Editorial
– Editor’s– idea
Die Chance eines halbjährlich erscheinenden Magazins ist es im optimalen Fall einen Prozess abzubilden. Sechs Monate können eine lange Spanne sein, zumal in einer so schnelllebigen und an musikalisch Veröffentlichungen eben nicht armen Zeit, wo bei uns allein mehr als 1.500 Neuerscheinungen nur auf Vinyl jeden Monat in die Regale geräumt werden. Musik sei hier so explizit erwähnt, weil sie für uns noch immer das Herzstück jeder Kultur darstellt, der Taktgeber, in dem sich gesellschaftliche Ideen oft zuerst offenbaren. Diese Menge an Musik und all ihre in Mode, Design, Fotografie und Film sich zeigenden Hervorbringungen auf 124 Seiten vollständig abzubilden ist quasi unmöglich. Dafür eröffnet diese Reduzierung die Möglichkeit den Blick zu schärfen, den Zeitgeist einzufangen, ihn verbal zu umreißen und gestalterisch in einen Rhythmus zu bringen. Im besten Falle wird unser Magazin so zu einem Scharnier zwischen Vergangenheit und Zukunft, es zeigt, wovon in den letzten Wochen die Rede war und liefert Ansätze, worüber in den kommenden Wochen zu sprechen sein wird. Das war der leitende Gedanke, der uns über Aspekte der Renaissance des Deutschrap, die Musik von Dexter, Flume und Gavlyn nachdenken ließ, der sich in Gesprächen mit Kendrick Lamar und Charles Bradley niederschlug, der uns die Visualität der Fotos von Eliot Lee Hazel, der Musikvideos von Tyler T. Williams oder die Cover Artworks von Robert Beatty vor Augen führte. Zudem geben wir wie immer einen Überblick darüber, was man auf dem Kopf, an den Füßen und zwischen diesen Polen des menschlichen Körpers in diesem Frühjahr und Sommer so trägt. Und wir schauen auch wieder ein wenig hinter die eigenen Kulissen und auch unsere Leser und Kunden sind mehr Thema als jemals zuvor. Ein schönes Panorama wie wir finden. Eine Zeitschrift kann so Erinnerungs- und Möglichkeitsort zugleich sein. Gerade wenn sie halbjährlich erscheint. Viel Spaß beim Lesen. Sebastian Hinz
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Inhaltsverzeichnis
– Inhalts– verzeichnis
Vertical
Editorial – 3 Impressum – 6
Contributors – 7 hhv.de Mag Nr. 3 — Frühling/Sommer 2013
Events & Präsentationen – 8
The Collector’s Guild – 12 What’s In Your Bag? – 14 Three Your Mind – 16
10 Tape Labels
Eliot Lee Hazel – 26 Kendrick Lamar – 32 Gavlyn – 34 Flatbush Zombies – 36 Sweatson Klank – 37
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Dexter – 38
Weltfrieden & Konsumterror –
Inhaltsverzeichnis
Colours – 46 Over The Top – 56 Sneaker & Caps – 62
Klangvoll formschön – 70 Highlights – 82
Charles Bradley – 86 Tyler T. Williams – 92 Synkane – 94 Murs & Fashawn – 96 EDDI FRONT – 97 Flume – 98 Robert Beatty – 100
You Better Should Know – 102 Stitches to Wear – 106 Kneipensafari – 112
In Search Of The Crew – 116 Freibeuter e.V. – 118 hhv.de Vinyl Club – 119 Berlin Boombox – 120
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– Impressum HHV Handels GmbH
Grünberger Str. 54 D-10245 Berlin +49 30 29381240 | +49 30 29381255 order@hhv.de Geschäftsführer Thomas Ulrich
USt-Nr: DE263440712 Handelsregister-Nr: HRB 117211 B, Amtsgericht Berlin-Charlottenburg Produktmanagement
Stefan Gerats, Lena Mwinkand’, Thomas Ulrich, David Wetzel Projektleitung
LGB5, Stefan Gerats Redaktion
Sebastian Hinz (ViSdP), Grashina Gabelmann, Fabian Saul, Sonja Memarzadeh (Praktikantin) redaktion@hhv.de Anzeigenleitung & Marketing
Stefan Gerats – marketing@hhv.de Layout & Art Direction
LGB5 – info@lgb5.de Lektorat
Julia Hinz Produktfotografie & Produktbearbeitung
Martin Pohle, Michael Binh Theel, Tom Schulze, Malte Tarnow, Gordon Gieseking, Jinna Morocha Autoren dieser Ausgabe
Fionn Birr, Björn Bischoff, Patrick Cavaleiro, Grashina Gabelmann, Frédéric Hartmann, Philipp Kunze, Julia Losert, John Luas, Sonja Mermazadeh, Jens Pacholsky, Georg Rackow, Martin Silberman, Lisa Strehlow Fotografen dieser Ausgabe
Deniz Alaca, Murat Aslan, Nady El-Tounsy,Peter Grünheim, Tobias Hoffmann, John Luas, Tobias Schult, Malte Seidel, Michael Binh Theel Alle Rechte vorbehalten. Ein Nachdruck - auch nur auszugsweise - darf nur mit vorheriger und schriftlicher Einwilligung des Herausgebers und der Autoren erfolgen. Alle Urheberrechte liegen beim Herausgeber, sofern nicht anders angegeben. Für unaufgefordert eingesandtes Material wird weder Verwendung garantiert noch Haftung übernommen. Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder. Für ihre Artikel übernehmen die Autoren die presserechtliche Verantwortung. Webseiten www.hhv.de | www.hhv-mag.com
– Contributors
Tobias – Schult
People-Fotograf Tobias Schult ist born & raised in Berlin und er ist verdammt nochmal stolz darauf. Zu seiner Kundschaft zählen u. a. Nike, Freixenet oder Hermes, er schießt aber auch gerne mal Bilder von Charaktergesichtern wie Jürgen Vogel, Joko Winterscheidt oder Armin Rohde. Beim Shooting unserer Frühjahrskollektion hat er bewiesen, dass er ein harter Kerl ist und sich von kalten Temperaturen nicht aus dem Konzept bringen lässt. Neben seiner Leidenschaft, die er zum Beruf gemacht hat, ist Tobi großer Fan und Konsument der Club Mate-Winter-Edition und macht eben all die Dinge, die sich für ein anständigen Berliner so gehören. www.tobiasschult.com
Deniz – Alaca
Deniz Alaca mag nette Menschen, schöne Sneaker und das türkische Essen ihrer Mama. Nebenher organisiert sie Events und Workshops rund um das Thema Mädchen, Mode, Design und Fotografie (www.supergirlsmarket.de) und schreibt hin und wieder auch ein paar Zeilen (u.a. www.lilbit.ch). Aber in erster Linie ist sie Fotografin und Kommunikationsdesignerin. Für unser Heft hat sie sich mit ihrer Kamera in die Räumlichkeiten des Beat-Producers Dexter begeben. Sie lebt und arbeitet in Stuttgart. www.denizalaca.com
Events & Präsentationen hhv.de Mag Nr. 3 — Frühling/Sommer 2013
– Events–&– Präsentationen
Beat Geeks Weekend Special –
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Festival mit Blu, Exile, Rustie (von links nach rechts) und vielen anderen am 12./13. Oktober 2012 im Club Gretchen in Berlin Fotos: John Luas
Events & Präsentationen
The Doppelgangaz – Beim Auftakt ihrer Europa-Tournee live am 20. März 2013 im Cassiopeia in Berlin Fotos: Peter Grünheim
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Events & Präsentationen
Retrogott & Hulk Hodn – Record Release Party zu ihrem neuen Album »Fresh & Umbenannt« am 2. März 2013 im SO36 in Berlin
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hhv.de Mag Nr. 3 — Frühling/Sommer 2013
Fotos: Tobias Hoffmann/PhyreWorX
Events & Präsentationen
Lady – Showcase am 4. Februar 2013 im Roten Salon der Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz in Berlin Foto: John Luas
Kendrick Lamar – Live am 1. Februar 2013 in der C-Halle in Berlin 11
Foto: John Luas
The Collector’s Guild
– The– Collector’s– Guild Sammeln ist ja bekanntermaßen der diametrale Gegensatz zum Nutzen. Was man sammelt und warum hängt in eklatanter Weise mit der Person zusammen, die all die Gegenstände zusammenrafft. Wer sind also die Sammler und was treibt sie an? Das ist die Frage, die wir uns stellten als wir beschlossen, die Sammler in ihren eigenen vier Wänden zu besuchen. Dass das Sammeln eine Form des praktischen Erinnerns ist, findet auch Mitch Alive. Wir besuchten den ewig 30-jährigen in seiner Wohnung in Berlin-Prenzlauer Berg, wo er uns einen kleinen Einblick über sein Repertoire an seltenen Dingen gab, wie seine etwa 8.000 Schallplatten, welche er u.a. auf zahlreichen Reisen entdeckte.
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hhv.de Mag Nr. 3 — Frühling/Sommer 2013
Text: John Luas, Foto: Nady El-Tounsy
Ist deine Sammlung eine Wertanlage oder spielt das keine Rolle?
The Collector’s Guild
einiges an Firlefanz in meiner bescheidenen Hütte. Da wären neben meinen Schallplatten noch meine Armbanduhren, tragbare Plattenspieler, Mode-Accessoires, Actionfiguren oder diverse Einrichtungsgegenstände mit Seltenheitswert.
Also aus der Vogelperspektive betrachtet, ist es natürlich eine Wertanlage, wofür sich einige lieber ein protziges KFZ oder eine kleine Wohnung in der Provinz kaufen. Allerdings sei erwähnt, dass der Wert für mich nicht wirklich von Interesse ist. Also zum Teil würden sich sicher der ein oder andere Fragen, warum zum Henker ich so »exorbitant« viel Geld für »Spielereien« ausgebe, aber das kann man nur schwer erklären. Wenn ich mich für etwas begeistere und ich es mir irgendwie leisten kann (oder auch nicht), ist ab dem Zeitpunkt, wo ich es besitze, der Geldwert nicht weiter interessant. Denn schließlich geht es ja um ein Gefühl, somit ist es doch schnurzpiepegal, ob z.B. die Platte 1,50 Euro oder 150 Euro kostete. Das Gefühl ist unverändert. Wann ist Schluss mit dem Sammeln?
(lacht) Schluss? Heißt es nicht »Alles hat kein Ende, nur die Wurst hat zwei?« Nein, ich bin kein Prophet, denke aber, dass es ja irgendwie Teil meines bunten Lebens ist. Kannst du dir vorstellen, dich irgendwann von deiner Sammlung zu trennen und was könnte der Grund dafür sein?
Durchaus dachte ich schon darüber nach, ob ich dazu in der Lage wäre. Und ich kann ganz klar sagen, dass ich mich jederzeit von meinem Hab und Gut trennen könnte. Das ist bei aller Liebe zu Dingen extrem wichtig, das zu wissen, andernfalls beherrscht dich sonst der ganze materielle Kram. Keine Ahnung, warum ich mich komplett davon trennen sollte, aber die Prioritäten im Leben verschieben sich ja ständig.
Mit welchem Teil deiner Sammlung fing es an? Ab wann war es Sammeln?
Den Begriff »Sammler« fand ich schon immer zweifelhaft. Deine Frage erinnert mich an eine Diskussion, die ich vor ein paar Jahren mit MC Spax hatte. Er sagte zu mir: »Du bist doch auch so ein Sammler«, woraufhin bei mir die Alarmglocken angingen und ich ihm haarklein versuchte zu erklären, dass ich ein Liebhaber sei und worin der Unterschied besteht. Ein Beispiel: Der Sammler möchte meistens von einem Sneaker-Modell diverse Farben haben, um die Sammlung zu komplettieren. Wohingegen einem Liebhaber eher die Vielfalt wichtiger ist. Wie begann also deine »Liebhaberei«?
Ja natürlich! Genau darum geht es mir ja… also nicht um den reinen Besitz von irgendwelchen Konsumgütern, sondern eben um Geschichten. Ich kann dir zu beinahe allem, was ich besitze, eine Geschichte erzählen, und sei es nur ein Kühlschrankmagnet oder ein vergilbtes Poster. Wenn ich so meine Schönigkeiten ansehe, fällt mir ein großer Blumenstrauß an Erinnerungen ein. Zum Beispiel fand ich vor einigen Jahren in einer Art Spätkauf in Moskau eine von mir schon sehr lang gesuchte Electro-Rap-Platte für umgerechnet etwa 2 Euro. Diese wurde damals bei einem bekannten Auktionshaus auch gerne mal für über 600 US-Dollar verkauft. Witzig war, dass ich Brot und Fisch kaufte und die Verkäuferin die Platte samt dem Fisch und dem Brotleib in Zeitungspapier einwickelte und mir mit ihrem charmant faltigem Lächeln einen schönen Tag wünschte.
Hast du auch eine Plattensammlung, ein Reservoir an Turnschuhen, einen gut sortierten Kleiderschrank oder eine Sammlung an spleenigen Gadgets und möchtest du uns das alles vorstellen, dann sende uns eine E-Mail mit dem Betreff »Collector‘s Guild«, einigen aussagekräftigen Fotos und einer Begründung, wieso wir unbedingt bei dir vorbeikommen sollen an redaktion@hhv.de.
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Es fing an, als ich etwa 7 Jahre alt war. Da hatte ich eine beachtliche Marienkäfer-Sammlung. Diese lebten vergnügt in einer pompösen Farm, die ich in wochenlanger Handarbeit aus Pappmaschee bastelte. Darauf folgten dann Matchbox und natürlich Musikkassetten. Obwohl ich eine Schwäche für Rock‘n‘Roll hatte, reichte meine MC-Sammlung von Adriano Celentano bis Zapp & Roger. Ab wann es »Sammeln« war, kann ich nicht genau sagen, nur das sich über die Jahre hinweg ein paar Obskuritäten ansammelten. Obwohl ich mich immer wieder von Dingen trennen kann, habe ich mittlerweile
Ist eine Sammlung auch eine Sammlung von persönlichen Erinnerungen? Welche Erinnerung fällt dir spontan ein, wenn du dir deine Sammlung anguckst?
What’s In Your Bag?
– What’s– I n – Yo u r – B a g ? Wir haben unseren Kunden im Selected Store in die Tüten geschaut
Fabian 30 Jahre aus Berlin
hhv.de Mag Nr. 3 — Frühling/Sommer 2013
– Heute sind ausnahmsweise nur Klamotten in meiner Tüte. Normalerweise ist immer beides drin: Vinyl und Kleidung. Das ist das Gute an hhv.de, man kann viele Sachen gleichzeitig erledigen. Ich habe nie so Bock viele verschiedene Läden »abzubrowsen«, deshalb hole ich einfach alles hier. Passt gut und geht schneller. Ist vor allem auch schön bequem, dass man sich die Sachen online bestellen kann und sie dann hier abholt. Die Auswahl wird ja auch immer größer…
Ralph 40 Jahre alt und älter aus Berlin
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Ich bin ziemlich oft hier! Die Leute hier sind quasi alte Kollegen. Ich hatte früher selber einen Plattenladen, der ist aber schon seit ’ner Weile zu. Heute habe ich mir mal Schuhe gekauft. Aber das ist jetzt eher die Ausnahme. Eigentlich kaufe ich hier meistens Schallplatten. Wenn ich etwas Bestimmtes suche, dann bestelle ich das online und hole es hier ab. Aber ich stöber’ dann auch gerne noch durch die Auswahl im Store, wenn ich schon mal da bin. Mit Hip Hop habe ich eigentlich gar nicht viel am Hut, ich hol’ mir hier meine Techno- und HouseSachen. Meistens finde ich hier das, was woanders schon vergriffen ist. Die wenigsten vermuten ja Techno und House bei »Hip Hop Vinyl«. Das wissen nur ein paar Leute und gerade deshalb hat man auch gute Chancen, hier fündig zu werden. Ich komme echt gerne hier her. Auch zum »Selected Friday«, da gibt’s dann sogar auch mal was zu trinken und einen Rabatt. Wat willste mehr?
– Das ist jetzt mein dritter Aufenthalt in Berlin und immer wenn ich da bin, komme ich auch im Selected Store vorbei. Ich habe die Webseite in meinem Freundeskreis schon so ein bisschen bekannt gemacht und jetzt bestellen wir öfters mal zusammen und lassen uns die Sachen dann nach Dänemark schicken. Bei uns haben ja viele Shops über die Zeit geschlossen, aber jetzt, wo Vinyl wieder gefragter ist, machen einige wieder auf. Wenn ich nach used vinyll suche, dann auch gern mal auf dem Flohmarkt, aber die ganzen neueren Sachen kaufe ich fast nur über hhv.de. Die deutschen Preise sind einfach besser als die dänischen und die Auswahl ist auch viel größer.
What’s In Your Bag?
Martin 26 Jahre, Aarhus, Dänemark
Ruben 29 Jahre, Berlin (mit Tochter)
– Ich hab hier zwei Scheiben von Tyson, wobei ich mir die »Mister Rain« nicht gekauft habe, weil ich sie gut kenne, sondern weil ich das Cover einfach so gut fand. Das kann schon auch ein Kaufkriterium für mich sein. Ich stöbere aber nicht hier im Laden danach, sondern lieber online von zu Hause aus. Da kann meine kleine Tochter hier im Kinderwagen auch nebenher in Ruhe ihre Lieblingsplatte vom »Bi Ba Butzemann« hören. Den Selected Store nutzte ich eher als Abholstation... und das seit über fünf Jahren.
Sarah 27 Jahre, Berlin
– Mein Arbeitskollege hat mich vor zwei, drei Monaten auf hhv.de aufmerksam gemacht und seit dem bestelle ich hier. Früher dachte ich immer, es gäbe nur Hip Hop-Platten hier und wusste gar nicht, dass es online so unterschiedliche Musik gibt. Ich komme eher aus der elektronischeren Richtung und höre viel House. Die Auswahl dafür ist wirklich super. Zumal man hier meistens das bekommt, was in den anderen Läden schon ausverkauft ist. Das liegt sicher daran, dass viele Leute gar nicht wissen, dass sie bei hhv.de nicht nur Hip Hop kaufen können. Noch gehört Musik zu meiner Freizeitbeschäftigung, aber bald wird es vielleicht auch zu meinem Beruf... ich arbeite dran’.
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Der hhv.de Selected Store befindet sich in der Revaler Str. 9 in BerlinFriedrichshain. Er hat Montag bis Samstag, 12 bis 20 Uhr geöffnet. Der nächste Selected Friday findet am 3.5. statt. Skullcandy wird den Abend und einige Kopfhörer präsentieren. Robot Koch wird für die musikalische Untermalung sorgen. Im Gepäck hat er eine limitierte, hier exklusiv erhältliche 12-inch. Daneben gibt es 20% auf alle im Laden befindlichen Artikel und Freigetränke.
