Die Hessen Agentur GmbH (HA) koordiniert und bündelt über Aktionslinien und das TechnologietransferNetzwerk Hessen (TTN) hessische Branchen-, Netzwerk- und Clusteraktivitäten im Auftrag des Hessischen Wirtschaftsministeriums. In der Hauptsache wird Unternehmen Hilfe bei der Teilnahme an internationalen Messen und der Kontaktanbahnung im Ausland gegeben. Für letzteren Punkt wird sowohl auf ein eigenes leistungsfähiges Netzwerk als

132 |


Gemeinsam Mehr.Wert | Innovationen im industriellen Mittelstand

auch auf die Mitgliedschaft der HA Hessen im Enterprise Europe Network (EEN) zurückgegriffen. Darüber hinaus werden umfangreiche Beratungsleistungen angeboten bzw. gefördert.

Aktionslinien Insgesamt werden vier Aktionslinien umgesetzt: •

Hessen-biotech

Hessen-nanotech

Hessen-umwelttech

Hessen-IT

Die Aktionslinie Hessen-biotech des Hessischen Wirtschaftsministeriums ist die zentrale Informations-, Kommunikations- und Kooperationsplattform der Biotechnologie in Hessen. Projektträger der Aktionslinie Hessen-biotech ist die HA. Zu den Zielen von Hessen-biotech gehört es, innovative Anwendungen schneller und breiter in den Markt zu bringen, die Wettbewerbsfähigkeit der hessischen Biotechnologieunternehmen zu stärken und die Leistungsfähigkeit des Biotechnologiestandorts Hessen bekannt zu machen. Leistungsangebote von Hessenbiotech sind deshalb insbesondere die Informationsvermittlung, der Technologie- und Wissenstransfer, die Erfassung und Darstellung wirtschaftlicher und wissenschaftlicher Potenziale, die Kooperationsvermittlung und Netzwerkbildung und nicht zuletzt das Standortmarketing für den Biotechnologiestandort. In einem regelmäßig erscheinenden Newsletter, über den eigenen Internetauftritt sowie durch zahlreiche Informationsveranstaltungen informiert Hessen-biotech die Branche und die Öffentlichkeit über die Entwicklungen der Biotechnologie. Dank der guten Branchenkenntnis identifiziert Hessen-biotech Trends frühzeitig und entwickelt daraus Empfehlungen für die Wirtschaftsförderung. In Studien und Fachpublikationen wie dem ständig aktualisierten „Kompetenzatlas Hessen-biotech“ werden diese Ergebnisse veröffentlicht. Hessen-biotech präsentiert den Biotechnologiestandort und hessische Biotechnologieunternehmen auf den wichtigsten Fachmessen im In- und Ausland mit einem hessischen Gemeinschaftsstand. Schließlich organisiert die Aktionslinie mit dem InnovationsForum Hessen-biotech jährlich den zentralen Biotech-Kongress in Hessen und engagiert sich in regionalen und nationalen Netzwerken. Damit bildet die Aktionslinie Hessen-biotech die Schnittstelle der Branche zwischen Wirtschaft, Wissenschaft, Politik und Verwaltung in Hessen. Die Aktionslinie Hessen-nanotech des Hessischen Ministeriums für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung bündelt seit 2005 die hessischen Aktivitäten im Bereich der Nanotechnologie und der materialbasierten Technologien. Die HA unterstützt als Projektträger Nanotechnologie-

133 |


Motor für Innovation

anbieter und -anwender aus Wirtschaft und Wissenschaft sowie Unternehmen aus den angrenzenden Bereichen der Material- und Oberflächentechnologie, Mikrosystemtechnologie und der Optischen Technologien. Insbesondere werden dabei die Kompetenzdarstellung im In- und Ausland, die Informationsvermittlung über aktuelle Erkenntnisse und technologische Trends sowie Fragen der Projekt- und Unternehmensentwicklung unterstützt.

Die wichtigsten Maßnahmen der Hessen-nanotech können wie folgt zusammengefasst werden: •

Nanotechnologieforum Hessen

Beteiligung an Messen und Ausstellungen mit einem Gemeinschaftsstandkonzept

Fachveranstaltungen zu Themenbereichen Technologie sowie Finanzierung

Internetplattform für die Nanotechnologie in Hessen

zweimonatlicher Newsletter

Unternehmerbroschüren für die Information von Unternehmen über die Einsatzmöglichkeiten von Nanotechnologie speziell in der Umwelt- und Medizintechnik

Öffentlichkeitsarbeit und Nachwuchsförderung

Die Aktionslinie Hessen-umwelttech unterstützt hessische Umwelt- und Energietechnologieanbieter sowie Dienstleistungsunternehmen bei der Stärkung ihrer Wettbewerbsfähigkeit. Folgende Maßnahmen werden dazu durchgeführt:

134 |

Fachtagung Umwelttechnologie

Brennstoffzellenforum

Beteiligung an Messen und Ausstellungen

Fachveranstaltungen und Workshops zu wichtigen Themen wie Auslandsmärkte und -kooperationen, Finanzierung und innovative Umwelttechnologien

Standortmarketing und Öffentlichkeitsarbeit

Beratung und Qualifizierung

vierteljährlicher Newsletter

Internetplattform

Unternehmerbroschüren


Gemeinsam Mehr.Wert | Innovationen im industriellen Mittelstand

Die Aktionslinie Hessen-IT hat sich zum Ziel gesetzt, Hessen als IT- und Kommunikationsstandort Nr. 1 in Deutschland weiter auszubauen und im internationalen Umfeld als führende IT-Region zu etablieren. Hierzu greift die Aktionslinie eine Vielzahl von Themen u. a. in den folgenden Bereichen auf, veröffentlicht hierzu Leitfäden und realisiert zusätzliche Aktivitäten: •

Anwender: Online-Marketing, Online-Recht, IT-Sicherheit, E-Business, M-Business und Mobile Office, Application Service Providing und Outsourcing

Anbieter: Regulierung, Finanzierung, Internationalisierung, Softwarequalität

Technologie: Breitbandentwicklung, Radio Frequency Identification (RFID) oder das Satellitennavigationssystem Galileo

Im Rahmen der Hessen-IT wird KMU auch die Möglichkeit eingeräumt, an einem Gemeinschaftsstand an der CeBit teilzunehmen. Des Weiteren wird der Hessen-IT-Kongress organisiert und IT-Dialoge und andere Netzwerke für Unternehmen unterstützt. Im Bereich Infrastruktur wird der Ausbau des Breitbandnetzes vorangetrieben. Aktuelle Themenschwerpunkte der Aktionslinie sind: •

Voice over IP (VoIP)

mobile Anwendungen

E-Learning

Radio Frequency Identification (RFID)

Software

Cluster Schon früh, nämlich bereits Mitte der 1990er-Jahre hat Hessen seine Strukturpolitik mit dem Programm „Kooperationsnetzwerke“ für die Clusterbildung geöffnet. Die Betreuung von Clusterbildungsprozessen zwischen Industrieunternehmen entlang der Wertschöpfungskette und hochschulnahen Netzwerken in den Regionen richtet sich hauptsächlich an den Technologiebereich. Daher hat auch das TTN die Leitungsfunktion bei der Organisation der Clusterförderung inne. Förderfähig sind sowohl die Neugründung von Clustern als auch die Professionalisierung von bestehenden Clustern. Die Förderung ist auf Hessen beschränkt, kleinere Teile eines förderfähigen Clusters können sich jedoch auch außerhalb des Bundeslandes befinden. Cluster im Sinne des Förderprogramms setzen sich aus Unternehmen, Forschungseinrichtungen bzw. Hochschulen, öffentlich-rechtlichen Gebietskörperschaften, Institutionen des Wissens- und Technologietransfers sowie Institutionen der Arbeitsmarkt- und Wirtschaftsförderung zusammen. Beim ersten Clusterwettbewerb Hessens im Jahr 2008 wurden insgesamt 15 von 25 teilnehmenden Clusterinitiativen ausgezeichnet. Insgesamt ist über die nächsten Jahre hinweg eine Förderungssumme von 12,5 Millionen Euro (davon 10 Millionen aus EU-Mitteln) vorgesehen. 135 |


Motor für Innovation

Die finanziellen Förderungsmöglichkeiten gliedern sich in Initiierungsförderung und Förderung bereits bestehender Cluster. Für Neugründungen von Clustern sind sowohl die vom Land finanzierten Intensiv-Coachings als auch die Kofinanzierung von Vorbereitungs- und Initiierungskosten (Machbarkeitsstudien/Netzwerkmanagement) in Höhe von einmalig bis zu 25.000 Euro vorgesehen. Bereits gegründete Clusternetzwerke können bis zu drei Jahre lang gefördert werden. Eine Verlängerung um weitere drei Jahre ist möglich. In den ersten drei Jahren beträgt die Förderung maximal 70 Prozent, i. d. R. 50 Prozent, und in den anschließenden drei Jahren maximal 50 Prozent, i. d. R. aber 30 Prozent. Die förderfähigen Ausgaben, auf die sich diese Fördersätze beziehen, betragen in einem Dreijahreszeitraum maximal 700.000 Euro. Bei bestehenden Clusternetzwerken, die bereits eine Förderung erhalten haben, wird diese auf die genannte Maximalförderung angerechnet. Innerhalb der Förderungsmaßnahmen sind auch nicht finanzielle Förderungen vorgesehen. So kümmert man sich im Speziellen um Fragestellungen des Netzwerkmanagements und der Auswahl und Bewertung geeigneter methodischer Ansätze sowie um branchenspezifische bzw. technologische Fragestellungen. Das Ziel ist dabei die Weiterentwicklung von regional gebundenen, aber überregional wirkenden Kompetenznetzwerken in Hessen. Zu den Leistungen gehören hauptsächlich: •

ständiger Austausch mit Unternehmen und Wissenschaftlern zur Informationssammlung und -bewertung zu technologischen Trends sowie zur Initiierung von Netzwerken

Unterstützung bei der Initiierung von Netzwerken und Clustern; insbesondere Prozessstrukturierung der Netzwerkbildung, Beratung zu Netzwerkstrukturen, Netzwerkdesign, Kontaktanbahnung zur Politik, Anschubfinanzierung erster öffentlicher Aktivitäten

spezifische Kompetenzen beim Management von Netzwerken; insbesondere Internationalisierung, Evaluationsprozesse, Förderung von FuE-Kooperationen, Koordination hessischer Netzwerkaktivitäten

Zusammenarbeit mit Partnern beim Netzwerkmanagement; insbesondere Gewinnung von möglichen Partnern, temporäre Übernahme von Geschäftsführungsfunktionen, Veranstaltungssupport, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit

Es ist dabei herauszustellen, dass Hessen den langfristigen Charakter dieser Art von Innovationsförderung klar anerkennt und in die Planung miteinbezieht. Die HA hat im Jahr 2008 auf einem Symposium die Vorteile, die durch Cluster entstehen können, herausgehoben. Dabei wurden folgende Punkte explizit herausgestellt:

