Kindheit und Entwicklung

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Jahrgang 28 / Heft 1 / 2019 Herausgeber Ulrike Petermann Franz Petermann Martin H. Schmidt Ulrich Stephani

Kindheit und Entwicklung Zeitschrift fĂźr Klinische Kinderpsychologie Schwerpunkt Kleinkind- und Kindergartenalter


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Kindheit und Entwicklung Zeitschrift fĂźr Klinische Kinderpsychologie

Jahrgang 28 / Heft 1 / 2019

Schwerpunkt Kleinkind- und Kindergartenalter Herausgeber Franz Petermann


Herausgeber

Prof. Dr. phil. Ulrike Petermann, Bremen Prof. Dr. phil. Franz Petermann, Bremen Prof. Dr. med. Dr. rer. nat. Martin H. Schmidt, Heidelberg Prof. Dr. med. Ulrich Stephani, Kiel Die Zeitschrift „Kindheit und Entwicklung“ wurde 1992 von G. Neuhäuser, F. Petermann und M. H. Schmidt gegründet.

Schriftleitung

Prof. Dr. phil. Ulrike Petermann, Bremen (presserechtlich verantwortlich) Prof. Dr. phil. Franz Petermann, Bremen

Redaktionsanschrift

Prof. Dr. phil. Ulrike Petermann, Zentrum für Klinische Psychologie und Rehabilitation der Universität Bremen, Grazer Straße 6, 28359 Bremen

Wissenschaftlicher Beirat

Prof. Dr. Dr. Tobias Banaschewski, Mannheim Prof. Dr. med. Bernd Blanz, Jena Prof. Dr. phil. Guy Bodenmann, Zürich Prof. Dr. Hanna Christiansen, Marburg Prof. Dr. phil. Günther Esser, Potsdam Prof. Dr. phil. Kurt Hahlweg, Braunschweig Prof. Dr. phil. Petra Hampel, Flensburg Prof. Dr. med. Johannes Hebebrand, Essen Prof. Dr. rer. nat. Nina Heinrichs, Braunschweig Prof. Dr. Dr. med. Martin Holtmann, Bochum Prof. Dr. phil. Ute Koglin, Oldenburg Prof. Dr. phil. Gerhard Lauth, Köln

Hinweise für Autorinnen und Autoren

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Verlag

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ISSN

ISSN-L 0942-5403, ISSN-Print 0942-5403, ISSN-Online 2190-6246

Prof. Dr. phil. Arnold Lohaus, Bielefeld Prof. Dr. med. Gerhard Neuhäuser, Gießen Prof. Dr. phil. Meinolf Noeker, Bochum Prof. Dr. phil. Rita Rosner, Eichstätt Prof. Dr. phil. Herbert Scheithauer, Berlin Dr. biol.-hum. Marc Schmid, Basel Prof. Dr. phil. Silvia Schneider, Bochum Prof. Dr. med. Gerd Schulte-Körne, München Prof. Dr. med. Kathrin Sevecke, Innsbruck Prof. Dr. phil. Rainer K. Silbereisen, Jena Prof. Dr. phil. Silvia Wiedebusch, Osnabrück Prof. Dr. phil. Silke Wiegand-Grefe, Hamburg

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Kindheit und Entwicklung (2019), 28 (1)

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Inhalt Editorial

1

Vorschau auf die Jahrgänge 2019 und 2020 Franz Petermann und Ulrike Petermann

Themenschwerpunkt

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Kleinkind- und Kindergartenalter Early Childhood and Preschool Age Franz Petermann

Übersichten

Alkoholkonsum während der Schwangerschaft. Welche Auswirkungen auf die frühkindliche Entwicklung sind bekannt?

6

Alcohol Consumption During Pregnancy: What Effects on Early Child Development Are Known? Pia Römer, Tilman Reinelt, Franz Petermann und Claudia Teickner Frühkindliche Prädiktoren externalisierender Verhaltensauffälligkeiten. Evidenzen aus Längsschnittstudien

19

Predicting Externalizing Behavior Problems in Early Childhood: Evidence From Longitudinal Studies Tilman Reinelt, Gizem Samdan, Natalie Kiel und Franz Petermann Inanspruchnahme von Hilfe und Versorgung bei psychischen Auffälligkeiten im Kindergartenalter. Ein systematisches Review zu Barrieren und Prädiktoren

33

Use of Mental Health Services in Preschool Age: A Systematic Review of Barriers and Predictors Rieke Hoffer und Klaus Fröhlich-Gildhoff Studien

Kindliche Selbst- und elterliche Ko-Regulation parallel erfassen. Der IMMA 1 – 6 (IMpuls-MAnagement) Fragebogen für 1- bis 6-Jährige

46

Parallel Assessment of Children’s Self-Regulation and Caregivers’ Coregulation: The IMMA (IMpulse-MAnagement) Questionnaire for 1 – 6-Year-Olds Sabina Pauen, Constanze Anna Strodthoff und Sabrina Bechtel-Kühne Einfluss der Aufgabenstellung und des Wortschatzes auf die Emotionserkennung bei Drei- bis Fünfjährigen

59

Effects of Task Assignment and Vocabulary on Emotion Recognition in 3to 5-Year-Olds Franziska Ulrich, Franz Petermann und Nicole Gust Die Rolle von Partnerschaft, Erziehung und Elternstress beim Problemverhalten von Kindern im Vorschulalter

68

The Role of Partnership, Parental Behavior, and Parenting Stress on the Problem Behavior of Preschool Children Anna-Leena Feldkötter, Tamara Thomsen und Nora Lessing

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Kindheit und Entwicklung (2019), 28 (1)


Mitteilungen

Kongresskalender

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Gutachterinnen und Gutachter für die Kindheit und Entwicklung

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Hinweise für Autorinnen und Autoren

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Cybermobbing verstehen, um Kinder und Jugendliche schützen zu können Ira-Katharina Peter / Franz Petermann

Cybermobbing im Kindes- und Jugendalter

Ira-Katharina Peter Franz Petermann

Klinische Kinderpsychologie

Cybermobbing im Kindes- und Jugendalter (Reihe: „Klinische Kinderpsychologie“, Band 15) 2018, 201 Seiten, € 26,95 / CHF 35.90 ISBN 978-3-8017-2915-8 Auch als eBook erhältlich

Am Übergang vom Kindes- zum Jugendalter steigt die Häufigkeit von Cybermobbing stark an. Um Betroffene optimal unterstützen zu können, müssen Erwachsene die digitale Welt kennen, in der Kinder und Jugendliche sich bewegen. Anhand aktueller wissenschaftlicher Ergebnisse und zahlreicher Beispiele wird ein umfassender Überblick über das Phänomen „Cybermobbing“ gegeben. Das Buch geht auf die Ursachen von Cybermobbing ein und gibt Einblick in die komplexen Auswirkungen, die für die Betroffenen entstehen können. Zusätzlich werden Handlungsmöglichkeiten zur Prävention und Intervention bei Cybermobbing praxisnah vorgestellt.

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Kindheit und Entwicklung (2019), 28 (1)

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Editorial Vorschau auf die Jahrgänge 2019 und 2020 Franz Petermann und Ulrike Petermann Zentrum für Klinische Psychologie und Rehabilitation der Universität Bremen

Wir wollen, wie schon Ende 2017 (Petermann & Petermann, 2017), einen Überblick über die nächsten Jahrgänge der „Kindheit und Entwicklung“ geben. Einerseits möchten wir damit unsere Leserschaft eine gewisse Vorfreude auf zukünftige Themenschwerpunkte ermöglichen; andererseits sollen Arbeits- und Autorengruppen auf Themenschwerpunkte aufmerksam gemacht werden, bei denen sie Beiträge einreichen können. Eine solche aktive Gestaltung durch Arbeits- und Autorengruppen ist ab dem dritten Heft des Jahrganges 2019 noch möglich. Aufgrund des großen Interesses an „Freien Beiträgen“ müssen wir uns jedoch auf in der Regel vier Beiträge pro Themenschwerpunkt beschränken. Wir sind bestrebt, in jedem Heft ein Drittel des Umfanges für „Freie Beiträge“ zu reservieren. Jahrgang 2019 Heft 1: Kleinkind- und Kindergartenalter Heft 2: ADHS: Neue Ansätze in Diagnostik und Therapie Heft 3: Jugendliche Flüchtlinge (Einreichungen von Manuskripten bis 15.01.19) Heft 4: Essstörungen (Einreichungen von Manuskripten bis 01.04.19) Jahrgang 2020 Heft 1: Risikofamilien (Einreichungen von Manuskripten bis 01.07.19) Heft 2: Mobbing und Cybermobbing (Einreichungen von Manuskripten bis 01.10.19) Heft 3: Lernstörungen (Einreichungen von Manuskripten bis 15.01.20) Heft 4: Wirkfaktoren der Kinderpsychotherapie (Einreichungen von Manuskripten bis 01.04.20)

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Leider konnten wir den für 2018 angekündigten Themenschwerpunkt „Eltern- und Familienarbeit“ nicht umsetzen; aber es war möglich, dafür ein ebenso grundlegend bedeutsames Thema, nämlich „Gruppentherapie“ zu bearbeiten (vgl. Petermann, 2018). Solche Veränderungen von Themenschwerpunkten kann man niemals ganz ausschließen. In Heft 4 des Jahrganges 2019 werden nach vielen Jahren erstmals wieder Praxisanleitungen/Falldarstellungen im Themenbereich Essstörungen veröffentlicht werden. Prinzipiell sind Falldarstellungen willkommen; allerdings muss in solchen Fällen vorher mit der Schriftleitung unserer Zeitschrift das Thema und der formale Aufbau einer solchen Darstellung abgestimmt werden.

Literatur Petermann, F. (2018). Gruppentherapie. Kindheit und Entwicklung, 27, 195 – 198. Petermann, F. & Petermann, U. (2017). Vorschau auf die Jahrgänge 2018 und 2019. Kindheit und Entwicklung, 26, 197.

Prof. Dr. Franz Petermann Prof. Dr. Ulrike Petermann Zentrum für Klinische Psychologie und Rehabilitation der Universität Bremen Grazerstraße 6 28359 Bremen fpeterm@uni-bremen.de

Kindheit und Entwicklung (2019), 28 (1), 1 https://doi.org/10.1026/0942-5403/a000265


Themenschwerpunkt

Kleinkind- und Kindergartenalter Franz Petermann Zentrum für Klinische Psychologie und Rehabilitation der Universität Bremen Zusammenfassung: Die Kenntnis früher Entwicklungsrisiken und Schutzfaktoren tragen dazu bei, abweichende Entwicklungen in der Kindheit rechtzeitig zu erkennen und Therapieschritte einleiten zu können. Die Ursachen einer abweichenden Entwicklung umfassen sowohl Schwangerschaftsrisiken, frühe Umwelteinflüsse und ungünstige biologische Faktoren als auch sozioökonomische, familiäre und partnerschaftsbezogene Einflüsse. Gut geplante Längsschnittstudien tragen dazu bei, die Startbedingungen von Kleinkindern und ihrer Entwicklung in den ersten Lebensjahren systematisch zu dokumentieren. Längsschnittstudien bilden auch das entscheidende Fundament, um Präventionsmaßnahmen zu begründen und in ihrer Wirksamkeit zu überprüfen. Schlüsselwörter: Kindheit, Längsschnittstudie, Risikofaktoren, Schutzfaktoren

Early Childhood and Preschool Age Abstract: Knowledge about risk factors and protective factors for early child development contributes to a timely detection of deviant developmental pathways and, thereby, to the initiation of therapeutic interventions. The causes for a deviant development include perinatal risks, early environmental risks, biological factors as well as influences of the socioeconomic status, the family, or the partnership. Longitudinal studies, if well designed, are able to systematically describe the development of toddlers through their early years as well as the conditions under which their development takes place. In addition, longitudinal studies form a crucial foundation for the implementation and evaluation of early child prevention programs. Keywords: early childhood development, longitudinal study, protective factors, risk factors

Gesellschaftliche, eltern- und kindbezogene Faktoren bilden Risiken für die frühkindliche Entwicklung. Vor allem die Risikofaktoren der Eltern standen in den letzten Jahren im Mittelpunkt der Forschungsinteressen und beziehen sich auf psychische Erkrankung der Eltern, unangemessenes Elternverhalten (wie Vernachlässigung, Misshandlung), eine gestörte Eltern-Kind-Interaktion (z. B. Ulrich & Petermann, 2017), aber auch Aspekte wie die ungünstige finanzielle Lage einer Familie (vgl. Petermann & Koglin, 2008; Reinelt, Samdan, Kiel & Petermann, 2019) werden verstärkt diskutiert; seltener werden genetische oder verhaltensbezogene Risiken im Schwangerschaftsverlauf mit frühkindlichen Risiken in Verbindung gebracht (vgl. jedoch Mofitt et al., 2011; Römer, Reinelt, Petermann & Teickner, 2019). Bei den kindbezogenen Risiken stehen Aspekte einer gelungenen bzw. misslungenen Selbstregulation im Mittelpunkt des Interesses (vgl. Johansson, Marciszko, Brocki & Bohlin, 2015; Mofitt et al., 2011; Nigg, 2017). Eine misslungene Selbstregulation gilt als Startpunkt einer abweichenden psychischen Entwicklung. Seit fast 20 Jahren wird einer frühen Förderung der emotionalen und sozialen Kompetenz im Kleinkind- und Kindergartenalter eine große Bedeutung eingeräumt (vgl. Holodynski & Friedlmeier, 2006; Petermann, 2002; PeKindheit und Entwicklung (2019), 28 (1), 2–5 https://doi.org/10.1026/0942-5403/a000266

termann & Wiedebusch, 2002a, b). Diese Betrachtungsweise diente vor allem dazu, die Grundlagen einer entwicklungspsychopathologischen Sichtweise auf ein breiteres empirisches Fundament zu stellen. In diesem Kontext wurde die Bedeutung der motorischen Entwicklung im Kindergartenalter leider sehr stark vernachlässigt (vgl. Jaščenoka et al., 2018).

Längsschnittforschung zwischen Praxis und Wissenschaft Forderungen nach wissenschaftlich fundierter „Früher Bildung“ und „Inklusion“ verändern den Stellenwert von Kinderbetreuung im Kleinkind- und Kindergartenalter. Die hohen Prävalenzen von psychischen Störungen im Kindergartenalter (vgl. etwa Jungmann, Koch & Böhm, 2017; Wichstrom et al., 2012) unterstreichen die Notwendigkeit, die vielfältigen Probleme interdisziplinär, aber vor allem praxisbezogen anzupacken. Themen, wie die Verbesserung des Kinderschutzes und der kinderärztlichen Vorsorge, eine differenzierte Entwicklungsdiagnostik oder die Förderung der elterlichen Erziehungskompetenz © 2019 Hogrefe Verlag


F. Petermann, Kleinkind- und Kindergartenalter

(z. B. Macha & Petermann, 2005; Sanders & Mazzuchelli, 2018), bestimmen die aktuelle Diskussion. Vielfach fehlen in Deutschland Daten aus aktuellen Längsschnittstudien, die den Bildungserfolg und die psychische Entwicklung von Kindern langfristig abbilden. Neben bundesweiten Studien, wie dem nationalen Bildungspanel NEPS, starten auch allmählich regional angelegte Längsschnittstudien, wie die Bremer Initiative zur Stärkung frühkindlicher Entwicklung (BRISE; Hauptantragsteller: Olaf Köller und Franz Petermann). Einige der Arbeiten des Themenschwerpunktes dieser Ausgabe der „Kindheit und Entwicklung“ wurden im Rahmen des Längschnitt-Projektes BRISE (vgl. Kasten 1) erstellt.

Kasten 1. BRISE – ein Längsschnitt-Projekt in Bremen

BRISE (Bremer Initiative zur Stärkung frühkindlicher Entwicklung) stellt eine Längsschnittstudie dar, die sich der Frage der Frühprävention sozialer Disparitäten durch eine gezielte Kombination häuslicher und institutionalisierter Maßnahmen widmet. Die zentrale Fragestellung lautet: Welche kumulativen Effekte zeigen sich in der kognitiven, sozialen und emotionalen Entwicklung von Kindern, die in eine Maßnahmenkette von Geburt bis Einschulung eingebunden sind (koordinierte Gruppe) im Vergleich zu Kindern, die nur eine teilweise Unterstützung erhalten (selbstbestimmte Gruppe)? Die Kernhypothese lautet, dass eine wissenschaftlich begründete Maßnahmenkette, die langfristig ausgerichtet ist, gegenüber der gängigen Praxis (Angebote werden partiell oder nicht kombiniert wahrgenommen) einer frühkindlichen Förderung deutlich überlegen ist. Im Rahmen von BRISE werden 500 Familien vom letzten Schwangerschaftsdrittel bis zum Schulalter begleitet, von denen 250 durch eine kontinuierliche Kette von evaluierten frühkindlichen Bildungsangeboten gefördert wird. Hierbei werden längsschnittlich die Entwicklung des Kindes und die Effekte der Teilnahme an der Förderkette untersucht.

Inhalt des Themenschwerpunktes Der Beitrag von Römer et al. (2019) gibt einen Überblick über die Belastungen und Folgeschäden von pränatalem Alkoholkonsum auf die frühkindliche Entwicklung. Die Prävalenzen für Alkoholkonsum während der Schwangerschaft unterscheiden sich nicht nur regional, sondern können auch durch andere Faktoren beeinflusst werden. Es wird deutlich, dass der Risikofaktor „Alkohol“ und dessen Auswirkungen auf die frühkindliche Entwicklung nicht isoliert, sondern in Abhängigkeit von weiteren genetischen und Umweltfaktoren betrachtet werden müssen. Perinatale Risikofaktoren begünstigen in den ersten © 2019 Hogrefe Verlag

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beiden Lebensjahren externalisierendes Verhalten und kognitive Beeinträchtigungen. Die Arbeit von Reinelt et al. (2019) untersucht in einer systematischen Literaturübersicht, inwiefern elterliche psychische Auffälligkeiten, ein niedriger sozio-ökonomischer Status oder ungünstige Eltern-Kind-Interaktionen während der ersten Lebensjahre die Entwicklung externalisierender Verhaltensauffälligkeiten im Kindergartenalter vorhersagen können. Die 21 identifizierten prospektiven Längsschnittstudien zeigten dabei deutlich, dass insbesondere depressive Symptome der Mutter, ein niedriger sozio-ökonomischer Status und ein harsches Erziehungsverhalten mit der Entwicklung externalisierender Verhaltensauffälligkeiten zusammenhängen. Allerdings verdeutlicht die Arbeit auch, dass bislang kaum entsprechende Daten über Väter vorliegen. Die Befundlage unterstreicht die Notwendigkeit einer frühen Diagnostik und früher Präventions- und Interventionsangebote (z. B. im Rahmen der frühen Hilfen). In der Übersicht von Hoffer und Fröhlich-Gildhoff (2019) wird der Frage nachgegangen, welche Barrieren und Prädiktoren darüber Aufschluss geben, warum – trotz hoher Prävalenzen – bei psychischen Auffälligkeiten im Kindergartenalter professionelle Unterstützung sehr selten in Anspruch genommen wird. Die Freiburger Autoren analysieren in einer systematischen Übersicht die subjektiven Barrieren aus der Elternperspektive. Die Eltern führen als Barrieren mangelnde Kenntnisse über das Hilfesystem und negative Einstellungen gegenüber der Inanspruchnahme an. Generell werden bei Kindern im Kindergartenalter professionelle Hilfen dann in Anspruch genommen, wenn die Kinder älter sind, eine stärkere Beeinträchtigung vorliegt, sie weniger sozial kompetent sind und es sich um Entwicklungsstörungen im engeren Sinne handelt. Die Ausarbeitungen von Pauen, Strodthoff und Bechtel-Kühne (2019) gehen der Frage nach, wie es gelingen kann, die Selbstregulation von Kindern zwischen dem ersten und sechsten Lebensjahr optimal zu erfassen. Die Heidelberger Autorengruppe entwickelte hierzu einen Fragebogen, mit dem aus der Elternsicht drei Aspekte erfasst werden sollen: (a) Vorstellungen und Ziele zur Selbstregulation des Kindes, (b) Verhalten des Kindes in Situationen, die Selbstregulation erfordern, (c) Ko-Regulationsverhalten der Eltern. Vor allem der letzte Aspekt, der sich auf die Ko-Regulation der Bezugsperson bezieht, zeigt Dimensionen auf, die sich für Elterntrainings gewinnbringend nutzen lassen. Es handelt sich im Detail um folgende sieben Dimensionen: · Belohnung einsetzen, · den eigenen Anspruch aufgeben/einlenken, · soziale Anerkennung geben, · Gespräche führen und verhandeln, Kindheit und Entwicklung (2019), 28 (1), 2–5


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· negativen Druck ausüben, · das Kind ablenken und es · zu Selbstregulation auffordern. Die Studie von Ulrich, Petermann und Gust (2019) untersucht Altersunterschiede im Erkennen der Basisemotionen Freude, Angst, Trauer und Wut anhand von Bildmaterial und vorgegebener Geschichten bei Kindergartenkindern. Es wird geprüft, inwiefern die Aufgabenstellung (Zuordnen vs. Benennen) und der Wortschatz die Leistungen der Kinder beeinflussen. An einer Stichprobe von N=170 wurde die Fähigkeit zum Benennen und Erkennen von Basisemotionen der Drei- bis Sechsjährigen anhand von Aufgaben des Inventar zur Erfassung emotionaler Kompetenzen bei Drei- bis Sechsjährigen (EMK 3 – 6; Petermann & Gust, 2016) erhoben. Zusätzlich wurde der rezeptive und expressive Wortschatz der Kinder mit dem Sprachstanderhebungstest für Kinder im Alter zwischen drei und fünf Jahren (SET 3 – 5; Petermann, 2016) erfasst. Die Ergebnisse belegen einen bedeutsamen Effekt des Alters auf die untersuchten Komponenten des Emotionswissens der Kinder, wobei der stärkste Wissenszuwachs im Alter von drei und vier Jahren zu verzeichnen war. Der Vergleich der Aufgaben zeigte, dass Kinder Basisemotionen besser anhand von Bildmaterial benennen und identifizieren konnten als nach der Vorgabe von Geschichten. Der Wortschatz wirkte sich insbesondere auf die Leistungen bei Aufgaben zum Benennen, jedoch nicht bei Aufgaben zum Erkennen von Basisemotionen aus. Der Beitrag von Feldkötter, Thomsen und Lessing (2019) analysiert aus der Sicht der Eltern den Zusammenhang zwischen Partnerzufriedenheit, positiven und negativen Erziehungsverhaltensweisen und Elternstress auf das Problemverhalten von Drei- bis Sechsjährigen. Die Analysen der Hildesheimer Autorengruppe zeigen, dass der negative Zusammenhang zwischen Partnerschaftszufriedenheit und dem kindlichen Problemverhalten vollständig über das negative Erziehungsverhalten bzw. den Elternstress vermittelt wird. Die Autorinnen schlussfolgern, dass Angebote der Erziehungsberatung, des Elterntrainings oder Trainings auf Paarebene entscheidend die familiäre Problemlage verändern können und ihnen somit eine weitreichende Bedeutung bei der Prävention von Verhaltensstörungen im Vorschulalter zukommt.

Literatur Feldkötter, A.-L., Thomsen, T. & Lessing, N. (2019). Die Rolle von Partnerschaft, Erziehung und Elternstress beim ProblemverKindheit und Entwicklung (2019), 28 (1), 2–5

F. Petermann, Kleinkind- und Kindergartenalter

halten von Kindern im Vorschulalter. Kindheit und Entwicklung, 28, 68-76. Hoffer, R. & Fröhlich-Gildhoff, K. (2019). Inanspruchnahme von Hilfe und Versorgung bei psychischen Auffälligkeiten im Kindergartenalter. Ein systematisches Review zu Barrieren und Prädiktoren. Kindheit und Entwicklung, 28, 33-45. Holodynski, M. & Friedlmeier, W. (2006). Emotionen. Entwicklung und Regulation. Heidelberg: Springer. Jaščenoka, J., Walter, F., Petermann, F., Korsch, F., Fiedler, S. & Daseking, M. (2018). Zusammenhang von motorischer und kognitiver Entwicklung im Vorschulalter. Kindheit und Entwicklung, 27, 142 – 152. Johansson, M., Marciszko, C., Brocki, K. & Bohlin, G. (2015). Individual differences in early executive functions: A longitudinal study from 12 to 36 months. Infant and Child Development, 25, 535 – 549. Jungmann, T., Koch, K. & Böhm, J. (2017). Verhaltensauffälligkeiten in Kindertagesstätten aus Eltern- und Fachkraftperspektive im KOMPASS-Projekt. Frühe Bildung, 6, 25 – 32. Mofitt, T. E., Arseneault, L., Belsky, D., Dickson, N., Hancox, R. J., Harrington, H. et al. (2011). A gradient of childhood self-control predicts health, wealth, and public safety. Proceedings of the National Academcy of Sciences, 108, 2693 – 2698. Nigg, J. T. (2017). On the relations among self-regulation, selfcontrol, executive functioning, effortful control, cognitive control, impulsivity, risk-taking and inhibition for developmental psychopathology. Journal of Child Psychology and Psychiatry, 58, 361 – 383. Pauen, S., Strodthoff, C. A. & Bechtel-Kühne, S. (2019). Kindliche Selbst- und elterliche Ko-Regulation parallel erfassen. Der IMMA 1 – 6 (IMpuls-MAnagement) Fragebogen für 1- bis 6Jährige. Kindheit und Entwicklung, 28, 46-58. Petermann, F. (2002). Klinische Kinderpsychologie: Das Konzept der sozialen Kompetenz. Zeitschrift für Psychologie, 210, 175 – 185. Petermann, F. (2016). Sprachstandserhebungstest für Kinder im Alter zwischen 3 und 5 Jahren (SET 3 – 5). Göttingen: Hogrefe. Petermann, F. & Gust, N. (2016). Inventar zur Erfassung emotionaler Kompetenzen bei Drei bis Sechsjährigen (EMK 3 – 6). Göttingen: Hogrefe. Petermann, F. & Koglin, U. (2008). Frühe Kindheit. Kindheit und Entwicklung, 17, 137 – 142. Petermann, F. & Macha, T. (2005). Entwicklungsdiagnostik. Kindheit und Entwicklung, 15, 118 – 127. Petermann, F. & Wiedebusch, S. (2002a). Diagnostik emotionaler Kompetenz bei Kindern. Zeitschrift für Klinische Psychologie, Psychiatrie und Psychotherapie 50, 245 – 266. Petermann, F. & Wiedebusch, S. (2002b). Störungen im Erwerb der emotionalen Kompetenz im Kindesalter. Zeitschrift für Klinische Psychologie, Psychiatrie und Psychotherapie 50, 1 – 28. Reinelt, T., Samdan, G., Kiel, N. & Petermann, F. (2019). Frühkindliche Prädiktoren externalisierender Verhaltensauffälligkeiten. Evidenzen aus Längsschnittstudien. Kindheit und Entwicklung, 28, 19 – 32. Römer, P., Reinelt, T., Petermann, F. & Teickner, C. (2019). Alkoholkonsum während der Schwangerschaft. Welche Auswirkungen auf die frühkindliche Entwicklung sind bekannt? Kindheit und Entwicklung, 28, 6 – 18. Sanders, M. R. & Mazzuchelli, T. G. (2018). The power of positive parenting. New York: Oxford University Press. Ulrich F. & Petermann, F. (2017). Elterliche Emotionsregulation als Risikofaktor für die kindliche Entwicklung. Kindheit und Entwicklung, 26, 133 – 146. Ulrich, F., Petermann, F. & Gust, N. (2019). Einfluss der Aufgabenstellung und des Wortschatzes auf die Emotionserkennung bei Drei- bis Fünfjährigen. Kindheit und Entwicklung, 28, 59-67. © 2019 Hogrefe Verlag


F. Petermann, Kleinkind- und Kindergartenalter

Wichstrom, L., Berg-Nielsen, T., Angold, A., Egger, H. L., Solheim, E. & Sveen, T. H. (2012). Prevalence of psychiatric disorders in preschoolers. Journal of Child Psychology and Psychiatry, and Allied Disciplines, 53, 695 – 705.

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Prof. Dr. Franz Petermann Zentrum für Klinische Psychologie und Rehabilitation der Universität Bremen Grazer Straße 6 28359 Bremen fpeterm@uni-bremen.de

Klaus A. Schneewind

Familienpsychologie und systemische Familientherapie

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2019, 148 Seiten, € 24,95 / CHF 32.50 ISBN 978-3-8017-2950-9 Auch als eBook erhältlich Das Buch erlaubt eine koordinierte Betrachtung des Familienlebens aus Sicht der Familienpsychologie und der systemischen Familientherapie.

Die Qualität von Beziehungen zwischen Geschwistern, Großeltern und Verwandten wird dabei ebenso in den Blick genommen wie die unterschiedlichen Beziehungs- und Erziehungskompetenzen von Eltern. Präventive Ansätze zur Stärkung von Paar- und Eltern-Kind-Beziehungen sowie die Befunde zu deren Wirksamkeit werden exemplarisch dargestellt, und die zentralen Vorgehensweisen bei der Behandlung von Familien werden anhand von Beispielen erläutert.

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Die Mentalisierungsfähigkeit psychisch kranker Eltern stärken, um das Misshandlungsrisiko für Kinder zu vermindern Lenz

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Ressourcen psychisch kranker und suchtkranker Eltern stärken

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Ein Gruppenprogramm zur Prävention von Kindesmisshandlung und -vernachlässigung

Ressourcen psychisch kranker und suchtkranker Eltern stärken Ein Gruppenprogramm zur Prävention von Kindesmisshandlung und -vernachlässigung 2019, 133 Seiten, Großformat, inkl. CD-ROM, € 39,95 / CHF 48.50 ISBN 978-3-8017-2816-8 Auch als eBook erhältlich

Kinder von psychisch kranken oder suchtkranken Eltern weisen ein erhöhtes Risiko auf, misshandelt oder vernachlässigt zu werden. Um diejenigen Ressourcen der Eltern zu stärken, die das Misshandlungsrisiko für Kinder vermindern, wurde das vorliegende modular aufgebaute Gruppenprogramm entwickelt und evaluiert. Es fokussiert auf die Förderung des Stress- und Belastungsmanagements der Eltern. Im Mittelpunkt steht dabei die Stärkung der reflexiven Kompetenzen der Eltern, d.h. die Stärkung ihrer Mentalisierungsfähigkeit.

