Editorial
– Editor’s– idea
Der Vorhang geht auf und wir sehen ein Panorama an Dingen, die unseren Augenblick machen. In diesem bleibt die Vergangenheit und die Zukunft für ein Weilchen als Standbild erhalten. Und wir können es uns in Ruhe ansehen, drumherum gehen, aus der Nähe und aus der Ferne betrachten. Dieses Magazin erhält uns einen solchen Moment. Es gibt uns die Möglichkeit in Ruhe die Dinge zu betrachten und einen detaillierteren Blick auf die Facetten von Musik, Mode, Design, Fotografie und Film zu werfen, als es uns in der Hektik des Alltags vielleicht möglich ist. Manchmal macht der Blick durch diese Linse die Menschen »größer als sie selbst und in jedem Fall größer als ihre Musik«, wie es der in Berlin lebende Fotograf Matt Lambert in unserem Interview (ab Seite 22) erklärt, wenn er über das Porträtieren von Künstlern spricht. Manchmal relativiert er auch, erdet die Dinge, so wie in unserem ausführlichen Essay über den Filmemacher Spike Lee und seinen visuellen Einfluss auf den Hip Hop des »New New York« (ab Seite 42). Mitunter zeigt dieser Blick durch die Linse, die Menschen aber auch einfach als die Menschen, die sie tatsächlich sind, wie in unserem Interview mit dem kanadischen Musiker Dirty Beaches (ab Seite 88), der von dem Fotografen Richmond Lam für uns in Montréal begleitet worden ist. Wir sehen Momentaufnahmen von Modetrends in diesem Herbst (ab Seite 46), wir erkennen Entwicklungen (ab Seite 94), Konstanten (ab Seite 104), wir bewerten Dinge neu (ab Seite 84) – und vor allem entdecken wir. Alles fügt sich zu einem riesigen, unsere Welt darstellenden Mosaik und wir hoffen Euch damit einen weiteren interessanten Einblick verschafft zu haben. Viel Spaß beim Lesen. Sebastian Hinz
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Inhaltsverzeichnis
– Inhalts– verzeichnis
The Leaves
Editorial – 3 Impressum – 6
hhv.de Mag Nr. 4 — Herbst/Winter 2013
Contributors – 7 Events & Präsentationen – 8
The Collector’s Guild – 12 What’s In Your Bag? – 14 Highlights – 16
Matt Lambert – 22 Jeff Jank – 28 Florence To – 30 Friends Of Friends Music – 34 King Krule – 36 Betty Ford Boys – 37 Moderat– 38
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Forest Swords– 40
Spike Lee und das »New New
Inhaltsverzeichnis
Will Change – 46 Denim Demon – 60 Sneaker & Caps – 64 Autumn Ahead – 72
Klangvoll formschön – 76 Dirty Beaches – 88 10 Protest Songs You Should Sing Along To Today – 94 Neo Judas – 98 Big Sean – 100 HADE – 101 Staple Design – 102
Here Comes The Breaks! – 104 Salon zur goldenen Jahreszeit – 110 Stitches To Wear – 114
In Search Of The Crew – 118 Herschel Supply Co. – 120
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York« – 42
– Impressum HHV Handels GmbH
Grünberger Str. 54 D-10245 Berlin +49 30 29381240 | +49 30 29381255 order@hhv.de Geschäftsführer Thomas Ulrich
USt-Nr: DE263440712 Handelsregister-Nr: HRB 117211 B, Amtsgericht Berlin-Charlottenburg Produktmanagement
Sebastian Baumann (Clothing), Lena Mwinkand’ (Clothing), Max Eisele (Clothing), Thomas Ulrich (Clothing), David Wetzel (Music) Projektleitung
LGB5, Stefan Gerats Redaktion
Sebastian Hinz (ViSdP), Grashina Gabelmann, Philipp Kunze, Fabian Saul redaktion@hhv.de Anzeigenleitung & Marketing
Stefan Gerats – marketing@hhv.de Layout & Art Direction
LGB5 – info@lgb5.de Produktfotografie & Produktbearbeitung
Martin Pohle, Tom Schulze, Malte Tarnow, Gordon Gieseking Autoren dieser Ausgabe
Fionn Birr, Björn Bischoff, Patrick Cavaleiro, Grashina Gabelmann, Philipp Hackner, Frédéric Hartmann, Philipp Kunze, John Luas, Julia Losert, Sonja Mermazadeh, Christian Neubert, Jens Pacholsky, Fabian Saul, Martin Silberman, Tim Tschentscher Fotografen dieser Ausgabe
Sebastian Diaz de Leon, Nady El-Tounsy, Tobias Hoffmann, Richmond Lam, Christian Limber, Heiko Marquardt, Nic Oswald, Malte Seidel, Morris Swiderski, Hayley Warnham, Michael Binh Theel Alle Rechte vorbehalten. Ein Nachdruck - auch nur auszugsweise - darf nur mit vorheriger und schriftlicher Einwilligung des Herausgebers und der Autoren erfolgen. Alle Urheberrechte liegen beim Herausgeber, sofern nicht anders angegeben. Für unaufgefordert eingesandtes Material wird weder Verwendung garantiert noch Haftung übernommen. Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder. Für ihre Artikel übernehmen die Autoren die presserechtliche Verantwortung. Webseiten www.hhv.de | www.hhv-mag.com
Contributors
– Contributors Hayley – Warnham
Nic – Oswald
Mitte der Neunziger bediente Nic Oswald die deutschen Skateboardmedien nicht nur mit perfekt komponierten Sportaufnahmen, sondern lieferte meist die ungeschönten Aufnahmen des Drumherums gleich mit. Nicht ungewohnt also für den Wahlberliner sich für unsere Modestrecke gleich morgens um acht das erste Mal in dem Matsch zu legen. Seit 2006 lebt und arbeitet er in der Hauptstadt, verbringt die Winter jedoch lieber in seiner dritten Heimat Innsbruck und steht sich in den Bergen bei unwirtlichen Temperaturen die Beine in den Bauch um Kunden wie Nike, Timberland oder Icetools mit Bildern zu versorgen. www.nicoswald.de
Fabian – Saul
Als Autor, Musiker und Künstler arbeitet Fabian Saul stets an vielen verschiedenen Projekten: Ob auf der Suche nach alter Musik auf Korsika, als Komponist von Filmmusik und Regisseur von Videos oder als Chefredakteur des Flaneur Magazins: Als Experte für Grenzbereiche faszinieren ihn interdisziplinäre Konzepte und die Poesie der Entschleunigung. Für diese Ausgabe hat er nicht nur redaktionell mitgearbeitet, sondern auch mit Moderat, Matt Lambert und Dirty Beaches gesprochen und dem Geist von Spike Lee im »New New York« nachgespürt.
Hayley Warnham ist eine Illustratorin, die Collagen zu Hilfe nimmt, um die Welt zu verstehen. Sie lebt in London und macht derzeit ihren MA in visueller Kommunikation am Royal College of Art, wo sie ihre Zeit damit verbringt, spielerische Bild- und Farbkompositionen zu kreieren. Sie hat an einer Reihe von Projekten gearbeitet, so machte sie auch Illustrationen für Tate, ICON Magazine und Print Club London und wurde kürzlich mit dem Penguin Design Award für das Coverdesign des Buches »The Big Sleep« ausgezeichnet. Mehr über Hayley und ihre Arbeit erfährst du auf www.hayleywarnham.com
Richmond – Lam
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Richmond Lam arbeitet als Fotograf in Montreal und Toronto. Geboren in Hong Kong und aufgewachsen in Montréal und London hat er an der Concordia University für Design und später am Dawson College für Fotografie in Montreal studiert. Seit 2007 konzentriert sich seine Arbeit auf die Dokumentation der Menschen aus seinem Umfeld. Momentan arbeitet er an der Fertigstellung einer Serie über die Montrealer Musikszene und hat dabei Künstler und Bands wie Lunice, Arcade Fire, Braids, Coeur de Pirate, Grimes und Dirty Beaches portraitiert. Letzteren hat er auch für diese Ausgabe für uns begleitet. www.richmondlam.com
Events & Präsentationen
– Events–&– Präsentationen
RBMA Radio Berlin mit Project: Mooncircle –
hhv.de Mag Nr. 4 — Herbst/Winter 2013
Radio Show am 6.9. in Berlin mit Sweatson Klank, Submerse, Rain Dog, Sieren, Krts und Robot Koch
11 YRS hhv.de – Feierlichkeit mit Eloquent, Schaufel und Spaten, Ecke Prenz und dem BeatGeeks Soundsystem am 26.7. im Cassiopeia in Berlin
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Fotos: Morris Swiderski
Events & Präsentationen
5 YRS Selected Store – Geburtstagssause mit Musike, Burger, Erfrischungsgetränken und guter Laune am 6.9. in der Revaler Straße in Berlin-Friedrichshain Fotos: Heiko Marquardt / Sebastian Diaz de Leon
Betty Ford Boys im Selected Store – Brenk Sinatra, Suff Daddy und Dexter schauten am 18.6. bei uns in Berlin vorbei Fotos: Christian Limber
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Events & Präsentationen
Splash 2013 – Vom 12. bis 14. Juli fand zum sechzehnten Mal das Splash! Festival statt. Und wir waren auch diesmal mit dabei
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hhv.de Mag Nr. 4 — Herbst/Winter 2013
Fotos: Tobias Hoffmann / PhyreWorX
Events & Präsentationen
Yasiin Bey aka Mos Def – Live bei seinem Konzert am 19.4. in Huxley‘s Neuer Welt in Berlin Fotos: Tobias Hoffmann / PhyreWorX
Battle Rap aus Deutschland – Taktlo$$, Hiob & Morlockk Dilemma, Sylabil Spill, sowie Audio88 & Yassin waren am 4.4. live im Lido in Berlin zu erleben 11
Fotos: Tobias Hoffmann / PhyreWorX
The Collector’s Guild
– The– Collector’s– Guild Sammeln ist ja bekanntermaßen der diametrale Gegensatz zum Nutzen. Was man sammelt und warum, hängt in eklatanter Weise mit der Person zusammen, die all die Gegenstände zusammenrafft. Wer sind also die Sammler und was treibt sie an? Tricky Tess hat mehr als 5.000 Schallplatten in ihrer Wohnung aufgetürmt. Dabei geht es nicht nur um Musik, sondern auch darum, wo die Platten gekauft wurden. Und eine Platte unter diesen persönlichen Andenken, bedeutet ihr besonders viel.
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hhv.de Mag Nr. 4 — Herbst/Winter 2013
Text: John Luas, Foto: Nady El-Tounsy
The Collector’s Guild
Wie hat deine Sammelleidenschaft begonnen? Tricky Tess: Als ich alt genug war, jobben zu gehen, fing ich
an Rap auf Vinyl zu kaufen, das war Ende der 1990er Jahre. Damals dachte ich, dass die geilste Zeit im Rap schon vorbei ist und habe deswegen vorwiegend Rap aus den Achtzigern gekauft. Sammeln wurde es für mich, als ich anfing, alle meine Scheiben aufzuschreiben. Ist deine Sammlung eine Wertanlage oder spielt das keine Rolle? Wie viel ist deine Sammlung wert?
Ich sehe meine Sammlung nicht als Wertanlage, dafür wäre mir die Wertsteigerung viel zu ungewiss. Die Hauptmotivation Platten zu sammeln, war für mich stets ein Medium zu haben, was mir und anderen schöne Musik beschert und was ich anfassen kann. Dazu kommt, dass es für mich kein schöneres Souvenir gibt, als ein Stück Musik von einem fernen Ort. Der finanzielle Wert lässt sich schwer schätzen, da er davon abhängt, ob ich die Scheiben einzeln verkaufe oder meine ganze Sammlung an einen Händler. Je nachdem würde es dann ein kleines oder ein grosses Auto werden… Wann ist Schluss mit dem Sammeln?
Wenn ich neue Musik nicht mehr schätzen kann oder es an Platz, Geld oder Gesundheit mangelt. Ich sammele nicht permanent, manchmal kaufe ich nur eine Scheibe in zwei Monaten. Momentan kann ich mir nicht vorstellen, eine Städtereise zu unternehmen ohne diggenn zu gehen. Aber das kann sich ja alles ändern. Kannst du dir vorstellen, dich irgendwann von deiner Sammlung zu trennen und was könnte der Grund dafür sein?
Ja, klar. Wenn ich aufhören würde aufzulegen oder mir Serato/Traktor zulegen würde, könnte ich mich von einem Grossteil meiner 12-inches sofort trennen. Um mich vom Rest zu trennen, müssen sich meine Prioritäten ändern. Ich sehe das zwar heute nicht, aber wer weiß schon, was in 30 Jahren ist. Insgeheim hoffe ich ja auf rap-affine Kinder und Enkel, dann bleibt all das schwarze Gold in der Familie. Ist eine Sammlung auch eine Sammlung von persönlichen Erinnerungen? Welche Erinnerung fällt dir spontan ein, wenn du dir deine Sammlung anguckst?
Hast du eine Plattensammlung, ein Reservoir an Turnschuhen, eine Sammlung an spleenigen Gadgets? Dann sende uns aussagekräftige Fotos und eine Begründung, wieso wir bei dir vorbeikommen sollen - an: redaktion@hhv.de, Betreff: »Collector‘s Guild«.
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Ziemlich jede Scheibe erzählt mir eine kleine Geschichte. Aretha Franklin erzählt mir vom mega-ernsten Zollbeamten am amerikanischen Flughafen, der auftaute als er die Scheibe sah und mir Props gab. Barrington Levy erzählt vom uralten Verkäufer in Jamaika, der als ich reinhören wollte, lauthals mitsang. Auch wenn es bei den vielen Scheiben schwer zu sagen ist, mit welcher man am meisten verbindet - es gibt eine, die mir definitiv mehr bedeutet als viele andere: »Tapestry Koto & The Occident Country«. Eine japanische Samplescheibe aus den Siebzigern. Als ich sie in Kopenhagen im Laden zum ersten Mal anhörte, konnte ich kaum erwarten nach Hause zu kommen, um sie in Ruhe genießen zu können. Die Scheibe ist einfach vom ersten bis zum letzten Takt perfekt. –
What’s In Your Bag?
– What’s– I n – Yo u r – B a g ? Wir haben unseren Kunden im Selected Store in die Tüten geschaut Aufgezeichnet von Sonja Memarzadeh, Fotos: Malte Seidel
Patrick 30 Jahre, Berliner seit 5 Jahren
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Ich kaufe immer die Dinger mit dem Totenkopf und war jetzt einfach auf der Suche nach etwas Günstigem. Als ich dann so im Internet nach Cheap Monday-Hosen gestöbert habe, bin ich auf hhv.de gestoßen. Und: Dann war die Hose hier auch noch im Angebot. Das ist natürlich was!
Jöran 32 Jahre, aus Berlin–Friedrichshain
– Das sind die neuen, schwarzen Air Max. Ich trage immer nur Schuhe mit schwarzen Sohlen, da sieht man den Dreck nicht so. Air Max sind aber auch einfach bequem! Ein Freund hat mir einen Gutschein zum Geburtstag geschenkt und den habe ich heute hier eingelöst. Ich wohne gerade hier um die Ecke, kenne den Laden also schon länger. Ich schneie hier öfters mal spontan rein, wenn ich gerade im Kiez unterwegs bin.
Roberto 30 aus Berlin
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– Heute habe ich diese Karizma-Platte gekauft. Ich finde Karizma ist einfach ein super guter Produzent. Die letzte Platte von ihm habe ich leider verschlafen, deshalb musste ich diese jetzt einfach haben! Ich bin schon gespannt… In meiner Freizeit lege ich auch auf, und zwar ganz durchmischt. Ein bisschen House und elektronische Sachen, aber auch Hip Hop und so. Von Flying Lotus bis Mount Kimbie – eben alles was gut ist. Das nächste mal lege ich am Wochenende auf, da werde ich diese Platte dann sicher auch dabei haben!
What’s In Your Bag?
Gritt 33 Jahre aus Berlin
– Ich habe mir gerade spontan die neue Platte von Moderat gekauft. Ich finde die Band echt super und habe auch schon die vorherige Platte zu Hause stehen. In diese habe ich eben nur kurz reingehört, aber die ist bestimmt auch ganz toll. Ich wohne hier in der Ecke und schaue ab und zu im Selected Store vorbei, wenn ich durch die Gegend schlendere.
Lasse 31 Jahre, ursprünglich aus Hannover
– Ich hab mir einige Shirts aus dem Onlineshop hier in den Laden bestellt und mich letztendlich für dieses Acrylick-Shirt entschieden. Der Aufdruck hat mir einfach gut gefallen. Da kommen zwei schöne Dinge zusammen: Musik und Frauen.
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Der hhv.de Selected Store befindet sich in der Revaler Str. 9 in Berlin-Friedrichshain. Er hat Montag bis Samstag, 12 bis 20 Uhr geöffnet. Der nächste Selected Friday findet am 18.10. statt. Das Sneakermag wird an diesem Abend die besten Fotos des »Heat On Feet 2«-Contests ausstellen. Ansonsten gibt‘s wie immer Musik, Freigetränke und 20% Rabatt auf alle im Laden befindlichen Artikel. Der übernächste Selected Friday ist dann am 6.12. Die Verhandlungen mit dem Nikolaus sind noch im Gange. Glühwein wird in jedem Fall angesetzt und Stollen wird gebacken.
Highlights
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1 HUF − Reign Box Logo Volley Cap, 39.95 ¤ | 2 Mishka − Wadsworth 5-Panel Camper, 37.95 ¤ 3 HUF − Hawaiian Volley Cap, 44.95 ¤ | 4 The Quiet Life − Cord Combo 5 Panel Cap, 39.95 ¤ 5 The Quiet Life − Mountain 5 Panel Cap, 42.95 ¤ | 6 HUF − Don Ho Volley Cap, 49.95 ¤
Highlights
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1 Carhartt − Eaton Pocket Sweater, 69.95 ¤ | 2 Mishka − Vintage Keep Watch Crewneck Sweater, 96.95 ¤ 3 Ucon Acrobatics − Marley Sweater, 71.95 ¤ | 4 Wemoto − Kenny Crewneck Sweater, 59.95 ¤ 5 Cleptomanicx − Icon Gull Crewneck Sweater, 59.95 ¤
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Highlights
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1 Technics − SL-1210 MK5, 1399.95 ¤ | 2 Pro-Ject − Debut Carbon Basic USB, 419.95 ¤ 3 Vestax − PDX-3000 MK 2 Servo Torque, 689.95 ¤ | 4 Stanton − T-62, 199.95 ¤
Highlights
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1 adidas − ZX Pompom Beanie, 24.95 ¤ | 2 Nike Skateboarding − Old Snow Beanie, 24.95 ¤ 3 The Quiet Life − Tre Stocking Beanie, 39.95 ¤ | 4 Brixton − Miller Pom Beanie, 39.95 ¤ 5 Mishka − Heatseeker Knit Pom Beanie, 34.95 ¤
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Highlights
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1 G-Shock − GB-6900AA-5ER, 161.95 ¤ | 2 G-Shock − GB-5600AA-1ER, 161.95 ¤ 3 G-Shock x Supra − GA-200SPR-1AER, 189.95 ¤ | 4 G-Shock − GWX-5600C-7ER, 134.95 ¤
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hhv.de Mag Nr. 4 — Herbst/Winter 2013
– Matt – Lambert –
Tex t: Fa b i a n S a u l
Matt Lambert
Matt Lambert
»Ich bin nicht in erster Linie an Popkultur interessiert, sondern an den Aspekten meiner Welten und meiner Freunde, die Kultur machen oder sie dekonstruieren.«
kulturen, die Matt Lambert nicht als Voyeur, sondern als Insider dokumentiert, und die er gleichzeitig als Welt (und nicht etwa Gegenwelt) zulässt: Was interessiert, spielt sich in diesen Welten ab, da es seine Welten sind. »We Who Are Young Are Old« basiert auf Gedichten von Dylan Thomas, in »Fickmaschinen« und »Heile Gänsje« wird Sex zum ebenso ästhetischen wie verstörenden Gegenstand und über allem schwebt eine desillusionierende Leere, die den Ausbruch im sozialen und ästhetischen Widerstand sucht, die zwischen roher Gewalt und No Future nach einer Befreiung der Sexualität sucht.
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Matt Lambert ist Filmemacher und Fotograf. Ein visueller Künstler, dessen Arbeit und Arbeitsweise am Ende nur seinen eigenen persönlichen Blick als Fluchtpunkt kennen. Kurzfilme, Dokumentarfilme, Modevideos, Musikvideos, experimentelle Mixed-Media-Arbeiten, Live Visuals. Kunst, Dokumentation, Journalismus, Mode. Matt Lamberts Arbeit ist unabhängig von der Form und seines kommerziellen Kontextes vor allem eine Suche nach Identität und Sexualität in (vermeintlichen) Subkulturen. Seine Biografie umspannt mit Los Angeles, New York, London und - seit zwei Jahren - Berlin vier Zentren von Jugend-
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Matt Lambert
Matt Lambert
War für dich der Film eine Konsequenz aus der Fotografie?
Matt Lambert: Als ich in Los Angeles aufwuchs, habe ich das alles vermieden. Ich hatte in meinen Teenagerjahren eine harte Anti-Kunst-Haltung, eine Ich-bin-gegen-alles-Haltung und habe mich dann an der Universität mehr für Zeichnung interessiert. Fotografie war dann später eher ein Nebenprodukt von Film. Zum Film bin ich durch Animation und Mixed-MediaFilme gekommen. Als ich anfing mit lebenden Objekten zu arbeiten, habe ich durch die Fotografie vor allem mit visuellen Visionen spielen können. Deine Arbeit dreht sich viel um Popkultur. Vertraust du auf deine innere Perspektive oder entfernst du dich bewusst von deinen Protagonisten?
Ich lebe oder habe all das, was ich zeige, auf die ein oder andere Art gelebt. Ich respektiere deswegen, aber bin auch manchmal Schaulustiger, Regisseur und sozialer Voyeur. Ich bin nicht in erster Linie an Popkultur interessiert, sondern an den Aspekten meiner Welten und meiner Freunde, die Kultur machen oder sie dekonstruieren. Kann Film oder Fotografie eine Form des Widerstands sein?
Ist Film konzeptioneller als Fotografie?
In ihren Höhepunkten kann die Fotografie konzeptioneller sein. Das reduzierte Destillieren visueller Ideen zu einem einzigen ikonischen Bild und Moment kann mehr Potential haben als ihre bewegte Form. Du porträtierst auch Bands und Musiker. Warum genau sind Menschen daran interessiert, das Bild eines Musikers zu sehen?
Ich fotografiere keine Musiker, sondern Performer, die Musik machen. Wenn man jemanden »bekanntes« fotografiert, geht es Menschen, die etwas verkörpern, das größer ist als sie selbst und in jedem Fall größer als ihre Musik.
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Absolut! Meine Mutter hat für Tom Hayden [amerikanischer Bürgerrechts- und Friedensaktivist] gearbeitet. Ich erinnere
mich an die Originaldrucke von Fotos von den DNC Unruhen 1968 in Chicago und daran, für was diese Momente standen, was diese visuellen Reduktionen dieser Momente für die Bürgerrechte bedeuteten, wie sie die heutige Zeit geformt haben. Ich erinnere mich daran, wie es sich anfühlte, als ich das erste Mal ein Foto von Slava Mogutin oder einen Film von Bruce La Bruce gesehen habe. Ich erinnere mich an »Battle of Tangiers« und daran Bilder in »Dolt!« in der Highschool zu sehen. Die Liste würde zu lange werden, aber alle politischen Einstellungen, die ich habe, wurden von Filmen oder Bildern initiiert.
Matt Lambert hhv.de Mag Nr. 4 — Herbst/Winter 2013
»Das reduzierte Destillieren visueller Ideen zu einem einzigen ikonischen Bild und Moment kann mehr Potential haben als ihre bewegte Form.«
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Nach Berlin zu ziehen, schien ein wichtiger Schritt in deinem Leben zu sein. Kannst du beschreiben, wie sich deine Arbeit verändert hat, als du von Los Angeles nach London und schließlich nach Berlin gezogen bist?