136 |


Gemeinsam Mehr.Wert | Innovationen im industriellen Mittelstand

die bessere Verfügbarkeit von qualifizierten Arbeitskräften innerhalb und in der Nähe von Clustern

die Möglichkeit für Unternehmen, sich auf ihre Kernkompetenzen zu konzentrieren und damit Produktivitäts- bzw. Kostenvorteile zu realisieren

höhere Verhandlungsmacht gegenüber Zulieferern z. B. von Rohstoffen

Innovationsförderung durch engere Einbindung von Wissenschaft und Wirtschaft sowie hohen Innovationsdruck innerhalb des Clusters

Außenwirkung, Marketing und Öffentlichkeitsarbeit

Als problematisch zeigt sich jedoch, dass der Erfolg eines Clusters erheblich von den ganz individuellen Gegebenheiten abhängt und nur sehr bedingt vonseiten der Politik gesteuert werden kann. Nichtsdestotrotz kann die Politik die grundlegenden Gegebenheiten so gestalten, dass Cluster leichter entstehen können. Wesentlicher Bestandteil von Clustern sind dabei persönliche Beziehungen und gegenseitiges Vertrauen. Es gilt demnach nicht nur, die wirtschaftlichen Gegebenheiten anzupassen, sondern auch die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen so zu gestalten, dass persönliche Bindungen begünstigt werden. Ebenso ist eine gemeinsame Vision der im Cluster befindlichen Unternehmen wichtig. Diese kann zumindest politisch initiiert oder durch die Zusammenstellung der Unternehmen beeinflusst werden. Die positiven Effekte von Clustern werden in aller Regel nur langfristig sichtbar. Obwohl die Politik bei der Initiierung eines Clusters eine wichtige Rolle spielen kann, ist eine langfristige Beteiligung und Steuerung der Politik am Cluster weder wünschenswert noch zielführend. Ein Cluster muss daher fähig sein, sich nach gewisser Anlaufzeit selbst zu tragen.

TechnologieTransferNetzwerk Die Aufgabe des TechnologieTransferNetzwerks (TTN) ist, die Kooperation zwischen Wissenschaft und privater Wirtschaft anzuregen. Dies soll z. B. durch Beratungsgespräche in IHK-Innovationsberatung erreicht werden. Andere Maßnahmen des TTN umfassen: •

Hessischer Kooperationspreis

Messegemeinschaftsstand der hessischen Hochschulen

Netzwerkarbeit

Patentverwertungsinitiative HIPO für die Patentierung von Innovationen aus Hochschulen

TTN-Expertendatenbank auf der Internetplattform

Veranstaltungen zum Dialog von Wissenschaft und Wirtschaft

137 |


Motor für Innovation

Innovationsberatung für hessische Unternehmen Über den Bereich InnovationsLotse begleitet die HA komplexe technologieorientierte Gründungs- und Wachstumsvorhaben. Im Rahmen eines qualifizierten Erstgesprächs wird das Technologievorhaben bewertet und erste Hilfestellungen bei Planung und Umsetzung gegeben. Ebenso werden Wege aufgezeigt, das umfangreiche Angebot an Leistungen der spezialisierten regionalen Netzwerkpartner nutzbar zu machen. Das Beratungsspektrum umfasst dabei, •

die richtige Förderstrategie zu finden,

die richtigen Ansprechpartner zu identifizieren,

die Besonderheiten der Förderprogramme zu verstehen und

deren Kopplungsmöglichkeiten zu erkennen.

Die speziellen Kompetenzen des InnovationsLotsen erstrecken sich auf: •

Überblick über die Finanzierungsinstrumente des Landes Hessen und des Bundes in den Bereichen Kredite, Beteiligungen und Bürgschaften durch Anbindung an die jeweiligen Fachabteilungen

Überblick über die Forschungs- und Entwicklungsförderung (Innovationsförderung) des Landes Hessen, des Bundes und der EU durch direkte Kooperation mit den Projektträgern und beauftragten Stellen

Übersicht über das Leistungsangebot hessischer Gründerwettbewerbe und Institutionen sowie von Industrie- und Forschungsnetzwerken durch eine landesweite Koordinierungsfunktion

Darüber hinaus werden Trainingseinheiten zur Innovation sowie Förderprogramme zur Patentanmeldung angeboten. Es gibt einen Innovationspreis sowie einen Gründungswettbewerb. Neben diesen speziellen InnovationsLotsen finden sich auch Innovationsberatungsprogramme von anderer Seite. So ist die Wirtschafts- und Infrastrukturbank Hessens in der Innovationsberatung aktiv. Im Speziellen berät sie Unternehmen (i. d. R. Gründer) bezüglich möglicher Förderprogramme und individuell geeigneter Finanzierungsmöglichkeiten. Neben der individuellen Beratung werden auch Sprechtage und Veranstaltungen in ganz Hessen durchgeführt. Die WI-Bank übernimmt damit Lotsenfunktion in der Wirtschaftsförderung und engagiert sich ebenso in der Netzwerkbildung, u. a. durch die Zusammenarbeit mit den regionalen Wirtschaftsförderern und den Kammern. Konkret geförderte Innovationsberatung wird auch vom RKW47 Hessen geleistet. Hessische Unternehmen können bis 400 Euro pro 47 Rationalisierungs- und Innovationszentrum der Wirtschaft e. V. und die RKW Hessen GmbH werden von Unternehmen und Wirtschaftsorganisationen getragen und sind sozialpartnerschaftlich organisiert.

138 |


Gemeinsam Mehr.Wert | Innovationen im industriellen Mittelstand

Beratungstag bzw. 2.000 Euro pro Projekt48 als maximale Förderungssumme erwarten. Es müssen dabei mindestens 40 Prozent der Beratungskosten als Eigenanteil durch die Unternehmen übernommen werden. Neben direkt innovationsbezogener Beratung sind ebenso FuE-Management sowie Anpassungen an Veränderungen durch Gesetze, technische Normen und Richtlinien Gegenstand der Beratungen.

4.4 Andere Maßnahmen zur Innovationsförderung Neben diesen gesteuerten Maßnahmen sollen z. B. Gründerwettbewerbe offene Innovationsprozesse fördern und kreative Energien freisetzen. Ein Beispiel aus der hessischen Förderungspolitik ist hier der bundesweit ausgeschriebene Gründerwettbewerb „Science4Life“. Neben den ausgeschriebenen Preisen stehen in erster Linie Beratungsangebote in Form von Online-Seminaren und einem Expertennetzwerk im Mittelpunkt. Der Wettbewerb gliedert sich dabei in drei Phasen: (1) Konzeptphase; (2) Businessplanphase und (3) Prämierungsphase.

4.5 Zusammenfassung und Bewertung Die Möglichkeiten, die Hessen im Bereich der finanziellen und nicht finanziellen Förderung von Innovationstätigkeiten in bestehenden Unternehmen bzw. von Unternehmensneugründungen mit innovativem Hintergrund bietet, sind vielfältig. Sie reichen von Darlehen, Bürgschaften und verschiedenen Formen der Beteiligung auf der finanziellen Seite bis zu gezielten Maßnahmen für die Entwicklung bestimmter, besonders innovativer Wirtschaftszweige (Biotech, IT, Nanotechnologie und Umwelttechnologie) sowie Innovationsberatung als nicht finanzielle Förderungen. Zur letzteren Kategorie zählen ebenso die Aktivitäten im Bereich der Cluster- und Netzwerkbildung sowie der Unterstützung von Kooperationen. Gründerwettbewerbe sollen neue Innovationspotenziale anregen und neuen Wettbewerb stimulieren. Neben dem Preisgeld, das bei der Gründung helfen soll, bieten diese Wettbewerbe vor allem Expertenbewertung und -beratung das Gründungsvorhaben betreffend. Sie können darüber hinaus als Netzwerkplattform genutzt werden. Trotz dieser zahlreichen Möglichkeiten weist die Innovationspolitik Hessens noch Verbesserungspotenziale auf. Diese sollen in den folgenden Handlungsempfehlungen näher erörtert werden. Bei näherer Betrachtung der Übersichten in Tabelle 4-6 und Tabelle 4-7 wird klar, dass sich ein Großteil der hessischen Innovationsförderungsmaßnahmen auf spezielle Technologien fokussiert. Viele monetäre, aber insbesondere eine hohe Anzahl nicht monetärer Förderungsmaßnahmen richten sich allein auf den Hochtechnologiebereich. Für Gründer gibt es eine ausreichende Zahl von Finanzierungsmöglichkeiten. Es wird ebenso Wert darauf gelegt, 48

In ERFE-Regionen erhöhen sich diese Sätze um jeweils 12,5 Prozent.

139 |


Motor für Innovation

Gründer in Bezug auf ihre finanziellen Förderungsmöglichkeiten zu beraten, jedoch finden – wenn überhaupt – nur wenige Maßnahmen statt, um Gründer in die bestehenden Strukturen einzubinden und deren Potenziale nutzbar zu machen. Auch wenn die konkrete praktische Umsetzung im Einzelgespräch mit dem Berater an dieser Stelle nicht beurteilt werden kann, so scheint es aber doch wenig Anknüpfungspunkte für Gründer z. B. zu bestehenden Clustern zu geben. Ebenso werden Gründer, die sich außerhalb der Hochschulen ihr Wissen angeeignet haben, wenig beachtet. Vernetzungen von Hochschulen mit solchen neu gegründeten Unternehmen bzw. Gründungsvorhaben werden nicht in Betracht gezogen. Positiv ist das Programm der Innovationsassistenten herauszustellen, das es KMU (auch bei Neugründungen) ermöglicht, Hochschulabsolventen mit innovationsrelevantem Fachwissen für das Unternehmen zu gewinnen. Bemerkenswert ist ebenso, dass KMU bei der finanziellen Förderung einen hohen Stellenwert genießen, es aber bei nicht monetären Förderungen praktisch keine Maßnahmen gibt, die speziell auf KMU zugeschnitten sind. Selbstverständlich werden KMU von Maßnahmen wie Aktionslinien und Clustern nicht ausgeschlossen und können sogar überproportional von Leistungen wie einem gemeinsamen Messestand oder Öffentlichkeitsarbeit profitieren. Dennoch wäre eine bedarfsgerechtere Ausrichtung in diesem Bereich sinnvoll. Ein allgemeines Problem, das sich die hessische Innovationsförderung mit der anderer Bundesländer sowie des Bundes teilt, besteht im fehlenden Rechtsanspruch auf Förderung. Ein solcher Rechtsanspruch würde insbesondere KMU Sicherheit in ihrer Planung verleihen.