Therapeutische Praxis

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© 2019 Hogrefe Verlag

Kindheit und Entwicklung (2019), 28 (1), 2–5


Übersicht

Alkoholkonsum während der Schwangerschaft Welche Auswirkungen auf die frühkindliche Entwicklung sind bekannt? Pia Römer, Tilman Reinelt, Franz Petermann und Claudia Teickner Zentrum für Klinische Psychologie und Rehabilitation der Universität Bremen Zusammenfassung. Kinder sind bereits im Mutterleib sensitiv für Umwelteinflüsse. Pränataler Alkoholkonsum zählt dabei zu den einflussreichsten Risikofaktoren für die frühkindliche Entwicklung. Das Ziel ist es, einen Überblick über die aktuelle Forschungslage zum Thema Alkoholkonsum während der Schwangerschaft zu geben. Darüber hinaus wird der Forschungsstand zu Belastungen und Folgeschäden für die frühkindliche Entwicklung durch pränatale Alkoholexposition, aber auch zu weiteren Risikofaktoren zusammengefasst. Es wird gezeigt, dass das Wissen um die Prävalenz für Alkoholkonsum während der Schwangerschaft sowohl für die Erforschung der Folgen als auch für das Umsetzen von präventiven Maßnahmen ausschlaggebend ist. Die Prävalenzen unterscheiden sich nicht nur regional, sondern können auch durch andere Faktoren beeinflusst werden. Es wird deutlich, dass der Risikofaktor Alkohol und dessen mögliche Auswirkungen auf die frühkindliche Entwicklung nicht isoliert, sondern in Abhängigkeit von weiteren genetischen und Umweltfaktoren betrachtet werden müssen. Denn auch Folgen von weiteren perinatalen Risikofaktoren machen sich in den ersten beiden Lebensjahren bemerkbar. Beispiele für Entwicklungsstörungen in dieser Entwicklungsspanne sind externalisierendes Verhalten und kognitive Beeinträchtigungen. Inwieweit sich perinatale Risikofaktoren jedoch auf Entwicklungsverläufe von Kindern, die durch pränatalen Alkoholkonsum belastet sind, auswirken, erfasst eine umfassende Diskussion. Diese Lücke gilt es zu schließen um das Zusammenspiel perinataler Risiken genauer zu verstehen und adäquat entgegenwirken zu können. Schlüsselwörter: Alkoholkonsum, Schwangerschaft, Risikofaktoren, frühkindliche Entwicklung, Prävention

Alcohol Consumption During Pregnancy: What Effects on Early Child Development Are Known? Abstract: Children are already sensitive to environmental influences in the womb. Prenatal alcohol consumption is one of the most influential risk factors in early child development. The aim of this paper is to give an overview of the current research on alcohol consumption during pregnancy. In addition, the state of research on the burden and consequential damage for infant development caused by prenatal alcohol exposure, but also on other known risk factors, is summarized. It is shown that knowledge about the prevalence of alcohol use during pregnancy is crucial for both research on consequences and the implementation of preventive measures. The prevalence differs not only regionally, but may also be influenced by other factors. The average prevalence of alcohol consumption in women during pregnancy is highest in Europe (25.2 %; 95 % CI = 21.6 – 29.6 %). A large number of pregnancies worldwide are alcohol-related, although alcohol is known to be a risk factor for stillbirths as well as for abortions and premature births and can lead to serious developmental problems for the child. Currently, there is no fixed limit on the amount of alcohol that can be consumed during pregnancy without any harm to the unborn child. Compared with minor consumption, so-called binge drinking is of particular importance. There is a linear relationship between pregnant women’s alcohol consumption and the severity of developmental disorders in affected children. Serious consequences of prenatal alcohol exposure can manifest themselves in early childhood, in the form of physical, neuropsychological, and behavioral abnormalities. In addition to anatomical implications, functional effects such as cognitive and behavioral problems are already noticeable in children up to the first 2 years of life. However, the exact pathogenesis is still unclear despite a large number of animal and human analyses. It is apparent that the risk factor of alcohol consumption and its potential effects on early child development should not be considered in isolation, but depending on other genetic and environmental factors. Moreover, it is now known that the consequences of other perinatal risk factors, apart from prenatal alcohol consumption, can already emerge during the first 2 years of life too. At the behavioral level, secondary effects of the prenatal risk factor of alcohol consumption and other perinatal risk factors mostly manifest themselves in the form of externalizing behaviors and cognitive deficits. However, the extent to which perinatal risk factors affect the course of development of children who are affected by prenatal alcohol consumption remains an unanswered question. This gap should be closed in the literature in order to understand the interaction of perinatal risks more accurately and to be able to counteract these risks adequately. The current state of knowledge is intended to help health professionals to identify at-risk mothers and their children at an early moment in order to give newborns the best possible start in life. Keywords: alcohol consumption, pregnancy, risk factors, early child development, prevention

Kindheit und Entwicklung (2019), 28 (1), 6–18 https://doi.org/10.1026/0942-5403/a000267

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Der Konsum von Alkohol entwickelte sich in verschiedensten ethischen Gruppen und Kulturen, sodass Alkohol zur legal konsumierbaren Substanz wurde (Nulman, Shulman & Liu, 2018). Alkohol kann sich jedoch nicht nur auf den Konsumenten selbst schädlich auswirken, sondern auch auf Personen, die mit diesem in Verbindung stehen. Ein klassisches Beispiel hierfür ist die schädigende Wirkung des Alkoholkonsums von schwangeren Frauen auf deren im Mutterleib heranwachsende Nachkommen (Popova, Lange, Probst, Gmel & Rehm, 2017). Hierzu wurde aktuell bestätigt, dass Alkohol die am meisten konsumierte Substanz von Frauen im gebärfähigen Alter ist und dass, trotz des Wissens um die schädigende Wirkungsweise, weltweit Frauen während der Schwangerschaft alkoholische Getränke zu sich nehmen (Nulman et al., 2018). Eine Vielzahl von Schwangerschaften weltweit ist alkoholbelastet (Popova, Lange, Probst, Gmel & Rehm, 2018), obwohl bekannt ist, dass Alkohol sowohl als Risikofaktor für Totgeburten (Kesmodel, Wisborg, Olsen, Henriksen & Secher, 2002), als auch für Schwangerschaftsabbrüche (Henriksen et al., 2004) und Frühgeburten (Albertsen, Andersen, Olsen & Grønbaek, 2004; Kesmodel, Secher & Olsen, 2000; Patra et al., 2011) gilt, und zu schwerwiegenden Entwicklungsstörungen des Kindes führen kann (del Campo & Jones, 2017; Lange, Rovet, Rehm & Popova, 2017). Im Folgenden wird ein Überblick zu den Prävalenzen von Alkoholkonsum während der Schwangerschaft und den Auswirkungen pränataler Alkoholexposition auf die frühkindliche Entwicklung gegeben. Des Weiteren erfolgt eine Übersicht zu den mit Alkoholkonsum während der Schwangerschaft assoziierten Faktoren und den Einfluss perinataler Risikofaktoren im Hinblick auf Entwicklungsstörungen, die durch pränatale Risikofaktoren entstanden sind. Es erfolgte eine umfangreiche Literaturrecherche unter Verwendung der Datenbanken PubMed und Science Direct. Folgende Begriffe wurden für die Literatursuche verwendet: · Pregnancy: [„pregnant“, „prenatal“]; · Alcohol consumption: [„alcohol“, „high level alcohol exposure“, „binge drinking“, „FAS“, „FASD“]; · Prevalence of drinking during Pregnancy: [„prevalence“, „alcohol“, „Germany“] · Prenatal risk factors: [„predictors“, „factors associated with prenatal alcohol drinking“, „biological risk factors“, „environmental factors“, „socio-demographic factors“, „use of measures“]; · Child development: [„early child development“, „infant development“, „epigenetic“, „first two years of life“, „first year of life“].

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Zudem wurden die Bibliografien der genutzten Artikel nach weiterer, thematisch passender Literatur durchsucht.

Prävalenzen von Alkoholkonsum während der Schwangerschaft Unter Einbezug von Berichten der Weltgesundheitsorganisation (WHO, 2013) wird angenommen, dass weltweit ca. 10 % der Frauen Alkohol während der Schwangerschaft konsumieren. Die fünf Länder mit der höchsten Prävalenz hinsichtlich des Alkoholkonsums während der Schwangerschaft (alle bis zu 60.4 %, 95 CI, 42.8 – 76.8), sind Irland, Weißrussland, Dänemark, das Vereinigte Königreich und Russland. Zu den Ländern mit der geringsten Prävalenz (d. h. = 0 %) gehören der Oman, die Vereinigten Arabischen Emirate, Saudi Arabien, Katar und Kuwait (Popova et al., 2017). Aktuellen Publikationen zufolge (Lange, Probst et al., 2017; Popova et al., 2017; Popova, Lange, Probst, Gmel & Rehm, 2018) ist die durchschnittliche Prävalenz des Alkoholkonsums bei Frauen während der Schwangerschaft im weltweiten Vergleich in Europa am höchsten (25.2 %, [95 % CI: 21.6 %-29.6 %]; Popova et al., 2017). Regionen, die die geringste Anzahl an Frauen, die während der Schwangerschaft Alkohol trinken vorweisen (östliche Mittelmeerregion und südostasiatische Region), sind allerdings auch bekannt als Regionen, in denen generell die Mehrzahl der Einwohner alkoholabstinent lebt. In Europa hingegen sind auch die Prävalenzen für Alkoholkonsum in der nichtschwangeren Bevölkerung am höchsten (Lange, Rehm & Popova, 2018).

Prävalenzen von Alkoholkonsum während der Schwangerschaft in Deutschland Informationen zu Prävalenzen von Alkoholkonsum während der Schwangerschaft in der deutschen Bevölkerung liefern u. a. Daten des Kinder- und Jugendgesundheitssurveys [KiGGS]. Im Rahmen dieser Erhebungen wurden in den Jahren 2003 bis 2006 Daten von 17.641 Kindern und Jugendlichen in 167 für die Bundesrepublik repräsentativen Städten und Gemeinden erfasst. Zu vorgeburtlichen Einflussfaktoren auf die spätere Gesundheit wurden schriftliche Angaben der Eltern dieser Kinder (meist Angaben der Mütter) ausgewertet (Bergmann, Bergmann, Ellert & Dudenhausen, 2007; Hölling et al., 2012). Für den Alkoholkonsum ergab sich hieraus, dass ca. 1 % der befragten Frauen während der Schwangerschaft regelmäßig Alkohol konsumiert und ca. 14 % der Frauen gelegentlich Alkohol zu sich genommen hatten. Genaue Definitionen dazu, was „regelmäKindheit und Entwicklung (2019), 28 (1), 6–18


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Tabelle 1. Angaben zu Prävalenzen von Alkoholkonsum während der Schwangerschaft auf weltweiter, europäischer und deutscher Ebene Anzahl der Schwangeren Alkoholkonsumentinnen in % (Gesamtanzahl = 100 %) Autoren

Global

Europa

Popova et al. (2017, 2018)

Deutschland

9.8 %

25.2 %

Bergmann et al. (2006)

/

/

58 % (≤ einmal pro Monat)

Bergmann et al. (2007)

/

/

1 % (regelmäßig) 14 % (gelegentlich)

Robert Koch-Institut (2014) und Landgraf et al. (2017)

/

/

20 % (moderate Menge) 8 % (riskante Menge) 12 % (Rauschtrinken, ≤ einmal pro Monat)

ßiger“ und „gelegentlicher“ Konsum bedeutet, werden nicht gegeben. Es traten außerdem Unterschiede in Bezug auf den Migrationshintergrund auf. So zeigte sich, dass 5 % der Frauen mit und 15 % ohne Migrationshintergrund während der Schwangerschaft alkoholische Getränke konsumierten. Ähnliche Zahlen weisen auch kleinere, regionale Stichproben auf, die jedoch je nach Stichprobe variieren: Im Zuge einer Umfrage mit 344 schwangeren Frauen aus 48 Berliner gynäkologischen Praxen ergab sich, dass 58 % der Schwangeren angaben, Alkohol während der Schwangerschaft getrunken zu haben, wobei sich dies bei der Mehrheit der Frauen auf weniger als einmal pro Monat beschränkte (Bergmann, 2006). Daten aus 2012 liefert die Studie zur Gesundheit in Deutschland Aktuell [GEDA]. Im Rahmen dieser Studie wurden knapp 26.000 Personen, ab einem Alter von 18 Jahren, telefonisch interviewt. Es zeigte sich, dass rund 20 % der befragten schwangeren Frauen ein moderates und 8 % ein riskantes Alkoholkonsumverhalten aufweisen. Zur Erfassung des Alkoholkonsums wurde der Alcohol Use Disorder Identification Test-Consumption (AUDIT-C) eingesetzt (Bradley, Badrinath, Bush, Boyd-Wickizer & Anawalt, 1998). Ein moderates Trinkverhalten wurde mit einem bis drei Punkten definiert und ein riskantes mit vier Punkten. Ein Rauschtrinken (hier: ≥ sechs Getränke pro Gelegenheit, aber vgl. Nulman et al., 2018: ≥ drei Getränke pro Gelegenheit) trat bei 12 % der schwangeren Frauen seltener als einmal pro Monat auf. Bei ca. 4 % der Frauen kam dies einmal pro Monat vor und 0,1 % der Schwangeren gab an, dass dies mindestens einmal pro Woche zutraf (Landgraf, Giese, Heinen & Pingel, 2017; Robert Koch-Institut, 2014). Betrachtet man die Ergebnisse zu den Prävalenzen von Alkoholkonsum während der Schwangerschaft in Deutschland, wird deutlich, dass (a) die Zahlen diesbezüglich in den letzten zehn Jahren nicht gesunken sind, (b) je nach Studie stark variieren (s. Tab. 1), und (c) pränataler Alkoholkonsum weiterhin als ernst zu nehmendes Problem zu existieren scheint. Laut des Bundesinstitutes für Risikobewertung (Wunsch, 2011) sind die Zahlen bezüglich der Prävalenzen von AlkoKindheit und Entwicklung (2019), 28 (1), 6–18

/

holkonsum während der Schwangerschaft jedoch nicht verlässlich, da eine Vielzahl der Einschätzungen auf Interviewdaten basieren oder retrospektiv erhoben wurden.

Auswirkungen von Alkoholkonsum während der Schwangerschaft auf die frühkindliche Entwicklung Die teratogenen Effekte von starkem und chronischem Alkoholkonsum während der Schwangerschaft auf das ungeborene Kind sind seit einigen Jahrzehnten bekannt (z. B. Lemoine, 1968; Spohr, 2005). Den schädigenden Wirkungsweisen pränataler Alkoholexposition im Hinblick auf die frühkindliche Entwicklung wurde vorerst jedoch wenig Aufmerksamkeit geschenkt (Nulman et al., 2018). Im Jahre 1968 wurden die Auswirkungen von Alkoholkonsum schwangerer Mütter auf deren Nachkommen erstmalig beschrieben (Lemoine et al., 1968). Erst Jahre später kam es zur Beschreibung eines dysmorphen Syndroms, woraufhin der Begriff „Fetales Alkohol Syndrom (FAS)“ eingeführt wurde (Jones, Ulleland & Smith, 1973). Weltweit sind dabei ungefähr 15 von 10.000 Lebendgeburten jährlich von FAS betroffen. Das bedeutet, dass weltweit, pro Jahr etwa 119.000 Kinder mit FAS belastet sind (Popova et al., 2017, 2018). Für Europa werden die Prävalenzen von FAS am höchsten eingeschätzt. Der europäische Durchschnittswert ist dabei zwei bis sechs Mal so hoch wie der weltweite, der aktuell auf 14.6 pro 10.000 Lebendgeburten (95 % CI, 9.4 – 23.3) geschätzt wird (Popova et al., 2017). Dies deckt sich mit den erhöhten Prävalenzen für Alkoholkonsum während der Schwangerschaft in Europa im weltweiten Vergleich. Fest steht, dass es sich bei einer Alkoholschädigung nicht um eine chromosomale Störung, sondern um eine teratogene Beeinflussung durch Ethanol und dessen Metaboliten handelt. Es besteht starke Evidenz, dass die © 2019 Hogrefe Verlag


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pränatale Ethanolexposition sowohl embryo- als auch fetotoxisch wirkt und ein breites Spektrum an Entwicklungsstörungen in verschiedenen Bereichen hervorruft (Barr et al., 2006; del Campo & Jones, 2017; May et al., 2013; Strandberg-Larsen et al., 2008). Aufgrund der noch unausgeprägten Bluthirnschranke des ungeborenen Kindes geht Alkohol über die Plazenta direkt in den fetalen Blutkreislauf über. Durch den biochemisch noch unreifen Organismus können Entgiftungsprozesse so nur verzögert stattfinden (Spohr, 2005). Die Art und der Schweregrad der Folgeschäden durch pränatale Ethanolexposition richten sich hierbei stark nach dem Muster des Trinkverhaltens der Schwangeren, also der Menge und der Häufigkeit an konsumiertem Alkohol. Zudem ist auch der Zeitpunkt des Konsums hinsichtlich der Auswirkungen auf die Entwicklung betroffener Kinder als ein relevanter Faktor zu berücksichtigen (Nulman et al., 2018).

Alkoholkonsum zu sensiblen Zeitfenster während der Schwangerschaft Für die gesamte Teratologie sind verschiedene sensible Zeitfenster bekannt, die mit bestimmten Auswirkungen verbunden sind (s. Abb. 1). Während der Präimplantationszeit (acht bis 14 Tage nach der Konzeption) kann das Alles-oder-Nichts-Prinzip greifen. Hierbei kommt es durch Alkoholkonsum entweder zu einem embryonalen Tod oder zu einer gesund verlaufenden Schwangerschaft (Adam, 2012). Als die zentralste Periode gilt die Phase der Gastrulation (16 bis 24 Tage nach der Konzeption). Während dieses Zeitraums finden essentielle Prozesse in Bezug auf die Embryogenese statt. Zusammen mit medialem und lateralem Wachstum entwickelt sich das Neuralrohr des heranwachsenden Embryos. Es kommt zu einer schnellen Zellproliferation – die sich durch Zellteilung und Zellwachstum äußert und eine wichtige Rolle für die Entwicklung des embryonalen Organismus spielt – und zur Zellmigration (d. h. zu einer aktiven Ortsveränderung der Zellen). Wird die Zellproliferation durch toxische Substanzen, wie Alkohol, unterbrochen, kann dies nachstehend zu negativen Auswirkungen hinsichtlich der Entwicklung führen, indem die Bildung bestimmter Zelltypen und Prozesse der Zellerneuerung gestört werden (Nulman et al., 2018; Sulik, Lauder & Dehart, 1984). Die Phase der Organogenese findet während der ersten 12 Schwangerschaftswochen statt. Kommt es in dieser Zeit zum Konsum alkoholischer Getränke, kann die Ausbildung der Organe des Embryos beeinträchtigt werden. In dieser Zeit können dadurch auch faziale Dysmorphologien, die im Rahmen eines FAS auftreten, entstehen (Nulman et al., 2018; Sulik, 1981). Während des zweiten und dritten Trimesters der Schwangerschaft findet das © 2019 Hogrefe Verlag

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fetale Wachstum statt. Alkoholkonsum während dieser Phase korreliert mit einer intrauterinen und somatischen Wachstumsverzögerungen (Ernhart et al., 1985; Nulman et al., 2018). Diese sind keine vorrübergehenden Effekte, sondern äußern sich bei den betroffenen Neugeborenen in Form von geringem Geburtsgewicht und geringer Körpergröße, was nur in seltenen Fällen im Verlauf der Entwicklung ausgeglichen werden kann (Nulman et al., 2018). Die Entwicklung des zentralen Nervensystems, die Bildung von Synapsen und die Myelinisierung sind fortlaufende Prozesse, die sich durch die gesamte Fetalperiode, die Kindheit und die Jugend ziehen. Diese können zu jedem Zeitpunkt der Schwangerschaft, während allen drei Trimestern negativ durch Alkoholexposition des Kindes im Mutterleib beeinflusst werden. Ein Beispiel hierfür ist die Mikrozephalie, eine Fehlbildung des Gehirns, die häufig in Verbindung mit kognitiven Einschränkungen auftritt (Fryer, McGee, Matt, Riley & Mattson, 2007; Smith, Foundas & Canale, 1986). Es gibt aktuell keine festgelegte Grenze für die Menge an Alkohol, die während der Schwangerschaft ohne Folgeschäden für das ungeborene Kind, konsumiert werden kann (Nulman et al., 2018). Im Vergleich zu geringfügigem Konsum kommt dem sogenannten Rauschtrinken (Binge Drinking: Nulman et al., 2018) eine besondere Bedeutung zu. Hier besteht ein linearer Zusammenhang zwischen Alkoholkonsum der Schwangeren und dem Schweregrad der Entwicklungsstörungen betroffener Kinder. Gravierende Folgeschäden pränataler Alkoholexposition können sich schon in der frühen Kindheit, in Form von physischen, neuropsychologischen und Verhaltensauffälligkeiten äußern (McCormack et al., 2017). Die genaue Pathogenese ist trotz einer hohen Anzahl an tierexperimentellen und Humananalysen jedoch noch immer nicht exakt geklärt (Nulman et al., 2018). Dies spiegelt sich in dem breiten Spektrum der Folgeerscheinungen pränataler Alkoholexposition wider, die unter dem Begriff „Fetale Alkohol Spektrumstörung“ (FASD – fetal alcohol spectrum disorder) zusammengefasst werden (Nulman et al., 2018; Popova et al., 2018).

Durch pränatalen Alkoholkonsum bedingte Spektrumstörungen Nach ICD-10 schließt FASD mehrere intrauterine Schädigungen ein, die durch Alkoholkonsum während der Schwangerschaft bedingt sind: Das Fetale Alkoholsyndrom als Vollbild (FAS), das partielle fetale Alkoholsyndrom (pFAS), die alkoholbedingte entwicklungsneurologische Störung (ARND =alcohol related neurodevelopmental disorder) und die alkoholbedingte angeborene Malformation (ARBD = alcohol related birth defects). Kindheit und Entwicklung (2019), 28 (1), 6–18


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Abbildung 1. Auswirkungen des Alkoholkonsums zu sensiblen Zeitfenstern während der Schwangerschaft.

Dies stimmt mit der Definition des Diagnostischen und Statistischen Manuals Psychischer Störungen (DSM-5) überein, wobei hier der Terminus „Neurobehavioral Disorder associated with pranatal alcohol exposure (NDPAE)“ hinzukommt (American Psychiatric Association, 2013; Lange, Rovet et al., 2017).

Kasten 1. Übersicht über die Fetalen Alkohol Spektrumstörungen

FAS (Fetal Alcohol Syndrome) Das fetale Alkoholsyndrom als Vollbild: Wachstumsstörungen, Fehlbildungen und Störungen des zentralen Nervensystems. pFAS (Partial fetal alcohol syndrome) Das partielle fetale Alkoholsyndrom: Nicht in allen Bereichen auftretende Merkmale des FAS. Hier treten zum Beispiel nur einige der fazialen Fehlbildungen zusammen mit Wachstumsstörungen und Störungen des zentralen Nervensystems auf. ARND (Alcohol related neurodevelopmental disorder) Alkoholbedingte entwicklungsneurologische Störung: Störungen des zentralen Nervensystems ohne körperliche Fehlbildungen, die sich z. B. in Verhaltens- und Lernschwierigkeiten äußern können. ARBD (Alcohol related birth defects) Alkoholbedinge angeborene Fehlbildungen: Anatomische Fehlbildungen der Organe, wie Herz, Nieren und/oder der Knochen. Auch Hören und Sehen können beeinträchtigt sein.

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Allein durch die Definitionsbreite wird, wie Kasten 1 veranschaulicht, das weite Spektrum an möglichen defizitären Auswirkungen des pränatalen Alkoholkonsums auf die frühkindliche Entwicklung deutlich (Landgraf et al., 2017). Anatomische Auswirkungen äußern sich in einer breiten Facette von leichten morphologischen Anomalien bis hin zu schweren anatomischen Schädigungen, wie einer postnatalen Dystrophie, muskulärer Hypotonie, organischen Fehlbildungen und kraniofazialen Dysmorphien (Nulman et al., 2018).

Pränataler Alkoholkonsum und Auswirkungen auf neurokognitiver und Verhaltensebene in der frühen Kindheit Neben anatomischen Auswirkungen lassen sind auch verschiedene funktionale Auswirkungen einer pränatalen Alkoholexposition auf die kognitive Entwicklung und Verhaltensentwicklung von Säuglingen und Kleinkindern nachweisen. So sind sowohl FASDs (Lange, Rovet et al., 2017) als auch eine moderate pränatale Alkoholexposition mit kognitiven Einschränkungen assoziiert (s. Huizink & Mulder, 2006 für einen Überblick). Dabei scheinen sich die Effekte insbesondere für 12 Monate alte, nicht aber jüngere Säuglinge zu zeigen (Testa, Quigley & Eiden, 2003). Auch im weiteren Entwicklungsverlauf sind FASDs mit Einschränkungen der kognitiven Fähigkeiten verbunden (Mattson, Crocker & Nguyen, 2011). Kognitive Beeinträchtigungen können sich dabei im Rahmen allgemeiner intellektueller Leistungsfähigkeit, Exekutivfunktionen, Selbstregulationsprozessen, Gedächtnisleistungen oder dem Spracherwerb zeigen (Mattson et al., 2011). FAS © 2019 Hogrefe Verlag


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gilt dabei schon seit vielen Jahren als eine der zentralen Ursachen für eine kognitive Beeinträchtigung (Abel & Sokol, 1987; Dörrie, Föcker, Freunscht & Hebebrand, 2014). Der durchschnittliche Intelligenzquotient bei Kindern mit einer FAS-Diagnose liegen zumeist im unteren Grenzbereich (nach ICD-10 = < 70), wobei das Spektrum kognitiver Einschränkungen von leichten Lernbeeinträchtigungen bis hin zu starken geistigen Behinderungen reichen kann (Dörrie et al., 2014). Neben diesen kognitiven Einschränkungen zeigen sich auch auf einer Verhaltensebene Auswirkungen von pränatalem mütterlichem Alkoholkonsum auf das Stressempfinden und das Temperament von Säuglingen (Alvik, Torgersen, Aalen & Lindemann, 2011; Haley, Handmaker & Lowe, 2006; Schoeps et al., 2018). Bei sechs Monate alten Säuglingen wurde ein auffälliges Temperament in Form von häufigem und heftigen Weinen, Unruhe, Reizbarkeit, Verärgerung und der Suche nach Aufmerksamkeit mit pränatalem Alkoholkonsum in Zusammenhang gebracht. Insbesondere wöchentliches Binge-Drinking geht mit einem häufigen Schreien sechs Monate alter Säuglinge einher. Mehrfaches wöchentliches Binge-Drinking konnte darüber hinaus als prädiktiv für Schlafstörungen nachgewiesen werden (Alvik et al., 2011). Ein schwierigeres frühkindliches Temperament (häufiges Schreien, Weinen, Schlafstörungen) im ersten Lebensjahr zeigt sich abgeschwächt allerdings auch für Säuglinge, deren Mütter nach Bekanntwerden der Schwangerschaft aufgehört haben zu trinken (Haley et al., 2006; Schoeps et al., 2018), sodass bereits die Embryogenese als kritische Phase für Alkoholkonsum während der Schwangerschaft zur Entwicklung von Temperamentsauffälligkeiten angesehen werden muss. Diese Temperamentsauffälligkeiten können sich im weiteren kindlichen Entwicklungsverlauf zu externalisierenden Verhaltensauffälligkeiten ausweiten (vgl. Abulizi, Pryor, Michel, Melchior & Van Der Waerden, 2017; Degnan et al., 2011; Kiel, Bruckdorfer, Petermann & Reinelt, 2018; Schoeps et al., 2018). Dazu gehören z. B. die Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) und oppositionelles Trotzverhalten (vgl. Beauchaine & McNulty, 2013). Defizite in diesen Bereichen wurden bereits mit starkem pränatalen Alkoholkonsum in Verbindung gebracht (Mattson et al., 2011). So ergibt sich für Kinder, die pränatalem Alkoholkonsum ausgesetzt waren, im Verlauf der frühkindlichen Entwicklung eine signifikant (bis zu 15 Mal, vgl. Pineda et al., 2007) höhere Wahrscheinlichkeit für das Auftreten von ADHS im Vergleich zu Kindern ohne pränatale Alkoholexposition (Fryer et al., 2007). Bei der Durchführung neuropsychologischer Aufgabenstellungen treten bei betroffenen Kindern u. a. Auffälligkeiten in Form von verminderter Vigilanz, verlangsamter Reaktionszeit und Informationsver© 2019 Hogrefe Verlag

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arbeitung auf (Burden, Jacobson & Jacobson, 2005; Mattson et al., 2011). Obwohl die Prävalenzen für die Entwicklung einer ADHS bei FAS-Kindern im Vergleich zu Kindern ohne FAS erhöht sind, wird angenommen, dass beide Störungsbilder separaten verhaltensneurologischen Profilen unterliegen (Mattson et al., 2011). Dies zeigt sich darin, dass beide Störungsbilder z. B. mit Einschränkungen der Aufmerksamkeit assoziiert sind, sich diese Einschränkungen jedoch auf unterschiedliche Art und Weise bemerkbar machen. Kinder mit ADHS zeigen beispielsweise eher Schwierigkeiten beim Fokussieren und Aufrechterhalten der Aufmerksamkeit, während Kinder, die von FAS betroffen sind, primär Probleme haben, die Aufmerksamkeit zu verschieben, Informationen zu kodieren oder Flexibilität bei Problemlösungen zu zeigen (Mattson et al., 2011). Auch postnatal kann Alkoholkonsum der Mutter negativen Einfluss auf die Entwicklung des Kindes haben, wenn es gestillt wird und Alkohol dadurch über die Muttermilch auf den Organismus des Säuglings übertragen wird (Brown, Dakkak & Seabrook, 2018). Ethanol, als Hauptbestandteil von alkoholischen Getränken, geht aufgrund seiner molekularen Eigenschaften in fast gleichbleibender Konzentration vom Blut in die Muttermilch über. Die Auswirkungen von Alkoholkonsum der Mutter während der Stillperiode können sich u. a. in Form von Schlafstörungen oder Beeinträchtigungen der Immunfunktionen des Neugeborenen und verminderter Milchproduktion der Mutter äußern (Brown et al., 2018).

Epigenetische Prozesse Ein weiterer, durch Alkoholkonsum bedingter Prozess, der erst in jüngster Zeit Aufmerksamkeit gefunden hat, umfasst epigenetische Prozesse. Durch chemische Substanzen und somit auch durch den Alkoholkonsum der Schwangeren kann es zu Veränderungen der Genaktivität des heranwachsenden Kindes kommen (Nulman, Shulman & Liu, 2018; Schmidt, Petermann & Schipper, 2012). Tabelle 2 gibt einen Überblick zu epigenetischen Prozessen im Kontext des mütterlichen Alkoholkonsums. Inwiefern sich die Auswirkungen von Alkohol auf den ungeborenen Organismus äußern, geht bekanntlich damit einher, in welchem Maße während der Schwangerschaft Alkohol konsumiert wird. Dies kann dabei stark von weiteren Gegebenheiten wie Umwelt- und soziodemographischen Faktoren abhängen, die sich entsprechend auf die Schwangeren selbst oder deren Umfeld beziehen (Halliday et al., 2017; Nulman et al., 2018; Ulrich & Petermann, 2016). Kindheit und Entwicklung (2019), 28 (1), 6–18


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Tabelle 2. Epigenetische Prozesse im Kontext des Alkoholkonsums von Schwangeren Grundlegende Mechanismen Epigenetische Mechanismen Die Genaktivität wird durch Umwelteinflüsse über endokrine, immunologische und molekulare Prozesse verändert. Dabei geht es um eine Veränderung der Funktion des Genoms und nicht des Genoms selbst. Das bedeutet, die DNA-Sequenz bleibt unverändert (Schmidt et al., 2012). Alkohol und epigenetische Prozesse Auch chemische Substanzen, wie Alkohol, können als Einflussfaktoren hinsichtlich der Gen-Umwelt-Interaktion, die epigenetischen Veränderungen unterliegt, gelten und damit einhergehende Folgen verursachen. Zu den bekanntesten epigenetischen Mechanismen gehört die DNAMethylierung (Schmidt et al., 2012). DNA-Methylierung Hierbei handelt es sich um eine genetische Modifikation, bei der die Übertragung von Methylgruppen auf Nukleobasen an einer bestimmten Stelle der DNA dazu führt, dass darauffolgende und eigentlich zuvor bestandene genetische Informationen nicht mehr abgelesen werden können (Schmidt et al., 2012).

Mit Alkoholkonsum während der Schwangerschaft korrelierende Faktoren Es existiert eine Vielzahl von Faktoren, die das Alkoholkonsumverhalten von schwangeren Frauen beeinflussen kann (z. B. Baio et al., 2010; Esper & Furtado, 2014; Kitsantas, Gaffney & Wu, 2015; Tran, Williams, Alati & Najman, 2015; Ulrich & Petermann, 2016; Washio, Mericle, Cassey, Daubert & Kirby, 2017). Zum einen bestehen Zusammenhänge zwischen Alkoholkonsum während der Schwangerschaft und soziodemographischen Faktoren, wie z. B. der Herkunft, dem Migrationsstatus und der Wohngegend (Melchior et al., 2015) oder dem Bildungsstand und sozioökonomischen Status der schwangeren Frauen (Melchior et al., 2015; Murphy, Mullally, Cleary, Fahey & Barry, 2013; Pfinder, Feldmann & Liebig, 2013; Skagerström, Alehagen, Häggström-Nordin, Årestedt & Nilsen, 2013). Zum anderen bestehen auch Zusammenhänge mit sozialen Faktoren, wie der Paarbeziehung (Powers, McDermott, Loxton & Chojenta, 2013), vor der Schwangerschaft erfahrenen Gewalteinflüssen (Skagerström, Chang & Nilsen , 2011) oder sozialer Unterstützung durch das Umfeld (Powers et al., 2013). Auch der Alkoholkonsum vor der Schwangerschaft oder der Konsum weiterer Substanzen, wie Nikotin, vor und während der Schwangerschaft scheint mit pränataler Alkoholexposition in Zusammenhang zu stehen (Murphy et al., 2013; Nulman et al., 2018; Skagerström et al., 2013; Skagerstróm et al., 2011). Kindheit und Entwicklung (2019), 28 (1), 6–18

Alkoholkonsum von Schwangeren

Studien beschäftigen sich mit der Analyse des Zusammenhangs pränataler Alkoholexposition und dadurch ausgelöste epigenetische Prozesse. So zeigten Loke, Muggli, Nguyen, Ryan und Saffery (2018) anhand einer Stichprobe von 187 schwangeren Frauen, dass pränatale Alkoholexposition plazentare, epigenetische Veränderungen der Nachkommen bewirkt. Es zeigte sich außerdem, dass die männlichen Nachkommen eine höhere Rate an plazentarer DNA-Methylierung aufwiesen. Dies entspricht früheren Ergebnissen aus Studien, die epigenetische Mechanismen in Verbindung mit pränatalem Nikotinkonsum untersucht haben. Im Rahmen der Forschungsarbeiten von Sharp und Kollegen (2018) wurden anhand von Untersuchungen des Blutes der Nabelschnur von Neugeborenen, die in der pränatalen Phase dem Alkoholkonsum durch die Mutter ausgesetzt waren, kein Zusammenhang zwischen DNA- Methylierungsprozessen und pränataler Alkoholexposition gefunden. Diese Ergebnisse stehen sowohl in Kontrast zu den Ergebnissen von Loke und Kollegen (2018). Die Gründe für die widersprüchlichen Ergebnisse werden in den unterschiedlichen Analyseverfahren, aufgrund der kleineren Stichprobe und der unterschiedlichen Menge an konsumiertem Alkohol vermutet (Sharp et al., 2018).