Berlin war ALLES wenn es um meine Arbeit geht. Ich habe die ersten beiden Jahre hier versucht, sehr wenig »Kommerzielles« zu machen und mich auf meine eigenen Arbeit zu konzentrieren. LA, New York und London haben mich gemacht, aber Berlin hat mir geholfen herauszufinden, was das ist. Diese Ehrlichkeit und die Menschen in meiner Umgebung haben es möglich gemacht, dass ich endlich Arbeiten mache, die sich für mich gut anfühlen. Als ich in Los Angeles aufgewachsen bin, war ich ziemlich intensiv in der Skinhead-Szene und auch mit Gangbangern und Punk Crews zusammen. Ich habe diese Szenen in London wiederentdeckt und sie schließlich in New
York alle zu einer Homo-Cult/Punk Mischung verschmelzen sehen. Berlin war für mich der Ort, an dem ich aus all diesen Leben und Erfahrungen eine reduzierte Version synthetisieren konnte. Was sind die Grenzen kommerzieller Arbeit? Wie vermeidest du, dass kommerzielle Arbeit deine andere überschattet?
Sie hat es tatsächlich überschattet und deswegen habe ich New York City verlassen. Wir alle kämpfen ja um diese Balance. Traurigerweise wird sie nur von wenigen gefunden. Ich versuche kommerzielle Arbeiten nur dann zu machen, wenn sie aus meiner persönlichen Arbeit entstehen. Das heißt, dass ich permanent Projekte entwickele, die mich interessieren und hoffe, dass ab und an sich jemand mitreißen lässt und meine nächste Vision finanziert. –
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– Jeff – Jank –
Tex t: B j ö r n B i s c h o f
Jeff Jank
Jeff Jank
»Ich arbeite bei Stones Throw, weil ich kreative Projekte mag, die eine Verbindung zwischen Musik, Bild und Geschichte herstellen.«
Jeff Jank ist ein Phantom. Dabei ist er einer der Gründer des kalifornischen Labels Stones Throw und bis heute einer der führenden Köpfe dort im Design. Nicht nur das prägende Cover vom ersten Album von Madvillain hat Jank federführend entworfen, sondern auch Madlibs Alter Ego Quasimoto hat er über die Jahre geformt. Seine Designs und Entwürfe sprechen für sich. Deswegen hält sich Jank größtenteils aus der Öffentlichkeit zurück. »Ein typischer Tag – sehr viele E-Mails.« Nein, viel sagt Jeff Jank zu manchen Themen nicht. Dafür schüttet er umso mehr Worte aus, wenn es um seine Arbeit geht. Lediglich ein Bild soll von Jank existieren, in den Untiefen von MySpace, wie er mal in einem seiner wenigen Interviews verriet. Kein Alter, keine Herkunft. Selbst bei Stones Throw sind es gerade einmal zwei magere Absätze unter einem Bild von Quasimoto, die einem das Label auf seiner Website zu Jeff Jank anbietet. Er meint das ernst. Das ist kein inszenierter Rückzug, um noch mehr Aufmerksamkeit zu bekommen. »Ich arbeite bei Stones Throw, weil ich kreative Projekte mag, die eine Verbindung zwischen Musik, Bild und Geschichte herstellen.« Und genau darum geht es ihm. Stones Throw als Label repräsentiert eine Idee, die über den einzelnen Leuten steht. »Als ich hier anfing, war ich nicht sicher, was und wie lange ich das überhaupt machen würde. Ich bin nicht einmal auf die Idee gekommen, mich einen Art Director zu nennen, bis mich mal jemand in der Druckerei fragte, ob ich an einem Projekt für die Schule arbeite«, sagt Jank. »Eigentlich hat Stones Throw gar keinen Art Director – ich gehöre zum Personal, arbeite aber als Freelancer, wenn es um die Designs und grafische Ausrichtung geht.« Immerhin verrät Jank zumindest noch, dass er seit seiner Kindheit zeichnet. Er fing damit an, bevor er lesen und schreiben konnte.
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Eine der bekanntesten Figuren von Stones Throw ist Quasimoto, ein Alter Ego und eine Idee von Madlib, die Jeff Jank ausgearbeitet hat. »Der Charakter tauchte zuerst als einer von drei Typen auf der Hülle
von ›Microphone Mathematics‹ auf, gezeichnet von Keith Beats. Ich habe die Figur dann für das Artwork von ›The Unseen‹ adaptiert hauptsächlich inspiriert durch den Track ›Bad Character‹. Dieser Track definiert mehr als jeder andere Quasimoto als das Alter Ego von Madlib.« Beim zweiten Album von Lord Quas ist es dann Madlib selbst, der seine Referenzen zum visuellen Charakter der Platte mit einbringt. »Wir haben Lost Gates als Namen für Quasimotos Heimatstadt benutzt, dabei ist das wirklich nur ein Gedankenspiel. Es sieht sehr nach unserer Vorstellung von Kalifornien aus – Autobahnen, Vororte, Sonnenschein, Langeweile, halb verlassene Areale in Downtown mit Landstreichern an den Straßenecken und Plattenläden.« Jank betont dabei in seinen Antworten oft, dass die ursprüngliche Idee zu Quasimoto nicht von ihm kommt, sondern eben von Madlib. Er fungierte als Helfer, dieses Wesen auf die Welt zu bringen. Doch abseits von diesem Charakter ist Janks größte Leistung, dass er Stones Throw als Marke ein wiedererkennbares Artwork gegeben hat. Minimalistisch. Einfach. Direkt. Ehrlich. Es geht nur um Musik, aber irgendwie wieder nicht nur, es geht um HipHop und dessen Ideale, es geht um eine Idee. Jank treibt bei der ganzen Sache seine eigene Leidenschaft an, der Musik, dem Künstler oder dem Label eine weitere Dimension hinzuzufügen. Wenn Musik, Kunst und Kommerz zusammenkommen, um mehr zu sein als die Summe ihrer Teile. »Francis Wolff und Miles Reid von Blue Note dürften so die Ersten gewesen sein, die ein tolles Beispiel für diese Art der Plattenveröffentlichungen sind. Die Beatles haben das auch erreicht, für ein paar magische Jahre in den Sechzigern«, sagt Jank. Die Arbeiten von Pete Turner und CTI, Peter Saville und Factory, Futura und Mo Wax, Vaughn Oliver und 4AD, Raymond Pettibon und Black Flag haben Jank beeinflusst, ebenso wie Vivianne Westwood, Jamie Reid und die Sex Pistols, Pedro Winter und So Me bei Ed Banger. »Wie Pedro einmal sagte, wir sind nicht hier, um nur Beats und Plastik zu verkaufen. Wir sind hier, um moderne Musik zu machen und Plattenhüllen, die Dich zum Träumen bringen.« –
Florence To hhv.de Mag Nr. 4 — Herbst/Winter 2013
– Florence – To –
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Tex t: G r a s h i n a G a b e l m a n n Ü b e r s e t z u n g: J u l i a H i n z
Florence To
Bei dem Schlagwort »Live-Visuals« denken die meisten einfach an einen Bildschirm, der im Rücken des DJs Videoclips oder Bilder abspielt, die eine Collage bilden. Eine Collage, die sich bewegt, während der DJ auflegt, was immer er auch auflegt. Dies ist für die Londoner Künstlerin Florence To nicht bloß zu statisch, es ist auch einfach nicht die Art wie ihr Gehirn funktioniert: da sie aus der Modeszene kommt, arbeitete sie zunächst am Körper bevor sie Räume gestaltete. Und diese Tatsache, diese sehr strukturelle und dreidimensionale Schaffensmethode wird in ihrer Arbeit für Boiler Room, Sub Club, Red Bull Music Academy, Soundcrash oder Dollop reflektiert, wo sie architektonische Visuals für Shigeto, Neon Indian oder Auntie Flo kreierte. Du hast Textilien und Mode studiert, aber nun dekorierst du Räume anstatt Körper. Wie hängt das eine mit dem anderen zusammen?
Wie ich die Materialien und die Technologie miteinaner im Raum koordiniere, hängt gewöhnlich von den Einschränkungenen ab, die ich im Raum vorfinde, wie: niedrige Decken, Säulen oder Löcher in der Wand. Ich versuche eher zu sehen, was ich vom Raum nutzen kann, als etwas hinzuzufügen. Es geht nicht nur darum, eine zufällige Idee umzusetzen, meine Arbeit soll den Raum zweckmäßig erscheinen lassen. Wie gelingt es dir, mit deiner Arbeit sowohl den Musiker als auch das Publikum zufrieden zu stellen?
Zu Beginn versuche ich die Dinge festzuhalten, die geplant sind, damit wir beide am Ende mit der Performance glücklich sind - die meisten der Performances waren live jedoch noch um Längen besser. Ich mag es, organisiert zu sein, aber die Dinge funktionieren oft besser, wenn ich spontaner bin. In das Erlebnis einzutauchen, hilft die Kreativität zu entwickeln. Am Ende des Tages generieren wir beide einen Rhythmus in Klang und Bild. Die Energie, die vom Publikum kommt, wird durch das hervorgerufen, was sie hören und sehen. Ich versuche diese Energie zusammen mit der Musik noch zu steigern. Arbeitest du immer mit elektronischer Musik? Was zieht dich daran an? Kannst du dir vorstellen mit Hip Hop, Jazz oder Klassik zu arbeiten?
Ich interessiere mich für alle Formen von Musik. Da die Klangvariationen in elektronischer Musik gut mit Visuals zu funktionieren scheinen, wurde ich vermutlich dort hineingezogen, als ich diese Arbeit in Vollzeit machte. Zu Beginn des Jahres arbeitete ich an einem interessanten Event, für das ich eine Installation an der
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Florence To: Ich arbeitete in der Schneiderei und entwarf experimentelle Muster. Bei vielen Fabrikationen, an denen ich beteiligt war, ging es darum skulpturale Designs mit so wenig wie möglich Nähten zu erstellen. Beim Vorbereiten der Stoffe für den Schnitt, prüft man Aspekte, die das Gesamtdesign betreffen, zum Beispiel wie das Licht von der gewählten Richtung des Gewebes reflektiert wird und wie das am Körper aussehen wird. Es ist ein ähnlicher Prozess, wenn ich etwas für einen Raum entwerfe. Ich fing zunächst an mit Formen und Maßen zu experimentieren, die die Anforderungen erfüllten, um in dem gewünschten Raum positioniert zu werden und fuhr dann fort, die Ideen aus verschiedenen Winkeln und auch die unterschiedliche Oberflächenstruktur zu betrachten.
Wie beeinflusst die Architektur deine Arbeit?
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Florence To
Florence To
»Wie ich die Materialien und die Technologie miteinaner im Raum koordiniere, hängt gewöhnlich von den Einschränkungenen ab, die ich im Raum vorfinde, wie: niedrige Decken, Säulen oder Löcher in der Wand.«
meine Arbeit zu entwickeln. Einschränkungen sind unberechenbar und geben eine Richtung vor, die wir vielleicht nicht wählen würden, wenn alles so liefe wie wir es gerne hätten. Wie übersetzt du Musik in Formen und Farben? Eher mathematisch oder emotional?
Als ich anfing, an Visuals zu arbeiten, entwickelte ich eine Bilbliothek aus verschiedenen Frames, die sich aus der Arbeit auf Events mit verschiedenen Arten von Musik angesammelt hatten. Ich wurde mit der Bibliothek vertraut und konnte die Bewegung jedes einzelnen Visuals nachvollziehen. Im Hinblick auf den Rhythmus kann ich sehen, wie sich die Visuals zu den Frequenzeinstellungen bewegen, eingestellt in x, y, z Dimensionen. Es geht darum, Einfluss auf die Sinne zu haben, die miteinander komplimentieren. Die Mathematik wäre nicht relevant, wenn ich nicht etwas mit einem Gefühl kreieren könnte. Deine Arbeit hat eine sehr digitale Sprache. Wie sieht dein Arbeitsprozess aus? Sind auch anologe Elemente darin enthalten?
Seite des Poeten und Sängers Jaap Blonk entwarf. Er schafft interessante Stimmlagen und benutzt phantasievolle Ausdrücke aus Büchern in verschiedenen Sprachen – so wie er die Stimme des Schriftstellers hört. Ich fragte mich, wie man Visuals für diese Art von Performance entwickeln könnte – das ist etwas, womit ich gerne Zeit verbringen möchte. Ich habe einen Klassik Hintergrund, deshalb würde ich auch gerne mal mit einem Orchester und einem Chor arbeiten. Ich habe auch an eigenen Sounds gearbeitet, um diese für Installationen zu verwenden. Es ist etwas mehr Kontrolle notwendig, wenn ich mit anderen Künstlern zusammenarbeite, dennoch werde ich nie aufhören zu lernen oder etwas Neues auszuprobieren.
Es hängt vom Projekt ab, ob es ein Exponat wird oder eine Installation, für ein Musikevent oder eine spezielle Performance. Ich benutze eine Mischung aus Cinema 4d, Illustrator und manchmal anderen Effekten. Das Installationsdesign kommt zuerst, so dass es die Richtung der Visuals vorgibt. Ich überlege, wie der erste Frame aus einer Perspektive aussehen wird und wie Schatten die Tiefe herstellen. Die meisten Visuals sind erst am Abend der Produktion völlig ausgereift. Ich versuche sie so lebendig wie möglich zu halten, indem ich Standbilder benutze. Ich habe hauptsächlich digitale Anwendungen um die Visuals zu machen, die ich für gewöhnliche Musikveranstaltungen benutze. Für spezielle Performances und Kollaborationen mit Sounddesignern ist es meist eine Mischung, weil man für persönliche Projekte mehr Zeit hat. Wie auch immer, im letzten Monat habe ich viel Zeit mit den Filmaufnahmen für meine neue Installation verbracht. Du hast einen Fashion-Hintergrund. Planst du in diesem Bereich zu arbeiten?
Es gibt eine Menge Einschränkungen, die in der letzten Minute auftreten und außerhalb meiner Kontrolle liegen, wie z.B. neue Informationen zum Bühnenplan. So etwas passiert durch mangelnde Kommunikation oder Missverständnisse. Das war ein ständiger Kampf bei der Arbeit an einigen Clubnächten, so dass ich eine Lösung wollte, um vorbereitet zu sein, sollte es wieder dazu kommen, damit dadurch nicht das Design beeinträchtigt wird. Auf diese Art zu arbeiten, hat mir neue Wege aufgezeigt,
Ich würde den Gedanken nicht ausschließen, aber im Moment bin ich noch damit beschäftigt Installationen zu entwickeln und lerne Wege mit dem Raum zu arbeiten. Ich genieße die Umgebung in der ich arbeite sehr und die Möglichkeit mit Musik und Performance zu arbeiten. Ich denke nicht, dass zählt, was du studierst, wenn du mit deinen Fähigkeiten in verschiedenen Medien progressiv sein kannst, dann hält es dich kreativ – und ist es nicht genau das, worum es beim Kreativsein geht? –
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Mode- und anderes Produktdesign haben einen nicht zu unterschätzenden Funktionalitätsaspekt. Was bedeutet Funktionalität, wenn man ein Event gestaltet?
Friends Of Friends Music hhv.de Mag Nr. 4 — Herbst/Winter 2013
– Friends of Friends – Music –
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Tex t: P h i l i p p Ku n z e Fo tos: A n d y J . S c o t t
Friends Of Friends Music
»Ich denke, dass es weniger darum geht, einen Rohdiamanten zu finden, der aus dem Nirgendwo kommt, als darum jemanden zu finden, der bereit ist, mit seiner Kunst den nächsten Schritt zu gehen.« Leeor Brown
Leeor Brown hat gerade das erste Mal Haschisch konsumiert. Er ist 19, mit dem Rucksack in Frankreich unterwegs, wo er auf dem Le Route Du Rock Festival gelandet ist. Eigentlich will er dort Prefuse 73, Manitoba und Ms John Soda sehen. Dann erfährt er, dass auch Four Tet dort spielt. Dessen Namen hat er schon ein paar Mal gelesen, weiß aber nichts von ihm. Als nächstes befindet er sich in einem Zimmer und spürt die Wirkung seines ersten Joints. Four Tet steht hinter seinem DJ-Pult und vor einer Glasfront, die komplett von der Zimmerdecke bis zum Boden reicht und einen freien Blick auf den Atlantischen Ozean gewährt. »Ich kann aus ganzem Herzen sagen, dass das ein Gamechanger für mich war. Es war das erste Mal, dass ich jemanden sah, der nur mit einem Laptop performte. Es gibt keinen Zweifel daran, dass dieses Set mein Interesse an elektronischer Musik weckte und mich bis in den Kern beeinflusst hat«, sagt Leeor Brown heute. Er ist Chef des in Los Angeles ansässigen Plattenlabels Friends Of Friends Music, dass er 2009 gründete. Sechs Jahre nach dem prägenden Four-Tet-Haschisch-Erlebnis. Heute ist Friends Of Friends eines der interessantesten Labels, was kontemporäre elektronische Musik anbelangt. Der Begriff »Wonky« wurde gerade erst eingeführt, um jenen speziellen Sound irgendwo zwischen Rap-Instrumentals und elektronischer Musik zu etikettieren, da hatten die FoF-Musiker diesen Sound längst mit-definiert. So eindringlich wie möglich
Der nächste Schritt
Doch wie findet FoF heute seine Künstler, wo MySpace so wenig angesagt ist, wie Buffalos nach der Jahrtausendwende und eine unzählbare Schar an Musikern Songs auf Soundcloud hochladen? Um erst gar nicht in diesem Meer fischen zu müssen, sucht sich Brown Künstler, die bereits aus der Masse hervorstechen: »Ich denke, dass es weniger darum geht, einen Rohdiamanten zu finden, der aus dem Nirgendwo kommt, als darum jemanden zu finden, der bereit ist, mit seiner Kunst den nächsten Schritt zu gehen.« Die nächsten die dazu bereits sind, sind Kyson und Perera Elsewhere. Und wer weiß, irgendwann gründet vielleicht ein anderer 19jähriger Erstbekiffter ein Plattenlabel, weil er einen Auftritt von einem der beiden gesehen hat. –
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Friends Of Friends läuft vor allem über eines: Networking. Der Name des Labels ist Programm – weiterhin, auch wenn Künstler wie Shlohmo inzwischen auch bei Menschen bekannt sind, die neue Musik fernab von Musik-Blogs kennenlernen. Shlohmo wie auch Tomas Barford lernte Leeor Brown über MySpace kennen. »Ha, ich war wie viele sehr auf MySpace hängengeblieben. Mehr als alles andere, empfinde ich diese Zeiten als eine
Ära. Die MySpace-Ära.« Eine Ära, aus der schließlich Friends Of Friends hervorging und die bis heute die Arbeitsethik des Labels bestimmt. Künstler wie Shlohmo, Salva, Groundislava, Jerome LOL, Evenings und der Altmeister Daedelus (um nur einige zu nennen) bilden ein Netzwerk, lassen die Artworks zu ihren Alben von Freunden designen, legen oft gemeinsam auf und definieren nicht nur den Sound des Labels, sondern auch eine seiner Kernideen: Zwar bleibt Friends Of Friends ein kleines Label mit kleinem Budget, doch »wenn du dich leidenschaftlich darauf konzentrierst, was du kulturell unterstützen willst, dann kannst du nichts falsch machen«. Leeor Brown hat diese klare Vorstellung, was er unterstützen will. Er weiß genau, welchen Sound er auf dem Label will und ist sich bewusst, dass eine Ästhetik, die über das Musikalische hinausgeht, wichtig ist. »Es geht darum, so eindringlich wie möglich zu sein. Videos, Websides, ›freaky‹ tumblrs und so... Es geht darum, den Leuten eine Welt zu zeigen, die es zu entdecken gibt«, beschreibt Brown die Idee rund um die Veröffentlichungen.
The Fine Line 36
hhv.de Mag Nr. 4 — Herbst/Winter 2013
– King Krule The Fine Line: »When positivity seems hard to reach I keep my head down and my mouth shut Cause if you going through hell We just keep going« aus: » E as y E as y«
»Easy Easy« wird in keinem Buch gedruckt werden. Dass diese Textzeile von King Krules Debütalbum »6 Feet Beneath the Moon« hier geschrieben steht, liegt nicht an ihrer lyrischen Qualität. Doch wer die Stimme des erst 19-jährigen Rotschopfs aus England kennt, wird den Satz anders lesen, nämlich mit der tiefen brüchigen Stimme, die diese Worte beiläufig, ohne Kraft, doch unter Schmerzen herausspuckt. Und nur mit dieser Stimme entfalten sie ihre Wirkung. Das ist die dichterische Qualität von King Krule, bei dem die Grenzen von Gesang und Spoken Word in der Form und auch im Inhalt permanent verwischen: King Krule liebt Rap und das hört man. »Easy Easy« also. Das assoziiert man in Großbritannien v.a. mit dem schottischen Fußballgesang und genau, dem Arbeitermilieu. Im zu großen Sacko läuft King Krule im Video mal den Cricket-Schläger, mal die Hände in lässigen Rapperposen schwingend, durch dieses bleiche Südostlondon, in dem es nicht viel
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zu tun zu geben scheint und dass ein bisschen aussieht wie in einem Video von The Smith‘s aus den späten Achtzigern. »Ow no I should‘ve kept my receipts / Cause the sandwich I bought / Yeah it‘s been off for a week / And Tesco‘s stealing my money«, kratzt er und folgert dann dass er lieber seinen Mund hält und: »we just keep going«. King Krule‘s »Easy Easy« bringt ein zentrales Gefühl seiner Generation auf den Punkt: Gleichgültigkeit. In seiner Art zu singen, in dieser Verweigerung den Kiefer zu bewegen, steckt eine unendliche Müdigkeit, eine tiefe Enttäuschung, die so zeitgemäß, wie seit den Thatcher-Jahren nicht mehr ist. Apropos 1986, The Smith‘s: Englands Arbeitslosenquote hat sich im vergangenen Jahr zum ersten Mal wieder jener aus den späten Achtzigern genähert, die Jugendarbeitslosigkeit war niemals höher und vor zwei Jahren entlud sich die
Wut der seit jenen Thatcher-Jahren gefestigten Zwei-Klassen-Gesellschaft auf den Londoner Straßen, auch in King Krule‘s Hood Peckham. Damals kommentierte er die Unruhen mit »It‘s about the idea that the generations above me have really fucked up what‘s happening now«. In der britischen Fernsehserie »This Is England ’86«, die vor drei Jahren gedreht wurde, wird eine Jugend portraitiert, die die Freiheitsversprechungen des Erwachsenenalters als Farce begreift und für die die Realität ein Leben in Kompromissen bedeutet. This Is England ’13? Und statt Aufbegehren regiert die Langeweile: »Well, easy easy /There‘s no need to take that tone / Well easy / I‘m on the telephone / Man just leave us alone«. King Krule ist der Prophet der Stunde. – King Krule – 6 Feet Beneath The Moon, 2LP 20.95 ¤
In »The Fine Line« nehmen wir auf hhv-mag.com Monat für Monat eine Textzeile, einen Wortfetzen, einen kurzen lyrischen Impuls und suchen in ihm und von ihm ausgehend nach einer Geschichte, spüren einem Gedanken nach.