140 |


Gemeinsam Mehr.Wert | Innovationen im industriellen Mittelstand

Tabelle 4-6: Übersicht Ausrichtung der hessischen Innovationsförderung I Monetäre Förderungsmaßnahmen Technologie

Standort

Gründer

Hochschulen

KMU

Inkubatoren/ Gründerzentren

direkte FuEFörderung Innovationskerne Innovationsassistent

Monetäre Förderung Darlehen

ERP-Förderprogramm (auch für technologiefremde Innovationen verwendbar)

Bürgschaften

FuE Förderung

Bürgschaft ohne Bank1

direkte FuEFörderung Innovationskerne

Beteiligungen

Modell Projekte

RegioMIT Beteiligung

FuE Automotive

Beteiligung für nachweislich inno vative Firmen Venture Capital (TF H)

MBG H Beteiligung Hessen Kapital Beteiligung LOEWE

LOEWE MPP

Machbarkeitsstudien FuE-Vorhaben Pilot- und Demonstrationsvorhaben Schulung und Information

Förderung ländlicher Raum

1

Inkubatoren/ Gründerzentren

Förderung innerhalb des Energiegesetztes

Marktvorbereitungsförderung Entwicklungsvorhaben

Machbarkeitsfonds

Machbarkeitsfonds HIPO

Machbarkeitsfonds HIPO

Bis zum 31.12.2010 sind Bürgschaften auch für bestehende Unternehmen möglich (bis zu 500.000 Euro)

Quelle: eigene Darstellung (IW Consult) 141 |


Motor für Innovation

Tabelle 4-7: Übersicht Ausrichtung der hessischen Innovationsförderung II Nicht monetäre Förderungsmaßnahmen Technologie

Standort

Gründer

Hochschulen

Nicht monetäre Förderung

Aktionslinien

Hessen-biotech Hessen-nanotech Hessenumwelttech Hessen-IT

Cluster

Fast alle Cluster in Hessen haben einen technologischen Schwerpunkt.

Technologie Transfer Netzwerk

Kooperationspreis Gemeinschaftsstand auf Messen Netzwerkarbeit HIPO Expertendatenbank

HIPO

Innovationsberatung

Innovations Lotse

Andere Förderungen Gründerwettbewerb

Science4Life

Quelle: eigene Darstellung (IW Consult)

142 |

Science4Life

KMU


Gemeinsam Mehr.Wert | Innovationen im industriellen Mittelstand

5

HANDLUNGSEMPFEHLUNGEN Im Folgenden sollen aus den empirischen Ergebnissen abgeleitete Handlungsempfehlungen gegeben werden, die die aktuelle Innovationspolitik Hessens sinnvoll erweitern oder grundsätzliche Verbesserungsvorschläge machen. Sie können dazu dienen, die Innovationsförderung besser und effektiver zu gestalten.

5.1 Gesamtstrategie Eine Erfolg versprechende Innovationspolitik sollte ganzheitlich angelegt sein. Deshalb ist die Formulierung einer Gesamtstrategie notwendig. Dabei muss ein Handlungsrahmen in Abhängigkeit der Ausgangsbedingungen formuliert werden. Es gibt in Hessen drei strukturelle Gegebenheiten, die zu beachten sind:

• • •

Hessen ist ein traditioneller Industriestandort. Hessen ist ein Dienstleistungsland. Hessen ist ein Wissensland.

Eine Gesamtstrategie muss diese drei Facetten (Industrie – Dienstleistungen – Wissen) berücksichtigen. Eine Innovationsstrategie für Hessen sollte deshalb unter der Überschrift „Know-how für eine integrierte Industrie-Dienstleistungswirtschaft“ stehen. Dabei kommt es darauf an, die Verbindungen zwischen dem Industrie- und dem Dienstleistungsbereich zu stärken. Dieser Industrie-Dienstleistungsverbund kann nur gestärkt werden, indem in den Industrieunternehmen die wissensintensiven Dienstleistungstätigkeiten ausgebaut werden und bei der Produktentwicklung stärker die gesamte Wertschöpfungskette berücksichtigt wird. Noch mehr als in der Vergangenheit sollte die sogenannte hybride Wertschöpfung gestärkt werden. Dazu sind Geschäftsmodelle zu entwickeln, bei denen Industrieprodukte und die vor- oder nachgelagerten Dienstleistungen gemeinsam geplant, entwickelt und realisiert werden. Dieses Konzept einer industriebasierten Dienstleistungsstrategie muss in einen Handlungsrahmen eingebunden werden, der durch ineinandergreifende Systeme beschrieben werden kann:

• • • •

Rahmenbedingungen Erfolgsfaktoren Netzwerke Innovationsförderung

143 |


Motor für Innovation

Abbildung 5-1: Handlungsrahmen der Innovationspolitik Schematische Darstellung

Rahmenbedingungen Erfolgsfaktoren

Steuern

Bildung

Wissenschaft

Forschung

Netzwerke

HighSkill

Innovationsförderung

Differenzierung Fachkräfte

Katalysatorfunktion Internationalisierung

Entwicklung

Innovation

Bürokratie

Management Arbeitskosten

Technikfreundlichkeit

Quelle: IW Consult Die Abbildung 5-1 zeigt diese Zusammenhänge im Überblick. Eine zukunftsweisende Innovationspolitik muss sich zunächst um gute Rahmenbedingungen kümmern. Das klingt banal und selbstverständlich, ist aber unabdingbare Grundvoraussetzung. Die allgemeinen Rahmenbedingungen sollen in dieser Studie nicht vertieft werden. Deshalb genügt der Hinweis, dass die Themen hervorragende Bildung, exzellente Wissenschaft, gut ausgebildete Fachkräfte, ein technikfreundliches Umfeld, verkraftbare Arbeits- oder Energiekosten, eine effiziente Bürokratie oder niedrige Steuern notwendige, aber keineswegs hinreichende Bedingungen für eine erfolgreiche Innovationspolitik sind. Gute Rahmenbedingungen sind die Voraussetzungen, aber sie genügen nicht. Gefordert ist zusätzlich eine Innovationspolitik, die die Erfolgsfaktoren auf der Unternehmensebene stärkt.

144 |


Gemeinsam Mehr.Wert | Innovationen im industriellen Mittelstand

Dazu gehören: •

Forschungs- und Entwicklungstätigkeit,

Stärkung des Humankapitals,

Erhaltung und Verbesserung der Differenzierungsfähigkeit,

Internationalisierung,

geregelte Ideen- und Innovationsmanagementsysteme und natürlich die

Verbesserung der Innovationskraft.

Das zentrale Ergebnis der vorangegangenen Analyse ist, dass längst nicht alle Unternehmen diese Erfolgsfaktoren erfüllen. Besonders hohe Defizite sind bei kleineren Unternehmen festzustellen. Der Mittelstand muss im Zentrum einer Innovationsstrategie stehen, ohne dabei die großen Unternehmen zu vernachlässigen, die für einen Großteil der Forschungs- und Entwicklungs- sowie Innovationsanstrengungen verantwortlich sind. Die Förderung dieser vielfältigen Erfolgsfaktoren sollte auch in einem ganzheitlichen Konzept eingebunden werden und sich nicht in einem undurchsichtigen Förderdschungel verlieren. Deshalb sollten stärker als bisher Netzwerke als Dachorganisationen und Katalysatoren zur gebündelten Förderung dieser Erfolgsfaktoren genutzt werden. Netzwerke sollten als Plattform zur Koordination der Förderung von Erfolgsfaktoren genutzt werden, die letztendlich über den Innovations- und Unternehmenserfolg entscheiden. Erst in dieser Umgebung und Einbindung ergibt eine Verbesserung der Innovationsförderung wirklich Sinn. Bei dieser Reform sind – wie oben ausgeführt – drei Themen wichtig: •

Reduzierung des Selektionsgrades

bessere Informationen und Vereinfachung der Verfahren sowie

Zugang von mehr Unternehmen zur Förderung

5.2 Netzwerke als Problemlösungsplattform Hessen war schon sehr früh in der Clusterbildung aktiv. Die derzeitigen Maßnahmen konzentrieren sich auf verschiedene (Hoch-)Technologiebereiche. Flankierend dazu setzen die sogenannten Aktionslinien gezielt Entwicklungsschwerpunkte in den Bereichen Biotechnologie, IT, Nanotechnologie und Umwelttechnologie. Die Förderung von Clustern setzt sich aus monetären wie nicht monetären Bestandteilen zusammen und bezieht sich derzeit hauptsächlich auf Unterstützung im Management bestehender Cluster und Förderung von neuen Clustern. Abbildung 5-2 zeigt die Aufgaben von Netzwerken. Das Ziel ist, ganzheitliche Netzwerke mit umfassenden Problemlösungen unter einem Dach zu etablieren. Hierfür sollte ein breites Themenspektrum, das sich an den globalen Megatrends orientiert, als Rahmen dienen. 145 |


Motor für Innovation

Innerhalb dieser Spektren sollte dann eine möglichst große Forschungsfreiheit gelten, um keine Fehlselektionen oder kontraproduktive Anreizmechanismen zu setzen. Hier gilt es also, nur Leittechnologien zu identifizieren, welche die am meisten Erfolg versprechenden Technologien diskriminierungsfrei ausnehmen – die Abbildung zeigt hierzu immer nur zwei exemplarische Technologien zu jedem Megatrend. Neben diesen Megatrends sollten sich die Cluster auf Querschnittsthemen konzentrieren, die in den Schnittstellen der konkreten Cluster behandelt werden. Solche Schnittstellen sind für Cross-Innovations von entscheidender Bedeutung. In diesen Schnittstellen erscheint es sinnvoll, Querschnittsthemen auf die Agenda zu setzen, die als Erfolgsfaktoren von den Unternehmen angesehen werden können. Zu diesen Schnittstellenthemen gehören beispielsweise die Forschung und Entwicklung in KMU, die Integration von Industrie- und Dienstleistungsprodukten bzw. die Internationalisierung und der Bereich Innovation. Diese Felder könnten dazu beitragen, die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen unabhängig von ihrer Produkt- bzw. Dienstleistungsausrichtung zu steigern. Dieses ganzheitliche Konzept würde sich also einerseits mit den konkreten Megatrends und den dazugehörigen Technologien beschäftigen – damit also, wie Unternehmen durch konkrete Produkt- oder Prozessinnovationen in Zusammenarbeit mit anderen Unternehmen und der Wissenschaft eine stärkere Marktstellung erreichen können. Andererseits könnten Hinweise dazu gegeben werden, wie unabhängig von diesen konkreten Innovationen generell das Innovationspotenzial erhöht werden kann. In gleicher Weise ergeben sich Hinweise zur Entwicklung der Bereiche Internationalisierung und Forschung und Entwicklung. Auch die Beschäftigung mit dem Thema komplexe integrierte Produkt-Dienstleistungsbündel, die für viele Unternehmen derzeit noch Neuland sind, würde die grundlegende Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen stärken. Zwei Dinge fallen bei der derzeitigen Förderungspolitik auf: Erstens sind die Schwerpunkte der einzelnen Cluster sehr eng definiert.49 Dem entgegenlaufend beschränkt sich die Förderung zumeist auf generische Maßnahmen zur Clusterförderung. Die hier erarbeitete Strategie regt stattdessen einen anderen Weg an und setzt auf breite, mit Kerntechnologien verbundene Leitthemen für Netzwerke. Die vornehmliche Aufgabe der Innovationspolitik ist es, diese Netzwerke als Plattformen in die Innovationsförderung zu integrieren. Das bedeutet, sie einerseits gezielt an ihren jeweiligen Leitthemen ausgerichtet zu fördern, aber andererseits wichtige Querschnittsaufgaben wahrzunehmen, die alle Netzwerke betreffen. Zu diesen Querschnittsaufgaben gehören insbesondere die Förderung und bessere Einbindung von KMU, das Forcieren hybrider Geschäftsmodelle, Hilfestellung beim Innovationsmanagment und das Anregen von Cross-Innovations, also Innovationen, die durch die Zusammenarbeit von Partnern aus verschiedenen Clustern entstehen.