Soziodemographische Faktoren Beleuchtet man soziodemographische Faktoren, die mit Alkoholkonsum während der Schwangerschaft assoziiert sind, genauer, weisen bisherige Erkenntnisse daraufhin, dass Frauen mit Migrationshintergrund während der Schwangerschaft weniger Alkohol konsumieren als Frauen ohne Migrationshintergrund. In der Studie von Melchior und Kollegen (2015) wurden die Daten anhand von Interviews mit in Frankreich lebenden Frauen gewonnen. Die Stichprobe bestand zum Großteil um Frauen aus Ländern, wie Nordafrika und Asien, in denen der Alkoholkonsum von Frauen laut WHO (2013) generell gering ist. Außerdem handelte es sich bei den Schwangeren mit Migrationshintergrund zumeist um Frauen mit geringerem sozioökonomischen Status. Die Tatsache, dass Schwangere mit Migrationshintergrund weniger Alkohol konsumieren als Schwangere ohne Migrationshintergrund, wird auch durch Daten aus Deutschland gestützt, die im Rahmen der KiGGS-Studie erhoben wurden (Bergmann et al., 2007; Hölling et al., 2012; Lampert, Müters, Stolzenberg & Kroll, 2014). Die KiGGS-Studie umfasst Daten von 16.301 befragten Frauen aus Deutschland, die im Rahmen dieser Studie retrospektiv erhoben wurden. Hieraus ergab sich des Weiteren, dass sich der sozioökonomische Status, neben physischen Merkmalen wie dem Alter oder dem Körpergewicht der Schwangeren, als stärkster Prädiktor für Alkoholkonsum während der Schwangerschaft erwies. Die Prävalenzen bei Schwangeren mit einem hohen Bildungsabschluss lagen im Vergleich zu denen bei Schwangeren mit einem © 2019 Hogrefe Verlag


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mittleren oder niedrigen Sozioökonomischen Status höher (Pfinder et al., 2013). Ergebnisse einer Umfrage aus Schweden ergaben weitere mit Alkoholkonsum während der Schwangerschaft korrelierende Faktoren, wie das Leben in einer größeren Stadt (>200.000 Einwohner) und ein höheres Alter. Im Vergleich zu Schwangeren, die 24 Jahre oder jünger waren, ergab sich, dass Schwangere, die 40 Jahre oder älter waren, mit einer 11 Mal so hohen Wahrscheinlichkeit Alkohol zu sich nahmen. Die Wahrscheinlichkeit für Alkoholkonsum bei den 35- bis 39-jährigen Schwangeren lag noch achteinhalbmal höher. Ähnliche Prävalenzen ergaben Befragungsdaten von 368 schwangeren Frauen irischer Herkunft (Murphy et al., 2013). Außerdem gaben 84 % der insgesamt 1594 befragten schwangeren Schwedinnen an, in dem Jahr vor ihrer Schwangerschaft regelmäßig Alkohol konsumiert zu haben, und zwar bis zur medizinischen Feststellung der Schwangerschaft. Das bedeutet, dass Alkoholkonsum während früher Schwangerschaftsphasen stattfand (Skagerström et al., 2013). Um den Alkoholkonsum zu erfassen, wurde der Alcohol Use Disorder Identification Test-Consumption (AUDIT-C) eingesetzt (Bradley, McDonell et al., 1998).

Soziale Faktoren Soziale Faktoren, die sich auf die Prävalenzen des Alkoholkonsums während der Schwangerschaft auswirken können, sind die Unterstützung des sozialen Umfeldes und die des Partners (Beijers et al., 2014; Powers et al., 2013; Skagerström et al., 2011). Fehlt es Frauen während der Schwangerschaft an sozialer Unterstützung durch deren Umfeld oder durch die Partnerschaft, steigen die Prävalenzen, Alkohol während der Schwangerschaft zu konsumieren (Powers et al., 2013). Die Erfahrung von Gewalt (in der Partnerschaft) gehört dabei zu den Prädiktoren für Alkoholkonsum vor und während der Schwangerschaft (Powers et al., 2013; Skagerström et al., 2011). Auch der fehlende Zugang zu unterstützenden Maßnahmen während der Schwangerschaft scheint die Prävalenz des Konsums zu erhöhen (Nulman et al., 2018). Ein weiterer Faktor, der häufig mit einem höheren Alkoholkonsum während der Schwangerschaft assoziiert ist, ist der Konsum von Nikotin (Murphy et al., 2013; O’Keeffe et al., 2015; Powers et al., 2013; Skagerström et al., 2013).

Schwangerschaftsspezifische Faktoren Auch schwangerschaftsspezifische, medizinische Faktoren, wie z. B. Blutungen, Infektionen oder auch Diagnosen hinsichtlich Fehlbildungen des heranwachsenden Fetus, © 2019 Hogrefe Verlag

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stehen in Zusammenhang mit pränataler Alkoholexposition. In einer niederländischen Kohortenstudie wurden Frauen in der Mitte ihrer Schwangerschaft zu verschiedenen Stresskategorien befragt. Neben Stressoren auf finanzieller oder familiärer Ebene wurden auch die schwangerschaftsspezifischen medizinischen Faktoren einbezogen. Es wurde dabei zwischen Frauen unterschieden, die zu dieser Zeit noch Alkohol tranken (n = 124) bzw. bereits aufgehört hatten (n = 1403). Die Ergebnisse zeigten, dass pränataler Alkoholkonsum mit schwangerschaftsspezifischen medizinischen Faktoren insofern einhergeht, dass Schwangere, die zur Befragungszeit noch Alkohol konsumierten, häufiger unter Faktoren wie vaginalen Blutungen oder Infektionen litten, als Frauen, die während der Schwangerschaft Alkoholabstinet lebten (Beijers et al., 2014). Zudem scheint bei nicht geplanten bzw. ungewollten Schwangerschaften ein erhöhtes Risiko für pränatalen Alkoholkonsum vorzuliegen (Beijers et al., 2014; Iversen et al., 2015).

Auswirkungen perinataler Risikofaktoren auf die frühkindliche Entwicklung Neben pränatalem Alkoholkonsum existieren weitere Risikofaktoren, die die Wahrscheinlichkeit des Auftretens einer Verhaltensauffälligkeit oder Störung im Verlauf der frühkindlichen Entwicklung begünstigen. Zur Erfassung und Unterteilung perinataler Risikofaktoren und deren Auswirkungen existieren verschiedene Ansätze. Zunächst lassen sich Risikofaktoren definieren, die sich während und nach der Schwangerschaft auf die Frau selbst beziehen. Neben Substanzkonsum, wie Alkohol oder Nikotin, sind z. B. ein geringes Bildungsniveau (Demirci & Kartal, 2018), aber auch eine mangelhafte Ernährung oder psychische Belastung der Schwangeren auffällig (Ulrich & Petermann, 2016). Hiervon zu unterscheiden sind risikoassoziierte Faktoren, die sich auf die Umgebung und das Umfeld der (werdenden) Mutter und des Kindes beziehen. Diese sind unter anderem fehlende soziale Kontakte, Partnerschaftskonflikte oder mangelhafte Wohnsituationen (Esser & Schmidt, 2017; Powers et al., 2013). Dass einige dieser perinatalen Risikofaktoren bereits Auswirkungen auf die Embryogenese und Fetalperiode, die Phase während und unmittelbar nach der Geburt und die ersten beiden Lebensjahre eines Kindes haben, wird durch Ergebnisse mehrerer Studien bestätigt (s. Tab. 3). Neben pränatalem Alkoholkonsum gilt Nikotinkonsum während der Schwangerschaft als einer der häufigsten Risikofaktoren für die frühkindliche EntwickKindheit und Entwicklung (2019), 28 (1), 6–18


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Tabelle 3. Beispiele von Auswirkungen perinataler Risikofaktoren auf verschiedenen Zeitpunkte der frühkindlichen Entwicklung Phase der Auswirkungen auf die kindliche Entwicklung

Autoren

Zugrunde liegende Risikofaktoren

Art der Auswirkungen

Schwangerschaft Gesamte Embryogenese und Fetalperiode

Godleski et al. (2016) Nikotinkonsum während der Schwangerschaft und Tiesler et al. (2014)

Beeinträchtigung der Entwicklung von Organen, und der Bildung des ZNS

Geburtsphase Während / unmitTiesler et al. (2014) telbar nach der Geburt

Nikotinkonsum während der Schwangerschaft

Erhöhtes Risiko für Tod- und Frühgeburten; niedriges Geburtsgewicht

Neurologische Entwicklungsstörungen (sensorisch und motorisch)

Erstes Lebensjahr 6 Monate (bis 30 Monate)

Kumar et al. (2013)

Höheres Alter der Schwangeren, Verwandtenehe, genetische Vorbelastung

3 Monate (bis 5 Jahre)

Demirci und Kartal (2018)

Kaiserschnitt, Alter (≥ 35 Jahre), niedriger Schulab- Störungen der sozialen und kognitiven schluss und geringer sozioökonomischer Status der Entwicklung Mutter

9 Monate

Shisler et al. (2016)

Nikotinkonsum während der Schwangerschaft

Störungen in fokussierter Aufmerksamkeit

Zweites Lebensjahr 17 Monate

Galéra et al. (2011)

Nikotinkonsum während der Schwangerschaft

Leichte Aufmerksamkeitsdefizite

24 Monate

McDonald et al. (2016)

Psychische Probleme der Mutter

Hyperraktivität, Aggression, negative Emotionalität, Verzögerung der sozial-emotionalen Entwicklung

lung (Ulrich & Petermann, 2016). Pränataler Nikotinkonsum wirkt sich, ähnlich wie pränataler Alkoholkonsum, bereits während der Embryogenese und der gesamten Fetalperiode störend auf die Entwicklung der Organe und des ZNS des heranwachsenden Kindes im Mutterleib aus (Godleski, Eiden, Schuetze, Colder & Huestis, 2016; Tiesler & Heinrich, 2014). Des Weiteren können Auswirkungen des Nikotins mit einem erhöhten Risiko für Tod- und Frühgeburten und einem geringen Geburtsgewicht einhergehen (Tiesler & Heinrich, 2014). Bei neun Monate alten Kindern wurden bereits Defizite in fokussierter Aufmerksamkeit bemerkt (Shisler et al., 2016), die neben anderen Auffälligkeiten wie einem schwierigen Temperament auch als Vorläufer externalisierender Verhaltensauffälligkeiten gelten (Kiel et al., 2018). Einen weiteren Risikofaktor stellen psychische Probleme auf Seiten der Mütter dar. Diesem Risikofaktor wurden bei 16 % der Zweijährigen auch Verzögerungen der sozial-emotionalen Entwicklung zugeschrieben (McDonald, Kehler & Tough, 2016). Entwicklungsauffälligkeiten und -störungen in Form von externalisierenden Verhaltensweisen wie oppositionellem Trotzverhalten, Wutanfällen, Hyperaktivität und Impulsivität zeigen sich bereits in der frühen Kindheit (Fisch et al., 2016; Kiel et al., 2018). Eine Studie von McDonald und Kollegen zeigte, dass 24 % der Kinder von insgesamt 1146 teilnehmenden Müttern Kindheit und Entwicklung (2019), 28 (1), 6–18

Verhaltensproblematiken wie Überaktivität, Aggression oder negative Emotionalität, schon im Alter von zwei Jahren, zeigten. Weitere perinatale Risikofaktoren für die frühkindliche Entwicklung sind ein erhöhtes Alter, ein niedriger Schulabschluss bzw. geringer sozioökonomischer Status der Mutter, Verwandtenehen, bereits vorhandene neurologische Erkrankungen in der Familie, eine Geburt per Kaiserschnitt bzw. ein geringes Geburtsgewicht des Neugeborenen. In Untersuchungen mit Kindern im Alter von drei Monaten bis fünf Jahren (Demirci & Kartal, 2018) zeigten sich diese Risikofaktoren als Grund für Störungen der sozialen und kognitiven Entwicklung. Außerdem wurden diese Faktoren auch mit neurologischen Störungen, die neben motorischen und sensorischen Entwicklungsstörungen zumeist auch mit externalisierendem Verhalten zusammenhängen, in Verbindung gebracht. Die neurologisch bedingten Auffälligkeiten zeichneten sich bei einer Stichprobe von Kindern im Alter zwischen sechs bis 30 Monaten ab (Kumar, Bhave, Bhargava & Agarwal, 2013). Einige der Risikofaktoren, die bereits pränatal das Alkoholkonsumverhalten der Schwangeren beeinflussen, bleiben auch in der postnatalen Phase bestehen. Hierzu zählen z. B. psychische Belastungen (McDonald et al., 2016; Ulrich & Petermann, 2016), ein höheres Alter (Demirci & Kartal, 2018) oder fehlende soziale Unterstützung © 2019 Hogrefe Verlag


P. Römer et al., Alkoholkonsum während der Schwangerschaft

der Mutter (Powers et al., 2013). Es bleibt weiterhin ungeklärt, inwiefern genau perinatale Risikofaktoren die Entwicklung der durch pränatalen Alkoholkonsum belasteten Kinder zusätzlich beeinflussen. Die genaue Wechselwirkung perinataler Risikofaktoren und deren Effekte im Hinblick auf Folgeschäden, die durch pränatalen Alkoholkonsum entstanden sind, muss für die frühe Kindheit noch genauer analysiert werden. Daraus resultiert die Frage, wie Risikofamilien bestmöglich und früh identifiziert werden können und den perinatalen Risiken individuell wirksam vorgebeugt werden kann.

Schlussfolgerungen für die klinische Praxis Zur Einschätzung, ob eine eindeutige Diagnose im Rahmen der FASD getätigt werden kann, bedarf es zunächst einer detaillierten diagnostischen Vorgehensweise. Die deutschen S3-Leitlinien zur Diagnostik des FAS (Landgraf, Nothacker & Heinen, 2013) dienen dabei als wichtige Orientierung (Landgraf et al., 2017). Hierzu wurden vier diagnostische Kriterien bestimmt, die in die Beurteilung einfließen: Mindestens eine Wachstumsauffälligkeit, drei definierte faziale Auffälligkeiten, funktionelle oder strukturelle Auffälligkeiten des zentralen Nervensystems (ZNS) und die Bestätigung des Alkoholkonsums der Mutter während der Schwangerschaft, wobei letztere nicht notwendigerweise vorliegen muss. Unter Berücksichtigung der genannten Kriterien ist zu beachten, dass es, wenn das zu untersuchende Kind sowohl Wachstumsauffälligkeiten, als auch faziale Auffälligkeiten und Auffälligkeiten des ZNS zeigt, einer FAS-Diagnose bedarf – auch wenn eine pränatale Alkoholexposition nicht mehr sicher zu stellen ist (Landgraf et al., 2017). Ob ein Kind von pränataler Alkoholexposition betroffen war und Folgeschäden, die sich im Rahmen von Entwicklungsstörungen bemerkbar machen, womöglich darauf zurückzuführen sind, lässt sich über Angaben der Mutter nur bedingt feststellen. Ist die Facette an Verhaltensauffälligkeiten eines Kindes breit und liegen möglicherweise einer Vielzahl von Risikofaktoren vor, kann es rückwirkend schwer sein, zu identifizieren, ob Alkoholkonsum der Mutter als pränataler Risikofaktor bedeutsam war. Aktuelle Forschungsarbeiten beziehen deshalb sogenannte Biomarker für Alkohol mit ein (Eichler et al., 2016; Jaffee, 2018; Thon, Weinmann, Yegles, Preuss & Wurst, 2013). Dabei werden direkte Stoffwechselprodukte von Alkohol, die als Ethanolmetabolite in Erscheinung treten, zur Analyse genutzt. Ethanolmetabolite, wie Ethylglukuronid, Ethylsulfat oder Phosphatidylethanol, dienen da© 2019 Hogrefe Verlag

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bei als klassische Biomarker für Alkohol (Jaffee, 2018; Thon et al., 2013). Derzeit findet die Nutzung von Biomarkern Anwendung in Bereichen der Notfallmedizin, bei Lebertransplantationen, bei der Bestimmung von Abstinenzlern im Rahmen von Alkoholbehandlungsprogrammen, bei Fahreignungstests und betrieblicher Gesundheitsprävention (Thon et al., 2013). Das Einsetzen von Biomarkern im Rahmen der FASD-Diagnostik wird kritisch betrachtet, findet jedoch seit einigen Jahren auch Anwendung, um frühzeitig auf pränatale Alkoholexposition rückschließen zu können (Fríguls et al., 2010; Thon et al., 2013; Zelner, Hutson, Kapur, Feig & Koren, 2012). Argumentiert wird u. a. mit der Möglichkeit, Verhaltensauffälligkeiten und psychischen Störungen, die zwar schon in der frühen Kindheit auftreten, in vielen Fällen jedoch erst zu späteren Zeitpunkten als solche diagnostiziert werden, bereits während den ersten Lebensjahren entgegenzuwirken bzw. vorzubeugen. Risikokinder könnten so identifiziert werden, bevor diese eine starke pathologische Symptomatik zeigen (Jaffee, 2018). Hinweise zur Entwicklung und Wirkungsweise präventiver Vorgehensweise. Während eine Vielzahl von Frauen darauf bedacht ist, den Alkoholkonsum während der Schwangerschaft einzuschränken (Crozier et al., 2009), sind die aktuellen Schätzungen zu Prävalenzen von Alkoholkonsum während der Schwangerschaft und die damit einhergehende Anzahl an mit FASD geborenen Kindern weiterhin ein weltweites Problem (Popova, Lange, Probst, Gmel & Rehm, 2017; Popova et al., 2018). Es scheint jedoch kritisch zu sein, die tatsächliche Anzahl an schwangeren Alkoholkonsumentinnen vollständig feststellen zu können. Ebenfalls problematisch scheint die Erfassung der Häufigkeit und der genauen Menge des Konsums, sowie die Auswertung basierend auf retrospektiv erhobenen Angaben von Frauen. Womöglich entsprechen die Antworten Mustern im Sinne der sozialen Erwünschtheit oder Trinkmuster zur Zeiten der Schwangerschaft werden nur noch ansatzweise vorhanden erinnert. Die kontinuierliche Erfassung von Prävalenzen als Grundlage zur Vorbeugung von Folgeschäden für die Entwicklung durch pränatale Alkoholexposition ist nach wie vor essentiell. Weitere perinatale Risikofaktoren im Rahmen von Früherkennungsuntersuchungen mit zu erheben, könnte ausschlaggebend und ratsam sein. Dabei ist es wichtig, die Ursachen des Konsumverhaltens während und nach der Schwangerschaft in die Planung präventiver Maßnahmen miteinzubeziehen. Durch ein enges, berufsgruppenübergreifendes Netzwerk ließen sich somit präventive Angebote und Maßnahmen effizienter gestalten und die Prioritäten hinsichtlich der Ausgaben des Gesundheitssystems, gerade für die am stärksten gefährdeten Risikogruppen, ließen sich anpassen (Popova et al., 2018). Kindheit und Entwicklung (2019), 28 (1), 6–18


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Das Wissen über Faktoren, die mit pränataler Alkoholexposition korrelieren, ebenso wie weiterer Faktoren, die sich postnatal auf betroffene Kinder und deren Entwicklung auswirken können, soll es Kinderärzt_innen und Klinischen Kinderpsycholog_innen vereinfachen, z. B. im Rahmen der kinderärztlichen Früherkennung oder einer psychologischen Betreuung von Risikofamilien, diese früh zu identifizieren. Im Zusammenhang mit gleichbleibenden Prävalenzen für Konsum während der Schwangerschaft zeigen diese Ergebnisse, dass allein die Aufklärung zu einem Zeitpunkt (z. B. zu Beginn der Schwangerschaft) durch eine Berufsgruppe (z. B. durch Gynäkologen) nicht genügt. Eine Begleitung durch verschiedene Berufsgruppen innerhalb des Sozial- und Gesundheitswesens, die idealerweise Hand in Hand arbeiten müssen, scheint nicht nur wünschenswert, sondern auch notwendig, um risikobelastete Familien zu identifizieren, zu begleiten und zu unterstützen.

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Förderung Das diesem Bericht zugrundeliegende Projekt wird mit Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung unter dem Förderkennzeichen 01NV1601C von 2016 – 2020 gefördert. Kofinanziert wird das Projekt von der Stadtgemeinde Bremen und der Jacobs Foundation (Zürich). Pia Römer Dr. Tilman Reinelt Prof. Dr. Franz Petermann Dr. Claudia Teickner Zentrum für Klinische Psychologie und Rehabilitation der Universität Bremen Grazer Straße 6 28359 Bremen proemer@uni-bremen.de

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Übersicht

Frühkindliche Prädiktoren externalisierender Verhaltensauffälligkeiten Evidenzen aus Längsschnittstudien Tilman Reinelt, Gizem Samdan, Natalie Kiel und Franz Petermann Zentrum für Klinische Psychologie und Rehabilitation der Universität Bremen Zusammenfassung. Externalisierende Verhaltensauffälligkeiten sind mit hohen gesellschaftlichen Kosten verbunden. Damit wirksame Präventions- und frühe Therapieprogramme entwickelt werden können, ist es notwendig, bereits in den ersten Lebensjahren Risiken für einen externalisierenden Entwicklungsverlauf zu identifizieren. In einer systematischen Literaturrecherche konnten aus 21 Publikationen zu 12 längsschnittlichen Geburtskohorten mit insgesamt 55 077 Kindern frühe Risiken bezogen auf eine elterliche Psychopathologie, einen niedrigen sozio-ökonomischen Status und ungünstige Eltern-Kind-Interaktionen identifiziert werden. Insbesondere eine mütterliche Depression, ein niedriger sozio-ökonomischer Status und ein harsches Erziehungsverhalten in den ersten Lebensjahren waren prädiktiv für externalisierende Verhaltensauffälligkeiten im Kindergarten und bei Schuleintritt. Implikationen für die klinische Praxis werden vorgestellt. Schlüsselwörter: elterliche Psychopathologie, Eltern-Kind-Interaktion, Externalisierendes Verhalten, Geburtskohorten, sozio-ökonomischer Status

Predicting Externalizing Behavior Problems in Early Childhood: Evidence From Longitudinal Studies Abstract: As externalizing behavior is associated with long-term economic costs (e. g., related to additional health care, school problems, and criminality), several programs aim at reducing the risk of developing externalizing symptoms from early on. Yet, although prevention programs and early interventions are most effective during the first years of life (Heckman, Pinto & Savelyev, 2013), most programs have been developed for preschool and primary school children (Buchanan-Pascall, Gray, Gordon, & Melvin, 2018). Early prevention programs for externalizing behavior problems, however, need to address risk factors in the first 3 years of life. Cross-sectional and older longitudinal studies suggested parental psychopathology, a low socioeconomic status, and maladaptive parent–child interactions to be associated with externalizing behavior problems. Therefore, this systematic review aims at summarizing evidence from longitudinal studies on these risk factors during the first 3 years of life predicting externalizing behavior problems in preschool and up to school enrollment. Using the search terms birth cohort AND temperament and birth cohort AND externali*, 21 studies covering 12 birth cohorts from Europe (France, UK), USA, Asia (Taiwan), South America (Brazil), and Oceania (Australia, New Zeeland) comprising a total sample of 55,077 children were identified. These studies related to three different clusters of predictors of externalizing behavior, namely, (a) parental psychopathology, (b) a low socioeconomic status, and (c) maladaptive parent–child interactions. With regard to parental psychopathology, depressive symptoms of the mother were the most important predictor for the development of externalizing behavior problems in the first years of life across various cohorts and countries; paternal depressive symptoms, however, were investigated in only one of the studies. In addition to maternal depressive symptoms, a low socioeconomic status predicted the development of externalizing behavior symptoms – despite various different operationalizations between studies (e. g., level of education, occupation, income, quality of the residential area). Finally, maladaptive parent–child relations, in particular inconsistent and harsh parenting with little parental control, were observed as one of the most important factors predicting externalizing behavior problems in early childhood. Maternal sensitivity, on the other hand, did not have a direct effect, but rather showed an interaction with a difficult temperament of the child when predicting externalizing behavior. The results of this review suggest that there is a lack of knowledge on how paternal variables affect externalizing behaviors of children; future longitudinal studies should therefore try to not only obtain maternal data but also to consider paternal influences. They should also examine the interaction of different risk factors for the development of externalizing behavior problems with more dense measurement points in order to be able to describe the specific influences on the course of development in a more differentiated way. The review supports the notion that early childhood intervention programs that support families in various areas are of great importance and that health professionals should pay attention to the development of early childhood behavioral symptoms and consider them along with the psychopathology of the parents when working with families. Keywords: birth cohort, externalizing behavior, parental psychopathology, parent–child interaction, socioeconomic status

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Kindheit und Entwicklung (2019), 28 (1), 19–32 https://doi.org/10.1026/0942-5403/a000268


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T. Reinelt et al., Frühkindliche Prädiktoren externalisierender Verhaltensauffälligkeiten

Externalisierende Störungen wie oppositionelles Trotzverhalten, Aufmerksamkeitsdefizit-/ Hyperaktivitätsstörung (ADHS) oder Störung des Sozialverhaltens zählen zu den häufigsten psychischen Störungen des Kindesalters (Klasen et al., 2016). Betroffene Kinder zeigen dabei vermehrt impulsive, hyperaktive oder aggressive Verhaltensweisen (Howell & Watson, 2009). Diese gehen vielfach mit schwerwiegenden Beeinträchtigungen für die betroffenen Kinder einher: Sie haben weniger Freunde (Mikami, 2010), schlechtere Beziehungen zu ihren Eltern (Burt, McGue, Krueger & Iacono, 2005), zeigen schlechtere Schulleistungen (Daley & Birchwood, 2010; Wirth, Reinelt, Gawrilow & Rauch, 2015), haben langfristig häufiger Gesundheitsprobleme (Bernfort, Nordfeldt & Persson, 2008; Kretschmer et al., 2014) und werden häufiger delinquent (Cohn, Van Domburgh, Vermeiren, Geluk & Doreleijers, 2012). Hieraus resultieren gesamtgesellschaftliche Kosten (Narusyte, Ropponen, Alexanderson & Svedberg, 2017; Pelham, Foster & Robb, 2007) in Form von Gesundheitsleistungen (z. B. Krankenhausaufenthalte, Arztbesuche, Psychotherapie), sozialen Leistungen (z. B. Jugendhilfe, Sozialarbeit) oder schulischer Unterstützung (z. B. bei Lernschwierigkeiten). Diese zusätzlich anfallenden Kosten können gesundheitsökonomisch bestimmt werden: Für Kinder, die im Kindergartenalter besonders durch Hyperaktivität aufgefallen sind, fallen beispielsweise bis ins Jugend- und junge Erwachsenenalter jährlich im Durchschnitt etwa 18 mal so hohe Kosten an wie für Kinder, die nur wenig hyperaktiv sind (Chorozoglou et al., 2015). Aus diesem Grund sind in den letzten Jahren eine Vielzahl an Interventionsprogrammen implementiert worden, um externalisierenden Verhaltensauffälligkeiten und Störungen frühzeitig zu begegnen. Die Mehrzahl dieser Programme setzen im Kindergarten- oder Grundschulalter an (vgl. Buchanan-Pascall, Gray, Gordon & Melvin, 2018; Furlong et al., 2012; Smedler, Hjern, Wiklund, Anttila & Pettersson, 2015). Allerdings ist aus bildungs- und gesundheitsökonomischen Analysen bekannt, dass insbesondere frühe Interventionen in den ersten Lebensjahren langfristig kosteneffizienter sind und externalisierenden Verhaltensauffälligkeiten und späterer Kriminalität präventiv entgegenwirken können (Conti & Heckman, 2013; Heckman, Pinto & Savelyev, 2013). Zur Entwicklung effektiver Interventionen gegen externalisierende Verhaltensauffälligkeiten im frühen Kindesalter ist es jedoch notwendig, kritische Einflussfaktoren in dieser Altersspanne zu identifizieren (vgl. Kiel, Bruckdorfer, Petermann & Reinelt, 2018). Dabei ist zu berücksichtigen, dass diese Einflussfaktoren für externalisierende Verhaltensauffälligkeiten nicht nur zu einem bestimmten Zeitpunkt wirksam sind, sondern sich auch Kindheit und Entwicklung (2019), 28 (1), 19–32

langfristig auf den Entwicklungsverlauf auswirken (vgl., Ialongo et al., 2006).

Prädiktoren für externalisierende Verhaltensauffälligkeiten Externalisierende Verhaltensweisen weisen eine hohe Erblichkeit auf (Larsson, Chang, dʹOnofrio & Lichtenstein, 2014), sodass kindbezogenen Faktoren eine natürliche Bedeutung im Entwicklungsverlauf zukommen. Jedoch entwickeln nur etwa die Hälfte der Kinder, die im Kindergarten Symptome von ADHS und oppositionellem Trotzverhalten gezeigt haben, in der Kindheit auch eine Störung des Sozialverhaltens (Campbell, Shaw & Gilliom, 2000), was die Bedeutung von Umweltfaktoren für einen externalisierenden Entwicklungsverlauf unterstreicht. Entwicklungspsychopathologische Betrachtungsweisen psychischer Auffälligkeiten (Cicchetti, 2006; Guralnick, 2011) unterteilen umweltbezogene Risikofaktoren nach verschiedenen Ebenen und Zeitpunkten ihres Auftretens. So stellt das mütterliche Gesundheitsverhalten (z. B. Alkohol- oder Tabakkonsum, Stress) bereits pränatal ein Risiko für spätere externalisierende Verhaltensauffälligkeiten von Kindern dar (für eine Übersicht siehe Ulrich & Petermann, 2016). Postnatale umweltbezogene Risikofaktoren wiederum können nach Guralnick (2011) in zwei Ebenen unterschieden werden: eine Ebene familiärer Ressourcen und eine Ebene von Familieninteraktionen (u. a. Eltern-Kind-Interaktionen, Erziehungsverhalten, Schaffen einer anregenden Umwelt, Schutz vor Gewalt oder Gesundheitsrisiken; vgl. Scheithauer, Mehren & Petermann, 2003). Familiäre Ressourcen können darüberhinaus weiter unterteilt werden in persönliche Merkmale der Eltern (z. B. psychische oder physische Gesundheit, Einstellungen) und materielle Ressourcen (z. B. finanzielle Ressourcen, soziale Unterstützung). Spezifische Risikofaktoren aus jedem dieser Bereiche sind mit externalisierenden Verhaltensauffälligkeiten und ihrer Entwicklung assoziiert worden. Im Bereich der persönlichen Merkmale der Eltern hängen insbesondere eine vorhandene elterliche Psychopathologie mit externalisierenden Verhaltensauffälligkeiten zusammen (Breaux, Harvey & Lugo-Candelas, 2014; Margari et al., 2013; Middeldorp et al., 2016; van der Pol et al., 2016; Weijers, van Steensel & Bögels, 2018). So leiden einer Meta-Analyse zur Folge etwa 17 % der Eltern von Kindern mit ADHS unter mindestens einer psychischen Störung, etwa dreimal so häufig, wie Eltern von Kindern ohne ADHS. Zu den häufigsten elterlichen Störungen zählen dabei ADHS (21 %), affektive Störungen (17 %) und Angststörungen (16 %) (Cheung & Theule, 2016). Aufgrund weniger © 2019 Hogrefe Verlag


T. Reinelt et al., Frühkindliche Prädiktoren externalisierender Verhaltensauffälligkeiten

Längsschnittstudien ist die Richtung des Zusammenhangs allerdings nicht abschließend geklärt. Elterliche Psychopathologie wird überdies mit dem sozialen Status und damit materiellen Ressourcen der Familie in Verbindung gebracht (Amone-P’Olak, Burger, Huisman, Oldehinkel & Ormel, 2011). Fehlende materielle Ressourcen (z. B. Armut) erhöhen das Risiko für externalisierende Verhaltensauffälligkeiten (Hosokawa & Katsura, 2017; Kaiser, Li, Pollmann-Schult & Song, 2017). So geht vor allem eine anhaltende Armut im Kindes- und Jugendalter mit höheren externalisierenden Symptomen einher (Fitzsimons, Goodman, Kelly & Smith, 2017) aber auch bei Kindern, deren Familien während ihrer Kindheit in die Armut abrutschen, sind externalisierende Symptome im Durchschnitt bereits erhöht (Devenish, Hooley & Mellor, 2017; Wickham, Whitehead, Taylor-Robinson & Barr, 2017). Neben materieller Armut werden vielfach auch der Bildungsstand oder der aktuell ausgeübte Beruf als Marker für den sozio-ökonomischen Status einer Person herangezogen. Dabei zeigt sich, dass eine niedrigere elterliche Bildung oder die Ausübung weniger prestigeträchtiger Berufe mit externalisierenden Verhaltensauffälligkeiten des Kindes im Zusammenhang stehen (s. Piotrowska, Stride, Croft & Rowe, 2015 für eine MetaAnalyse). Mehrere Studien legen nahe, dass sowohl der Zusammenhang einer elterlichen Psychopathologie als auch der Zusammenhang geringer materieller Ressourcen auf externalisierende Verhaltensauffälligkeiten des Kindes durch ein ungünstiges Erziehungsverhalten mediiert wird (Devenish et al., 2017; Granero, Louwaars & Ezpeleta, 2015; Trepat, Granero & Ezpeleta, 2014). So wird ein strenges und harsches Erziehungsverhalten, das körperliche Strafen beinhaltet, vor allem mit aggressivem Verhalten assoziiert (Bradley & Corwyn, 2007; McKee et al., 2007; Roskam, 2018; Vasileva, Petermann, Nitkowski & Petermann, 2018; Vostanis et al., 2006). Eltern von Kindern mit ADHS sind zudem häufig inkonsistenter in ihren Erziehungspraktiken und üben weniger Kontrolle aus (Ellis & Nigg, 2009; Wirth et al., 2017). Hingegen ist ein sensitives und feinfühliges Erziehungsverhalten mit weniger externalisierenden Verhaltensauffälligkeiten assoziiert (Hohm et al., 2017).