The Crucial Question
Tex t: Sebas ti an H i n z
– Betty Ford Boys The Crucial Question
»9,5 Millionen Menschen in Deutschland konsumieren Alkohol in gesundheitlich riskanter Form. Am häufigsten ist der Risikokonsum bei jüngeren Menschen im Alter von 19 bis 29 Jahren (Männer 54,9%; Frauen 36%). (Stand: 6.6.2013) Das ist in etwa genau die Bevökerungsgruppe, die Eure Schallplatten kauft. Wie fühlt man sich so als »Leaders of the Brew School«? Kann man anhand dieser Zahlen sagen, eure Marketingkampagne ist aufgegangen?«
Dexter: Ich kenne diese Statistiken nicht. Daher kann man uns eher nicht vorwerfen, hinter »Leaders of the Brew School« stünde ein ausgefuchstes Marketingkonzept. Im Endeffekt ist es eine interne Spinnerei und ich denke, dass unser Publikum das Ganze auch so versteht und sich nicht durch uns zu ausuferndem Alkoholkonsum animiert fühlt. Wir propagieren das Ganze ja eher als stilvollen Umtrunk, so als erwachsene Weinprobe. Das sieht man ja schon am Cover. Außerdem das angesprochene
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Alter (19 bis 29 Jahre) bekanntermaßen ein Erwachsenenalter: die müssen einfach selber wissen, was sie machen. Dafür übernehmen wir keine Verantwortung. Wir hätten das Album auch »Leaders of the Poo School« nennen können, an den Verkaufszahlen würde das nichts ändern. Brenk Sinatra: Jeder muß selbst entscheiden, wie viel er von welcher Substanz konsumiert. Manche fressen drei Mal die Woche Fast Food, andere rauchen täglich zwei Schachteln Marlboro. Manche machen beides. Würde jemand aufhören Burger in sich hineinzustopfen wenn ich ihm sage, dass die Dinger fett machen und pure Chemie sind? Nope. Wer sind wir, um mit dem Zeigefinger zu wedeln und Leute zu belehren? Das ist Aufgabe der Eltern. Wir zeigen nur, wie wir leben und was wir ab und zu machen. Wenn man sich ein interview von uns anhört,
wird man schnell merken, dass alles nicht zu 100 Prozent ernst gemeint ist und ich beispielsweise nur komplett nüchtern Musik machen kann… Wenn man sich das Cover ansieht, merkt man ja gleich das wir keine Alkopops kombiniert mit »Malle Party Mucke« promoten, sondern das hier alles eher gediegen über die Bühne geht. Da wir den Schnaps vom limitierten »Liquor Pack« nicht an Minderjährige verkauft haben und die Flasche nicht groß genug war, um sich ins Koma zu saufen, hab ich keinerlei Bedenken… Beim nächsten Album »promoten« wir dann vielleicht Cowboystiefel mit goldener Sohle. Man weiß es nicht… Suff Daddy: Sorry, bin gerade viel zu verkatert, um eine ordentliche Antwort abzugeben. – Betty Ford Boys – Leaders Of The Brew School, LP 15.95 ¤, CD 15.95 ¤
Unsere Gretchenfrage ist vielleicht nich so absolut wie die in Goethes »Faust«, aber sie enthüllt einen bestimmten Aspekt mit nur einer Frage. Ohne Schnickschnack. Monat für Monat auch auf hhv-mag.com.
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Moderat
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hhv.de Mag Nr. 4 — Herbst/Winter 2013
Moderat
– Tex t: Fa b i a n S a u l
Fotos: M alte S eidel
»Alben sind wichtig, oder? Also nach wie vor sind wir Alben-Typen.« S ascha Ring
Moderat
Moderat sind Modeselektor und Apparat und so etwas wie die Berliner Speerspitze eines warmen, analogen Elektrosounds mitten im Mekka des Minimal Techno. Mit einer Kombination aus der Körperbetontheit (Bass!) des Techno und der cineastischen Weite eines guten Popsongs haben Moderat mit ihrem Debüt vor vier Jahren wie kaum andere Club- wie Kopfhörertauglichkeit zugleich bewiesen. Zum Erscheinen ihrer zweiten Platte »II« haben wir uns im Berliner Studio von Modeselektor, in dem die Platte entstanden ist, getroffen und versucht den Prozessen auf den Grund zu gehen, die diese unaufgeregte, zeitlose Musik zulassen. Als ich Sascha Ring auf die cineastische Qualität der neuen Platte anspreche, wendet er sich an Gernot und Szary und sagt: »Das war eigentlich unser Nenner, den wir von Anfang hatten, ne?« und Gernot ergänzt: »Es ist eben auch eine schöne Aufgabe eine Platte zu machen, die beides hat, zu der man tanzen kann, die aber auch zu Hause laufen kann oder im Auto, also die man einfach hören kann, also etwas Moderates!« Was macht einen guten Song aus? Und vor allem: Was kann man alles weglassen, so dass es doch noch ein guter Song bleibt?
Gernot Bronsert: Wir haben gelernt, dass wir sehr viel weglassen können. Je mehr Zeit man für einen Song hat, umso mehr verbastelt man eine Sache. Sascha Ring: Ich denke es gibt zwei Antworten auf die Frage. Weil im klassischen Sinne muss ein Song mit einem Sound und einer Melodie stehen und fallen, den muss man immer auf dem Klavier spielen können. Also wenn deine Festplatte kaputt geht, darf dein Album nicht weg sein, du musst es wieder reproduzieren können. Aber wenn du jetzt wirklich richtig Clubmusik machst, dann geht das so sehr über Töne und Sounds. Das Ganze geht so Hand in Hand, dass man das nicht mehr genau sagen kann. Sebastian Szary: Am Ende ist es auch so, dass wir drei uns einig sein müssen, dass der Song uns einfach abholt.
Das permanente Verwerfen und Scheitern ist also fester Bestandteil eurer Arbeit?
Gernot: Sascha macht z.B. eine Platte, findet die dann nicht gut, schmeißt die weg und macht die noch mal neu. Szary und ich funktionieren anders. Wir machen Skizzen, die sind meistens nur 16 Bar Loops, davon haben wir ganz viel. Aber wir haben keine großen Projektordner, wo ein Song eigentlich schon fertig arrangiert ist und wir den nicht nehmen, sondern wir machen immer alle Songs, an denen wir sitzen, fertig. Das ist wirklich ein essentieller Unterschied zwischen unserer und Sascha's Arbeitsweise. Gibt es auf der Platte Tracks, die eher Modeselektor und Tracks, die eher Apparat sind?
Sascha: Bei der Platte sind es nicht unbedingt Apparat und Modeselektor, sondern Szary, Gernot und Sascha. So ist »Gita« z.B. eher ein Gernot-Song, »Ilona« ist eher so ein Szary-Ding. Der hat da die meiste Zeit mit verbracht. Szary: Oft Nachtschichten geschoben. Gernot: Ja, viel Zeit mit verbracht und dann ist das von mir wieder komplett zerhackt worden. Szary: Du hast dann den Schluss gemacht ... Gernot: Nee, das warst du. Sascha: Es ist auch geil, dass man es irgendwann nicht mehr weiß. Ist es für euch wichtig bzw. ist es eigentlich möglich, in der Musik innovativ zu sein?
Gernot: Klar, darum geht's ja. – Moderat – II, LP 19.95 ¤, CD 13.95 ¤
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Wie wichtig ist es euch, dass die einzelnen Nummern in eine Gesamterzählung passen? Gibt es Tracks, die euch alle drei abholen, aber einfach nicht hineinpassen in das, was auch über die Platte hinaus Moderat erzählt?
Szary: So was gibt es auf jeden Fall oder gab es in diesem Fall. Sascha: (zu den anderen) Alben sind wichtig, oder? Also nach wie vor sind wir Alben-Typen. Gernot: Ja, das ist schon unser Medium, eine Platte zu machen. Letztendlich haben wir bei der Platte aber nicht einen bewussten Fahrplan gehabt, sondern die Songs haben sich entwickelt und wir haben dann bis zum Schluss darauf gehofft, dass die zusammen passen.
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hhv.de Mag Nr. 4 — Herbst/Winter 2013
– Forest – Swords –
Tex t: P h i l i p p Ku n z e
Forest Swords
Forest Swords
»Ich denke, ich nehme Popmusik mit in eine andere Richtung und bewege sie an Orte, an denen die Menschen sie nicht erwartet hätten.«
Es gibt nicht viele Arten ein Butterbrot zu schmieren. Es gibt jedoch tausend Arten Popmusik zu machen. Einen besonders spannenden Ansatz hat Matthew Barnes aka Forest Swords gewählt, der mit seinem soeben erschienen Debütalbum »Engravings« die Kritiker ins Schwärmen brachte. Er mischt darauf die typischen, aus RnB-Songs gesampleten Geister-Vocals, wie man sie von Tri-Angle-Labelkollegen wie Holy Other kennt, mit dubbigen Basslines und Ennio Morricone-Gitarren zu einer Opulenz, die man so sonst nur in Klassischer Musik erlebt. Und wo findet dabei noch Popmusik statt? Man hört das Poppige kaum und das will Barnes nicht anders. Er sucht mit seinem Sound eine Linie zwischen Zugänglichkeit und Individualität: »Ich denke, ich nehme – besonders auf ›Engravings‹ – Popmusik mit in eine andere Richtung und bewege sie an Orte, an denen die Menschen sie nicht erwartet hätten«. Aus Pop baut sich Barnes das Hautgebäude seines Sounds; ein Gebäude, das er zu allen Seiten offen lässt. Hereinkommen darf alles. »Es ist fast als würde ich interessante Ideen in die Popmusik schmuggeln.« Danke, aber nein danke
An der Welt interessiert
Barnes Wohnort trug schließlich mit dazu bei, dass drei Jahre nach »Dagger Paths« doch noch ein Debütalbum erschien. Das Zusammenspiel bzw. die kontrastreiche Dynamik zwischen dem ländlichen Wirral und dem direkt daneben liegenden Liverpool versuchte Barnes in den Sound von »Engravings« zu destillieren. Dass Barnes nach dem Erfolg seiner EP seine Heimat nicht verließ, trug auch dazu bei, dass er einen Schritt zurücktreten konnte und neuen Ideen kamen, wie er es am liebsten mag: organisch. So begann im Laufe der Zeit eben doch ein Debütalbum zu entstehen: »Es ist einfach passiert. Ich habe mich nicht hingesetzt und gedacht ›Okay, jetzt machst du ein Album‹. Ich habe nur mit Songs und Beats herumgespielt, und langsam kam ein Album zusammen. Ich habe es vor meinen Augen einfach entstehen sehen können.« Das Album entstand also vor allem durch die Ruhe und Zurückgezogenheit, die sich Barnes nach dem Erfolg seiner EP weiterhin gönnte. Aber nicht in Gedanken: »Es ist gut interessiert zu bleiben und den Geist vollkommen offen zu halten.« Das alltägliche Leben überschaubar gestalten, aber in Gedanken und Ideen die ganze Welt hineinlassen – vielleicht ist das die Grundlage, auf der »Engravings« ein so großartiges Album wurde. »Ich bin einfach interessiert an der Welt«, sagt Barnes und erklärt damit vielleicht am treffendsten, warum sein Sound klingt wie er klingt. Obwohl es tausend Arten gäbe, das zu erklären. – Forest Swords – Engravings, 2LP 16.95 ¤, CD 15.95 ¤
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Interessante Ideen packte Barnes schon 2010 auf eine EP. Mit »Dagger Paths« stellte er seinen einzigartigen Sound vor; das britische Magazin FACT kürte die EP gleich zum Album des Jahres. Und dann – dann verschwand Barnes wieder von der Bildfläche. »Ich habe den Trubel absterben lassen. Habe einfach mit meinem normalen Leben weitergemacht. Ich wollte warten«, erklärt Barnes in einer Nüchternheit, die er sich bei seinem Erfolg so nicht hätte bewahren müssen. Aber der junge Mann aus dem rustikalen Wirral in der Nähe von Liverpool geht die Dinge anders an. Er erklärt, dass es viele Angebote gegeben habe. Er hätte ja auch wie die ganzen anderen Künstler nach Brooklyn, Berlin oder London ziehen können; etliche Shows spielen, den Hype ausleben. Aber das habe sich nicht richtig angefühlt und
die Musikindustrie sei eben keine glorreiche Utopie; zumal er mit einem Tinitus zu kämpfen hatte. Also antwortete Barnes auf alle Anfragen mit einem »Thank‘s, but no thanks«, behielt seinen Job als Grafikerdesigner und verschwand wieder zwischen den weiten Flächen und Flüssen Nord-Englands.
hhv.de Mag Nr. 4 — Herbst/Winter 2013
– S pike L ee und das »New New York«
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Tex t: Fab ian S aul Fotos: Uni versal Pic tures
New York ist wieder da. Stolzer und bunter hat die Stadt seit den 1990er Jahren ihren Platz im amerikanischen Hip Hop nicht mehr verteidigt. Und da ist es zunächst naheliegend, dass man dort anknüpft, wo man einmal aufgehört hat. Und das ist neben dem East Coast Rap der 1990er Jahre eben auch der der 1980er Jahre. Und beinahe alle, die da in vorderster Front für dieses »New New York« stehen, veröffentlichen in diesen Tagen Videos, die stärker denn je die Ästhetik von Spike Lee beschwören. Der Regisseur repräsentierte nämlich nicht nur das sogenannte »New Black Cinema«, sondern er hat diese Fusion des Autorenkinos mit dem Hip Hop wesentlich mitbestimmt. Er hat seine eigene Ästhetik zum Ausdruck der Ära gemacht, die visuellen Wirkungsweisen des Hip Hop derart eingesetzt, dass ihm selbst eine Art Sprecherposition zukam. Und als dieser Sprecher hat er wiederum maßgeblich dazu beigetragen, dass die schwarze Popkultur zu einem globalisierten, kulturellen Exportartikel wurde. So hat er diese Generation als eine ihrer erfolgreichsten Vertreter
öffentlichkeitswirksam gemacht: Mit seinem Stilwillen und seiner ästhetischen Prägung einerseits, andererseits (in daraus abgeleiteter Konsequenz) durch das Aufzeigen einer werberelevanten Zielgruppe. Im Jahre 2006 bedankte sich Nike bei Spike Lee mit einem eigenen Schuh (»Air Jordan Spizikes«). Wofür eigentlich? You can buy them!
Blicken wir zurück ins Jahr 1989: Im selben Jahr, als Spike Lee mit seinem dritten Spielfilm »Do The Right Thing« den internationalen Markt erobert, tut dies Nike mit dem »Air Jordan IV«. Ein Jahr zuvor hatte die Firma Spike Lee unter Vertrag genommen, um eine Reihe von Werbevideos mit dem Basketballstar Michael Jordan zu produzieren. Es war der Beginn einer wunderbaren Freundschaft. Und doch lohnt es sich noch einmal zu fragen: Wie passt das eigentlich zusammen? Ein Film (»Do The Right Thing«), der ein moralisches Dilemma, das der rassistischen Gegenwart Amerikas und den Möglichkeiten des Widerstands,
D y M e - A - D uzin
Spike Lee und das »New New York«
»Peep my BK point of view like that Spike Lee angle.«
zu sein, ist das, was Afroamerikaner anstreben müssen.«): Durch die Kontrolle über die eigene Produktion, wird die Repräsentation der eigenen Kultur erlangt. So hat Lee neben 40 Acres And A Mule, seiner Filmproduktionsfirma, auch Spike DBB gegründet, eine Werbeagentur. Vermeintlichen kritischen Fragen vorauseilend, tritt er bei der Pressekonferenz von Cannes 1989 mit einem »No Sell Out«-T-Shirt auf und verweist implizit schon auf jene Problematik, die sich aus dem Individualismus der Reagan-Jahre, den auch Lee unternehmerisch repräsentiert, in den 1990er Jahren ergeben sollte. Nike gibt ihm sein »Just Do It« und er ihnen ein wenig »Do The Right Thing«. Er tritt immer in doppelter Funktion auf, als Werbefigur für die Marke Nike / AirJordan und als Werbefigur für die Marke Spike Lee. Folgerichtig hat sich seine Figur Mars Blackmon aus seinem ersten Film »She‘s Gotta Have It« auch in sämtliche Nike-Werbespots dieser Zeit geschlichen. Cineastische Übertreibungen
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unter die Lupe nimmt auf der einen Seite und ein Schuh (»Air Jordan IV«), der die Welt bedeutet, auf der anderen. Aber auf die Schuhe kommen wir später noch einmal zurück. Von denen wimmelt es nämlich nur so im »New New York«. Und dafür ist nicht nur Nike dankbar. Doch nehmen wir zunächst eine andere Szene aus »Do The Right Thing«, die sich auch in dessen Titelsong »Fight The Power« von Public Enemy spiegelt: Sal, der italienische Pizzabäcker, hat an seiner »Wall of Fame« keine Bilder schwarzer Helden hängen, Buggin Out fordert genau das und ruft zum Boykott der Pizzeria auf. »Most of my heroes don‘t appear on no stamps«, rappen Public Enemy analog. Wer die Bilder bestimmt, hat die Definitionsmacht und ist repräsentiert. Und um diese Repräsentation geht es ja. »Ich mache keinen Unterschied zwischen Filmen, Werbespots und Musikvideos. Für mich laufen alle unter dem Begriff Kino«, sagte Spike Lee einst dem Motion Magazine. Spike Lee beschwört in den 1980er Jahren das amerikanische Unternehmertum (»Eigentümer
Wie steht es dann noch um die Unterwanderung der Bildkultur, um die Repräsentation afroamerikanischer Kultur durch das Schaffen neuer Bilder, was genau heißt »Fight The Power« für einen Filmemacher? Lee‘s von schwarzen Insiderwitzen und semiotischen Codes durchzogene frühe Filme, operieren mit einer Vermittlung schwarzer visueller Kultur, wie sie Gerg Tate 1986 gefordert hat. Spike Lee hat genau diesen enzyklopädischen Ansatz umgesetzt und in das Mainstreamkino und in die ganze Welt gebracht. Er hat die visuelle Kraft des Hip Hop verstanden und auch ihr enormes Massenpotential. Plötzlich waren Menschen überall auf dem Globus mit den Problemen der Schwarzen in Brooklyn konfrontiert und sie wurden zudem noch in ein moralisches Dilemma geworfen, das – das ist eine von Lee‘s Stärken – nicht in stringenter Form aufgelöst wird. Anstatt eine Botschaft zu vermitteln, verwendet Spike Lee die Figuren im Brecht’schen Sinne, aber in ihren Konflikten auf ein Multiplex an Bedeutungen verweisend. Insbesondere auf ihre Widersprüche. Das macht das Kino von Spike Lee so universell. Lee knüpft mit seinen Referenzen dabei zunächst an das klassische Hollywoodkino sowie ans europäische und japanische Autorenkino an (»cinema of allusion«). In seinem Essay »Ein Kino ohne Zentrum« bemerkt Holger Römers: »Allerdings handelt es sich bei diesen Anspielungen zumeist um durchaus plakative Hommagen, die kaum zusätzliche Bedeutung schaffen, weshalb sich spekulieren lässt, dass das regelmäßige Herbeizitieren kanonisierter Filmgeschichte (unbewusst) ebenfalls zum Ziel hat, einer Ghettoisierung der eigenen Arbeit vorzubeugen.« Spike Lee hat es verstanden, für die Sache der Schwarzen mit den visuellen Mitteln des Hip Hop zu arbeiten. Dass er dabei die finanziellen Ressourcen Hollywoods verwendet und eine Bildsprache wählt, die
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oben: Spike Lee in »Do The Right Thing«, Pizzaschachtel in der Hand, »Nike Air Trainer III« an den Füßen links: Szene aus »Do The Right Thing« rechts: Adaption der Szene in Flatbush Zombies‘ Musikvideo zu »MRAZ«
eigentlich konventionell ist, wurde ihn mit zunehmenden Erfolg oft angekreidet. Diejenigen, die ihn ihm den Visionär sahen, der das herrschende System unterwandert, um eine eigene Sprache zu etablieren, wurden jäh enttäuscht. Doch in der Logik der Lee’schen Ästhetik ist das eine falsche Erwartung. Spike Lee sichert sich nämlich seine Zuhörer durch die bedingungslose Erfüllung der Konventionen, nein, er erfüllt sie nicht, er nimmt sie und überzeichnet sie, so wie die Farbsättigungen in den heißen Sommertagen Brooklyns geradezu eine cineastische Übertreibung sind. Seine Rechnung geht dabei auf. Malcolm X und seine Ideen beispielsweise sind heute dank Spike Lee einer jungen Generation überhaupt erst bekannt und verfügbar. So sind seine Filme doch eigentlich nur vordergründig konventionell. Sie kommen so großspurig daher, dass, geschützt durch den Lärm, dann im Hinterzimmer das eigentliche besprochen werden kann. Holger Römers weist darauf hin, dass »ein erkennbares
Zentrum den meisten Erzählstrukturen Lees fehlt« und es »umso beeindruckender ist, wie beiläufig und zugleich zwangsläufig [in »Do The Right Thing«] eine Hand voll dünner Erzählfäden in das dramatische Ende münden lässt.« Wim Wenders verweigerte in Cannes Spike Lee den Hauptpreis, da der Held sich nicht heldenhaft genug verhalte. Und genau darin liegt die Crux: »Der Held des Films ist die Community selbst, als ein vom Film inszeniertes Kollektiv.« Und zu dieser Inszenierung bedarf es der modischen Insignien, die Spike Lee geradezu als Heiligtümer und Fetische inszeniert. Und spätestens hier wird die Werbebranche aufmerksam. Sie forcierte den Schulterschluss dabei aus anderen Gesichtspunkten, als Spike Lee es tat. »New New York« strikes back
»Ich will den Leuten etwas für ihr Geld bieten« ist Spike Lee's Credo. Und während die Unabhängigkeit des Filmemachers