49

Siehe hierzu auf www.hessen-cluster.de die Auflistung der Cluster- und Netzwerkaktivitäten.

146 |


Gemeinsam Mehr.Wert | Innovationen im industriellen Mittelstand

Abbildung 5-2: Aufgaben von Netzwerken Problem – Technologie – Querschnittsthemen

Ganzheitliche Netzwerke Problemlösungen unter einem Dach Ressourcenschonung

Mobilität

Life Science

N.N.

Leittechnologie luK-Technologie CtP-Technologie

Leittechnologie e-drive-Techn. Assistenzsysteme

Leittechnologie Biotechnologie Medizintechnik

Leittechnologie N.N. N.N.

Querschnittsthema: Forschung und Entwicklung im KMU Querschnittsthema: Integration Industrie-Dienstleistungen Querschnittsthema: Internationalisierung Querschnittsthema: Innovation

Quelle: eigene Darstellung (IW Consult) Der entscheidende Vorteil von breiten Leitthemen im Gegensatz zu engen Schwerpunkten liegt darin, dass der Markt letztendlich selbst darüber entscheidet, welche Innovationen tatsächlich tragfähig sind und sich durchsetzen. Ein weiterer Punkt betrifft die Integration von neuen Unternehmen in bestehende Cluster und hier vor allem KMU und Neugründungen. Es gilt – stärker, als dies bisher der Fall ist –Anknüpfungspunkte zu schaffen und Hemmschwellen zu beseitigen. Bei der Integration neuer Unternehmen in Cluster sind auch immer neue Kompetenzen und potenzielle Wettbewerbsvorteile für den Cluster zu gewinnen. Um das volle Potenzial auszuschöpfen, muss gewährleistet sein, dass es keine zu stringente Selektion der Unternehmen gibt, die zu einem bestimmten Cluster Zugang haben. So werden künstliche Selektionseffekte vermieden und das organische Entstehen langfristig konkurrenzfähiger Clusterzielsetzungen bestärkt. Auch sollten die Cluster unbedingt untereinander vernetzt werden, um Schnittstellen zwischen verschiedenen Oberthemen besser abdecken zu können – dies ist derzeit in der hessischen Clusterpolitik noch nicht ausgeprägt der Fall. Nur wenn ein solcher kontinuierlicher Kommunikationskanal zwischen den Clustern etabliert werden kann, entsteht die Möglichkeit von Cross-Innovations, von Innovationen also, die mehrere Teilgebiete abdecken und folglich starke Ausstrahlungseffekte haben. Dies setzt allerdings zum einen eine umfassende Offenheit der Cluster und Netze voraus und zum anderen Persönlichkeiten als Netzwerkmanager und Berater, die aktiv an dieser Vernetzung arbeiten und offen gegenüber Entwicklungen von 147 |


Motor für Innovation

außen sind. Besonders wichtig ist hierbei, den administrativen Aufwand zu senken und eine stärkere individuelle Beratung auf langfristiger Basis zu fördern. Nur wenn der notwendige Aufwand zu bewerkstelligen ist und die Einzelpersonen langfristig ihre jeweiligen Positionen einnehmen, ist ein Erfolg in der Dauerhaftigkeit der Vernetzungen möglich. Insbesondere in diesem sehr sensiblen Feld von innovationsrelevanten Informationen ist eine gegenseitige Vertrauensbasis zwischen den Akteuren entscheidend für die Offenheit und den Grad des Informationsaustausches. Cluster dürfen nicht als reine Agglomerationen von Unternehmen mit ähnlichen Schwerpunkten verstanden werden, es müssen explizit auch Forschungseinrichtungen und Dienstleistungen zum Cluster gehören. Dies bedeutet z. B., dass auch die Finanzierung von Projekten innerhalb des Clusters ein Thema ist und gemeinsam mit der Beratung des Managements und unter Einbindung der clustereigenen (Finanz-)Dienstleister umgesetzt wird. So ist eine übergreifende Transparenz der Unternehmen möglich, die wiederum positive Effekte auf die Bandbreite der Lösungsmöglichkeiten hat. Je mehr Informationen zu den Unternehmen vorhanden sind, desto effizienter lassen sich Lösungen entwickeln. Ein gewünschter Nebeneffekt einer solchen umfangreichen Einbettung in den Cluster kann sein, dass die gesamte Unternehmenskultur in Richtung einer höheren Forschungsaffinität geführt werden kann. Hierfür sind aber auch und gerade kontinuierliche Gespräche mit der Geschäftsführung und den Entwicklern notwendig. Um erfolgreich Einfluss zu nehmen, muss zum einen ein Vertrauensverhältnis aufgebaut werden. Zum anderen müssen Erfolge bei gemeinsam durchgeführten Forschungsprojekten sichtbar sein und kommuniziert werden. So lassen sich Unternehmen, die bisher nur diskontinuierlich aus Ad-hoc-Entscheidungen heraus entwickelt oder konstruiert haben, an einen strategischen Forschungs- und Entwicklungsprozess heranführen. Einbindung von Dienstleistungen in Cluster kann jedoch auch mit einem breiten Horizont für die Wertschöpfung der einzelnen Unternehmen verstanden werden. Wie zuvor schon angedeutet, verspricht die Integration von innovativen Dienstleistungen in die Wertschöpfungskette von bisher produktorientierten Unternehmen langfristige Erfolge im internationalen Wettbewerb. Deshalb sollte die Entwicklung zu einer solchen hybriden Wertschöpfung ebenfalls als Querschnittsaufgabe für alle Cluster aufgefasst werden.

5.3 Innovations- und Forschungsförderung Aus den hier diskutierten Befunden sowie der entwickelten Gesamtstrategie folgt, dass erfolgreiche Innovations- und Forschungsförderung hauptsächlich an den Erfolgsfaktoren ansetzen und diese gezielt fördern muss. Hierzu wurde herausgearbeitet, dass drei Kernbereiche besondere Aufmerksamkeit verdienen:

148 |


Gemeinsam Mehr.Wert | Innovationen im industriellen Mittelstand

Reduzierung des Selektionsgrades

bessere Informationen und Vereinfachung der Verfahren sowie

Zugang von mehr Unternehmen zur Förderung

Diese sollen nun im Folgenden genauer besprochen und mit konkreten Instrumenten verknüpft werden. Reduzierung des Selektionsgrades: technologieungebundene Innovationsförderung Trotz der offensichtlichen Vielfalt der hessischen Innovationspolitik und der Vielzahl der angebotenen Förderprogramme ist doch eine klare Ausrichtung an technologieintensiven Wirtschaftszweigen zu erkennen. Innerhalb dieser Ausrichtung werden wiederum ganz bestimmte Bereiche und Technologien besonders gefördert. Dies steht zwar im Einklang mit der hessischen Strategie „Stärken stärken“, kann aber zu ungewollten Selektionsprozessen führen. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn Informationsasymmetrien zwischen Politik und Unternehmen vorhanden sind. Dieser Zustand ist vor allem in sich schnell entwickelnden, hochtechnologischen Bereichen ständig gegenwärtig. Insofern ergibt eine weniger steuernde, offene Innovationsförderung mehr Sinn – auch und gerade, um „Stärken zu stärken“, aber vor allem, um nicht auf die falschen Stärken zu setzen. Dies unterstreicht die Wichtigkeit des hier vorgeschlagenen Konzepts der breiten Leitthemen. Darüber hinaus werden für die Bereiche Design, Marketing oder auch Prozessverbesserungen kaum bzw. keine Mittel in der hessischen Innovationspolitik erwähnt. Doch gerade in diesen Bereichen liegt wesentliches zukünftiges Potenzial, vor allem in der verbesserten Integration von Dienstleistungen in das Produzierende Gewerbe, also dem Forcieren hybrider Geschäftsmodelle. Daher sollte sich die Innovationspolitik in diesen und anderen Bereichen öffnen und weniger beschränkt vorgehen. Andere hier angesprochene Querschnittsaufgaben, die es anzugehen gilt, bestehen darin, das Innovationsmanagement zu verbessern und die Internationalisierung voranzutreiben. Ein möglicher Weg, die Innovationspolitik stärker zu öffnen, sind die neuen Innovationsgutscheine des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie (BMWi), die durch das TTN, seine Regionalpartner und das RKW Hessen verteilt werden. Gefördert werden Innovationsberatungen durch vom BMWi autorisierte Beratungsunternehmen. Sie sollen die Unternehmen durch Empfehlungen, Konzepte und Begleitung während der Umsetzung von Innovationen beraten. Mit den Innovationsgutscheinen werden 50 Prozent der Beratungsleistungen gefördert. Es ist jedoch wichtig, darauf hinzuweisen, dass Aufwendungen für direkte FuE-Arbeiten von neuen Produkten und Verfahren nicht unter diese Förderung fallen. Zu den Leistungen, die über solche Innovationsgutscheine gefördert werden können, zählen:

149 |


Motor für Innovation

(kostenlose) Initialberatung (800 Euro je Beratertag zu 50 Prozent förderfähig)

Unternehmensaudit oder Machbarkeitsstudie: Bewertung der Innovationspotenziale des Unternehmens, Empfehlungen zur weiteren Vorgehensweise, firmenbezogene Darstellung der Machbarkeit des Innovationsvorhabens (maximal 4.000 Euro, beschränkt auf maximal 10 Tagewerke)

Realisierungskonzept: Technologiebewertung auf der Grundlage von Markteinschätzungen und Marktanalysen, Erarbeitung eines Realisierungskonzepts, Ermittlung geeigneter Technologiegeber und Finanzierungsmöglichkeiten (maximal 10.000 Euro, beschränkt auf maximal 25 Tagewerke; Kombination Audit und Realisierungskonzept maximal 12.000 Euro, maximal 30 Tagewerke)

Projektmanagement: Begleitung des Innovationsprojektes durch externes Projektmanagement, Auswertung und Beurteilung des Innovationsprojektes und Schlussfolgerungen (maximal 8.000 Euro, beschränkt auf maximal 20 Tagewerke)

Ein solches System verbindet zahlreiche Vorteile miteinander. Erstens stellt es eine sehr unbürokratische Maßnahme dar, zweitens ist es nicht an bestimmte Technologien gebunden und kann auch für Prozess-, Design- oder Marketinginnovationen genutzt werden. Drittens setzt es einen gewissen Wettbewerb der zuliefernden Institutionen in Gang, da es keine festen Vergabekontingente gibt, sondern sich jede Institution selbst um die Auftragserteilung bemühen muss. Darüber hinaus wirkt es reinen Mitnahmeeffekten entgegen, indem es immer noch 50 Prozent der Investition vom Unternehmen voraussetzt. Alternativ oder begleitend dazu sollte auch die Dienstleistungsinnovation in den Vordergrund gerückt werden. Nicht nur sollten entsprechende Förderungsmaßnahmen wie z. B. die eben genannten Innovationsgutscheine ermöglicht werden, es sollte vielmehr darum gehen, unter hessischen Unternehmen Bewusstsein dafür zu schaffen, dass Innovation nicht nur im technologischen Bereich stattfindet. Es gilt, eine breitere Innovationskompetenz zu erreichen, gerade für ein Bundesland wie Hessen, in dem die Dienstleistungsbranche dominiert und deutlich stärker wächst als das Produzierende Gewerbe. Fernöstliche Länder holen längst bei Produktionskompetenz und -qualität auf. Mittelfristig sind komparative Vorteile der deutschen Industrie nur noch schwer in Markterfolg umsetzbar. Es gilt deshalb, die Innovationspolitik eher auf langfristige Ziele auszurichten und die Entwicklung neuer Geschäftsmodelle zu initiieren und zu fördern. Besonderes Augenmerk sollte dabei auf die Integration von Technik und Dienstleistung gelegt werden, da dieser Schnittbereich große Wachstumspotenziale für die Zukunft bietet.