Fragestellung In Einklang mit entwicklungspsychopathologischen Betrachtungsweisen (Guralnick, 2011) konnten bisher Zusammenhänge kindlicher externalisierender Verhaltensauffälligkeiten mit der Qualität von Familieninteraktionen (insbesondere dem Erziehungsverhalten der Eltern) sowie familiären Ressourcen (u. a. elterliche Emotionsre© 2019 Hogrefe Verlag

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gulation; Ulrich & Petermann, 2017) aufgezeigt werden. Allerdings beziehen sich die meisten dieser Studien auf querschnittliche Daten, sodass die Prädiktionskraft dieser umweltbezogenen Risikofaktoren für die Entwicklung externalisierender Verhaltensauffälligkeiten begrenzt ist. Trotz der Bedeutung der ersten Lebensjahre für einen externalisierenden Entwicklungsverlauf wurden die Risiken in der Regel erst im Schulalter der Kinder erhoben, sodass keine Schlüsse möglich sind, inwiefern diese Risikofaktoren bereits in den ersten Lebensjahren wirksam sind. Ein solches Wissen ist jedoch von hoher Bedeutung, um entsprechende Präventions- bzw. frühe Therapieangebote ausgestalten zu können. Nach ersten Längsschnittstudien mit Geburtskohorten aus den 70er und 80er Jahren (vgl. z. B. Hohm et al., 2017; Poulton, Moffitt & Silva, 2015), sind in den letzten 20 Jahren und insbesondere im letzten Jahrzehnt weltweit eine Vielzahl weiterer Geburtskohortenstudien initiiert worden, welche eine Einschätzung früher Risikofaktoren in den ersten Lebensjahren für die Entwicklung externalisierender Verhaltensauffälligkeiten ermöglichen. Ziel dieser Arbeit ist es daher, diese Geburtskohortenstudien in Hinblick auf die prognostische Bedeutung früher elterlicher Psychopathologie, sozio-ökonomischer Nachteile oder ungünstiger Eltern-Kind-Interaktionen für die Entwicklung externalisierender Verhaltenssauffälligkeiten bis zur ersten Schulklasse zu untersuchen. Aufgrund des Alters der Kinder kann dabei nicht auf klinische Diagnosen zurückgegriffen werden. Stattdessen werden dimensionale Ausprägungen externalisierender Verhaltensweisen, wie sie über Screeninginstrumente erfasst werden, als abhängige Variable herangezogen.

Methode Zur Bearbeitung der Fragestellung wurden im Juli und August 2018 die Fachdatenbanken Psyndex, PsycINFO sowie Web of Science nach Studien mit den Suchbegriffen „birth cohort“ AND „temperament“ und „birth cohort“ AND „externali*“ durchsucht. Zur ersten Orientierung wurden folgende Einschlusskriterien verwendet: 1) Längsschnittstudien, 2) Prädiktoren von externalisierendem Verhalten in den ersten drei Lebensjahren, 3) Altersgruppe von 0 bis 7 Jahren, 4) Geburtskohorten, die nach 1990 geboren sind. Als Ausschlusskriterien wurden 1) andere Störungsbilder, wie z. B. Adipositas, Substanzmissbrauch oder Trauma, 2) Evaluationsstudien von Interventionen, 3) Studien mit Prädiktoren in der Schwangerschaft, wie z. B. Rauchen oder Alkohol, 4) Studien, die vor 1990 oder erst im Schul- oder Jugendalter gestartet sind, definiert. Zusätzlich wurden Reviews zu den natioKindheit und Entwicklung (2019), 28 (1), 19–32


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nalen und internationalen Geburtskohorten untersucht und passende Studien von den Webseiten der jeweiligen Geburtskohorten hinzugefügt. Nach der Durchführung der oben genannten festgelegten Kriterien und dem Ausschluss von Duplikaten, wurden die Studien – nach der Taxonomie von Guralnick (2011) – den folgenden Themenbereichen zugeordnet: Psychopathologien der Eltern, sozio-ökonomischer Status der Familie und Erziehungsverhalten der Eltern. Abbildung 1 stellt die durchgeführten Schritte der Literaturrecherche systematisch dar.

Ergebnisse Durch die Literaturrecherche konnten insgesamt 21 Publikationen zu längsschnittlichen Geburtskohortenstudien identifiziert werden, welche sich auf 12 verschiedene Kohorten mit insgesamt 55 077 Kindern beziehen. Die Studien stammten dabei aus Europa (Frankreich, Großbritannien), den USA, Asien (Taiwan), Südamerika (Brasilien) und Ozeanien (Australien, Neuseeland). Die Studien wurden in Abhängigkeit der berichteten Prädiktoren für externalisierende Verhaltensauffälligkeiten der Kinder klassifiziert.

psychopathologische Symptomatiken mediiert (GutierrezGalve et al., 2015). Den Schwerpunkt der untersuchten elterlichen psychopathologischen Auffälligkeiten bilden depressive Symptome (10 Studien; 8 mit postpartaler Depression). Postpartale depressive Symptome der Mutter (7/8 Studien) und depressive mütterliche Symptome in den ersten beiden Lebensjahren im Allgemeinen (9/10 Studien) gingen mit stärkeren externalisierenden Symptomen der Kinder im Kindergartenalter (z. B. oppositionelles und geringeres prosoziales Verhalten) einher. Die Effekte mütterlicher depressiver Symptome scheinen besonders stark zu sein, wenn sich diese über die ersten Lebensjahre hinaus chronifizieren (Matijasevich et al., 2015; van der Waerden et al., 2015). Neben mütterlichen depressiven Symptomen war auch eine allgemeine psychische Belastung in zwei von drei Studien prädiktiv für die Entwicklung externalisierender Symptome (Bayer et al., 2012; Heberle et al., 2015). Diese Effekte mütterlicher depressiver Symptome und psychischer Belastung auf externalisierende Symptome zeigten sich dabei ab dem 36. Lebensmonat (Lee, Halpern, Hertz-Picciotto, Martin & Suchindran, 2006), während noch keine Auswirkungen auf externalisierende Symptome mit 24 Lebensmonaten nachweisbar waren (Chuang et al., 2011; Paterson, Taylor, Schluter & Iusitini, 2013).

Psychopathologie der Eltern Sozio-ökonomischer Status Insgesamt untersuchten 11 Studien basierend auf acht verschiedenen Geburtskohorten, inwiefern sich eine elterliche Psychopathologie in den ersten drei Lebensjahren auf die Entwicklung externalisierender Verhaltensauffälligkeiten auswirkt (s. Tab. 1). Die Bestimmung elterlicher Psychopathologie erfolgte ausnahmslos im Selbstbericht, primär über die Beantwortung von Depressionsskalen (BDI, CES-D, EPDS), aber auch weniger spezifische Belastungsskalen wurden verwendet. Während alle Studien Daten zur Psychopathologie der Mutter bereitstellten, lieferte nur eine Studie Daten zur Psychopathologie des Vaters (Gutierrez-Galve, Stein, Hanington, Heron & Ramchandani, 2015). Die Erfassung kindlicher externalisierender Auffälligkeiten erfolgte entweder über die Screeninginstrumente CBCL oder SDQ. In 82 % der Studien (9/11) konnte ein prognostischer Zusammenhang zwischen mütterlichen psychopathologischen Auffälligkeiten und externalisierenden Symptomen der Kinder nachgewiesen werden und auch die eine Studie zur Untersuchung väterlicher psychopathologischer Auffälligkeiten berichtete einen prognostischen Zusammenhang zu kindlichen externalisierenden Symptomen. Der Zusammenhang wurde allerdings durch mütterliche Kindheit und Entwicklung (2019), 28 (1), 19–32

Insgesamt wurden fünf Geburtskohortenstudien identifiziert, welche die Auswirkungen des familiären sozio-ökonomischen Status in den ersten drei Lebensjahren auf die Entwicklung externalisierender Verhaltensauffälligkeiten untersucht haben (s. Tab. 2). Externalisierende Verhaltensauffälligkeiten wurden dabei zumeist über die CBCL oder den SDQ operationalisiert, wobei vereinzelt auch andere Fragebögen und Erhebungsverfahren eingesetzt wurden. Die Bestimmung des sozio-ökonomischen Status erfolgte über den elterlichen Selbstbericht und unterschied sich über die Studien hinweg stark in ihrer Operationalisierung. Zwar wurde mütterlicher Bildungserfolg in allen Studien erhoben, die genaue Definition für Bildungserfolg variierte jedoch zwischen den Studien und Ländern (z. B. kein Abschluss, höherer Schulabschluss (ja/nein), Dauer des Schulbesuchs in Jahren). Zu drei Studien wurde die elterliche Bildung differenziert erhoben (kontinuierliche Indizes oder mindestens dreistufige Erfassung) und ein Effekt eines niedrigen Bildungsabschlusses auf die spätere Entwicklung externalisierender Symptome belegt (Bowen, 2017; Cabrera, Fagan, Wight & Schadler, 2011; Lee et al., 2006), während binäre Erfas© 2019 Hogrefe Verlag


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Anmerkungen: aAusschlussgründe: keine Längsschnittstudie, keine Prädiktoren in den ersten drei Lebensjahren, Altersgruppe unpassend, andere Störungsbilder, Temperament als Prädiktor, Evaluationsstudien, Rauchen/Alkohol in der Schwangerschaft, genetische Studien. b Einige Studien beinhalten Prädiktoren zu mehreren Clustern.

Abbildung 1. PRISMA-Flussdiagramm der Studienselektion.

sungen (kein Abschluss vs. Abschluss; höherer Schulabschluss (ja/nein) keine Zusammenhänge aufwiesen (Hernández-Alava & Popli, 2017; Spencer & Coe, 2003). Der sozio-ökonomische Status wurde auch durch Einkommen, den Berufsstand oder Grundbesitz bestimmt. Für das Einkommen sind die Befunde unklar: Während eine Studie einen Effekt eines geringen Einkommens auf die Entwicklung externalisierender Verhaltensauffälligkeiten nachweisen konnte (Cabrera et al., 2011), berichtete die andere von keinen signifikanten Zusammenhängen (Lee et al., 2006). Zudem waren ein geringer Grundbesitz (Spencer & Coe, 2003) und ein niedriger Berufsstand (Hernández-Alava & Popli, 2017) mit der Entwicklung externalisierender Verhaltensauffälligkeiten assoziiert. In allen Studien war aber stets mindestens ein Indikator für einen niedrigen sozio-ökonomischen Status für die Entwicklung externalisierender Verhaltensauffälligkeiten © 2019 Hogrefe Verlag

bedeutsam. Diese Effekte ließen sich ab dem zweiten Lebensjahr nachweisen und blieben auch bei älteren Kindern bestehen.

Erziehungsverhalten Insgesamt untersuchten zehn Studien basierend auf sechs verschiedenen Geburtskohorten, inwiefern sich das Erziehungsverhalten in den ersten drei Lebensjahren auf die Entwicklung externalisierender Verhaltensauffälligkeiten auswirkt (s. Tab. 3). Externalisierende Verhaltensauffälligkeiten wurden dabei in der Hälfte der Studien über CBCL oder SDQ operationalisiert; andere Erhebungsverfahren wurden jeweils nur in einzelnen Studien verwendet. Die Bestimmung des Erziehungsverhaltens variierte stark zwischen den Studien und beinhaltete mehrheitlich elterlichen Selbstbericht im Fragebogen (80 % der StudiKindheit und Entwicklung (2019), 28 (1), 19–32


Kindheit und Entwicklung (2019), 28 (1), 19–32 733

1364 4231

1398

0– 60

0– 60

24 – 36

6– 72

3– 72

0– 72

2004

1991 – 1994

1991 – 1994

AUS

AUS

USA

USA

LSAC (Bayer et al., 2011)

LSAC (Bayer et al., 2012)

NICHD (Lee et al., 2006)

NICHD (Yan, 2016)

2000

PIF (Paterson et al., 2013)

SDQ (60. LM)

CBCL 1 ½ – 5 (24. LM)

SDQ (47. LM)

Niedrige mütterliche Depressionswerte und hohe soziale Unterstützung gehen mit weniger externalisierenden Symptomen einher.

Mütterliche Belastung, nicht aber mütterliche depressive Symptome sagen externalisierende Symptome vorher.

CBCL 1½ – 5 (60. LM) CBCL 2 – 3 (24. & 36. LM)

Mütterliche emotionale Belastung und depressive Symptome stellen konsistente Prädiktoren für externalisierende Symptome im Vorschulalter dar.

SDQ (48. & 60. LM)

Erhöhte mütterliche psychische Belastung im 24. LM sagt externalisierende Symptome (Unaufmerksamkeit, Aggression) im 72. LM vorher.

Mütter mit persistierenden depressiven Symptomen sagen Verhaltensschwierigkeiten (emotionale Symptome, problematische Peerbeziehungen, Unaufmerksamkeit und niedrige Werte im prosozialen Verhalten) vorher.

Selbstwahrgenommene psychische Gesundheit der Mutter hat keinen Effekt auf externalisierende Symptome.

Mütterliche depressive Symptome sagen externalisierende Symptome vorher.

Mütterliche und väterliche depressive Symptome sagen externalisierende Symptome vorher. Mütterliche depressive Symptome mediieren die Effekte der väterlichen depressiven Symptome.

Ergebnisse

EPDS (6. LW)

EPDS (3., 12., 24., 48. & 72. LM)

CBCL 1½ – 5 (24., 48. & 72. LM)

DAWBA, SDQ (72. LM)

Mütterliche depressive Symptome verdreifachen die Wahrscheinlichkeit von externalisierenden Symptomen im 48. & 72. LM aber nicht im 24. LM.

Chronische depressive Symptome der Mütter bedingen die höchsten Prävalenzen von externalisierenden Symptomen.

CES-D (6., 15., 24., 36., 54. LM & SSRS, CBCL 4 – 18 Mütterliche depressive Symptome sagen eine niedrigere soziale Kompetenz und mehr 1. Klasse) (1. Klasse) externalisierende Symptome vorher.

CES-D (24. & 36. LM)

DASS (7., 18., 24., 36. & 60. LM)

Emotionaler Disstress (Skala), Depression (j/n)

CBCL 1 ½ – 5 Psychische Belastung: CES-D, Beck anxiety inventory & PSI /SF (24. & 72. LM) (24. LM)

CES-D (prenatal, 36. & 60. LM) EPDS (4., 8., & 12. LM)

Gesundheitsindex aus SF-36 (nach der Geburt)

EPDS (8., 21. & 33. LM)

SDQ (42. & 84. LM)

Messinstrumente (AV)

Anmerkungen: ALSPAC: Avon Longitudinal Study of Parents and Children, AV: abhängige Variable, CBCL: Child Behavior Checklist (Achenbach, 1991; Achenbach, 1992; Achenbach, Edelbrock & Howell, 1987; Achenbach & Rescorla, 2000, 2001), CES-D: Center for Epidemiologic Studies Depression Scale (Radloff, 1977), DASS: Depression Anxiety Stress Scales (Lovibond & Lovibond, 1995), DAWBA: Development and well-being assessment (Goodman, Ford, Richards, Gatward & Meltzer, 2000), EDEN: Étude des Déterminants pré et postnatals du développement et de la santé de l’Enfant, EPDS: Edinburgh Postnatal Depression Scale (Cox, Holden & Sagovsky, 1987), LSAC: Longitudinal Study of Australias’s children, LM: Lebensmonat, LW: Lebenswoche, NICHD: NICHD Study of Early Child Care and Youth Development, PELOTAS: Pelotas Birth Cohort Study, PIF: The Pacific Islands Families Study, PSI/SF: Parenting Stress Index–Short Form – Parent distress subscale (Abidin, 1990), SDQ: Strengths and Difficulties Questionnaire (Goodman, 1997), SF 36: The 36-item Short Form (Ware, Snow, Kosinski & Gandek, 1993), SSRS: Social Skills Rating System (Gresham & Elliott, 1990), TRF: Teacher Report Form (Achenbach & Edelbrock, 1986), UV: unabhängige Variable.

NZL

2004

PELOTAS BRA (Matijasevich et al., 2015)

1216

5107

24 – 72

1995 – 1997

USA

(Heberle, Krill, Briggs-Gowan & Carter, 2015)

2004

1161

0– 60

2003 – 2011

EDEN FRA (van der Waerden et al., 2015)

1183

186

0– 24

TWN 2004

(Chuang et al., 2011)

7743

6– 47

UK

ALSPAC (Bowen, 2017)

Messinstrumente (UV)

13822 EPDS (8. LW & 8. LM)

1991 – 1992

UK

0– 81

N

1991 – 1992

Land Kohorte Alter (LM)

ALSPAC (Gutierrez-Galve et al., 2015)

Studie

Tabelle 1. Psychopathologie der Eltern

24 T. Reinelt et al., Frühkindliche Prädiktoren externalisierender Verhaltensauffälligkeiten

© 2019 Hogrefe Verlag


Fehlender Grundbesitz, nicht aber eine niedrige mütterliche Bildung sagt externalisierende Symptome vorher. UK

Anmerkungen: ALSPAC: Avon Longitudinal Study of Parents and Children, BSF-R: Bayley Short Form-Research (Bayley, 1993), CBCL: Child Behavior Checklist (Achenbach, 1992; Achenbach, Edelbrock & Howell, 1987), ECLS-B: Early Childhood Longitudinal Program – Birth Cohort, FB: Fragebogen, LM: Lebensmonat, MCS: Millennium Cohort Study; NICHD: NICHD Study of Early Child Care and Youth Development, NSSEC 5: The National Statistics Socio-Economic Classification, SDQ: Strengths and Difficulties Questionnaire (Goodman, 1997), TRF: Teacher Report Form (Achenbach & Edelbrock, 1986).

Warwick Child Health and Morbidity Profile (36. LM) FB: Grundbesitz, Bildung (1. LM) 775 8– 36 1996 (Spencer & Coe, 2003)

Niedrige Bildung, aber kein niedrigeres Einkommen geht mit externalisierenden Verhaltensweisen im Kindesalter einher. CBCL 2 – 3 (24. & 36. LM) FB: Einkommen, Bildung 1216 24 – 36 1991 – 1994 NICHD USA (Lee et al., 2006)

Niedriger Berufsstand zum Zeitpunkt der Geburt, nicht aber eine niedrige Bildung der Mutter geht mit mehr externalisierenden Verhaltensauffälligkeiten einher. SDQ (36, 60. & 84. LM) 9– 84 2000 – 2001 MCS UK (Hernández-Alava & Popli, 2017)

USA ECLS-B (Cabrera et al., 2011)

© 2019 Hogrefe Verlag

19000 NS-SEC 5 (1. LM)

BSF-R (24. LM) Two Bags Task FB: Einkommen, Bildung (9. LM) 4200 9– 24 2001

Steigende Anzahl der Risikovariablen, wie Armut und niedrige Bildung mütterlicher- und väterlicherseits, bedingen externalisierendes Verhalten.

Niedrige Bildung der Mutter geht mit mehr externalisierenden Symptomen einher. Temperamentmerkmale wie niedrige Werte in Emotionalität und Aktivität wirken als Schutzfaktoren. SDQ (47. LM) FB: Bildung 7743 48 UK ALSPAC (Bowen, 2017)

1991 – 1992

Ergebnisse Messinstrumente Messinstrumente (UV) (AV) N Land Kohorte Alter (LM) Studie

Tabelle 2. Sozio-ökonomischer Status

T. Reinelt et al., Frühkindliche Prädiktoren externalisierender Verhaltensauffälligkeiten

25

en) aber auch Videobeobachtungen in Spielsituationen (50 % der Studien). Aus diesen Erhebungsverfahren lassen sich verschiedene Unterformen elterlichen Erziehungsverhaltens ableiten: Sensitivität/Responsivität, Wärme, harsche Erziehung, elterliche Investition und eine allgemeine Einschätzung des häuslichen Erziehungsumfeldes. Über alle elterlichen Erziehungsverhaltensweisen hinweg steht ein harsches Erziehungsverhalten konsistent in Zusammenhang mit der Entwicklung externalisierender Verhaltensauffälligkeiten. Diese Effekte zeigen sich dabei ab dem 48. Lebensmonat (Bayer et al., 2011; Paterson et al., 2013) und dann bis in die erste Schulklasse (Bayer et al., 2012; Bradley & Corwyn, 2008; Paterson et al., 2013). Hingegen ist der prädiktive Zusammenhang von niedriger mütterlicher Sensitivität auf einen externalisierenden Entwicklungsverlauf weniger deutlich. Während zwei Studien einen Zusammenhang nachweisen konnten (Rispoli, McGoey, Koziol & Schreiber, 2013; Russell, Lee, Spieker & Oxford, 2016), fand eine andere diesbezüglich keine Effekte (Hartz & Williford, 2015). Die unterschiedlichen Befunde könnten mit einer Moderation des Effektes durch das kindliche Temperament oder dem Bindungsverhalten der Mütter zusammenhängen (vgl. auch Bleyer, Koglin, & Petermann, 2017). So berichteten mehrere Studien, dass eine geringe mütterliche Sensitivität nur bei einem schwierigen Temperament des Kindes mit der Entwicklung externalisierender Verhaltensauffälligkeiten einherging (Bradley & Corwyn, 2008; Stright, Gallagher & Kelley, 2008). Darüber hinaus waren in einzelnen Studien auch ein weniger förderliches häusliches Erziehungsumfeld (Russell et al., 2016) und seltenere gemeinsame Aktivitäten von Eltern und Kindern (Hernández-Alava & Popli, 2017) prädiktiv für einen externalisierenden Entwicklungsverlauf.

Diskussion Die Ergebnisse dieses Reviews unterstreichen frühere Befunde aus Querschnitts- und älteren Längsschnittsstudien (Cheung & Theule, 2016; Devenish et al., 2017; McKee et al., 2007; Weijers et al., 2018), indem sie die Bedeutung psychischer Auffälligkeiten der Eltern, eines niedrigen sozio-ökonomischen Status und maladaptiver Eltern-Kind-Interaktionen als Risikofaktoren für die Entwicklung externalisierender Auffälligkeiten bei Kindern darlegen. Durch die Fokussierung auf ein Auftreten dieser Risikofaktoren in der frühen Kindheit über verschiedene Geburtskohorten aus unterschiedlichen Ländern geht die Betrachtungsweise aber über frühere Studien hinaus (z. B. Hohm et al., 2017; Poulton et al., 2015). Kindheit und Entwicklung (2019), 28 (1), 19–32


733

19000 Elterliche Investitionsskala: Häufigkeit der Aktivitäten, die Eltern mit ihren Kindern durchführen (9. LM)

985

1364

0– 60

9– 84

0– 72

15 – 84

2004

2000 – 2001

1991

MCS UK (HernándezAlava & Popli, 2017)

USA

USA

NICHD & ECCRN (Bradley & Corwyn, 2008)

NICHD (Russell et al., 2016)

LSAC AUS (Bayer et al., 2012)

5107

0– 60

2004

LSAC AUS (Bayer et al., 2011)

6850

9– 60

2001

USA

ECLS-B (Rispoli et al., 2013)

Kindheit und Entwicklung (2019), 28 (1), 19–32

1991

NCATS Two Bags Task: Socioemotional Battery

SDQ (36., 60.& 82. LM)

CBCL 1½ – 5 (60. LM)

Mütterliche Sensitivität mit semistrukturiertem Task, HOME Loneliness and Social (15. & 36. LM) Dissatisfaction Questionnaire TRF SSRS Classroom Observation System (1. Klasse)

Mütterliche Sensitivität (Mutter-Kind-Spiel & Verhaltensbe- CBCL (72. LM) obachtung, 6., 15., 24., 36., 54. LM & 1. Klasse) HOME: Harsche Erziehungsmethoden und produktive Aktivität (6., 15., 36. & 54. LM)

PBC: Erziehungsverhalten

Zunahme von positiven Interaktionen pro Minute bedingt 15 %ige Abnahme der Diagnosewahrscheinlichkeit für externalisierende Auffälligkeiten.

Ergebnisse

Frühe häusliche Erziehungsumgebung sagt Peer-Beziehungen, oppositionelles Verhalten, soziale Fähigkeiten und Klassenzimmer-Kompetenz vorher, wird aber durch vorschulische Selbstregulation mediiert.

Niedrige mütterliche Sensitivität in der Interaktion mit einem schwierigem Temperament des Kindes sagt externalisierendes Verhalten im Lehrerurteil vorher. Harsche Erziehungsmethoden sagen unabhängig vom Temperament des Kindes externalisierendes Verhalten im Lehrerurteil vorher. Niedrige produktive Aktivität in Verbindung mit schwierigem Temperament sagt externalisierendes Verhalten im Lehrerurteil vorher.

Die elterliche Investition mit 9 Monaten sagt externalisierenden Verhalten im Kindergarten und Vorschulalter vorher.

Harsche Disziplin ist ein konsistenter Prädiktor für externalisierendes Verhalten im Vorschulalter.

Harsche Disziplin und wenig Wärme sind konsistente Prädiktoren für externalisierendes Verhalten im Vorschulalter.

Höhere Responsivität der Eltern im Säuglingsalter geht mit einer höheren sozialen Kompetenz im Kindergartenalter einher.

Selbstkonstruierte Ska- Mütterliche Sensitivität ist kein signifikanter Prädiktor für la zum Problemverhal- externalisierendes Verhalten im Kindergarten. ten im Kindergarten (48. & 57. LM)

DAWBA (84. LM)

Messinstrumente (AV)

Items zur Wärme, harsche Erziehung, Überbehütung, induk- SDQ (48. & 60. LM) tives Denken, inkonsistente Disziplin

NCATS (9. LM), Two Bags Task: elterliche Rücksichtnahme (24. LM) Elterliche emotionale Unterstützung (Kindergarten)

Two Bags Task (24. LM)

1100

2001

USA

ECLS-B (Hartz & Williford, 2015)

TIM, MPOS (12. LM)

Messinstrumente (UV)

24 – 72

N

1240

UK

ALSPAC (Puckering et al., 2014)

1991 – 1992

Land Kohorte Alter (LM)

12 – 84

Studie

Tabelle 3. Erziehungsverhalten

26 T. Reinelt et al., Frühkindliche Prädiktoren externalisierender Verhaltensauffälligkeiten

© 2019 Hogrefe Verlag


© 2019 Hogrefe Verlag

0– 72 2000 PIF NZL (Paterson et al., 2013)

Anmerkungen: DAWBA: Development and Well-Being Assessment (Goodman, Ford, Richards, Gatward & Meltzer, 2000b), CBCL: Child Behavior Checklist (Achenbach, 1991; Achenbach & Rescorla, 2000), HOME: Home Observation for Measurement of the Environment Inventory (Bradley, 1994; Bradley, Caldwell, Rock, Hamrick & Harris, 1988; Caldwell & Bradley, 1984), LM: Lebensmonat, NCATS: Nursing Child Assessment Teaching Scale (Sumner & Spietz, 1994), PBC: Parent behavior checklist (Brenner & Fox, 1998; Fox, 1994), SDQ: Strengths and Difficulties Questionnaire (Goodman, 1997), SSRS: Social Skills Rating System (Gresham & Elliott, 1990), TIM: Thorpe Interaction Measure (Thorpe, Rutter & Greenwood, 2003), TRF: Teacher Report Form (Achenbach & Edelbrock, 1986).

Harsche Disziplin ist mit externalisierenden Problemen verbunden. CBCL 1½ – 5 (24., 48. & 72. LM) PBC: elterliche Erwartungen, Disziplin, Fürsorge (24. LM)

Erziehungsverhalten im 6. LM sagt soziale Fertigkeiten, Lehrerbeziehungen und Peer-Status in der 1. Klasse vorher. Zusammenhang wird von Temperament moderiert. SSRS Student – Teacher Relationship Scale (1. Klasse) Semistrukturiertes Mutter-Kind-Spiel (6., 15., 24., 36., 54. LM & 1. Klasse): Gesamteinschätzung zu Erziehungsverhalten basierend auf Sensitivität, Aufdringlichkeit, Unterstützung, Autonomie (ab 36. LM) 1364 6– 84 1991 USA NICHD (Stright et al., 2008)

Messinstrumente (UV) N Land Kohorte Alter (LM) Studie

Tabelle 3. Erziehungsverhalten (Fortsetzung)

Messinstrumente (AV)

Ergebnisse

T. Reinelt et al., Frühkindliche Prädiktoren externalisierender Verhaltensauffälligkeiten

27

Psychopathologische Auffälligkeiten der Eltern, insbesondere depressive Symptome der Mutter, stellten über die verschiedenen Kohorten und Länder bereits ab der Geburt und in den ersten Lebensjahren einen relevanten Prädiktor für die Entwicklung externalisierender Verhaltensauffälligkeiten des Kindes dar. Da aber nur eine einzige der betrachteten Studien väterliche depressive Symptome untersucht hat (Gutierrez-Galve et al., 2015), bleiben diese prognostischen Zusammenhänge vorerst auf Mütter beschränkt. Meta-Analysen legen jedoch zumindest einen Zusammenhang väterlicher psychischer Auffälligkeiten und externalisierender Symptome des Kindes nahe (Connell & Goodman, 2002; Kane & Garber, 2004). Zudem analysierten die Studien fast ausschließlich depressive Symptome oder eine allgemeine psychische Belastung der Mutter. Externalisierende Symptome der Mutter (z. B. ADHS), die in klinischen Studien häufig mit externalisierenden Auffälligkeiten der Kinder assoziiert waren (Cheung & Theule, 2016; Marmorstein, Iacono & McGue, 2009), wurden nicht betrachtet. Darüberhinaus stellen die berichteten psychischen Auffälligkeiten – sowohl der Eltern als auch der Kinder – kontinuierliche Screeningdaten und keine klinischen Diagnosen dar. Inwiefern sich diese Ergebnisse daher für diagnostizierte mütterliche Depressionen oder für spätere Entwicklungskaskaden externalisierender Störungen übertragen lassen, ist in zukünftiger Forschung zu validieren. Neben psychischen Auffälligkeiten der Mütter zeigte auch ein geringer sozio-ökonomischer Status über verschiedene Indikatoren hinweg einen Zusammenhang mit der Entwicklung externalisierender Verhaltensauffälligkeiten. Jedoch erschwert die heterogene Operationalisierung (Bildungsstand, Berufstand, Einkommen, Qualität der Wohngegend) eine klare Identifikation einzelner sozio-ökonomischer Risikofaktoren. Die angeführten Studien berichteten dabei bereits ab dem zweiten Lebensjahr prognostische Zusammenhänge zu externalisierenden Auffälligkeiten. Da keine Vorläufer externalisierender Auffälligkeiten vor dem zweiten Lebensjahr erhoben wurden, ist unklar, ob die prognostische Validität niedriger sozio-ökonomischer Ressourcen bereits im ersten Lebensjahr einsetzt, wie eine aktuelle Studie zeigen konnte (Ng-Knight & Schoon, 2017). Elterliches Erziehungsverhalten, insbesondere inkonsistentes und harsches Erziehungsverhalten mit wenig elterlicher Kontrolle (Devenish et al., 2017; Ellis & Nigg, 2009; Granero et al., 2015; Trepat et al., 2014) gilt als einer der wichtigsten Faktoren, um die Effekte elterlicher Psychopathologie oder eines niedrigen sozio-ökonomischen Status zu vermitteln. Die betrachteten Längsschnittstudien konnten den Effekt eines harschen Erziehungsverhaltens auf die Entwicklung externalisierender Verhaltensauffälligkeiten dabei grundsätzlich noch einKindheit und Entwicklung (2019), 28 (1), 19–32


28

T. Reinelt et al., Frühkindliche Prädiktoren externalisierender Verhaltensauffälligkeiten

mal unterstreichen und belegen, dass ein solches bereits in den ersten Lebensjahren von Relevanz ist. Unklar hingegen bleibt, ab wann genau sich diese Effekte manifestieren, da die Studien externalisierende Verhaltensweisen erst ab dem 48. Lebensmonat erfasst haben. Anders als harsches Erziehungsverhalten scheint mütterliche Sensitivität jedoch keinen unabhängigen Effekt auf externalisierende Verhaltensauffälligkeiten zu haben, sondern nur in Verbindung mit einem schwierigen kindlichen Temperament. Eine solche Moderation steht im Einklang mit anderen Befunden (Pluess & Belsky, 2010; Windhorst et al., 2015) und Theorien, die annehmen, dass Kinder aufgrund ihrer biologischen Ausstattung unterschiedlich sensibel für Umweltbedingungen und damit auch elterliches Erziehungsverhalten sind (Belsky & Pluess, 2009; Ellis, Boyce, Belsky, Bakermans-Kranenburg & van Ijzendoorn, 2011). Ähnlich wie bei psychischen Auffälligkeiten der Eltern sind allerdings Väter in den berichteten Studien unterrepräsentiert, vor allem, wenn Eltern-Kind-Interaktionen und keine Fragebögen eingesetzt werden. Die große Heterogenität der eingesetzten Erhebungsverfahren für Erziehungsverhalten mit vielen, in den ersten Lebensjahren bisher kaum betrachteten Unterskalen (z. B. elterliche Kontrolle), welche im späteren Lebensalter vielfach mit externalisierenden Verhaltensweisen assoziiert sind (Ellis & Nigg, 2009; Wirth et al., 2017), verdeutlicht zudem, dass Erziehungsverhalten und das häusliche Umfeld als sehr früh bedeutsame Einflussfaktoren eines externalisierenden Entwicklungsverlaufes bisher noch nicht umfassend erforscht sind.