mit dem Unternehmertum des Entrepreneurs in seinem Schaffen sich durchaus die Wage hält, ist seine Oberflächenwirkung für die folgende Generation und für die öffentliche Wahrnehmung der afroamerikanischen Kultur durchaus verheerend. Denn während z.B. Spike Lee‘s Musikvideos immer auch Geschichtsstunden sind, erschöpft sich die Geschichtsstunde heute meist in sonderbarer Nostalgie, die ganz froh darüber zu sein scheint, dass es mit dem Kauf der passenden Insignien getan scheint. Wo Spike Lee noch in der Lage war ein moralisches Dilemma zu formulieren, das über Rassengrenzen hinweg, auf universelle Fragen menschlicher Moral verweisen konnte, ist heute oft der Verweis auf Lee und andere genug des Politischen. Es ist insofern rückschrittlich, da die Politisierung der »Generation Hip Hop« eben auch darin bestand, über den ganz persönlichen alltäglichen Struggle eine gesellschaftliche, systematische Kritik zu formulieren, wie es z.B. dem zeitgenössischen Soul wieder gelingt. Davon findet sich nicht viel im »New New York«. Das »Black CNN«, das Chuck D einst formulierte, ist, wie Drehli Robnik in ihrem Essay »Wo X war, muss King werden« einmal bemerkte, »die Audiotapete für Pimp My Ride« geworden. Nun wird allerorten in New York City in diesen Tagen und den letzten Jahren Spike Lee herbei zitiert: Joey Bada$$ wartet auf seinen Anruf, Von Pea benennt sein Album nach ihm und DyMe-A-Duzin vereint die Flatbush Zombies und The Underachievers auf »New Brooklyn« und rappt: »Peep my BK point of view like that Spike Lee angle.« (Und der Meister zeigte dafür auch seine Anerkennung.) »That Spike Lee angle«, allerdings sieht in der Sprache des »New New York« durchdekliniert so aus: Shoes, shoes, shoes. Und klar, ein bisschen »Red Hook Summer«, ein bisschen »Long Hot Summer«, ein bisschen Stilwille wie beim alten Meister. Man will sagen, dass der Satz »Brooklyn, New York is our home town« immer das Brooklyn von Spike Lee meint. Dann sind da die Geräusche dieser heißen Sommernächte, die das Paradies und den Albtraum zugleich bedeuten. Bekennend, dass ihre Kindheit sich in ihrer Erinnerung wie ein Spike-Lee-Film anfühlt, ist es eben auch das Spiel mit einer kollektiven Erinnerung. Doch diese ist in erster Linie durchzogen von Werbeeinblendungen für besagte Objekte: Black Dave‘s »Muthafuck My Enemies« und Bryant Dope‘s »Queen Kids« wird zur Feier der Supreme Skateboards. Und von den Flatbush Zombies bis zu den Underarchievers benutzen reihenweise Rapper des »New New York« die Spike Lee-Optik als modische Oberfläche, auf der v.a. Schuhe tanzen. Face Off und The Proclamation sind da nur Beispiele. »It‘s gotta be the shoes«, würde Spike Lee sagen. »Biggie on my speaker, Jordan on my sneaker«
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Vinny Cha$e bringt es da überspitzt (jedoch ohne Ironie) auf den Punkt: »Biggie on my speaker, Jordan on my sneaker« – die
vollkommene Nostalgie mit enormen kommerziellen Potential. Acts wie Mykki Blanco sind deshalb spannend, da sie dieser Nostalgie entsagen und uns in ihrem »New New York« in ihre eigene ästhetische Welt führen, die dann auch echte moralische Konflikte und explosives inhaltliches Potential bereithält. Das »You Can Buy Them«, das Spike Lee in einer der »Air Jordan«-Clips in die Kamera ruft, ist gehörig missverstanden worden. Denn die Sichtbarmachung einer schwarzen Kultur durch schwarze Ikonen, wie Lee sie angegangen ist, sollte ja nur der Anfang, nicht das Ende der Auseinandersetzung sein. Das Resultat ist jedoch ein Track wie »Spike Lee Was My Hero« von Skyzoo (ft. Talib Kweli), bei dem Lee‘s Plakate im Hintergrund und ein Sneaker im Vordergrund baumelt. Der Kameramann war im Übrigen Sil »Spike Jordan« Beyah. Es scheint, als seien die moralischen Dilemmata in der Kosumkultur konsensual aufgelöst wurden. Die Hip Hop-Kultur jedenfalls knüpft an die Werbebilder an, die sich längst von ihren Referenzen gelöst haben und nunmehr materialistische Fetischbilder sind. Houston A. Baker Jr. bemerkt (wohlgemerkt 1993), dass Spike Lee schon in seinem frühen Film »Joey‘s Bed-Stuy Barbershop« »die Möglichkeit einer künstlerischen Reinstitutionalisierung selbstbestimmter Wirtschaft und Kultur herausarbeitet.« Der erfolgreiche Plot des Films ist nämlich nicht der des schwarzen Idealismus und Widerstands (der scheitert), sondern der künstlerisch-kreative, symbolisiert durch Teapot‘s neue Kamera gegen Ende des Films. »Die Kontrolle zu übernehmen, bedeutet schwarze Jugendliche mit richtigen Kameras auszustatten«, resümiert Baker Jr. weiter. Und dem richtigen Turnschuh und der richtigen Hose und dem richtigen Skateboard, könnte man, mit dem Spike Lee der 1990er Jahre redend, ergänzen. Doch während die Kameras noch darauf ausgerichtet sind »den visuellen Speiseplan der amerikanischen Kultur zu verändern«, haftet den anderen Produkten eine sehr viel größere Egozentrik und Passivität an. Während die Kameras darauf ausgerichtet sind, »den Spieß weißer Bedürfnisse umzudrehen […], sich auf ironische Weise von der Rolle des konsumbierbaren ›Anderen‹ inmitten von aggressiven ›Schokoholikern‹ zu trennen«, scheint diese Intention bei den genannten Produkten ad absurdum geführt und ihre Wirkung jenseits der wirtschaftlichen zweifelhaft. Spike Lee hat eine stilistische zugespitzte Vorlage des Hip Hop, die Hülse quasi, geliefert, doch selbst wusste er die modische Fassade stets zu füllen, hat sich trotz seines unbedingten Stilwillens, auch moralische Kategorien geschaffen. Allerdings hat er es auch billigend in Kauf genommen, dass man diesen Stil von seinen Bedeutungsträgern trennt und sich für ein paar Dollar mehr ein bisschen »Do The Right Thing« kaufen kann. Angesichts der aktuellen Lage des Rassismus in den USA, wünscht man sich weniger Schuhe und eher ein Lee’sches: WAKE UP! –
Spike Lee und das »New New York«
»Ich mache keinen Unterschied zwischen Filmen, Werbespots und Musikvideos. Für mich laufen alle unter dem Begriff Kino.«
The Leaves Will Change
As si st
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hhv.de Mag Nr. 4 — Herbst/Winter 2013
d al s sw os O gr nd ic ern nka ele k i s i :N G w E ec ) a f na M a x n d i VA ) I 7 gr i a e to : M en , M b ( V io Fo enz g: L ias a O oh tud e n ,Y S st in si tyl a D An na s ( A s S sc p: ari ule ce -U C & J an ke s: Fr a el fia z: /M od So en are M a H
Jules: Brixton − Mission Jacket, 99.95 ¤ | Carhartt − Sims Shirt, 69.95 ¤ | Lee − Blake Pants, 79.95 ¤ | Clarks x Horween − Wallabee Boot, 149.95 ¤ 46
Yoh: Wemoto − Lamar Jacket, 169.95 ¤ | Levi's − Commuter Series 511 Slim Trousers, 99.95 ¤ | Ben Sherman − LS 2 Finger Shirt, 89.95 ¤ | Vans − Era Hi CA Hiker, 109.95 ¤ HUF − Mixed Yarn Beanie, 24.95 ¤
The Leaves Will Change hhv.de Mag Nr. 4 — Herbst/Winter 2013 48
Sofia: Wemoto − Jen Women Jacket, 149.95 ¤ | Cleptomanicx − Parie Women Sweater, 49.95 ¤ | Cheap Monday − Slim Jeans, 53.95 ¤ Carina: Timberland − WMNS 6 Inch Premium FTB, 199.95 ¤ | Wemoto − Kathleen Shirt, 59.95 ¤ | Ucon Acrobatics − Nora Parka, 189.95 ¤ | Cheap Monday − Slim Jeans, 49.95 ¤
Sofia: adidas − Casual Woven Parka, 129.95 ¤ | Nikita − Jackal Shirt, 44.95 ¤ | Cheap Monday − Slim Jeans, 49.95 ¤ | Converse − Chuck Taylor All Star Hi, 79.95 ¤ Carhartt − Camo Beanie, 34.95 ¤ | Ucon Acrobatics − Oscar Bag, 39.95 ¤ Jules: Edwin − ED-55 Relaxed Pants, 89.95 ¤ | The Hundreds x Cool World − Deebs Button Up Shirt, 54.95 ¤ | WeSC − Shia Jacket, 219.95 ¤ | The Hundreds − Jon Suede Backpack, 55.95 ¤ | Mishka − Heatseeker Knit Pom Beanie, 34.95 ¤ | Pointer − Caine, 159.95 ¤ Carina: Wemoto − Teri Jacket, 139.95 ¤ | Cheap Monday − Slim Jeans, 44.95 ¤ | The Hundreds − Pound Hoodie, 74.95 ¤ | Cleptomanicx − Wasa Beanie, 29.95 ¤ Fjällräven − Kånken Backpack, 62.95 ¤ | Nike − Roshe Run, 89.95 ¤
links: Gravis − Metro Backpack, 84.95 ¤ | Cheap Monday − Torex Shirt, 54.95 ¤ | adidas − Slim Fit Pants, 74.95 ¤ | Nike − Blazer Low PRM VNTG Suede, 89.95 ¤ Yoh: Ucon Obey Acrobatics − The O Varsity Jacket, 149.95 ¤ | ¤Stüssy − The Laser Buffalo Shirt,¤74.95 ¤ | Supra − Wrap 79.95 ¤ ¤ rechts: − Preston Jacket, 159.95 | Fred PerryHundreds − Classic−Tipped V NeckLongsleeve Sweater, 99.95 | Carhartt − Slim Fit PoloUp, Shirt, 54.95 Suede Cord−Camp Cap, 34.95 | The − Rucksack, CheapBrim Monday Slim Chino Pants,¤49.95 ¤ North | ClaeFace − Powell Canvas,169.95 99.95¤¤
The Leaves Will Change
Carina: Ucon Acrobatics − Salome Women Sweat Jacket, 119.95 ¤ | adidas − PB Sweat Dress, 64.95 ¤ Iriedaily − Mymonster Leggin, 29.95 ¤ | Timberland − WMNS 6 Inch Premium FTB, 199.95 ¤ Sofia: Levi's − Reversible Leggings, 99.95 ¤ | Wemoto − Niria Longsleeve, 34.95 ¤ | Iriedaily − Girly Goerli Parka, 139.95 ¤ 51
Iriedaily − Shuffle Tube Scarf, 29.95 ¤ | Nike − WMNS Blazer Mid Suede VNTG, 99.95 ¤
The Leaves Will Change hhv.de Mag Nr. 4 — Herbst/Winter 2013
Carina: Nikita − Falcon Knit Top, 99.95 ¤ | Cheap Monday − Slim Jeans, 53.95 ¤ | Converse − Chuck Taylor All Star Hi, 69.95 ¤ | Casio − DBC-611E-1EF, 62.95 ¤ 52
Jules: Barbour − Milburn Half Button Sweater, 199.95 ¤ | Lee − Lee Rider Shirt, 59.95 ¤ | Levi's − 511 Slim Fit Jeans, 109.95 ¤ | Clae − Ellington Suede, 89.95 ¤ WeSC − Club W Flannel Snapback Cap, 34.95 ¤ | Casio − A159WGEA-1EF, 54.95 ¤
The Leaves Will Change hhv.de Mag Nr. 4 — Herbst/Winter 2013 Jules: Wemoto − Byrd Crewneck Sweater, 89.95 ¤ | Iriedaily − Dock36 Winter Parka, 169.95 ¤ | Carhartt − Ziggy Pants Hubbard, 69.95 ¤ | New Balance x Herschel − H710, 94.95 ¤ 54
Sofia: Naketano − Rereorder II Sweater, 79.95 ¤ | Cheap Monday − Second Skin Jeans, 59.95 ¤ | Iriedaily − Girly Goerli Women Parka, 139.95 ¤ Timberland − WMNS 6 Inch Premium FTB, 199.95 ¤
The Leaves Will Change Yoh: Fred Perry − Argyle V-Neck Sweater, 129.95 ¤ | Volcom − Frickin Modern Chino Pants, 69.95 ¤ | Fjällräven − Greenland Winter Jacket, 269.95 ¤ | Clae − Strayhorn Unlined, 99.95 ¤ Carina: Nikita − Acorn Jacket, 219.95 ¤ | Cheap Monday − Second Skin Jeans, 41.95 ¤ | Iriedaily − Wildkatzen Crew Women Sweater, 59.95 ¤ 55
Vans − Houston Fleece, 74.95 ¤ | HUF − Mixed Yarn Beanie, 24.95 ¤
The Leaves Will Change hhv.de Mag Nr. 4 — Herbst/Winter 2013
Jules: Barbour − Scotus Coat, 429.95 ¤ | Levi's − Commuter Series 511 Slim Trousers, 99.95 ¤ | Obey − Early Bird Longsleeve Woven Shirt, 79.95 ¤ Vans − Era Hi CA Hiker, 109.95 ¤ | Brixton − Fiddler Captain's Hat, 37.95 ¤ 56
Yoh: Wemoto − Reed Jacket, 139.95 ¤ | Barbour − Tartan Lambswool Scarf, 49.95 ¤ | Barbour − Dalehead V Neck Sweater, 149.95 ¤ Dickies − Alamo Pants, 59.95 ¤ | Clae − Romare Hi Vibram, 159.95 ¤ | Obey − Flintlock Hat, 39.95 ¤
Sofia: Nikita − Devils Paw Knit Jacket, 129.95 ¤ | Cheap Monday − Slim Jeans, 59.95 ¤ | Converse − Chuck Taylor All Star Hi, 69.95 ¤ | Herschel − Harvest Bag, 79.95 ¤ Carhartt Heritage Baily Shirt, 99.95Pants, ¤ | Ray-Ban Sunglasses, 139.95 − Bar 247 −Chino Pants, 59.95 ¤ ¤ Yoh: Mishka − Boris −Skinny Leg Denim 111.95 ¤ −| Original Stüssy −Wayfarer Big 5 Longsleeve Shirt, 99.95¤¤| |Iriedaily Ucon Acrobatics Pontus Parka, 259.95 adidas − Chord Low, 99.95 ¤ ¤ New Balance − H710CNV, 99.95
Yoh: Iriedaily − Slim Shot Cord Pants, 59.95 ¤ | Volcom − Timesoft Crewneck Fleece Sweater, 54.95 ¤ The North Face − Stone Cat Lined Flannel Shirt, 119.95 ¤ | Herschel − Little America Backpack, 89.95 ¤ Sofia: Brixton − Bowery Flannel LS Shirt, 79.95 ¤ | Cheap Monday − Second Skin Jeans, 59.95 ¤ | Carhartt − Holbrook Women Sweater, 51.95 ¤ Timberland − WMNS 6 Inch Premium FTB, 199.95 ¤ | Carhartt − Acrylic Watch Hat, 17.95 ¤ | Herschel − Survey Backpack, 64.95 ¤
Carina: Wemoto − Frances Women Knit Sweater, 89.95 ¤ | Cheap Monday − Francis Scarf, 44.95 ¤ | Levi‘s − Authentic Trucker Women Jeans Jacket, 79.95 ¤ Ucon Acrobatics − Livia Leggings, 29.95 ¤ | Vans − Houston Fleece, 74.95 ¤ Jules: Barbour − Galashields Jacket, 379.95 ¤ | Edwin − ED-80 Slim Pants, 89.95 ¤ | Carhartt − Anglistic Sweater, 89.95 ¤ | Brixton − Brood Flat Cap, 42.95 ¤ Acrylick − BPM Oxford Shirt, 67.95 ¤ | Vans − Chambers Backpack, 44.95 ¤
Denim Demon hhv.de Mag Nr. 4 — Herbst/Winter 2013
– Denim – Demon –
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»You were sorta punk rock, I grew up on hip hop/ But you fit me better than my favourite sweater«, singt die gute Lana del Rey in »Blue Jeans« – und sie hat Recht. Denn die Jeans ist ein Dämon und einfach nicht aus unseren Kleiderschränken wegzudenken. In ihr sind die Mythen, die Rituale, die Welt gebündelt. Doch Jeans ist nicht gleich Jeans. Wir stellen euch drei Varianten vor.
Denim Demon
Trendsetting Slacks – Sie sitzt locker a auf uf der Hüfte, der Oberschenkel ist leger geschn geschnitten, nitte zu den Knöcheln hin wird es enger: »Tapered« »Tap apered (keilförmig) nennt sich der aus Baggy- und KarottenSchnitt, der er das Beste Be jeans vereint. vere reint. Der S Schnitt orientiert sich an dem Style der de italienischen italienisc »Paninari« in den 1980er Jahren. Ja ahr hren. Die »Paninaro« »Panin waren eine Subkultur, unpolitisch unpo un poli liti tisc sch h un und d he hedonistisch; in etwas das Äquivalent zu den »Poppern« in Deutschland. Die »Luke Pants« von Lee interpretiert den Schnitt auf ihre Art und mischt dem Stoff einen gewissen Stretchanteil (98% Baumwolle, 2% Elasthan) bei, so dass sie trotz schmalen Schnittes sehr bequem bleibt. Sie wird meist ungekrempelt getragen.
Lee − Luke Pants, 89.95 ¤ 61
Denim Demon hhv.de Mag Nr. 4 — Herbst/Winter 2013
»Selve »Selvedge« edg steht schlicht für die Webkante, die sichtbar sichtb tbarr wird, wenn die Jeans umgekrempelt wird. wird rd. Sie e ist das Produkt eines aufwendigen Webverfahrens verfahre ve e und verhindert, dass die Jeans ausfranst, d da das Material deutlich dichter gewebt ist. Beim m Krempeln der »ED-80 Slim Pants« von Edwin wird w die qualitativ hochwertige Naht sogar als 3-farbiger »Rainbow Selvedge« sichtbar. Die Hose ist zudem eine »Raw Denim«, also eine ungewaschene Jeans, die durch das Tragen und den damit verbundenen Abrieb der Farbe einen eigenen »Charakter« bekommt und die Individualität des Trägers betont. Das feste Material macht es notwendig, dass man sie ein, zwei Mal eintragen muss. Doch dann sitzt sie wie eine zweite Haut. Dahingehend hilft auch der »Slim« genannte, sehr modische Schnitt, der einer engeren, figurbetonteren Passform entspricht. Jeans, die noch enger geschnitten sind, nennt man dann »Skinny«. Edwin – ED-80 Slim Pants, 125.95 ¤
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Wear it stylishly –
Denim Demon
Levi‘s – ED-501 Original Fit Jeans, 99.95 ¤
Indispensable Pair of Pants – Wenn man von Blue Jeans spricht, dann meint man eigentlich die Levi‘s 501. Sie ist der Klassiker unter den Denims. Die FIVE O-ONE ist dafür verantwortlich, dass eine Jeans nicht nur als Gewebe, sondern als Hose angesehen wird. Seit 1890 wird sie hergestellt, seit 1936 mit dem roten Stofflogo an der rechten Gesäßtasche. Ihr Markenzeichen ist der »Regular« genannte, gerade und lässige Schnitt. In Sachen Qualität setzt Levi‘s die Standards seit jeher sehr hoch. Darauf verweist auch Standar das 1886 eingeführte und auf die Robustheit der Hose verweise verweisende »two-horse brand«, das zwei Pferde zeigt, die versuchen vers eine Levi‘s Jeans zu zerreißen. Die Levi‘s 5011 ist n 5 50 nicht nur die bestverkaufte Hose, sie ist der wohl häufigst erworbene Bekleidungsartikel überhaupt. Ein hä Klas ssike eben. Klassiker
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Nike − Air Max 1 PRM, 139.95 ¤ | Nike − Vandal High Supreme VNTG, 99.95 ¤
hhv.de Mag Nr. 4 — Herbst/Winter 2013
Sneaker
Jordan Brand − Air Jordan 5 Retro (GS), 119.95 ¤
Nike − Flight '13 Mid, 119.95 ¤
Sneaker Nike − WMNS Roshe Run, 89.95 ¤
Nike − Air Max 97 Premium Tape QS, 169.95 ¤
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Sneaker hhv.de Mag Nr. 4 — Herbst/Winter 2013 66
adidas − Marathon 85, 89.95 ¤ | adidas − Tech Super, 109.95 ¤ | adidas − ZX 750, 109.95 ¤
Sneaker 67
adidas − Phantom, 119.95 ¤ | adidas − Torsion Allegra, 109.95 ¤ | adidas − ZX 700, 99.95 ¤
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hhv.de Mag Nr. 4 — Herbst/Winter 2013
Sneaker
Adidas
Vans
New Balance
KangaROOS
Le Coq Sportif
Sneaker
Asics
Puma
Supra
Nike
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hhv.de Mag Nr. 4 — Herbst/Winter 2013
Caps
Mitchell & Ness − Minnesota Timberwolves NBA XL Logo 2 Tone Snapback Cap, 34.95 ¤ | Mitchell & Ness − Miami Heat NBA Leather Team Arch Snapback Cap, 34.95 ¤ | Mitchell & Ness − New York Knicks NBA Sonic Snapback Cap, 30.95 ¤
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Mitchell & Ness − Brooklyn Nets NBA XL Logo 2 Tone Snapback Cap, 34.95 ¤
Mitchell & Ness − Los Angeles Lakers NBA Patrick Snapback Cap, 30.95 ¤
Caps Mitchell & Ness − Brooklyn Nets NBA Vintage Heather Grey Wool Strapback Cap, 34.95 ¤
Mitchell & Ness − Michigan Wolverines NCAA Sonic Snapback Cap, 30.95 ¤
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Wemoto − Eric Chino Pants, 69.95 ¤ | Carhartt − Digger Coat, 119.95 ¤ Wemoto − Riot Henley Longsleeve, 39.95 ¤ | Brixton − Hooligan Flat Cap, 27.95 ¤
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Photograph: Michael Theel Styling: Lena Mwinkand‘ Haare & Make-Up: Anna Obendieck Models: Mareike & Joy (Studio 7) Mit bestem Dank an Optiker Lutz Kramer, Warschauer Straße 28, 10243 Berlin
hhv.de Mag Nr. 4 — Herbst/Winter 2013
Autumn Ahead
– Autumn– Ahead
Vans − Authentic (Liberty), 74.95 ¤ | Wemoto − Alison Women Pants, 59.95 ¤ Nikita − Alphubel Jacket, 169.95 ¤ | Cleptomanicx − Elly Women Crewneck Sweater, 59.95 ¤
Clae − McQueen Canvas, 98.95 ¤ | Volcom − Frozen Chino Pants, 59.95 ¤ | Barbour − Effector Jacket, 229.95 ¤ Cleptomanicx − Dem Stripes Crewneck Sweater, 89.95 ¤ | Mishka − Scout II Knit Pom Beanie, 32.95 ¤
Nike − WMNS Dunk Sky Hi, 119.95 ¤ | Cheap Monday − Slim Jeans, 59.95 ¤ | Wemoto − Ariel Women Jacket, 139.95 ¤ Levi's − Tailored Single Point Western Women Shirt, 69.95 ¤
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Vans − Sk8-Hi Binding CA (Leather), 99.95 ¤ | Vans − Effingham Backpack, 89.95 ¤ Cheap Monday − Slim Chino Pants, 49.95 ¤ | Wemoto − Irving Jacket, 149.95 ¤ | Element − Lenox Shirt, 69.95 ¤
Autumn Ahead
Nike − WMNS Roshe Run Print, 89.95 ¤ | Levi‘s − Reversible Leggings, 99.95 ¤ | Nikita − Hunter Jacket, 179.95 ¤ Cheap Monday − Mono Women Shirt, 59.95 ¤ | HUF − Mixed Yarn Beanie, 24.95 ¤
Pointer − Cyril, 129.95 ¤ | Iriedaily − Bar 247 Chino Pants, 59.95 ¤ | Vans − Roan Jacket, 129.95 ¤ Acrylick − BPM Oxford Shirt, 67.95 ¤ | Barbour − Tartan Lambswool Scarf, 49.95 ¤ | Brixton − Hooligan Flat Cap, 34.95
Autumn Ahead
New Balance − M577GGR, 149.95 ¤ | adidas − M Slim Jeans, 74.95 ¤ | Stüssy − MA1 II Jacket, 169.95 ¤ Barbour − Forth Shirt, 89.95 ¤ | Brixton − Hooligan Flat Cap, 37.95 ¤
hhv.de Mag Nr. 4 — Herbst/Winter 2013
Vans − Authentic (Tiger), 69.95 ¤ | Herschel − Little America Backpack, 99.95 ¤ | Cheap Monday − Tight Jeans, 53.95 ¤ Wemoto − Jen Women Jacket, 149.95 ¤ | Iriedaily − Laissez Zebra Women Knit Sweater, 59.95 ¤ Carhartt − Acrylic Knit Hat, 17.95 ¤
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Wemoto − Alison Women Pants, 59.95 ¤ | Cheap Monday − Shelly Women Shirt, 49.95 ¤ | Herschel x Stüssy − Dot Harvest Bag, 119.95 ¤ | Cheap Monday − Hairy Headband, 13.95 ¤
Autumn Ahead
Klangvoll formschön hhv.de Mag Nr. 4 — Herbst/Winter 2013
– Klangvoll formschön –
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Gerade zur Weihnachtszeit setzen viele Konsumenten auf die gute, alte Schallplatte als Geschenk. Doch in der immer mächtiger anschwellenden Woge von Ton- und Genussmitteln aus aller Herren Länder, ist schon so mancher baden gegangen. Schnell ist da mal ein Fehlgriff geschehen. Damit Ihnen das nicht passiert, empfehlen wir Ihnen Schallplatten auszuwählen, die nicht nur gut aussehen, sondern sich auch noch gut anhören. Auf den nächsten Seiten beraten wir Sie dahingehend gern.