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Th Yo r e M u e in r d
hhv.de Mag Nr. 3 — Frühling/Sommer 2013
F E x oto H ec gr St aar uti af: M y l i e / v e To od ng M M bi el : S ak an as s: te e - a S c An fa Up ge hu a n G : S me lt & a n M er a ski t: L al ts a G te Kr B5 au & (S se S tu di te o fa 7) n ,L G er uk at as s (D ee be ep hu nk y)
Three Your Mind
Lukas: Wemoto − Brenan Jacket, 99.95 ¤ | Carhartt − Capital Sweat Tee, 69.95 ¤ | Carhartt − Bronco Pants Claremont, 99.95 ¤ Malte: Stüssy − Venice T-Shirt, 34.95 ¤ | Obey − Marrakesh 5 Panel Cap, 34.95 ¤ | Carhartt − Cargo Pants Columbia, 99.95 ¤ | Mishka − Death 1978 Zip-Up Hoodie, 109.95 ¤
Three Your Mind
Ana: Nike − Hit The Road T-Shirt, 34.95 ¤ | Carhartt − Anglistic Beanie, 34.95 ¤ | Nike − Street Women Pants, 69.95 ¤ | Nike − AW77 Time Out Zip-Up Hoodie, 64.95 ¤
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Three Your Mind hhv.de Mag Nr. 3 — Frühling/Sommer 2013
Lukas: Carhartt − Cargo Pants Columbia, 99.95 ¤ | The Hundreds − Fern Crewneck Sweater, 79.95 ¤ Nike − Roshe Run WVN, 109.95 ¤ | Herschel − Woodlands Backpack, 139.95 ¤ 18
Ana: Carhartt − Boyd Women Sweatshirt, 64.95 ¤ | Levi's − Low DC Seam Skinny 3/4 Pants, 69.95 ¤ | Cheap Monday − Tess Jeans Jacket, 69.95 ¤
Three Your Mind
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Three Your Mind
Malte: Nike − RU Santa Monica Track Club T-Shirt, 29.95 ¤ | Carhartt − Rude Jacket, 129.95 ¤ | Carhartt Heritage − Donald Pants Jamerson, 169.95 ¤ | New Balance − U420UKR, 89.95 ¤ | Mishka − Cyrillic Sunglasses, 11.95 ¤ Lukas: Stüssy − California Camper Cap, 34.95 ¤ | LRG − Sweatshirt, 59.95 ¤ | Ucon Acrobatics − Vito Chino Pants, 79.95 ¤ Ana: adidas − Night Jogger Women Track Top, 64.95 ¤ | Carhartt − Contrast Pocket Women T-Shirt, 29.95 ¤ | Carhartt − Cropped Women Pants Colfax, 79.95 ¤
hhv.de Mag Nr. 3 — Frühling/Sommer 2013
Three Your Mind
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Three Your Mind hhv.de Mag Nr. 3 — Frühling/Sommer 2013
Ana: adidas − Supergirl Women Jacket, 109.95 ¤ | Ucon Acrobatics − Viola Women Shirt, 59.95 ¤ Lukas: Carhartt − Prime Pants Las Cruces Twill, 69.95 ¤ | LRG − 3/4 Sleeve Raglan Baseball T-Shirt, 34.95 ¤ 22
Mishka − Keep Watch Baseball Jacket, 189.95 ¤ | Nike − Air Max 90 Essential, 139.95 ¤
Three Your Mind
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Ana: Ucon Acrobatics − Ines Women Sweater, 69.95 ¤ | Carhartt − Sid Women Pants Wichtita, 99.95 ¤ | Nike − Air Max 1 PRM, 139.95 ¤ | Herschel − Harvest Bag, 79.95 ¤ Malte: Mishka − Olde School Beanie, 34.95 ¤ | Stüssy − Mix Up Baseball T-Shirt, 69.95 ¤ | Carhartt − Cargo Pants Columbia, 109.95 ¤ | Carhartt − State Coat, 119.95 ¤ Lukas: Obey − New Original Snapback Cap, 34.95 ¤ | Undefeated − Bulldog Varsity Jacket, 169.95 ¤ | Stüssy − Eagle Crew T-Shirt, 49.95 ¤
hhv.de Mag Nr. 3 — Frühling/Sommer 2013
Three Your Mind
Three Your Mind
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Eliot Lee Hazel hhv.de Mag Nr. 3 — Frühling/Sommer 2013
– Eliot Lee – Hazel –
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Fo t o s: E l i o t L e e H a z e l Tex t: G r a s h i n a G a b e l m a n n Aus dem Englischen von Julia Hinz
Links: Thom Yorke Rechts: Editorial für Thvm Rag (Magazin des Denim Brands Thvm aus L.A.) Eliot Lee Hazel
rühren könnte, dass Hazel nie Fotografie studiert hat, sondern es ihn lediglich reizte, seine Freunde abzulichten. »Einige von ihnen waren Musiker und der Ball kam ins Rollen, bis immer mehr Musiker fragten, ob ich sie fotografieren könne«. Sein Arbeitsprozess läuft ziemlich gechillt ab, wie man es bei einem Twen, der wirklich liebt was er macht, erwarten würde: »In 90 Prozent der Fälle, habe ich eine zufällige Idee am Tag der Aufnahme. Manchmal bringt ein Musiker eine Idee mit und dann arbeite ich damit.« Hazels Fotografien sind cinematischer Natur. Es sind mehr als nur geradlinige Bandfotos, die für Promozwecke verwendet werden. Wenn ein Musiker seine künstlerische Persönlichkeit ausdrücken will, während er diskret etwas über sein Privatleben offenbart, dann wäre vor Hazels Kamera der richtige Ort dafür. Hazel selbst sieht allerdings keinerlei Verbindung zwischen dem Kino und seiner Arbeit: »Ich mag Filme und ich mag Theater, aber das spielt keine große Rolle in meiner Fotografie, obwohl die Leute oft dazu tendieren dies zu denken.« Mag sein, dass es wirklich keine Rolle spielt, aber es überzeugt mich nicht; vielleicht beinhalten Hazels Fotos unterschwellige Botschaften des Ästhetizismus, die mit dem Kino so geschickt verwoben sind, dass nicht mal der Fotograf selbst davon Notiz nimmt. Eines ist jedenfalls sicher: Hazel ist ein Geschichtenerzähler. –
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Seine Fotografien sind oft körnig, rau, sie sind durchdrungen von Filmsprache und amerikanischen Symbolen. Wenn er Musiker wie Ariel Pink fotografiert, dann inmitten eines zerbrochenem Fernsehers sitzend, einen mit Junk gefüllten Einkaufswagen schiebend, auf den Gleisen entlang gehend oder nachdenklich aus dem Fenster eines verfallenen Hauses schauend. Diese Bilder sind entweder in übersättigten Orange- oder Blautönen fotografiert, die an Andy Warhols großzügigen Einsatz von Farbe erinnern oder mit natürlichem Licht und einer hinzugefügten rauschenden, polaroid-artigen Schicht. Sowohl die Farbskalen als auch die Motive könnten amerikanischer nicht sein. Dennoch: Eliot Lee Hazel ist Brite. Der in Newcastle Upon Tyne geborene ist erst vor kurzem in die Vereinigten Staaten gezogen. »Wenn ich in England leben würde, sähen meine Bilder höchstwahrscheinlich anders aus«, vermutet er. Vielleicht liegt es an seinem Ausländerstatus, dass die stereotype Symbol- und Bildsprache seines Aufenthaltslandes so dominant ist. Vielleicht ist es nur die Art und Weise des 21-Jährigen die visuelle Geschichte seiner Wahlheimat zu erforschen und ein Weg sich mit einigen seiner amerikanischen Protagonisten – wie Yeasayer, Cat Power und Mars Volta – zu verbinden. Spontaneität und Energie sind kontinuierlich in seine Aufnahmen eingebettet, dazu kommt ein Gefühl von Vertrautheit und Leichtigkeit, was von dem Fakt her-
Eliot Lee Hazel hhv.de Mag Nr. 3 — Frühling/Sommer 2013 28
»Wenn ein Musiker seine künstlerische Persönlichkeit ausdrücken will, während er diskret etwas über sein Privatleben offenbart, dann wäre vor Hazels Kamera der richtige Ort dafür.«
Links: We Are The World - »We Are The World« Album Cover Rechts unten: Ariel Pink Eliot Lee Hazel 29
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hhv.de Mag Nr. 3 — Frühling/Sommer 2013
Eliot Lee Hazel
Eliot Lee Hazel
Links oben: We Are The World - Musikvideo Links unten: Yeasayer Rechts: Aus der Serie »Fallen Angels« (Thvm Campaign)
»Ich mag Filme und ich mag Theater, aber das spielt keine große Rolle in meiner Fotografie, obwohl die Leute oft dazu tendieren dies zu denken.«
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Gavlyn hhv.de Mag Nr. 3 — Frühling/Sommer 2013 34
– Gavlyn – Tex t: Georg Rac kow Fo t o : To bias Hoffmann/PhyreWorX
Gavlyn
»Es geht um die Kunst der anderen Perspektive, die Kunst des Entdeckens und auch des Wissens, was man wert ist«
Mit einem Grinsen zwischen Selbstbewusstsein und Verlegenheit greift Gavlyn zum Mikro, sowohl auf der Bühne als auch beim Interview. Sie weiß, was sie kann, aber nachvollziehen, wie schnell alles in den letzten Monaten ging, konnte sie bisher noch nicht. Die etwa 1,50 m große Rapperin hat ein gewinnendes Wesen, lacht viel, albert herum und kann auch gut über sich selbst lachen. Wenn es um ihre Musik geht, ist sie aber fokussiert und kann sich behaupten. Seit 2006 rappt Gavlyn, doch ihre kreativen Wurzeln liegen abseits der Musik im Spoken Word, das mit seiner völligen stilistischen Freiheit einen großen Eindruck auf die kreative Jugendliche ausübte, als diese zum ersten Mal nach einer Form suchte, um ihren Emotionen Ausdruck zu verleihen. Den HipHop entdeckte sie erst später. Er bot ihr, wie sie sich erinnert, dann nicht nur ein sprachliches Ventil, er verlieh ihr außerdem Selbstvertrauen und Persönlichkeit, weshalb sie sich darin irgendwann heimischer fühlte.
Die hier vertretenen Künstler, und so auch Gavlyn, wehren sich gegen die gedankliche Gleichschaltung durch die MainstreamMedien, gegen Vorurteile aufgrund sexueller oder religiöser Präferenzen und gegen Rassismus. Gavlyns Rolle in diesem Kollektiv ist es einzig und allein, sie selbst zu sein, als Mensch, als Frau und als Künstlerin. Keine leichte Aufgabe für eine gerade 23-jährige, aber Gavlyn lässt sich auch davon nicht aus der Ruhe bringen. Sogar die Vorbildrolle einer erfolgreichen Frau in einem von Männern dominierten Musikgeschäft, die ihr von vielen minderjährigen weiblichen Fans zugetragen wurde, und von der sie anfangs am liebsten gar nichts wissen wollte, nimmt sie mittlerweile pflichtbewusst an. Und sie betont, dass die immer noch unvermeidlichen sexistischen Sprüche innerhalb der Szene sie vor allem lyrisch noch zusätzlich anstacheln würden. Gavlyn hat ihr Potenzial als MC noch nicht voll ausgeschöpft. Auch hat sie sich als Künstlerin noch nicht eindeutig gefunden. Aber sie hat einen großen Vorteil gegenüber vielen, die älter und erfahrener sind als sie: sie hat die Stimme, das Spotlight und sie weiß, was sie wert ist. Und sie hat keine Scheu davor, das auch zu zeigen. – Gavlyn – From The Art, CD 14.95 ¤
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Bis heute hört man Gavlyns Rap an, dass er keine typische Sozialisation durchlaufen hat. Bei ihr stehen die Worte selbst im Vordergrund, die Message von Ehrlichkeit, Respekt und Loyalität. Der Reim muss nicht immer perfekt passen und ihr Flow darf sich auch Aussetzer erlauben. Die Selbstsicherheit mit der Gavlyn dieses Handwerk betreibt, färbt dabei auch auf ihre Texte ab,
in denen sie nach ihrem Platz in der Welt sucht und offenbart, mit welchen Werten im Gepäck sie diesen zu finden gedenkt. Die Mischung aus eigenem Stil und Message hat Gavlyn 2012 zu dem Qualitäts-Indie Broken Complex aus San Fernando Valley in Los Angeles geführt, wo sie auch aufgewachsen ist. Dort hat sie ihr Debütalbum »From The Art« veröffentlicht, das in der HipHop-Szene weithin für hochgezogene Augenbrauen sorgte. Auf die Frage, »von welcher Kunst« genau sie denn auf dem Album redet, antwortet sie mit einem Leuchten in den Augen: »Es geht um die Kunst der anderen Perspektive, die Kunst des Entdeckens und auch des Wissens, was man wert ist«. Hört man Gavlyns Musik, fällt schnell auf, dass sie sich als Einzelkämpferin inszeniert, auch wenn sie sich privat eher als »Peoples People« bezeichnet. Aber sie gefällt sich durchaus in der Rolle der Donna Quijote gegen die Soulja Boys und Flo Ridas dieser Welt. Will man bei diesem Bild bleiben, steht ihr im Kampf um die »beständige, originäre, authentische Musik mit Seele«, wie sie es nennt, zumindest Sancho Panza bei, in Form des lose organisierten Künstlerverbundes Organized Threat, bei dem sie Mitglied ist. Dieses internationale Kollektiv versteht sich als Plattform für Poeten, Rapper, Produzenten und Kreative, die das 21. Jahrhundert als das begreifen, was es ist: ein neues Zeitalter, das nach einem neuen Denken verlangt.
Kendrick Lamar hhv.de Mag Nr. 3 — Frühling/Sommer 2013
– Ken d ri ck – Lamar –
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Tex t: G r a s h i n a G a b e l m a n n Fo t o: D a n M o n i c k Aus dem Englischen von Julia Hinz
Als Retter des Westküsten-Hip-Hop gefeiert, sagt Kendrick Lamars Albumerfolg »good kid m.A.A.d city« etwas über den aktuellen Stand des Hip Hop aus. Scheinbar gibt es ein Publikum, das nach etwas anderem suchte, etwas vermisste und womöglich konnte Lamar diesen Rap-Fans nun gerecht werden. Sein Album ist ein autobiographisches Konzeptalbum, welches den treffenden Untertitel »A Short Film by Kendrick Lamar« trägt, da es mithilfe von naturalistischen Sketchen, Gebeten, atmosphärischen Beats und selbstreflexiven Texten die nichtlineare Geschichte von Lamar’s Compton erzählt. Wir als Zuhörer bekommen die vielen Stimmen in Kendrick Lamars Kopf zu hören und damit werden alle Bereiche von Komödie bis Tragödie effektiv und überzeugend abgedeckt und ein unvergleichlicher Blick auf das Leben eines Jungen in Compton wird geschaffen – eine Geschichte, die so sehr mit einem bestimmten Ort verwoben ist und es dennoch schafft alle geographischen Grenzen zu durchbrechen.
beschreiben, die damit nicht so vertraut sind?
Nas sagte einst, dass Freestyle Bullshit sei. Wenn du kein Konzept hast, dann wärst du kein guter Rapper… Stimmst du dem zu?
War »good kid, m.A.A.d city« ein Weg mit der Frustration umzugehen?
Ein Teil von mir stimmt dem zu. Ich mag Freestylen. Ich mag es, Leute rappen zu hören über woran immer sie auch denken, aber ich mag ebenso Leute, die Alben machen und Konzeptplatten. Es ist ein Geben und Nehmen. Ein bisschen von beidem. Gibt es eine neue Ehrlichkeit im Hip Hop, durch die der Ausdruck von Schwäche erlaubt ist, wie auf deinem Track »The Art of Peer Pressure«?
Es fühlt sich definitiv so an. Hip Hop wurde von Menschen gemacht, die ihre Wahrheiten erzählten und sich selbst ausdrückten. Das habe ich auf meinen Alben auch gemacht und setze damit fort, was Hip Hop stets ausmachte und hervorbrachte: Rapper die sich selbst ausdrückten, von NWA bis Big Daddy Kane. All diese Gerapppe über Bitches, Cars und Bling ist nicht verschwunden, aber es gibt jetzt auch viel anderes Zeug da draußen. Was denkst du, woher das kommt?
Ich denke, der Wandel geht von den Leuten aus. Die Leute haben keine Lust mehr so was zu hören. Es ist nichts falsch daran; in den frühen Tage des Hip Hop ging es immer darum, mit dem was man hatte zu prahlen, wie gut du im Rappen warst und wie viele große Goldketten du hattest. Das war Hip Hop. Doch dann kam mit der Zeit ein Punkt, an dem es einen Ausgleich brauchte. Das ist es, was die Leute wollen – einen Ausgleich und hoffentlich kann ich diesen Ausgleich schaffen.
Ich würde sagen, Compton ist der Geburtsort des GangstaRap. All die Künstler von Dr. Dre, NWA bis Snoop Dogg haben in ihren Raps über die Realität gesprochen. Es gibt dort eine große Gangkultur mit Bloods und Crips. Es ist wirklich eine verflixte Stadt basierend auf Zugehörigkeiten. Man muss einfach wissen wie man sich in dieser Stadt bewegt. Wenn man Compton mit nur einem Wort beschreiben müsste, dann wäre es: »unberechenbar«. Warst du jemals frustriert über den Stand des Hip Hop?
Ja, ich war frustriert. Nicht so sehr über den Stand des Hip Hop, sondern mehr über mich selbst, der ich versuchte meine eigene Sprache und Nische zu finden und in der Lage sein wollte, über das zu reden, worüber ich reden will und trotzdem akzeptiert zu werden. Das ist es was die Frustration auslöst.
Das war es definitiv. Zu der Zeit als mein Album herauskam wusste ich, dass ich in der Lage bin so zu denken, wie ich es schon Jahre zuvor wollte, bevor diese Art von Musik und Sound als ein großer, ehrlicher Sound wahrgenommen wurde. Es ging eigentlich darum, dass die anderen aufholten. Für dein Album gingst du in dein altes Viertel zurück. Warst du in Lage Dinge zu verstehen, aus denen du 2004 keinen Sinn schöpfen konntest?
Ja, definitiv. Ich war viele Male zurück und bin jetzt in der Lage zu diesen realen Orten zurückzukehren und zurückzublicken, nachdem ich diesen langen Weg zurückgelegt habe – das ist eine positive Veränderung. Es ist eine tolle Sache all die Kids zu beeinflussen, die in den Parks rumhängen, in denen ich auch rumhing. Ist es merkwürdig zurückzugehen? Sagen die Leute, du hättest dich verkauft oder so was?
Nicht in meinem Viertel - das bekomme ich da nicht zu hören. Jeder kennt mich noch als K. Dot. Es hat sich nichts verändert. Dort bin ich immer noch bloß ein Kind. Wohin wolltest du zwischen Section.80« und »good kid, m.A.A.d city«
Ich habe versucht, mich zu fokussieren, herauszufinden, was ich werden wollte. Ohne diesen Fokus wäre ich jetzt nicht hier. Es war eine ziemlich gewissenhafte Zeit, um meine Ziele zu schärfen und dieses Album zu machen, war eines der Ziele. – Kendrick Lamar – good kid, m.A.A.d city, 2LP 18.95 ¤, CD 19.95 ¤
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Compton ist ein mythischer Ort im Hip Hop. Kannst du die kulturelle Wichtigkeit von Compton für diejenigen
Kendrick Lamar
»In Compton kennt mich jeder noch als K. Dot. Es hat sich nichts verändert. Dort bin ich immer noch bloß ein Kind.«
The Moving Still
– Flatbush Zombies
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hhv.de Mag Nr. 3 — Frühling/Sommer 2013
Tex t: John Luas
The Moving Still: The Flatbush Zombies‘ »MRZA«
– New York City ist zurück. An der vordersten Front der neuen Jungen, die die vielleicht spannendste Dekade in der Geburtsstadt des Hip Hop seit den 1980er Jahren einläuten, sind die Flatbush Zombies. Ob mit Bodega BAMZ, dem A$AP Mob oder Remy Banks: Kaum jemand versteht es momentan, zwischen und jenseits der Crews, dem, was da als »New New York« gefeiert wird, ihren stilistischen Stempel aufzudrücken wie das Rap-Trio aus Brooklyn. Die New Yorker Hip-Hop-Renaissance schlägt dabei den direkten Bogen in die Ästhetik der 1980er Jahre und ihrem Godfather Spike Lee. Während die gesättigten Farben und die – bei Spike Lee den Werbevideos der 1990er Jahre vorgreifende –überbordende Präsenz von Sneakern und Baseball-Caps in allen
Videos der Zombies vorhanden waren, wird in »MRAZ« der Schöpfer selbst direkt zitiert. Es ist diese in die satten, roten, heißen Farben eines Brooklyner Sommertags getauchte Straßenecke, die in »Do The Right Thing« einen ganzen Lifestyle in einem Bild fühlbar machte. Das permanent zwischen Sorglosigkeit, Langeweile und Frustration pendelnde Motiv bringt zugleich die moralische Ambivalenz von Lee's Filmen auf den Punkt. Im Falle der Flatbush Zombies werden diese Bilder nun als Kulisse benutzt, zitieren die Bildsprache des großen Meisters als hätte es die vergangenen zwanzig Jahre nicht
gegeben, als wolle man klar machen: Wenn wir sagen »Brooklyn, New York is our hometown«, dann ist das immer das Brooklyn von Spike Lee, dann sind da immer die Geräusche dieser heißen Sommernächte, die Paradies und Albtraum zugleich bedeuten. Bekennend, dass ihre Kindheit sich in ihrer Erinnerung wie ein Spike-Lee-Film anfühlt, ist es eben auch das Spielen mit einer kollektiven Erinnerung. Auf DyMe-A-Duzin's Track »New Brooklyn«, der auch die Zombies und The Underarchievers vereint, heißt das dann: »Peep my BK point of view like that Spike Lee angle«. –
In der Rubrik »The Moving Still« schenken wir auf hhv-mag.com Monat für Monat kleinen Momenten große Aufmerksamkeit. Nur ein Standbild aus einem Video oder einem Film dient dabei als Anstoß für einen Gedanken. Das Still als Bild, Geste, Metapher, Verweis.
The Crucial Question
Tex t: Seb astian Hinz
– Sweatson Klank The Crucial Question: Bevor das LA Beat-Ding mit Low End Theory durch die Decke ging, hast Du 2003 mit einer eigenen Veranstaltung, die Bewegung befeuert: Wie war das, mit diesem damals ungewöhnlichen Sound eine Party zu gestalten?
– Sweatson Klank: In den frühen Tagen der Beat-Szene, bevor Low End Theory ins Leben gerufen wurde, habe ich gemeinsam mit Kutmah eine Partyreihe namens Sketchbook ins Leben gerufen. Das war die erste »Beat«-Night in Los Angeles und tatsächlich haben viele Dinge hier ihren Anfang genommen. Sketchbook war eine ganz kleine Veranstaltung. Sie richtete sich in erster Linie an Produzenten und DJs, also an jene, die den Sound von Hip Hop und elektronischer Musik auf eine neue Ebene bringen wollten. Alle möglichen Leute waren bei uns zu Gast, u.a. ein sehr junger
Flying Lotus, aber auch Ras G, Dibiase oder Prefuse 73. Selbst Prince war an einem Abend da. Wir haben die Party nach fünf Jahren eingestellt. Low End Theory haben dann dort angesetzt, wo wir aufhörten und das Zepter übernommen und die Dinge entwickelten sich von da an sehr schnell. –
Unsere »Gretchenfrage« ist vielleicht nicht so absolut wie die in Goethes »Faust«, aber sie enthüllt einen bestimmten Aspekt mit nur einer Frage. Ohne Schnickschnack. Monat für Monat auch auf hhv-mag.com.
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Dexter hhv.de Mag Nr. 3 — Frühling/Sommer 2013
– Dexter – Tex t: J o h n L u a s
Fotos: Deniz A la c a
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»Natürlich gibt es Unmengen an ungesampelten Stuff und unbekanntem Zeug, man muss nur graben und graben und sehr viel weiter gehen, als bis zur nächsten Isaac-Hayes-Platte.«
Dexter
Dexter – The Trip, LP 14.95 ¤, CD 13.95 ¤
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Dexter ist Beatmaker. Sein Instrument ist das Sampling und das musikalische Gedächtnis der Schallplatten seine Noten. Vieles ist gesagt worden zu Melting Pot Music's Wunderkind aus Heilbronn, der den Spagat zwischen Beats für Casper bis Retrogott und seinen »The Jazz Files« von vor zwei Jahren mit großer Gelassenheit meistert. Inspiriert vom kalifornischen Beat-Verständnis von Producern wie Madlib, Flying Lotus oder Oh No, hat Dexter sich im Schwabenland ein Heimstudio installiert. In der Tradition des Bedroom Producers manifestiert sich hier in Hardware das Prinzip Beatmaking: Ein Rechner, auf dem Logic läuft, eine MPD, ein Interface, ein Mini Moog, Microphone-Booth und Vorverstärker für den Fall von Gesangs- und Sprachaufnahmen und ansonsten Platten, Platten, Platten. Es ist kein akustischer Raum, es ist ein Kontrollraum, in dem Singale unabhängig von den sonst eine Musikproduktion begrenzenden Faktoren bearbeitet werden können. »Die eigentliche Arbeit ist das Sample zu finden«. Denn, was Dexter macht, ist vor allem Recherche. So hat er in der Jazz- und Bluessammlung seines Vaters die Inspiration und das Material für seine Hi-Hat Club Veröffentlichung »The Jazz Files« gefunden und das selbe Prinzip der Vertiefung in einen Sound und eine Ära hat er auch für seine neue Platte, »The Trip«, die sich ausschließlich aus Psych-Rock speist, angewendet. Dabei geht es immer um den Versuch einer Konzentration, einer Essenz und dafür geht er oft die Musikgeschichte rückwärts zurück, so wie die »The Jazz Files« ihn schlussendlich an die Ursprünge des Hip Hop zurückgeführt haben.