150 |


Gemeinsam Mehr.Wert | Innovationen im industriellen Mittelstand

Bessere Informationen und Vereinfachung der Verfahren: alles aus einer Hand Obwohl der Großteil der Maßnahmen innerhalb der hessischen Innovationspolitik von der HA bzw. dem Wirtschaftsministerium direkt organisiert wird, sind der Auftritt und die Informationsweitergabe immer noch unübersichtlich. Da die allermeisten Unternehmen heute vornehmlich das Internet für die Informationsbeschaffung bezüglich der für sie infrage kommenden Förderungen nutzen, wäre insbesondere die Bereitstellung eines gemeinsamen Internetportals für alle Förderprogramme wünschenswert. Ein solches Internetportal sollte die Fördermittelsuche für Unternehmen deutlich vereinfachen. Es muss sich deshalb nach den Problemstellungen der Unternehmen richten und nicht nach den Förderprogrammen unterteilt werden. Beispielsweise käme ein ähnlicher Aufbau wie beim schon existierenden Forschungsfinder (www.forschungsfinder-hessen.de) infrage. Es muss dialogorientiert sein und sicherstellen, dass ein Interessent sich selbst ohne Vorwissen einfach innerhalb der Vielzahl von Programmen orientieren kann. Im Idealfall müssen Interessenten ihr Anliegen in Stichwörtern schildern und die Internetsoftware muss durch die Förderangebote führen, informieren und Entscheidungshilfen geben. Ein solches Internetportal könnte neben der Informationsbereitstellung auch den Zweck haben, zu einer stärkeren Koordination der einzelnen Förderprogramme anzuregen, da Vor- und Nachteile der einzelnen Programme sich leichter vergleichen lassen und Lücken im Gesamtpaket besser aufgedeckt werden können. Zugang für mehr Unternehmen zu Innovation: steuerliche Anreize Im Gegensatz zu allen anderen Innovationsförderungen bieten steuerliche Anreize konkrete Rechtssicherheit. Dies ist insbesondere für KMU wichtig, da sie so mit sicheren finanziellen Erleichterungen planen können. In einem solchen Umfeld lässt sich Freiraum für Innovationen besser realisieren. Aus der politischen Perspektive ergeben sich bei erster Betrachtung jedoch einige Gründe, die gegen solche Maßnahmen sprechen. Zunächst ist es der von Unternehmensseite aus positiv zu bewertende Rechtsanspruch, der gegen eine steuerliche Innovationsförderung spricht. Die entstehenden Haushaltsbelastungen sind nur schwer im Voraus kalkulierbar und eine Auszahlung unabhängig von der Kassenlage verpflichtend. Darüber hinaus sind gewisse Mitnahmeeffekte zu erwarten, weil auch die Innovationsausgaben gefördert werden, die ebenso ohne Förderung getätigt worden wären. Ebenso – wie bei allen anderen steuerlichen Förderungen – muss eine genaue Abgrenzung getroffen werden, welche Innovationsmaßnahmen steuerlich berücksichtigt werden und welche nicht. Eine solche Unterscheidung und die Umsetzung der daraus aufzustellenden Regelungen sind keineswegs trivial, vor allem wenn man die Ziele des Bürokratieabbaus und der Steuervereinfachung ernst nimmt. Zudem ist zu erwarten, dass größere Unternehmen mit Forschungsabteilungen überdurchschnittlich profitieren, weil dort die Deklaration von Aufwandspositionen als Innovationsaufwand leichter fällt.

151 |


Motor für Innovation

Man sollte sich aber trotz der obigen Bedenken für eine (Wieder-)Einführung der indirekten Innovationsförderung entscheiden, auch da sie einen freien FuE-Transfer darstellt. Die Förderung sollte möglichst einfach und allgemeingültig sein. Lediglich eine Förderpräferenz für KMU erscheint sinnvoll. Jede weitere Modifikation, so sinnvoll sie auch im Einzelfall scheinen mag, würde den bürokratischen Aufwand weiter erhöhen. Größere Unternehmen dürfen von der steuerlichen Innovationsförderung nicht ausgeschlossen werden. Für die konkrete Umsetzung eines solchen steuerlichen Anreizsystems stehen zwei grundsätzliche Alternativen zur Wahl: • •

erhöhter Verlustvortrag Tax Credits

Ein erhöhter Verlustvortrag würde es Unternehmen ermöglichen, ihre FuE-Ausgaben mit einem Faktor größer als eins in zukünftige Perioden zu übertragen. Es bleiben jedoch die Grundregeln der Mindestbesteuerung zu beachten. Diese sehen vor, dass zumindest 40 Prozent der Gewinne der Besteuerung unterliegen. Insofern wirkt die Steuerermäßigung zeitverzögert. Ein klarer Vorteil dieser Lösung ist, dass Unternehmen, die erfolgreicher in ihren Innovationsmaßnahmen sind, stärker von dieser Maßnahme profitieren. Unternehmen, die schnell wieder aus dem Markt verschwinden, erhalten keine Förderung. Es findet also eine Positivförderung statt, d. h., nur erfolgreiche Innovationen werden auch tatsächlich steuerlich begünstigt. Als problematisch ist dabei jedoch zu sehen, dass die unterliegende Grundidee nicht mit der Realität von Innovationsentscheidungen und -prozessen übereinstimmt. Innovationsinvestitionen sind als Entscheidungen unter Unsicherheit zu verstehen und nicht als Entscheidungen unter Risiko, d. h., die Erfolgswahrscheinlichkeit ist nicht ex ante bestimmbar. Folgt man dem sogenannten Theorem der offenbarten Präferenzen, so beinhaltet eine Investition ein (subjektives) Kalkül, dass diese wirtschaftlich hinreichend erfolgreich sein kann (zumindest im Innovationsportefeuille eines Unternehmens), sonst würde sie schlicht nicht getätigt werden. Nicht erfolgreiche FuE-Investitionen beruhen somit auf der Unsicherheit und erst nachrangig auf mangelndem Wissen oder Fehleinschätzungen technologischer oder wirtschaftlicher Art, so wenn z. B. das Innovationspotenzial einer Technik bzw. die Akzeptanz des Marktes überschätzt wurde. Es findet somit durch die mögliche Maßnahme eines erhöhten Verlustvortrages nicht nur eine positive Selektion der erfolgreichen Innovationen statt, sondern vor allem auch eine Vorselektion der Vorhaben, deren Unsicherheit relativ gering ist. Innovationsvorhaben, die ein hohes Risiko, aber oftmals gleichzeitig auch ein hohes Wachstumspotenzial bzw. eine tief greifende Veränderung bestehender Verhältnisse bergen, werden relativ seltener angegangen. In diesem Punkt ist die Lösung durch einen Tax Credit deutlich überlegen. Ein Unternehmen, das einen einlösbaren Tax Credit erhält, ist zu einer entsprechenden Auszahlung durch das

152 |


Gemeinsam Mehr.Wert | Innovationen im industriellen Mittelstand

zuständige Finanzamt berechtigt. Ein solcher Tax Credit wirkt sofort und erhöht somit die Liquidität und die Finanzierungsmöglichkeiten des Unternehmens. Für eine solche Förderung bestehen wiederum zwei mögliche Ausrichtungen: • •

Tax Credit für FuE-Ausgaben Tax Credit für FuE-Personalausgaben

Die Entscheidung, für welche Ausgaben ein Tax Credit vergeben wird, hat maßgebliche Lenkungsfunktion für das Verhalten von Unternehmen. Während ein Tax Credit für FuEAusgaben eher die Investition in Kapital bestärkt, sollte eine so durchgeführte Förderung für Personalausgaben eher zur Neueinstellung/Weiterbeschäftigung von FuE-Mitarbeitern führen. Aufgrund der hohen Lohnnebenkosten in Deutschland besteht eine Verzerrung zugunsten tendenziell höherer Kapitalinvestitionen. Dieser Verzerrung könnte durch personalorientierte Förderung entgegengewirkt werden. Gerade KMU könnte eine solche Förderung zugutekommen. Gegen eine steuerliche Förderung von FuE-Personal spricht, dass die impliziten Lohnsubventionen an die Beschäftigten weitergereicht werden, d. h., es wird ein erheblicher Mitnahmeeffekt unterstellt. Ob dieser höher ausfällt als bei einer steuerlichen Förderung von FuE-Ausgaben, kann an dieser Stelle nicht geklärt werden.