Klangvoll formschön
Knxwledge – Kauliflowr
Jonwayne – Rap Album One
All City Dublin, 2013
Stones Throw, 2013
Kaum ein Monat verstreicht lässt, ohne neues Tape, neues Album, neue Sammlung oder EP. Knxwledge aus New Jersey ist ein Arbeitstier, gehört noch zu den unbekannteren Beatbastlern und würde eigentlich vom Sound her ganz gut an die andere amerikanische Küste passen. Denn sein Album »Kauliflowr« macht sich bestens im Regal neben Teebs oder Flying Lotus, auch wenn Knxwledge noch nicht ganz deren Tiefe erreicht. Ansonsten sind Tracks wie »Ovrkookies« und »Rekon« so ziemlich der Stand der Dinge im abstrakten Glitch-Hop. Was bei dieser Platte am meisten zieht, ist die zeitlose Atmosphäre, diese Momente wie in »Sew Into Yew«, wenn sich die Gitarre unter dem Rhythmus abrackert, bevor der dann alles kippt und das komplette Ding in eine andere Richtung läuft. Vielleicht würde »Kauliflowr« noch ein wenig mehr ziehen, wenn es ein wenig mehr Struktur, ein wenig mehr Konzept zeigen würde. So fließt das Album zwar anständig, ufert aber manchmal aus. Dass Knxwledge sein Fach beherrscht und seine Musik mehr fühlt als denkt, steht nach »Kauliflowr« außer Frage. Text: Björn
Produzent Jonwayne kommt aus Los Angeles und er scheint nun nach einigen Beattapes bereit, sich auch am Mikrofon einen Namen zu machen. Die exzellente Kassettentrilogie verriet bereits, dass auch die stimmliche Präsenz Substanz hat. Auf elf Songs tobt sich Jonwayne nun auf zumeist selbst produzierten Beats aus und klingt dabei so grundverschieden zu den unkonventionellen Instrumentals. Dabei werden häufig Hooks gemieden, sodass die Verse eine eigene unabhängige Rolle einnehmen und wesentlich präsenter wirken. Generell wird der konservativen Songstruktur durch häufige Tempo- und Beatwechsel der Anarchiestempel aufgedrückt. In dieser Symbiose aus eigenen Raps und eigenen Beats, entsteht das besondere One-Man-Show-Momentum, das in der Form derzeit niemand zu erreichen scheint. Das Gespür für spooky-spacige Atmosphäre, die wesentlich mehr nach Hip Hop klingt, als Ras G es je simulieren könnte. Dazu gesellt sich der kernige Druck in der Stimme dieses weißen Dudes, der sich nicht mal abquälen muss, um authentisch zu klingen. Text: Tim Tschentscher
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2LP 18.95 ¤, CD 15.95 ¤
Bischoff
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LP 14.95 ¤
Tropic Of Cancer – Restless Idylls Blackest Ever Black, 2013
Oh Leser verzeih‘ mir, denn ich starte mit einer Floskel: Jeder trauert anders. Diese Information bringt nun niemanden weiter, ist aber für den Zugang zum neuen Album von Tropic Of Cancer bedeutsam. Denn »Restless Idylls« ist auf Trauer gebaut. Nicht aber jene Art von Trauer, die rast, verzweifelt, schreit und weint, sondern Trauer, die sich bereits gelegt hat; die der Mensch stoisch für immer mit sich trägt. Langsam gluckern die vom Post-Punk inspirierten Basslines, weit ziehen sich die Synths, gleichmäßig klopfen die Drums; die Vocals von Camella Lobo verlieren sich in Tälern und hallen lange in der Tiefe nach. Die Art und Weise wie Lobo die Tracks aufbaut, unterstützt die These vom Anfang: Die Songs schleppen sich zwar voran, aber irgendwie schweben sie auch; die Trauer quält nicht mehr, aber sie schwingt mit. Lobo legt mit ihrer Mischung aus Post-Punk, minimalistischem Post-Wave, Ambient und Gruft-Mucke einen Sarg in die Disco. Der erste Track heißt etwa »Plant Lilies On My Head« – eine Übersetzung von »Guten Morgen Sonnenschein« geht anders. Wer Genuss in der Schwere finden kann, der wird sich in diesem Album verlieren. Text: Philipp Kunze 2LP 17.95 ¤
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Klangvoll formschön
The Weeknd – Kiss Land
hhv.de Mag Nr. 4 — Herbst/Winter 2013
Republic, 2013
Eloquent – Das Ich und dein Verhängnis hhv.de, 2013
Ein Album in Anlehnung an die Popper'schen Abhandlungen zum Leib-Seele-Problem zu betiteln, zwischenzeitlich auf Hegels dialektischen Dreischritt zu verweisen und Klaus KinskiZitate zu bemühen, sind Rahmenbedingungen, die im RapKontext herrlich schiefgehen können. Allzu oft drohen derlei intellektuelle Anstrengungen an den eigenen Ansprüchen zu scheitern oder in astreinem Missverständnis am Hörer vorbeizureden. Doch Eloquent umgeht solche Spießruten mit einer simplen Methode: Er schafft Publikumsnähe. Anstatt sich mit erhobenem Zeigefinger durch die 15 Gedankengänge zu klugscheißen, positioniert sich der Wiesbadener als Underdog im Kampf gegen wacke MCs und andere gesellschaftliche Fragwürdigkeiten auf die für Sichtexoten einzig legitime Weise – in einem Battle. Mittels seiner typischen StakkatoDelivery räsoniert er so quasi direkt vom Schlachtfeld aus rotzlöffelig (»Mic Thyssen«), pessimistisch (»Elos Blues«) oder story-tellend (»Dinge geschehen«) über die ewige Dorfmatratze namens »Leben«. Stilbewusst begleitet ihn ausschließlich genuiner Now School-BoomBap aus den Knisterkonsolen von Flowtec und anderen »Menschen, die nicht alles glätten und das Dreckige vermissen«. Drei Jahre nach Erscheinen ist das zwar weder zugänglicher, noch relevanter geworden, doch hilft die Absage an zeit-geistliche Strömungen auch heute noch, das Mindesthaltbarkeitsdatum hinauszuzögern. Text: Fionn Birr
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LP 15.95 ¤
»Kiss Land« klingt nicht als wolle The Weeknd irgendetwas beweisen, und das obwohl er mit seinem 2011er Mixtape »House Of Balloons« R&B in Codein tunkte und ihn damit paradoxerweise wiederbelebte. Das »Kiss Land« nicht so klingt als solle es dringend ein weiteres Ausrufezeichen setzen, hat zwei Auswirkungen: Zum einen wirkt es, als hätte The Weeknd einfach irgendein Album gemacht (und nicht sein erstes ›richtiges‹). Zum anderen passt gerade die scheinbare Gleichgültigkeit zur Persona von The Weeknd. Er stilisiert sich als sei er alles wider Willen: Musik-Star, Frauenheld und in der Position das R&B-Album der letzten Jahre zu machen. So bezieht »Kiss Land« seine Stärke aus den feinen Zeichnungen des Charakters The Weeknd und seiner Atmosphäre. Musikalisch fehlt einiges – um ein großes Album zu sein und sogar um »House Of Balloons« zu toppen. Der desillusionierte Düster-R&B auf hallenden Snares und langgezogenen Synths sucht in diesem Genre zwar weiterhin seinesgleichen, aber es reicht kein Refrain an die stärksten Momente der MixtapeSammlung »Trilogy« heran. Daran ändert auch ein Portishead-Sample und The Weeknds Stimme nichts. Text: Philipp Kunze
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2LP 24.95 ¤, CD 16.95 ¤
Klangvoll formschön
Night Swimmers presents – The Glitchy/The Dusty Night Swimmers, 2013
Eine gute Compilation hört sich an, wie das Mixtape eines guten Freundes, eine sehr gute Compilation hört sich an, wie ein Film aus deinem Inneren. »The Glitchy/The Dusty« ist eine sehr gute Compilation. Die beiden verschiedenen Seiten liefern abstrakten Instrumental-HipHop, queren GlitchHop und einfach Zeug abseits der derzeitigen Soundästhetik. Mit dabei ist etwa der Züricher Musiker Melodiesinfonie oder Languid aus Simbabwe – alles eher noch unbekannte Köpfe, was sich aber in absehbarer Zeit ändern könnte. Jeder Track überzeugt, jeder Track hat seine eigene Welt, die er eröffnet, jeder Track verzaubert. Der Übergang von »Question« zu »Sommergewitter« passt so perfekt, als wäre das hier keine Zusammenstellung, sondern ein durchdachtes Album. Und das vielleicht Schönste ist: alle Künstler hören sich eigenständig an. Wer will, kann hier Brainfeeder als Referenz heranziehen, das wird dem Sound aber nicht gerecht. Die Beats der ersten Seite mögen ein wenig experimenteller sein, die der zweiten Seite ein wenig mehr entspannt. Es bleibt insgesamt einfach gute Instrumental-Musik. Text: Björn Bischoff
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LP 12.95 ¤
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Klangvoll formschön hhv.de Mag Nr. 4 — Herbst/Winter 2013
Julia Holter – Loud City Song
Boardwalk – Boardwalk
Domino, 2013
Stones Throw, 2013
»Heavens, all the heavens of the world/Are you looking for anything?« – Zwischen Ansprache und innerem Dialog schwankend, machen diese ersten Worte des dritten Albums von Julia Holter genau den Zwischenraum auf, in der die Musik der 28-jährigen aus Los Angeles sich seit ihrem Debüt »Ekstasis« vor drei Jahren bewegt. »Loud City Song« macht einfach dort weiter, wo die ersten beiden Alben aufhörten. Inhaltlich orientiert sich Julia Holter diesmal an »Gigi«, einer Novelle der französischen Schriftstellerin und Künstlerin Colette aus dem Jahre 1944, und verbindet die literarische Vorlage mit ihrer Heimatstadt Los Angeles heute und dem dieser Stadt innewohnenden Kult um Prominente. Hinzu kommen u.a. Elemente, die an die große Oper oder ans Varietétheater erinnern. »World«, dieser erste Song, aus dem das o.g. Zitat stammt, fungiert so als eine Art Ouvertüre, in der Holter nur mit Stimme und zarter Instrumentierung das Werk einleitet; der Sprechgesang zur jazzigen Bassfigur auf »In The Green Wild« ist das Äquivalent zum Rezitativ in der Oper; »Maxim's II« greift das Thema von »Maxim's I« auf und so weiter. Man muss das Theatralische schon mögen, um hier wirklich in den Genuss zu kommen. Aber dann gibt es kein Halten mehr. Julia Holter ist eine der ganz wenigen, die Pop als Kunst versteht und umsetzt. Text: Sebastian Hinz
Dass Stones Throw seine Fühler längst in andere musikalische Richtungen ausstreckt, hat man ja schon bemerkt. Aber ihr neues Signing Boardwalk kann man nun gar nicht mehr mit dem Etikett »Hip Hop« versehen. Die Musik, die Amber Quintero und Mike Edge aus analogen Klängen und unter Anwendung von selbst gefertigtem Equipment zusammenzimmert, kann man wohl in die Dream Pop-Schublade stecken: gedrosseltes Tempo, träumerisch dahingehauchte Lyrics, sphärisch ausufernde Sounds, sehr viel Weite und Offenheit. Die sehnsuchtsvolle Gitarre ist mit viel Hall aufgeladen, und der Gesang zu weit entfernt, um überhaupt zerbrechlich zu sein. Alles in allem ist das schwer zu greifen, aber doch irgendwie konkret – so, wie es schon das Plattencover versinnbildlicht: Wolken am entlegenen Himmel, dazu nur der Bandname, der neben Attributen wie Bodenständigkeit und Beton kaum Assoziationen zulässt. Das nach dem Bandprojekt benannte Debütalbum beginnt mit den Worten »I'm not myself/I'm someone else«. Und das zieht sich durch: Von Anfang an klingt die LP nach Ich-Verlust, glücklicherweise während dem Summer Of Love. Sie läuft gleichmäßig und unaufdringlich nebenher und fesselt, ohne zu binden. Text: Christian Neubert
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LP 15.95 ¤
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2LP 21.95 ¤
Janelle Monáe – The Electric Lady
80
Bad Boy Entertainment, 2013
R’n’B wäre längst tot, wenn nicht alle paar Jahre jemand Leben in dieses Genre pumpte. Zu der Exhumierung des Genres in letzter Zeit, hat niemand so viel beigetragen wie Janelle Monáe. Die 27-jährige geht den Weg auf ihrem zweiten Album konsequent weiter. Es geht immer noch um Liebe in mechanischen Zeiten, um Verlangen, um Rebellion, um Leidenschaft. Neben Miguel, Solange und Erykah Badu hat Janelle Monáe sogar Prince als Feature gewinnen könne. Dabei fällt diese Platte deutlich unepischer und strukturierter aus als sein Vorgänger. Die wirklich offensichtlichen Hits gibt es nicht mehr. Dafür eine durchgehende Atmosphäre, ein Gefühl, das dieses Album erzeugt. »Can’t Live Without Your Love« könnte dicker sein, doch Monáe weiß genau, was sie will und wohin »The Electric Lady« gehen soll: direkt ins Herz. Die Experimente drehte die US-Amerikanerin dafür ein ganzes Stück zurück. Subtil und mit viel Charme umwirbelt der Rhythmus von »Dorothy Dandridge Eyes« Monáes Gesang, selbst »We Were Rock’n’Roll« hält seine E-Gitarre zurück, poltert nicht nach vorne. Pop spielt dieses Mal eine größere Rolle, um dieses Album in Form zu halten, und trotzdem sind Soul, HipHop und Funk in jeder Nuance zu spüren. Text: Philipp Kunze
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CD 13.95 ¤
Klangvoll formschön
The Poets Of Rhythm – The Poets of Rhythm Anthology 1993-2003 Daptone Records, 2013
Quantic presenta Flowering Inferno – Death Of The Revolution Tru Thoughts/hhv.de, [2008] 2013
Seiner eigenen Heimat kehrte Will Holland aka Quantic anno 2007 den Rücken, um in Kolumbien sesshaft zu werden. Dort hat er ratzfatz ein neues Projekt aus dem Ärmel geschüttelt: Das Flowering Inferno, was 2008 in dem Release von »Death Of The Revolution« gipfelte. Nun, zum fünften Geburtstag, feiert die Scheibe ihr Re-Release. Das kolumbianische Klima hat dem an Regen gewohnten Briten offenbar gut getan, denn mit seinem Flowering Inferno legt Quantic ein sonnigeres Gemüt an den Tag, als auf seinen früheren Veröffentlichungen. »Death Of The Revolution« schielt nicht mehr Richtung Soul und Funk. Vielmehr bestimmen fröhliche, reich instrumentierte Reggae-Tunes die Playlist. Die Annäherung an Reggae, Latin, Dub und Bossa Nova geht easy rein, auch in die Beine. Allerdings mangelt es dem Album an Aspekten und Akzenten, an Tiefgang und Spannung, an Mut und Entschlossenheit. »Death Of The Revolution« ist eine Fingerübung in guter Laune und könnte als leicht zu ignorierende Nummernrevue die Hintergrundbeschallung der Bacardi-Insel sein. Kein Wunder, dass der Albumtitel die Revolution für tot erklärt. Text: Christian Neubert
The Poets of Rhythm sind diese eine Band, die Daptone-Mitbegründer und Frontmann der The Dap Kings, Bosco Mann, zu Beginn der 1990er Jahre davon überzeugten, dass Soulmusik nicht totzukriegen sei. Immerhin ist es heute reichlich still geworden um Deutschlands rohesten Soulfunk-Export. Jetzt bietet Daptone Records einen feinen Querschnitt durch die 11 Jahre Bandgeschichte der Münchener Kombo. Von den in Eigenregie geführten Anfängen unter den Namen Hotpie & Candy sowie Bus People Express, über die Pan Atlantics- und Bo Baral's Excursionists-Phase, bis zu den beiden Studioalben. Dabei werden insbesondere die vielen raren 7-Inches zusammengetragen und chronologisch sinnvoll in das Pseudonym-Wirrwarr der Band eingeordnet. So entsteht, trotz der langen Schaffensperiode, ein konsekutiver Hörgenuss, der sich besonders von dem Eindruck einer lieblos zusammengestellten Best Of-Compilation wohltuend abhebt. Das sollte vor allem Quereinsteiger ansprechen. Sammler und Fans der ersten Stunde begnügen sich lediglich mit nicht gezeigten Fotos und einem unveröffentlichten Groover in bester GilScott Heron-Manier. Zu hoffen bleibt, dass die Gebrüder Weissenfeldt nebst Boris Geiger derweil im Studio hocken und an neuen alten Sounds wie »George Clinton« arbeiten. Text: Tim Tschentscher
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2LP 19.95 ¤, CD 15.95 ¤
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LP 14.95 ¤
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Klangvoll formschön hhv.de Mag Nr. 4 — Herbst/Winter 2013
Ras G – Back On The Planet
Various Artists – Afro-Beat Airways 2
Brainfeeder, 2013
Analog Africa, 2013
Brainfeeder hat neben Flying Lotus und Thundercat zwar noch einige Tausendsassa mehr – der Output von Ras G dürfte allerdings wohl das Abgefahrenste sein, was das Label aus LA bisher veröffentlicht hat. Ganz dem Titel widersprechend, klingt das neue Album nämlich erst einmal gar nicht wie von dieser Welt: verhallte Funksprüche, hypernervöses Fiepen und hektischer Free-Jazz-Wahnsinn – Sun Ra lässt schön grüßen. Es dauert dann bis zum fünften Track, bis Ras G einigermaßen geerdet ist und sich auf seine alte Stärke besinnt: die frei flottierenden Space-Program-Arrangements mit bouncenden Hip Hop-Beats – genau – auf die Erde zurück zu holen. Daneben und dazwischen hört man immer wieder (v.a. jamaikanische) Sprach-Samples, wie das auf früheren Veröffentlichungen schon nahezu penetrant nervige »Oh Raaaas«, und die aus der Sound-Clash/-System-Kultur bekannten Sirenen, Alarmklingeln und allerlei andere Störgeräusche. Dazu gibt es wabernde Subbässe, flirrende Synthieflächen, afrikanische Trommeln, hier und da tatsächlich verhuschte Melodien, atmosphärische Collagen aus Mikrosamples und gefährlich torkelnde Rhythmen. Text: Martin Silbermann
Wie es Dendemann einst auf einer Toni L-LP beschreibt, spielen die »Menschen denen sowohl das Tier als auch der Funk sehr innewohnt« eine Musik, die sich »in einer Funkigkeit äußert und nach außen zelebriert, die seines gleichen suchen wird - noch lange, lange Zeit«. Genau mit einem ganzen Haufen solcher Menschen aus dem grünen Kumasi und dem staubigen Norden Ghanas haben wir es hier zu tun. Das Spektrum des Funk reicht hier von trockenen Endlos-Grooves bis hin zu verspielten, melodischen Einlagen. Wenn Los Issufu & His Moslems »Kana Soro« eröffnen, fließen warme, sandige Klänge ineinander und vermischen sich zu einem akustischem Meisterwerk. Die Klangwelt auf dieser Compilation mag anfangs etwas gewöhnungsbedürftig sein, aber wenn man eingetaucht ist, kann man in der Reichhaltigkeit der einzelnen Lieder baden. Spätestens, wenn der Godfather des Afro-Funk Gyedu-Blay Ambolley das jazzig groovende Instrumental seiner Band Complex Soundz reitet, sollten auch die letzten Zweifler einsehen, dass Gott und die Musik auf dieser Platte einfach Liebe sind. Text: Philipp Hackner
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2LP 20.95 ¤, CD 14.95 ¤
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2LP 20.95 ¤, CD 16.95 ¤
Drake – Nothing Was The Same Republic, 2013
»Nothing Was The Same« muss man in den Kanon der besten Rap-Alben aufnehmen. Ja? - Ja, Punkt. Drakes leicht verständliche Raps und die Anleihen aus R&B und Pop-Musik wirken vielleicht wie ein Sureshot gen Charts, aber eigentlich ist es das gerade nicht: Drake experimentiert seit jeher. Das Experiment heißt: »Wie weit kann ich meinen Sound noch in sich zurückdrehen?« und erreicht mit diesem Album seinen Höhepunkt. Die Drums schleppen sich mit der anmutigen Schwere durch die Songs, mit denen ein Candy-Paint-Cadillac durch die Nachbarschaften Houstons fährt. Die Samples laufen häufig rückwärts ab, verschlingen den Song von hinten, saugen ihn in seine Mitte, anstatt ihn mit 808s und Ratter-Snares zum Ausbruch zu bringen. Was Kanye West für Kanye West ist, das ist Noah »40« Shebib für Drake. Diese Symbiose hält die Songs beisammen. Alles gluckert, rumpelt und fließt ineinander über, der eine Song entfaltet nur im Zusammenspiel mit dem anderen seine volle Wirkung. Will man doch einen Song hervorheben, so hat Drake hier einen der besten Pop-Songs des Jahres, er flowt an einer Stelle so, dass es auch unter der Staubdecke ganz verbissener Old-School-Fans ankommen sollte und hat ein unvergleichliches Gespür für Melodie und Atmosphäre.
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Text: Philipp Kunze
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CD 17.95 ¤, CD (Deluxe Edition) 19.95 ¤
Klangvoll formschön
Michael White – Spirit Dance Universal Sound, [1972] 2013
Ein formidabler wie unbekannter Jazz-Violinist seiner Zeit. Dabei steht er den bekannteren Quietschfidelspielern wie Jean Luc Ponty und Don »Sugar Cane« Harris an Ausdrucksstärke in nichts nach. Hätten die Mannen um Brunner-Schwer und Behrendt nicht die beiden oben genannten wie auch John Handy bereits an Bord gehabt, dann wäre White‘s Mix aus Indo-Jazz und afrikanisch verwurzeltem Blues und Gospel eine willkommene Erweiterung für die MPS World-Jazz Reihe gewesen. Auch wenn er dem Hörer ganz schön was abverlangt. Die Violine ist bei White das einzige Instrument, welches im oberen Frequenz-Spektrum agiert. Gerade bei seinen ausufernden, freien Improvisationen kann es nach einer Weile so anhaltend aufdringlich werden, dass es nurmehr auf taube Ohren stösst. Hinzu kommt das Ausbleiben eines Schlagzeugers. Zwar zieht Kenneth Nash mit seinen Percussions sämtliche Register. Allein das Intro zu »The Tenth Pyramid« hätte als eigenständiger Track seine Gültigkeit besessen. Er ist dann aber auf Langspielplattenlänge zu virtuos, um dem Gesamteindruck die nötige Standfestigkeit zu verleihen. Text: Frédéric Hartmann
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2LP 20.95 ¤, CD 14.95 ¤
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Klangvoll formschön
Records Revisited Bob Dylan‘s Blonde On Blonde, 1966
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hhv.de Mag Nr. 4 — Herbst/Winter 2013
Tex t: S e b a s t i a n H i n z
Klangvoll formschön
»Was »Blonde On Blonde« von seinem Vorgänger (und auch der Nachfolgern) unterscheidet, ist: seine Magie. Komposition, Gesang, Begleitung haben auf »Blonde On Blonde« eine geheimnisvolle Begegnung, die im Sound kulminiert.«
ging, dann würden sich diese Zeilen um »Self Portrait« (1970) drehen. Sein bestes Album ist allerdings »Blonde On Blonde«. Bob Dylan hat in den acht Jahren von seinem selbstbetiteltem Debüt bis zu »Self Portrait« elf Studioalben veröffentlicht. Es war seine gemessen an der Kreativität ergiebigste Zeit, mit den Jahren 1965 und 1966 als Höhepunkt. In diesen Jahren hat er sich künstlerisch gefunden und sich mit deutlichen Zeichen gegen die Vereinnahmung als Folk- und Protestsänger gestellt. Dem Purismus der Szene ist er beim Newport Festival im Juli 1965 mit der Benutzung einer elektrischen Gitarre entgegnet. Von seinen eigenen Fans wurde er ausgebuht, was scheinbar den Damm der angestauten Kreativität zum brechen brachte. Nach der elektrischen Gitarre, interessierte er sich vermehrt für den Nashville-Sound, mit seinen Geigen und Arrangements, dann gab es plötzlich zweistimmigen Gesang wie bei einem Schlager von Donovan, dann Kinderchöre, dann neue Spleens. Der Wendepunkt in seinem Schaffen, so formulierte es der Rockkritiker und wohl versierteste Dylan-Experte Greil Marcus, war das am 31.8.1965 erschienene »Highway 61 Revisited«, mit dem über 6 Minuten langem »Like A Rolling Stone« als Single. Ein unbestritten tolles Werk. Was »Blonde On Blonde«, das in mehreren Sessions von Oktober 1965 bis März 1966, zuerst in New York City, dann in Nashville, Tennessee aufgenommen wurde, von seinem Vorgänger unterscheidet, ist: seine Magie. Komposition, Gesang, Begleitung haben auf »Blonde On Blonde« eine geheimnisvolle Begegnung, die im Sound kulminiert, »that thin, wild mercury sound«, wie ihn Dylan selbst beschreibt. »It's metallic and bright and gold, with whatever conjures up.« Und dazu gehört auch eine gewisse Spontaneität, womit nicht nur der unmittelbare musikalische Einfall beschrieben werden soll, sondern gerade auch der sprachliche. Die gewöhnliche Sprache mit Leben zu erfüllen, die Alltäglichkeit des Sprechens an ihre Intensität zu erinnern das macht gute Poplyrik von Blues bis Hip Hop aus und darin steckt auch der Moment, der Dylan zu einem außerordentlichen Lyriker macht, orientiert an Beatpoeten wie Allen Ginsberg, mit dem er auch befreundet war. Der Höhepunkt in dieser Hinsicht ist vielleicht »Visions Of Johanna«, eine Dreiecksgeschichte zwischen zwei Frauen und einem Mann, und in seiner Figurenkonstellation in etwa die popmusikalische Antwort auf E.T.A. Hoffmanns »Der goldne Topf«, wie ja die Popkultur per se immer eine Antwort auf die Epoche der Romantik ist. Doch das ist eine andere Geschichte und sie soll ein anderes Mal erzählt erden.