Was Dexter von anderen Beatmakern unterscheidet ist seine Hingabe an das Original-Material, auch sein Vertrauen in dieses. »Für mich ist das perfekte Sample, wenn ich nur aus diesem einen Sample mein ganzes Lied machen kann.« Es ist diese Überzeugung, die Dexters Handschrift ausmacht. Wo ansonsten Libraries aufgerufen und mit Sorgfalt Harmonien arrangiert werden, geht es Dexter darum einen Vibe zu erhalten: »Den originalen Vibe bestmöglich zu erhalten, ist das Ziel, auch wenn der Beat dann natürlich ganz anders klingt. Ich stehe da vollkommen im Dienst des Samples.« Die Transformation, der Einsatz des Moogs, die üblichen 808 Sounds, all das versteht er nur als Add-Ons, die nur ins Spiel kommen, wenn sie wirklich gebraucht werden. Und das passiert viel seltener, als bei anderen Strategien des Beatmakings. »Vor Jahren habe ich mal in einem Interview mit den Beginnern gelesen: Es gibt jetzt keine Samples mehr und deswegen spielen wir jetzt alles ein. Da dachte ich: Fuck, wie es gibt keine Samples mehr? Natürlich gibt es Unmengen an ungesampelten Stuff und unbekanntem Zeug, man muss nur graben und graben und sehr viel weiter gehen, als bis zur nächsten Isaac-Hayes-Platte.« Dexter gräbt sich tief rein in einen Sound, arbeitet konzeptuell in einem Genre und doch kommt am Ende immer wieder etwas heraus, das man im kalifornischen Sinne als Hip Hop bezeichnen würde und kann. »Wenn ich eine Psych-Rock Band gründen könnte, würde ich vielleicht auch das machen. Aber ich kann das nicht. Bei mir wird alles automatisch zu Hip Hop, es ist einfach in mir drin.« Dexter's Bearbeitungen sind Transformationen, die immer den Modus des Hip Hop suchen und dabei den Begriff zuerst vom Sound her verstehen: »Was die Leute dann erzählen hat mich nie so interessiert. So was wie Curse konnte ich mir nie geben.« Es geht um ein Gefühl, das man nicht in Worte fassen kann, es geht darum Vibes zu konzentrieren, auch darum sie zu konservieren. Und in dieser Essenz geht die Idee des Originals nicht verloren, auch wenn sie ihre Vorzeichen geändert hat. Das ist vielleicht sein größter Verdienst um die musikalische Vielfalt an der er sich bedient und der er dient. –
Weltfrieden und Konsumterror
Hiob (V-Mann)
hhv.de Mag Nr. 3 — Frühling/Sommer 2013
– We l t frieden & – Ko n s u m terror – Aspekte der Deutschrap-Renaissance
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Tex t: B j ö r n B i s c h o f f
Weltfrieden und Konsumterror
Die Bestesten
Schaufel und Spaten
Das Vinylknistern gehört wieder dazu Ob altbacken oder authentisch, unabhängiger Deutschrap brachte selten so eine Vielzahl an talentierten und überzeugenden Künstlern hervor wie in den letzten Jahren. Der alten Schule verpflichtet, gibt es auf den meisten Platten raue Beats, Cuts und Samples. Das Vinylknistern wird dabei zum hörbaren Merkmal, auf der guten Seite zu stehen. Und die zieht immer mehr Leute an. Die Verkäufe von Schallplatten gehen hoch, manches Album wird ausdrücklich auf diesem Format angefragt. Rückständig? Mehr der Wunsch, die Musik in die Finger zu bekommen. Etwas, dass auf dem Schulhof nicht vorhanden ist, sich dafür aber bei Liebhabern in der Wohnung findet. Aushängeschild für den guten Geschmack im eigenen Regal. »Ja, ich glaube, es gibt ein gesteigertes Interesse. Das liegt zum einen daran, dass Rap in Deutschland einen generellen Hörer-Zuwachs bekommen hat«, so der Emcee Umse aus Ratingen, der seit geraumer Zeit mit seinem traditionellen Hip Hop-Entwurf mehr und mehr Aufmerksamkeit auf sich zieht – derzeit mit seiner LP »Wachstum«.
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»Too many rappers, and there is still not enough Emcees«, war vor zwei Jahren die gemeinsam mit Nas getätigte Ansage der Beastie Boys und noch ein paar Jahre früher hätte das auch und besonders für Deutschrap gegolten. Zu viele Backpfeifengesichter, zu wenig wirkliche Künstler, die sich unabhängig positionierten und die Fahne hochhielten für guten Rap und Hip Hop. Aber die Aussicht hat sich geändert. Deutlich. »Das Reizvollste an Hip Hop ist für mich der Gedanke, einfach loslegen zu können. Dazu bedarf es keiner finanziellen Ressourcen oder einer Anleitung in welcher Form auch immer. Du kannst dir alle Fähigkeiten autodidaktisch aneignen«, sagt Hiob, einer der Protagonisten des wiedererstarkten Deutschrap. »Du hast auf einmal eine Stimme und damit auch ein ganz anderes Selbstbewusstsein. Das alles funktioniert heute weitgehend ohne irgendwelche beschissenen Subventionen, Stipendien oder Verlage. Im Gegensatz zum klassischen und elitären Kulturbetrieb kann Hip Hop daher wirklich unabhängig sein.« Und das nutzt Hiob, den sein Gespür für starke Bilder ausmacht. Ungeschönter Realismus liegt in den Texten des Berliner Emcees. »Einem echten Emcee geht es nicht um Fame, Plattenverkäufe und Umfragewerte./Eure Jams sind Parteitage und keine Konzerte./ Ihr habt nicht verstanden, dass es abseits von eurer Parallelrealität auch noch um Musik geht«, heißt es von Retrogott im Track »Quetschkommode« auf dem neuem Album »Fresh und umbenannt«. Zusammen mit Producer Hulk Hodn liefert er seit ein paar Jahren die Platten, die gewichtige Unterhaltung mit lyrischen Nackenklatschern verbindet. Battle-Rap für Leute, die
Bock auf intelligente Zeilen haben. Das hat mit dem pubertären Muttergeficke einer Generation darunter nichts zu tun, sondern mit den Momenten, in denen Beleidigungen wirklich Poesie werden. »Vor ein paar Jahren wurde ich immer gefragt, ob ich mich als Gegenbewegung zu Aggro Berlin und Bushido sehe. Die Antwort ist nach wie vor ›Nein‹. Weder Bushido noch Cro sind mir wichtig genug, um bewusst einen Gegenpol darstellen zu wollen. Nicht mal Bon Jovi oder Nickelback«, sagt Audio88 dazu. Gemeinsam mit Yassin rappt er mit bitterem Zynismus über die Welt. Dabei verabschieden sich die Texte oft vom klassischen Schema. »Da reimt sich ja gar nichts«, kam da oft als dumpfbackiger Vorwurf. Als hätte Hip Hop sich bis dato durch Paarreime ausgezeichnet. Mit dem Track »Sandy und Justin« ist den beiden Herren vielleicht eine der ausdruckstärksten Texte über die deutsche Jugend gelungen, der so überspitzt, kaputt und fertig ist, dass es schmerzt.
eloQuent
Foto: zesk mf
Weltfrieden und Konsumterror
Morlockk Dilemma
hhv.de Mag Nr. 3 — Frühling/Sommer 2013
»Wenn jemand seinen Arsch zum Schallplattenladen bewegt, um mein Album zu kaufen, kann er zumindest in dieser Zeit keine Volkswirtschaft ruinieren, keinen Kinderpornoring aufziehen oder Minderheiten unterdrücken. Ich lebe, um zu geben.« 42
M o rl o c k k D il e m m a
Ohne Scheuklappen
Die Texte müssen unterhalten Was all diese genannten Künstler vereint, ist, dass sie sich nicht vereinen lassen – weder als Gegenpol noch als eigene Szene. »Wir beobachten ja mehr so von außen. Unser Freundeskreis ist zwar fast schon unangenehm voll von Rappern und wir finden vermutlich auch schneller einen Draht zu diesen Menschen, aber so richtig in der Szene stehen wir vermutlich nicht. Mit etwas Abstand lässt sich ja auch besser drüber lachen«, so Yassin. »Ich weiß gar nicht, ob man da von einer Szene sprechen kann«, sagt Audio88 dazu. »Ich freu mich gerade eher, dass momentan mal wieder außerhalb unseres näheren Umfelds ein paar spannende Sachen rauskommen und nicht nur Schmutz. Es kommt natürlich auch nach wie vor genug Schmutz raus, aber das Gleichgewicht wird gerade wieder ein wenig hergestellt.« In den Texten aller Künstler lässt sich zumindest der Hang zum Realismus nachvollziehen und die Reflektion über sich selbst und die eigene Umwelt. »Gute Zeilen schreiben, ist ja keine Kunst – sie zu erkennen jedoch schon. Wir machen einfach freshe Rapmusik, so wie wir es von uns selbst erwarten würden, ohne Muster oder Schemata«, sagen Schaufel und Spaten. Die Jungs aus Magdeburg machen einfach. Doch die Wortwahl in den Lyrics ist bei all den hier genannten doch anders als beim Rest des
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Labels wie Jakarta, Spoken View, Melting Pot Music, ENTBS oder Wortsport nehmen dabei eine tragende Rolle ein und sind weit mehr als nur bloße Veröffentlichungsplattformen. Doch auch ohne Label getätigte Veröffentlichungen wie »Gebrochenes Deutsch« von eloQuent aus Wiesbaden bekommen ordentlich Aufmerksamkeit. Die Platte selbst hat eloQuent mit einem Freund selbst veröffentlicht und vertrieben. »Naja, weil wir beide keine Lust hatten Labels zu fragen oder in irgendein Arschloch zu kriechen«, sagt er. »Es gibt und gab immer schon Leute, die mein Zeugs gut fanden. Ob jetzt ein momentan gesteigertes Interesse besteht, kann ich nicht beurteilen. Auf jeden Fall war ich überrascht, wie gut es mit ›Gebrochens Deutsch‹ lief – so komplett ohne Promo-Moves oder hiphop.de-Exklusives.« Dazu kommt auch bei eloQuent ein Sound, der mit einem Bein in den Neunzigern hängt. Die technische Entwicklung sorgt dafür, dass die
Weltfrieden und Konsumterror
Der Plusmacher und FreshFace
Umse ergänzt:»Und es liegt auch daran, dass wir produktiv sind und konstant qualitative Mucke raushauen, und davon automatisch immer mehr Leute Wind kriegen. Zumal wir auch viel live unterwegs sind.« Ähnlich sieht das Hiob: »Ich lese das sowohl an den Verkaufszahlen als auch am Publikum ab. Ich habe immer die Strategie des langen Atems verfochten und die Entwicklung scheint mir da Recht zu geben. Unabhängig vom Feedback geht es mir zuerst um qualitative Entwicklung. Wenn ich nicht das Gefühl hätte, weiter Fortschritte beim Schreiben zu machen, würde ich die Sache an den Nagel hängen.«
Leute am heimischen Rechner Beats basteln und Zeug einrappen können – was der Vielfalt ohne Frage sehr gut tut, auch wenn es eine wahre Flut an Musik gibt und jede Stadt den Eindruck erwecken kann, so etwas wie eine Szene zu haben. Zumindest gab es in der Geschichte wohl keine Zeit, in der es so viel Bock machte, Musik zu hören und zu machen. Boom Bap im eigenen Wohnzimmer hergestellt – kein Thema mehr. Bezeichnend sind auch die Einflüsse vieler Künstler. Angesprochen auf Deutschrap-Platten aus letzter Zeit sagt Waldo The Funk: »Das letzte halbe Jahr habe ich, glaube ich, das erste Mal in meinem Leben mehr US-Rap gehört als deutschen. Wenn wir aber großzügig mit der Zeit sind, sage ich: Dramadigs’ ›Das muss doch nun wirklich nicht sein›, Hiobs ›Drama Konkret‹ und Sir Serchs ›Antigroove 2‹.« Der Mann aus Heilbronn steht hier stellvertretend für die zahllosen Nennungen von Rap, der sich an der Goldenen Ära des Hip Hop orientiert. Die Stieber Twins fallen als Name dabei auch oft. Angesprochen auf das für ihn einflussreichste Deutschrap-Album der letzten zehn Jahre, antwortet Audio88: »Da ›Hoews, Flows, Moneytoes‹ ja schon vor 16 Jahren rauskam, nenne ich jetzt einfach mal ›Hinterhofjargon‹ von Celo & Abdi. Ich weiß gar nicht, ob es unbedingt das einflussreichste Album war, aber zumindest eins der wenigen Deutschrap-Alben, die ich exzessiv gepumpt habe.« Yassin nennt dazu noch Haftbefehls »Hinterhofjargon« und »Blockplatin« als »sehr gut gemachtes Entertainment«. Als die ersten Leute im Netz motzten, weil Haftbefehl auf dem Cover der JUICE landete, erschien auf der Facebook-Seite von Audio88 & Yassin folgendes Statement: »Chabos wissen, wer den Babo feiert, zurecht auf einem Cover akzeptiert und ziehen endlich mal den Stock aus dem Gesäß. Geschmack ist eine Sache, aber wer meint, Herkunft und Bildungsgrad seien Bewertungskriterien für Musik, weiß wo der Dislike-Button ist. Wir hassen ja alles, aber Rassisten hassen wir wirklich. Also so wirklich richtig. Ciao. PS: Wer küssende Männer als Bedrohung wahrnimmt, aber mit prügelnden Ultras kein Problem hat, darf ebenfalls gehen.«
Weltfrieden und Konsumterror
Waldo The Funk
hhv.de Mag Nr. 3 — Frühling/Sommer 2013
Umse
anders als in den Chefetagen und auf den selbsterklärten Straßen. Die Ideen ihrer Texte gehen tiefer. »Das kommt immer auf die Thematik des Textes an. Grundsätzlich wichtig sind mir Wortwahl, Sprachrhythmus und Sprachmelodie«, so Morlockk Dilemma. »Ich mag pathetische Bilder, aber auch richtig plumpe Gewaltverherrlichung. So was amüsiert mich. Und da sind wir auch bei der Hauptaufgabe meiner Lyrics: Sie müssen vor allem mich unterhalten. Darüber hinaus versuche ich, sprachlich auf Phrasen zu verzichten. Pathos ist nicht gleich Pathos.« Und das haut der Mann aus Leipzig fast atemlos und gepresst über Beats von u.a. Dexter – so übertrieben, dass der heraufbeschworene Weltuntergang wie ein Comic von Warren Ellis vorkommt. »Es geht, glaub ich, darum, etwas für sich selbst zu schaffen. Etwas aus dem Nichts heraus entstehen zu lassen«, so Morlockk Dilemma weiter. »Wenn ich meine Freizeit mit Playstation verbringen würde, würde mir etwas fehlen. Ich treffe teilweise auf Kindheitsbekanntschaften, die in der klassischen Job-Familie-samstags-zu-IKEA-Mühle angekommen sind, während ich am Wochenende verschwitzt auf Bühnen stehe. Ich möchte nicht tauschen.«
Nicht mehr als Konturen Bei diesen Merkmalen, die all diese Künstler individuell auszeichnet, lässt sich kaum nachzeichnen, was sie in ihrer Gesamtheit ausmacht. Oder tatsächlich ein Kreis um sie schließen. Irgendwer schießt immer quer. Ihre Unabhängigkeit und der Drang, sein Ding durchzuziehen, stehen im Vordergrund. Gefragt, was er mit seiner Musik bewegen möchte, antwortet Morlockk Dilemma: »Weltfrieden und Konsumterror. Das bedeutet, wenn jemand seinen Arsch zum Schallplattenladen bewegt, um mein Album zu kaufen, kann er zumindest in dieser Zeit keine Volkswirtschaft ruinieren, keinen Kinderpornoring aufziehen oder Minderheiten unterdrücken. Ich lebe, um zu geben.« Weltverbesserung auf die saubere Art. »Die Erde ist eine Scheide, manchmal schön, manchmal hässlich, aber sie erfüllt ihren Zweck«, gibt es dagegen lakonisch von Audio88. Ob das Nerdtum von Waldo The Funk, der knarzende Boom BapEntwurf von eloQuent oder die optimistischere Sicht von Umse, es geht darum, sich nicht zu verbiegen. Unabhängigkeit und Freiheit heben diese Texte raus aus dem Rest des Deutschraps, der sich zu oft nur um sich selbst dreht. »Cause this the type of lyric goes inside your brain to blow you bullshit rappers straight out the frame«, hieß das bei den Beastie Boys. Einmal Hirn durchpusten auf höchstem Niveau. Gute Idee. Oder wie es bei Retrogott und Hulk Hodn zu hören war: »Der Retrogott ist niemand, der Dir viel verspricht. Er ist so wie Essen. Mit ihm spielt man nicht.« –
Neue Releases auf Vinyl zum Thema
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Retrogott & Hulk Hodn − Fresh & Umbenannt, 2LP 15.95 ¤ | Waldo The Funk − Toykis, LP 14.95 ¤ Audio88 & Yassin − Nochmal Zwei Herrengedeck, Bitte White Vinyl Edition, 2LP 15.95 ¤ Morlockk Dilemma − Phantasm-O-Rama, 4LP 34.95 ¤ | eloQuent & I.l.l. Will − Skizzen In Blau EP, LP 9.95 ¤ Der Plusmacher − BWL / Bordsteinwirtschaftslehre, 2LP 15.95 ¤ | Fresh Face − Fresh Henry der Packernacken EP, LP 9.95 ¤ Umse − Wachstum, LP 14.95 ¤ | Sendemast − State Of Flavour Instrumentals, LP 14.95 ¤ eloQuent − Gebrochenes Deutsch, LP 13.95 ¤ Schaufel und Spaten − Unterm Untergrund 3 1/2 - Upstairs at Björn Eric`s, LP 12.95 ¤
12.|13.|14. JULY 2013
SPLASH! FESTIVAL 16 » FERROPOLIS
www.splash-festival.com · facebook.com/wirsindsplash
257ers · A Tribe Called Quest · Action Bronson A$AP Rocky · Angel Haze · Bass‘ em by DJ Special K and DJ Shusta · Betty Ford Boys · Blumentopf Casper · Chakuza · Chefket · Damion Davis ·DCVDNS Dendemann · Die Orsons · Eskei83 · DJ Stickle & Steddy · Dope D.O.D. · Edgar Wasser · Evian Christ Ferris MC & DJ Stylewarz · Flume · The Gaslamp Killer · Genetikk · Gerard · Hiob & Dilemma Iggy Azalea · John Legend · Kellerkommando KRS One · Lance Butters ·Macklemore Lewis klemore & Ryan L Marteria · Megaloh · Muso · Nate 57 & Telly Tellz Phlatline & Friends Friend ends (DJ Ron, DJ Shusta, DJane Tereza, Tefla) a) · OK KID · Retrogott & Hulk Hodn Rockstah h · Roger Rekless presents „Freestyle Experience“ Experien ience“ (Fatoni, Keno, David Pe, Boshi San + Band) d) · Ronny Trettmann · Sepalot · Sorgenkinder Soundsystem Sou oundsystem · The Underachievers · Thunderbird Gerard G Ge d · Weekend W kend d · u.v.m. u.v v.m. CK LAMAROLLIIS KENDRIIC FERROP IN FE IN 13 2013 7. 20 07. 11.0 DO. 11
splash! spezial für 10,-€ (nur in Kombination mit einem splash!16 Ticket)
Line Up, Anreise, FAQ www.splash-festival.com
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hhv.de Mag Nr. 3 — Frßhling/Sommer 2013
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Vertical Colours
Vertical Colours
Carhartt Heritage − Rain Slicker, 279.95 ¤ | Carhartt Heritage − Mable Shirt, 89.95 ¤ | adidas − Chino Pants, 79.95 ¤ 47
Clae − Strayhorn Unlined Suede, 99.95 ¤
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The Quiet Life − Whisper 2 5 Panel Cap, 42.95 ¤ | Ucon Acrobatics − Out Of The Window T-Shirt, 34.95 ¤ | Undefeated − 2 Tone Jacket, 159.95 ¤ | Cleptomanicx − Port Slim Vintage Shorts, 49.95 ¤
hhv.de Mag Nr. 3 — Frühling/Sommer 2013
Vertical Colours
Vertical Colours
Acrylick − Audio Fold 2 Beanie, 22.95 ¤ | Obey − Varsity Youth Jacket, 134.95 ¤ | Carhartt − Holbrook Sweater, 74.95 ¤ 49
LRG − TS Chino Pants, 69.95 ¤ | Clae − Desmond Suede, 119.95 ¤
Vertical Colours hhv.de Mag Nr. 3 — Frühling/Sommer 2013
links: Gravis − Metro Backpack, 84.95 ¤ | Cheap Monday − Torex Shirt, 54.95 ¤ | adidas − Slim Fit Pants, 74.95 ¤ | Nike − Blazer Low PRM VNTG Suede, 89.95 ¤ 50
rechts: Ucon Acrobatics − Preston Jacket, 159.95 ¤ | Fred Perry − Classic Tipped V Neck Sweater, 99.95 ¤ | Carhartt − Slim Fit Polo Shirt, 54.95 ¤ Cheap Monday − Slim Chino Pants, 49.95 ¤ | Clae − Powell Canvas, 99.95 ¤
Vertical Colours
Carhartt Heritage − Trench Coat, 259.95 ¤ | Carhartt − Duck Shirt, 79.95 ¤ | Carhartt − Prime Pants Las Cruces Twill, 69.95 ¤ | Cheap Monday − Metal Bridge Sunglasses, 39.95 ¤ | Incase − Range Messenger Bag, 84.95 ¤
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Mishka − Blockade Lux Woven Shirt, 96.95 ¤ | Fjällräven − Telemark Jacket, 199.95 ¤ | Lee 101 − 101 S, 159.95 ¤ | Vans − Sk8-Hi Binding CA, 89.95 ¤
hhv.de Mag Nr. 3 — Frühling/Sommer 2013
Vertical Colours
Vertical Colours
Ben Sherman − SS Basic V Neck T-Shirt, 24.95 ¤ | Obey − Downtown Jacket, 114.95 ¤ | Ucon Acrobatics − Vito Chino Pants, 79.95 ¤ 53
Vans − Lasdun, 94.95 ¤
Vertical Colours hhv.de Mag Nr. 3 — Frühling/Sommer 2013 54
links: Obey − Varsity Rebel Jacket, 129.95 ¤ | Ucon Acrobatics − Ake T-Shirt, 34.95 ¤ | Carhartt − Slam Pants Wichita, 69.95 ¤ | New Balance − M1500GYB, 174.95 ¤ rechts: Ucon Acrobatics − Levin Sweat Jacket, 119.95 ¤ | Wemoto − Beach T-Shirt, 34.95 ¤ | Carhartt − Station Pants Dumas, 79.95 ¤ | Carhartt − Parcel Bag, 44.95 ¤
Vertical Colours
Carhartt Heritage − Baily Shirt, 99.95 ¤ | Ray-Ban − Original Wayfarer Sunglasses, 139.95 ¤ | Iriedaily − Bar 247 Chino Pants, 59.95 ¤ 55
adidas − Chord Low, 99.95 ¤
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Over The Top
– Over – The – To p –
Over The Top
LRG − Paper Weight Tank Top, 29.95 ¤
Obey − Ottoman Tank Top, 44.95 ¤
Male Tank Top – Carhartt − Holbrook A-Shirt, 29.95 ¤
Das Männer-Tank-Top oder Athletic-Shirt hat das Fitnessstudio verlassen und kann nun, in den strahlendsten Farben und kühnsten Mustern, auch die Körper von Leuten mit zahnstocherdünnen Armen zieren. Jahrelang hatte es den Beinamen »the wife beater«, der das Bild übergewichtiger Trailer-Park-Bewohner in weißen Unterhemden, überzogen mit Flecken von BBQ-Soße , die betrunken ihre Frauen schlagen, heraufbeschwört. Witzigerweise entstammt der Begriff »wife beater« dem Mittelalter; britische Ritter, die im Kampf ihre Rüstung verloren hatten, kämpften weiter, während sie zum Schutz in dem tödlichen Duell nichts weiter als die Kettenhemd-Unterwäsche trugen. Wenn Ritter diese blutigen Kämpfe überlebten, wurden sie »waif beater« genannt, bezogen auf den Fakt, dass ihnen ihre Schutzkleidung abhanden gekommen war, sie aber trotzdem den Sieg erreichten. In Abwesenheit der Ritte wurde aus »waif«, dass ähnlich klingende Wort »wife« und machte aus dem einst noblen Ausdruck etwas Niederträchtiges. Der Ausdruck erreichte seinen Höhepunkt, als 1947 Fotografien mit dem beigefügten Namen »The Wife Beater« in den Medien gezeigt worden, auf denen ein dreckiger, Tank-Top tragender Mann zu sehen war, der verhaftet wurde weil er seine Frau zu Tode geprügelt hatte. Marlon Brando‘s brutaler Charakter Stanley Kowalski, der seine Frau Stella physisch und emotional unterdrückt, trug den ganzen Film hindurch ein regendurchnässtes weißes T-Shirt oder Tank-Top und als berühmter, gut aussehender Hollywoodstar, machte er den Look sexueller und erstrebenswerter als er bisher war.