Limitationen Aufgrund der verwendeten Suchkriterien unterliegen die dargestellten Befunde mehreren Einschränkungen. Neben den dargestellten Risikofaktoren elterlicher Psychopathologie, eines niedrigen sozio-ökonomischen Status und problematischer Eltern-Kind-Interaktionen sind eine Vielzahl weiterer pränataler und postnataler Faktoren mit der Entwicklung externalisierender Verhaltensauffälligkeiten assoziiert (s. Ulrich & Petermann, 2016 für eine Übersicht), welche für diese Darstellung keine Berücksichtigung gefunden haben. Aufgrund der Beschränkung für das Auftreten externalisierender Verhaltensweisen bis zum Schuleintritt, sind längerfristige externalisierende Entwicklungsverläufe (vgl. Hohm et al., 2017) zudem unberücksichtigt geblieben, sodass keine Schlussfolgerungen darüber möglich sind, wie langfristig sich frühe Risiken auf den Entwicklungsverlauf auswirken oder ob sich Risiken über die Zeit kumulieren (vgl. Buckingham, Beaman & Wheldall, 2014). Kindheit und Entwicklung (2019), 28 (1), 19–32

Schlussfolgerungen für die klinische Praxis Aufgrund der hohen gesellschaftlichen Kosten, die langfristig durch externalisierende Störungen entstehen, versprechen insbesondere frühzeitige Maßnahmen einen nachhaltigen Effekt für betroffene Kinder (Chorozoglou et al., 2015; Conti & Heckman, 2013; Narusyte et al., 2017). Neben Förderprogrammen für Kindergarten- und Schulkindern, die direkt externalisierende Verhaltensweisen verändern wollen, sind mehrere frühkindliche Förderprogramme entwickelt worden, die jedoch nicht explizit auf die Prävention externalisierender Verhaltensauffälligkeiten abzielen, sondern allgemein frühkindliche soziale Disparitäten verringern wollen (z. B. Head Start; Abecedarian Projekt; Perry Preschool Program; Pro Kind; Campbell & Ramey, 2010; Heckman, Pinto & Savelyev, 2013; Jungmann et al., 2015; Raikes, Chazaran-Cohen, Love & Brooks-Gunn, 2010). Diese frühkindlichen Förderprogramme fokussieren auf sozio-ökonomisch schwache Familien und setzen in der Regel bei den Eltern an, um sie in ihrem Erziehungsverhalten zu fördern und in ihrem Alltag zu unterstützen. Die Programme verbessern mehrheitlich das Erziehungsverhalten der Eltern, den akademischen Erfolg und die Gesundheit der teilnehmenden Kinder und reduzieren die Kriminalität der Kinder (z. B. Campbell & Ramey, 2010; Heckman et al., 2013; Raikes et al., 2010). Die Zusammenfassung der Geburtskohortenstudien offenbarte allerdings, dass sich Aussagen über die Effektivität vor allem auf Mütter beziehen und nur wenig Informationen zu Vätern vorliegen – weder in Bezug auf eine väterliche Psychopathologie noch auf väterliches Erziehungsverhalten. Gerade aus der Forschung zu kindlichen Misshandlungen und hieraus resultierenden externalisierenden Auffälligkeiten ist jedoch die bedeutsame Rolle des Vaters bekannt (Lee, Bellamy & Guterman, 2009; Metzner, Wlodraczyk & Pawlis, 2017). Die Effekte frühkindlicher Förderprogrammen basierten primär auf einem veränderten Erziehungsverhalten, jedoch zeigten sich zusätzlich auch Effekte auf den Bildungsstand der Eltern. Mütter, die durch Förderprogramme unterstützt wurden, erlebten dies als eine Entlastung, welche es ihnen ermöglichte, ihre eigene – häufig unterbrochene – Bildungsbiografie zu vervollständigen und einen beruflichen Abschluss zu erwerben (Campbell & Ramey, 2010). Bildungsökonomische Analysen kamen darüberhinaus zu dem Ergebnis, dass die positiven Effekte frühkindlicher Förderprogramme primär aus einer Reduktion externalisierender Verhaltensweisen und ihrer assoziierten Folgen (z. B. Kriminalität) resultierten (Heckman et al., 2013).

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T. Reinelt et al., Frühkindliche Prädiktoren externalisierender Verhaltensauffälligkeiten

Neben der Durchführung von verhaltenstherapeutischen Programmen zur Behandlung bereits vorliegender externalisierender Auffälligkeiten kommt Klinikern eine hohe Verantwortung im Bereich der Früherkennung zu. Insbesondere sind hierbei die kinderärztlichen Vorsorgeuntersuchungen (U) von Bedeutung. Bisher werden erst ab der U-7 auch Verhaltensauffälligkeiten erhoben. Aufgrund der sinkenden Teilnahmezahlen an den U-Untersuchungen ab der U-7 und weil gerade die Familien mit einem erhöhten Risiko für Verhaltensstörungen diesen Untersuchungen fernbleiben, wurde bisher die Schuleingangsuntersuchung als Zeitpunkt für ein Screening für externalisierende Verhaltensauffälligkeiten betrachtet (Korsch & Petermann, 2012). Ein solcher Zeitpunkt dürfte vor dem Hintergrund der berichteten Ergebnisse für eine nachhaltige Risikominimierung jedoch deutlich zu spät sein. Die ermittelten Längsschnittstudien belegen, dass insbesondere Depressionen mütterlicherseits, die Wahrscheinlichkeit externalisierender Verhaltensauffälligkeiten in der frühen Kindheit erhöhen. Während der psychotherapeutischen Behandlung einer Depression sind daher auch potentiell vorhandene Kinder im Blick zu behalten (vgl. Fritz et al., 2018). Neben einem frühen psychotherapeutischen Angebot kommen verschiedenen Formen einer sozialen Unterstützung zum Beispiel durch Angehörige, Nachbarschaftsbeziehungen oder einer Kinderbetreuung (Tagesmütter, Krippe) eine wichtige Rolle zu, wenn es langfristig gelingen soll, erfolgreich die Risiken für externalisierende Verhaltensweisen zu reduzieren (Cabrera et al., 2011; Heberle et al., 2015; Lee et al., 2006).

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Förderung Das diesem Review zugrundeliegende Projekt wird mit Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung unter dem Förderkennzeichen 01NV1601C von 2016 – 2020 gefördert. Die Verantwortung für den Inhalt dieser Veröffentlichung liegt bei den Autor_innen. Kofinanziert wird das Projekt von der Stadtgemeinde Bremen und der Jacobs Foundation (Zürich).

Dr. Tilman Reinelt Gizem Samdan Natalie Kiel Prof. Dr. Franz Petermann Zentrum für Klinische Psychologie und Rehabilitation der Universität Bremen Grazer Straße 6 28359 Bremen reinelt@uni-bremen.de

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Die Neubearbeitung des Bandes vermittelt anhand von Leitlinien die Standards in der Diagnostik und Therapie von Enuresis. Dabei wird die Bedeutung und Wirksamkeit von nicht pharmakologischen Interventionen bei Kindern mit Ausscheidungsstörungen betont und das Vorgehen in der Standardurotherapie sowie der speziellen Urotherapie veranschaulicht. Zahlreiche Materialien, die sich in der Diagnostik des Einnässens sowie in der Urotherapie bewährt haben, werden zur Verfügung gestellt.

Hildegard Goletz / Manfred Döpfner / Veit Roessner

Dörte Grasmann / Tanja Legenbauer / Martin Holtmann

Ratgeber Zwangsstörungen

Wütend, traurig und gereizt

Informationen für Betroffene, Eltern, Lehrer und Erzieher (Reihe: „Ratgeber Kinder- und Jugendpsychotherapie“, Band 25). 2019, ca. 70 Seiten, Kleinformat, ca. € 9,95 / CHF 13.50 ISBN 978-3-8017-2646-1 Auch als eBook erhältlich

Der Ratgeber informiert über die Symptomatik, die Ursachen, den Verlauf und die Behandlungsmöglichkeiten von Zwangsstörungen im Kindes- und Jugendalter. Die Eltern, Lehrer und Erzieher erhalten konkrete Ratschläge und Anleitungen zum Umgang mit der Problematik in der Familie, in der Schule und im Kindergarten. Jugendlichen werden Ratschläge und Anleitungen zur Selbsthilfe gegeben.

www.hogrefe.com

Enuresis

Enuresis

Dörte Grasmann Tanja Legenbauer Martin Holtmann

Wütend, traurig und gereizt Informationen zur Emotionsregulation für Betroffene, Eltern, Lehrer und Erzieher

Informationen zur Emotionsregulation für Betroffene, Eltern, Lehrer und Erzieher (Reihe: „Ratgeber Kinder- und Jugendpsychotherapie“, Band 22). 2018, 53 Seiten, Kleinformat, € 8,95 / CHF 11.90 ISBN 978-3-8017-2511-2 Auch als eBook erhältlich

Der Ratgeber zeigt auf, woran man Störungen der Emotionsregulation erkennen kann und wie sie sich von entwicklungstypischen Verhaltensweisen und anderen psychischen Störungen abgrenzen lassen. Er gibt Eltern, Erziehern und Lehrkräften zahlreiche Hinweise zum Umgang mit den Schwierigkeiten in Familie und Schule an die Hand. Kinder und Jugendliche erhalten konkrete Tipps dazu, wie sie ihre starken Stimmungsschwankungen in den Griff bekommen und ihre eigenen Gefühle besser kontrollieren können.


Übersicht

Inanspruchnahme von Hilfe und Versorgung bei psychischen Auffälligkeiten im Kindergartenalter Ein systematisches Review zu Barrieren und Prädiktoren Rieke Hoffer und Klaus Fröhlich-Gildhoff Zentrum für Kinder- und Jugendforschung an der Evangelischen Hochschule Freiburg Zusammenfassung: Trotz Gefahr der Chronifizierung ist die Inanspruchnahme professioneller Unterstützung beim Vorliegen von psychischen Auffälligkeiten im Kindergartenalter gering. In der vorliegenden Übersichtsarbeit wird die Studienlage zu subjektiven Barrieren aus Elternperspektive sowie zu Prädiktoren der Inanspruchnahme von Unterstützungsmaßnahmen zusammengefasst. Neben äußeren Hindernissen benennen Eltern mangelnde Kenntnisse über das Hilfesystem sowie negative Überzeugungen gegenüber Inanspruchnahme als Barrieren. Als elternbezogene Prädiktoren der Inanspruchnahme zeigen sich v.a. positive Einstellungen bzw. Vorbehalte gegenüber Inanspruchnahme sowie eigenes elterliches Inanspruchnahmeverhalten bei psychischen Schwierigkeiten. Ein höheres Alter der Kinder, die Schwere der Psychopathologie sowie Entwicklungsverzögerungen sind kindbezogene Prädiktoren. Als Hauptprädiktor stellt sich die elterliche Problemerkennung und Sorge heraus. Die Rolle der Fachkräfte in der Kindertagesbetreuung sollte in zukünftigen Studien systematischer berücksichtigt werden. Schlüsselwörter: psychiatrisch-psychotherapeutische Inanspruchnahme, Vorschulalter, psychisch auffällig, Prädiktoren, Barrieren

Use of Mental Health Services in Preschool Age: A Systematic Review of Barriers and Predictors Abstract: Untreated psychopathology in early childhood tends to become chronic. Despite relevant rates of psychopathology in preschool children, the rates of mental health service use for this age group are even lower than for older children. Estimates indicate that less than 20% of preschool children with psychopathological problems receive professional help. The present article aims to extend and refine previous findings by reviewing 14 empirical studies on predictors and barriers of preschool children’s mental health service use and the role of early education and care professionals in daycare centers. The review was carried out based on PRISMA guidelines. Results show that parents name systematic barriers, a lack of knowledge about mental health service facilities, and negative views and attitudes toward services and treatment as the main hindrances for service use. The examined studies exhibit a heterogeneity of goals, methods, theoretical models, and results. Therefore, predictors were arranged in three categories: first, predictors of attitudes toward possible service use; second, predictors of parents’ appraisal of their children’s behavior, followed by problem recognition; and third, predictors of actual service use. Predictors can be differentiated in child-related, parent-related, and environmental factors. The attitude toward service use seems to be influenced both by anticipated results of treatment and by subjective norms, that is, the suspected opinions in the social environment. Predictors for actual mental health service use are problem recognition and parental worries, older age of children, greater psychopathology, developmental delays, and presence of a diagnosis. Further predictors of service use for children are parental psychopathology and parental mental health service use as well as family conflicts. Although professionals in daycare centers seem to play a crucial but ambivalent role in the process of service use, only few studies include them. Based on the findings, an empirical model of mental health service use in preschool age is deducted. Further studies that focus on the age group of preschool children are required to enhance the understanding of the complex process of mental health service use in early childhood. Thereby future studies should choose a multimodal approach including different sources of information, especially professionals in daycare centers. In practice, barriers to service use, whether structural barriers or perceived barriers, should be minimized to improve access to treatment for children in need. Keywords: mental health care service use, preschool age, mental health problems, barriers, predictors

Verhaltensauffälligkeiten im Kindergartenalter1 sind ein Risikofaktor für die Entwicklung psychischer Störungen und für deren Chronifizierung im weiteren Kindesalter

1

(Dougherty et al., 2015) und Erwachsenenalter (Belfer, 2008; Haller et al., 2016; Hofstra, Van der Ende & Verhulst, 2000). Psychische Auffälligkeiten sollten daher

Kindergartenalter und Vorschulalter wird in diesem Text synonym verwendet und meint die Altersspanne von drei bis sechs Jahren.

© 2019 Hogrefe Verlag

Kindheit und Entwicklung (2019), 28 (1), 33–45 https://doi.org/10.1026/0942-5403/a000269


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R. Hoffer und K. Fröhlich-Gildhoff, Inanspruchnahme von Hilfe und Versorgung bei psychischen Auffälligkeiten im Kindergartenalter

frühzeitig erkannt werden, damit die betroffenen Kinder und ihre Familie möglichst schnell professionelle Hilfe erhalten. In einer repräsentativen deutschen Studie schätzten die Eltern insgesamt 7,4 % der Vorschulkinder als psychisch auffällig ein, 12,9 % der Kinder wurden als psychisch belastet eingeschätzt (Hintzpeter et al., 2014; vgl. Egger & Angold, 2006; Wichstrøm et al., 2012). Trotz zunehmender Effektivität der Behandlungsmöglichkeiten für psychische Erkrankungen im Kindesalter ist die Inanspruchnahme von Versorgung von Kindern in Deutschland und anderen Ländern gering. Aktuelle Studien gehen davon aus, dass insgesamt weniger als 30 % aller Kinder und Jugendlichen mit psychischen Auffälligkeiten professionelle Unterstützung erhalten bzw. in Anspruch nehmen (Hintzpeter et al., 2014). Im Kindergartenalter liegt die Quote der Inanspruchnahme mit 3 – 20 % noch deutlich darunter (Ali, Teich, Lynch & Mutter, 2018; Egger & Angold, 2006; Horwitz, Gary, Briggs-Gowan & Carter, 2003; Lavigne, Lebailly, Hopkins, Gouze & Binns, 2009; Lehmkuhl, Köster & Schubert, 2009). Demnach scheint eine Differenz vorzuliegen zwischen dem subjektiven Bedarf, also dem Wunsch nach einer Behandlung, und dem objektiven Bedarf, der sich orientiert an (messbaren) Kriterien, die von sachverständigen Personen (z. B. Ärzten) festgestellt werden können (SVR, 2001, S. 26). Darüber hinaus muss zwischen der Versorgung, also dem verfügbaren medizinischen/psychotherapeutischen Angebot, und der Inanspruchnahme unterschieden werden: Inanspruchnahme meint den gesamten Prozess bis zum Aufsuchen einer professionellen Instanz. Dieser Prozess wird sowohl von individuellen Merkmalen der Beteiligten als auch von strukturellen Gegebenheiten beeinflusst. Inanspruchnahme ist dementsprechend nicht eine alleinige Folge des subjektiven Bedarfs und der sich daraus ergebenden Nachfrage, sondern wird auch von regionalen Angebotskapazitäten und dem individuellen Zugang zu diesen beeinflusst (vgl. Schliwen, 2015). Entsprechend ist davon auszugehen, dass bereits auf nationaler (Klein & von dem Knesebeck, 2016), erst recht jedoch auf internationaler Ebene (Schölkopf & Pressel, 2014) Unterschiede in Bezug auf die Angebotskapazitäten und ihren Zugang bestehen. Darüber hinaus sind große interkulturelle Unterschiede in Bezug auf die Faktoren, die die Nachfrage bestimmen, zu erkennen (Muthny & Bermejo, 2009). Bei dieser komplexen Gemengelage stellt sich die Frage, wie sich die niedrigen Quoten der Inanspruchnahme der Unterstützung bei psychischen Auffälligkeiten, insbesondere bei jüngeren Kindern, erklären lassen und inwiefern andere Faktoren eine Rolle spielen als bei älteren Kindern. So besuchen Kinder im Alter zwischen drei und sechs Jahren in den meisten westlichen Ländern zu großen Teilen nicht Schulen, sondern Kindertageseinrichtungen. Es wäre denkbar, dass sich diese Form der BeKindheit und Entwicklung (2019), 28 (1), 33–45

treuung auf bestimmte Phasen des Prozesses der Inanspruchnahme auswirkt – so wäre beispielsweise eine aktive Rolle der pädagogischen Fachkräfte bei der Erkennung der psychischen Auffälligkeiten vorstellbar. Die weitreichende Bedeutung einer qualitativ hochwertigen Kindertagesbetreuung für die weitere Entwicklung ist in den letzten Jahren empirisch nachgewiesen worden (Anders, 2013; Kasüschke & Fröhlich-Gildhoff, 2008). Es ist naheliegend, dass die Kindertagesbetreuung auch im Prozess der Erkennung von Verhaltensauffälligkeiten und der darauf folgenden Suche nach Unterstützung Auswirkungen hat. Gleichzeitig zeigen sich laut Studienlage große Diskrepanzen in der Einschätzung des kindlichen Verhaltens zwischen Fachkräften und Eltern (Jungmann, Koch & Böhm, 2017; Kasik & Gál, 2016; Kuschel, Heinrichs, Bertram, Naumann & Hahlweg, 2007), die hauptsächlich durch Unterschiede im Setting der Beobachtung und Unterschieden zwischen den Vergleichsmaßstäben von Eltern und Fachkräften erklärt werden. Weitere Befunde zeigen auch, dass die Kommunikation über Verhaltensauffälligkeiten zwischen Eltern und Fachkräften oft von beiden Seiten als problematisch wahrgenommen wird (Peitz, 2004). Die Rolle der Fachkräfte im Kontext des Prozesses der Inanspruchnahme bedarf einer Klärung. Zwei Reviews (Sayal, 2006; Zwaanswijk, Verhaak, Bensing, van der Ende & Verhulst, 2003) und eine theoretische Arbeit (Godoy & Carter, 2013) fassen die Literatur zu Prädiktoren der Inanspruchnahme im Kindes- und Jugendalter zusammen. In den Reviews wird auf die Heterogenität der Studien hingewiesen: es werden unterschiedliche Modelle zugrunde gelegt, unterschiedliche methodische Zugänge gewählt und unterschiedliche Forschungsfragen gestellt. Zudem stammen die meisten Studien aus den USA, nur einige wenige aus Europa. Nach unserer Kenntnis liegen keine deutschen Studien vor. Die Gesundheitssysteme, die sehr große Differenzen in Bezug auf die Verfügbarkeit der Versorgung aufweisen, stellen ebenso ein methodisches Problem der Vergleichbarkeit dar wie kulturelle Unterschiede. Prädiktoren der Inanspruchnahme scheinen eher schwerwiegendere und externalisierende Störungen zu sein. Höheres Alter sowie männliches Geschlecht des Kindes zeigen sich als Prädiktoren von Inanspruchnahme, ebenso wie elterliche Problemwahrnehmung. Der Zusammenhang zwischen sozio-ökonomischen Status und Inanspruchnahme ist nicht eindeutig geklärt, ebenso wie die Rolle von Familienkonflikten, belastenden Lebensereignissen sowie mütterlicher Bildung (Sayal, 2006; Zwaanswijk et al., 2003). Goldberg und Huxley (1992) haben ein viel verwendetes Filtermodell der Inanspruchnahme beschrieben, dass die Grundlage für weitere Forschungsarbeiten darstellt. Den ersten Filter (1) bildet die Problemerkennung der El© 2019 Hogrefe Verlag


R. Hoffer und K. Fröhlich-Gildhoff, Inanspruchnahme von Hilfe und Versorgung bei psychischen Auffälligkeiten im Kindergartenalter

tern, die dadurch beeinflusst wird, ob die Eltern das kindliche Verhalten als problematisch einordnen und (2) entsprechend die Entscheidung treffen, sich Unterstützung zu suchen. Der dritte Filter (3) bezieht sich auf den Prozess der Inanspruchnahme selbst, also darauf, wo und in welcher Form Hilfe gesucht wird. Ein weiteres Review beschäftigt sich mit der Frage, welche subjektiven Barrieren und förderlichen Faktoren Eltern von Kindern und Jugendlichen in Bezug auf die Inanspruchnahme berichten (Reardon et al., 2017). Hierbei zeigen sich strukturelle Barrieren aus dem Versorgungssystem selbst, Vorbehalte gegenüber Unterstützungsmöglichkeiten, mangelndes Wissen sowie bestimmte familiäre Bedingungen wie zu geringe zeitliche Ressourcen als Barrieren aus Elternsicht. Die Frage, weshalb die Inanspruchnahme im Alter von drei bis sechs Jahren geringer ist, als bei älteren Kindern und welche Rolle Fachkräfte in der Kindertagesbetreuung im Prozess der Inanspruchnahme einnehmen, wird durch die bisherigen Arbeiten nicht geklärt, da sich diese auf ein größeres Altersspektrum beziehen (0 – 18 Jahren: Zwaanswijk et al., 2003; Godoy & Carter, 2013; bzw. 0 – 12 Jahre: Sayal, 2006). Ziel dieser Arbeit ist es, die aktuelle Studienlage zu Prädiktoren und subjektiven Barrieren der Inanspruchnahme von Unterstützung bei psychischen Auffälligkeiten im Kindergartenalter zusammenzufassen und zu bewerten sowie die Rolle der Fachkräfte in Kindertageseinrichtungen im Prozess der Inanspruchnahme zu verdeutlichen.

Methode Um den Forschungsstand der beschriebenen Thematik zu beleuchten, wurde eine systematische Literatursuche deutscher und englischsprachiger Studien durchgeführt. Das Review wurde in Anlehnung an die PRISMA-Richtlinien erstellt und berichtet (Moher, Liberati, Tetzlaff & Altman, 2011).

Ein- und Ausschlusskriterien Eingeschlossen wurden Studien, · die in Englisch (oder Deutsch) verfügbar waren, · die sich auf die Altersgruppe von Kindern von 3 – 6 Jahren und ihren Eltern und deren Inanspruchnahmeverhalten sowie Erfahrungen bei der Inanspruchnahme von Unterstützung jedweder Form, z. B. informelle, medizinische oder psychosoziale Beratung wegen (vermuteter) psychischer Probleme der Kinder bezogen. © 2019 Hogrefe Verlag

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Eine zeitliche Begrenzung des Erscheinungsjahrs der eingeschlossenen Studien wurde aufgrund der geringen Anzahl an Studien, die sich auf die Altersgruppe bezogen, nicht vorgenommen. Anders als in anderen Literaturarbeiten lag der Fokus nicht auf der Arbeit der Haus- bzw. Kinderärzte und deren Kompetenzen in Bezug auf die Erkennung und Behandlung von psychischen Auffälligkeiten. Ausgeschlossen wurden in dieser Arbeit Studien, · die sich nur auf eine klinische Population bezogen, wie z. B. nur Kinder mit Autismus-Spektrumsstörungen, · die sich auf Kinder mit physischen Krankheiten oder Behinderungen bezogen, · die sich auf die Evaluation von Programmen zur Prävention oder zur Verbesserung der Versorgung bezogen, · deren Ergebnisse, wenn sie sich auf die Altersgruppe von Kindern von drei bis sechs Jahren bezogen, nicht unterscheidbar von anderen untersuchten Altersgruppen dargestellt wurde, · in denen die eingeschlossenen Kinder nicht auf Grundlage eines standardisierten Instrumentes oder klinischen Interviews ausgewählt wurden.

Suchstrategie und Vorgehen Studien wurden über die Datenbanken Pubmed Medline, PsycInfo, Psyndex, ERIC sowie SOCIndex per Volltextsuche über den EBSCO-Server sowie ergänzend in Pubmed mithilfe der Meshterms gesucht, sowie ergänzend per Handsuche über Quellenverzeichnisse der eingeschlossenen Studien. Die Literatursuche fand im Februar und März 2018 statt. Dabei wurden alle Begriffe auf Englisch sowie auf Deutsch angegeben, da alle Studien aus dem deutschen Sprachraum mit erfasst werden sollten. Es wurden keine Filterfunktionen (z. B. Publikationszeitraum) aktiviert. Die Suchstrategie bezog sich auf die Versorgung und potentiell auch auf Versorgungsverläufe im Kindergartenalter, es wurden folgende Suchbegriffe verwendet (children 3 – 6 OR preschool* OR Kinder 3 – 6 OR Vorschul* OR Kindergarten* AND Mental health problems OR Mental disorders OR Challenging behavior OR Problem behavior OR problem behaviour OR Psychisch* Auffällig* OR Verhaltensauffälligkeit* OR Verhaltensproblem* AND Health care use OR Usage OR help seeking OR Psychiatric psychotherapeutic health care utilization OR Support OR Early prevention). Zusätzlich wurde eine Handsuche durchgeführt, indem die Literaturverzeichnisse der relevanten Artikel durchsucht wurden. Kindheit und Entwicklung (2019), 28 (1), 33–45


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R. Hoffer und K. Fröhlich-Gildhoff, Inanspruchnahme von Hilfe und Versorgung bei psychischen Auffälligkeiten im Kindergartenalter

Abbildung 1. Flowchart nach PRISMA.

Studienauswahl Der Auswahlprozess der einbezogenen Studien wird in Abbildung 1 dargestellt. Es wurden 14 quantitative Studien einbezogen. Dabei beziehen sich drei der Studien auf denselben Datensatz (Oh & Bayer, 2015, 2017; Oh et al., 2015). Da jedoch alle drei Veröffentlichungen unterschiedliche und relevante Informationen enthalten, wurden alle als einzelne Studien bewertet.

füllt, 1=teilweise erfüllt, 2= erfüllt). Insgesamt konnte in der quantitativen Checkliste ein Maximum von 20 Punkten erreicht werden. Die Anforderungen bezogen sich auf die Datenerhebung, Analyse und Schlussfolgerungen. Ausgehend vom Gesamtrating wurden die Studien einer von drei Qualitätsstufen zugeteilt (0 – 12= niedrig, 13 – 16= mittel, 17 – 20= hoch).

Methodische Schwierigkeiten Qualitätsrating Die Qualität der einbezogenen Studien wurde durch eine Checkliste erhoben, die durch Kmet und Kollegen (Kmet, Lee & Cook, 2014) zur Evaluation der Qualität von quantitativen Studien entwickelt und für die vorliegende Untersuchung angepasst wurde. Dafür wurden Items, die nicht zu der vorliegenden Fragestellung passten, entfernt (vgl. hierzu Reardon et al., 2017). Die Items mit den Anforderungen wurden jeweils auf einer dreistufigen Skala von 0 bis 2 bewertet (0=nicht erKindheit und Entwicklung (2019), 28 (1), 33–45

Unterschiede zwischen den einbezogenen Studien Die große Heterogenität der zugrundeliegenden theoretischen Modelle, Fragestellungen, der Stichproben, der verwendeten Methoden sowie der Ergebnisdarstellung der einbezogenen Studien führten dazu, dass ein Vorgehen im Sinne einer Meta-Analyse, das eine direkte Zusammenführung und einen unmittelbaren Vergleich der Ergebnisse ermöglicht hätte, unmöglich war. Es wurden nur in sehr wenigen Studien dieselben Instrumente zur Erfassung der kindlichen Psychopathologie, der Prädiktoren der Inanspruchnahme bzw. der wahrgenommenen © 2019 Hogrefe Verlag


R. Hoffer und K. Fröhlich-Gildhoff, Inanspruchnahme von Hilfe und Versorgung bei psychischen Auffälligkeiten im Kindergartenalter

Barrieren verwendet. Die Datenerhebung wurde zudem in unterschiedlichen Untersuchungssettings durchgeführt. In vielen Fällen war die Erhebung der Inanspruchnahme und ihrer Prädiktoren ein Nebenprodukt einer größeren Bevölkerungsbefragung, so dass nur ein begrenzter Umfang an Prädiktoren erfasst wurde. Unterschiede in den Gesundheitssystemen der untersuchten Länder Eine weitere Herausforderung stellte die Unterschiedlichkeit der Gesundheitsversorgung in den untersuchten Ländern dar. Fast zwei Drittel der einbezogenen Untersuchungen wurden in den USA durchgeführt, in denen Pädiater die kindliche Primärversorgung übernehmen, die Kosten für eine weitere Versorgung durch einen Spezialisten jedoch vom Versicherungsstatus des Patienten abhängt bzw. privat finanziert werden muss—anders als beispielsweise in vielen europäischen Ländern. Innerhalb der Länder liegen regionen- und subgruppenspezifisch kulturelle Unterschiede vor, beispielsweise bestehen Unterschiede der Versorgung zwischen ländlichem und städtischen Raum in den USA. Zudem liegen kulturelle Unterschiede zwischen den USA und europäischen Ländern vor. Es ist davon auszugehen, dass die Gesamtheit dieser Unterschiede einen Einfluss auf die Bewertung der Eltern im Prozess der Inanspruchnahme nimmt und eine Auswertung der Studien erschwert. Dennoch lassen sich strukturelle Ähnlichkeiten in den meisten Ländern wiederfinden. So haben die meisten Länder eine gemeinschaftsorientierte Primärversorgung für Kinder. Der Kinderarzt ist meist die erste und Hauptansprechperson bei psychischen Auffälligkeiten innerhalb des Gesundheitssystems.

Ergebnisse Insgesamt wurden 14 Publikationen aus den Jahren 1996 bis 2017 einbezogen (drei dieser Publikationen basierten auf demselben Datensatz, wurden jedoch aufgrund der unterschiedlichen Ergebnisse dennoch berücksichtigt). Neun der Studien wurden in den USA durchgeführt. Alle aufgrund der Einschlusskriterien ausgewählten Studien haben einen quantitativen Schwerpunkt. Die Inanspruchnahme von professioneller Unterstützung (hierzu wurde auch das Gespräch mit einem Kinderarzt über die Probleme gezählt) variiert in den untersuchten Studien zwischen 7,5 % und 29 % unter den Kindern, die durch die jeweilige Studie als Kinder mit einem Risiko für eine psychische Erkrankung identifiziert worden sind. Die Qualität war befriedigend: acht der 14 Publikationen erfüllten hohe Qualitätsstandards, fünf erfüllten © 2019 Hogrefe Verlag

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mittlere Standards und eine erreichte nur einen niedrigen Standard (s. Tab. 1).

Wahrgenommene Barrieren für eine Inanspruchnahme Die Barrieren werden in den Studien auf verschiedene Weise ermittelt: in der Studie von Pavuluri und Kollegen durch ein freies Feld im Fragebogen, in der Studie von Girio-Herrera und Kollegen (2013) durch einen bereits bestehenden Fragebogen mit 44 Items (Kazdin, Holland, Crowley & Breton, 1997), in einer weiteren Studie wurde ein Fragebogen selbst entwickelt (Harwood, O’Brien, Carter & Eyberg, 2009). Äußere Barrieren, die im Gesundheitssystem oder direkten Lebensumfeld verortet sind, stellen insbesondere die Kosten der Behandlung (Pavuluri, Luk & McGee, 1996), die vor allem bei Familien mit geringem Einkommen eine Rolle spielen (Harwood et al., 2009), aber auch die weite Anfahrt zu einer Behandlung dar. Ebenfalls als Barriere wird das fehlende Wissen über Möglichkeiten der Unterstützung genannt (Pavuluri et al., 1996). Die Eltern benennen auch Vorbehalte gegenüber möglichen Behandlungen als Barrieren: Zweifel am Nutzen einer Behandlung, die Einstellung, das Problem würde sich ohne Behandlung lösen (Girio-Herrera, Owens & Langberg, 2013; Pavuluri et al., 1996), sowie die Einstellung, Eltern „sollten mit den Problemen selbst zurecht kommen“ (Pavuluri et al., 1996). Enttäuschungen bei vorhergehenden Erfahrungen mit Unterstützungsmöglichkeiten bei psychischen Problemen sowie Angst vor der Behandlung (Pavuluri et al., 1996), insbesondere die Befürchtung, das Kind solle mit Medikamenten behandelt werden (Harwood et al., 2009), wurden als Barrieren angegeben. Zudem wurde sehr häufig informelle Hilfe in Anspruch genommen, also z. B. Gespräche mit anderen Eltern (Girio-Herrera et al., 2013). Eine Studie berichtet die Anzahl der wahrgenommenen Barrieren. Demnach geben die Eltern mindestens eine, oft jedoch auch zwei Barrieren an – unabhängig vom Risikostatus ihres Kindes (Girio-Herrera et al., 2013). Auffällig ist zudem laut der Studie von Harwood und Kollegen (2009), dass die Inanspruchnahme sehr niedrig bleibt, obwohl Barrieren als gering erlebt werden.

Prädiktoren Es wurde bereits dargestellt, dass die Fragestellungen der Studien variierten, was die Auswertung verkomplizierte. So wurden teilweise die Prädiktoren einer positiven EinKindheit und Entwicklung (2019), 28 (1), 33–45


Kindheit und Entwicklung (2019), 28 (1), 33–45

Girio-Herrera, Owens, Sarno & Langberg

Godoy, Carter, Silver, Dickstein & Seifer

Godoy, Mian, USA Eisenhower & Carter

Harwood, USA O’Brien, Carter & Eyberg

Horwitz, Gary, BriggsGowan & Carter

2013

2014

2014

2009

2003

1998

USA

Ellingson, Briggs-Gowan, Carter & Horwitz

2004

Lavigne, USA Arend, Rosenbaum, Binns, Christoffel, Burns & Smith

USA

USA

USA

Land

PubliAutor kationsjahr

Tabelle 1. Einbezogene Studien

189

110

1278

0–5

3–6

0–3 (11 Mon. bis 39 Mon.)

510/388 zweite Welle

371

0–8 (aber MW 4,5 J.)