Wenn jetzt hier von dem Album gesprochen werden würde, mit dem Bob Dylan wohl am ehesten gegen alle Erwartungen an-
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LP 29.95 ¤
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Interessanterweise kann man sehr gut und auch klug über Bob Dylan reden, ohne seine Musik wirklich zu kennen. Ich musste feststellen, dass dieser Satz wahr ist, nachdem ich die These vor gar nicht langer Zeit an mir selbst verifizierte. Mein Bild von Bob Dylan war geprägt durch Ressentiments, entstanden durch von moralischer Aufrüstung kündenden Liedern, die bis ans letzte Lagerfeuer meiner Schulzeit sentimentale Untertöne mit erhobenem Zeigefinger zum Erklingen brachten, als auch durch die mir vermittelte Gewissheit, der Bob Dylan sei einer, auf den man sich leicht einigen könne, auch diejenigen, die Popmusik als Bestandteil der Kulturindustrie und der Massenkultur verabscheuten. Aber der Bob, der war da irgendwie ausgenommen. Lange Zeit war ich der Ansicht, dieser common sense beruhe schlicht auf der »political correctness«, die die mir bekannten Lieder umgaben, also der schmerzfreien Rhetorik von Fragen, die ihre Antwort immer schon enthalten: »How many times must the cannonballs fly/ Before they are forever banned?« Heute muss ich sagen: da habe ich einiges übersehen. Insbesondere, weil ich Dylan leichtfertig mit dem Umfeld gleichsetzte, mit dem ich ihn assoziiert habe. Dabei wollte Dylan »kein Mitglied von irgendeinem Movement« sein, wie er selbst sagte, und er war es auch nicht; als Künstler hat er die Erwartungshaltung seiner Fans ein ums andere Mal enttäuscht, als Persona hat er sich sämtlichen, eindeutigen Zuschreibungen nach und nach entzogen. Nimmt man nur diese hier skizzierten Attribute, nämlich Bob Dylan als ein Grenzen attackierender, Strukturen hinterfragender, das Errungene umkippender Künstler, der zudem die performative Situation offen lässt, also verheimlicht, ob nun der Künstler selbst oder in einer Rolle spricht, so muss man von Bob Dylan als Popkünstler sprechen. Er hat dieses Prinzip im Pop ja eigentlich installiert und in Perfektion in sein Leben übertragen. Er mäandert stetig zwischen Bob Dylan und Robert Allen Zimmermann; hat keinen eigentlich festen Wohnsitz, sondern ist seit inzwischen 25 Jahren auf »Neverending Tour«; er ist als Mensch in etwa so unscharf wie die auf dem Artwork von »Blonde On Blonde« abgebildete Person. Man muss nur mal ein Interview von Bob Dylan aus den 1960er Jahren lesen. Auch hier werden die typischen Rollenverteilungen (Frager, Befragter) aufgehoben. Stattdessen erlebt man eher so einen Blick in eine »Szenerie«, ähnlich wie bei einem Film, wo man einfach mal mit der Kamera draufhält und dann wird geflachst, kommentiert, ironisiert, nichts eigentlich gesagt.
Klangvoll formschön – Used Vinyl
– Used Vinyl Donna McGhee – Make It last Forever Red Greg, 1978
Gang Starr – Hard To Earn
hhv.de Mag Nr. 4 — Herbst/Winter 2013
Chrysalis, 1993
»Make It Last Forever«, nun ja: Für Donna McGhee ist ihr erstes Album zugleich ihr letztes gewesen und dazu noch weitestgehend in Vergessenheit geraten. Die von den Hitgaranten Patrick Adams und Greg Carmichael für dessen Label Red Greg produzierte Platte ist ein Klassiker der Disco-Ära, doch zu einer echten Rarität geworden. Die fünf Tracks featuren die Stimme der Sängerin aus Brooklyn, die aus dem Umfeld von The Fatback Band kommt, auf eine Weise, die Radiotauglichkeit garantiert und gleichzeitig Donna McGhee Freiheiten für Improvisation einräumt. Auch wenn manchmal der Kontakt zwischen den Hochglanz-Soundlandschaften eines Adams und der introvertierten Stimme der Sängerin fehlt, funktioniert das auch dank McGhee's Laszivität, die dem Diskosound den nötigen Sex-Appeal verleiht. Es führte aber auch zur Ablehnung vieler Radiostationen von Titeln wie »I'm A Love Bug«. Doch dieser und die Break-Up-Hmyne »It Ain't No Big Thing« sind die Höhepunkte des Albums - der Titeltrack wirkt dagegen schal und zu berechenbar.
Text: John Luas
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Text: John Luas
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LP 69.95 ¤ | Das rare Album liegt als amerikanische ReIssue in sehr gutem Zustand (VG+) und mit sehr gut erhaltenem Cover (VG+) vor.
Can – Future Days Payday, 1994
2LP 39.95 ¤ | Das Album liegt als amerikanische OriginalPressung von 1994 mit sehr gut erhaltenem Sleeve (VG+) und sehr gut erhaltener Platte (VG+) vor
Wo zwei Jahre zuvor »Tago Mago«, das wahrscheinlich einflussreichste Can-Album, die synthetischen Räume noch mehr als atmosphärische Möglichkeit benutzte, beginnt »Future Days« aus dem Jahre 1973 mit dem Titeltrack und der Raum ist offen, und weit und breit kein Halt. Diese symphonische Tiefe der Platte macht sie nicht nur zu einem frühen Ambient-Versuch, sondern läutet auch eine wichtige Transitionsperiode der Band ein, die den Ambient-Versuchen von »Future Days« und »Soon Over Babaluma« (1974) erstaunlicherweise ihr poppigstes und konventionellstes Oeuvre im Spätwerk (1975 - 1979) folgen lässt. Was »Future Days« einbüßt ist die Bissigkeit, die Unbedingtheit von »Tago Mago« oder »Soundtrack«. Epische Stücke haben Can schon immer gemacht, aber sie waren flirrend-pulsierend, verstörend, rhythmisch, mantrahaft, halluzinös (wie etwa »Mother Sky« oder das frühe »Yoo Doo Right«). Der Schlüsselmoment der Platte sind die gesanglichen Fragmente zum Ende von »Spray«, die sich dann in dem klassischen Liedstrukturen folgenden »Moonshake« entladen. Text: John Luas
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»Hard To Earn«, das vierte Album von Guru und DJ Premier als Gang Starr, markiert die Etablierung des Hardcore Hip Hop im Mainstream um die Jahre 1993/1994. Seit ihrem zweiten Album waren die Bostoner aus dem Wild Pitch Records-Umfeld (bei denen auch ihr erstes Album 1989 erschien) mit einem Deal beim britischen Großlabel Chrysalis (EMI) dichter an den Mainstream gerückt. Doch »Hard To Earn« von 1994 ist härter im Sound, bietet weniger melodische Inseln und ist textlich expliziter als alle Vorgänger. Während man bis zum Auftauchen des Wu-Tang Clans 1993 Gangsta Rap und Hardcore-Hip Hop v.a. mit der West Coast und N.W.A. assoziierte, halfen Gang Starr mit »Hard To Earn« der East Coast zu einer Antwort, die die 1990er Jahre und Künstler darüber hinaus prägen sollte. Die Platte featuret auch Jeru the Damaja, der wenige Monate später sein Debüt unter der Produktion von DJ Premier herausbringt. Auch er wird später für seine gewaltverherrlichenden Lyrics angegangen werden, doch »Parental Advisory« ist da längst zum Kassenschlager geworden.
LP 99.95 ¤ | Die deutsche Erstpressung von 1973 ist beinahe neuwertig (Near Mint) und das geprägte Cover weist Abnutzungen an den Ecken und am Golddruck auf (VG+)
Horace Silver – Total Response Blue Note, 1970
»Total Response« von 1971 ist eine der missverstandenen Jazzplatten der Musikgeschichte - vielleicht ist es diese Perspektive, mit der man der Platte von Horace Silver und seinem Quintett gerecht wird. Der erste Hinweis findet sich auf der Platte, wo es zwar offiziell wie gewohnt »Quintett« lautet, daneben aber »Sextet with Vocal« heißt. Horace Silver hatte 1971 bereits 17 Platten veröffentlicht und erst mit »That Heelin' Feelin'« (1970) im Jahr zuvor begonnen, Sängern, also Lyrics, Platz einzuräumen. Die beiden Platten sind später zusammen mit »All« (1972) unter dem Titel »The United States of Mind« im Jahr 2004 neu veröffentlicht worden. Sie sind so etwas wie der Schmelztiegel der 1960er Jahre. So verwirrend und kopflos sie bei ihrem Ritt von Funk, Fusion, Soul-Jazz bis hin zu Afrobeat wirken, in ihnen spricht die Suche nach dem, was aus den vermeintlichen Erneuerungen und Errungenschaften der 1960er Jahre folgen sollte. Und so sind die Lyrics irgendwo zwischen spiritueller Einheit im Sinne indischer Philosophie und Meditation (»Total Response«) und sozialer Verantwortung vor allem Teil der persönlichen Auseinandersetzung von Horace Silver und machen seinen Jazz plötzlich politischer und dringlicher. Text: John Luas
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LP 35.95 ¤ | Das Album liegt in einer amerikanischen Originalpressung mit ausgezeichneter Platte (Near Mint) und sehr gut erhaltenem Cover vor (VG+)
– Dirty – Beaches – Tex t: Fa b i a n S a u l & P h i l i p p Ku n z e Fo to s: R i c h m o n d L a m
Dirty Beaches
In der Musik von Alex Zhang Hungtai, die er seit 2007 als Dirty Beaches veröffentlicht, geht es um Echtheit. Die Frage nach dem Inneren, nach dem Inhalt, treibt den aus Taiwan stammenden Kanadier an, weil er zeitlebens ein Vagabundierender gewesen ist. Die Rückkehr zur Musik geriet dabei zur Suche nach einer verlorenen Naivität, zum Ausdruck der Sehnsucht nach Schwerkraft in der Bewegung. Sein kürzlich erschienenes fünftes Studioalbum, mit dem treffenden Titel »Drifters / Love Is The Devil«, ist als Doppelalbum angelegt. Mit der Hilfe von Gitarrist Shub Roy und dem elektronischen Musiker Bernardino Femminielli (und Einspielungen von Saxophonist Francesci De Gallo und Drummer Jesse Locke) schichtet Alex Zhang Hungtai akustische Instrumente, Beats und Sounds zu zerbrechlichen Songs, deren Fluchtpunkt niemals Nostalgie, sondern immer Introspektion ist. Die Songs behalten trotz ihrer Anleihen von Wu-Tang Clan bis hin zu Suicide stets eine tröstende persönliche Dringlichkeit. So wird das Album zu einem ungehemmten Ritt durch Rock, Rockabilly, Drone, zerrüttete Popsongs und Ambient-Nummern, die sich so gut gelaunt anfühlen wie ein flauer Magen.
Und wie kamen dann deine Vorstellungen ins Spiel?
Die Idee hinter Dirty Beaches ist, alles wegzulassen, was man nicht braucht. Die Songs sind sehr einfach: Verse, Chorus, Bridge, Verse, Chorus, Outro, Schluss. Es gibt wenig Veränderungen innerhalb von Popsongs. Mit Dirty Beaches wollte ich auch all die Spielereien, die Details weglassen und mich nur auf die großen Veränderungen konzentrieren. Was bleibt übrig, wenn man alles weglässt? Der Inhalt. Und dann musst
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Deine Musik ist sehr Lo-fi produziert, sehr dicht, geschichtet. Was kann man alles weglassen, so dass ein guter Song immer noch ein guter Song bleibt?
Das ist eine wirklich gute Frage, weil genau darum ging es mir bei Dirty Beaches. Früher, als Teenager, habe ich immer in Bands gespielt, Gitarre, im Hintergrund. Mir hat es Spaß gemacht mit anderen zu spielen, mit meinen Freunden. Sehr naiv, so wie jedes nordamerikanische Kind. Und dann mit 25 Jahren bin ich, nachdem ich Immobilienmakler in China war, wieder nach Kanada zurückgekehrt, habe einen gut bezahlten Job aufgegeben und wieder Jobs gemacht, die man mit 18 macht, einfach um Musik machen zu können. Ich war sehr fokussiert, das war 2005. Doch es war sehr schwer Leute zu finden - die Zeiten in denen man eine Band mit Freunden gründet, waren für die meisten vorbei. Also spielte man mit Fremden und das bedeutete oft: »Spiel diesen Part so, das ist mein Song, also bitte spiel ihn genau so.« Und ich dachte mir: ›Fuck you, ich werde das nicht spielen.‹
Dirty Beaches
»Warum reizt uns dieselbe Lederjacke mehr, wenn wir sie an einem älteren Herren sehen, als wenn sie ein Teenager trägt? Alt ist sie in beiden Fällen. Aber wir sind besessen von der Idee von Staub, der Echtheit, den Geschichten, den Lebenserfahrungen.«
du sicher stellen, dass du sehr direkt mit deiner Geschichte, deiner Ästhetik und der Botschaft was das ganze Projekt soll, bist. Und bei Dirty Beaches geht es um das Reisen, darum, nicht zu Hause zu sein. Kurz: Ein guter Song ist gut wegen seines Inhalts.
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hhv.de Mag Nr. 4 — Herbst/Winter 2013
Siehst Du dich als Kind einer rastlosen Generation?
Nein, ich denke in meiner Generation sind die Menschen glücklich darüber ein Auto zu bekommen, den Führerschein zu machen, zu erkunden. Aber heutzutage haben jüngere Menschen, meiner Erfahrung nach, keinen Führerschein. Vor allem in Nordamerika. Ich denke, durch das Internet sind die Menschen zufriedener. Während es für eine Menge Leute in früheren Generation immer darum ging umzuziehen, einen besser Job in einer größeren Stadt zu finden. Heutzutage erlebst du das in Amerika kaum noch. Ist eine Ästhetik, die über die Musik hinausgeht, wichtig für Dich?
Ich denke, Ästhetik ist entbehrlich. Wie zum Beispiel ›Fashion‹. Ich denke, es ist nur mächtig, wenn es gepaart ist mit dem, was du im Inneren bist. Zum Beispiel: Warum reizt uns dieselbe Lederjacke mehr, wenn wir sie an einem älteren Herren sehen als wenn sie ein Teenager trägt? Alt ist sie in beiden Fällen. Aber wir sind besessen von der Idee von Staub, der Echtheit, den Geschichten, den Lebenserfahrungen. Und das ist es, was ich verfolge: Die Ästhetik oder das Genre eines Sounds. Das alles ist austauschbar. Es kümmert mich nicht. Denn ich bin nicht in einer Band wie die Rolling Stones. Ich habe keinen Sound. Und das verbindet sich mit »Ich habe kein Zuhause«. Aber ich weiß, wer ich bin. Das bin ich. Ich bin die Person, die umherwandert, absorbiert und versucht das Leben ehrlich und echt zu leben und nett zu den Menschen zu sein. Dirty Beaches ist also music from the road? Ich glaube, dass die Musik den Menschen Gesellschaft leistet. Ich mag diese Idee. Ich mag nicht die Idee des Connaisseurs, der sagt »Ich mochte wirklich diese kleinen Anspielungen und Verweise an…« Es ist einfach Musik, die ich mag und sie ist ein Teil von mir. Menschen sagen, dass es keine Einzigartigkeit mehr gibt und ich bin da anderer Meinung. Unsere einzigartige Kombination von Dingen, die wir mögen, ist, was wir sind. All die Menschen mit denen ich aufgewachsen sind, ihre Gedanken, die Art sich anzuziehen, die Musik die sie mochten, sind in dem, was ich sage.
Ist dieser Unterschied zwischen den Generationen auch ein Grund dafür, dass du in deiner Musik viele Elemente aus der Vergangenheit benutzt - weil Dir die Musik und die Lebensart damals eher zugesagte?
Ich denke nicht. Eher glaube ich, dass ich für »Badlands« und alles, was ich davor gemacht habe, aus der Vergangenheit geschöpft habe. Leute reden immer über Nostalgie und das Referenzieren der Vergangenheit. Aber wenn du an alles denkst, das wir machen und leben… Alles ist aus der Vergangenheit. Das Konzept eines Stuhls ist nicht neu. Die Idee von einem Stuhl wurde einfach nur über die Jahrhunderte perfektioniert. Es ist ein ständiger Erneuerungsprozess. Und wenn es um Musik geht, wo die Leute immer über Referenzen und Blablabla reden… Kurz gesagt: Alles worüber wir reden ist aus der Vergangenheit. Es ist eine Akkumulation der menschlichen Existenz und Erneuerung und der Versuch Dinge zu readaptieren und in einen anderen Kontext zu setzen. Die Auseinandersetzung mit der Vergangenheit scheint dir so wichtig zu sein, auch um Echtheit und Reinheit zu finden. Du hast zum Beispiel deinen Stil dahingehend zurückverändert, wie er zu deinen College-Zeiten war…
…nun, es geht nicht allein um die Vergangenheit. Es geht vielmehr darum, jung zu sein, reiner in seinen Sinneswahrnehmungen zu sein, sich nicht von anderen Leuten beeinflussen zu lassen. Du magst etwas, weil du es magst und nicht weil andere Leute denken, dass es cool ist. Ich war sehr naiv, als ich jung war. Ich spielte einfach nur Basketball und scherte mich nicht um Kunst und Mode. Es fühlt sich einfach nur gut an, nicht zu analysieren und zu bewerten. Und das hat sich verändert?
Ja, natürlich. Es verändert sich für jeden. Insbesondere wenn man vom Zuhörer zu einem Musiker wird. Und ich will irgendwie zurück zu der Zeit, in der ich einfach nur zugehört und nicht kalkuliert habe. Was interessiert dich an Hip Hop?
Es hat damit zu tun, was für mich Musik ist. Ich bin kein Musikgenießer, ich sammele keine Platten. Ich sammele gar nichts. Und ich analysiere auch nicht. Hip Hop heißt für mich dahin zurück zu gehen, als ich in der Highschool war. Damals habe ich Musik am meisten geliebt, weil ich noch keine Vorurteile darüber hatte, wie die Sachen gemacht sind. Heutzutage muss ich mein Gehirn zwingen sich auszuschalten.
Dirty Beaches
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Dirty Beaches hhv.de Mag Nr. 4 — Herbst/Winter 2013
Was magst du am meisten?
Ich liebe Wu-Tang, ich liebe die Produktionen von RZA. Ich finde seine Loops und Samples weird, unkonventionell. Diese Faszination aus meiner Highschool-Zeit, ist immer noch in mir. Das heißt nicht, dass ich wüsste, wie man eine Hip HopPlatte macht.
machen! Es gibt Dinge, die du verlieren wirst. Und mit diesem Album haben wir die Richtung verändert, aber ich finde, der Inhalt ist derselbe geblieben. Wenn du von Inhalt sprichst, meinst du lyrischen Inhalt?
Nein, die ganze Präsentation, ich bin kein großer Dichter. Und ich bin kein Fan von versteckten Botschaften.
Wo findest Du Echtheit?
Bei Echtheit geht es nur darum, mit deiner Familie und Freunden verbunden zu sein. Und es geht nicht um finanzielle Gewinne, weil die können auch wieder verschwinden.
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Wie schwer ist es, ein Künstler zu sein, der nicht an finanzielle Aspekte denken will, aber gleichzeitig versuchen muss, zu überleben. Ich meine, Du hast an verschiedenen Orten gelebt und die verschiedensten Jobs gemacht.
Ich denke, der Unterschied zwischen früher und jetzt ist, dass ich jetzt mehr zu verlieren habe. Früher habe ich in einer Küche gearbeitet. In der Zeit konnte ich ein wirklich verrücktes Drone-Album machen und am nächsten Tag wusste ich, dass es nie jemand anhören würde. Und dann bin ich einfach zurück zur Arbeit gegangen und danach habe ich ein anderes Album gemacht. Aber wenn ich es heute so machen würde, würden mich die Fans kritisieren: Das kannst du doch nicht
OK, aber du sagst doch auch Sätze wie: »Love Is The Devil«. Was meinst du dann damit?
Nun, Liebe ist das, was Leute durchdrehen lässt. Es gibt nicht viele Dinge im Leben, die dich durchdrehen lassen können. Was verstehst du unter einem Zuhause?
Ein Bett. Nein, ich meine es ist einfach nur eine Collage aus Erinnerungen, vor allem wenn du in verschiedenen Orten gelebt hast. Suchst Du in deiner Musik nach Heimat?
Es ist nicht so, dass ich wirklich in meiner Musik nach einem Zuhause suche. Die Musik verkörpert einfach die Einflüsse, aus all den Orten, an denen ich war. – Dirty Beaches – Drifters / Love Is The Devil, 2LP 20.95 ¤
10 Protest Songs hhv.de Mag Nr. 4 — Herbst/Winter 2013
– 10 Protest Songs Yo u S h o u l d Sing Along To To d a y –
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Tex t: Fa b i a n S a u l I l l u s t r a t i o n: H a y l ey Wa r n h a m
Reggae gibt es einen regelrechten Sog von meist konstruktivem Liedgut, dass für eine bessere Welt antritt. Hip Hop war zwischen »The Revolution Will Not Be Televised« von Gill Scot-Heron und »Fight The Power« von Public Enemy per se eine Protestform und wurde eigentlich erst in den 1990er Jahren in einer ästhetischen Blase mit anderen Inhalten kommerzialisiert.
10 Protest Songs
»A Change Is Gonna Come«, sang einst Sam Cook. Er schuf damit weder nur eine Hymne der Bürgerrechtsbewegung, noch vollzog er damit nur die Säkularisierung des Souls, sondern er schuf hiermit lyrisch auch eine Art Blaupause des modernen Protestlieds. »It‘s been a long, a long time coming / But I know a change gonna come / oh yes it will« haftet noch die Bitte des Gebets an, v.a. aber greift die als self-fulfilling prophecy formulierte Hoffnung dem eigentlichen »Change« vorweg, »Ja, er wird kommen«, die Frage kennt schon ihre Antwort. Das spätestens, dürfte diejenigen, die sich an ihre Macht klammern, aufhorchen lassen. Musik, als eine Form von Widerstand, ist deswegen so wirksam, da sie die herkömmlichen politischen Wege unterwandert, weil sie ein Ventil, einen Ausdruck bietet, aber noch mehr, da sich in ihr eine Progressivität in Klängen und Worten manifestiert, die dem Sagbaren vorausgreift oder sich dem Tabu des Unsagbaren entzieht. Erst durch den Gesang, den persönlichen, die Stimme des Sängers, dann durch die Wiederholung des Einzelnen, dann die massenhafte Wiederholung, Übertragung, Vervielfältigung im gemeinsamen Singen, Skandieren, Rufen. Protestlieder kanalisieren Wut, Aggression, Trauer, Ohnmacht. Sie brechen aus dem Nichts über die Mächtigen herein, die die einzelne Stimme nicht, sondern erst den Chor gehört haben. Spätestens seit den 1960er Jahrenn, da die Rufe nach Revolution lauter, die Proteste um Frieden und Gleichberechtigung nicht mehr überhörbar wurden, gehören Protestlieder zum Allgemeingut. »Power To The People« und »Give Peace A Chance« von John Lennon, »Blowin‘ In The Wind« von Bob Dylan und »Get Up, Stand Up« von Bob Marley: Zwischen Folk, Flower Power und
Den Verheißungen folgen meist Illusionen und so haftet fast allen oben genannten Liedern eine gewisse Naivität an, die so kaum noch jemand teilt, die so kaum noch jemand inbrünstig singen will. Denkt man an Zeilen wie »We Shall Overcome« oder »Give Peace A Chance« und »Fight The Power« empfindet man eine Mischung aus Schmach und Müdigkeit. Dabei fehlt es nicht an Gründen. Ist die Zeit des Protestlieds vorbei? Keineswegs. Im Jahr 2011 hat das Time Magazine nicht einen Menschen als »Person of the Year« ausgezeichnet, sondern den Titel, stellvertretend für viele Protestbewegungen, an »The Protestor« verliehen. Von den Indignados in Spanien über Occupy Wall Street bis hin zu den arabischen Revolutionen. Von den chilenischen und kanadischen Studentenprotesten über die griechischen Proteste bis hin zur russischen Opposition. Lange nicht mehr haben so viele Menschen für ihr Recht den kollektiven Protest gesucht. Die ganze Welt ist auf der Straße – nur wir bleiben zu Hause. Musik ist als Mittel zu revolutionären Zwecken in verschiedenen Kontexten und Kulturen in den vergangenen drei Jahren jedenfalls wieder geworden. Unsere Auswahl von zehn Liedern ist zwar nicht repräsentativ für die gesamte Zeit, sollen dem Politischen in der Musik aber an dieser Stelle eine Bühne geben.