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Wemoto − Vice Tank Top, 19.95 ¤
The Hundreds − Nettle Tank Top, 44.95 ¤
The Quiet Life − Cosmos 5 Panel Cap, 42.95 ¤
WeSC − Hawaiwe 5 Panel Cap, 29.95 ¤
Over The Top
King-Apparel − Insignia 5 Panel Cap, 34.95 ¤
The Quiet Life − Tic Tac 5 Panel Cap, 42.95 ¤
Obey − Marrakesh 5 Panel Cap, 34.95 ¤
The Quiet Life − Aztec 5 Panel Cap, 42.95 ¤
hhv.de Mag Nr. 3 — Frühling/Sommer 2013
Obey − Stately 5 Panel Cap, 34.95 ¤
Mishka − Chameleon 5-Panel Camper Cap, 39.95 ¤
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Over The Top
Cityfellaz Copenhagen − 5 Panel Cap, 37.95 ¤
Carhartt − Backley Cap, 29.95 ¤
HUF − Tweed Volley Cap, 39.95 ¤ Akomplice − Camo 5 Panel Snap Back Cap, 29.95 ¤
HUF − Bedford Box Logo Cap, 36.95 ¤
Vans − Eldridge 5-Panel Hat, 37.95 ¤
5-Panel-Caps – Das 5-Panel-Baseball-Cap gehört seit Generationen als unersetzliches Teil zur typisch amerikanischen Uniform. Wann, wie und welchen Typ von Baseballcap du trägst kann viel über deinen Charakter, deinen Beruf oder deine Herkunft aussagen. Wir nehmen das 5-Panel-Cap auseinander um sämtliche Facetten zu betrachten. Seine Ursprünge: Die ersten Baseballhüte waren aus Stroh. Die New York Knickerbockers trugen sie im Jahre 1849. Um 1900 hatte sich das Markenzeichen langer Schirm und Knopf auf der Oberseite als Look etabliert. Seine Popkulturgeschichte: Das Baseballcap ist auch die inoffizielle Uniform von Filmregisseuren – jemals Spielberg ohne gesehen? Es war auch ein Regisseur, nämlich Spike Lee, der das Cap außerhalb vom Baseball in Mode brachte. Seine Underground-Kultur: Baseballcaps sind Teil der Gangkultur: Cincinnati Reds sind durch die Bloods verrufen, Crips haben das blaue LA-Cap adoptiert und die Gangsters Disciples aus Chicago tragen das Detroit Tiger-Cap wegen seines großen »D«s. Seine Verwendung in der Werbung: Caps können genutzt werden, um den Träger in eine laufende Plakatwand zu verwandeln. Im Oktober 2012 nutze z.B. Eminem das Cap, um sein achtes Albumrelease fashionmäßig zu bewerben.
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Acapulco Gold − Paisley Flannel Camp Cap, 39.95 ¤
Carhartt − Backley Cap, 29.95 ¤
In der Mode: Nachdem Spike Lee das Cap in ein Modestatement jenseits vom Merchandising verwandelt hatte, wurden die Möglichkeiten wie man es tragen konnte endlos. Will Smith als der »Fresh Prince of Bel Air« spielte in den 1990er Jahren mit dem Cap und trieb es buchstäblich auf die Spitze: anstatt den Schirm zu biegen, plättete er ihn und klappte ihn nach oben.
Carhartt − Camou Pocket T-Shirt, 44.95 ¤
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Over The Top
Obey − Skyway T-Shirt, 49.95 ¤
Volcom − Segment Crew T-Shirt, 44.95 ¤
Over The Top
Ucon Acrobatics − Gerald T-Shirt, 34.95 ¤
Wemoto − Pard T-Shirt, 34.95 ¤
Gemusterte T-Shirts –
Wemoto − Beach T-Shirt, 34.95 ¤
Einst war das T-Shirt ein farbloses Bekleidungsstück und wurde funktional unter einem Hemd getragen. Es war Unterwäsche, die von Männern der Arbeiterklasse und der U.S. Navy getragen wurde. Dann wurde die Leere mit Zeichen gefüllt. Die T-Shirts wurden bedruckt, mit Logos, Statements oder auch mit Mustern. Letztere sind in diesem Jahr besonders en vogue. Bei den Motiven bedienen sich die Modefirmen heute der Formenvielfalt, die in der Geometrie, der Kunstgeschichte oder besonders der animalischen und botanischen Natur zu finden ist. Insbesondere die Muster der Natur erleben ein niemals endendes Revival. Das mag an ihrem Wesen liegen, stellt doch jedes Muster der Natur ein tiefgründiges Rätsel dar. Als Natur maskiert verweist das Bekleidungsstück durch diese »Maske« auf das, was es zu verschleiern gilt. Es zeigt die Künstlichkeit der Welt, ihr Konstruiert-sein an und verweist somit nicht allein auf die Natur, sondern zuerst auf sein Kultiviert-sein. Wenn beispielsweise das Berliner Modelabel Wemoto sich dem Leopardenmuster annimmt, dann erzählt diese Verzierung die Geschichte einer kulturellen Tradition. Angefangen in den 1930er Jahren, als noch echte Wildkatzen getragen wurden und das Muster für Luxus und Macht stand, über den leopardig gemusterten Bleistiftrock von Jane Mansfield in den 1950er Jahren, die Leggins von Nena in den 1980er Jahren oder den bekannten Mantel von Kate Moss in den 1990er Jahren. In der Form wie Wemoto dieses Muster benutzt, verweist das Label auf dieses Erbe und setzt sich gleichzeitig davon ab. Das Muster wird so zu einem wunderbar ironischen Statement.
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Sneaker hhv.de Mag Nr. 3 — Frühling/Sommer 2013 62
Nike − Air Max 90 OG Infrared, 149.95 ¤ Nike − Air Max 1 OG, 149.95 ¤
Sneaker
Nike − Blazer Mid '77 PRM VNTG, 119.95 ¤
Nike − Air Base II VNTG, 109.95 ¤
Nike − Air Base II VNTG, 109.95 ¤
Nike − Air Safari LE, 109.95 ¤ 63
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hhv.de Mag Nr. 3 — Frühling/Sommer 2013
Sneaker
New Balance
Asics
Adidas
Vans
Clae
Sneaker
Pointer
Puma
Nike
Supra Supra
Onitsuka Tiger
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Sneaker hhv.de Mag Nr. 3 — Frühling/Sommer 2013 66
adidas − L.A. Trainer, 99.95 ¤ adidas − Phantom, 109.95 ¤
Sneaker
adidas − ZX 700, 99.95 ¤
adidas − Tech Super, 109.95 ¤
adidas − Phantom, 109.95 ¤
adidas − Torsion Allegra X, 129.95 ¤ 67
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hhv.de Mag Nr. 3 — Frühling/Sommer 2013
Caps
Mitchell & Ness
New ew Era
G-SHOCK × DGK G-8900DGK-7ER „Authenticity“ und „Toughness“ sind nicht nur Eigenschaften einer G-SHOCK, sie gelten auch als Merkmale des Labels DGK. 2002 vom professionellen Skateboarder Stevie Williams gegründet, wurden die Dirty Ghetto Kids schnell zu einem der gehyptesten, kreativsten und meist respektierten Skateboard-Labels und -Teams weltweit. Nun stellt der 33-jährige Williams seinen Style, seine Toughness und seine Kreativität in der aktuellen G-SHOCK Kollektion mit der G-8900DGK unter Beweis. Mit halb transparentem, icy Gehäuse und natürlich dem SignatureViolet der DGK wird die G-8900DGK aber bestimmt nicht nur bei den Dirty Ghetto Kids zum absoluten Hingucker.
Klangvoll formschön hhv.de Mag Nr. 3 — Frühling/Sommer 2013
– Klangvoll formschön –
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Gerade in den Wonnemonaten sollte Ihnen Musik weiterhin ein guter Begleiter sein. Doch wo alles zwitschert, klingelt und tirilliert, wo alles blüht, sprießt und gedeiht, sind die Sinne oft für das Wesentliche getrübt. Und durch die Ray-Ban blendet der Sonne goldener Kuss… Damit Sie auch weiterhin wissen, wo sie hinschauen und hinhören sollten, empfehlen wir Ihnen auch in dieser Ausgabe Schallplatten, die nicht nur gut aussehen, sondern sich auch noch gut anhören. Auf den nächsten Seiten beraten wir Sie dahingehend gern.
Klangvoll formschön
Jame James m s Blake – Overgrown Ov v e rgrown
Caroline Lacaze – En Route
Atlas, s, 2013
Mocambo Records, 2013
Jame James me es Blake ist nun ein Pop-Star. »Overgrown« zeigt weshalb wesh halb und wehrt sich gleichzeitig gegen die Kehrseiten dies ses Status‘. Statt sich im Ruhm zu sudeln, sucht Blake in dieses seinen sein nen Texten einen Rückzugsort. Er verkriecht sich in sein Seelenleben Seele enleben und singt darüber. Dass er sein Inneres über den Gesang Gesang nach außen stülpt, verleiht seinem zweiten Werk rkk etwas Verletzliches und Angreifbares. Wie schon auf dem m selbstbetitelten Vorgänger stellt er dem Fragilen stets etwas etwa as Statisches gegenüber. Dafür sorgen die Instrumentals. Insbesondere mit ihnen hat Blake ein Schritt nach vorn ne bzw. zurück in Zeiten der »CMYK«-EP gemacht. An vorne eine em lang gezogenen Schweif aus Synthies sprühen die einem Instrumentals Instr rumentals in den Kosmos hinaus. Wenn aus der Tiefe des Basses B asses und der Benommenheit des Klaviers aus einem gewa wa altigen Strudel plötzlich die Melodie herausschießt, ist gewaltigen das sso o mitreißend, dass man Blakes‘ nuschelndes Wimmern rn n verflucht. Den Gesang hier und da zu verknappen hätte hätt te nicht geschadet. Doch ob man seine Stimme mag oderr nicht, man kann nicht anders als festzustellen: Blake ist ga ganz anz in seiner Klangwelt angekommen – so produziert sonst sons st keiner. Text: Philipp Kunze
Über Sex kann man nur auf Englisch singen. Das wissen n Tocotronic. Das wissen zahlreiche Künstler aus Deutschland, Deutsch hla and, die sich der Musik widmen, die am meisten im Schlafzim mmer Schlafzimmer zum Schäferstündchen läuft: Soul. Caroline Lacaze ist eine eiine e junge Sängerin, die aber weder Englisch noch Deutsch si singt, ingt, sondern Französisch. Und in welcher Sprache sollte Sou Soul ul denn besser funktionieren als in jener, in der fast jedes W Wort ort rotweingetränkt, sexy und nikotingeschwängert durch die diie Luft rollt? Da müssen die Texte auf »En Route« nicht ein einmal nmal von Sex handeln. In »Ici« räkelt sich ihre Stimme auf Bläs äsern Bläsern und Rhythmus, während »Toujours Lui« eine Orgel trägt. trägtt. In »Harley Davidson« halten dann Swing und Funk Einzug. A uch Auch »Je Reste« mit seinem entspannten Sound und der verbeu verbeulten eulten Trompete läuft astrein. Allerdings fehlt »En Route« ein wenig w nig we die durchgehende Atmosphäre. Lacaze hat auf ihrem D De ebüt Debüt einige Perlen zu bieten, die jedoch jemand noch richtig g polieren müsste. »En Route Madame« etwa könnte noch h viel mehr Druck aufbauen in seiner Hook, die raue Produktio Produktion iio on könnte ein paar Höhen und Tiefen mehr vertragen. Dennoch: Den nnoch: Von Caroline Lacaze könnte in Zukunft viel kommen.
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2LP+Tote 2LP+ + Tote Bag 22.95 ¤ , CD +Tote Bag 14.95 ¤
Masta Ace – Disposable Arts / A Long Hot Summer M3/hhv.de, 2013
Text: Björn Bischoff
LP+Shirt 16.95 ¤ , LP 12.95 ¤
Masta Ace hat sich längst als fundamentaler Bestandteil im Rap manifestier manifestiert. r t. Als Teil der Juice-Crew stand er lange im Schatten der kommerziell erfolgreicheren erfolgreichere en als Mitglieder der Formation um Marley Marl und erlangt so in seiner Karriere a ls Hot Solokünstler die ihm gebührende Anerkennung nur schleichend. Mit »A Long gH ot Summer« veröffentlichte der Hip Hop-Veteran 2004 das Prequel zu »Disposable »Disposa able Arts« (2001) und untermauert damit eindrucksvoll sein Talent als »Back in the day«-Geschichtenerzähler. Aces zugängliche und dialogische Rhymes und die e zweckmäßig gestalteten Interludes erleichtern hier den Einstieg in die Szenarien. Szena arien. Die hohen Verkaufszahlen blieben zwar aus, aber aus dem Echo der Fans und un nd Kritiker hallte ausschließlich Lob und Anerkennung. In der Rolle des Beobachters Beobach hters versucht Ace hier die unterschiedlichen Facetten seiner Umgebung zu erfassen erfasssen und zu entfalten, um ein wahrheitsgetreues Bild des urbanen Amerikas der 1990er 1 9 90er der Jahre abzubilden. Seine reflektierte, detailgetreue Art und die Dichotomie d de er unterschiedlichen Sichtweisen zeigen seine Reife als Künstler und räumen den en beiden, in diesen Tagen auf Vinyl wiederveröffentlichten Werken, ihren StellenStelllenwert als Klassiker ein. Text: Sonja Memarzadeh
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2LP 16.95 ¤, 2LP 16.95 ¤
Klangvoll formschön
Shlohmo – Laid Out EP
hhv.de Mag Nr. 3 — Frühling/Sommer 2013
Friends Of Friends Records, 2013
The e Knife – Shaking Shak a ing The Habitual Brille,, 22013 013
Gute e Idee: The Knife veröffentlichen ihr viertes Album. Schlechte Schlec e hte Idee: Mit »Old Dreams Waiting To Be Realized« einen eine en fast 20-minütigen Stinkefinger auf eben jene Platte zu setzen. set ettzen. Aber wer hat bei Karin Dreijer Andersson und Oloff Dreijer Dreijer wirklich etwas anderes erwartet? Dem Erfolg ihrerr S Single ingle »Heartbeats« rückten sie mit dem Projekt Fever Ray wi w wieder eder ins richtige Licht. Einfach ist bei The Knife nicht angesagt. ange esagt. »Shaking the Habitual« kommt nun als Doppelalbum albu um daher, das mehrfach ins Ziellose stochert. Startet »Raging »Rag ging Lung« noch handzahm, franst der Rhythmus zum Ende e hin total aus. Das schwedische Duo vermischt Drone, Synthies, Synt thies, verstrahlte Stücke von Pop und Techno sowie House e und verfrachten das in ihren eigenen Kosmos. »Stay Out Here« H ere« verweigert sich jeglicher Richtung, während Karin n Dreijer Andersson als Poltergeist den dissonanten Trackk heimsucht. Wenn zum Ende dann doch noch ein verdaulicher verd daulicher Beat einsetzt, dann nur zum Anfüttern, zum schnellen schn nellen Schmeicheln, bevor die nächste quere Idee sich schwer schw wer in die Atmosphäre von »Shaking the Habitual« absetzt. abse etzt. In der übrigens »Old Dreams Waiting To Be Realized« d«« durchaus Sinn macht. Unter all dieser Hässlichkeit, unter unte er den vagen Songs liegen einzelne greifbare Stücke, die ei inem vielleicht über einen erbaulichen Ansatz helfen, einem diesem e Album einen Sinn zu geben. Trotzdem fehlt »Shaking Habitual« the Ha H bitual« ein Stück, das es mehr verortet und öffnet.
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Text: B Björn jö rn Bischoff
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3LP+2CD 29.95 ¤, CD 16.95 ¤, 2CD 17.95 ¤
So richtig Party war ja auf den Veröffentlichungen von Shlohmo nie. Aber auf »Laid Out« ist sie endgültig vorbei: Der letzte Drops gelutscht, der letzte Bass durchs Mark gefahren. Jenen Zeitpunkt in der Bahn, wenn man krampfhaft versucht nicht einzuschlafen, wenn es flimmert und stört im Gehörgang – den simuliert Shlohmos neueste EP. Shlohmo frönt hier ganz seiner Vorliebe für Filter: jagt Vocal- und Synth-Lines durch, bis sie sich ins Unerkenntliche ausdehnen. Wie zugedröhnte Gedanken um 7 Uhr morgens; unter kaltem Himmel. Es ist nicht der quietschfidele Heimweg, auf dem man sich an den ersten Vögelstimmchen ergötzt. »Laid Out« ist dunkel, paralysiert. Die Basslines ziehen sich wie fette Nebelschwaden über die leere, versiffte Tanzfläche. Very british klingt diese Düsterkeit teils. Gerade wenn Shlohmo auf »Out Of Hand« Burial Tribut zollt – in der Art und Weise, wie er das VocalSample einsetzt und auch wie die Drumline vom Hip Hop in Richtung 2-Step stolpert. Shlohmo wirkt selbstbewusster denn je. Die Mischung aus PostParty-Depression und dem Nachhall des Basses und den rasselnden Snare-Drums, der einen doch wieder pusht – keiner erzeugt sie so wie der Produzent aus Los Angeles. Wenn er auf seinem nächsten Album zu diesem Sound den Jeremihs und The Weeknds noch eine große Schöpfkelle aus dem Hustensaftkessel reicht, bleiben kaum noch Wünsche offen. Text: Philipp Kunze
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LP 16.95 ¤
Klangvoll formschön
In vollendeter Weise verhüllt!
Feeding People – Island Universe Innovative Leisure, 2013
Zugegeben, Zu ugegeben, Jessie Jones’ Stimme ist sicher nicht jedermanns Ding. Die Frontfrau von Feeding People ist mehr Sirene a als ls Sängerin. Sä ängerin. (Vergleiche mit Karen O von den »Yeah Yeah Yeahs« bieten sich hier stellenweise an). Doch Jones’ unverke unverkennennbare ba are Stimme ist es, die die 12 Songs auf dem zweiten Album der Band aus Los Angeles zusammenhalten und ihnen einen ganz gan nz eigenen Klang geben. »The devil is waiting to go for a ride« jault Jones in »Other Side« - ähnlich verwegen wie diese die iese Textzeile Textzeile fühlt sich das gesamte Album an. Den Sound der Band kann man wohl am besten als »Psych-Garage-Rock« Te »Psych-Garage-Rockk« bezeichnen. beze eichnen. Kompromisslos, roh und erstaunlich gut durchdacht. Teils schrammelige Gitarren, hypnotisierende Drumss u und nd vereinzelte vere reinzelte Synthie-Klänge bilden die Grundlage für abwechslungsreiche Songstrukturen. Getragen werden diese jed jedoch doch eindeutig e ndeutig von Jones’ kraftvoller Stimme. Die taumelt irgendwo zwischen entrückt (»Cat Song«) und richtig angepisst ei st (»Insane«) (»Insane«) - beides kauft man ihr ab. Und wenn eine 20-jährige dann Weisheiten wie »What a golden age to sell your (» ur soul - for free, Cali is calling me« so wunderbar eindringlich vorträgt, dann möchte man nur noch »Amen« sagen. Text: Lisa Strehlow
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LP 16.95 ¤
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Klangvoll formschön hhv.de Mag Nr. 3 — Frühling/Sommer 2013
Rom Romare m are – Love v Songs Pt.1
The Doppelgangaz – HARK
Blackk Acre, 2013
Groggy Pack/hhv.de, 2013
Sein Seine ne tolle Debüt-EP »Meditations On Afrocentrism« drehte dreh hte sich rund um das Thema »Afrika«. In einem eher ober r flächlichen Genre überraschte Romare mit seinem oberflächlichen tiefgehenden tiefge g henden Ansatz. Für seine neue EP »Love Songs Pt.1« verarbeitete vera arbeitete der Brite nun mehr oder weniger bekannte Samples Samp mples aus Jazz- und Blues-Platten. Zackig geht es los mit »Y »»Your our Love«, in dem Versatzstücke aus Peggy Lees »Fever« »Fev ver« mit einem rasenden 808-Footworkbeat verschmolzen w werden. erden. Wer jetzt jedoch erwartet, damit schon alles gehö ört zu haben, hat sich geschnitten: Romare halbiert gehört das TTempo empo und fährt mit »Jimi & Faye« einen bluesigen Stom mper allererster Güte auf, der der Liebe zwischen Jimi Stomper Hendrix Hend ndrix und seiner damaligen Freundin Lithofayne »Faye« Prid dgeon huldigt. Im Folgenden krallt sich Romare den Pridgeon Amen e -Break von James Brown und ein paar Wortfetzen von Amen-Break Lyn Collins' Collins' »Think (About It)«, garniert diese mit Synthies und D elays und zeigt so auf »Taste Of Honey« seine funky Delays Seite. Seit te. Das abschließende »Hey Now« ist langsamer, mit Klavier, Klav v ier, Trompete und Nina Simone-Samples jazzig angehaucht hauc cht und erinnert dank einiger Turntablespielereien an Kid Koala. Koala. Romare ist wieder ein großer Wurf gelungen.
Trotz oder vielleicht auch aufgrund der Tatsache, dass EP und Matter Ov Fact seltsame Vorlieben für glatzköpfige XXL Barbies und ekelerregende Geschichten haben, sympathisiert man gerne mit den beiden. Findet man die Ironie hinter dem mystischen Gehabe, hat man umso mehr Spaß mit ihrer Musik. Auch auf »HARK« führen The Doppelgangaz ihre bisherige musikalische und lyrische Ausrichtung konsequent weiter. Warme, dreckige, samplelastige Boom-BapBeats untermalen wie gewohnt die neuesten Anekdoten des Groggy Pack. Aufgewertet wird das Ganze durch Vinylknacken, leidenschaftliches Husten oder ähnlich unangenehme Geräusche und kleine, aber feine Interludes. Besonders letztere tauchen häufig auf und sorgen für Kurzweiligkeit in dem einheitlichen Klanggerüst. Wer noch nicht genug von dem typischen, entspannten Doppelgangaz-Sound und ihn noch nicht sattgehört hat, dem wird auch diese neue LP Vergnügen bereiten. Schade nur, dass uns die beiden Haie aus dem New Yorker Untergrund nicht einmal vierzig Minuten lang mit ihrem neuen Material beglücken.