2–5

597

5

Eltern; Kinderärzte, Kliniker

Eltern

Mütter

Eltern

Eltern

Eltern FK

Eltern

0–3 1278

Auskunftsquelle

Alter n Kinder der eingeKinder schlossen (in Jahren)

LS quanti

QS quanti

QS quanti

QS quanti

Kinderarztpraxen

LS quanti

Zufalls-SP: QS randomisierte SP aller ge- quanti sunden Kinder, die in einem KH geboren sind (Kinder mit Entwicklungsverzögerung ausgeschlossen)

Rekrutierung in Kinderarztpraxen

<90th Perzentil Child Behavior Checklist (CBCL); Klinische Diagnose

über dem 90. Perzentil des Infant Toddler Social and Emotional Assessment (ITSEA)

erhöhte Scores beim Eyberg Child Behavior Inventory (ECBI)

191 (37,4 %); 123 (33 %) mit Diagnosen

272 (25,6 %)

37 (33,6 %)

>15 % i.Vgl. der Norm- n.e. stichprobe auf einer der Skalen der Brief Infant Toddler Social Emotional Assessment (BITSEA)

140 (37,7 %) „klinisch erhöhter Wert im sozio-emotionalen oder Entwicklungsbereich“ laut Einschätzung geschulter Personen

nein

nein

„Wahre“ Daten in Form von Diagnose liegt vor?

nein

nein

nein

73 % bei denen mit ja Diagnose

7,5 %

fast nie

n. e.

140 (21 %) wurden nein weiterverwiesen; 21 (3,2 %) waren bereits in Behandlung; 74 (52,9 % der Verwiesenen nahmen den Termin i.A.)

35(11 %)

„at risk“ (über Cut-Off 306 (51,3 %) des Behavior Assessment System for Children, Sec. Edition, BASC-2)

Inanspruchnahme unter den Risikokindern n (%)

47(17 %)

n (%) gesamten Kinder, die v.d. Studie als Risikokinder in Bezug auf psych. Gesundheit definiert wurden 269 (21,0 %)

>90th Perzentil auf mind. einer Problemskala des Infant Toddler Social and Emotional Assessment (ITSEA)

Studien- Definition des Status design der psychischen Gesundheit der einbezogenen Kinder (Risikokinder)

alle Eltern aus QS Programm für Hochrisiko- quanti familien/von Armut betroffen

Vorsorgeuntersuchung in der Kinderarztpraxis in der ein integriertes Vorsorgemodell eingeführt worden war

alle Eltern von Kindergartenkindern in 18 Kitas in ländliche Regionen

Geburtenregister

Studien-Setting

n.e.

n.a.

n.e.

nicht angegeben in %

51,5 % der Eltern berichteten Sorge

33 %

n.e.

Problemerkennung durch Eltern unter den Risikokindern

20

17

14

13

14

20

20

Qualitätsrating

38 R. Hoffer und K. Fröhlich-Gildhoff, Inanspruchnahme von Hilfe und Versorgung bei psychischen Auffälligkeiten im Kindergartenalter

© 2019 Hogrefe Verlag


© 2019 Hogrefe Verlag

Oh & Bayer

Oh, Mathers, Australien Hiscock, Wake & Bayer

2015

2015

Wichstrøm, Belsky, Jozefiak, Sourander & Berg-Nielsen

Norwegen

4–7 Mit 4:(t1) 995; Mit 6 (t2) 795

Eltern, die bereits in einer vorherigen Studie teilgenommen hatten

eine Stadt, dabei gewichtet

Vorsorgeuntersuchungen in Krankenhäusern

Vorsorgeuntersuchungen in Krankenhäusern

Vorsorgeuntersuchungen in Krankenhäusern

6 Schulen die bei Head Strat teilnahmen; HeadStart Sample der Armutgrenze großteil

Eltern; Trondheim; Fachkräfte; große Kohortenstudie „child health nurse“

Eltern

Eltern

Eltern

Eltern

Eltern

Eltern, Lehrer

Klin. Interview

> 70 T-Wert im Behavior Assessment System for Children-2 (BASC-2)

QS quanti

LS quanti

1. Stufe: erhöhte FBWerte Behaviour Check List (BCL) Hyperactivity Scale (HAS), Internalizing Disorder Scale (IDS); in der 2. Stufe: klinische Diagnose durch klinisches Interview

erhöhter CBCL-Score

erhöhter CBCL-Score

n.e.

Klinisch erhöhter Wert des Preschool and Kindergarten Behavior Scales (PKBS)

2-stufiges QS (quali und quanti)

LS quanti

LS quanti

LS quanti

QS quanti

mit 4: 11,1 %; mit 7: 12,4 %

n.e

1. Stufe 67(23,5 %) erhöhte Screeningwerte; 2. Stufe: 42 (32,81 %)

86 (20 %) beim 3. MZP

86 (20 %)

86 (20 %)

84 (29 %) aus Sicht der Eltern; 32 (12 %) aus Sicht der Lehrer nein

10,7 % mit 4; 25,2 % mit 7 (bei gleichbleibenden Diagnoseraten)

n.e.

19 %

14 (16,3 %) erhielten prof. Hilfe

ja

nein

ja, klinisches Interview

nein

24 (29 %) erhielten nein Hilfe (aller Service use zusammengefasst)

n.e.

17 % bei denen, die nein von Eltern identifiziert wurden, 5 % bei den durch Lehrer identifizierten

n.e.

n.e.

45,2 %

27 (32 %)

27 (32 %)

n.e.

n.e.

Anmerkungen: QS quanti= Querschnittstudie quantitativ, LS quanti= Längsschnittstudie quantitativ, n.e. = nicht erkennbar aus dieser Veröffentlichung, MZP= Messzeitpunkt, MW= Mittelwert

2014

41

Turner & Liew

2010

4,5

272 insges.; 128 2. Stufe

Pavuluri, Luk Neuseeland 2 – 5 & McGee

1996

USA

441 beim 3. MZP

1–6

442

290

442

6

3–5

6

Australien

Australien

Oh & Bayer

2017

USA

New, Razzino, Lewin, Schlumpf & Joseph

2002

19

8

18

19

15

15

17

R. Hoffer und K. Fröhlich-Gildhoff, Inanspruchnahme von Hilfe und Versorgung bei psychischen Auffälligkeiten im Kindergartenalter 39

Kindheit und Entwicklung (2019), 28 (1), 33–45


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R. Hoffer und K. Fröhlich-Gildhoff, Inanspruchnahme von Hilfe und Versorgung bei psychischen Auffälligkeiten im Kindergartenalter

stellung gegenüber einer möglichen Inanspruchnahme erhoben, nicht jedoch die tatsächliche Inanspruchnahme (Oh & Bayer, 2017), teilweise die Prädiktoren der Problemerkennung und der Inanspruchnahme (Horwitz et al., 2003), und teilweise die Prädiktoren einer tatsächlichen Inanspruchnahme erhoben (Godoy, Carter, Silver, Dickstein & Seifer, 2014; Oh & Bayer, 2017; Wichstrøm, Belsky, Jozefiak, Sourander & Berg-Nielsen, 2014). Die Ergebnisse einer Studie, in der keine Regressionsanalyse durchgeführt, sondern nur die Korrelationen zwischen einzelnen Faktoren dargestellt wurden, wurde aus der Darstellung der Prädiktoren ausgeschlossen (Harwood et al., 2009). Um eine präzise Ergebnisdarstellung zu ermöglichen, wurden die Ergebnisse nach folgendem System geordnet. Unterschieden wurde zwischen · Prädiktoren der Einstellung gegenüber einer möglichen Inanspruchnahme, · Prädiktoren, die sich auf die Bewertungsprozesse der Eltern gegenüber dem Verhalten ihres Kindes, und somit auf ihre Problemerkennung bei vorliegender Psychopathologie beziehen · Prädiktoren der tatsächlichen Inanspruchnahme aller Formen von professioneller Unterstützung

Prädiktoren der Einstellung gegenüber der Inanspruchnahme von Unterstützung Oh und Bayer (2017) konnten in ihrer Studie zeigen, dass sich positive Einstellungen gegenüber der Inanspruchnahme von professioneller Unterstützung bei psychischen Problemen sowie die subjektiven Normen der Eltern auf den Plan, sich bei möglichen Verhaltensproblemen des Kindes Unterstützung zu suchen, auswirken. Positive Einstellungen wurden hier definiert als positive Ergebniserwartungen bei der Inanspruchnahme, also zum Beispiel der Zustimmung zu Aussagen wie „Ich erhalte die richtigen Strategien, um meinem Kind helfen zu können“. Als subjektive Normen wurde die Beurteilung einer Inanspruchnahme von Menschen aus dem Umfeld erfasst, und die Motivation, die sich für die Eltern aus deren Einschätzung ergibt. In der Studie von Turner und Liew (2010) wurden keine Prädiktoren berechnet, aber die Eltern mit eigener Erfahrung mit Inanspruchnahme bei psychischen Problemen zeigten im Vergleich mit Eltern ohne eigene Erfahrungen positivere Einstellungen und größere Motivation für eine Inanspruchnahme sowie geringere Befürchtungen von Stigmatisierung.

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Prädiktoren der Problemerkennung durch die Eltern bzw. elterlicher Sorge In einer Studie von Ellingson und Kolleginnen (Ellingson, Briggs-Gowan, Carter & Horwitz, 2004) zeigen sich als kindbezogene Aspekte geringe soziale Kompetenz sowie männliches Geschlecht als Prädiktoren größerer elterlicher Sorge. Im Pfadmodell von Godoy, Mian, Eisenhower und Carter (2014) bilden erhöhte kindliche Psychopathologie, Entwicklungsverzögerung2 sowie ein höheres Alter des Kindes und elterliche Sorge das Konstrukt der „elterlichen Wahrnehmung“. Dieses wird durch elterliche Psychopathologie und elterlichen Stress beeinflusst und sagt das Nachdenken über eine Inanspruchnahme vorher. Als kindbezogenen Prädiktor des „Nachdenkens über Inanspruchnahme“ benennen auch Horwitz und Kollegen (2003) das Vorliegen einer Entwicklungsverzögerung. Neben den kindbezogenen Prädiktoren zeigen sich weitere elternbezogene Aspekte als Prädiktoren elterlicher Sorge bzw. von Gedanken über eine Inanspruchnahme. Ein höheres Bildungsniveau, geringe wahrgenommene soziale Unterstützung sowie elterliche Sorge, als auch die ethnische Zugehörigkeit (weiße Hautfarbe) und die Inanspruchnahme von Kindertagesbetreuung sind Prädiktoren eines Nachdenkens über die Inanspruchnahme (Horwitz et al., 2003). Ebenfalls bilden die Einschränkung des Familienlebens durch das Verhalten des Kindes sowie erhöhte elterliche Psychopathologie (Ellingson et al., 2004) bzw. erhöhte Ängstlichkeit (Horwitz et al., 2003) Prädiktoren. In einer Studie von Oh und Bayer (2015, bezieht sich auf denselben Datensatz wie Oh & Bayer, 2017), erhöht eine positive elterliche Einstellung gegenüber der Inanspruchnahme die Wahrscheinlichkeit einer Problemerkennung. Prädiktoren der tatsächlichen Inanspruchnahme Die elterliche Erkenntnis, bzw. die damit einhergehende Sorge, dass das Verhalten des Kindes ein Problem darstellt, für welches das Kind Hilfe benötigen könnte, also die Problemerkennung, bildet in mehreren Studien einen entscheidenden Prädiktor der tatsächlichen Inanspruchnahme (Ellingson et al., 2004; Oh & Bayer, 2015; Oh, Mathers, Hiscock, Wake & Bayer, 2015; Pavuluri et al., 1996; Wichstrøm et al., 2014). Auch vorhergehende „Gedanken über eine mögliche Inanspruchnahme“ bilden einen Prädiktor der tatsächlichen Inanspruchnahme (Godoy et al., 2014). Weitere elternbezogene Prädiktoren bilden eigene elterliche Erfahrungen mit der Inanspruchnahme (New,

Es wurde der Begriff „developmental delay or problem“ verwendet und nicht genauer differenziert. Diese Bezeichnung wird hier mit „Entwicklungsverzögerung“ übersetzt.

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Razzino, Lewin, Schlumpf & Joseph, 2002; Oh et al., 2015; Turner & Liew, 2010) sowie elterliche Psychopathologie (Ellingson et al., 2004; Oh et al., 2015). Die Belastung der Eltern durch das Verhalten des Kindes (Wichstrøm et al., 2014) stellt einen weiteren Faktor dar. Kindbezogene Prädiktoren sind kindliche Psychopathologie (Lavigne, Arend et al., 1998; Oh et al., 2015; Pavuluri et al., 1996), in einer Studie i.S. erhöhter Werte in Bezug auf externalisierende Verhaltensweisen (Pavuluri et al., 1996), höheres Alter des Kindes (Horwitz et al., 2003; Lavigne, Arend et al., 1998) sowie das Vorliegen einer Entwicklungsverzögerung (Horwitz et al., 2003) und geringe soziale Kompetenz des Kindes (Ellingson et al., 2004). Auf der Ebene der Familien bilden Familienkonflikte einen wichtigen Prädiktor (Horwitz et al., 2003; Lavigne, Arend et al., 1998; New et al., 2002). Auch ein geringes Einkommen, elterliche Trennung sowie insgesamt belastende Lebenssituationen stellen auf struktureller Ebene Prädiktoren der Inanspruchnahme dar (Pavuluri et al., 1996). Die ethnische Zugehörigkeit (weiße Hautfarbe) wird ebenfalls als Prädiktor benannt (Lavigne, Arend et al., 1998). In den beiden einbezogenen Längsschnittstudien sagte auch die Inanspruchnahme mit drei bzw. vier Jahren eine spätere Inanspruchnahme vorher (Oh et al., 2015; Wichstrøm et al., 2014). Ein weiterer Prädiktor ist die Problemerkennung durch die Fachkräfte in der Kindertageseinrichtung: die Einschätzung der Fachkräfte, ob das vierjährige Kind Unterstützung benötigen würde, ist ein signifikanter Prädiktor von dessen Inanspruchnahme mit sieben Jahren (Wichstrøm et al., 2014).

Rolle der pädagogischen Fachkräfte in Kitas im Prozess der Inanspruchnahme Systematisch wurde in den Studien auch nach Hinweisen gesucht, ob und welche Rolle Fachkräfte in Kindertageseinrichtungen für den Prozess der Inanspruchnahme spielen. Nur in drei der 14 Studien wurden auch die Fachkräfte selbst zum Verhalten der Kinder befragt (Girio-Herrera et al., 2013; New et al., 2002; Wichstrøm et al., 2014), wobei sich ähnliche Diskrepanzen zwischen den Einschätzungen finden, wie es aus anderen Studien bereits bekannt ist. In zwei Studien wird deutlich, dass informelle Hilfe für die Eltern eine große Rolle spielt und von vielen Eltern parallel oder vor der Inanspruchnahme professioneller Hilfe genutzt wird (Harwood et al., 2009; Pavuluri et al., 1996). Zudem gibt es Hinweise darauf, dass Hilfe aus mehr als einer Quelle in Anspruch genommen wird. Hierbei sind auch Fachkräfte in Kindertages© 2019 Hogrefe Verlag

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einrichtungen als Ansprechpersonen vertreten, mit denen häufiger als mit Ärzten über Verhaltensprobleme gesprochen wird (Pavuluri et al., 1996). Ein Ergebnis fügen Wichstrøm und Kollegen (2014) hinzu: laut ihrer Studien ist die Einschätzung der Fachkräfte, ob das vierjährige Kind Unterstützung benötigen würde, ein signifikanter Prädiktor von dessen Inanspruchnahme mit sieben Jahren. Auf Grundlage der Ergebnisse wurde ein Modell zur Synthese der empirisch relevanten Ergebnisse entworfen (Abb. 2). Hierzu wurden die Ergebnisse der Literaturrecherche in ein bereits vorhandenes Modell von Godoy und Carter (2013) integriert und das Modell angepasst. Die ursprüngliche Version bezieht sich auf das gesamte Kindesalter und verwendet gut überprüfte Modelle wie die Theorie des geplanten Verhaltens als Grundlage. Das vorhandene Modell wurde auf den Prozess der ersten Inanspruchnahme von Unterstützung (z. B. auch in Form eines ersten Gesprächs mit einem Pädiater) reduziert und die empirischen Ergebnisse zu Prädiktoren der Inanspruchnahme eingefügt, die sich auf das Alter von drei bis sechs Jahren beziehen. Das in vielen Studien verwendete Filtermodell (Goldberg & Huxley, 1992) wurde in das neu entwickelte Modell einbezogen und die Prozesshaftigkeit der Inanspruchnahme hervorgehoben. Die Problemerkennung wird als entscheidender Prädiktor betont. Aufgenommen wurden Ergebnisse, die sich in mindestens zwei Studien als signifikante Prädiktoren der Inanspruchnahme zeigen. Als weiterer Faktor, der empirisch noch weiter untersucht werden muss, wird die Einschätzung sowie das Verhalten der Fachkräfte in der Kindertagesbetreuung betont.

Diskussion Ziel dieser Arbeit war es, mithilfe einer systematischen Literaturrecherche Studien zu Prädiktoren einer Inanspruchnahme von professioneller Hilfe bei psychischen Erkrankungen im Alter von drei bis sechs Jahren zusammenzufassen und zu systematisieren. Ebenfalls aufgenommen wurden Barrieren der Inanspruchnahme aus der Sicht der Eltern sowie Ergebnisse aus den Studien, die Aufschluss über die Rolle der Fachkräfte in der Kindertagesbetreuung geben könnten. Es wurden insgesamt 14 Publikationen gefunden, die den Suchkriterien entsprechen. Die Methodik sowie die Qualität der einbezogenen Studien waren dabei sehr heterogen. Aufgrund der unterschiedlichen zugrunde gelegten theoretischen Modelle wurde unterschieden nach Kindheit und Entwicklung (2019), 28 (1), 33–45


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Abbildung 2. Modell zu Prädiktoren der Inanspruchnahme im Kindergartenalter (angelehnt an Godoy & Carter, 2013).

subjektiven Barrieren aus Sicht der Eltern sowie drei Kategorien von Prädiktoren: · Prädiktoren der Einstellung gegenüber einer möglichen Inanspruchnahme, · Prädiktoren, die sich auf die Bewertungsprozesse der Eltern gegenüber dem Verhalten ihres Kindes sowie auf ihre Problemerkennung bei eventuell vorliegender Psychopathologie beziehen, · Prädiktoren der tatsächlichen Inanspruchnahme aller Formen von professioneller Unterstützung. Auf der Ebene der Prädiktoren einer tatsächlichen Inanspruchnahme ist die Problemerkennung durch die Eltern hervorzuheben. Kindbezogene Prädiktoren, wie eine höhere Intensität der vorliegenden Psychopathologie, höheres Alter, eine Entwicklungsverzögerung sowie das Vorliegen einer ‚externen‘ Diagnose, beeinflussen die Inanspruchnahme ebenso wie elternbezogene Faktoren wie eigene Erfahrungen mit Inanspruchnahme von professioneller Hilfe wegen psychischer Schwierigkeiten und eigeKindheit und Entwicklung (2019), 28 (1), 33–45

ne erhöhte Psychopathologie. Ein weiterer Prädiktor ist das Vorliegen familiärer Konflikte. Die Problemwahrnehmung der Fachkräfte in der Kindertagesbetreuung zeigte sich in einer Studie als ein signifikanter Prädiktor für die spätere Inanspruchnahme (Wichstrøm et al., 2014). In weiteren Studien wurden Prädiktoren erfasst, die sich auf die Problemerkennung beziehen, die nicht zwangsläufig eine Inanspruchnahme nach sich zieht. Hierbei zeigten sich kindbezogene Faktoren, wie erhöhte kindliche Psychopathologie, Entwicklungsverzögerung und höheres Alter, ebenso wie elternbezogene Faktoren wie u. a. Bildungsniveau als Prädiktoren der Problemerkennung. In den Studien, die Aspekte wie die Motivation zu einer zukünftigen möglichen Inanspruchnahme messen, zeigten sich positive Einstellungen sowie positive subjektive Normen als Prädiktoren der Motivation der Inanspruchnahme; diese wiederum scheinen die Problemerkennung zu beeinflussen. Als subjektive Barrieren wurden neben den wenig überraschenden strukturellen Barrieren, wie der Entfer© 2019 Hogrefe Verlag


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nung zum Behandlungsort sowie Kosten der Behandlung, deren Nennung durch die Durchführung der meisten Studien in den USA erklärbar wird, in denen das Gesundheitssystem je nach Versicherungsstatus kostenpflichtig ist, auch hinderliche Überzeugungen von den Eltern benannt. So gaben sie als Barrieren für eine Inanspruchnahme die Überzeugung an, Probleme würden von selbst verschwinden, oder eine Behandlung wäre ohnehin nicht hilfreich. Auch mangelndes Wissen über Hilfsangebote wurde benannt. Insgesamt haben Eltern teilweise Vorbehalte gegenüber professioneller Unterstützung bei psychischen Problemen im Vorschulalter (Alexander, Brijnath & Mazza, 2013); und es existieren meist mehrere Barrieren (Pavuluri et al., 1996). Aufbauend auf diesen Ergebnissen sowie den in einigen der Studien berechneten Pfadmodelle wurde ein bestehendes Modell der Inanspruchnahme von Godoy und Carter (2013) angepasst und weiterentwickelt (s. Abb. 2). Das Modell geht davon aus, dass verschiedene äußere Faktoren auf die Bewertungsprozesse der Eltern einwirken, die die Motivation der Eltern zur Problemerkennung beeinflussen. Ist das Problem durch die Eltern erkannt, erfolgen, jeweils wiederum beeinflusst durch äußere Faktoren und Motivation, Entscheidungsprozesse darüber, ob und welche Hilfe in Anspruch genommen werden soll. Unter günstigen Bedingungen erfolgt dann eine Inanspruchnahme von professioneller Unterstützung. Es ist davon auszugehen, dass die unterschiedlichen Phasen nicht hierarchisch aufeinander folgen, sondern sich dynamisch gegenseitig beeinflussen.

Schlussfolgerungen für die klinische Praxis Es wird deutlich, dass der Prozess der Inanspruchnahme multifaktoriell beeinflusst wird und dabei ähnliche Faktoren wie bei älteren Kindern eine Rolle spielen, jedoch sind andere Schwerpunkte zu erkennen. Ein zentraler Prädiktor von Inanspruchnahme im Kindergartenalter ist die Problemerkennung durch die Eltern. Es ist auffällig, dass ein höheres Alter der Kinder die Wahrscheinlichkeit einer Inanspruchnahme erhöht, die offenbar stark beeinflusst wird durch die Einstellungen im Sinne von Vorbehalten bzw. positiven Einschätzungen, sowie den persönlichen Erfahrungen der Eltern. Offensichtlich setzt sich bei den Eltern erst mit zunehmendem Alter der Kinder die Erkenntnis durch, dass sich bestehende Verhaltensprobleme nicht von alleine lösen, und eine Behandlung hilfreich sein könnte. Möglicherweise ist es auch das Näherrücken des Schuleintritts, bei dem auch leistungsbezogene Ansprüche an die Kinder gestellt werden, das ein Handeln begünstigt. Aufgrund dieser elternbezogenen © 2019 Hogrefe Verlag

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Dynamik, die eine frühe Inanspruchnahme teilweise zu verhindern scheint, wäre es dringend erforderlich, die Rolle der pädagogischen Fachkräfte in dem Prozess der Problemerkennung und möglichen Inanspruchnahme zu untersuchen und gegebenenfalls zu stärken. Um eine höhere Quote der Inanspruchnahme bei psychischen Auffälligkeiten im Kindergartenalter zu erreichen und den latenten Bedarf zu reduzieren, sollte ergänzend die Information und Aufklärung von Eltern weiter gefördert werden, um die Notwendigkeit rechtzeitiger Unterstützung zu verdeutlichen. Zudem könnten nach wie vor niedrigschwellige Unterstützungsmöglichkeiten ausgebaut werden. Kindertageseinrichtungen würden hier ebenfalls einen Ansatzpunkt bieten. Ein sensibles Vorgehen ist beim Umgang mit psychischen Auffälligkeiten im frühen Kindesalter notwendig. Es darf keine Pathologisierung stattfinden, die zu einer Stigmatisierung der Kinder führen könnte. Dass ebendiese viele Eltern befürchten, ist einer der Gründe für die niedrigen Inanspruchnahmequoten.

Limitationen Die Anzahl der Studien, die sich auf Prädiktoren von Inanspruchnahme im Kindergartenalter beziehen, ist beschränkt. Die Studiendesigns und die Qualität der einbezogenen Studien sind sehr heterogen, was eine zusammenfassende Darstellung erschwert. So wurde Inanspruchnahme unterschiedlich definiert, und teilweise, wenn zum Beispiel die Prädiktoren der Einstellung der Eltern gegenüber einer möglichen Inanspruchnahme erhoben wurden, die tatsächliche Inanspruchnahme nicht berichtet. Dringend sollten häufiger, trotz des größeren Aufwands, mehrere Informationsquellen einbezogen werden, also ein multimodales Vorgehen gewählt werden, da sich die Wahrnehmung von Fachkräften und Eltern stark unterscheidet und das elterliche Urteil sich, abhängig von Faktoren wie der elterlichen Belastung, auch vom klinischen Urteil stark unterscheidet (Irlbauer-Müller, Eichler, Stemmler, Moll & Kratz, 2016). In den bisherigen Studien bildet die Einschätzung der Eltern meist die einzige Datenbasis. Es wurden nur in drei Studien pädagogische Fachkräfte zu ihrer Einschätzung befragt, eine klinische Einschätzung wurde ebenfalls nur in drei Studien erhoben. Auch sollte untersucht werden, welche Faktoren das Urteil der weiteren Akteure beeinflussen. Dies muss jedoch behutsam geschehen, da das Thema auch Gefahren für die Erziehungspartnerschaft zwischen Eltern und Fachkräften beinhaltet (Peitz, 2004). Weiterhin wäre es notwendig, Studien in Deutschland durchzuführen, da zu erwarten ist, dass sich die strukturellen Rahmenbedingungen sowie kulturell geprägten Kindheit und Entwicklung (2019), 28 (1), 33–45


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Einstellungen ebenfalls auf die Inanspruchnahme auswirken. Dies lässt sich aktuell empirisch nicht überprüfen. Ein gemeinsamer theoretischer Rahmen wäre zudem wünschenswert: Aspekte, die in einigen Studien signifikante Prädiktoren waren, wurden in anderen Studien nicht erhoben. Bei quantitativen Studien wäre zudem die Verwendung standardisierter und normierter Erhebungsverfahren notwendig, um eine Vergleichbarkeit zu gewährleisten. Hochwertige qualitative Studien könnten das Verständnis des Prozesses, der zu einer Inanspruchnahme führt, verbessern. Auch die stärkere Betonung von Längsschnittdesigns zur Überprüfung von Prädiktoren wäre für eine weitere empirische Absicherung wünschenswert.

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Ulrike Petermann

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Förderung Der Artikel ist entstanden im Rahmen des Kooperativen Promotionskollegs „Versorgungsforschung: Collaborative Care“ (gefördert durch das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg).

Dipl. Psych. Rieke Hoffer Prof. Dr. Klaus Fröhlich-Gildhoff Zentrum für Kinder- und Jugendforschung an der Evangelischen Hochschule Freiburg Bugginger Straße 38 79102 Freiburg Rieke.hoffer@eh-freiburg.de

Die Entspannungsgeschichten zielen darauf ab, Kindern Strategien zur Selbstberuhigung und Entspannung zu vermitteln, die sie selbstständig in schwierigen Alltagssituationen anwenden können. Sie sind für Kinder im Alter von etwa fünf bis zwölf Jahren konzipiert und eignen sich sowohl zum Vorlesen als auch zum selbstständigen Lesen. Leitfigur ist Kapitän Nemo, der die Kinder zu Reisen durch die Weltmeere mit dem Unterwasserboot Nautilus einlädt.

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Studie

Kindliche Selbst- und elterliche Ko-Regulation parallel erfassen Der IMMA 1 – 6 (IMpuls-MAnagement) Fragebogen für 1- bis 6-Jährige Sabina Pauen1, Constanze Anna Strodthoff2 und Sabrina Bechtel-Kühne1 1

Abteilung für Entwicklungs- und Biologische Psychologie, Psychologisches Institut, Universität Heidelberg

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Institut für Bildungswissenschaft, Universität Heidelberg Zusammenfassung: Im Umgang mit eigenen Impulsen sind Kinder zunächst auf ihre Bezugspersonen angewiesen, lernen aber schon bald, sich auch selbst zu regulieren. Im Artikel wird diskutiert, welche Faktoren dieses Entwicklungsgeschehen beeinflussen. Dabei ist es wichtig, das Verhalten von Eltern und Kindern parallel in den Blick zu nehmen. Wir stellen einen neuen Fragebogen zur Erfassung des IMpulsMAnagements zwischen Bezugsperson und Kind vor, der für 1- bis 6-Jährige konzipiert wurde (IMMA 1 – 6). Hier macht die Bezugsperson Angaben über ihre Vorstellungen und Ziele zur kindlichen Selbstregulation (n = 16 Items), das selbstregulative Verhalten des Kindes (n = 42 Items) sowie das eigene Erziehungsverhalten (n = 55 Items) beim kindlichen Umgang mit Ziel-Frustration, Verboten und Erwartungen. Eine testtheoretische Überprüfung des Instrumentes an N = 270 Eltern-Kind Dyaden lieferte ermutigende Befunde: Sie dokumentiert gute Skalen- bzw. Item-Kennwerte. Implikationen für Forschung und Praxis werden diskutiert. Schlüsselwörter: Selbstregulation, Ko-Regulation, Eltern-Kind-Beziehung, Erziehung, Temperament

Parallel Assessment of Children’s Self-Regulation and Caregivers’ Coregulation: The IMMA (IMpulse-MAnagement) Questionnaire for 1 – 6-Year-Olds Abstract: Whereas newborns largely depend upon their caregivers when trying to regulate their inner states, parental coregulation gradually decreases until school age. Existing work reveals that social-interactive processes influence this development, thus pointing to the need for a better understanding of the interplay between parental coregulation and children’s self-regulation throughout early childhood. Diagnostic instruments assessing the behavior of both parties in everyday situations are still missing, however. IMMA (IMpulse-MAnagement) 1 – 6, a new questionnaire to measure impulse management in the caregiver–child dyad (child age: 1 – 6 years) provides an exception. This inventory consists of three main parts: In Part 1, caregivers take the age of the given child as reference point for evaluating beliefs and goals regarding self-regulation skills when children (a) fail to achieve a self-set goal, (b) need to respond to external demands, and (c) face prohibitions. In Part 2, caregivers describe typical responses of the child handling the aforementioned situations (a–c). In Part 3, caregivers report their own responses to the child’s behavior. Using data from 270 caregiver–child dyads, we tested the psychometric quality of IMMA 1 – 6. Findings largely replicated the factor structure documented for the original IMMA 1 – 6 version: For Part 1 (n = 16 items), we identified three main factors: caregivers’ beliefs and goals regarding children’s responses when dealing with situations involving (a) goal frustration, (b) external demands, and (c) external prohibitions. For Part 2 (n = 42 items), we found eight factors: Referring to situations of type (a), we found (1) endurance, and (2) expression of negative emotions / aggression. Six factors refer to situations of type (b) and/or (c) describing the child’s response to external demand and prohibitions as follows: (1) immediate acceptance, (2) attempts to negotiate, (3) obedience following verbal pressure to meet external demands and (4) to respect prohibitions, (5) evasiveness/ignorance, (6) and obedience in the light of physical pressure. For Part 3 (n = 55 items), we identified seven factors: Two involve caregivers’ use of positive reinforcement: (1) rewarding, and (2) praising. Two factors describe attempts to consider the child’s will: (3) giving in and (4) negotiating/discussing. Another two factors target attempts to change of the child’s mental state: (5) distraction and (6) call for self-regulation; one factor aims at the forced implementation of the caregivers’ will: (7) negative pressure. All scales reveal very good internal consistencies and item characteristics as well as plausible inter-correlations. In sum, IMMA 1 – 6 provides a promising new instrument for assess coregulation and self-regulation in the caregiver–child dyad. Its potential use for research as well as for practical applications is discussed. Keywords: self-regulation, coregulation, caregiver–child dyad, parenting, temperament

Die Fähigkeit, eigene Zustände selbst steuern zu können, wird von Psychologen als Selbstregulation (SR) bezeichnet. Sie stellt eine wichtige Voraussetzung für adaptives VerKindheit und Entwicklung (2019), 28 (1), 46–58 https://doi.org/10.1026/0942-5403/a000270

halten dar. In der Literatur werden mehrere Aspekte der SR unterschieden. Dazu gehören u. a. die Emotionsregulation (zur Steuerung der eigenen Gefühle), die Impulskon© 2019 Hogrefe Verlag


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trolle (zur Steuerung eigener motivationaler und intentionaler Zustände) und kognitive Kontrollprozesse oder Exekutive Funktionen, EF (zur Steuerung eigener Gedanken). Einen aktuellen Überblick zur Dimensionalität von SR liefert Nigg (2017). EF beschreiben laut Miyake et al. (2000) eine hierarchisch organisierte Sammlung geistiger Basiskompetenzen, bestehend aus Arbeitsgedächtnis, Inhibition und kognitiver Flexibilität, die auch an der Steuerung emotionaler und motivational/intentionaler Prozesse beteiligt sind. Obwohl EF-Teilkomponenten gewisse Überschneidungen mit dem Konstrukt der Intelligenz aufweisen, sind sie nicht damit gleichzusetzen, weil sie jeweils unabhängige Anteile von Varianz menschlichen Verhaltens aufklären (Friedman et al., 2006). Selbstregulative Fähigkeiten unterliegen im Verlauf der ersten Lebensjahre deutlichen Veränderungen, wie Studien unter Verwendung standardisierter Verhaltensparadigmen für Säuglinge und Kleinkinder (Johansson, Marciszko, Brocki & Bohlin, 2015) bzw. Kindergarten und Vorschulkinder (z. B. Garon, Smith & Bryson, 2014) belegen. Daher zeigen vor allem jüngere Kinder auf der Verhaltensebene im allgemeinen noch keine gute Selbstkontrolle: Sie haben ihre Gefühle üblicherweise noch nicht richtig im Griff, können unmittelbare Handlungsimpulse nur schwer zurückhalten und reagieren allgemein eher spontan als überlegt. Jene von ihnen, denen es aber schon vergleichsweise früh gelingt, selbstkontrolliert zu handeln, erreichen später im Durchschnitt bessere Schulnoten (Best, Miller & Naglieri, 2011; Neuenschwander, Röthlisberger, Cimeli & Roebers, 2012; Valiente, Eisenberg, Spinrad, Haugen & Marilyn, 2013) und sind auch darüber hinaus kognitiv leistungsfähiger (z. B. Richland & Burchinal, 2013). Weiterhin zeigen sie im Mittel eine höhere Sozialkompetenz (z. B. Eisenberg, Smith & Spinrad, 2011) und weniger externalisierendes Verhalten (z. B. Perry, Calkins, Dollar, Keane & Shanahan, 2018). Als Erwachsene leben sie im Durchschnitt gesünder, erreichen höhere Ausbildungsabschlüsse, verdienen mehr und geraten seltener mit dem Gesetz in Konflikt (Moffitt et al., 2011). Empirische Nachweise dieser Zusammenhänge können sich auf umfangreiche und gut geplante Längsschnittstudien berufen. Eine der bekanntesten Studien dieser Art ist die Dunedin-Studie (s. Kasten 1).