El Général »Rais Lebled« 2010
– Als El Général »Rais Lebled« im Dezember 2010 ins Internet stellt, ist die Jasmin-Revolution in Tunesien gerade eine Woche im Gang. »Herr Präsident, ihr Volk stirbt«: Mit dieser Botschaft und der ganzen Wut seiner aggressiven, pointierten Raps wird der Song schnell zur Hymne des Protests. Vor allem in Ägypten wurde Musik wenig später zum wichtigen Motor der Proteste in Nordafrika. Von Ramy Essam‘s »Erhal, Erhal« über Aida Al Ayouba‘s »Ya El Midan« und Mohamed Mounir‘s »Ezay« war der Tahir-Platz als Zentrum des Protests auch ein Zentrum der Musik. Bei der Revolution in Libyen war es insbesondere der Remix einer Gaddafi-Rede (»Zanga Zanga«) und Adel Al Mshiti’s »Sofa Nabqa Huna [We Will Stay Here]«, der den jungen progressiven Teil der Protestierenden einte.
– Arcade Fire »Ready To Start« 2010
– Der Song steht hier nicht wegen seiner politischen Dringlichkeit, doch weil er relevant ist, wenn es um Protest in unserer Zeit geht. Zum einen waren Aracde Fire die vielleicht prominentesten Unterstützer der Studentenproteste im kanadischen Quebec im vergangenen Jahr, zum anderen steht die Band für eine introvertierte Nachdenklichkeit, die moralisch aus einem Unbehagen heraus argumentiert. »Intervention«, »Rebellion (Lies)« und »Wake Up« gehören zum Protest-Repertoire der letzten Jahre. »Ready to Start« bleibt im Ungefähren, aber steht für genau jenes Gefühl »dass man doch eigentlich mal was machen müsste«. Am Ende gibt man sich meist dann doch mit einer Online-Petition zufrieden und was bleibt ist Unbehagen: »Now you‘re knocking at my door / Saying please come out with us tonight / But I would rather be alone / Than pretend I feel alright«. 95
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10 Protest Songs
Killer Mike »Burn« 2011
– »I say things that Jesus, Dr. King, Malcom X [sic] and Che Guevara said. I also say stuff that Fred Hampton, Alprentice Carter and Huey Newton said«: Kaum jemand hat im amerikanischen Hip Hop in den vergangenen Jahren so sehr politisch Stellung bezogen wie Killer Mike. Sein, ein Jahr später erschienenes, »Reagan« ist viel zitiert worden und endet mit den Worten »I‘m glad Reagan‘s dead«. Für »Burn« schlägt er mit einem Funkadelic-Feature einen Bogen zum Funk und Protest der Siebziger. »March to the Witch‘s Castle« von Funkadelic übte damals Kritik am Vietnam-Krieg. »Burn« haben Funkadelic das protesttaugliche »Yeah Yeah Yeah Yeah« geliehen und Killer Mike holt gegen die Enttäuschung der Obama-Jahre aus: »It seems a nigga can‘t get a job, but I can get arrested / Thought shit was changing with this Black president shit«.
– The Souljazz Orchestra »Ya Basta« 2012
hhv.de Mag Nr. 4 — Herbst/Winter 2013
– Seit ihrem Album »Solidarity« aus dem vergangenen Jahr gehören The Souljazz Orchestra aus Kanada zur Speerspitze eines zeitgenössischen politischen Souls, der Afrobeat, Jazz und Funk inkorporiert. Seit ihrem Song »Mista President« aus dem Jahr 2006 wurden sie jeher als Band mit einer politischen Botschaft wahrgenommen. »Are you listening Mista President?«, fragten sie damals und während der Chor noch »Mista President« skandierte und die Ansprache suchte, findet »Ya Basta« aus dem letzten Jahr, dass es nun wirklich reicht. Im Musikvideo tanzen die Massen auf den Straßen, während die verschiedensten despotischen Herrschaftsformen vom Chor nur ein »Ya Basta!«, »Genug!«, zu hören bekommen. Dieser hüftkreisende Abgesang auf die Unterdrückung gehört zum Protestvokabular unserer Zeit und reflektiert die weltweiten Proteste der vergangenen Jahre.
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Pussy Riot »Punk Prayer« 2012
– Die oppositionelle feministische Gruppe Pussy Riot macht Musik als Mittel zum Zweck. Ihre Konzerte sind Aktionen, die das Riot Grrrl Movement von Bikini Kill und anderen aus den 1990er Jahren eher zitiert als wiederbelebt. Der Song »Punk Prayer« wurde durch die dazugehörige Protestaktion in einer russisch-orthodoxen Kirche weltberühmt und zog viele solidarische Proteste nach sich. Wiedererkennungswert, war dann allerdings weniger die Musik, als die für die Band typische Mode und Maskierung. »Der Patriarch glaubt an Putin, obwohl er an Gott glauben sollte«, schrieen sie die Kritik an der Verbandelung von Staat und Kirche in »Punk Prayer« ins Mikrofon. Pussy Riot stehen an dieser Stelle auch für eine Reihe von feministischen performativen Protesten in den Ländern der ehemaligen Sowjetunion, wie etwa Femen aus der Ukraine.
– Desapareceidos »Te Amo Camila Valero« 2013
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»When tear gas falls and bullets fly / I‘m going to stay right by your side« In bester Dylan-Manier hatte Conor Oberst, bekannt als Bright Eyes, schon 2005 mit »When The President talks to God« einen der wichtigsten Protestlieder zur Bush-Ära gesungen. Nun hat er seine alte Punk-Formation Desapareceidos wiederbelebt und gleich drei 7-inches mit Protestliedern veröffentlicht, wobei »Te Amo Camila Valero« wohl der Höhepunkt dieser Veröffentlichungen ist. Die chilenische Studentenführerin, die 2011 mit dem von ihr angeführten Protest weitreichende Bildungsreformen erzwang, wird besungen und das mit herzzerreißender Naivität. Das ist ein Liebeslied aus einer anderen Zeit, wie hat man diese heisere Stimme und diese verzerrten Gitarren herbeigesehnt. Die streitbare »Person of the Year 2011« (The Guardian) »has a fire in her heart« und für knappe vier Minuten glaubt man, dass eine bessere Welt möglich ist: »Oh Camila - now the future is on the way«.
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2013
– Femi Kuti kommentiert auf »No Place For My Dream« zwar in erster Linie die Lage in seiner nigerianischen Heimat, nimmt aber auch Bezug auf die arabischen Revolutionen. Während »No Work No Job No Money« sich auf alle möglichen prekären Kontexte übertragen ließe, verdichtet sich der Kern seiner Kritik in »One Man Show«. Er warnt davor, dass die Menschen Protest nur so lange tragen wie er sie persönlich nichts kostet. Doch Reformen oder Revolutionen können nur glücken, wenn der Protest nicht zu einer One Man Show verkommt. Danach deklariert er gleich mal Revolutionen für ganz Afrika durch und der Chor skandiert: »Revolution for Nigeria / One man show / Revolution for Togo / One man show / Revolution for Benin / One man show / Revolution for Zimbabwe / One man show / …«
10 Protest Songs
Femi Kuti »One Man Show«
– PJ Harvey »The Words That Maketh Murder« 2011
– Nicht nur einer von PJ Harvey‘s stärksten Songs überhaupt, sondern auch ungewohnt politisch. »Let England Shake« beschäftigt sich mit dem Afghanistan-Krieg, England‘s Vergangenheit und Gegenwart und »The Words That Maketh Murder« ist der Höhepunkt dieses politischen aber undogmatischen Albums. Der Horror steht ihr ins Gesicht geschrieben wenn sie eingangs aus der Perspektive eines Soldaten singt: »I‘ve seen and done things I want to forget / I‘ve seen soldiers fall like lumps of meat / Blown and shot out beyond belief / Arms and legs were in the trees.« Für die Videos zum Album arbeitet sie mit dem Kriegsfotografen Seamus Murphy zusammen. Zu Ende des Liedes fragt sie zynisch im Chor: »What if I take my problem to the United Nations?« und irgendwie will man mitsingen. PJ Harvey schöpft aus der Brutalität des Liedes am Ende etwas Progressives und darin besteht die Größe dieses Liedes.
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TV On The Radio »No Future Shock« 2011
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Charles Bradley »The World (Is Going Up In Flames)« 2011
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Mit der gleichen Sanftheit und Größe wie schon Sam Cooke, und dem Schmerz persönlicher Betroffenheit schafft der »Screaming Eagle Of Soul« Charles Bradley eine introvertierte Hymne, die ziemlich zeitlos den Zeitgeist einfängt. »Don’t tell me how to live my life / When you never felt the pain« ist die Schlüsselzeile des Liedes. In nur wenigen Worten schafft Charles Bradley, und während er das tut kann man nicht anders als an seinen Lippen hängen, diese introvertierte Wut des Unverstandenen auf das ganz Große zu münzen: »Gotta be a better world / Gotta make it baby / Gotta make it right«. »No Time For Dreaming« kombiniert so auf geniale Weise die persönliche Leidensgeschichte ihres Protagonisten mit den Nöten der Welt im Jahr 2011. Es macht die Platte zu einer der wichtigsten Soul-Platten des 21. Jahrhunderts und »The World (Is Going Up In Flames)« zur zeitlosen Protesthymne.
Die auf ihrem Konzeptalbum »Nine Types Of Light« erschienene Nummer »No Future Shock« funktioniert als DanceNummer (»Oh dance! Don‘t stop! Do the no future, do the no future shock«) und ist doch eigentlich eine Hymne politischen Ungehorsams und unsicherer Zukunft (»You burned up all your credit / On a family of kids who pop your pills / And smoke your pipe / And after the war broke your piggy bank / The bastards broke the world this time«). »No Future Shock« gehört insofern in eine Reihe mit Outkast‘s »Hey Ya!« oder Elvis Costello‘s »Oliver‘s Army« - Lieder, die harmlos klingen und unter dieser Decke eine brutale Gewissheit verbergen. Das dem Punk entliehene »No Future« kam jedenfalls selten so hemdsärmelig daher - und hat bei TV On the Radio vielleicht gerade deswegen größere Dringlichkeit.
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hhv.de Mag Nr. 4 — Herbst/Winter 2013
Tex t: B j ö r n B i s c h o f f
– Neo – Judas –
Neo Judas
Neo Judas
»Einzige Konstante aus meiner Sicht, ist ein etwas seltsames Verständnis von Ästhetik und eine teilweise gewollt krüppelige Umsetzung.«
Unbehagen beim Betrachten verwandelt sich bald in Gewissheit, dass da mehr Wahres als Überzeichnung steht. Für Audio88 & Yassin entwarf Neo Judas das Cover zu »Nochmal zwei Herrengedeck, bitte«. Vollrausch hat niemand bisher besser dargestellt. »Der Kontakt zu Audio88 kam über das Internet. Damals war MySpace noch cool und ich habe rückblickend den Eindruck, dass die Leute etwas weniger gehemmt waren, aufeinander zuzugehen«, erzählt Neo Judas. »Jedenfalls ging es mir so. Ich hab Audio88 dort einfach angeschrieben und ihm meine Liebe gestanden. Er hat mich dann mit dem Dreh eines Videos zu ›Ballermannhits‹ beauftragt und mir die Gestaltung der ›Vorglühen EP‹ mit Yassin und Retrogott überlassen. Hat ihm gefallen.« Musik spielt beim Gestalten eine Rolle, logisch. Für Cover Artworks versucht Neo Judas, Stimmungen und Themen der Tracks abzubilden. »Musik hat aber generell auch immer einen großen Einfluss auf mich gehabt. Als ich ›Fantastic Damage‹ von El-P zum ersten Mal gehört habe, war das eine große Sache für mich. Ich habe von da an jedenfalls viel gestörteres Zeug gemacht«, sagt Neo Judas. Für die Zukunft sind Kooperationen mit HotOtt geplant, ein weiteres Artwork für Audio88 und die Gestaltung einer 10-inch für eloQuent und Warpath ist bereits fertiggestellt. »Ein absoluter Traum wären Arbeiten für Aesop Rock, El-P und MF Doom, deren Plattencover ich aber größtenteils schon gut finde und daher keinen Verbesserungsbedarf sehe. Das Album, welches gemessen am Stellenwert, das es bei mir persönlich einnimmt, am ehesten eine Überarbeitung verdient hätte, wäre wohl Company Flows ›Funcrusher Plus‹. Das finde ich wirklich ein bisschen hässlich«, so Neo Judas. Und was wären seine Ideen der Veränderung? »Kein’ Plan, was ich machen würde. Wahrscheinlich ein fürchterliches Ungetüm.« – Audio88 x Neo Judas, T-Shirt 19.95 ¤ Audio88 – EINERVONUNS, T-Shirt 19.95 ¤
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Keinen Name, kein Alter und keinen Wohnort gibt es von Neo Judas. »Aufgrund von Superschurkenanonymitätsfetisch, würde ich gerne auf die Angabe der abgefragten Basisdaten verzichten.« Seine Arbeiten finden sich bisher auf verschiedenen Covern, Shirts, im Internet und bei ihm zu Hause. »Ich freunde mich aber gerade mit dem Gedanken an, nächstes Jahr mal auszustellen.« Sein Stil ist geprägt durch einen, durch die ständige Wiederholung bestimmter Bildelelemente, verursachten Wiedererkennungseffekt. Immer wieder tauchen Vögel und Monstrositäten auf. »Einige Figuren unterliegen hierarchischen Strukturen. Die Vögel sind eher so untere Stufe. Typen mit Totenschädeln, Goldketten und Uzis sind dagegen mehr so die Bosse und Kings.« Neo Judas’ Bilder sind überladen und verwirrend, doch genau deswegen bleibt das Auge an den vielen Details hängen. »Es kommen auch immer neue Elemente hinzu, einige fallen weg und tauchen später in modifizierter Form wieder auf.« Grundlegende Veränderungen in Zukunft schließt Neo Judas nicht aus. »Einzige Konstante aus meiner Sicht, ist ein etwas seltsames Verständnis von Ästhetik und eine teilweise gewollt krüppelige Umsetzung«. Beeinflusst haben ihn dabei Comics, Zeichentrick und Actionfiguren, später kam Graffiti hinzu. »Vorbilder waren früher dementsprechend meist ältere Jungs, die krasser malen konnten als ich oder irgendwelche Comiczeichner.« Am meisten gefeiert über die Jahre hat er Werke wie »Akira«, »Preacher« und »Transmetropolitan«. »Der Einfluss ist heute auch nicht mehr so spürbar, denke ich«, so Neo Judas. Es sei mehr die Story gewesen, weswegen er die Serien gefeiert hat. Doch wer etwa den Comic von Warren Ellis um »Spider Jerusalem« kennt, dürfte ein paar Ähnlichkeiten in der gesamten Ästhetik entdecken – obwohl Neo Judas bereits einen sehr eigenständigen Stil hat. Einen sehr guten Stil noch dazu. Denn seine Werke zeichnen eine kalte Realität ab. Das
The Moving Still
– Big Sean Tex t: Philip p Kunz e
hhv.de Mag Nr. 4 — Herbst/Winter 2013
The Moving Still: Big Sean »10 2 10«
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– Im Video zu »10 2 10« bricht Big Sean unerwartet mit Protzerei und Prahlerei, die für Musik-Videos aus dem Hause G.O.O.D Music normalerweise üblich sind. Oder im Allgemeinen für Rapvideos von Künstlern aus der oberen Steuerklasse, bei denen »Swag« im Wörterbuch vor »Seele« steht. Dazu gehört gewöhnlich auch Big Sean. Doch im Video zu »10 2 10« spürt der Betrachter die Anwesenheit von etwas, das größer ist als das Künstler-Ego. Gewaltige Naturaufnahmen von den rustikalen Teilen Hawaiis, gepaart mit einem Instrumental, dass die drogengetränkte Paranoia zurück in das Trap-House treibt, verleihen den Bildern die unheilvolle Mächtigkeit eines Filmes wie »Shutter Island«. Zwar ist auch Big
Sean im Video wahrscheinlich in Alexander Wang, Givenchy o.ä. gekleidet, doch verblasst diese stoffgewordene Verlängerung des Egos in Angesicht des drohenden Verlusts: »nightmares of losing everything boost my adrenaline«, kreischt der Rapper aus Chicago. Die Stimme bricht. Eine größere Notwendigkeit treibt Big Sean über die Insel und es ist nicht klar, ob es sich dabei um ein (Alb)traum handelt oder nicht. Sicher ist nur, dass Verlustängste, auch evoziert, durch die für den Menschen unüberkommbare Macht der Natur, nicht zulassen, die Jagd nach Dollarno-
ten, Autos und »big booty hos« zu glorifizieren. »I‘m sippin‘, poppin‘, smokin‘ on whatever take the pressure of«, rappt er. Der Eindruck, das Big Sean im Video in einem fiebrigen Delirium rastlos über die Insel wandert, wird verstärkt. Was ist echt und was nicht? Wer bei Minute 1:51 in den rechten unteren Bildrand guckt, sieht etwas, das über die Klippen krabbelt. Eine verpixelte Riesenspinne oder so. Jedenfalls kein reales Wesen. Das ist auch die Kunstfigur Big Sean nicht – und das gesteht er sich hier ein. – Big Sean – Hall Of Fame, 2LP 21.95 ¤, CD 16.95 ¤
In »The Fine Line« nehmen wir auf hhv-mag.com Monat für Monat eine Textzeile, einen Wortfetzen, einen kurzen lyrischen Impuls und suchen in ihm und von ihm ausgehend nach einer Geschichte, spüren einem Gedanken nach.
My Latest Epiphany
Au f gez ei ch n et vo n P h i l i pp Ku n z e
– HADE My Latest Epiphany
– kommen – ich wollte da irgendwas draus machen. Jedenfalls war da halt so der Gedanke wieder: Ah ja, Phil Collins – the man! Ich habe erst die letzten Tage so Edits entdeckt, also habe da bei Soundcloud so einen Typen gefunden. Strictly 160 / 170-BPM-Juke-Mucke. Ich weiß nicht, wo der herkommt und ich weiß nicht, wie alt der ist, jedenfalls hat der so zehn Songs in seinem Spotlight drin. Und der hat erstens »Hyperballad« von Björk – ich sag mal – »vergewaltigt« und dann noch »Throwin‘ It All Away« von Genesis… und damit kriegt man mich einfach! Aber, wer mich den ganzen Sommer über begleitet hat, war Eden Ahbez. Das ist irgendwie so ein Guru / Alt-Hippie, der halt so Tropical-
Mucke in den Sechzigern gemacht hat. So Hippie-Tropical. »Exotica« nennt sich das Genre. Und dann habe ich halt einfach bei so einem Streaming-Dienst »Exotica« eingegeben und ich habe mich gefühlt wie Cosmo Kramer mit ‘ner Lavalampe in der Ecke und habe den ganzen Tag nur so »Exotica«-Mucke gehört und habe mich so Kramer- / Mad-Men-mäßig gefühlt. Das war so dieses 60s-Balkon-Ach-Lass-MalNoch-Einen-Old-Fashioned-Trinken… das war mein Sommermoment, was Neuentdeckungen anging. Fand ich total geil.
– HADE + DWFL – The Healthiest Man In Chicago, LP 14.95 ¤
My Latest Epiphany fragt Monat für Monat auf hhv-mag.com nach einer jüngeren Begegnung der besonderen Art, sei sie persönlich, ästhetisch, konstruktiv oder chaotisch – und Künstler antworten.
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Mein Kurzzeitgedächtnis ist wirklich das einer Taube… Ich guck‘ einfach mal in mein Telefon, was da so ist. Okay, das ist jetzt wahrscheinlich so ‘ne Antwort, die bei vielen ein »Hööää, was?« auslöst, aber ich fand z.B dieses Alchemist / ProdigyMixtape so uuuuultrageil. Ich freu‘ mich ja immer darüber, wenn man von Künstlern so ‘ne gewisse Erwartungshaltung erfüllt bekommt. Also ich stehe total auf Alchemist. Spätestens, seit den ganzen Gangrene-Sachen, die ich sehr gefeiert habe. Aber ich bin halt auch ultra Mobb Deep… also ein Mobb-Deep-Ultra. Vielleicht lasse ich mir das tätowieren. Aber was ich nicht vergessen will: Ich hab‘ »Invisible Touch« wieder ausgegraben und da ist dieser »Domino Part 1« drauf… ich habe den auch schon in einem Arrangement drin, habe aber noch nichts hinbe-
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hhv.de Mag Nr. 4 — Herbst/Winter 2013
– Staple – Design –
Tex t: B j ö r n B i s c h o f f
Staple Design
Staple Design
»Das erste Wort, das mir da einfällt ist Bullshit. Mode ist Bullshit.« Und das von Jeff Ng, dem Gründer von Staple Design, einem Unternehmen, das auf vielen verschiedenen Kanälen operiert. Auf der einen Seite ist Staple Design ein Studio, eine Agentur, auf der anderen Seite bringt es eine Modelinie für Männer mit dem Titel »Staple Pigeon« und ein Magazin heraus. »Manche Leute denken, dass sie Klamotten tragen, weil sie Klamotten tragen müssen. Merkwürdig, dass das von jemandem kommt, der eine Modelinie hat, aber ich denke, wenn du Mode zu ernst nimmst, dann ist es einfach Scheiße.« Es geht Jeff Ng nicht um Shirts, nicht darum einen dritten Ärmel am Oberteil unterzubringen oder den Kragen neu zu definieren. Bei Staple Design steht eine Botschaft im Vordergrund und Mode ist für Jeff Ng nur ein Medium, um die Menschen zu erreichen. »Wir möchten Klamotten machen für Leute, die ein bisschen anders, ein bisschen schräger denken, für die Leute, die sich einem positiven sozial-ausbreitenden Lebensstil verschrieben haben«, so Ng. »Dagegen steht dann dieses Dilbert-Leben, einstempeln, ausstempeln, sein Leben und seine Kinder hassen, die Scheidung wollen, die Leasingrate nicht zahlen können und das alles nicht mehr ertragen können. Du solltest das Leben so nicht leben, du hast die Kraft, das zu ändern. Dafür machen wir Klamotten.« Freies Denken. Dinge tun, die einen glücklich machen. Es kann so einfach sein. Knapp 35 Leute arbeiten mittlerweile in den verschiedenen Bereichen für Staple Design. Geboren wurde Jeff Ng in New Jersey, zog dann aber 1993 nach New York City. Vier Jahre später startete er dann Staple Design. Per Siebdruck erstellte er damals in der Kunstschule T-Shirts. Dafür brach er in der Nacht ins entsprechende Arbeitszimmer dort ein. So entstanden dann zehn
gute Shirts auf einmal – zwanzig Oberteile wanderten aber in die Tonne. Neben zahlreichen Jobs als Selbständiger, bei denen er das Design für Flyer, Albencover und Bandlogos machte, marschierte Ng an seinem Geburtstag damals in eine Boutique namens »Triple Five Soul«. Natürlich hatte er sein eigenes Shirt an und der Ladenbesitzer gab vor Begeisterung die erste Bestellung auf. Vielleicht liest sich diese Geschichte aus dem Pressetext zu schön, um wahr zu sein, aber sie ist auch zu schön, um Jeff Ng nicht passiert zu sein. Die positive Botschaft von Staple Design passt zu so einem urbanen Märchen der Gegenwart. Obwohl die Marke mit der Taube vornehmlich Männer anspricht, breitet sich die Idee aus. Auch Frauen tragen mittlerweile Sachen von Staple Design. »Auch wenn es um den musikalischen Geschmack geht, lässt sich das nicht auf ein Genre begrenzen. Es ist nicht nur HipHop, es ist genauso Punk und Dance, Techno, Bass und Country«, sagt Ng. »Auch wenn es um die persönlichen Interessen geht – manche mögen nicht einmal Musik, sondern sind vielleicht literarische Köpfe. Manche sind Poeten, andere Bauarbeiter.« Die Universalität von Staple Design zieht. Und hat nichts mit Beliebigkeit zu tun. Aus der Taube, der Ratte der Lüfte, hat Ng ein Logo mit Wiedererkennungswert geschaffen. Und nicht nur den Vogel, sondern auch ihren Dreck hat er sich rechtlich sichern lassen, als Teil der Marke. Die Taube als liebenswerte Marke, das hat funktioniert. Es geht bei Staple Design um Inspiration, um Ideen. Mode ist in der Tat nur Bullshit dagegen. »Ich mag einfach, was ich tue und ganz ehrlich: Wenn ich das, was ich die letzten Jahre gemacht habe, in den nächsten siebzehn, achtzehn Jahren machen kann, dann werde ich eine sehr glückliche Person sein«, sagt Ng. »Ich möchte aufwachen und lieben, was ich tue – und das habe ich bisher gemacht, deswegen werde ich das weiter tun.« –
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Here Come The Breaks! hhv.de Mag Nr. 4 — Herbst/Winter 2013
– Here Come The Breaks! Vom Vinyl-Scratch zur Digitalisierung. Anfang Oktober fanden in London die DMC World DJ Championships statt. Zum 30. Geburtstag der Veranstaltung blicken wir mit Legenden und ehemaligen Preisträgern auf eine lange Tradition der DJ-Kunst zurück
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Tex t: J e ns Pa c h o l s k y Fo to: To b i a s H o f fm a n n / P h y r eWo rX (S .1 0 1 u. 1 0 2)
Als 1985 der Brite Roger Johnson den ersten Titel als »DMC World Champion« nach Hause nahm, galt er noch als derjenige, der den besten Mix verschiedener Tracks lieferte. Kein Wunder, denn Tony Prince gründete 1983 seinen Disco Mix Club (DMC) als DJ Remix Service. Diese hatten seit 1977 Club-DJs mit für den Dancefloor optimierten Edits bekannter Disco-Songs versorgt. Es ging darum, die besten Häppchen eines Songs zu verlängern, um die Partymeute zum Rocken zu bringen und dort auch zu halten – sozusagen die Industrialisierung dessen, was die Jam-DJs der jungen Hip Hop-Bewegung live taten. Von Scratches, Juggles und Bodytricks war da noch keine Rede. Noch nicht, denn nur ein Jahr später veränderte der Amerikaner DJ Cheese das gesamte Spiel und definierte 1986 den ersten Standard für internationale DJ Battles: das
Scratchen. Die DJs kämpften sich in der Folge mit immer neueren Innovationen durch die Gegnerschaft. 1987 nutzte Chad Jackson einen Billard-Cue zum Scratchen. DJ-Legende Cash Money drehte erstmals die Plattenspieler um 90 Grad (mit Tonarm nach hinten) und nahm 1988 den Titel mit seinem Transformer Scratch. Ein Jahr später folgte der Brite Cutmaster Swift und setzte mit seinem Copycat den zweiten Standard des DJ Battles: das Beat Juggling. 1990 und 1991 schlussendlich stemmte sich DJ David aus Deutschland auf seinen Plattenteller und ließ sich als lebende Schallplatte mitdrehen: die Bodytricks hielten Einzug. Die Routines (eine selbstkomponierte Abfolge von Techniken – Scratches, Beat Juggling etc. – bei dem die verwendeten Samples in neue Pattern gebracht werden) wurden immer komplexer.