Text: P Patrick atrick Cavaleiro
2LP 15.95 ¤ , CD 14.95 ¤ , Tape 9.95 ¤
Text: Julia Losert
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EP 8 8.95 . 95 ¤
Various Artists – Co Counter o unter Future - A Sound Exposure Vol. 3 Equinox, 2013
In diesem Release kommt einiges zusammen. Allein an zu begehenden Jubilarien sind hier drei zu nennen: »Counter Future« ist die dritte Veröffentlichung in der seit 2004 von Equinox Records etablierten Compilation-Reihe »Sound Exposure«. Es ist zudem der 50. Release des Labels insgesamt, das mit dieser Zusammenstellung auch noch seinen zehnten Geburtstag begeht. Die 21 darauf befindlichen Tracks sind demzufolge auch eine Zusammenfassung dessen, wofür Equinox in den letzten Jahren stand. Zu hören sind die vielfältigen Möglichkeiten sich Hip Hop von den Rändern des Genres zu nähern. Nach Hip Hop klingt das alles nur noch entfernt. Electronica, IDM, Dubstep, Samplism, Downbeat sind nur einige der Ausgangspunkt der Annäherungen, die Musiker wie Godblesscomputers, 2econd Class Citizen, Fulgeance, Deckard, Glen Porter, Kopfklang oder Geste hier tätigen. Dabei ist es erstaunlich, dass trotz der Vielseitigkeit der hier erprobten Stile sich so etwas wie ein einheitlichen Klangbild herauskristallisiert. Das kann man dem Kuratoren nicht hoch genug anrechnen.
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Text: Thomas Pünktchen
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LP 24.95 ¤, LP (Deluxe Edition) 29.95 ¤
Klangvoll formschön
DJ Koze – Amygdala Pampa, 2013
Yatha Bhuta Jazz Combo (Onra & Buddy Sativa) – Yatha Bhuta Jazz Combo All City Dublin, 2013
Zum Glück: Nicht schon wieder ein Album mit Hip HopBeats, angereichert mit Jazz-Entwürfen aus aller Welt. Die Zusammenarbeit von Onra und Buddy Sativa ist stellenweise mehr Space Odyssee als Ausflug in multikulturelle Jazz-Gefilde. Hier haben sich einfach nur zwei Freunde zwischen der Arbeit an ihren eigenen Projekten getroffen, um ein wenig herumzuspielen. Das Ergebnis ist ein Album, das so klingt, wie sein Entstehungsprozess ablief: frei, spontan und locker aus der Hüfte. Ob sie munter auf der Blockflöte herumträllern, auf die Bongos patschen, am Bass zupfen, oder in die Pianotasten drücken – nichts klingt Ergebnisorientiert. Dass das Album nicht nur nach freizeitlichem Herumgeklimper klingt, liegt an psychedelischen Passagen, die dem Sound Tiefe verleihen. Es fiebt und summt hier und dort unterschwellig: Man fühlt sich als würde man unter einem Astronautenhelm auf ein Ufo-Paradies zusteuern. Wenn der gezupfte Bass und das hölzerne Xylophon die Tonleiter rauf und runter wuseln, hört es sich an, als würden ein dicker und ein dünner Cartoon-Charakter endlos Treppen hoch und runter tippeln. »Therapeutisch« nannten die beiden Produzenten die Sessions für »Yatha Bhuta Jazz Combo« – das Ergebnis ist es auch für den Hörer.
Cosey Koz ist zurück – endlich! Stefan Kozalla ist schon seit jeher bekannt für sowohl seinen kruden Humor (v.a. bei seinen Pseudonymen und Songtiteln) als auch für sein intuitives musikalisches Gespür (ob als DJ, Remixer oder Produzent). Beide Erkennungsmerkmale finden sich auch auf »Amygdala«: ersteres bei Titeln wie »Nices Wölkchen«, letzteres in den gesamten 78 Minuten neuer Musik. Vor rosa Bergen auf einem Caribou reitend, begrüßt uns DJ Koze vom Cover und Caribous Dan Snaith singt auch gleich das erste Stück. Andere »Promi-Gäste« sind Matthew Dear, Apparat oder auch Dirk von Lowtzow, dazu gesellt sich noch ein Rework von Kings of Convenience (»Homesick«) mit Ada und sogar Hildegard Knef. Was durch diese »Besetzungsliste« veranschaulicht wird, ist, wie spielend es Koze gelingt, internationale Musikchecker und kosmopolitische Club-Sounds mit verqueren, oft deutschen Texten zu verbinden (man denke nur an »Zuviel Zeit«). Überhaupt ist das simultane Auftreten scheinbarer Gegensätze auf »Amygdala« allgegenwärtig: Track und Song, Zurückhaltung und Präsenz, Intellekt und Esoterik, Eleganz und Flachwitz, Aktualität und Zeitlosigkeit, Furcht und Geborgenheit. Koze selbst sagt über sein Album mit seinem typischen Understatement: »Ein Meisterwerk von tierisch überragender Qualität.« Dem ist nichts hinzuzufügen. Text: Martin Silbermann
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2LP+7“ 20.95 ¤ , CD 15.95 ¤
Text: Philipp Kunze
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LP 14.95 ¤ , CD 16.95 ¤ 75
Klangvoll formschön hhv.de Mag Nr. 3 — Frühling/Sommer 2013
Bibi Bibio bii o – Silver Silv ver Wilkinson
Bonobo – The North Borders
Warp, Warp p , 2013
Ninja Tune, 2013
Bibio o lädt ein, seiner Bastelstunde im Kräutergarten beizuwohnen. woh hnen. Nachdem er mit »Mind Bokeh« das Gefühl einer Stad dt bei Nacht eingefangen hat, schlendert er mit »Silver Stadt Wilkinson« Wilk k inson« zurück in die Natur. Für einige Songs setzte sich Bibio o samt MPC, Gitarre und einem alten Kassettenrekorder in n den Garten, um kleine Naturereignisse einzufangen: Zum m Beispiel, wie der Regen auf das Dach tröpfelt. Teilweise weis se trommelte er tatsächlich auf einer Gießkanne herum oder ersetzte Percussion-Passagen durch das Öffnen und Schl lie eßen der Gartenschere. Dementsprechend harmonisch Schließen klingt gt »Silver Wilkinson«. Die Songs hauchen Staub und Gäns nseblümchen in Richtung Sonne. Hübsch und trantüGänseblümchen tig au a auch. uch. Die detailverliebte Blümchenwelt, die Bibio hier entw w ir ft, klingt naiv – alles ist lieblich, unschuldig und entwirft, unge efährlich. Meistens scharwenzelt Bibios Hippie-Stimme ungefährlich. durc ch alte Aufnahmegeräte; unterlegt von Gitarrenklimdurch pern n und Rauschgeräuschen. Nur »You« und »Business Park« platzen plat tzen in die Picknick-Harmonie: Überraschendes hätte es einerseits eine erseits mehr gebraucht, gleichzeitig wirken diese beiden Songs Song gs deplatziert. Text: Philipp Kunze
Auch bei Bonobos fünftem Studioalbum schlägt hinter je jedem edem Rhythmus, jedem Track ein eigenes Herz, das die Sache ins in ns Laufen bringt. In »Towers« und »Transits« wäre das etwa die de di HarmoStimme von Sängerin Szjerdene, die perfekt auf die Harmo m nien passt. Vielleicht tröstet das auf Dauer auch darüber hinweg, dass Andreya Triana diesmal nicht dabei ist. Und d mit Erykah Badu und Grey Reverend hat Simon Green ja auc auch ch weitere sehr gute Stimmen dabei. Allerdings wäre es dämlich, däml m ich, diese Platte nur nach ihren Stimmen zu vermessen. Denn n Bonobo hat den Sound von »The North Borders« noch ein n Stück intimer gemacht als auf dem Vorgänger. Die elektro roelektronischen Elemente rücken mehr in den Vordergrund. Allein n »Know You« trägt sich auf einem entspannten Beat, währ während rend gesamplete und verzerrte Stimmen sich darum wickeln. Die Die Single »Cirrus« schlägt ein paar Glocken und anderes Met e all Metall an, woraus überhaupt die Wärme des Tracks entsteht, be evor bevor der kantige Rhythmus einsetzt. Green führt verschiedene e Dinge zusammen, wer will kann das einfach unter Downtempo Downte empo aber abtun – das fasst den Sound von »The North Borders« ab ber kein Stück. In diesem Album steckt so viel Soul und so vie viel el Leben, dass jegliche Schubladen eigentlich zu eng gefasst gefass sst sind. Text: Björn Bischoff
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LP 18. 18.95 8 95 ¤ , CD 15.95 ¤
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2LP 18.95 ¤ , CD 13.95 ¤, 7 x 10“+ CD 48.95 ¤
The Heliocentrics – 13 Degrees Of Reality
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Now Again, 2013
Die Heliocentrics waren schon immer die Grenzgänger von, ja, wovon eigentlich? eigentliich? Soul? Funk? Organic Grooves? Selbst diese Reduzierung wäre zu kurz gegriffen. gegrifffen. Denn die Heliocentrics entkoppelten solche Muster stets von ihren Ursprüngen, Ursprüngen e , übertrugen sie in Jazz und Afrobeat, befreiten sie vom popkulturellen Ballast. t. »13 Degrees of Reality« macht auf simple Weise also genau das, wofür das Kollektiv Kollekt k iv bekannt ist. »Eastern Begena« hangelt sich an einem Rhythmus entlang, lässtt ein paar Streicher und Töne aus einem Synthie fallen. Über fast acht Minuten baut bau aut sich »Wrecking Ball« auf mit Gitarrenfeedback und einer verzerrten Idee einer eine er HorrorMelodie. »Path Of The Black Sun« liefert eine verhuschte Version eines Horro orfilms, der in der menschlichen Psyche abläuft. »Hall Of Mirrors« lässt ein paar ar Takte fallen, während darunter der Bass murmelt. Der Trick dieses Albums ist, istt, Vordergrund, dass es nie richtig düster wird. Das Psychedelische steht mehr im Vordergrun n d, das Spiel, der Wunsch, Melodien und Töne auszureizen und auszuprobieren. Das Das Dissonanmacht »13 Degrees of Reality« ein wenig verstörend und so anziehend. Dissona nanlaufen zen wie in »Mysterious Ways« lösen sich nie in Unhörbarkeit auf, sondern laufe fen in einen Track, in eine nachvollziehbare Struktur ein. Text: Björn Bischoff
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2LP 18.95 ¤ , CD 15.95 ¤
Klangvoll formschön
In vollendeter Weise verhüllt!
Cyclopean – Cyclopean Mute, 2013
In der der Architektur sind zyklopische Mauern jene, deren teils hunderte Kilo schwere und unregelmässig geschnittene St Steine teine so o geschickt gestapelt werden, dass sie ohne Zementierung arretiert sind. Die Elemente aus denen der Sound dieserr E EP P zusammengesetzt zusa sammengesetzt wurde, verflüchtigen sich als Einzelteile fast schon, fügen sich aber in minutiöser Kleinstarbeit nah nahtlos htlos zu u einem kolossalen Gesamtwerk zusammen. Irmin Schmidt und Jaki Liebezeit waren anno dazumal die Speerspitze der der Krautrockbewegung, Krau utrockbewegung, und bohrten sich unter dem Namen Can durch den Leviathan Pop-Musik. Mittlerweile, mit jeweilss über über 70 JJahren ahren auf dem Buckel, sind sie längst über die Verrücktheiten und Grenzgänge von damals hinweg. Ihre musikalis musikalische sche Vorstellungskraft Vorsstellungskraft hat mit den Jahren aber an nichts eingebüsst. Getragen von wuchtigen Drumpatterns, die ein einstur einsturzsiur zsicheres cher e es Grundgerüst erzeugen, wird in subtilen Nuancen und ökonomischen Improvisationen darüber gepinselt. Losge Losgelöst elöst und geerdet geerdet zugleich, in sich gekehrt und doch mit immens viel Ausstrahlung, ist es eine Gegenüberstellung vermeintlic vermeintlicher cher Gegenpole, deren Vereinbarkeit offensichtlich und fast schon notwendig erscheint. Text: Frédéric Hartmann
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LP 6.95 ¤
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hhv.de Mag Nr. 3 — Frühling/Sommer 2013
Klangvoll formschön – Records Revisited
Tex t: S e b a s t i a n H i n z
– Records Revisited –
Zwischen 1959 und 1961 veröffentlichte der Saxophonist Ornette Coleman vier Schallplatten, die er zusammen mit dem Trompeter Don Cherry, dem Bassisten Charlie Haden und abwechselnd mit den Schlagzeugern Billy Higgins und Edward Blackwell für die Plattenfirma Atlantic Records in New York City einspielte. Produziert wurden sie allesamt von Nesuhi Ertugan. Diese Schallplatten sind die Annäherung an eine neue Form des Jazz, der sich durch die Aufgabe der vier-, acht- oder zwölftaktigen Form, den Verzicht auf vorgegebene harmonische Strukturen wie Akkordwechsel oder Tonarten, durch das Fehlen von Harmonieinstrumenten überhaupt und den Einsatz auch von Bass und Schlagzeug als melodische Instrumente knapp beschreiben lässt. Die Titel dieser Schallplatten lesen sich wie eine programmatische Prophezeiung: »The Shape of Jazz to Come« (1959), »Change of the Century« (1960), »This Is Our Music« (1960) und »Free Jazz« (1961). Natürlich war die mit Doppel-Quartett eingespielte, im Kollektiv improvisierte sechsteilige Suite »Free Jazz« das revolutionärere Album. Doch das am 1. Oktober 1959 erschienene »The Shape of Jazz to Come« kommt als Eröffnung dieser viergliedrigen Klimax eine besondere Stellung zu. Es markiert die Schwelle zu einem neuen Reich. Denn Jazz veränderte sich in diesen Tagen grundlegend. Und während ihres am 17. November 1959 begonnenen sechswöchigen Gastspiels im Five Spott, dem angesagtesten Jazzklub New Yorks, schauten die Größen der Branche vorbei. Miles Davis blickte scheelsüchtig auf Coleman, wissend, dass dieser ihm technisch vielleicht nicht das Wasser reichen könne, aber dass dessen Ideen die Jazzmusik fortan prägen würden. John Coltrane kam jeden Abend ins Five Spot, um das Quartett spielen zu sehen und nach den Shows packte er Coltrane am Arm und sie gingen in die Nacht hinaus und redeten und redeten. Die beiden wurden Freunde und Coltrane würde später sagen, dass die Erfahrung dieses neuen Jazz es ihm ermöglichte, unbekümmerter zu spielen. Sonny Rollins, zusammen mit Coltrane einer der führenden Saxophonisten dieser Zeit, ist durch die Musik von Colemans Quartett in die Sinnkrise geraten und verschwand zwei Jahre völlig von der Bildfläche. Dann tauchte er wieder auf, mit neuem, an Coleman ausgerichtetem Ansatz und neuem Quartett, zu dem nun eben auch Don Cherry und Billy Higgins gehörten. Schließlich waren auch Albert Ayler und Eric Dolphy Zeugen dieser Auftritte.
Klangvoll formschön – Records Revisited
»Sein Ansatz war kein politischer, sondern ein künstlerischer. Die auf »The Shape of Jazz to Come« erstmals konsequent umgesetzte Idee, war die einer betonten offenen, freieren, natürlichen, also ursprünglichen Auslegung der Jazzmusik.« Jazzmusiik.«
Jetzt kann man es sich leicht machen und den Akt der Befre Befreiung eiung von den Einschränkungen, welche die Jazzmusik bis zur Or rnette Ornette Coleman bereithielt, mit seiner Biographie begründen. Cole eman, Coleman, 1930 in Fort Worth, Texas geboren, in ärmsten Verhältnissenn aufgewachsen, in einem Milieu, das durch die Segregation geprägt war, liefert einen (hier nur kurz angerissenen) Lebenslauf f, der Lebenslauf, genau dazu einlädt, Erinnerungen, die voll von Dingen sind, sind d, die einen eingeschränkt haben. Doch wäre das zu einfach. Und eeben ben genau einfach ist die Musik von Ornette Coleman nicht. Die Dinge, die er suchte, waren auch nicht außerhalb der Grenzen Greenzen aufzufinden, die ihm seine Lebensgeschichte setzte. Sein A An Ansatz nsatz war also kein politischer, sondern ein künstlerischer. Die auff »»The The Shape of Jazz to Come« erstmals konsequent umgesetzte Id Idee, dee, war die einer betont offenen, freieren, natürlichen, also ursprüngursp prüüngwissen lichen Auslegung der Jazzmusik. Von den Romantikern w issen Ansichten wir, dass wenn ein Kunstwerk viele Bedeutungen, viele Ansich c ten ch aufweist, und Weisen verstanden und geschätzt zu werden aufweist t, am interessantesten ist und ein reiner Ausdruck der Persönlichkeit. mehr Eine Idee erscheint umso individueller und stimulierender, je m ehr Gedanken, Welten und Haltungen in ihr sich kreuzen und d zuauch sammentreffen. Die Abgrenzung Ornette Colemans von der a uch in seiner Biographie liegenden Erfahrung ist demnach zunächst auch wieder nur die halbe Wahrheit. In der betont offenen FForm orm seiner Musik kommt seine Individualität, seine Persönlichkeit Persönlicchkeit umso deutlicher hervor. Und auch das afroamerikanische EErbe, rbe, das Coleman mit sich schleppt, liegt hier abrufbereit. Mit einer einer leicht abgewandelten Sentenz Friedrich Schlegels könne man an sainterpretiert gen, dass die Welt des Jazz, wie sie von Coleman interpr retiert wird, die durchaus entgegengesetzte Welt der Wahrheit ((GeGeschichte) sei – und ihr eben darum so durchaus ähnlich wiee das Ebene Chaos der vollendeten Schöpfung. Das führt uns zu der EEb bene auf die Ornette Coleman in Selbstaussagen insistiert, hin zu zu eiNatur« ner Gesetzlosigkeit, zur Freiheit, zum »Naturzustand der N atur« (Friedrich Schlegel), der Zeit vor der Welt als alle gleich waren, wa w aren, Besitzverjenseits von Rassenschranken, jenseits von Geld- und Besitz zverOrnette hältnissen. – Von diesen Dingen kann uns die Musik von Orn rnette Coleman, kann uns »The Shape of Jazz to Come« auch mehrr als berichten. 50 Jahre nach der Erstveröffentlichung noch sehr viel berich hteen.
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LP 14.95 ¤, LP (180 Gramm Vinyl) 23.95 ¤
Die Kolumne »Records Revisited« ist eine Wiederbegegnung mit längst veröffentlichten Schallplatten und thematisiert die FFrage rage nach ihrem Wert. Dieser kann künstlerisch, geschichtlich oder auch persönlich sein. Das Resultat sind Texte über Schallplattenn und Menschen. Man kann sie regelmäßig auf www.hhv-mag.com lesen. 79
Klangvoll formschön – Used Vinyl hhv.de Mag Nr. 3 — Frühling/Sommer 2013
RAMP P – Come e Into Knowledge Know wledge
Ernesst Ranglin Ernest – Ranglypso Rangl lypso MPS, 1976 6
Blue Thum Thumb, mb, 1977
Dass vvon on Roy Ayers produzierte Album »Come »Co ome Into KnowKnowledge« ledg ge« gilt seither als Klassiker unter den Rare Groo GrooveovePl Plat tten. Zuerst weg n des Hits »Everybody Loves The e SunSun Platten. wegen shine« shin ne « gesucht, lieferten aber auch Tracks wie »Daylight« Samp m les für A Tribe Calles Quest (auf »Bonita Applebum«), Samples PM D Dawn awn und Mad Skillz. Ein Grund für die besondere Eign nung der Platte für das Sampling ist die kristallklare Eignung Prod duktion von Roy Ayers, bei der sich die einzelnen Produktion Elemente Elem mente bereits klar voneinander trennen ohne dabei an G roove einzubüßen. Das Songwriting von Ayers und Groove Ericc B irdsong zielt dabei vor allem auf eine sehr langsame Birdsong zurü ückgelehnte Variante des Souls, bei der die elliptischen zurückgelehnte Gesangslinien Gesa sangslinien und repetitiven Grooves schon das ein oder sa ande de d ere Mal dein Eindruck einer Sammlung von Samples andere und Loops hinterlassen. Die allgemeine Zurückhaltung der Instr rumentation gegebenüber den Gesängen von Sibel Instrumentation Thra asher und Sharon Matthews funktioniert vor allem auf Thrasher den reduzierten stilisierten Tracks wie eben »Everybody Loves Love es The Sunshine«, lässt auf anderen aber die aufrichtige Hingabe Hing gabe vermissen, so dass etwa Tracks wie »Give It« weit unter unte er ihren Möglichkeiten bleiben. Text: JJohn oh n Luas
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Ernest Ranglin ist ein Meister der Fusion u und nd sein 1976 in Deutschland für MPS aufgenommenes Album Alb bum »Ranglypso« dokumentiert in weiten Teilen bereits die Früchte F der jahrelangen musikalischen Entwicklungen des begabten jamaikanischen Gitarristen. Dabei ist es die Verschmelzung von Jazz, Reggae, Calypso und dem Mento, des jamaikanischen Folk, die einen perkussiven Gitarrenstil ermöglicht, der auch immer wider Ranglins frühe Ska-Arbeiten spiegelt. Der Opener »Mento« ist dabei ein direkter Verweis auf seine jamaikanischen Wurzeln, während die Tracks im weiteren Verlauf quasi autobiografisch Ranglin‘s musikalisches Schaffen umspannen. Mit »Freeway« mündet die Platte schließlich im Jazz Funk der 1970er Jahre. Die rhythmische Vielfalt von »Ranglypso« macht diese Platte sowohl zu einem umfassenden Dokument der Arbeit von Ernest Ranglin, der von Theophilus Beckford über Jimmy Cliff bis hin zu Bob Marley einen großen Teil jamaikanischer Popmusik begleitet hat, als auch für einer für Organic Groove Samples gefragte Produktion. Text: John Luas
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LP 55.95 ¤ | »Ranglypso« liegt hier in der Originalausgabe von 1976 vor. Cover und Platte sind beide in bestem Zustand (Near Mint).
LP 69.95 6 9 . 95 | Die rare amerikanische Originalpressung kommt komm mmt mit einem VG-Cover und der Vinyl selbst nahe am mm Bestzustand Best tzustand (VG+).