5.4 Rahmenbedingungen Wie schon in der Gesamtstrategie (Abschnitt 5.1) herausgestellt worden ist, müssen bestimmte Rahmenbedingungen erfüllt sein, um die hier diskutierte Innovationspolitik mit den eben angesprochenen Instrumenten effektiv umsetzen zu können. An dieser Stelle sollen nur die Bereiche herausgegriffen werden, bei denen konkreter Handlungsbedarf besteht. Hierzu werden im Folgenden mögliche Wege aufgezeigt, das Innovationspotenzial Hessens besser zu nutzen. Bedarfsgerechtere Förderung Sowohl die Studie von Smerlinski et al. (o. D.) als auch Daten der IW Consult zeigen, dass Unternehmen in Abhängigkeit von ihrer Größe und Ausrichtung ganz bestimmte Probleme innerhalb ihrer Innovationsprogramme haben. Bei kleinen Unternehmen ist zwar vielfach der Wille vorhanden, jedoch fehlt es zumeist an den finanziellen Mitteln, Innovationen bis hin zur Marktreife zu bringen. Ebenfalls gibt es Engpässe beim Know-how und qualifizierten Mitarbeitern, um ein effektives Innovationsmanagement durchzuführen. Eine bedarfsgerechte Förderung von Innovationstätigkeiten in Unternehmen wäre deshalb sinnvoll. Für kleine Unternehmen sollten direkte, unbürokratische und schnelle finanzielle Förderungen (z. B. Tax Credits) im Vordergrund stehen. Darüber hinaus sollte intensive Beratung zur Systematisierung und Verbesserung des Innovationsprozesses sowie bezüglich der vielfältigen Fördermöglichkeiten z. B. über Innovationsassistenten stattfinden. Die zuvor dargestellten Ergebnisse des IW-Zukunftspanels

153 |


Motor für Innovation

zeigen diesen Mangel ebenfalls deutlich auf. Nur ganz wenige der kleinen Unternehmen verfügen über ein zentrales und organisiertes Ideen- und Innovationsmanagement. Bei mittelgroßen Unternehmen scheint es dagegen vor allem die Vernetzung zu sein, an der es mangelt. Hier könnte die Einbindung in einen passenden Cluster von anderen Unternehmen und Forschungseinrichtungen einen positiven Effekt haben. Bei Großunternehmen gilt es hingegen, die i. d. R. schon sehr effektiven Innovationsmanagementprogramme nicht nur zu unterstützen, sondern in höherem Maße auch für andere Unternehmen oder Institutionen z. B. durch Kooperationen oder Cluster nutzbar zu machen bzw. als Best-Practice-Modelle zu etablieren. Darüber hinaus hat die Befragung gezeigt, dass vor allem die FuE-Projekte, die in Kooperation mit Hochschulen initiiert bzw. durchgeführt werden, als wenig erfolgreich eingestuft werden. Solche Vorhaben werden häufiger abgebrochen oder führen zu keinen nennenswerten Erfolgen. Hieraus ergibt sich ein immens wichtiges Handlungsfeld für die Zukunft der hessischen Innovationspolitik. Es gilt, das Innovationspotenzial an Hochschulen auszunutzen. Die Befragung verleiht dieser Perspektive besonderes Gewicht, da Hochschulen als Innovationsgeber vor allem in den hochinnovativen Bereichen der hessischen Wirtschaft in der Zukunft an Bedeutung zunehmen werden. Bedarfsgerechtere Förderung könnte in diesem Fall bedeuten, zuerst durch weitere Studien die konkreten Hemmnisse in der Zusammenarbeit von Unternehmen und Hochschulen herauszuarbeiten, um diese dann gezielt angehen zu können. Ebenso könnten gemeinsame Workshops zur Innovation sowie Wettbewerbe, die explizit nur Kooperationen der genannten Partner zulassen, eine kurzfristige Annäherung und langfristig eine bessere Zusammenarbeit bewirken. Qualifikation als Schlüssel zur Innovationsfähigkeit Obwohl die hessische Innovationspolitik in vielen Bereichen mit den Universitäten und Fachhochschulen zusammenarbeitet, um deren direkte Innovationsleistung und Kooperation mit Unternehmen der Region zu verbessern, ist die Gestaltung von Studiengängen und die Sicherstellung einer ausreichenden Menge an Fachkräften für die Zukunft kein zentraler Bestandteil der Innovationspolitik Hessens. In einer empirischen Studie zur Innovationstätigkeit und dem Innovationsmanagement in hessischen Unternehmen geben jedoch über 50 Prozent der befragten Unternehmen den Mangel an qualifiziertem Personal als Grund für das Scheitern von Innovationsprojekten an. Ebenso deckt diese Studie auf, dass vielfach das Know-how zum effizienten Innovationsmanagement in Unternehmen fehlt (Smerlinski et al., o. D.). Diese Ergebnisse machen einerseits klar, dass die Ausbildung von qualifizierten Fachkräften innerhalb der Innovationspolitik beachtet werden sollte. Andererseits zeigen sie eindeutig den Mangel in der Vermittlung von Innovationsmanagementkenntnissen innerhalb der Studiengänge auf. Hier gilt es, Projekte wie die Machbarkeitsfonds bzw. HIPO enger in den Lehralltag der Universitäten und Fachhochschulen im Land einzubinden und so den Studenten einerseits klare Impulse für die Praxisorientierung ihres Studiums, aber auch konkrete Erfahrungen im Innovationsmanagement zu vermitteln. 154 |


Gemeinsam Mehr.Wert | Innovationen im industriellen Mittelstand

Neben der Qualifikation für das Innovationsmanagement sollte ebenfalls die Sicherstellung der Versorgung mit MINT-Absolventen im Fokus der Innovationsförderung stehen. Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik sind die Bereiche, die den größten Input geben, was Forschungsleistungen betrifft. Ohne die entsprechende Anzahl von Absolventen in diesen technischen Bereichen wird es mittel- bis langfristig schwerfallen, die grundlegenden Voraussetzungen für Innovationen, vor allem aber den Bereich Forschung und Entwicklung in Unternehmen aufrechtzuerhalten. Da schon die demografische Entwicklung einen negativen Trend bei den absoluten Ausbildungszahlen bedeutet, müssen Wege gefunden werden, die Absolventenzahl dennoch möglichst hoch zu halten. Nur so kann die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen auch in Zukunft gegen die massive Konkurrenz aus China und anderen aufstrebenden Schwellenländern aufrechterhalten werden. Zum Thema Qualifikation von Mitarbeitern gehört selbstverständlich auch die Weiterqualifizierung der Belegschaft. Dieser Bereich findet bisher ebenso keinen Einzug in die hessische Innovationsförderung. Doch auch und gerade in Bezug auf diesen Bereich zwingen die demografische Entwicklung und die immer länger werdenden Arbeitszeiträume im Leben eines Mitarbeiters (Stichwort: Rente mit 67) zum Handeln. Hauptziel der kontinuierlichen Weiterbildung muss es sein, die immer weiter zunehmende Komplexität der Produkte und Prozesse aktiv steuern zu können. Wenn solche Maßnahmen als Teile der Innovationspolitik verstanden und eingesetzt werden, kann wesentlich besser sichergestellt werden, dass neben der Konzentration auf fachliche und technische Weiterbildung auch und gerade die Weiterqualifikation im strategischen Denken geleistet wird. Wenn beispielsweise in der Zukunft ganze Geschäftsmodelle auf dem Prüfstand stehen, muss die gesamte Belegschaft auf die neuen Herausforderungen eingestellt werden. In diesem Rahmen müssen Entwicklungen, die ganze Wertschöpfungsketten von Grund auf ändern können, direkt in die Weiterbildung miteinbezogen werden. So wird jedem Mitarbeiter die Möglichkeit eingeräumt, solche tief greifenden Prozesse aktiv mitzugestalten und so latentes Innovationspotenzial freizusetzen. Langfristig kommt dies der Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens und des Standorts zugute. Innovationspool Neben diesen beiden Grundbedingungen geht es beim Schaffen des richtigen Rahmens aber auch darum, jedem Unternehmen einen möglichst breiten Zugang zu Innovationen zu ermöglichen. Hierfür ist ein webbasierter Innovationspool besonders geeignet. Ein solcher Service würde einerseits dazu dienen, Innovationsideen bekannter zu machen. Somit würde es auch leichter werden, Förderer aus der Privatwirtschaft zu finden. Andererseits kann eine solche Plattform dazu genutzt werden, aktiv nach Innovatoren zu suchen, d. h., Unternehmen oder Institutionen könnten Problemstellungen, von denen sie glauben, dass sie durch Produktoder Prozessinnovationen gelöst werden können, auf dieser Seite einstellen und Innovatoren könnten entsprechende Konzepte entwickeln und anbieten. Zur besseren Orientierung sollten Teilbörsen eingerichtet werden. Solche Teilbörsen könnten z. B. fachlich oder regional geordnet

155 |


Motor für Innovation

oder aber ebenfalls mit Stichwortsuchen versehen werden. Ein solcher Innovationspool würde das Zusammenkommen von Innovationsbedarf und Innovationspotenzial deutlich erleichtern. Darüber hinaus würde der Wettbewerb offener werden. Alle Marktteilnehmer – unabhängig von Größe und Verflechtung – hätten ähnliche Chancen, am Innovationsprozess teilzunehmen und weitere Netzwerke zu knüpfen. Dadurch würden Wettbewerbs- und Innovationsdruck insgesamt steigen und langfristig größere Innovationspotenziale freigesetzt werden. Ebenso würden Informationen zu aktuellen Entwicklungen innerhalb von Regionen und Branchen zeitnah verfügbar werden. Um den Anreiz zu verstärken, könnten die Innovationen, die aus einem solchen Innovationspool entstehen, automatisch an einem Wettbewerb teilnehmen. Ein solcher Wettbewerb hätte eine positive Außenwirkung und würde Innovation im Allgemeinen, den speziellen Prozess der Innovationsgeneration sowie natürlich die spezielle Innovation an sich bekannt machen. Hierdurch würden einerseits die Wettbewerbssituation innerhalb des Pools gestärkt und andererseits neue Teilnehmer angezogen werden.

156 |


Gemeinsam Mehr.Wert | Innovationen im industriellen Mittelstand

6

DIE INITIATIVE INDUSTRIEPLATZ HESSEN Die Initiative Industrieplatz Hessen ist ein Zusammenschluss wichtiger hessischer Unternehmen, des hessischen Wirtschaftsministeriums und der Vereinigung der hessischen Unternehmerverbände (VhU). Die Initiative versteht sich als gemeinsames Instrument zur Dynamisierung des Industriestandortes Hessen. Sie ist im Herbst 2006 mit dem Ziel gestartet, Hessen als wichtigen Industriestandort in Deutschland zu stärken. Diese Arbeit tut not. In Hessen gibt es, wie in anderen Regionen Deutschlands auch, einen grundsätzlichen Widerspruch zwischen der tatsächlichen Bedeutung der Industrie für die Wohlfahrt des Landes und der Aufmerksamkeit oder gar Parteinahme, die dieser Sektor seitens Öffentlichkeit und Institutionen erfährt. Die zunehmende Tertiarisierung unserer Wirtschaft wird gleichgesetzt mit einem Bedeutungsverlust der Industrie, was eine Relativierung ihrer Interessen rechtfertige. Doch wird erst umgekehrt ein Schuh draus. Gerade die jetzt überwundene Krise der Jahre 2008 und 2009 hat die enorme Bedeutung eines gesunden industriellen Kerns in unserem Land offengelegt. Nur diesem vitalen industriellen Kern, der nach wie vor gut 26 Prozent der Bruttowertschöpfung Deutschlands ausmacht, ist es zu verdanken, dass wir schneller als jedes andere Land in Europa diese Krise überwinden konnten. Vor allem wegen seiner leistungsfähigen und wettbewerbsstarken Industrie fungiert Deutschland heute wieder als Lokomotive Europas. Die Industrie ist also der entscheidende Motor für Wachstum und Beschäftigung in Deutschland – allen Unkenrufen einer De-Industrialisierung und eines ungebrochenen Trends in Richtung Dienstleistungen zum Trotz. Nicht zuletzt die zurückliegenden Jahre haben gezeigt, dass die Hypothese von der de-industrialisierten Dienstleistungsgesellschaft falsch ist. Richtig ist, dass in Deutschland eine enge Verbindung zwischen Industrie und Dienstleistung besteht, und gerade die wachstumsstarken Dienstleistungsbereiche auf das Engste mit der Industrie vernetzt sind – bzw. ohne sie gar nicht vorhanden wären. Ein erheblicher Teil der gestiegenen Wertschöpfung im tertiären Sektor ist direkt an die Wertschöpfungskette der Industrie gekoppelt: Leasing, Logistik, Wartung, Finanzierung, Ingenieurdienstleistung, Processing oder Contracting – sind nur einige der Dienstleistungen, die heute direkt mit Industrie verbunden sind und von den Industrieunternehmen selbst oder ihren verbundenen Dienstleistern erbracht werden. Ohne Industrie wäre auch diese Dienstleistung am Standort Deutschland von stark reduzierter Bedeutung.