Here Come The Breaks!
DJ Shiftee, Gewinner des 2009 DMC World Championship
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Here Come The Breaks!
»Jetzt leben wir in einer Welt, wo technisch gesehen, alles gesagt wurde. Was großartig ist, da es alles in eine stärker musikalische Richtung gedrängt hat und man wirklich neue Musik kreieren möchte.«
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hhv.de Mag Nr. 4 — Herbst/Winter 2013
DJ S w itc h
Von der Innovation zur Routine und zurück
Von Mathematikern und Rampensäuen
Damit waren die Grundlagen für DJ Battles gelegt, die sich auf musikalischer Ebene ab den 1990er Jahren als Turntablism austoben würden. Und eigentlich hat sich seitdem an den Elementen nicht viel geändert. Trotzdem sind selbst Veteranen wie Cash Money und Cutmaster Swift noch immer aktiv und im Geschäft. DJ Shiftee hat nach seiner Krönung zum DMC World Supremacy Champion (1-on-1 DJ Battle) sogar seine Abschluss in Harvard hinter sich gebracht, während DJ-Genie QBert mittlerweile eine Scratch-Akademie betreibt. Was hält die Wheels of Steel also am Laufen?
Dementsprechend unterschiedlich sind die Ansätze, welche die DJs im Turntablism verfolgen – vom Pragmatiker über den Spirituellen, die Komiker bis zum Mathematiker prägt die Persönlichkeit der DJs die Ergebnisse hinter den Plattentellern. DJ QBert: Ich liebe es, einen guten flow, eine einzigartige Kadenz, eine verrückte Wendung, neue Techniken, süße Melodien oder ein komponiertes Scratch-Pattern zu hören. All diese funky Musiktheorie. Aber es muss auch den spirituellen Aspekt beinhalten, damit die musikalische Ausformulierung eine andere Welt eröffnet – wenn der Scratcher es schafft, seine Cuts um die gerade Linie tanzen zu lassen und mit all den seltsamen Rhythmen abseits der mathematischen Kartierung zu spielen. Kurz, ich mag es, wenn ich die Magie Gottes durch all das fließen höre. HI-C, Kireek: Also unsere Philosophie ist »das Gesetz von BPM und RPM«. Streng geheim! DJ Shiftee: Manchmal habe ich eine rein technische Idee, wie ich mit dem Equipment interagieren möchte. Wie zum Beispiel bei meiner Mercy-Routine, die aus Ideen besteht, die mit der genutzten Musik nichts zu tun haben. Also nach dem Konzept: Ich möchte x UND y UND z machen. Egal womit. DJ Switch: Die meisten meiner Routinen starten bei einem bestimmten Break, den ich irgendwo höre – ein Abschnitt mit einem interessanten Arrangement von Beats und Sounds. Und daraus beschwöre ich dann Ideen, wie ich diese Beats in völlig neue Pattern umsequenzieren kann. Jack, The Mixfitz: Wenn du eine gute Idee davon hast, welche Tracks du verwenden möchtest, entwickelt sich die Routine von ganz allein. Einige Tracks sagen dir einfach, wo du hin musst. Cutmaster Swift: Naja, du musst erst einmal die Techniken draufhaben oder es wird eine große Sauerei. DJ Cash Money: Turntablism ist zwar schön und gut, aber du musst auch die Party rocken können. Cross, The Mixfitz: Ja, ich denke, das Scratching ist sehr wissenschaftlich und mathematisch geworden. Die Scratches einiger Typen sind echt krank. Aber wahrscheinlich sind sie dafür komplett unfähig, einen Dancefloor zu rocken oder Platten zu mixen. Damented, The Mixfitz: Ich denke, die grundlegende Idee
DJ Cash Money: Für mich ist es nach wie vor die Musik und die Suche nach den Sachen, die bisher kein DJ gemacht hat. HI-C, Kireek: Ja, ich finde im Turntablism einfach jedes Mal etwas Neues. DJ Switch: Ab Tag Eins ging es mir um DJ-Battles – eine Routine zusammenzusetzen und zu performen, also den Teil eines Tracks zu schnappen und ihn live zu etwas Neuem zu mixen. DJ Shiftee: Ich fokussiere mich heutzutage darauf, mich als DJ und Künstler weiterzuentwickeln. QBert: Man kann das mit einem Kung Fu-Meister oder Jazzmusiker vergleichen. Man möchte besser werden und Neues entdecken.
Trotz definierter Techniken gibt es scheinbar ausreichend unbekanntes Terrain zu erobern – in der Breite und Tiefe. Hip Hop in all seinen Elementen ist seit Anbeginn eine Kultur des Samplings. der Wiederverwertung und Dekonstruktion. Damit ist es auch eine Kultur, der unendlich viel Input und Kombinationsmöglichkeiten offenstehen, aus denen komplett Neues entstehen kann. Im Turntablism hat dieses Kollagenkleben sein Paradies gefunden. So verwundert es nicht, dass auch heute die DJ Champions nicht aus der Retorte kommen, sondern komplett unterschiedliche Stile vertreten: Die akademische Klarheit von DJ Shiftee; der dissende Groove von DJ Switch; der experimentierfreudige Humor von Kireek; der professionelle Jazzansatz von QBert; oder die präzise Musikalität der The Mixfitz. Die Finalsets der DMCSieger könnten unterschiedlicher nicht sein.
Here Come The Breaks!
hinter allem ist die Aussage von DJ Babu, das der Turntablist jemand ist, der den Plattenspieler als Instrument verwendet. Zwischen Vinyl, Nullen und Einsen
Der DJ ist vom reinen »Selector« der richtigen Platten zum Musiker avanciert, der neue Welten erschließt und Musik in Form von Sets und Routines neu komponiert. Das DJing ist dabei in eine Zwickmühle geraten, die ein wenig mehr als ein Generationsproblem zu sein scheint. Mit der Digitalisierung des DJings eröffneten sich zum einen neue musikalische Möglichkeiten. Auch reduzieren sich signifikant die Bandscheibenvorfälle. Gleichzeitig führte es – ähnlich wie in der Musikproduktion – zu einem Verlust der handwerklichen Anforderungen. Wozu an den Plattentellern arbeiten und improvisieren, wenn alle Tracks mit Cue-Points vorbereitet sind und per Knopfdruck angeglichen werden können? Für DJ Cash Money ist die Entscheidung daher klar: »Vinyl ALL DAY LONG! So bin ich halt geworden, was ich bin.« Generell akzeptieren es die DJs aber vielmehr als natürliche Evolution.
scheint jeder und seine Mutter DJ geworden zu sein. Und ich denke, das hat auch das Interesse an Plattenspielern und insbesondere Turntablism genommen. DJ Cash Money: Die DJs scheinen heute Computer-Geeks zu sein. Sie schauen nie zum Publikum, nur auf ihre Computer. Auf der anderen Seite sind die DJs ihrem Traum des Musikers nun näher denn je. DJ Switch: Jetzt leben wir in einer Welt, wo technisch gesehen, alles gesagt wurde. Was großartig ist, da es alles in eine stärker musikalische Richtung gedrängt hat und man wirklich neue Musik kreieren möchte. Die Battle-Szene reflektiert das sehr gut. Denn durch die Digitalisierung hat jeder DJ jetzt die volle Kontrolle über seine Sounds. Damented, The Mixfitz: Um ehrlich zu sein, haben digitale Vinylsysteme (wie Serato) der Battle-Szene das Leben gerettet. Vom musikalischen Standpunkt kannst du mit einer regulären Vinylscheibe nur begrenzt agieren. Musik jedoch zu komponieren, neu zu arrangieren und es direkt zurecht zu schneiden, eröffnet komplett neue Möglichkeiten. DJ Shiftee: Es ist jetzt so verdammt einfach, eigenes Material zu produzieren, während du vorher ausschließlich mit den Platten
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Und diese kommt mit einem Verlust vergangener Werte. Cutmaster Swift: Ich habe kein Problem mit digital. Meine einzige Kritik besteht im Live-Element, da einige DJs ihre Musik vormanipulieren und -editieren.
Jack, The Mixfitz: Durch das digitale DJing und die CDJs
Here Come The Breaks!
vorlieb nehmen musstest, die du gerade zur Hand hattest. Das Gefühl von Vinyl ist jedoch unschlagbar. HI-C, Kireek: Digitale Daten durch eine analoge Platte zu kontrollieren, ist doch eigentlich das Zusammenführen ihrer beiden Stärken, oder? Das Gleichgewicht bestimmt alles um uns. Manchmal verwende ich mein iPhone für Memos und manchmal meinen Stift. Verstehst du?
DMC World Champions recommend Turntablism records
Letztendlich hört der Battle nicht bei Technologie und Technik auf, sondern im Kopf. Hier werden Battles gewonnen oder verloren. Cutmaster Swift: Aus Wettbewerbsperspektive würde ich sagen: Wenn du gewinnen willst, stelle dich darauf ein, zu verlieren. DJ QBert: Das erste Mal DMC 1991 verlief für mich folgendermaßen: Anfangs sah ich es einfach als Training, um meine Skills zu verbessern. Mir war egal, ob ich verlieren oder gewinnen würde. Und ich gewann. Dann ging es als USA Champion zu den DMC World Champion Vorausscheid – und ich gewann auch hier. Am nächsten Tag stand ich im Finale. Und meine Einstellung veränderte sich. Ich wurde arrogant und dachte, ich müsste nicht mehr trainieren. Ich hätte das Ding ja schon im Kasten. Ich verlor in diesem Jahr und wurde Zweiter. Das hat mich vor allem eines gelehrt: Demut und Respekt vor der Kunst. –
DJ QBert (USA): World Champion 1992 (als Rocksteady DJs mit Apollo & Mix Master Mike); World Champion 1993 / 1994 (als Dream Team mit Mix Master Mike) – Skratchy Seal - SuperSeal Breaks – Skratchy Seal - Superseal 4d – Psychedelic Skratch Bastards - Battle Breaks
DJ Cash Money (USA): DMC World Champion 1988
– Trouble Funk - Pump Me Up – Biz Markie - Nobody Beats The Biz – DJ Cash Money & Marvelous - Ugly People Be Quiet
Cutmaster Swift (UK): DMC World Champion 1989
– Fab Five Freddy - Change the Beat – Incredible Bongo Band - Apache DJ Shiftee (USA): DMC World Supremacy, 2007;
DMC World Champion 2009 Scratch / Break Records: – DJ Flare - Hee Haw Breaks – Vand Vand - Tayrald Break – Mike Boo - Soul Canvas Turntablism Records: – QBert - Wave Twisters – Kid Koala - Some Of My Best Friends Are DJs – D-Styles - Phantazmagorea DJ Switch (UK): DMC World Supremacy 2008, 2009, 2010
– The Avalanches - Frontier Psychiatrist – 2Tall - Shifting Tides – DJ Yoda - Hot To Cut & Paste Vol 1 Kireek (aka HI-C und Yasa) (JP): DMC World Team Champions
2007, 2008, 2009, 2010, 2011 – Kode IV - Scratch Attack! – v.a. - Turntables by the Bay – DJQBert - Wave Twister The Mixfitz (BE): World Team Champions 2012 The Mixfitz‘ DJ Damented
– D-Styles - Phantazmagorea – The Turntablist (aka DJ Babu) - Superduckbreaks – The Mixfitz - Black Gold The Mixfitz‘ DJ Cross
– The Mixfitzs - Black Gold – DJ QBert - Super Seal – DJ Flare - Hee Haw Breaks The Mixfitz‘ DJ Jack
– Melo D - A Million Dollar Black Jack Breaks – Killa Tactics - Belt Drive Breaks – The Mixfitz - Black Gold Eine große Auswahl an Scratch- und Turntablism-Platten findest du bei hhv.de.
hhv.de Mag Nr. 4 — Herbst/Winter 2013
Ray-Ban − Original Wayfarer Sunglasses, 149.95 ¤ | Mishka − Boss Bi-Fold Wallet, 27.95 ¤ | Cheap Monday − Francis Scarf, 44.95 ¤
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Salon zur goldenen Jahreszeit
– Salon– zur–goldenen– Jahreszeit
Fotos: LGB5
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Iriedaily − Stainless 2 Belt, 19.95 ¤ | Supra − Stacks, 59.95 ¤
Le Coq Sportif − Eclat Suede, 89.95 ¤ | Iriedaily − Hipster Hoodie, 69.95 ¤ Wemoto − Trevor 5-Panel Cap, 29.95 ¤ | Carhartt − Savant Pants Hubbard, 109.95 ¤
LRG − Cult Classic Letterman Zip-Up Hoodie, 99.95 ¤ | Acrylick − Woodland Script T-Shirt, 29.95 ¤
Salon zur goldenen Jahreszeit
hhv.de Mag Nr. 4 — Herbst/Winter 2013
New Era − Special Edition Note Cap, 34.95 ¤ | Carhartt − Anglistic V-Neck Cardigan, 109.95 ¤ | Wemoto − Pyramid T-Shirt, 34.95 ¤ Carhartt − Slim Pants Louisiana, 89.95 ¤ | KangaROOS − Coil-R1, 99.95 ¤
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Salon zur goldenen Jahreszeit
YKRA − Matra Mini Leather Strap & Bottom Backpack, 129.95 ¤
Iriedaily − Smurpher Heavy Beanie, 19.95 ¤ | Nike − Air Max 1 PRM, 139.95 ¤ | adidas − Feather Leggings, 34.95 ¤ Iriedaily − Freakn Pocket Women T-Shirt, 29.95 ¤ | Nike − Packable Camo Trail Women Jacket, 84.95 ¤
The Quiet Life − Ikat 5 Panel Cap, 42.95 ¤ | Vans − Spicoli 4 Shades, 14.95 ¤
Salon zur goldenen Jahreszeit
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hhv.de Mag Nr. 4 — Herbst/Winter 2013
Nike − AW77 Cuff Fleece Pants, 44.95 ¤ | LRG − Panda Camo Jacket, 159.95 ¤ | Undefeated − Camo Hoodie, 99.95 ¤ Carhartt − Norton Backpack, 149.95 ¤ | New Era − New York Yankees MLB League Basic 59Fifty Cap, 34.95 ¤
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Photograph: Michael Theel Styling: Lena Mwinkand‘ Haare & Make-Up: Anna Obendieck Models: Chantalle (Studio 7) & Byrdi (VIVA)
Stitches To Wear
– Stitches– To – We a r
Jordan Brand − Girls Air Jordan 4 Retro GS, 119.95 ¤ | Acrylick − Cement Leggings, 63.95 ¤ Wemoto − Corinne Short Dress, 39.95 ¤ | Vans − Chambers Backpack, 44.95 ¤ | Iriedaily − Smurpher Heavy Beanie, 19.95 ¤
Supra − S1W, 99.95 ¤ | adidas − Sweat Pants, 64.95 ¤ | Stüssy − Basic Logo Tank Top, 29.95 ¤ adidas − Colorado Windbreaker, 69.95 ¤ | Rockwell − Misspelled Logo Beanie, 29.95 ¤
Asics − Gel-Lyte III, 119.95 ¤ | Nikita − Dream Jeans, 99.95 ¤ | Wemoto − MDNN Women T-Shirt, 34.95 ¤ Iriedaily − Freakn Baseball Sweat Women Jacket, 79.95 ¤ | Wemoto − North Beanie, 19.95 ¤
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Nike − Air Force 1 Mid ‚07, 109.95 ¤ | Lee − Blake Pants, 79.95 ¤ | Obey − The City Snapback Cap, 34.95 ¤ Mishka − Foley Letterman Jacket, 212.95 ¤ | LRG − Core Collection Six T-Shirt, 29.95 ¤
Stitches To Wear
Asics − Gt-II, 109.95 ¤ | Edwin − ED-55 Relaxed Pants, 119.95 ¤ | Iriedaily − Baseball Shuffle Longsleeve, 39.95 ¤ Carhartt − Car-Lux Hooded Thermo Sweater, 129.95 ¤ | WeSC − Club W Flannel Snapback Cap, 34.95 ¤
Nike − WMNS Free Run 2 EXT, 114.95 ¤ | Cleptomanicx − Bhumi Women Pants, 69.95 ¤ Cleptomanicx − Saimo Loose Women T-Shirt, 34.95 ¤ | Iriedaily − Camou Goerli Women Parka, 149.95 ¤
Stitches To Wear
Cleptomanicx − Organicx Melange Dress, 44.95 ¤ | adidas − Leopard Leggings, 34.95 ¤ | adidas − Azurine Low, 74.95 ¤ adidas − Leopard WB Women Zip-Up Hoodie, 79.95 ¤
hhv.de Mag Nr. 4 — Herbst/Winter 2013
Nike − Air Trainer SC II, 119.95 ¤ | Nike − AW77 Cuff Fleece Pants, 44.95 ¤ | LRG − Team Cycle Crewneck Sweater, 59.95 ¤ LRG − Core Collection Faux Leather Jacket, 129.95 ¤ | Carhartt − Clan Scarf, 49.95 ¤ Acrylick − First Letter Snapback Cap, 37.95 ¤
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The North Face − Flyweight Duffel Bag L, 54.95 ¤ | Nike − Packable Camo Trail Women Jacket, 84.95 ¤ | Cleptomanicx − Organicx Dress, 44.95 ¤
Stitches To Wear
hhv.de Mag Nr. 4 — Herbst/Winter 2013
Club Mate - 10 Jahre hhv.de Beutel & T-Shirt und Erinnerungen an eine großartige Zeit | Arbeitsmaterial: Firmenstempel, Kugelschreiber, Bleistift und Anspitzer | Apfel, Vitamine sind wichtig »Das Backbuch« aus dem Verlag für die Frau | 5-stöckiger Ablagenturm | Konzertticket vom 8.8.2013 , »Heinze & Richter ft. Pilskills«, großartiges Geburtstagsgeschenk für und von Tanja und Elke Arbeitsgesetze | Irie Daily-Kaffeetasse | Handy und Schlüsselbund | unverzichtbares Arbeitsinstrument: Taschenrechner (Casio) | schönster Nagellack HIPHOPVINYL.DE No.001 - Funkfurter Tor (60 minutes funk mixed by Pilskills, 2003) | Bilderrahmen, gekauft in kleinem Laden in Friedrichshain - iPod und Kopfhörer - Ventilator
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Abteilung: Buchhaltung
Kristin Ulrich
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In Search Of The Crew
– In–Search–Of–The–Crew
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Vollkornbrötchen von Hartwich | Moleskine Kalender | Sojadrink von Alnatura | Kaffee | Club Mate | Basilikum Streich von Zwergenwiese | Verrückte Hunde LP »1x1=1« Sticker »Shit statt Scheiss« von Manufucktur.de Berlin-Neukölln | Eimsbush »Samy Deluxe« Demotape | Too Strong CD »Intercity Funk« | Splash! Bändchen 2002 (2000 war nicht zu finden) Sonnenbrille Alpina | Sennheiser Kopfhörer PX-200 II (während der Garantiezeit 6x zurückgeschickt, danach selbst ne klinke drangelötet) | Konzertkarte von Nneka live am 31.10.2011 im Kesselhaus in Berlin Superstar Sneakerchain | Telefon Gigaset | Handytelefon | Stifte | Tesa Button | Handcreme unter der Monitorerhöhung Marke Eigenbau versteckt | 2 bis 3 gelbe Zettel
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Abteilung: Einkauf Clothing
Chris Weidtke
In Search Of The Crew
Herschel Supply Co. hhv.de Mag Nr. 4 — Herbst/Winter 2013 120
– Herschel– Supply– Co.
Herschel ist der Name der kleinen kanadischen Ortschaft, in die Peter Alexander Cormack und seine Frau Annie aus Wick in Schottland um 1900 übersiedelten. Die kanadische Regierung hat zu dieser Zeit Immigranten ins Land gelockt, in dem sie ihnen Land zur Bewirtschaftung und Aufbau einer neuen Existenz zur Verfügung stellten. Die Cormacks siedelten in eine hügelige Landschaft, in unmittelbarer Nähe zu der, auch heute noch nur 30 Einwohner zählenden, Ortschaft und gingen ihrem erlernten Beruf nach. Sie waren Fassbinder. Hundert Jahre später fertigen die Urenkel Jamie und Lyndon Cormack keine Fässer mehr, sondern Rucksäcke und Taschen. Was bleibt, ist die Konzentration auf hochwertige Handwerkskunst. Inspiriert von klassischer Bergsteigerausrüstung, von diversen Reisen rund um die Welt und dem amerikanischen Bedürfnis nach Freiheit und Individualismus, stellt Herschel Supply Co. seit 2009 qualitativ hochwertige Gepäckstücke her. Ihre Designs verbinden Vergangenes, Aktuelles und Zukünftiges und sind für stilbewusste Trendsetter ebenso interessant, wie für auf Robustheit setzende Naturliebhaber. Die Taschen sind vielseitig und passen sich den verschiedenen, im Alltag zu bewältigenden Situationen mit einer gewissen Lockerheit an. Das begründet, weshalb Herschel seit geraumer Zeit nun die Straßen Europas erobert. –
Herschel Supply Co. hat uns Rucksäcke, Taschen und Laptop-Sleeves im Wert von über 1.000 EUR aus ihrer neuen Kollektion zur Verlosung zur Verfügung gestellt. Um teilzunehmen, musst du nichts weiter tun, als uns eine E-Mail an redaktion@hhv-mag.com zu schreiben. Der Betreff ist: »Ich packe meinen Rucksack« und dann in der E-Mail müsstest du halt ergänzen, was du einpackst. Dazu noch deine Postadresse. Einsendeschluss ist der 22.11.2013. Viel Glück.