Jeru the Damaja – The Th h e Sun Rises In The East Payday, 1994
»The Sun Rises In The East« gilt als Klassiker des Hip Hop der 1990er Jahre und dass ins insbesondere, da die Platte das kongeniale Aufeinandertreffen zweier Musikerr dokumentiert, die einander ergänzen. DJ Premiers erste Albumproduktion außerhalb von Gang Starr profitiert von Jerus Fähigkeit intelligente Reime in n immer neuen rhythmischen Gewändern, v.a. aber funky zu stilisieren. Musikalisch Musikal isch erkundet die Platte dabei die Frage, was Funk zukünftig für den Hip Hop bed bedeuten deuten sollte und konnte: funky Beats, detuned Bells und Keys - Hookslines, di die e weniger transparent sind und dennoch genug Pop geamtet haben, um häng hängen gen zu bleiben. Der Kommentar auf den Zustand des Hip Hop ist dabei aus Jeru Jerus us Feder stets bissig: »You Can‘t Stop The Prophet« und »Ain‘t The Devil Happy« sind abgründige Abgesänge auf die Großstadt und skizzieren die Welt zunehmend zunehm end als Ort, da jeder seines eigenen Glückes Schmied ist, eine desillusionierende sioniere ende Welt von Individualisten. Zusammen mit dem im selben Jahr veröffentlicht ten »Illmatic« von Nas markiert »The Sun Rises In The East« - wie der Titel fentlichten bereits b behauptet - die Quintessenz des East Coast Hip Hop der Neunziger und dokume ntiert zwei Ausnahmekünstler auf dem Höhepunkt ihres Schaffens. dokumentiert Text: John n Luas
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2LP 2L L P 34.95 34.9 34 .9 9 5 ¤ | Der Der Klassiker De Klas Kl assi as sike si ike ker li ker lieg liegt egtt hi eg hier er iin n ei eine einer nerr ra ne rare raren ren re n Or Orig Originalausgabe igin ig inal inal in alau lau ausg sgab sg abe ab be de d es des Payd y Labels vor, Cover und Platte sind beide beinahe im Bestzustand (VG+). Payday
Niagara – Niagara United Artists Records, 1970
Das selbstbetitelte Debütalbum von Klaus Weiss‘ Projekt Niagara gehört zu den in Vergessenheit geratenen Klassikern deutscher Musikgeschichte. Weiss, einer der wenigen europäischen Drummer, die in den 1960er Jahren Erfolg in Amerika hatten und vielleicht der einzige, dem amerikanischer Groove und Soul auch von Jazzgrößen jenseits des Atlantiks bescheinigt wurde, hat für dieses reine Drums/Percussions-Projekt acht Drummer zusammengebracht. Es galt den Schlagzeuger ins Zentrum der Musik zu rücken und neue stilistische Fusionen zu erproben. Es liegt an letzterem, das die Platte bis heute unter Krautrock-, Jazz-, und HipHop-Sammlern gleichermaßen geschätzt wird. »Niagara« ist ein seltenes Dokument, der 2010 erneut aufgelegten Arbeit von Klaus Weiss. Der Jazz der Sechziger, der Funk der frühen Siebziger, der Psy-Rock und Krautrock deutscher Prägung vermischen sich hier zu einer wegweisenden Fusion, die dennoch stets im Modus afrikanischer Percussions und mit dem generellen Verzicht auf Plastikfelle vorgetragen, eine eigene Handschrift bekommt. Zu schade, dass Niagara stets ein Studioprojekt geblieben ist und nach drei Alben fast vollkommen in Vergessenheit geriet. Text: John Luas
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LP 169.95 ¤ | Die deutsche Erstpressung von 1970 ist beinahe neuwertig (Near Mint) und am Cover nur an den Ecken wenig abgenutzt (VG+).
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1 Cleptomanicx − Port Slim Vintage Shorts, 49.95 ¤ | 2 Volcom − Frickin Modern Shorts, 49.95 ¤ 3 Wemoto − Murray Shorts, 49.95 ¤ | 4 Wemoto − Wolf 2 Shorts, 54.95 ¤ 5 LRG − TS Chino Shorts, 59.95 ¤
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1 Carhartt x UDG − Travel Trolley M, 169.95 ¤ | 2 Fjällräven − Rucksack No.21 Large, 219.95 ¤ 3 Herschel x New Balance − Novel Bag, 109.95 ¤ | 4 The Hundreds − Shutter Bag, 49.95 ¤ 5 Carhartt − Essentials Bag Small, 34.95 ¤
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1 Stüssy − Sailing Shirt, 89.95 ¤ | 2 Ucon Acrobatics − Dennis Shirt, 79.95 ¤ 3 Carhartt − Aldux LS Shirt, 69.95 ¤ | 4 Vans − Rusden Mini Palm Shirt, 64.95 ¤ 5 The Hundreds x Cool World − Deebs Button Up Shirt, 109.95 ¤ 6 Mishka − Skull Trip Button-Up Shirt, 99.95 ¤
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1 Vestax − Handytrax USB, 179.95 ¤ | 2 Koss − Porta Pro Headphones, 39.95 ¤ 3 /4 Soundwagon − World's Smallest Record Player, 89.95 ¤ 5 Carhartt x UDG − Sling Bag, 91.95 ¤
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Charles Bradley
Charles Bradley
– Charles – Bradley – Tex t: J o h n L u a s Fo t o: M a l t e S e i d e l
vor allem die tragischen Seiten seines Lebens verarbeitet hat und der lange Zeit als Koch und James-Brown-Imitator in New York City seinen Lebensunterhalt bestritt, bescherte es mit 62 Jahren sein Erstlingswerk. Soeben ist sein sein zweites Album »Victim of Love« erschienen. Wir nahmen das zum Anlass, noch einmal zurück zu den Wurzeln des Soul zu gehen und mit ihm über jenen Moment zu sprechen, wo dieser lange übersehene Sänger plötzlich nicht mehr James Brown imitierte, sondern Charles Bradley wurde.
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Es gibt diese Dinge, die liegen lange verborgen, sind vergessen und entfalten erst spät eine Dringlichkeit. Die Musik von Charles Bradley gehört zu diesen Dingen. Die Worte, die der »Screaming Eagle of Soul« unter Qualen aus der Tiefe seiner Seele holt, zogen mit seinem Debüt »No Time for Dreaming« vor zwei Jahren nicht nur Kenner der Materie in den Bann, sondern erreichten pünktlich zur Wiederentdeckung des Soul durch eine neue Generation weltweit Menschen aller Altersklassen. Dem Sänger, der auf dem Album
Charles Bradley hhv.de Mag Nr. 3 — Frühling/Sommer 2013
»Für mich kommt Soul also aus diesen Tiefen der Seele, von den Schmerzen, die so überwältigend sind, dass du sie nicht ausdrücken kannst.«
Sie waren Sänger lange bevor Ihr Debütalbum vor zwei Jahren erschien. Würden Sie sagen, dass Ihr Album ein zeitgenössisches Album des Jahres 2011 war oder eine Ansammlung von Dingen, die Sie seit 1962, als Ihre Schwester Sie zum ersten Mal zu einem Soulkonzert ins Apollo Theatre mitnahm, sagen wollten?
fragte, was all der Lärm draußen sei, und ich ging runter und raus auf die Straße und da war diese Frau und sie legte ihre Hand auf meine Schulter und sagte: Geh' nicht in das Haus deines Bruders. Doch ich tat es und sah, was passiert war. Alles, was du in diesem Song hörst, ist wahr.
Ja, ich habe viele Dinge für lange Zeit zurückhalten müssen. Und ich denke, das Ereignis, das schließlich alles aus mir heraus holte, war, als mein Bruder getötet wurde. Das hat einfach alles in mir geöffnet, weil ich es nicht glauben konnte. Und ich sprach mit Tom [Tom Brennek, Mitbegründer von Daptone Records, Anm. d. Red.] und Tom lud mich in sein Haus ein. Ich war in Trauer zu der Zeit und Tom machte mir einen Drink und wir saßen auf der Terrasse und Tom sagte: Charles, ich denke du solltest versuchen das durch Musik auszudrücken. Und ich sagte: Tom, das wäre sehr schwer für mich. Und er sagte, er würde einfach anfangen alles aufzunehmen, was ich machte. Wenn ich mich ans Klavier setzte oder ihm einfach meine Geschichten erzählte, einfach alles. Also nahm er das alles auf. Und ich wusste nicht wie raffiniert er ist, doch er baute Musik um diese Aufnahmen und eines Tages rief er mich an, damit ich mir das anhörte. Ich hörte es mir an, sprang auf und lief hinaus. Ich konnte es einfach nicht aushalten.
Als Sie in der Lage waren, dieses Lied zu singen, diesen Schmerz zu bewältigen, wussten Sie dann, dass Sie auch in der Lage sein werden, all die anderen Lieder zu singen?
Wie konnte er Sie schließlich doch überzeugen, das Album zu machen?
Er ließ nicht locker und sagte: »Charles, wir müssen ein Album machen.« Also nahm ich »Heartaches & Pain«, das bereits unter diesen frühen Aufnahmen war, und zeigte es meiner Mutter. Und als sie es hörte, brach sie zusammen und weinte, weil sie wusste, um was es geht. Dann zeigte ich es meinem älteren Bruder, er setzte sich in seinen Van, schloss die Fenster und hörte das Lied wieder und wieder. Da dachte ich, dass da irgendetwas dran sein muss, auch wenn ich es nicht hören konnte.
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Ist »Heartaches & Pain« so ein Schlüsselsong gewesen, weil er plötzlich autobiografisch war und von Ihrem Leben handelte?
Ja, ich musste den Song nicht mehr lernen, ich musste jetzt lernen, den Schmerz auszuhalten, ihn überhaupt singen zu können. Wenn ich singe »a friend grabbed my shoulder« dann ist das wahr. Ich lag im Bett und meine Mutter kam rein und
Ja genau. Tom war der erste, der sagte: Ich will ein Album mit deiner eigenen Musik. Alle sagten mir damals, dass sie es mochten, wenn ich auf die Bühne gehe und James Brown bin, weil ich wirklich gut darin bin. Doch Tom sagte, ich will, dass du Charles Bradley bist. Noch jetzt fragen mich Leute, ob ich nicht bitte noch mal James Brown geben könnte, weil es niemanden da draußen gibt, der ihn imitieren kann. Aber mittlerweile mag ich Charles Bradley. Das bin wirklich ich und ich kann der Welt mitteilen, wie ich wirklich fühle, so dass sie mich nicht nur als Künstler, sondern auch als Mensch kennenlernen können. Wenn wir Charles Bradley hören, ist da also keine Inszenierung, keine Imitation mehr?
Ich glaube, die war es auch nicht, als ich James Brown gesungen habe. Ich klang ja so und sah so aus, weil ich in der gleichen Zeit gelebt habe wie er, den gleichen Tanz gelernt habe, den gleichen Vibe gespürt habe. Das war das natürlichste der Welt für mich, ich war ein Kind dieser Zeit. Den Slide zu machen wie James, das gehörte einfach dazu. Ich habe also keinen Menschen imitiert, sondern eine Ära auf der Bühne wieder zum Leben erweckt. In meiner eigenen Musik ist das jetzt weniger wichtig, dass sie viel persönlicher ist, weil in ihr die Posen und der Tanz dieser Zeit nicht so wichtig sind, sondern das, was ich ganz persönlich zu sagen und zu geben habe. Im Soul geht es darum zu den wahren Bedeutungen der Worte vorzudringen. Lee Fields hat mir das einmal als eine Art Suche und Formung der Worte beschrieben.
Das stimmt, doch Lee und ich sprechen von verschiedenen Dingen. Mein Schmerz kommt aus Zeiten, als ich nicht singen konnte, was ich wollte, als Segregation noch den Alltag
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Charles Bradley hhv.de Mag Nr. 3 — Frühling/Sommer 2013
»Es ist ein Gefühl, das dem Tod trotzt und sich für das Leben entscheidet, ein Gefühl, die empfangene Liebe zurückgeben und weitergeben zu wollen.«
bestimmte. Und Lee hatte mehr Glück als ich, wenn er von Schmerzen singt, dann kann das Publikum das nachvollziehen und sich selbst darin sehen oder auch nicht. Als ich mein erstes Album in Europa singen sollte, konnte ich einen Abend eine bestimmte Zeile nicht mehr singen, es tat einfach zu sehr weh. Und Tom sagte, du lässt immer Zeilen aus, das kann doch nicht so schwer sein und sang mir die Lyrics vor. Die Stelle, die ich ausgelassen hatte, war die Stelle, die zu sehr weh tat. Übrigens war es in solchen Situationen oft Lee, der mir half, nicht aufzugeben. Für mich kommt Soul also aus diesen Tiefen der Seele, von den Schmerzen, die so überwältigend sind, das du sie nicht ausdrücken kannst. Damals konnte man das nur in den Kirchen ausleben und aus diesem spirituellen Hintergrund kommt aller Rhythm and Blues und der gesamte Soul. Kann das auch Musik sein, die nicht Soul im Sinne des Genres, der üblichen Instrumentierung, ist?
Ja, zum Beispiel denke ich, dass Country und Western sehr viel Soul hat. Ich denke jede Musik, die eine Ehrlichkeit hat, die unserem Herzen entspricht, so dass unser Herz etwas hören kann, ist Soul.
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Sie haben gerade die Situation beschrieben, als es unmöglich war, bestimmte Zeilen zu singen. Gibt es bestimmte Rituale und Techniken, die Sie vor Konzerten immer wieder in die Lage versetzen zu singen?
Ich würde sagen, da ist v.a. Spirituelles, ich glaube an etwas Größeres. Das Härteste an »Heartaches & Pain« war, dass ich immer wieder in das Haus meines Bruders gehen musste, in dem er tot lag. Jedes Mal, wenn ich gefragt werde, das Lied zu singen, sollte man das wissen. Wissen, wie hart das ist, an diesen Ort, in diesen Moment zurückzukehren. Und bis ich es mit meinen eigenen Augen gesehen hatte, sagte ich: Gott, lass es etwas anderes sein, lass es nicht wahr sein. Ich habe es einfach verdrängt. Erst als ich vor seinem Haus stand und seine Frau sagte »Er wurde erschossen. Er ist tot.«, erst dann verloren sich alle Bilder in meinem Kopf und ich brach zusammen. Und obwohl mir alle davon abrieten, musste ich doch hineingehen und mit meinen eigenen Augen sehen und auch wenn ich mir wünschte, dass ich das niemals getan hätte, war es doch wichtig, um die Wahrheit
akzeptieren zu können. Ich lief hinaus aus dem Haus und auf die Straße und sie war voller Autos, doch keines traf mich. Irgendetwas beschützte mich. Und obwohl ich nur raus wollte aus diesem Leben, hielt mich irgendetwas. Mir fiel ein, dass mein Bruder mir am Vorabend sagte, dass ich nicht nach Kalifornien gehen solle, weil man mich hier brauche. Wenn ich beim Singen zu diesen Momenten zurück gehe, dann ist da also auch diese Überzeugung, gebraucht zu werden und sich trotz allem am Leben zu halten. Es ist ein Gefühl, das dem Tod trotzt und sich für das Leben entscheidet, ein Gefühl, die empfangene Liebe zurückgeben und weitergeben zu wollen. Es ist dieses Gefühl, das es ermöglicht zu singen, obwohl es manchmal nicht möglich scheint. Sie haben einmal gesagt, das Sie dem Glück nicht trauen, weil Sie zu oft erlebt hätten, wie zerbrechlich es sei. Hat der Erfolg der letzten Jahre diese Skepsis verändern können?
Weißt du, mein Leben ist im Moment bittersüß. Ich danke Gott für die Möglichkeiten, dass Menschen mich gefunden haben, dass Menschen mich lieben. Und viele sagen: Charles, wir freuen uns für dich. Aber oft verlasse ich nach einer Show die Bühne und gehe gleich in mein Zimmer und weine wie ein Baby. Und dann denke ich, dass ich eigentlich nicht mehr auf diesem Planeten sein möchte. Aber meine Mutter sagte immer, man muss seinen Schmerz aushalten, stark sein und viel geben. Und dann merke ich auch, wie viel mein Körper und meine Seele aushalten können und geben können. Soul hat in den letzten Jahren wieder viel Aufmerksamkeit bekommen. Es gibt auch wieder eine jüngere Generation, die an Soul interessiert ist. Woran liegt das?
Sie suchen nach der Wahrheit, das ist alles was ich dazu sagen kann. Viele junge Menschen wissen überhaupt nicht, wohin sie gehen sollen. Sie brauchen jemanden. Und oft handelt Musik unserer Zeit nur davon, mit wem du im Bett landen willst und wie gut du aussehen kannst und all diesem Zeug, aber im Soul gibt es eine Wahrheit, die man spüren kann. Und irgendjemand muss diesen jungen Menschen den Weg zeigen, sonst haben wir irgendwann eine verlorene Generation. – Charles Bradley – Victim Of Love, LP 14.95 ¤, CD 14.95 ¤
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– Ty l e r T. – Williams –
Tex t: P h i l i p p Ku n z e
Tyler T. Williams
Tyler T. Williams
»Spielfilme können so magisch sein. Sie ziehen dich in eine andere Realität. Und das versuche ich mit meinen Musikvideos.«
Wer nur einen Tab in seinem Internet-Browser geöffnet hat, der werfe den ersten Stein. Einen Steinhagel kann man kaum erwarten. Unsere Generation Schnellschnellschnell hat mehr Tabs geöffnet, als ihre Aufmerksamkeitsspanne Minuten umfasst – das scheinbar Unspektakulärste wird nur sporadisch angeguckt, überflogen und hinterlässt so selten einen bleibenden Eindruck. Das schlägt sich auch auf Musikvideos nieder. Sie werden immer mehr im Netz angeguckt; um tatsächlich geguckt zu werden, haben ihre Regisseure alle Regler gen Maximum gedreht: Effekt folgt auf Effekt und am Besten sind alle Brüste entblößt. Nicht so in den Videos von Tyler T. Williams. Der in Boise, Ohio lebende Regisseur will sich dem Diktat der Schnelllebigkeit nicht beugen. Er fordert mit seinen Werken die volle Aufmerksamkeit des Betrachters; die volle Aufmerksamkeit auf einen geöffneten Tab. Denn er erzählt in seinen Musikvideos Geschichten. Das eindrucksvollste Beispiel ist sein Video zu Youth Lagoons »Montana«: Schnitte, die den musikalischen Rhythmus leiten, ein Spannungsbogen der den Song verstärkt, ohne ihm seine eigene Kraft zu nehmen und eine Geschichte, die sich entfaltet und deren Pointe sich mit dem Höhepunkt des Songs aus den Geschehnissen pellt. Das Video zu Youth Lagoons »Montana« bringt mich fast dazu zu sagen, dass du das Storytelling zurück ins Musikvideo gebracht hast. Du scheinst einen feinen Sinn für Rhythmus, Spannungsbögen u.ä. zu haben. Bist Du literaturversessen oder folgst du einfach nur deinen Instinkten?
Ich würde sagen es ist ein Mix aus Instinkt, Lesen und dem, dass ich viel ins Kino gegangen bin. Ich glaube auch, dass das Filmemachen eine Lotterie sein kann. Du kannst diese ausgearbeitete Idee in deinen Kopf gebrannt haben, aber wenn es dann tatsächlich dazu kommt diese umzusetzen, dann kann alles auseinanderfallen. Würdest Du dich einen Geschichtenerzähler nennen?
Ich denke, das versuche ich zu sein. Spielfilme können so magisch sein. Sie ziehen dich in eine andere Realität. Und das versuche ich mit meinen Musikvideos.
Was ist wichtiger: Das Bild oder die Geschichte?
Ich finde beides sehr wichtig, aber die Geschichte dominiert meistens die Fotografie. Gleichzeitig denke ich auch, dass die Filme der Cohen-Brüder nicht das selbe wären ohne ihre traumhafte Kinematographie; oder Ingmar Bergmans Filme ohne Sven Nykvist. Formt eigentlich die Musik deine Videos oder formen letztendlich nicht sogar deine Bilder die Musik?
Nun, wenn ich den Auftrag für ein neues Video bekomme, höre ich den Track dazu normalerweise endlos. Ich fahre spät nachts herum und träume, ein Charakter innerhalb des Tracks zu sein. Also welches Gefühl auch immer der Song in mir auslöst, es führt mich direkt zu einer Umgebung [in der ich das Video drehen will] und ich füge dann nur noch die Geschehnisse dazu. Deine Videos brechen oft mit der chronologischen Abfolge der Geschehnisse. Warum wählst du diesen Kniff?
Darüber habe ich nie nachgedacht... Vielleicht mache ich das, weil ich eine breite Spanne einer Geschichte erzählen will, damit man den Charakter wirklich versteht. Es ist extrem schwer das in einem Musikvideo zu umzusetzen, ohne, dass es wirkt wie ein Wirbelsturm. Dadurch verlangst Du dem Betrachter auch eine Menge Aufmerksamkeit ab. Der durchschnittliche Musikvideogucker hat davon ja heutzutage nicht mehr viel übrig…
Oh, absolut. Ich denke, dass kommt einfach daher mit dem Internet aufzuwachsen und wie es deine Geduld formt. Immer, wenn ich eines meiner Musikvideos schneide, denke ich aber, dass es zu schnell ist und mache es langsamer. Aber es ist schwer eine weit gespannte Geschichte in drei Minuten zu stopfen. Ich will, dass meine Arbeit mehr gesehen wird und denke, dass ich vielleicht etwas falsch mache und deshalb etwas ändern sollte. Ich habe aber auch gelernt, dass das nicht wichtig ist, solange ich die Kunst um meiner selbst Willen mache. Wahrscheinlich hofft man einfach nur, dass die Leute es kapieren. – 93
Eine sehr viel ausführlichere Version des Interviews kannst du auf www.hhv-mag.com nachlesen.