Kasten 1. Dunedin-Studie

Im Jahr 1975 wurden in Neuseeland N = 1037 Dreijährige und ihre Familien als repräsentative Stichprobe für eine umfangreiche Längsschnittstudie rekrutiert. Seit dieser Zeit werden die Personen jährlich zu ausführlichen Untersuchungen eingeladen, die sich auf verschiedenste Le-

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bensbereiche (z. B. Gesundheit, Bildung, Soziale Beziehungen, Finanzplanung) und unterschiedlichste Datenquellen (Fragebögen, Interviews, Tests, Verhaltensbeurteilungen, Auskünfte von Institutionen) beziehen. Das Besondere an dieser Studie ist, dass es bislang kaum Dropouts gab. Im Alter von 3, 5, 7 und 9 Jahren wurde für jedes Kind über ein 5-stufiges Rating die Fähigkeit zur Selbstkontrolle erfasst, wobei sich die Messung auf objektive Testdaten (Delay of Gratification Task), Beobachtungen während der Testung sowie Auskünfte von Eltern und pädagogischen Fachkräften stützte. Der so ermittelte Selbstkontrollwert sagte das Gesundheitsverhalten (Umgang mit Drogen), die finanzielle Situation (Vorsorge, Einkommen), Aspekte sozialer Beziehungen (Status als Alleinerziehende) sowie Konflikte mit dem Gesetz (Kriminalität) im Alter von 34 Jahren vorher und klärte über den sozio-ökonomischen Status der Herkunftsfamilie und die Intelligenz hinaus bedeutsame Anteile der Kriteriumsvarianz auf (N = 1014). Auch wenn nur die Daten von 3-Jährigen zur Vorhersage herangezogen wurden, blieben die entsprechenden Effekte nachweisbar. Folglich dokumentiert die Dunedin-Studie eindrucksvoll die große Bedeutung frühkindlicher Selbstkontrolle für das spätere Leben (vgl. Moffitt et al., 2011).

Angesichts weitreichender Konsequenzen einer positiven Entwicklung der SR in den ersten Lebensjahren scheint es dringend geboten, mehr über die Entstehung entsprechender Fähigkeiten in der frühen Kindheit zu erfahren. Erst wenn wir besser verstehen, in welchem Alter Kinder lernen, ihr Verhalten selbst zu steuern und wie sich entsprechende Kompetenzen durch das Ko-Regulationsverhalten von Erwachsenen gezielt fördern lassen, kann die Entstehung von Problemverhalten reduziert und das Kind effektiv darin unterstützt werden, seine Entwicklungspotentiale besser zu entfalten. Wie bereits eingangs erwähnt, sind gerade sehr junge Kinder zunächst auf die Unterstützung von Bezugspersonen angewiesen, wenn es um die Regulation eigener körperlicher Zustände (z. B. Müdigkeit, Schmerz), mentaler Prozesse (Aufmerksamkeit, Gedanken, Gefühle oder Intentionen) und die Kontrolle des eigenen Verhaltens geht. Allgemein ist Ko-Regulation definiert als ein sozialer Prozess, bei dem Individuen ihre Handlungen dynamisch aufeinander abstimmen (Fogel, 1993; Pauen & the EDOS Group, 2016). Im Unterschied dazu betont der Begriff Erziehung das Bemühen einer Partei (i. d. R. des Erwachsenen), das Verhalten der anderen Partei (i. d. R. des Kindes) so zu verändern, dass es bestimmten Vorstellungen und Normen entspricht. Klassische Alltagssituationen, in denen das Kind an die Grenzen seiner Selbstregulation stößt (z. B. weil es ein Ziel nicht erreicht, auf Anweisungen seiner Bezugsperson reagieren muss oder ein Verbot beachten soll), sind dabei von besonderem Interesse, weil es Kindheit und Entwicklung (2019), 28 (1), 46–58


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hier um das Impuls-Management in der BezugspersonKind Dyade geht. Ko-Regulation und Erziehung sind daran gleichermaßen beteiligt und lassen sich häufig nicht eindeutig trennen.

Einflüsse des Verhaltens von Bezugspersonen auf die Selbstregulationsentwicklung Vor allem sehr frühe Interaktionen zwischen Bezugsperson und Kind scheinen bedeutsam für die weitere Entwicklung der SR des Kindes zu sein (z. B. Fay-Stammbach, Hawes & Meredith, 2014; Karreman, van Tuijl, van Aken & Dekovic, 2008). Teilweise übernehmen Kinder die Regulationsstrategien, die sie durch Bezugspersonen erfahren (Holodynski & Friedlmeier, 2006; Otterpohl, Imort, Lohaus & Heinrichs, 2012) oder bei ihnen beobachten (Gunzenhauser, Fäsche, Friedlmeier & von Suchodoletz, 2014; Morris, Silk, Steinberg, Myers & Robinson, 2007). In verschiedenen Längsschnittstudien erwies sich ko-regulatives Verhalten wichtiger Bezugspersonen in der frühen Kindheit als signifikanter Prädiktoren für eine positive SR-Entwicklung (z. B. Bernier, Carlson & Whipple, 2010: Erhebungen mit 12 – 15, sowie 18 und 26 Monaten; Cuevas et al., 2014: Erhebungen jährlich bei Kindern von 1 bis 4 Jahren; Hammond, Müller, Carpendale, Bibok & Liebermann-Finestone, 2012: Erhebungen mit 2, 3 und 4 Jahren). Auch eine neuere Meta-Analyse bestätigt den positiven Einfluss elterlicher Unterstützung, Wärme und Sensitivität auf das selbstregulative Verhalten von Kindern im Alter bis acht Jahre (Valcan, Davis & Pino-Pasternak, 2017). Wie die gleiche Studie zeigt, scheint sich negatives Elternverhalten (z. B. negativer Affekt, Intrusivität, Zurückweisung, Feindseligkeit und negative Kontrolle) dagegen ungünstig auszuwirken. Ulrich und Petermann (2017) dokumentieren in einem Überblicksartikel zudem, dass elterliche Emotionsdysregulation einen maßgeblichen Risikofaktor für die kindliche Entwicklung darstellt. Insgesamt spricht also vieles dafür, dass das Verhalten von Bezugspersonen die Entwicklung der SR beim Kind nachhaltig beeinflusst. Gleichzeitig ist Ko-Regulation ein bi-direktionaler Vorgang und damit nicht unabhängig von Eigenschaften und Verhaltensweisen des Kindes.

Kindliches Temperament und elterliches Erziehungsverhalten Laut Thomas und Chess (1977) gibt es angeborene Temperamentsunterschiede, die erklären, warum manche Säuglinge zumeist positiv gestimmt sind, sich gut konKindheit und Entwicklung (2019), 28 (1), 46–58

zentrieren und ohne Probleme an neue Umgebungen anpassen können, während andere viel weinen, leicht irritierbar sind oder sich rasch ablenken lassen. Sofern mit angeborenen Temperamentseigenschaften EF wie Inhibition und kognitive Flexibilität gemeint sind, spricht man auch von Effortful Control (Rothbart & Bates, 2006). Eigenschaften des Temperaments können das ko-regulative Verhalten von Bezugspersonen nachhaltig beeinflussen, wie eine Übersichtsarbeit von Kiss, Fechete, Pop und Susa (2014) belegt. Beispielsweise werden Eltern mit einem Kind, das schnell irritierbar und kognitiv wenig flexibel ist, anders umgehen als mit einem Kind, das in der Regel fröhlich ist und flexibel reagiert. Leicht können negative Ko-Regulationszyklen im Interaktionsgeschehen zwischen Kind und Bezugsperson entstehen, wenn das Kind ein schwieriges Temperament aufweist und seine Eltern besonders belastet sind oder selbst unzureichende SRKompetenzen aufweisen (Laukkanen, Ojansuu, Tolvanen, Alatupa & Aunola, 2014; Papoušek, Schieche & Wurmser, 2004). Das zeigt sich insbesondere, wenn es um den Umgang mit Impulsen oder Interessenkonflikten geht. Erwähnenswert scheint zudem, dass offenbar nicht alle Kinder vergleichbar sensitiv für das Verhalten ihrer Bezugspersonen sind. Wie Slagt, Dubas, Deković und van Aken (2016) im Rahmen einer Metaanalyse berichten, reagieren Kinder mit einem schwierigen Temperament besonders sensitiv auf negatives und positives Erziehungsverhalten, während sich Kinder mit einem unkomplizierten Temperament durch die Erziehungspraktiken der Bezugspersonen weniger beeinflussen lassen. Schließlich dokumentieren jüngste Studien, dass Kinder mit einem schwierigen Temperament, die zudem aus armen Verhältnissen stammen, hinsichtlich ihrer Entwicklung der SR von positiver Ko-Regulation durch wichtige Bezugspersonen besonders profitieren (Song et al., 2018). Hier wird deutlich, dass Rahmenfaktoren der Entwicklung (im konkreten Fall: sozio-ökonomischer Status) einen moderierenden Einfluss auf die Beziehung zwischen Temperament und Erziehungsverhalten haben. Zusammenfassend halten wir fest, dass sich SR aus verschiedenen Fähigkeiten zusammensetzt, die hoch bedeutsam für den weiteren Lebensweg von Kindern zu sein scheinen und deutlich über das hinausgehen, was mit Intelligenz gemeint ist. Die Entwicklung entsprechender Kompetenzen findet vor allem in der frühen Kindheit statt und wird maßgeblich durch den Umgang von Bezugspersonen mit kindlichen Impulsen geprägt. Wenn wir diese Dynamik besser verstehen, lassen sich daraus Ansatzpunkte für eine positive Beeinflussung der SR-Entwicklung ableiten. Dafür benötigt man Instrumente, die das Verhalten beider Parteien parallel erfassen.

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Selbst- und Ko-Regulation messen Bei der standardisierten Erfassung der kindlichen SR dominieren Paradigmen zur Verhaltensbeobachtung (für einen Überblick zur Emotionsregulation: s. Kullik & Petermann, 2011; zur Erfassung von EF: Garon et al., 2008). Eine ökonomischere und praxistaugliche Alternative bieten Fragebögen. Es gibt bereits Instrumente, mit deren Hilfe die kindliche SR bei Kindern ab dem Schulalter (z. B. FEEL-KJ von Grob & Smolenski, 2005) oder im Kindergartenalter (z. B. VSK von Koglin & Petermann, 2016; CBQ von Rothbart, Ahadi, Hershey & Fisher, 2001) gemessen werden kann. Vor dem dritten Lebensjahr kann auch der BRIEF-P zur Erfassung der EF (Daseking & Petermann, 2013; Gioia, Espy & Isquith, 2003) bei Kindern im Alter von zwei bis sechs Jahren, der ECBQ für Kleinkinder im Alter von 18 bis 36 Monaten (Putnam, Gartstein & Rothbart, 2006) und der Temperamentsbogen IBQ-R für Säuglinge im Alter von drei bis 12 Monaten (Gartstein & Rothbart, 2003; Vonderlin, Ropeter & Pauen, 2012) eingesetzt werden. In allen Fällen handelt es sich um Inventare, die eine verhaltensnahe Beschreibung des kindlichen Verhaltens durch Bezugspersonen (Eltern oder/ und pädagogische Fachkräfte) erlauben. Bislang existiert nach unserer Kenntnis aber noch kein Instrument, das neben dem Verhalten des Kindes parallel auch die KoRegulationsstrategien der Bezugspersonen erfasst. Zwar messen mehrere Fragebögen separat die Erziehungseinstellungen, -ziele, -praktiken und -stile (im Altersbereich bis 6 Jahre z. B. der EFB von Naumann und Kollegen, 2010), lassen den dyadischen Aspekt der Selbst- und KoRegulation im Umgang mit Impulsen zwischen Kind und Bezugsperson jedoch weitgehend unberücksichtigt oder/ und erfassen nicht die Einstellungen und Erziehungsziele der Bezugsperson. Ein solches Inventar, das über die gesamte frühe Kindheit (1 – 6 Jahre) eingesetzt werden kann, wäre nicht nur für die Forschung, sondern auch für die Praxis hilfreich, weil es die Entwicklung von SR als systemisches Geschehen abbilden würde. Der Fragebogen IMpuls-MAnagement in der Bezugsperson-Kind Dyade für 1- bis 6-Jährige (IMMA 1 – 6; Pauen, Hochmuth, Schulz & Bechtel, 2014) soll diese Lücke schließen.

Fragebogenkonstruktion von IMMA 1 – 6 Pauen und Kolleginnen stellten 2014 auf der Basis einer breiten Sichtung vorhandener Fragebogen-Instrumente (s. obige Liste), entwicklungspsychologischer Überlegungen und Auskünften von Eltern und pädagogischen Fachkräften einen Itempool zusammen, der sich an die Bezugsperson des Kindes richtet und drei unterschiedliche Teilbereiche thematisiert. © 2019 Hogrefe Verlag

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In Teil 1 geht auf eigene Vorstellungen und Ziele der Bezugsperson hinsichtlich der SR-Entwicklung des Kindes ein. Die Bezugsperson wird zunächst gebeten, auf einer Skala von 1 bis 6 (1 = trifft überhaupt nicht zu, 6 = trifft voll und ganz zu) anzugeben, wie gut Kinder eines gegebenen Alters (a) bei Nicht-Erreichen eigener Ziele ihre Impulse regulieren, (b) Aufforderungen folgen und (c) Verbote akzeptieren können. Vergleichsmaßstab ist dabei jeweils die Alterskategorie des Kindes, auf das sich die Auskünfte beziehen. Im zweiten Schritt soll die Bezugsperson angeben, wie wichtig es ihrer Einschätzung nach ist, dass Kinder im fraglichen Alter lernen, sich in den Situationen a-c selbst zu regulieren. (Beispiel-Item: „Es ist für mich sehr wichtig, dass das Kind im jetzigen Alter lernt, seinen Willen zu beherrschen.“). Teil 1 ermöglicht es damit festzustellen, ob die Bezugsperson eine realistische, eine zu hohe oder eine zu niedrige Vorstellung von/Erwartung an die Fähigkeiten von Kindern im interessierenden Alter hat. Teil 2 und 3 des IMMA 1 – 6 beschäftigen sich mit typischen Alltagssituationen, in denen das Kind in seinen SRKompetenzen gefordert ist. In Teil 2 beschreiben die Bezugspersonen, wie sich das Kind verhält, wenn es ein selbst gestecktes Ziel nicht erreicht oder sich mit einem externen Verbot bzw. einer externen Erwartung konfrontiert sieht. Dabei werden unterschiedliche Reaktionsformen benannt, die von folgsamem Verhalten, über Widerstände zeigen, bis hin zu negativen Gefühlsäußerungen in jeweils abgestufter Intensität reichen. Die Bezugsperson gibt auf einer Skala von 1 (nie) bis 6 (immer) an, wie häufig das Kind entsprechend reagiert. (Beispiel-Item: Auf die Frage „Was macht das Kind, wenn Sie es auffordern, etwas Bestimmtes zu tun?“ lautet eine Alternativ-Antwort: „Es folgt meiner Aufforderung erst, wenn ich laut schimpfe.“). In Teil 3 soll die Bezugsperson ankreuzen, wie häufig (1 = nie bis 6 = immer) sie bestimmte Maßnahmen ergreift (z. B. positive Verstärkung verwendet, auf das Kind eingeht, Forderung mit verbalem oder physischem Nachdruck durchsetzt), wenn sich das Kind in der zuvor beschriebenen Weise verhält. Im Zentrum steht hier das koregulative Verhalten der Bezugsperson. (Beispiel-Item: Auf die Frage „Was macht das Kind, wenn Sie ihm etwas Bestimmtes verbieten?“ lautet eine Alternativ-Antwort: „Es fängt an zu diskutieren, um zu erreichen, dass ich das Verbot aufhebe.“). Diese erste Version von IMMA 1 – 6 wurde an einer Stichprobe von N = 132 Kindern im Alter von ein bis sechs Jahren erprobt (Bechtel-Kuehne, Strodthoff & Pauen, 2016). Die Veränderungen der Mittelwerte mit dem Alter der Kinder und die Inter-Korrelationen zwischen kindlichen Verhaltensweisen und elterlichen Ko-Regulationsstrategien stimmten weitgehend mit den Annahmen aus Kindheit und Entwicklung (2019), 28 (1), 46–58


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der bestehenden Literatur überein. Angesichts dieser positiven Vorbefunde soll das Instrument nun testtheoretisch an einer größeren Stichprobe überprüft und optimiert werden. Dafür wurde zunächst der Itempool für Teil 2 (Verhalten des Kindes) und Teil 3 (Elterliches KoRegulationsverhalten) anhand der bereits identifizierten Dimensionen erweitert, um mehr Spielraum für eine spätere Item-Selektion zu gewinnen. Das genaue Vorgehen wird nachfolgend beschrieben.

Methoden Stichprobe und Studienablauf Fachkräfte aus zehn Kindertagesstätten einer mittelgroßen südwestdeutschen Stadt baten N = 327 Eltern von Kindern im Alter zwischen ein und sechs Jahren, IMMA 1 – 6 auszufüllen. Ein Teil der Fragebögen wurde nicht für weitere Analysen verwendet, weil die Eltern die Instruktion nicht richtig befolgt oder Teile unvollständig ausgefüllt hatten (n = 28), weil beim Kind medizinische Risikofaktoren (z. B. Frühgeburtlichkeit) oder Behinderungen vorlagen (n = 23), der Bogen von anderen Personen als den Eltern ausgefüllt wurde (n = 2), die Personen unzureichende Deutschkenntnisse zeigten (n = 3) oder die Mutter unter Depressionen litt (n = 1). Bei den unvollständig oder falsch ausgefüllten Fragebögen ergaben sich keine Anhaltspunkte für selektive Ausfälle. Die finale Stichprobe umfasste N = 270 Fragebögen, die sich auf 136 männliche und 134 weibliche gesunde Kinder bezogen. Die Altersgruppen zwischen ein und fünf Jahre waren jeweils gut und etwa gleich stark vertreten (41 < n < 58), während Sechsjährige etwas seltener vorkamen (n = 13). Die Unterlagen wurden zu 85 % von den Müttern der Kinder (Durchschnittsalter M = 34.9 SD = 5.3) ausgefüllt, in 15 % der Fälle von den Vätern (Durchschnittsalter M = 40.4 SD = 5.8). In zwei Fällen fehlten die Geschlechtsangaben. Aufgrund der großen Unterschiede im Stichprobenumfang beider Teilgruppen und der geringen deskriptiv erkennbaren Gruppen-Differenzen wurde auf einen statistischen Geschlechter-Vergleich verzichtet. In 264 Fällen lagen Angaben zum Bildungsabschluss vor. Sechs Befragte gaben zu diesem Punkt keine Auskünfte. Von den verbliebenen Personen hatten 91 % Abitur, 8 % einen Abschluss der Mittleren Reife und 1 % hatte die Hauptschule besucht. Es handelt sich damit um eine Stichprobe mit deutlich gehobenem Bildungsniveau. Das gilt sowohl für die Mütter als auch für die Väter, deren Daten analysiert wurden. Kindheit und Entwicklung (2019), 28 (1), 46–58

Statistische Analysen Die Extraktion der Faktoren (Hauptachsenanalyse, oblique Rotation) erfolgte für jeden Teil (1 – 3) getrennt nach dem Kaiser-Kriterium (Eigenwerte > 1; Kaiser, 1960). Weiterhin wurde der Screeplot berücksichtigt und auf die inhaltliche Deutbarkeit der resultierenden Faktoren geachtet. Im nächsten Schritt wurden die Reliabilitäten aller Skalenmittelwerte (Cronbachs α) geschätzt und die Interkorrelationen der Skalen ermittelt. Sämtliche Items für Teil 1 und Teil 2 wiesen gute Kennwerte auf und wurden vergleichbaren Skalen zugeordnet wie in der Originalversion. Auch für Teil 3 ließ sich die bisherige Skalenstruktur weitgehend replizieren (eine detaillierte Beschreibung folgt im Ergebnisteil). Vier Items hatten zu geringe Faktorladungen (< .30), zwei Items waren keinem Faktor eindeutig zuzuordnen und 12 Items erwiesen sich als extrem schwierig oder zu wenig trennscharf. Ein Item passte inhaltlich nicht zu der Skala, auf der es die höchste Ladung aufwies. Da von vornherein geplant war, den Skalenumfang wieder zu reduzieren, wurden die betreffenden Items ausgeschlossen (siehe Tab. 1). Mit dem so bereinigten Itempool von n = 36 Items für Teil 3 wurde anschließend nochmals eine explorative Hauptachsenanalyse mit obliquer Rotation durchgeführt und in derselben Weise ausgewertet wie zuvor.

Ergebnisse Teil 1: Vorstellungen und Ziele zur Selbstregulation des Kindes Die gewählte 3-Faktoren-Lösung erklärte 71 % der Gesamtvarianz. Dabei wurde zwischen Vorstellungen und Zielen zur internen Selbstregulation (Faktor 2 : 6 Items; 14,1 %), Vorstellungen zum Umgang mit externen Anforderungen (Faktor 3: 5 Items; 8,9 %) und Zielen zum kindlichen Umgang mit externen Anforderungen (Faktor 1: 5 Items; 48.5 %) differenziert. In der Vorläuferstudie von BechtelKuehne et al. (2016) luden Vorstellungen und Ziele zum Umgang mit externen Anforderungen auf separaten Faktoren, die jedoch hoch korrelierten. Insgesamt ergaben sich damit keine inhaltlich bedeutsamen Unterschiede bezüglich der dimensionalen Struktur. Tabelle 2a dokumentiert die Faktorladungen sowie die Item-Kennwerte für den vorliegenden Datensatz. Wie ersichtlich liegen die Mittelwerte der Items mit 3 < Mitem < 5 eher im mittleren bis hohen Bereich. Die Trennschärfen können mit .65 < rit < .80 als gut bis sehr gut bezeichnet werden. Für die einzelnen Skalen wurden sehr gute bis exzellente Re© 2019 Hogrefe Verlag


S. Pauen et al., Kindliche Selbst- und elterliche Ko-Regulation parallel erfassen

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Tabelle 1. Items, die nach der ersten Hautpachsenanalyse ausgeschlossenen wurden (inkl. Begründung für ihren Ausschluss) Wortlaut

Ausschlussgrund

Wenn das Kind sich über meine Anweisungen aufregt, nehme ich dem Kind etwas weg, das es mag.

zu geringe Ladung (<.30)

Wenn mein Kind frustriert ist, weil etwas nicht so klappt, wie es gerne möchte, zeige ich ihm mein Mitgefühl.

zu geringe Ladung (<.30)

Wenn mein Kind frustriert ist, weil etwas nicht so klappt, wie es gerne möchte, versuche ich es zu beruhigen.

zu geringe Ladung (<.30)

Wenn das Kind sich über meine Anweisungen aufregt, helfe ich ihm, meine Anweisung umzusetzen.

keine eindeutige Zuordnung

Wenn mein Kind nicht tut, was ich verlange, ziehe ich mich zurück

zu schwieriges Item

Wenn mein Kind nicht tut, was ich verlange, verzichte ich auf meine Forderung.

zu schwieriges Item

Wenn mein Kind frustriert ist, weil etwas nicht so klappt, wie es gerne möchte, fordere ich es auf, seine Gefühle zuzulassen.

zu geringe Trennschärfe

Wenn mein Kind frustriert ist, weil etwas nicht so klappt, wie es gerne möchte, verbiete ich ihm, auszuflippen.

zu schwieriges Item

Wenn das Kind sich über meine Anweisungen aufregt, versuche ich, das Kind abzuregen.

zu geringe Trennschärfe

Wenn mein Kind nicht tut, was ich verlange, versuche ich zu verstehen, warum sich mein Kind weigert.

inhaltliche Gründe

Wenn das Kind sich über meine Anweisungen aufregt, zeige ich dem Kind mein Verständnis.

zu geringe Trennschärfe

Wenn das Kind sich über meine Anweisungen aufregt, versuche ich, es zu motivieren.

zu geringe Trennschärfe

Wenn mein Kind frustriert ist, weil etwas nicht so klappt, wie es gerne möchte, ermutige ich es, es weiter zu probieren.

keine eindeutige Zuordnung

Wenn mein Kind frustriert ist, weil etwas nicht so klappt, wie es gerne möchte, helfe ich ihm, sein Ziel doch noch zu erreichen.

zu geringe Trennschärfe

Wenn mein Kind tut, was ich von ihm verlange, bedanke ich mich dafür.

zu niedrige Schwierigkeit

Wenn mein Kind tut, was ich von ihm verlange, sage ich ihm, dass es das toll gemacht hat.

zu niedrige Schwierigkeit

Wenn mein Kind tut, was ich von ihm verlange, bekommt es etwas Süßes zum Dank.

zu schwieriges Item

Wenn mein Kind nicht tut, was ich verlange, verspreche ich ihm etwas Süßes, falls es brav ist.

zu schwieriges Item

Wenn mein Kind nicht tut, was ich verlange, gebe ich dem Kind einen Klaps.

zu geringe Ladung (<.30)

liabilitäten ermittelt (.87 < α <.91). Die Skalen-Inter-Korrelationsmatrix wird in Tabelle 2b dargestellt.

Teil 2: Verhalten des Kindes in Situationen, die Selbstregulation erfordern Hier konnten mit der gewählten 8-Faktorenlösung insgesamt 71 % der Gesamtvarianz erklärt werden. Im Umgang mit Situationen, in denen das Kind seine Ziele nicht erreicht, wurde zwischen Hartnäckigkeit einerseits (Faktor 2 – 6 Items: 10.9 %) und Ausdruck negativer Emotion und Aggression andererseits (Faktor 5 – 6 Items: 6.1 %) unterschieden. Für den Umgang mit externen Verboten und Aufforderungen ergab sich eine Differenzierung zwischen Unmittelbarer Folgsamkeit (Faktor 1: 6 Items; 27.8 %), Verhandlungsversuchen (Faktor 3 : 6 Items; 9.2 %), Befolgen nach verbalem Druck (Faktor 4 – Befolgen nach Aufforderungen: 3 Items; 6.3 %; Faktor 8 – Befolgen nach Verboten: 3 Items; 3.3 %); Ausweichen / Ignoranz (Faktor 6 : 6 Items; 4.1 %) und Befolgen nach körperlichem Druck (Faktor 7 : 6 Items; 3.5 %). Diese Faktorenstruktur ist formal und inhaltlich deckungsgleich mit den acht Dimensionen, die bereits in Vorläuferstudien identifiziert worden waren (Bechtel-Kuehne et. al., 2016). Die Faktorladungen und Kennwerte der Items sind Tabelle 3a zu entnehmen. Die © 2019 Hogrefe Verlag

Mittelwerte der Items lagen mit 2 < M < 4 durchweg im mittleren Bereich. Auch die Trennschärfen erreichten mit .51 < rit < .83 gute Werte. Die internen Konsistenzen fielen ebenfalls gut bis exzellent aus (.74 < α <.94). Tabelle 3b zeigt die Matrix der Skaleninterkorrelationen.

Teil 3: Ko-Regulationsverhalten der Eltern Beim dritten Teil konnte die gewählte 7-faktorielle Lösung 62 % der Gesamtvarianz erklären. Das Ko-Regulationsverhalten von Bezugspersonen umfasste dabei den Einsatz von Verstärkung (Faktor 1 – Belohnungen einsetzen – 4 Items: 16.3 %; Faktor 3 – Soziale Anerkennung geben – 4 Items: 10.9 %), das Eingehen auf kindliche Bedürfnisse (Faktor 2 – Eigenen Anspruch aufgeben / einlenken – 4 Items: 14.2 %; Faktor 4 – Gespräche führen und verhandeln – 5 Items: 6.4 %), Strategien, die sich auf die Selbstregulation des Kindes beziehen (Faktor 6 – Kind ablenken – 4 Items: 4.7 %; Faktor 7 – Kind zur Selbstregulation auffordern – 4 Items: 4.3 %) und Maßnahmen, die sich an der Durchsetzung eigener Positionen orientieren (Faktor 5 – Negativen Druck ausüben – 11 Items: 5.2 %). Auch in diesem Fall stimmten die Dimensionen weitgehend mit denen der Vorläuferstudie (Bechtel-Kuehne et al., 2016) überein, mit zwei Ausnahmen: Der Faktor Kind ablenken war in der Kindheit und Entwicklung (2019), 28 (1), 46–58


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Tabelle 2a. Vorstellungen und Ziele der Bezugsperson zur Selbstregulation des Kindes: Faktorladungen (L), Itemschwierigkeit (P), Mittelwert (M), Standardabweichung (SD) und Trennschärfen (rit) für alle Items sowie interne Konsistenz (Cronbach α) für jede Skala Item

L

P

M

SD

α

rit

Ziele zum Umgang mit externen Anforderungen (Faktor 1)

.90

Es ist für mich sehr wichtig, dass das Kind im jetzigen Alter lernt, Bitten und Aufforderungen anderer Menschen nachzukommen

.78

.73

4.67

1.13

.76

Begrenzungen und Verbote anderer Menschen zu akzeptieren

.79

.77

4.83

1.09

.74

Regeln zu beachten

.74

.79

4.93

1.11

.79

sich anderen Menschen gegenüber rücksichtsvoll zu verhalten

.57

.72

4.61

1.24

.77

anderen Menschen gegenüber höflich zu sein

.49

.65

4.26

1.50

.71

Vorstellungen und Ziele zur internen Selbstregulation (Faktor 2)

.89

Kinder im fraglichen Alter sind in der Lage, ihre Gefühle zu regulieren

.65

.38

2.92

1.08

.65

ihre Bedürfnisse zu kontrollieren

.69

.41

3.03

1.14

.70

ihren Willen zu beherrschen

.63

.40

3.02

1.13

.68

seine Gefühle zu regulieren

.79

.48

3.40

1.33

.70

seine Bedürfnisse zu kontrollieren

.83

.51

3.54

1.29

.77

seinen Willen zu beherrschen

.77

.51

3.56

1.24

.78

Es ist für mich sehr wichtig, dass das Kind im jetzigen Alter lernt,

Vorstellungen zum Umgang mit externen Anforderungen (Faktor 3)

.88

Kinder im fraglichen Alter sind in der Lage, Bitten und Aufforderungen anderer Menschen nachzukommen

.65

.71

4.56

1.04

.71

Begrenzungen und Verbote anderer Menschen zu akzeptieren

.68

.64

4.22

1.13

.74

Regeln zu beachten

.69

.65

4.27

1.14

.80

sich anderen Menschen gegenüber rücksichtsvoll zu verhalten

.61

.54

3.71

1.26

.66

anderen Menschen gegenüber höflich zu sein

.55

.54

3.71

1.43

.70

Tabelle 2b. Skalen-Interkorrelationen von Teil 1 des IMMA 1 – 6 (Vorstellungen und Ziele zur Selbstregulation des Kindes)

(1)

Vorstellungen & Ziele zur internen Selbstregulation

(2)

Vorstellungen zum Umgang mit externen Anforderungen

(3)

Ziele zum Umgang mit externen Anforderungen

(1)

(2)

(3)

1

.50***

.52***

1

.69*** 1

Anmerkungen: Alpha-Niveaus wurden korrigiert nach Bonferroni. *p < .002, ** p < .0004, *** p < .00004

Vorläuferstudie noch nicht als eigenständige Dimension identifiziert worden. Dafür fiel der eher unspezifische Faktor positive Ko-Regulation der Vorläufer-Studie weg, weil die zugehörigen Items mehrheitlich problematische Kennwerte aufwiesen. In Tabelle 4a sind die zugehörigen Faktorladungen und Kennwerte der Items abgebildet. Die Mittelwerte liegen im mittleren bis höheren Bereich (2 < M < 5). Mit .40 < rit < .79 sind die Trennschärfen als akzeptabel bis sehr gut zu bezeichnen. Die internen Konsistenzen waren durchweg gut bis sehr gut (.72 < α < .88). Eine Matrix der Skaleninterkorrelationen findet sich in Tabelle 4b. Kindheit und Entwicklung (2019), 28 (1), 46–58

Diskussion Um das komplexe Interaktionsgeschehen zwischen der Selbstregulation des Kindes und der Ko-Regulation durch Bezugspersonen differenziert und dennoch ökonomisch erfassen zu können, wurde der Fragebogen IMMA 1 – 6 (IMpuls-MAnagement in der Bezugsperson-Kind Dyade für 1- bis 6-Jährige) konzipiert (vgl. Pauen et al., 2014). Die testtheoretische Überprüfung an einer unabhängigen Stichprobe (N = 270) von Eltern mit Kindern im Alter zwischen ein und sechs Jahren lieferte positive Ergebnisse: Die Faktorenstruktur der Vorgängerstudie von Bech© 2019 Hogrefe Verlag


S. Pauen et al., Kindliche Selbst- und elterliche Ko-Regulation parallel erfassen

53

Tabelle 3a. Verhalten des Kindes in Situationen, die Selbstregulation erfordern: Faktorladungen (L), Item-Schwierigkeiten (P), Mittelwerte (M), Standardabweichungen (SD), Trennschärfen (rit) der Items sowie interne Konsistenz (Cronbach α) für alle Skalen Faktor – Item

L

P

M

SD

rit

Unmittelbare Folgsamkeit nach Aufforderungen oder Verboten (Faktor 1)

α .89

Was macht das Kind, wenn Sie es auffordern, etwas Bestimmtes zu tun? Es kommt bereitwillig meiner Bitte nach

.54

.61

4.07

0.80

.62

Es ist es bemüht, meine Forderung gleich zu erfüllen

.50

.54

3.72

0.93

.65

Es folgt sofort und ohne Widerspruch

.60

.46

3.28

1.03

.61

Es akzeptiert mein Verbot ohne Widerworte

.72

.51

3.53

1.20

.75

Es beachtet bereitwillig das Verbot

.69

.52

3.58

1.12

.78

Es folgt dem Verbot ohne Protest

.67

.49

3.47

1.06

.79

Was macht das Kind, wenn Sie ihm etwas Bestimmtes verbieten?