157 |


Motor für Innovation

Dies ist nicht zuletzt das Ergebnis einer seit Gründung der Bundesrepublik bestehenden aber häufig unausgesprochenen Übereinkunft in diesem Land. Der Übereinkunft, dass Deutschland ein Industrieland ist. Anders als manch eine andere Nation wie beispielsweise Großbritannien, das früh auf den Dienstleistungssektor gesetzt hat, haben hierzulande Politik und Wirtschaft im weitgehenden Einklang mit der Gesellschaft auf Basis dieser Überzeugung operiert. Das Ergebnis ist eine im Weltmaßstab wettbewerbsfähige Industrie, die nun ihrerseits den Humus für die Entwicklung eigener Dienstleistungssegmente darstellt. In dieser Perspektive gilt für unser Land: Industrie ist zwar nicht alles, aber ohne Industrie ist (fast) alles nichts. Aber die Industrie bleibt Wachstumsmotor nur dort, wo ihre Rolle ausreichend gestützt und unterstützt wird. Und sie ist es nur in den Wirtschaftsregionen, die sich engagiert um sie bemühen. Vor diesem Hintergrund hat sich die Initiative Industrieplatz Hessen die Frage gestellt: Engagiert sich Hessen genug? Die Antwort lautet: Jedenfalls nicht in ausreichendem Umfang, wenn Hessen sich mit Bayern und Baden-Württemberg vergleicht. Ursachen dafür – diese Überzeugung eint alle Mitglieder der Initiative – sind nicht Versäumnisse der Landesregierung oder der Wirtschaft, sondern die Fehleinschätzung der Bedeutung der Industrie vor Ort und eine inzwischen verfestigte industrie- und technikskeptische Grundhaltung in großen Teilen der hessischen Gesellschaft. Beides speist sich aus zwei zunächst einmal zutreffenden Beobachtungen: nämlich der unbezweifelbaren Stärke des hessischen Dienstleistungssektors und dem langjährigen Schrumpfungsprozess der hiesigen Industrie. Aber diese beiden für sich jeweils richtigen Beobachtungen werden zu einer falschen Schlussfolgerung verknüpft. Vor allem der dramatische Strukturwandel der Industrie verleitet zu dem Trugschluss, die hessische Industrie sei auf einem unaufhaltsam absteigenden Kurs. Und er verleitet zu der falschen Annahme, der Trend zu mehr Dienstleistungen führe am Ende in eine Dienstleistungsgesellschaft ohne Industrie. Das Gegenteil ist jedoch der Fall. Die Industrie auch in Hessen schafft erst viele Arbeitsplätze in den Dienstleistungsunternehmen. Daraus folgt: Wir brauchen in Hessen einen dynamischen industriellen Kern. Denn ohne ihn gibt es keinen erfolgreichen Dienstleistungssektor. Umgekehrt gilt aber auch: Die industrienahen Dienstleistungen sind Teil der industriellen Wertschöpfung. Maßgeblich für die Standortentwicklung ist also die Dynamik innerhalb eines weiter gefassten Industrie-Dienstleistungsverbunds. Nicht um die Industrie alleine, sondern um diesen Verbund müssen wir uns kümmern. Ihn müssen wir unterstützen und weiterentwickeln. Denn er ist entscheidend für das Wohlstandsniveau in Deutschland und in Hessen. Diese Einsicht hat sich aber noch nicht herumgesprochen, geschweige denn, dass sie tief in der Gesellschaft verankert wäre. Die Initiative „Industrieplatz Hessen“ hat sich gegründet, um dieser zentralen Rolle gerecht zu werden. Ihre Mitglieder wollen unter anderem Veränderungen in den Köpfen, in den Herzen und in den Taten der Menschen in Hessen herbeiführen: hin zu einem neuen Verständnis der Symbiose von Industrie und Dienstleistung. Die Initiative hat darüber hinaus zum Ziel

158 |


Gemeinsam Mehr.Wert | Innovationen im industriellen Mittelstand

• • •

die Industrie auf der Basis eines modernen Industriebegriffs als Motor der wirtschaftlichen Entwicklung und Wachstumstreiber für Dienstleistungen herauszuarbeiten, die Standortbedingungen für die Entwicklung der hessischen Industrie zu verbessern, die Dynamik in den bestehenden industriellen Kernen zu fördern und damit die Bildung einer zukunftsfähigen Symbiose zwischen Industrie und Dienstleistung zu unterstützen.

Vier Handlungsfelder stehen im Zentrum der Initiative. Zum einen die „Kommunikation“ und Vermittlung eines modernen Industriebegriffs, der die hessische Industrie als Motor der wirtschaftlichen Entwicklung und Wachstumstreiber der Dienstleistungsindustrie zum Thema des öffentlichen Diskurses macht. Zum anderen die konkrete Projektarbeit zur Förderung von Clustern und Netzwerken, die als Treiber für mehr Wettbewerbsfähigkeit durch zahlreiche Studien herausgearbeitet wurden. Auch die vorliegende Arbeit des IW im Auftrag der Industrieplatzinitiative hat einmal mehr die Wichtigkeit von Netzwerken für den Erfolg der Unternehmen unterstrichen und den Handlungsbedarf in Hessen deutlich gemacht. Ihn greift die Initiative auf und unterstützt die betriebsübergreifende Zusammenarbeit. Die dritte Entwicklungslinie ist das Feld der Innovation. Die insbesondere an Klein- und Mittelunternehmen reiche Hessische Industrie hat hier Weiterentwicklungsbedarf. Die KMUs weisen grundsätzlich gegenüber Großunternehmen eine geringere F&E-Tätigkeit aus. Für die im Vergleich zu Großunternehmen geringere Innovationsrate ist aber auch das häufige Fehlen eines systematischen Innovationsmanagements verantwortlich. So haben in Hessen nur 18% der kleineren Unternehmen ein geregeltes Ideen- und Innovationsmanagement. Bei den größeren sind es 44 Prozent. Diese Lücke muss geschlossen werden. Viertes Handlungsfeld ist die Infrastruktur. Hessen mit seiner geografischen Lage in Deutschland und Europa braucht eine hoch leistungsfähige Infrastruktur, um von dieser Lage auch wirtschaftlich profitieren zu können. Sie kann es in dreifacher Weise. Zum einen durch die Infrastruktureinrichtungen selbst, die von leistungsfähigen Flughäfen bis zum weltweit vernetzten Internetknoten reichen. Zum zweiten durch die Herausbildung von Logistikclustern, die den steigenden Bedarf nach einem effizienten Management von Warenund Informationsströmen befriedigen. Und last but not least durch die Attraktivität des Standortes für Industrieunternehmen, die auf eine erstklassige Anbindung an die Zentren einer globalisierten Wirtschaftswelt angewiesen sind. Die vier Handlungsfelder Kommunikation, Netzwerke, Innovation und Infrastruktur bilden die Grundlage für eine zukunftsweisende Dynamik am Industriestandort Hessen. Seine Entwicklung gemeinsam zu fördern und so zu einem hohen Wohlstand in unserem Bundesland beizutragen ist das Anliegen der Initiative und das Commitment ihrer Mitglieder. Ihr Kreis ist für neue engagierte Teilnehmer offen. Dr. Ulrich Kirsch, VhU | Alexander Zang, BCC 159 |


Motor für Innovation

GERHARD FEDERER Schunk Group Rodheimer Str. 59 35452 Heuchelheim www.schunk-group.com

ALBERT FILBERT HEAG Südhessische Energie AG (HSE) Frankfurter Straße 110 64293 Darmstadt www.hse.ag

DR. FRANK HEINRICHT HERAEUS Holding GmbH Heraeusstr. 12-14 63450 Hanau www.heraeus.com

JOCHEN H. IHLER Commerzbank AG Kaiserplatz 60261 Frankfurt am Main www.commerzbank.com

DR. MICHAEL KASSNER Siemens AG Postfach 11 17 33 60052 Frankfurt am Main www.siemens.com

MARTIN KREBS Fritz Winter Eisengießerei GmbH & Co. KG Postfach 14 60 35254 Stadtallendorf www.fritzwinter.de

160 |


Gemeinsam Mehr.Wert | Innovationen im industriellen Mittelstand

CHRISTINE KREIDL KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Marie-Curie-Str. 30 60439 Frankfurt am Main www.kpmg.com

DR. HELMUT H. LANZRATH Adam Opel AG Friedrich-Lutzmann-Ring 1 65423 Rüsselsheim www.opel.com

STEFAN H. LAUER Deutsche Lufthansa AG Lufthansa Aviation Center Airportring 60546 Frankfurt am Main www.dlh.de DR. ALTFRIED M. LÜTKENHAUS Frankfurter Sparkasse Neue Mainzer Straße 47-53 60255 Frankfurt am Main www.frankfurtersparkasse.de

DR. FRANZ MERATH Industriepark Wolfgang Postfach 13 45 63403 Hanau www.ipwrheinmain.de

DIETER POSCH

Vorsitzender

Ministerium für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung Kaiser-Friedrich-Ring 75 65185 Wiesbaden www.hmwvl.hessen.de

161 |


Motor für Innovation

DR. NORBERT SCHRAAD Landesbank Hessen-Thüringen Neue Mainzer Str. 52-58 60311 Frankfurt am Main www.helaba.de

DR. STEFAN SCHULTE FRAPORT AG 60547 Frankfurt am Main www.fraport.de

DR. MARTIN SIEWERT Sanofi-Aventis Deutschland GmbH Industriepark Höchst 65926 Frankfurt am Main www.sanofi-aventis.de

KARL-HEINZ STREIBICH Software AG Uhlandstraße 12 64297 Darmstadt www.softwareag.com

JÜRGEN VORMANN Infraserv GmbH & Co. Höchst KG Industriepark Höchst Geb. 770 65926 Frankfurt am Main www.infraserv.com