Sinkane hhv.de Mag Nr. 3 — Frühling/Sommer 2013 94
– Sinkane – Text: G rashina Gabelmann Foto: M alte S eidel Aus dem Englischen von Julia Hinz
»Der Begriff ›Mars‹ ist eine Idee, eine Metapher, die viel damit zu tun hatte, dass ich durch Yeasayer in eine Community von Musikern geschmissen wurde. Ich fühlte mich ziemlich verloren in New York, ich wusste nicht wie ich irgendwas bewältigen sollte.«
Die amerikanische Kultur wurde auf dem Konzept des Samplings gegründet: Die Musik verschiedener Kulturen wurde kombiniert und verändert und was auch immer das Ergebnis war als neues Produkt exportiert, als amerikanisches Produkt – Kulturimperialismus vom Feinsten. Für die in Amerika geborenen und aufgewachsenen ist das selbstverständlich. Nur wie geht ein sudanesischer Junge damit um, der als Sohn eines exilierten Politikers in den Vereinigten Staaten landete? Wie behält man seine Wurzeln, fügt sich in die neue Umgebung ein und kommt mit einer bereits total verworrenen und unübersichtlichen Kultur klar? Der Musiker Ahmed Gallab befasst sich auf seinem Debüt »Mars« als EinMann-Band Sinkane genau mit diesem Thema. Die acht Tracks des Albums sind so reich und vielseitig an Einflüssen – sudanesischer Pop, Jazz, Funk und Groove – und das mehr dahinter steckt, als einfach die Umsetzung von Gallabs umfangreichen
musikalischen Wissen, wird durch seine eigenes Fremdheitsgefühl als Auswanderer deutlich: »Das amerikanische Lebensgefühl ist sehr komfortabel und ich hatte das niemals.« Obwohl man das Thema des Fremdseins, welches durch einen Titel wie »Mars« präsent ist, als Beschreibung von Gallabs gesamter Auswanderungserfahrung sehen könnte, beschreibt es aktuell speziell seinen jüngsten Umzug nach New York. »Der Begriff ›Mars‹ ist eine Idee, eine Metapher, die viel damit zu tun hatte, dass ich durch Yeasayer in eine Community von Musikern geschmissen wurde. Ich fühlte mich ziemlich verloren in New York, ich wusste nicht wie ich irgendwas bewältigen sollte.« Gallab der vor Sinkane Instrumentalist für Künstler wie Caribou oder Born Ruffians war, landete in New York als Tourdrummer von Of Montreal. Es war der letzte Halt der Tour und Gallab entschied eine Weile die Couch seiner Schwester zu beanspruchen, anstatt nach Hause
Sinkane
zu fahren – wo immer das zu der Zeit auch gewesen sein möge. Fast sofort traf er die Jungs von Yeasayer, die günstigerweise gerade nach einem Tourdrummer Ausschau hielten und so blieb er in New York City.
Obwohl Gallab in erster Linie Schlagzeuger ist, hat er außerdem Keyboard, Gitarre und Bass gelernt was dazu führt, dass »Mars« nahezu vollständig allein von Gallab produziert wurde. »Ich hatte jeden Tag lange Sessions und dann sendete ich, was ich gemacht habe zu meinem Freund und Co-Producer Greg Lofaro. Er hörte sich es an, gab mir seine Hinweise und ich überarbeitete die Tracks am nächsten Tag.« Dies erlaubte Gallab sich von seiner Arbeit zu entfernen und eine Außenperspektive einzunehmen. »Gegen Ende wurde ich einsam, aber da kamen auch schon Ira von Yeasayer und George von Twin Shadow ins Studio um ihre Parts aufzunehmen.« »Mars« ist ein kurzes Album. Sehr kurz und sehr dicht. Doch jedes bisschen mehr, wäre zu viel gewesen: »Wenn ich noch etwas hinzugefügt hätte, hätte ich den Faden verloren.« Dieser Faden ist der Kampf gegen Unsicherheit und dagegen sich fremd, ausländisch und allein zu fühlen. »Die Songs sind sehr allumfassend, so yeah, es geht viel um den Raum in dem ich bin.« – Sinkane – Mars, LP 14.95 ¤, CD 14.95 ¤
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Gallab war mitten in Brooklyns Musikszene gelandet: »Ich war isoliert – sowieso isoliert, aber ich strengte mich auch noch bewusst an, um Zeit alleine zu verbringen.« In seinem nächsten Satz, ziemlich unvermittelt, beschreibt er das größere Bild: »Ich betrachte mich selbst als sudanesischen Amerikaner, aber zugleich fühle ich mich nicht so richtig amerikanisch und ich fühle mich nicht so richtig sudanesisch. Immer wenn ich in den Sudan gehe, fühle ich mich dort wohl und es ist ein Teil von mir, aber ich fühle mich letztlich nicht sudanesisch. Wenn ich in Amerika bin, in der Kommunikation mit all meinen Freunden, gibt es kaum etwas auf das ich mich beziehen kann.« Gallab war erst fünf als sein Vater, ein Politiker, politisches Asyl in Amerika suchen musste. Sein Vater und seine Mutter mussten ganz von vorn beginnen, aber es gelang ihnen mehr als nur o.k. – sie bekamen ihre PHDs und wurden Professoren. Sie blieben nie länger als vier Jahre an einem Ort, aber seine Eltern haben dafür gesorgt die sudanesische Identität der Kinder zu bewahren. »Meine Eltern lehrten uns die arabische und sudanesische Kultur und von 1997 an, seitdem ich aufs College ging, verbrachte ich jedes Jahr drei Monate im Sudan.« Gallabs Mutter hörte im Auto und Zuhause immer sudanesische Musik – ein offensichtlicher Einfluss in Sinkanes Musik. »Es war keine Entscheidung sudanesische Einflüsse in
meine Musik einzubeziehen. Sie sind einfach ein Teil von mir.« Das erste Instrument, das Gallab lernte, war das Schlagzeug und die sind immer noch die Grundlage seiner Songs. »Es fällt mir leicht die Drums zu synkopieren und von da an haben die Songs ein Eigenleben.« Sinkanes Groove-basierte Musik hat ihren Fokus auf Schlagzeug und Bass, die einen starken sudanesischen Soulund Funkeinfluss hören lassen.
hhv.de Mag Nr. 3 — Frühling/Sommer 2013
The Crucial Question: Welche Rolle spielt das Skateboarden in eurem Leben, v.a. auch wenn ihr auf Tour seid?
– Fashawn: Wenn der Soundcheck vorbei ist, dann skate ich meistens eine Runde. Ich liebe den Skaters Palace in Münster. Das ist tatsächlich mein Lieblingsort in Europa. Mann, die haben dort alles, wirklich alles. Mein Plan dieses Mal war es, jeden Zentimeter dort abzufahren. Murs: Ich bin dort auch vorher schon mal aufgetreten. Auf »The End of the Beginning« (2003) hatte ich einen Song übers Skaten namens »Transitions of a Rider«. Den haben wir damals dort gespielt und die Kids sind ausgerastet. Als ich angefangen habe mit dem Skaten, 1986, war es krass für uns, denn es war überall nur Rock, Punk und Skin-
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Tex t: G eo rg R acko w Foto: To bi as H o f f m an n / P h yreWo rX
The Crucial Question
– Murs & Fash awn head-Musik zu hören. Ich weiß, dass es für Jungs wie Fashawn ihr ganzes Leben so war, aber als ich angefangen habe, gab es überhaupt nur zwei schwarze Skater, Ron Allen und Steve Steadham. Und es gab definitiv keinen Rap. Fashawn: Das Skaten wurde in Kalifornien erfunden, wo ich aufgewachsen bin, also war es fast schon schwierig dem zu entkommen. Ich habe Typen wie Stevie Williams, Anthony Mosley und Kareem Campbell herumfahren sehen,
mit ihren normalen Klamotten. Das hat es für Kids wie mich einfacher gemacht, einfach ein Skateboard zu schnappen und dabei nicht wie ein Punkrocker aussehen zu müssen. Und heute sind Hip Hop und Skateboarden in den USA auf jeden Fall eins geworden. Die Gemeinsamkeit ist, dass beides von der Straße kommt. Darin ergänzen sie sich und beide profitieren von der Energie des jeweils anderen. – Murs & Fashawn – This Generation, CD 15.95 ¤
Unsere »Gretchenfrage« ist vielleicht nicht so absolut wie die in Goethes »Faust«, aber sie enthüllt einen bestimmten Aspekt mit nur einer Frage. Ohne Schnickschnack. Monat für Monat auf hhv-mag.com.
The Fine Line
Tex t & Fo to : G ras h i n a G abel mann Au s dem En gl i s ch en vo n J u l i a H i nz
– EDDI FRONT The Fine Line: »While you’re fucking some dusty old chair, I’ll be eating bananas and riding a big black stallion«
– Ein Mädchen mit einem Jungennamen. Ein Jungenname in Großbuchstaben. EDDI FRONT. Der Name signalisiert ein dreistes, schrilles und rücksichtsloses Mädchen. Blickt man hinter den Namen, dann wird man von einem traurigen Klavier zu einer Chanteuse in schwarzweiß mit einer düsteren, Espresso-gebeizten Stimme geleitet. Ihre Seele zeigt Abdrücke alkoholdurchtränkter Speakeasy-Nächte und einsamer Fahrten durch purpurfarbene amerikanische Landschaften.
sen mit gebrochenem Herzen zurück. Mit gebrochenem Herzen, wenn auch nicht hilflos; sie zwingt sich ihre kleinen Tränen zu trocknen, ihren Mascara in Ordnung zu bringen und liefert ein komisches, buntes »Fuck you« durch ihren nun funktionslosen Brautschleier. Hier gilt der Gedanke des amerikanischen Kunstkritikers und Dichters Peter Schjeldahl: »Black and white can show what something is. Colour adds how it is, imbued with the temperatures and humidities of experience.« – EDDI FRONT – EDDI FRONT EP, 10inch 8.95 ¤
In »The Fine Line« nehmen wir auf hhv-mag.com Monat für Monat eine Textzeile, einen Wortfetzen, einen kurzen lyrischen Impuls und suchen in ihm und von ihm ausgehend nach einer Geschichte, spüren einem Gedanken nach.
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EDDI FRONTs Fertigkeiten im Bauen und Aufnehmen von Songs sind pur und auf ein nacktes Minimum reduziert: Ein eindringliches Klavier, vielleicht eine träge Akustikgitarre und eine neblige Stimme. Mehr nicht. Auf der anderen Seite treffen die Texte einen mit voller Kraft. Manchmal
reißen sie dich fies aus etwas heraus, was ein Wiegenlied hätte werden können. Ihre Stimme, rein und alt, und ihre Texte, widerspenstig und aktuell, schaffen einen unverwechselbaren Gegensatz. Während das Klavier und die Stimme eine Schwarz/ Weiß-Szenerie gemalt haben, peitschen ihre Texte plötzlich einen Spritzer Farbe durch die Soundlandschaft. »I'll be eating bananas...« fügt ein cartoonhaftes, fettes Gelb hinzu. »While you're fucking some dusty old chair...« - malt Braun-, Gold- und Beigetöne. EDDI FRONT streift auf Zehenspitzen die Grenzen des Bedenklich-Aggressiv-Seins, doch am Ende ihrer Songs bleibt sie stattdes-
Flume hhv.de Mag Nr. 3 — Frühling/Sommer 2013
– Flume – Tex t: B j ö r n B i s c h o f f Fo t o: M a l t e S e i d e l
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»Ich schreibe Musik zu Hause auf meinem Laptop, um es einfach auszudrücken«, sagt Streten und lacht. Manchmal sind die Dinge eben tatsächlich so simpel.
Vielleicht gäbe es Flume nicht, wenn es nicht John Harvey Kellog gegeben hätte, jenen Mann, der es für besser hielt, wenn die Finger über der Decke bleiben. Und der nebenbei noch die Cornflakes erfand. »Ich war damals mit meinem Dad einkaufen und da gab es ein Musikprogramm in einer Schachtel Nutri-Grain«, sagt Harley Streten. »Es war nur ein einfaches auf Loops basierendes Programm. Also habe ich das bekommen und dachte, dass es ziemlich cool ist.« Ob das im Sinne von Kellog gewesen wäre, keine Ahnung. Doch seit jener Begebenheit im Alter von zwölf Jahren erfreut Harley Streten eine
Vielzahl an Menschen, die ein Ohr für Instrumental HipHop, Downtempo und Elektronik haben. Neben Frühstückscerealien gab es für Streten im Elternhaus aber auch Van Morrison und Deep Forest als erste musikalische Prägung, mittlerweile kennt Streten das Einmaleins der Beatschmieden: »Shlohmo ist aktuell auch ein großer Einfluss. Ich höre auch eine Menge House. Manches von dem Zeug von John Talabot ist ziemlich nett. Das ist so das, was ich im Moment höre, aber Jungs wie Flying Lotus sind eine krasse Inspiration und auch Moby, für mich ist er einer der Größten.«
Flume
veröffentliche, kann ich kleine Dinge hören, bei denen ich fühle, dass ich es hätte besser machen oder hätte etwas ändern können. Das sehe aber wohl nur ich so.« Es fällt ihm einfach schwer, einen Song loszulassen, sagt er. Dass Streten ein Wohlfühlmusiker ist, kommt auch noch hinzu. »Ich muss eigentlich nur sehr glücklich und in einer guten mentalen Verfassung sein. Ich mag es surfen zu gehen, um den Kopf freizubekomme und aus dem Studio rauszukommen. In diesen Tagen ist es schwer, Zeit zum Musikmachen zu finden, aber es kommt eigentlich wirklich nur darauf an, gut drauf zu sein.« Neben der Schule lernte Streten Saxophon, mittlerweile zieht Ableton Live seine Aufmerksamkeit auf sich. Das Blasinstrument kommt nur noch ab und zu zum Einsatz. Doch »Flume« zeigt in Tracks wie »Stay Close« und »Sleepless« die zahlreichen Ideen und Muster, die Streten kennt und auf seine Stücken anwendet. »Ich schreibe Musik zu Hause auf meinem Laptop, um es einfach auszudrücken«, sagt Streten und lacht. Manchmal sind die Dinge eben tatsächlich so simpel. Und manchmal schafft es jemand wie Streten, dieses Gefühl in 15 Songs zu packen. – Flume – Flume, LP 18.95 ¤, CD 16.95 ¤
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Auf »Flume«, dem selbstbetitelten Debüt, verschmelzen diese Dinge zu einer beeindruckenden Mixtur. »Das Album fügte sich ziemlich schnell zusammen – etwa in einem Jahr, alles in allem«, so Streten, der in Sydney geboren wurde. Die Sache mit Flume hatte er mehr nebenher laufen. Dass da Potenzial vorhanden ist, merkte er erst, als Future Classic ihn unter Vertrag nahm. Von dem Punkt an machte sich Streten an »Flume« und schrieb massig Sounds. »Es war ziemlich kompliziert, viele der Songs außen vorzulassen. Es gab einige, die ich auf der Platte behalten wollte, aber nicht konnte. Man merkt vielleicht, es ist ein ziemlich beladenes Album – es gibt 15 Tracks, also waren da schon einige die ich definitiv rausnehmen musste«, sagt Streten. Zusammen mit seinem Manager holte Streten die Meinung von ein paar Leuten ein und kürzte das Album auf 15 Stücke runter. »Ich bin mit meiner Musik immer kleinlich gewesen. Ich bin ein ziemlicher Perfektionist, also zweifle ich bis zu einem gewissen Ausmaß an meiner Musik. Aber ich glaube, dass Future Classic mich unter Vertrag genommen haben, gab mir viel Vertrauen, was es zu einer ziemlich tollen Erfahrung macht.« Die Songs, die es letztendlich auf »Flume« geschafft haben, sind auch mehr eine Sammlung von Stücken aus einer bestimmten Zeit. Und für Streten sind sie nie perfekt. »Bei jedem einzelnen Song, den ich
Interstellare Objekte, die durch halluzinatorische Landschaften schwirren, dominante Farben, starre geometrische Formen und ein in der Realität verankertes psychedelisches Flair. In den letzten zehn Jahren hat der 31-jährige Designer und Musiker Robert Beatty Airbrush-Album-Cover aus computermanipulierten Collagen und handgemalten Illustrationen für Bands und Musiker wie Midday, Peaking Lights,
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Robert Beatty hhv.de Mag Nr. 3 — Frühling/Sommer 2013 100
– Robert Beatty –
Gary War, Dracula Lewis und Idiot Glee gemacht. Nach der High School arbeitete Beatty vier Jahre als Tankstellenwärter, bevor er mit seiner Band Hair Police auf Tour ging. Sein erstes Coverdesign war für ihre erste CD »Blow Out Your Blood«. Ohne jede Schulung oder Kunstausbildung brachte sich Beatty die Techniken und Stile selbst bei, die ihm begegneten und faszinierten.
Robert Beatty
Ich erinnere mich, als Kind stundenlang Albumcover angestarrt zu haben, da ich die visuelle Sprache besser verstand als die Musik. Wie war deine Beziehung zur Musik beziehungsweise zur Albumkunst als du aufgewachsen bist?
Die Musik hat mich definitiv immer stärker angezogen, wenn das Artwork mir gefiel oder meine Aufmerksamkeit erregte. Ich bin viel mehr eine visuelle Person, als dass ich musikalisch bin, so mache ich mich oft schuldig, indem ich Platten nach ihrem Cover bewerte. Ich habe nicht wirklich viel Zeit mit Musik verbracht als ich ein Kind war, nicht mehr als jeder andere. Als Teenager, Mitte der 1990er Jahre, fing ich an mich mehr für Underground-Musik zu interessieren und mein Interesse an Plattencovern wuchs. Schallplatten von Stereolab, Thinking Fellers Union Local 282, Cornelius, Pavement, Royal Trux, The Boredoms. Das Grand Royal-Magazin der Beastie Boys, welches viele Arbeiten von Mike Mills und Geoff McFetridge beinhaltete, war auch eines der Dinge, die mein Interesse an Design weckten als ich ein Teenager war. Du machst selbst auch Musik. Wie visuell ist der Prozess des Musikmachens bei dir? Siehst du Farben und Designs, wenn du komponierst und mit Sounds experimentierst? Wie beeinflusst dein Beruf als Coverdesigner deine Musik?
Ich sehe Musik als Erzählung, aber ohne einer speziellen Metaphorik. Ich mag es wenn Bewegung und eine gewisse Entwicklung da ist, selbst in den abstraktesten Arten von Musik, die ich mache. Ich denke nicht wirklich an etwas, wenn ich Musik mache. Ich ziehe es vor, mich gehen zu lassen und lasse die Musik geschehen. Ich denke, ich bin momentan definitiv bekannter für meine Kunst als für meine Musik, deshalb ist es immer schön, wenn Leute durch meine Kunst etwas über meine Musik herausfinden. Daneben bin ich einfach froh, die Zeit zu haben, um beides zu tun.
Ich denke, die meisten Leute, die mich beauftragen, das Artwork für sie zu machen, kommen zu mir, weil sie meinen Stil kennen, aber ich versuche ihn immer dem jeweiligen Projekt anzupassen. Darüber hinaus denke ich nicht wirklich viel darüber nach, ich mache einfach was auf natürliche Weise kommt. Du arbeitest mit der Airbrush-Technik, die leicht mit der Trash-Kultur assoziiert wird. Wie kamst du dazu diese Technik für deine Arbeit zu nutzen. Warum sagt sie dir zu?
Ich war schon immer ein Fan der Airbrush-Kunst, seit ich als Kind »Monty Python’s Flying Circus« gesehen und mir Alan Aldridge's »Beatles Illustrated Lyrics«-Buch angsehen habe. Ich bin ein großer Fan von Künstlern wie Destroy All Monsters und Jeff Keen, die »trash culture« in ihrer Arbeit nutzen. Ich wünschte, ich wäre in der Lage es erfolgreicher zu tun, in ihrer Blütezeit allerdings war die Airbrush-Kunst überall, daher wird sie mit dieser Kultur assoziiert. Ich denke, die Charakteristik, die die Technik erzielt, ist schwer zu fassen. Das macht einen Teil des Reizes für mich aus. Die Leute können sich oft nicht vorstellen wie ich die Cover kreiere. Auch das gefällt mir. Dein Artwork zeigt oft eine Art Bewegung und Transformation mit der Betonung auf Pforten oder Löchern aus denen Dinge entstehen. Warum diese wiederholende visuelle Erzählweise?
Ich glaube Veränderung und Transformation sind sehr wichtige Aspekte meiner Arbeit. Ich versuche nicht unbedingt Bewegung zu zeigen, aber die Momente zwischen der Bewegung, die oft noch interessanter sind. Mich intersessiert außerdem das Porträtieren eines Bruchs mit der Realität oder von etwas, das von woanders her einfällt. Ich habe mich immer von so etwas angezogen gefühlt, wenn etwas hinter einem Bild oder im Inneren versteckt ist, das von finsterer Herkunft ist. – Three Legged Race – Persuasive Barrier, LP 20.95 ¤
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Hattest du jemals einen Konflikt beim Versuch einen charakteristischen Stil zu etablieren und zur selben Zeit die Musik deiner Klienten zu reflektieren? Es ist ein schwie-
riges Unterfangen, von dem ich glaube, dass du es recht erfolgreich gemeistert hast…
Hurra! Die Tonbandkassete wird 50 Jahre alt und obwohl das wirklich ziemlich alt ist, ist das Tape quicklebendig. In Anbetracht all der Liebe und Zuneigung, die das Tape weiterhin erfährt, scheint es verrückt, dass das Oxford English Dictionary das Wort »cassette tape« im Jahre 2011 aus der gekürzten Version entfernen wollte – wo es doch nicht nur ein Wort, sondern ein ganzer Lebensstil ist, der sich dahinter verbirgt. Abgesehen von dem offensichtlichen technologischen Fortschritt, für
Tex t: Gr ash in a Gab elmann A u s de m E n g lis c hen v on Julia Hinz
10 Tape Labels You Better Should Know hhv.de Mag Nr. 3 — Frühling/Sommer 2013 102
– 1 0 Ta p e Labels Yo u Better Should Know –
die das Tape einst stand und der Kraft, mit der es den portablen Musikmarkt in den 1980er Jahren vorantrieb, gab das Tape außerdem nicht so liquiden Underground-Künstlern und musikalisch veranlagten Jugendlichen die Chance einfach, billig und langlebig ihre Musik aufzunehmen, so wie es zwei Dekaden später auch durch MySpace möglich werden sollte. Tapes gaben Jugendlichen die Möglichkeit sich selbst auszudrücken und diesen Ausdruck mit anderen zu teilen.
genheit angehört, lieben wir es, wie das Format dem Hörer die Vision des Künstlers aufdrängt« So wie Printmagazine und Fanzines weiterhin Leser haben, die das Papier beim Lesen anfassen und daran riechen, die durstig in die Wörter und Bilder eintauchen, hat das Tape die sanfte Macht, die unerbittliche Geschwindigkeit der Musikindustrie oder der Kultur im Allgemeinen zu verlangsamen. Die Tape-Cover, die von den Künstlern oder Labels selbst gezeichnet, kopiert oder collagiert wurden, können aus der Plastikhülle genommen und sorgfältig studiert werden, während das Tape im Kassettendeck gemächlich vom Anfang bis zum Ende läuft – Tracks Überspringen geht hier nicht auf Knopfdruck. Außerdem, gibt das günstig zu produzierende Tape den Künstlern ultimative Produktionsfreiheit – vom Überspielen bis zur entgültigen Zusammenstellung – während es auch noch super schnell herzustellen ist. Shawn Reed vom Label Night People meint: »Tapes werden schnell und ziemlich unmittelbar mit Vinyl verglichen, bei dem zwischen Aufnahme und endgültiger Fertigstellung aber meist Monate liegen, weil der Prozess länger dauert« So ist es keine Überraschung, dass diese Labels weiterhin Spulen mit Musik, die sie lieben und teilen möchten, veröffentlichen. Das Tape repräsentiert und präsentiert Freiheit, Individualität und ein kollektives Objekt… Lang lebe das Tape!
10 Tape Labels You Better Should Know
In Zeiten, in denen Internet und Computer es ermöglichen, Musik umsonst in Sekundenschnelle aufzunehmen, zu verteilen und herunterzuladen, sagt die Verwendung und die Verbreitung von Tapes mehr als jemals zuvor etwas über den aktuellen Stand der Musik und den seiner Fans aus. Ein Ruf nach künstlerischer Freiheit und künstlerischem Ausdruck wird laut, man will sich wieder die Zeit zum Aufnehmen und Anhören nehmen. Dazu kommt das Verlangen nach einem Erinnerung anregenden Artefakt, das man anfassen kann – und verschiedene Labels hören diesen Ruf und reagieren darauf. Wir wollen nachfolgend zehn Labels vorstellen, die den Fetisch für Tapes gemeinsam haben, wenn auch die Gründe für ihre Leidenschaft ganz verschiedene sind. Julian Flemming von Enconore genießt die andere Art der Rezeption, die das Tape evoziert: »Es hat den Effekt, dass man der jeweiligen Aufnahme eine größere Aufmerksamkeit widmet. Es gibt nicht die Möglichkeit einen Track zu überspringen, gewöhnlich hört man sich das ganze Werk an.« Währenddessen würde Philip Marshal, Gründer von Tapeworm Records, sogar so weit gehen, das Tape zum König aller Formate zu erklären: »Klanglich unterschätzt, mit seiner eigenen Wärme und Persönlichkeit, perfekt geformt… in einem Zeitalter in dem Musik permanent und überall ist, Songs ständig verfügbar und dass Hören von langen Stücken ohne Unterbrechung der Vergan-
Hanson Records – Hanson Records, gegründet in Brighton, Michigan, hat seinen Sitz in Oberlin, Ohio und wird von dem Musiker Aaron Dilloway betrieben. Im Jahre 1994 veröffentlichten sie ihr erstes Tape von Dilloway‘s Band Galen. Die Band Wolf Eyes, wo Dilloway Mitglied war, veröffentlichte 1997 ihre Kassettenaufnahme auf dem Label. Für den Noise-Musiker Dilloway ist das Label ein Weg um herumzuspielen und zu experimentieren. Seine Tape-Releases schließen Aufnahmen von Geräuschkulissen und ein subliminales DJ-Set – wo Dilloway 45 Minuten lang denselben Song spielte, um die Leute zu verwirren – ein.
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Econore –
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Markus Radermacher und Julian Flemming sind das Herz und das Hirn hinter dem 2008 gegründeten deutschen Label Econore. Was begann, um ihre eigenen Soundexperimente zu veröffentlichen – unkonventionelle und experimentelle Musik – hat sich in ein Label verwandelt, das auch ein Magazin und Siebdrucke veröffentlicht. Die Liebe für Tapes erklärt Julian mit dem Fakt, dass »der Akt eine Kassette in einen Kassettenrecorder zu stecken, eine andere Art der Rezeption hervorruft. Es hat den Effekt, dass man aufmerksamer zuhört«. Sie veröffentlichen, was immer sich richtig anfühlt, während sie den Fokus auf experimentelle Musik und »allen Arten von Inkarnationen des Noise« beibehalten.
10 Tape Labels You Better Should Know
NNA Tapes – Im Jahre 2008 in Vermont gegründet, veröffentlicht NNA Vinylschallplatten und Tapes mit dem Fokus auf experimenteller elektronischer Musik und auf Künstlern, die erprobte Fähigkeiten im Umgang mit analogen Materialien und Effekten haben. Howard Stelzer ist einer der Musiker, die NNA Tapes veröffentlicht, weil »er sich tiefer mit der Erkundung der physikalischen Mechanik und inneren Abläufe der Kassetten und Player selbst befasst und diese verstärkt, um das ›Instrument‹ Teil der Musik werden zu lassen.« Ein weiterer hier vertetender Künstler ist Belarisk, der »mit dem Sound in dem kompletten Spektrum von Grau malt; er schmiedet übersteuerte, frenetische Fehlfunktionen mit großem, tonalem Glanz.« Steht eines von NNA’s »Ns« vielleicht für »nerdy«?
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Mininmal Wave –
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Als Resultat von phänomenaler, musikalischer Arbeit ist Minimal Wave mehr als nur ein Label. Veronica Vasicka grub ein verlorengegangenes Subgenre wieder aus, das aus dem Post-Punk der späten 1970er Jahre hervorging und dessen Resultat minimale Synth-Musik, New Wave, Coldwave und Elektropop ist. »Die Musiker wurden hauptsächlich von Avantgarde-Bewegungen wie Futurismus und Konstruktivismus beeinflusst, wie auch von der Science-Fiktion- und Existentialismusliteratur«, erklärt Vasicka. Ihre Endeckungen veröffentlicht beziehungsweise wiederveröffentlicht sie auf ihrem im Jahre 2005 gegründeten Label Minimal Wave. Mit diesem Begriff wird heute auch das Musikgenre beschrieben, dass sie freigelegt hat.
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Sichtexot – »Im Zentrum stehen Drums, Samples und Swing… reflektierende Lyrics und körperlose Battleraps auf Beats. Nicht mehr und nicht weniger.« – Das Label Sichtexot mit Sitz in Mainz wurde für Beatliebhaber und Nerds von einer Gruppe von Freunden gegründet. »Es geht uns um die Person hinter dem Künstler. Wir kennen uns seit einer Ewigkeit und mit der Zeit schlossen sich uns dann Eloquent, The Beep, Obba Supa und Figub Brazlevic an«, erklärt Anton Pfurtscheller, einer der Jungs hinter dem Label. Es ist ihnen wichtig, dass die Künstler sich abheben und dass sie ihre Alben analog veröffentlichen, weil sie CDs und digitale Releases uninteressant finden.
Nach der Gründung im Jahr 2004 suchte die Band Racoooo-oon einen Weg um ihr Material und das ihrer Freunde zu veröffentlichen. Mittlerweile hat Shawn Reed – ein Mitglied der Band, die sich mittlerweile aufgelöst hat – das Label übernommen und macht einen Großteil des Artwork selbst. »Ich benutze den Kopierer, sammele Bilder und arbeite sie mit Zeichnungen in Collagen ein und dann geht’s wieder zurück zum Kopierer. Die Künstler haben bei den Designs Mitspracherecht, aber im Großen und Ganzen bin es nur ich, der sie kreiert und sie sind dabei.« Die Releases sind das Ergebnis von Reed’s Intuition neue Bands aufzuschnüffeln und seiner Freundschaften zu Musikern.
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Night People –
Das im Jahre 2009 in London gegründete und mittlerweile auch in Berlin ansässige Label akzeptiert nur wenige Demos, da sich die Gründer entschieden, stark zu kuratieren, damit die spannenden Einschränkungen von Tapes gründlich erforscht werden können. »Stefan Goldmann produzierte eine Kassette, die designed worden war, um in einem Auto-Reverse-Deck abgespielt zu werden, in dem beide Seiten die gleiche BPM-Zahl haben, wenn du sie herausnimmst und umdrehst. Und Achim Mohné erschuf Sounds indem er die Tapes und Player selbst dekonstruierte«, erklärt der Gründer Philip Marshal. Das Artwork ist immer schwarz-weiß: einfach, effektiv und erschwinglich.
10 Tape Labels You Better Should Know
Tapeworm –
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Hundebiss – Simone Trabucchi ist nicht bloß der italienische Musiker Dracula Lewis, sondern auch der Gründer des Tape produzierenden Labels Hundebiss. Als er das Label vor vier Jahren startete, war es ein Weg um seine eigenen Sachen zu veröffentlichen und dem Medium Tribut zu zollen, welches ihm als Teenager möglich machte Musik zu entdecken. Nun veröffentlicht er die Musik der experimentellen Soundkünstler Aaron Dilloway and Francesco Cavaliere auf Tapes, die in aufwändig gestalteten, von Hand geschnittenen und gefalteten Origami Hüllen verpackt sind.
– Eggy Records – Eggy ist ein Plattenlabel und Kassettenvertrieb mit Sitz in Portland, Oregon, gegründet im Jahre 2008. Raf Spielmann führt nicht nur Eggy Records und Vertrieb sondern veröffentlicht auch seine eigene Musik und macht ein Teil des Artworks wie Orca Team’s schwarz-weiß gespiegeltes Portrait eines Mädchens mit Pixie-Cut. Die Tapes sind eher experimentell wie zum Beispiel Paul Balance’s »World Wide Gas«, welches Spielmann als: »eine A-Seite mit fünf kurzen Songs, die auf die dystopische, Science-Fiktion-Vision von Baronic Wall anspielen und eine B-Seite mit einer langen Collage von Field Recordings und Songs« beschreibt.
– Leaving Records –
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Leaving Records hat seinen Sitz in LA und wurde von Producer Matthew David McQueen (aka Matthewdavid) und dem Graphikdesigner Jesse Moretti im Jahre 2008 gegründet. Moretti ist der Visual Director. Die Siebdrucke sind ihr eigenes Artwork. McQuenn ist der Musikkurator und bietet unentdeckten Talenten eine Plattform – etwas auf das er v.a. durch seinen Job beim Internet-Radiosender Dublab stieß. »Tapes sind erschwinglich, konzeptuell, DIY, ästhetisch und experimentell,« so beschreibt McQueen seine Wahl den Old-School-Weg einzuschlagen. Das Label klingt eindeutig nach Los Angeles. Was die hier veröffentlichenden Künstler wie Ras G oder Ryan York mitbringen sollten, ist ein »ehrlicher Ausdruck und ein Freak sein hilft auch.«
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Ontour − Shade Bucket Hat, 39.95 ¤ | Carhartt − Aldux Shirt, 64.95 ¤ | Carhartt − Buccaneer Pants Alabama, 79.95 ¤
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Fotograf: Michael Binh Theel Haare & Make-Up: Mischka Hart Styling: Stefan Gerats (Jungs) / Lena Mwinkand‘ (Mädel) Models: Karla, Anton & Ruben
Stitches to Wear
– Stitches– to– We a r
Carhartt − Orchid Pocket Women T-Shirt, 29.95 ¤ | Vans − Breakers Women Backpack, 64.95 ¤ Carhartt − Cropped Women Pants Colfax, 79.95 ¤ | Vans − Authentic Hi, 79.95 ¤
The Quiet Life − Diamonds 2 5 Panel Cap, 42.95 ¤ | Carhartt − Aldux Polo, 59.95 ¤ Carhartt − Slam Pants Wichita, 69.95 ¤ | adidas − Chord Low, 99.95 ¤
Carhartt − Poppy Women Shirt, 64.95 ¤ | Cheap Monday − Thrift Shorts, 49.95 ¤ | adidas − Adria PS W, 54.95 ¤
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Ucon Acrobatics − Minotauro T-Shirt, 34.95 ¤ | Wemoto − Stinson Jacket, 99.95 ¤ LRG − Classic Cargo Shorts, 59.95 ¤ | Nike − Air Classic BW OG, 144.95 ¤
Stitches to Wear
Cheap Monday − Mars Sunglasses, 27.95 ¤ | Naketano − Fructose Top, 19.95 ¤ | Wemoto − Travis Women T-Shirt, 34.95 ¤ Cheap Monday − Tess Jeans Jacket, 69.95 ¤ | Iriedaily − Mymonster Leggin, 29.95 ¤ | New Balance − U420UKK, 89.95 ¤
Wemoto − Eazy Sweater, 69.95 ¤ | LRG − TS Chino Shorts, 59.95 ¤ | New Balance − M670SNR, 139.95 ¤
Stitches to Wear
Stüssy − Tribal Box T-Shirt, 34.95 ¤ | Volcom − Hoxton Nuts Jacket, 109.95 ¤ Carhartt − Slam Pants Wichita, 79.95 ¤ | New Balance − U420UKR, 89.95 ¤
hhv.de Mag Nr. 3 — Frühling/Sommer 2013
Naketano − Dante Maria Top, 34.95 ¤ | Nike − London Women Backpack, 59.95 ¤ Cheap Monday − Shane Sweat Pants, 44.95 ¤ | Nike − WMNS Free Run+ 2 EXT, 119.95 ¤
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Fjällräven − Foldsack No.1, 119.95 ¤ | Cleptomanicx − Hawaii Women Suits Ema, 59.95 ¤
Stitches to Wear
Obey − Ottoman Tank Top, 44.95 ¤ | Ray-Ban − Original Wayfarer Sunglasses, 139.95 ¤
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hhv.de Mag Nr. 3 — Frühling/Sommer 2013
Stitches to Wear
Cleptomanicx − Daffy Bag, 29.95 ¤ | Cheap Monday − Naomi Sweater, 44.95 ¤ Cheap Monday − Fly Sunglasses, 39.95 ¤ | Levi‘s − Low DC Seam Skinny 3/4 Pants, 69.95 ¤ Converse − Chuck Taylor All Star Canvas Hi, 69.95 ¤
Ucon Acrobatics − Dennis Shirt, 79.95 ¤ | Wemoto − Gus Jacket, 99.95 ¤ Wemoto − Murray Shorts, 49.95 ¤ | Vans − Authentic, 74.95 ¤
Obey − New Original Snapback Cap, 34.95 ¤ | Carhartt − State Coat, 129.95 ¤ adidas − M Slim Fit Pants, 79.95 ¤ | Vans − Era Decon CA, 94.95 ¤
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Vans − Spicoli 4 Shades, 14.95 ¤ | Carhartt − Oceanic Pocket T-Shirt, 44.95 ¤ | Cheap Monday − Five Shorts, 49.95 ¤ Fjällräven − Kånken Backpack, 69.95 ¤ | Onitsuka Tiger − California 78 VIN, 99.95 ¤
Stitches to Wear
hhv.de Mag Nr. 3 — Frühling/Sommer 2013
Vans − Authentic CA, 84.95 ¤ | Flud Watches − Pantone Watch, 49.95 ¤ | Flud Watches − Pantone Watch, 49.95 ¤
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Foto: LGB5
– Kneipen– safari
Kneipensafari
Carhartt − State Coat, 129.95 ¤ | Sixpack France x Grand Scheme − Liberty Cap, 39.95 ¤ | Carhartt − Contrast Pocket T-Shirt, 39.95 ¤
Cleptomanicx − Coaster Hoodie, 69.95 ¤ | The Hundreds − Thistle Woven Shirt, 79.95 ¤ | Wemoto − Vince Shirt, 89.95 ¤
Kneipensafari
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Vans − Van Doren Era, 79.95 ¤ | WeSC − Hawaiwe 5 Panel Cap, 29.95 ¤ | Vans − Reverse Web Belt, 19.95 ¤
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Obey − Yuma 5 Panel Cap, 34.95 ¤ | Vans − Transient Skatepack, 59.95 ¤
hhv.de Mag Nr. 3 — Frühling/Sommer 2013
Carhartt − Gardenia Women Shirt, 64.95 ¤
Kneipensafari
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Stüssy − Hawaiian Sport Shirt, 89.95 ¤ | Cleptomanicx − Hawaii Hip Bag, 18.95 ¤
Clae − Strayhorn Canvas, 94.95 ¤ | Carhartt − Rock-It Wallet, 44.95 ¤ | Carhartt − Basic Shorty Socks, 8.95 ¤
Kneipensafari
Nike − WMNS Blazer Mid Print, 99.95 ¤ Iriedaily − Mymonster Leggin, 29.95 ¤ und Mymonster Women T-Shirt, 29.95 ¤
In Search Of The Crew
– In–Search– Of The–Crew
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Francesca Deias Abteilung: Kundenservice
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Casio A168 - Thundercat‘s LP »The Golden Age of Apocalypse« (Brainfeeder) | J-88 (Slum Village) »Best Kept Secret« (Groove Attack Productions) Wemoto North Beanie, Burgundy | Vintage-Bluse aus dem 2nd-Hand-Laden | Carlos Castanedas Buch »L‘Arte di Sognare« Bio-Lippenbalsam: Figs & Rouge Organic Balm (Rambling Rose) | Aztekische Haarspange vom Flohmarkt | Kopfhörer AKG K-518 Arizona Blueberry White Tea | Ticket vom Erykah-Badu-Konzert in Berlin im August 2011
In Search Of The Crew
Vico Hubein Abteilung: Versand
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adidas Trikot France Home XL WM 1998 (Rückennummer 10, Zinédine »Zizou« Zidane) | 11 Freunde, Ausgabe #123, Februar 2012 (»Fußball, verdammte Hölle – 70 Jahre Alex Ferguson«) Mitgliedsausweis FC Energie Cottbus e. V., stolzes Mitglied No. 1238 | FIFA 2013 für PS3 | A Spooky Sound Machine, 16 Patterns | ABSOLUT BROOKLYN, A Spike Lee Collaboration with ABSOLUT VODKA, Ltd. Edition, 40% Alc., 1 Liter | 40 Ounces Olde English »800« Malt Liquor | 2000er Mixtape, DJ Puerto Vico | Soulfood Vol. 1 (Kost‘N‘Osten) | iPhone 4Gs mit Spiderman App (unfreiwillig heruntergeladen) | Carhartt Coffee Mug & Carhartt Leather Wallet | Private Keys with hhv.de Badge | Kurt Hustle & Hulk Hodn sind HUSS UND HODN – »Jetzt schämst du dich!« | The Doppelgangaz‘ – »Lone Sharks« | 4x Tix Jose James, 21.4.13, Bi Nuu, Berlin | hhv.de Frisbee | Handabroller & Firmenstempel
Im dritten Jahr nach ihrer Gründung ist die von hhv.de gesponsorte Basketballmannschaft »Freibeuter« weiterhin auf Erfolgskurs. Mit Leichtigkeit hat man nach der Kreisliga in dieser Saison auch die Bezirksliga von hinten aufgerollt und mit 8 Punkten Vorsprung und einer Bilanz von +360 Körben die anderen Teams deklassiert. »Jetzt noch ein Jahr Landesliga und dann endlich Regionalliga«, gibt sich Henning Elchlepp, Kopf der Mannschaft, siegessicher und dabei lässig. Lässigkeit ist genau das, was den Verein ausmacht. Neben den Wettkämpfen begreift man sich immer noch in erster Linie als offenes wöchentliches Treffen von Menschen, die Lust haben ein paar Körbe zu werfen und dabei Spaß zu haben. Und so wirbt Henning auch für die Boombox, die jeden Freitag nicht fehlen darf. »Ein Basketball- Team, das miteinander verliert oder gewinnt, aber immer Spaß miteinander hat und sich nicht nur auf dem Spielfeld füreinander einsetzt«, so formulieren es die Freibeuter und dieser Einsatz zeigt sich auch im schulischen Engagement, wo das Team die Brücke zwischen Sport und Bildung schlägt. An drei Schulen in den Berliner Stadtbezirken Neukölln und Friedrichshain ist das Team aktiv und bettet Basketball dabei in Streetdance- und Hip Hop-Workshops ein, die auch zeigen, dass Sport in erster Linie Kommunikation ist. –
Text und Fotos: John Luas
Freibeuter e.V. hhv.de Mag Nr. 3 — Frühling/Sommer 2013 118
– Freibeuter– e . V.
– hhv.de– Vinyl–Club
Wir verkaufen nicht nur Vinyl, wir spielen es auch gerne vor! Wie das klingt, könnt ihr euch bei der Veranstaltungsreihe »hhv.de Vinyl Club« anhören. Unsere DJs Donald & Rave sowie G-Cut präsentieren ihre Schätze aus schwarzem Gold und sorgen für die monatliche Dosis guter Musik. Die drei Vinylliebhaber werfen für uns einen Blick in die hintersten Ecken ihrer über lange Zeit gefüllten Schallplattenkisten, pusten den Staub von den Langspielern und reißen die Folien von ihren neuesten Errungenschaften. Von neu bis alt wird alles aufgelegt, was Hip Hop, Funk, Jazz und Soul an Vorstellungswertem zu bieten hat. Desweiteren darf man sich jede Runde auf einen neuen Gast an den Decks freuen, was jeder Veranstaltungsreihe seine individuelle Note verleiht. Für die unmittelbar bevorstehenden, warmen Sommernächte zieht die Partyreihe - natürlich ohne den geliebten Stadtbezirk Berlin-Friedrichshain zu verlassen - aus den Wänden des Red Rooster unter freien Himmel. Die Kulisse dafür bietet der idyllische Sommergarten des Cassiopeia. Hier seid ihr dann (bis 23 Uhr zu freiem Eintritt) herzlich eingeladen der Musik zu lauschen und es euch mit einem Bier in der Hängematte gemütlich zu machen oder auch wild zu tanzen und zu feiern bis die Sonne wieder aufgeht. –
Berlin Boombox hhv.de Mag Nr. 3 — Frühling/Sommer 2013 120
– Berlin– Boombox
Als Axel Pfaender seine neuerstandenes iPodSoundsystem begutachtete, war er konsterniert. Sollte »das Auge nicht mithören«? Dieser Gedanke war die Geburtsstunde seines eigenen Soundsystems. Eines, das optisch mehr hergibt als die neuen, glatten und nackten Geräte aus dem Elektrofachgeschäft. Eines, das den analogen Style der alten Apparate wieder aufgreift. Das Ergebnis ist die Berlin Boombox. Ein aus Pappe gefalteter Ghettoblaster im Retro-Look, umweltfreundlich und mit erstaunlich gutem Sound, und kompatibel mit allen Smartphones und MP3 Playern. Alle benötigten Bauteile, von den passgenauen Boxen und dem Pappgehäuse bis hin zu den Mignon-Batterien kommen in einem kleinen Paket per Post und werden vom Endverbraucher dann selbst in Form gefaltet. Wer jetzt denkt, das Ganze erfordere handwerkliches Geschick oder ein Mindestmaß an Fachwissen, der irrt. Ganz ohne Werkzeug ist die Boombox, dank Bauanleitung in nur kurzer Zeit zusammengebaut. »Das kann jeder Idiot«, behauptet der Berliner Designer und Illustrator. Mit dieser innovativen Idee stieß Axel Pfaender sofort auf Anklang und so konnte der Musikliebhaber per Crowdfunding problemlos den finanziellen Grundstein für sein Vorhaben legen. Mit dem Geld seiner zukünftigen Kundschaft entstand schon bald die erste Auflage. 2.000 Pappebögen, entworfen, gedruckt, gestanzt und gefaltet in Berlin. Die Elektroteile ausgenommen findet nämlich die ganze Produktion und Herstellung in Deutschland statt. Ein rundum ökologisch-korrektes Design also, ganz im Sinne der Nachhaltigkeit. Das kultige Gerät ist visuell interessant und vereint Pfaenders Affinität für das Optische mit seiner Leidenschaft für Musik. Eine Freude für alle Nostalgiker. –
Wir verlosen 2 Exemplare der Berlin Boombox. Du musst nichts weiter tun als uns eine E-Mail an redaktion@hhv-mag.com schreiben mit dem Betreff »Pappe satt« und Deiner Anschrift. Außerdem rufen wir zusammen mit Berlin Boombox zu einem DJ-Contest auf. Mehr Informationen dazu erfahrt ihr demnächst auf www.hhv-mag.com.
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