162 |


Gemeinsam Mehr.Wert | Innovationen im industriellen Mittelstand

PROF. DIETER WEIDEMANN

Stellvertretender Vorsitzender

Vereinigung der hessischen Unternehmerverb채nde e.V. Emil-von-Behring-Str. 4 60439 Frankfurt www.vhu.de

FRANZ JOSEF WOLF WOCO Franz Josef Wolf & Co. Postfach 22 62 63624 Bad Soden-Salm체nster www.wocogroup.com

163 |


Motor für Innovation

LITERATUR Aghion, P.; Angletos, G-M.; Banerjee, A.; Manova, K. (2004): Volatility and Growth: Financial development and the Cyclical Composition of Investment. October 2004, Working Paper, Harvard University. Baldwin, J. R.; Johnson, J. (1995): Business Strategies in Innovative and Non-Innovative Firms in Canada. Statistics Canada Working Paper 73. http://ssrn.com/abstract=4120 Bovha-Padilla, S.; Damijan, J. P.; Konings, J. (2009): Financial constraints and the Cyclicality of R&D Investment: Evidence from Slovenia. LICOS Discussion Paper no. 239/2009. Cefis, E.; Ciccarelli, M. (2005): Profit differentials and innovation. In Economics of Innovation and New Technology 14: 43–61. Commerzbank (2007): Zukunft gestalten im globalen Wettbewerb – Innovation als Erfolgsfaktor im Mittelstand: Die Studie 1/2007 der Unternehmer Perspektiven. Frankfurt am Main: Commerzbank AG. European Commission – Enterprise and Industry (Hrsg.) (2010): European Innovation Scoreboard 2009. Pro Inno Europe Paper no. 15. Gallup (2009): Innobarometer 2009 – Analytical Report. Gemünden, H. G.; Heydebreck, P.; Herden, R. (1992): Technological interweavement: a means of achieving innovation success. In R&D Management 22(4): 359–376. Geroski, P.; Machin, S.; Van Reenen, J. (1993): The profitability of innovating firms. In RAND Journal of Economics 24: 198–211. Harrison, R.; Jumandreu, J.; Mairesse, J. Peters, B. (2008): Does Innovation stimulate Employment? A firm-level analysis using comparable micro-data from four European countries. National Bureau of Economic Research, Cambridge, MA. Hessisches Ministerium für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung (2009): Richtlinien des Landes Hessen zur Innovationsförderung. In Staatsanzeiger für das Land Hessen Nr. 15 (Montag, 6.April.2009): 874–881. Hohmann, Katharina (2009): Dynamische Vielfalt als Chance – Mittelstand international. Deutsche Bank Research, Frankfurt am Main. IHK Stuttgart (Hrsg.) (2009): Mittelstandsfinanzierung – neue Wege aus der Krise. Unternehmensbefragung und Handlungsempfehlungen für neue Finanzierungsinstrumente. Stuttgart.

164 |


Gemeinsam Mehr.Wert | Innovationen im industriellen Mittelstand

IW Consult (2008): Zukunftspanel Jahresbericht. Köln. KfW, Creditreform, IfM, RWI, ZEW (Hrsg.) (2009): Deutsche Wirtschaft in der Rezession – Talfahrt auch im Mittelstand. MittelstandsMonitor 2009 – Jährlicher Bericht zu Konjunkturund Strukturfragen kleiner und mittlerer Unternehmen. Frankfurt am Main. Leitner, S. M.; Stehrer, R. (2008): Skewed Distributions and Returns to Innovative Firms in Austria. Citizens and Governance in a Knowledge-Based Society Working Paper no. 12/08. Leiponen, A. (2000): Competencies, innovation and profitability of firms. In Economics of Innovation and New Technology 9: 1–24. Lichtblau, K.; Neligan, A. (2009): Das IW-Zukunftspanel – Ziele, Methoden, Theman und Ergebnisse, Köln: Deutscher Instituts-Verlag. OECD (2010): SMEs, Entrepreneurship and Innovation. Series: OECD Studies on SMEs and Entrepreneurship. Rammers, C.; Peters, B. (2010): Innovationsverhalten der Unternehmen in Deutschland 2008. Aktuelle Entwicklungen – Innovationsperspektiven – Beschäftigungsbeitrag von Innovationen. Studien zum deutschen Innovationssystem. Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) Nr. 07-2010, Mannheim. Raymond, W.; Mohnen, P.; Palm, F.; Loeff, S. S. v. d. (2004): An empirically-based taxonomy of dutch manufacturing: Innovation policy implications. CESifo working paper no. 1230. Sarkar, S. (2007): Innovation, Market Archetypes and Outcome: An Integrated Framework. Berlin: Physica-Verlag/Springer. Smelinski, M.; Stephan, M. und Gundlach, C. (o. D.): Innovationsmanagement in hessischen Unternehmen. IHK Innovationsberatung Hessen, Frankfurt a.M.; heruntergeladen am 19.07.2010 von http://www.itb-hessen.de/imperia/md/content/itbhessen/itbpdfs/Studie_ Innovationsmanagement.pdf Smolny, W. (2002): Employment Adjustment at the Firm Level. A Theoretical Model and an Empricial Investigation for West German Manufacturing Firms. In LABOUR 16(1): 65-88. Stifterverband (2010): Gesamtaufwendungen für Forschung und Entwicklung nach Wirtschaftszweigen, Berlin. Waser, B. R.; Hanisch, C. (2003): Wettbewerbsvorteile durch innovative Produkte und begleitende Dienstleistungen in Verbindung mit Prozessinnovation. HSW – Hochschule für Wirtschaft Luzern, Institut für Betriebs- und Regionalökonomie.

165 |


Motor für Innovation

Tabellenverzeichnis Tabelle 2-1: Tabelle 2-2: Tabelle 2-3: Tabelle 2-4: Tabelle 2-5: Tabelle 2-6: Tabelle 2-7: Tabelle 2-8: Tabelle 2-9: Tabelle 2-10:

Innovationsindikatoren der deutschen Wirtschaft Erfolgsfaktor Humankapital Kennziffern zu Bildung und Forschung Branchenstruktur und -entwicklung in Hessen Anteil und Entwicklung der wissensintensiven Branchen Zukunftsbranchen Die Bedeutung des Mittelstandes Definition hybrider Unternehmen Hybride und nicht hybride Unternehmen Erfolgsfaktoren hybrider Unternehmen

Tabelle 3-1: Tabelle 3-2: Tabelle 3-3: Tabelle 3-4: Tabelle 3-5: Tabelle 3-6: Tabelle 3-7: Tabelle 3-8: Tabelle 3-9: Tabelle 3-10: Tabelle 3-11: Tabelle 3-12: Tabelle 3-13: Tabelle 3-14: Tabelle 3-15: Tabelle 3-16: Tabelle 3-17: Tabelle 3-18: Tabelle 3-19: Tabelle 3-20: Tabelle 3-21: Tabelle 3-22: Tabelle 3-23: Tabelle 3-24: Tabelle 3-25: Tabelle 3-26:

Größe und Struktur der Stichprobe Tätigkeitsprofile Forschung und Entwicklung Innovatorenquoten FuE-Intensität Umsatzanteile mit innovativen Produkten und Dienstleistungen Erfolg und Innovationsmerkmale in Hessen Erfolg von Netzwerkunternehmen Beteiligung an wissensintensiven Kooperationen Erfolg von wissensintensiven Kooperationen Zukünftige engere Zusammenarbeit mit Forschung und Bildung Geregeltes Ideen- und Innovationsmanagement in Hessen Zusammenhang von Innovationsmanagement und Erfolg Innovationsarten und Wettbewerbsfähigkeit in Hessen Innovationen nach Art und Markt in Hessen Profitabilität von Produkten Veränderung der Innovationsaufwendungen in Hessen Impulsgeber für Innovationen Bedeutung verschiedener Impulsgeber in Zukunft Bedeutung verschiedener Impulsgeber in Zukunft Beweggründe für Kooperationen in Hessen Zukünftige Entwicklung der Innovationsausgaben Gründe für nicht realisierte Innovationen Innovationshemmnisse Antragsteller Innovationsförderung in Hessen Bewertung der Förderinstrumente

166 |

20 23 24 29 32 33 36 46 48 48 52 57 59 61 64 67 71 73 74 75 76 78 79 82 84 86 88 95 98 99 101 104 106 108 112 113


Gemeinsam Mehr.Wert | Innovationen im industriellen Mittelstand

Tabelle 4-1: Tabelle 4-2: Tabelle 4-3: Tabelle 4-4: Tabelle 4-5: Tabelle 4-6: Tabelle 4-7:

Übersicht Darlehen und Bürgschaften Überblick zur Innovationsförderung in Hessen Übersicht Beteiligungskapital für Innovationen in Hessen Übersicht Hessen ModellProjekte Übersicht Innovationsförderung im ländlichen Raum Übersicht Ausrichtung der hessischen Innovationsförderung I Übersicht Ausrichtung der hessischen Innovationsförderung II

120 126 127 129 131 141 142

Abbildungsverzeichnis Abbildung 1-1 Erfolgsfaktoren der Unternehmen Abbildung 1-2: Wissensintensive Branchen auch in Hessen immer wichtiger Abbildung 1-3: Krisenrisikoindex Abbildung 1-4: Auftragseingänge Verarbeitendes Gewerbe in Hessen Abbildung 1-5: Umsätze Verarbeitendes Gewerbe in Hessen

12 13 14 15 16

Abbildung 2-1: Dienstleistungen – mehrere Sichten auf ein Phänomen Abbildung 2-2: Industrie-Vorleistungsverbund in Hessen Abbildung 2-3: Industrie-Dienstleistungsverbund in Hessen Abbildung 2-4: Bruttonwertschöpfung im Industrie-Dienstleistungsverbund

38 41 42 44

Abbildung 3-1: Wissensintensive Tätigkeiten Abbildung 3-2: Umsatzanteile mit innovativen Produkten und Dienstleistungen Abbildung 3-3: Innovationserfolg nach Typen in Hessen Abbildung 3-4: Wirkungskette Innovationen Abbildung 3-5: Gründe für erhöhte Innovationsaufwendungen Abbildung 3-6: Gründe für reduzierte Innovationsaufwendungen Abbildung 3-7: Motivbündel für reduzierte Innovationen* Abbildung 3-8: Zusammenfassende Bewertung Innnovationsimpulse

60 66 77 80 90 91 93 102

Abbildung 5-1: Handlungsrahmen der Innovationspolitik Abbildung 5-2: Aufgaben von Netzwerken

144 147

167 |


Motor für Innovation

Gemeinsam Mehr.Wert Innovationen im industriellen Mittelstand Ergebnisse einer Studie der Institut der deutschen Wirtschaft Köln Consult GmbH für das Land Hessen

Eine Initiative von

Herausgeber Initiative Industrieplatz Hessen Emil-von-Behring-Str. 4 | 60439 Frankfurt am Main | www.industrieplatz-hessen.de


Turn static files into dynamic content formats.

Create a flipbook
Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.