Hartnäckigkeit nach Ziel-Frustration (Faktor 2)

.91

Was macht das Kind, wenn es sich nicht gleich schafft, was es sich vorgenommen hat? Es gibt nach kurzer Zeit auf (umgepolt)

.73

.60

4.00

1.12

.72

Es lässt sein Ziel bald fallen (umgepolt)

.81

.62

4.11

1.06

.79

Es wendet sich rasch etwas anderem zu (umgepolt)

.74

.61

4.05

1.04

.64

Es bleibt motiviert bei der Sache

.76

.58

3.90

1.02

.71

Es probiert hartnäckig, sein Ziel doch noch zu erreichen

.88

.58

3.91

1.04

.83

Es lässt nicht locker

.87

.54

3.71

1.17

.79

Verhandlungswille nach Aufforderungen oder Verboten (Faktor 3)

.93

Was macht das Kind, wenn Sie es auffordern, etwas Bestimmtes zu tun? Es fängt an zu diskutieren, um zu erreichen, dass ich die Forderung fallen lasse

.74

.46

3.32

1.18

.75

Es will mich von etwas anderem überzeugen

.87

.46

3.32

1.19

.83

Es argumentiert dagegen

.89

.46

3.30

1.21

.79

Es fängt an zu diskutieren, um zu erreichen, dass ich das Verbot aufhebe

.82

.44

3.21

1.24

.83

Es bittet und quengelt, dass ich das Verbot zurücknehme

.69

.39

2.95

1.23

.68

Es argumentiert gegen das Verbot

.92

.43

3.13

1.28

.85

Was macht das Kind, wenn Sie ihm etwas Bestimmtes verbieten?

Befolgen von Aufforderungen nach verbalem Druck (Faktor 4)

.75

Was macht das Kind, wenn Sie es auffordern, etwas Bestimmtes zu tun? Es folgt meiner Aufforderung erst, wenn ich laut schimpfe

.38

.39

2.95

0.93

.62

Es folgt meiner Aufforderung erst, wenn ich es streng anschaue

.45

.40

3.00

0.98

.56

Es folgt meiner Aufforderung erst, wenn ich ihm mit unangenehmen Konsequenzen drohe

.51

.37

2.84

1.09

.56

Ausdruck negativer Emotion und Aggression nach Ziel-Frustration (Faktor 5)

.77

Was macht das Kind, wenn es nicht gleich schafft, was es sich vorgenommen hat? Es fängt an zu weinen

.42

.36

2.81

1.16

.33

Es jammert lautstark

.64

.45

3.25

1.28

.51

Es schimpft und meckert

.68

.53

3.65

1.30

.62

Es ärgert sich lautstark

.76

.53

3.65

1.28

.67

Es wird aggressiv gegen Objekte

.60

.28

2.39

1.18

.52

Es wird aggressiv gegen Menschen

.44

.20

2.01

1.03

.43

Ausweichen / Ignoranz nach Aufforderungen oder Verboten (Faktor 6)

.88

Was macht das Kind, wenn Sie es auffordern, etwas Bestimmtes zu tun? Es entzieht sich mir, läuft weg

.49

.30

2.50

1.19

.55

Es ignoriert meine Bitte

.62

.33

2.64

1.17

.69

© 2019 Hogrefe Verlag

Kindheit und Entwicklung (2019), 28 (1), 46–58


54

S. Pauen et al., Kindliche Selbst- und elterliche Ko-Regulation parallel erfassen

Tabelle 3a. Verhalten des Kindes in Situationen, die Selbstregulation erfordern: Faktorladungen (L), Item-Schwierigkeiten (P), Mittelwerte (M), Standardabweichungen (SD), Trennschärfen (rit) der Items sowie interne Konsistenz (Cronbach α) für alle Skalen (Fortsetzung) Faktor – Item

L

P

M

SD

rit

.53

.31

2.57

0.96

.66

Es tut als habe es das Verbot nicht gehört

.71

.31

2.53

1.21

.71

Es ignoriert das Verbot

.84

.27

2.37

1.15

.80

Es macht einfach trotzdem, was es will

.61

.27

2.37

1.13

.71

Es weigert sich, meiner Aufforderung nachzukommen

α

Was macht das Kind, wenn Sie ihm etwas Bestimmtes verbieten?

Befolgen von Aufforderungen und Verboten nach körperlichem Druck ( Faktor 7)

.90

Was macht das Kind, wenn Sie es auffordern, etwas Bestimmtes zu tun? Es folgt meiner Anweisung erst, wenn ich handelnd eingreife

.60

.31

2.55

1.10

.68

Es folgt meiner Anweisung erst, wenn ich es mir schnappe

.77

.22

2.10

0.99

.78

Es folg meiner Anweisung erst, wenn ich Körpereinsatz zeige

.61

.16

1.82

0.97

.72

Es folgt mir erst, wenn ich es aktiv daran hindere, die verbotene Handlung auszuführen

.51

.30

2.52

1.14

.72

Es folgt meiner Anweisung erst, wenn ich es festhalte

.75

.22

2.12

1.07

.78

Es folgt meiner Anweisung erst, wenn ich es energisch anfasse

.66

.17

1.85

0.95

.70

Was macht das Kind, wenn Sie ihm etwas Bestimmtes verbieten?

Befolgen von Verboten nach verbalem Druck (Faktor 8)

.87

Was macht das Kind, wenn Sie ihm etwas Bestimmtes verbieten? Es beachtet das Verbot erst, wenn ich es mehrmals ermahnt habe

.85

.47

3.34

0.97

.72

Es beachtet das Verbot erst, wenn ich deutlich meinen Unmut zeige

.74

.40

3.01

1.09

.83

Es beachtet das Verbot erst, wenn ich im Befehlston spreche

.75

.39

2.96

1.15

.71

Tabelle 3b. Skalen-Interkorrelationen von Teil 2 des IMMA 1 – 6 (Verhalten des Kindes in Situationen, die Selbstregulation erfordern)

(1)

Unmittelbare Folgsamkeit nach Aufforderungen oder Verboten

(2)

Hartnäckigkeit nach Ziel-Frustration

(3)

Verhandlungswille im Umgang mit Aufforderungen oder Verboten

(4)

Befolgen von Aufforderungen nach verbalem Druck

(5)

Befolgen von Verboten nach verbalem Druck

(6)

Befolgen von Aufforderungen und Verboten nach körperlichem Druck

(7)

Ausdruck negativer Emotionen und Aggression nach Ziel-Frustration

(8)

Ausweichen Kind / Ignoranz nach Aufforderungen oder Verboten

(1)

(2)

(3)

(4)

(5)

(6)

(7)

(8)

1

.12

-.42***

-.32***

-.52***

-.53***

-.30***

-.51***

-.10

-.09

-.04

-.10

-.13

-.17

1

1

.36***

.32***

.22

.34***

.25*

1

.47***

.36***

.22*

.21*

1

.51***

.31***

.47***

1

.34***

.58***

1

.31*** 1

Anmerkungen: Alpha-Niveaus wurden korrigiert nach Bonferroni. *p < .002, ** p < .0004, *** p < .00004

tel-Kuehne et al. (2016) konnte für alle Teilbereiche des Fragebogens im Wesentlichen bestätigt werden. Das gilt konkret für (1) die elterlichen Vorstellungen und Ziele zur kindlichen Selbstregulation, (2) das Verhalten des Kindes in unterschiedlichen Situationen, die Selbstregulation erfordern (Umgang mit Ziel-Frustration, Verboten und Aufforderungen) und (3) das elterliche Ko-Regulationsverhalten in entsprechenden Situationen. Durch die Ergänzung des ursprünglichen Itempools ergaben sich geringfügige Modifikationen in der Faktorenstruktur für Teil 3. Kindheit und Entwicklung (2019), 28 (1), 46–58

Sämtliche Skalen der revidierten Fassung weisen sehr gute Item-Kennwerte und interne Konsistenzen sowie inhaltlich plausible Interkorrelationen auf. Die befragte Stichprobe bestand vornehmlich aus gut gebildeten Eltern mit Abitur. Es bleibt somit vorerst offen, ob die berichtete Faktorenstruktur repräsentativ für die Gesamtbevölkerung ist und sich der Fragebogen auch für den Einsatz in anderen Populationen eignet. Dies müssen Nachfolgestudien unter Einbezug sozial schwächerer Familien klären. Im Sinne einer künftigen Normierung © 2019 Hogrefe Verlag


S. Pauen et al., Kindliche Selbst- und elterliche Ko-Regulation parallel erfassen

55

Tabelle 4a. Ko-Regulationsverhalten der Bezugsperson: Faktorladungen (L), Item-Schwierigkeiten (P), Mittelwerte (M), Standardabweichungen (SD) und Trennschärfen (rit) für alle Items sowie interne Konsistenz (Cronbach α) für alle Skalen Item

L

P

M

SD

rit

Belohnung einsetzen (Faktor 1)

α .87

Wenn das Kind tut, was ich von ihm verlange, gebe ich ihm eine kleine Belohnung

.85

.29

2.45

1.09

.76

darf es sich eine kleine Belohnung aussuchen

.74

.23

2.16

1.07

.69

stelle ich eine Belohnung für folgsames Verhalten in Aussicht

.71

.34

2.72

1.20

.73

locke ich das Kind mit einer kleinen Belohnung, meiner Bitte nachzukommen

.76

.25

2.26

1.08

.72

Wenn das Kind NICHT tut, was ich von ihm verlange…

Eigenen Anspruch aufgeben / einlenken (Faktor 2)

.87

Wenn das Kind NICHT tut, was ich von ihm verlange, gebe ich auf

.84

.24

2.19

0.96

.74

lasse ich meinen Anspruch fallen

.91

.24

2.18

0.92

.79

lenke ich ein

.55

.27

2.35

0.96

.64

bestehe ich nicht länger auf meiner Forderung

.66

.19

1.93

0.85

.71

Soziale Anerkennung geben (Faktor 3)

.85

Wenn das Kind tut, was ich verlange, lobe ich es ausdrücklich

.81

.84

5.22

0.85

.69

schenke ich ihm dafür Anerkennung

.68

.82

5.10

0.88

.66

zeige ich, wie zufrieden ich mit seinem Verhalten bin.

.72

.86

5.28

0.75

.72

betone ich, wie gut ich das finde.

.67

.82

5.12

0.99

.72

Gespräche führen und verhandeln (Faktor 4)

.80

Wenn das Kind NICHT tut, was ich verlange, biete ich einen Kompromiss an

.44

.46

3.30

1.25

.71

handle ich mit dem Kind gemeinsam eine Lösung aus

.75

.44

3.22

1.21

.70

erkläre ich meine Forderung genauer

.73

.43

3.16

1.22

.73

frage ich das Kind nach seinen Gründen

.70

.41

3.04

1.21

.71

erkläre ich meinen Anspruch ausführlich

.72

.46

3.30

1.25

.71

Negativen Druck ausüben (Faktor 5)

.85

Wenn das Kind NICHT tut, was ich verlange, wiederhole ich meine Forderung mit Nachdruck

.52

.82

5.08

0.76

.47

schaue ich es streng an

.41

.64

4.19

0.99

.44

werde ich laut

.60

.47

3.36

1.01

.57

drohe ich mit Konsequenzen

.61

.47

3.34

1.13

.62

zwinge ich das Kind, meiner Forderung nachzukommen

.51

.33

2.63

1.23

.51

verweigere ich etwas, das es besonders mag

.49

.37

2.86

1.13

.47

fordere ich es auf, das Theater sein zu lassen

.57

.51

3.55

1.32

.54

zeige ich meinen Unmut über seine Reaktion

.68

.51

3.57

1.17

.53

bestehe ich trotzdem auf sofortige Umsetzung meiner Forderung

.58

.55

3.75

1.13

.62

zeige ich Härte und bleibe konsequent

.40

.56

3.82

1.03

.56

dulde ich keine Spielchen

.63

.51

3.54

1.21

.59

Wenn das Kind sich über meine Forderung aufregt,

Kind ablenken (Faktor 6)

.86

Wenn das Kind frustriert ist, weil es nicht schafft, was es sich vorgenommen hat,

© 2019 Hogrefe Verlag

Kindheit und Entwicklung (2019), 28 (1), 46–58


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S. Pauen et al., Kindliche Selbst- und elterliche Ko-Regulation parallel erfassen

Tabelle 4a. Ko-Regulationsverhalten der Bezugsperson: Faktorladungen (L), Item-Schwierigkeiten (P), Mittelwerte (M), Standardabweichungen (SD) und Trennschärfen (rit) für alle Items sowie interne Konsistenz (Cronbach α) für alle Skalen (Fortsetzung) Item

L

P

M

SD

rit

bemühe ich mich, es abzulenken

.78

.46

3.30

1.25

.71

versuche ich, es für etwas anderes zu interessieren

.72

.44

3.22

1.21

.70

sorge ich für Ablenkung

.76

.43

3.16

1.22

.73

bringe ich es dazu, an etwas anderes zu denken

.75

.41

3.04

1.21

.71

α

Wenn das Kind sich über meine Forderung aufregt,

Kind zur Selbstregulation auffordern (Faktor 7)

.72

Wenn das Kind frustriert ist, weil es nicht schafft, was es sich vorgenommen hat, ermutige ich es, seinen Frust abzureagieren

.39

.35

2.76

1.38

.29

sage ich ihm, es solle sich nicht aufregen

.53

.49

3.44

1.31

.49

fordere ich es auf, sich selbst zu beruhigen

.77

.40

2.98

1.30

.67

ermahne ich es, seinen Frust zu kontrollieren

.71

.25

2.23

1.25

.61

Tabelle 4b. Skalen-Interkorrelationen von Teil 3 des IMMA 1 – 6 (Elterliches Ko-Regulationsverhalten)

(1)

Eigenen Anspruch aufgeben / einlenken

(2)

Kind zur Selbstregulation auffordern

(3)

Negative Ko-Regulation

(4)

Kind ablenken

(5)

Gespräche führen und verhandeln

(6)

Soziale Anerkennung geben

(7)

Belohnungen einsetzen

(1)

(2)

1

.18 1

(3)

(4)

(5)

(6)

(7)

.30***

.10

-.09

.33***

.32***

.16

.20

.12

.31***

1

-.08

.01

.16

.19

1

.20

.22*

.21*

1

.22

.15

1

.00

-.18

1

Anmerkungen: Alpha-Niveaus wurden korrigiert nach Bonferroni. *p < .002, ** p < .0005, *** p < .00005

scheint es ohnehin wünschenswert, IMMA 1 – 6 an einer repräsentativen Stichprobe einzusetzen. Da alle Items kurz formuliert und leicht verständlich sind, ist das Instrument prinzipiell für alle deutschsprachigen Eltern und pädagogischen Fachkräfte geeignet. Weiterhin gilt es zu bedenken, dass sämtliche Angaben ausschließlich von der primären Bezugsperson gemacht wurden. Es scheint daher wichtig, das Instrument auch an standardisierten Verhaltensbeobachtungen zu validieren. Entsprechende Studien sind bereits in Arbeit. Zudem könnte eine getrennte Beurteilung des gleichen Kindes durch zwei Bezugspersonen (z. B. Mutter und Vater oder Mutter und pädagogische Fachkraft) Aufschluss darüber geben, inwieweit hier Unterschiede und Gemeinsamkeiten zwischen verschiedenen Bezugspersonen nachgewiesen werden können. Da sich die kindliche Selbstregulation typischerweise in Auseinandersetzung mit Erwachsenen entwickelt, ist eine stärkere Beachtung des Interaktionsgeschehens gerade in der frühen Kindheit von zentraler Bedeutung (Holodynski & Friedlmeier, 2006; Pauen & Kindheit und Entwicklung (2019), 28 (1), 46–58

EDOS Group, 2016) und sollte auch die Väter und das pädagogische Fachpersonal in Kinderbetreuungseinrichtungen einschließen. Dafür bieten ökonomisch einsetzbare Instrumente wie der IMMA 1 – 6 eine gute Grundlage. Gleichzeitig hat das Instrument auch für eine Anwendung in der klinischen Praxis Potential, da sich mit seiner Hilfe identifizieren lässt, was Bezugspersonen im Umgang mit kindlichen Impulsen als besonders herausfordernd erleben und welche Strategien sie bei der Ko-Regulation bevorzugt anwenden. Sobald Normen vorliegen, ist es zudem möglich, kritisches Erziehungsverhalten auf einzelnen Dimensionen festzustellen. So ist gemeinhin bekannt, dass negativer Druck zu den dysfunktionalen Erziehungsstrategien gehört, ebenso wie Inkonsequenz (z. B. eigenen Anspruch aufgeben / Einlenken) und zu häufiges Erklären und Verhandeln (Sanders & Mazzuchelli, 2018). Der Einsatz von IMMA 1 – 6 bietet neue Möglichkeiten, die SR-Entwicklung von Kindern vor dem Hintergrund der Beziehungsgestaltung mit Eltern oder pädagogischen © 2019 Hogrefe Verlag


S. Pauen et al., Kindliche Selbst- und elterliche Ko-Regulation parallel erfassen

Fachkräften genauer zu beleuchten. Die enorme Bedeutung, welche der frühkindlichen Entwicklung der SR für das spätere Leben zukommt, macht die Weiterentwicklung von IMMA 1 – 6 oder vergleichbarer Instrumente zu einer wichtigen Zukunftsaufgabe.

Literatur Bechtel-Kuehne, S., Strodthoff, C. A. & Pauen, S. (2016). Co- and self-regulation in the caregiver-child dyad: Parental expectations, children’s compliance, and parental practices during early years. Journal of Self-Regulation and Regulation, 2, 32 – 56. Bernier, A., Carlson, S. M. & Whipple, N. (2010). From external regulation to self-regulation: Early parenting precursors of young children’s executive functioning. Child evelopment, 81, 326 – 339. Best, J. R., Miller, P. H. & Naglieri, J. A. (2011). Relations between executive function and academic achievement from ages 5 to 17 in a large, representative national sample. Learning and Individual Differences, 21, 327 – 336. Cuevas, K., Deater-Deckard, K., Kim-Spoon, J., Watson, A. J., Morasch, K. C. & Bell, M. A. (2014). What’s mom got to do with it? Contributions of maternal executive function and caregiving to the development of executive function across early childhood. Developmental Science, 17, 224 – 238. Daseking, M. & Petermann, F. (2013). Verhaltensinventar zur Beurteilung exekutiver Funktionen für das Kindergartenalter (BRIEF-P). Deutschsprachige Adaptation des Behavior Rating Inventory of Executive Function – Preschool Version (BRIEF-P) von G. A. Gioia, K. Andrews Espy und P. K. Isquith. Bern: Huber. Eisenberg, N., Smith, C. & Spinrad, T. L. (2011). Effortful control – Relations with emotion regulation, adjustment, and socialization in childhood. In K. Vohs & R. F. Baumeister (Eds.), Handbook of self-regulation (pp. 263 – 283). New York: Guilford Press. Fay-Stammbach, T., Hawes, D. J. & Meredith, P. (2014). Parenting influences on executive function in early childhood: A review. Child Development Perspectives, 8, 258 – 264. Fogel, A. (1993). Developing through relationships: Origins of communication, self, and culture. Chicago (IL): Chicago University Press Friedman, N. P., Miyake, A., Corley, R. P., Young, S. E., DeFries, J. C. & Hewitt, J. K. (2006). Not all executive functions are related to intelligence. Psychological Science, 17, 172 – 179. Garon, N., Bryson, S. E. & Smith, I. M. (2008). Executive function in preschoolers: A review using an integrative framework. Psychological Bulletin, 134 (1), 31 – 60. Garon, N., Smith, I. M. & Bryson, S. E. (2014). A novel executive function battery for preschoolers: Sensitivity to age differences. Child Neuropsychology, 20, 713 – 736. Gartstein, M. A. & Rothbart, M. K. (2003). Studying infant temperament via the Revised Infant Behavior Questionnaire. Infant Behavior and Development, 26, 64 – 86. Gioia, G. A., Espy, K. A. & Isquith, P. K. (2003). Behavior Rating Inventory of Executive Function-Preschool Version. Odessa, FL: Psychological Assessment Resources. Grob, A. & Smolenski, C. (2005). Fragebogen zur Erhebung der Emotionsregulation bei Kindern und Jugendlichen (FEEL-KJ). Bern: Huber.

© 2019 Hogrefe Verlag

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Prof. Dr. Sabina Pauen Dr. Sabrina Bechtel-Kühne Abteilung für Entwicklungs- und Biologische Psychologie Psychologisches Institut, Universität Heidelberg Hauptstraße 47 – 51 69117 Heidelberg sabina.pauen@psychologie.uni-heidelberg.de Constanze Anna Strodthoff, M.A. Institut für Bildungswissenschaft, Universität Heidelberg Akademiestraße 3 60117 Heidelberg

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Kindheit und Entwicklung (2019), 28 (1), 46–58

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Unsere Buchtipps Gerd Schulte-Körne / Katharina Galuschka Stand Abbildung

Charlotte Hanisch et al.

Schulbasiertes Coaching bei Kindern mit expansivem Problemverhalten (SCEP)

Ratgeber Lese-/Rechtschreibstörung (LRS) Informationen für Betroffene, Eltern, Lehrer und Erzieher

Gerd Schulte-Körne Katharina Galuschka

Ratgeber Lese-/Rechtschreibstörung (LRS) Informationen für Betroffene, Eltern, Lehrer und Erzieher

(Reihe: „Ratgeber Kinderund Jugendpsychotherapie“, Band 26). 2019, 86 Seiten, Kleinformat, € 9,95 / CHF 13.50 ISBN 978-3-8017-2722-2 Auch als eBook erhältlich

Der Ratgeber informiert über die Symptomatik, die Ursachen, die Diagnostik sowie die Präventions- und Fördermöglichkeiten bei einer Lese- und/oder Rechtschreibstörung. Eltern, Lehrer und Erzieher erhalten konkrete Ratschläge und Anleitungen zum Umgang mit der Problematik in der Familie, in der Schule und im Kindergarten. Jugendlichen werden Ratschläge und Anleitungen zur Selbsthilfe gegeben.

Handbuch zum Coaching von Lehrkräften Charlotte Hanisch Stefanie Richard Ilka Eichelberger Lisa Greimel Manfred Döpfner

Schulbasiertes Coaching bei Kindern mit expansivem Problemverhalten (SCEP) Handbuch zum Coaching von Lehrkräften

Das verhaltenstherapeutische Schulcoaching SCEP richtet sich an Fachkräfte, die Lehrpersonen im Umgang mit Grundschülern fortbilden möchten, die aggressives, oppositionelles, unaufmerksames, impulsives oder hyperaktives Problemverhalten zeigen. Neben einer eintägigen präventiven Fortbildung für ein Schulkollegium umfasst es ein etwa 12-wöchiges Einzelcoaching für die individuelle Weiterbildung einzelner Lehrkräfte. Das Einzelcoaching besteht aus 12 variablen Bausteinen, die individuell zusammengestellt werden können. Alle Materialien (z.B. Arbeitsblätter) sind auf einer beiliegenden CD-ROM enthalten.

Franz Petermann / Ulrike Petermann

Christiane Eichenberg / Felicitas Auersperg

Lernen

Chancen und Risiken digitaler Medien für Kinder und Jugendliche

Grundlagen und Anwendungen

Franz Petermann Ulrike Petermann

Lernen Grundlagen und Anwendungen 2., überarbeitete Auflage

2., überarbeitete Auflage 2018, 218 Seiten, € 26,95 / CHF 35.90 ISBN 978-3-8017-2910-3 Auch als eBook erhältlich

Lernen ist ein allgegenwärtiges Phänomen. Nicht nur das Lernen in der Schule oder im Beruf beeinflussen unser Leben, sondern auch beiläufige, alltägliche Lernvorgänge. Das Buch liefert einen Überblick über die neurowissenschaftlichen Grundlagen von Lernen und Gedächtnis sowie motivationale und emotionale Grundlagen des Lernens. Unter anderem werden klassisches und operantes Konditionieren, kognitives, sozial-kognitives und implizites Lernen vorgestellt und durch Alltagsbeispiele illustriert.

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2018, 134 Seiten, Großformat, inkl. CD-ROM, € 59,95 / CHF 75.00 ISBN 978-3-8017-2813-7 Auch als eBook erhältlich

Christiane Eichenberg Felicitas Auersperg

Chancen und Risiken digitaler Medien für Kinder und Jugendliche Ein Ratgeber für Eltern und Pädagogen

Ein Ratgeber für Eltern und Pädagogen 2018, 178 Seiten, Kleinformat, € 16,95 / CHF 21.90 ISBN 978-3-8017-2647-8 Auch als eBook erhältlich

Digitale Medien haben in der Lebenswelt von Heranwachsenden eine hohe Bedeutung. Der Ratgeber gibt einen Überblick über die aktuelle Nutzungspraxis verschiedener Medien, stellt die Potenziale moderner Mediennutzung für die Bereiche Lernen, Spielen, Aufbau sozialer Beziehungen sowie Informationsaustausch dar und informiert über mögliche Risiken, z.B. Internetsucht, Cybermobbing. Eltern und Pädagogen erhalten konkrete Hilfestellungen, wie sie den Umgang mit modernen Medien konstruktiv fördern können.


Neue Fakten und Perspektiven zu ADHS Thomas E. Brown

ADHS bei Kindern und Erwachsenen – eine neue Sichtweise Deutschsprachige Ausgabe herausgegeben von Franz Petermann. Übersetzt von Benedikt Gers / Franz Petermann. 2018. 192 S., 2 Abb., 9 Tab., Kt € 29,95 / CHF 39.90 ISBN 978-3-456-85854-8 Auch als eBook erhältlich

Rund 100 Jahre lang hat man ADHS hauptsächlich als Verhaltensstörung betrachtet. Neue wissenschaftliche Befunde zeigen indessen, dass ADHS als Entwicklungsstörung beschrieben werden kann. Dieses Buch nimmt eine Vorreiterrolle ein und legt die Forschungsergebnisse, die diese neue Sichtweise unterstützen, dar. Thomas E. Brown, stellvertretender Direktor der Yale Klinik für Aufmerksamkeits- und verwandte Störungen und Dozent der Yale Universität stellt die richtigen Fragen und gibt Antwort.

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„Dieses Buch präsentiert eine zutiefst nützliche und aktuelle Sammlung der wichtigsten Forschungsergebnisse über ADHS und die Rolle der Exekutivfunktionen. Kliniker, Studierende und Laien werden hier viele wertvolle Informationen zu diesem Krankheitsbild finden.“ (Russel A. Barkley, Professor der Psychiatrie und Pädiatrie, Medical University of South Carolina)


Studie

Einfluss der Aufgabenstellung und des Wortschatzes auf die Emotionserkennung bei Dreibis Fünfjährigen Franziska Ulrich, Franz Petermann und Nicole Gust Zentrum für Klinische Psychologie und Rehabilitation der Universität Bremen Zusammenfassung: Diese Studie untersucht Altersunterschiede in den Fähigkeiten zur Emotionserkennung bei Kindergartenkindern und prüft, inwiefern sich die Aufgabenstellung und der Wortschatz auf diese Aspekte des Emotionswissens auswirken. Hierfür wurde die Fähigkeit zum Benennen und Erkennen von Emotionen anhand von Fotos und vorgegebenen Situationen bei N=170 Drei- bis Fünfjährigen (n=86 Mädchen) mit dem EMK 3 – 6 und der Wortschatz mit dem SET 3 – 5 erfasst. Es wurde ein signifikanter Effekt des Alters und der Aufgabenstellung festgestellt. Der stärkste Zuwachs in der Emotionserkennung zeigte sich in allen Aufgaben im Alter zwischen drei und vier Jahren. Die Erkennungsleistung fiel für Fotos am genauesten aus, am schwersten fiel es Kindern, nach vorgegebenen Situationen den passenden Gesichtsausdruck abzuleiten. Der Wortschatz beeinflusste die Leistungen im Benennen, jedoch nicht im Erkennen von Basisemotionen. Die Ergebnisse lassen sich in die aktuelle Forschung integrieren und liefern wichtige Hinweise für die Diagnostik und Förderung des Emotionswissens. Schlüsselwörter: Alterseffekte, Emotionswissen, EMK 3 – 6, Wortschatz, Kindergartenkinder

Effects of Task Assignment and Vocabulary on Emotion Recognition in 3- to 5-Year-Olds Abstract: Emotion knowledge represents the basis of interpersonal communication and social skills. The ability to recognize or label emotional expression and the ability to infer emotions from situations are central components of emotion knowledge. The aim of this study was to examine developmental changes in these components of emotion knowledge during preschool. The second aim was to investigate to what extent task assignment and vocabulary influence preschoolers’ performance. For this purpose, the data of 170 preschoolers (girls n = 86) were collected using four tasks of the EMK 3 – 6. Furthermore, vocabulary was tested using the SET 3 – 5. An analysis of variance (ANOVA) with repeated measurement (mode of tasks; label and recognition emotional expressions vs. label and recognition of emotional situations × age groups, 3 – 5 years) was performed. To determine whether performance in four tasks differed between children with and without vocabulary deficits, all scores were entered in a multivariate ANOVA (MANOVA). The ANOVA with repeated measurement confirmed significant age differences across all examined features – labeling emotional expressions: F(2,167) = 12.76, p = .000, η2 = .133; recognizing emotional expression: F(2,167) = 23.02, p = .000, η2 = .216; labeling emotional situations: F(2,167) = 7.82, p = .001, η2 = .086; recognizing emotional situations: F(2,167) = 17.19, p = .000, η2 = .171. Contrast analyses showed significant differences in all emotion competences between 3-year- and 4-year-olds. The 4- and 5-year-olds, however, differed only in emotion recognition tasks. Second, there was also a significant effect of method (F(3,165) = 61.39, p = .000, η2=.527) but no interaction with age. Children performed tasks in this order: recognizing emotional expressions, labeling emotional expressions, labeling emotional situations, and recognizing emotional situations. Results of MANOVA showed that children with vocabulary deficits had significantly lower scores in emotion labeling tasks – labeling emotional expressions: F(1,168) = 6.74, p = .010, η2 = .039; labeling emotional situations: F(1,168) = 6.93, p = .009, η2 = .040 – and no significant differences in emotion recognition tasks. The results highlight relevant improvements in the ability to recognize and label emotions and emotional situations in preschool age children. A hierarchy of difficulty for the tasks was supported and can be integrated into the current research. Further, tasks of the EMK 3 – 6 are well suited to measure different components of emotion knowledge. Children with vocabulary deficits were on average less proficient in labeling tasks. Therefore, the consideration of receptive and expressive language skills ensures that children understand the task instructions, but also allows for a better interpretation of children’s performance and determination of strengths and deficits in the emotional domain. Finally, results provide further evidence of the significant role early promotion of emotional competence plays in early childhood. Keywords: age effects, emotion knowledge, EMK 3 – 6, vocabulary, preschooler

Emotionen, die wir erleben und über die Mimik, die Stimmlage und die Körperhaltung ausdrücken, sind ein wesentlicher Bestandteil unserer zwischenmenschlichen © 2019 Hogrefe Verlag

Kommunikation (Fischer & Manstead, 2016). Die Fähigkeit, den Gesichtsausdruck einer Person und emotionsauslösende Situationen zu deuten, hilft dem Gegenüber Kindheit und Entwicklung (2019), 28 (1), 59–67 https://doi.org/10.1026/0942-5403/a000271


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F. Ulrich et al., Einfluss der Aufgabenstellung und des Wortschatzes auf die Emotionserkennung bei Drei- bis Fünfjährigen

die Befindlichkeit und Motive des Interaktionspartners zu verstehen und entsprechend angemessen darauf zu reagieren (Izard, Stark, Trentacosta & Schultz, 2008). Es handelt sich hierbei um Komponenten des Emotionswissens von Kindergartenkindern (Bassett, Denham & Mincic, 2012). Das Emotionswissen gilt als eine zentrale Säule der emotionalen Kompetenz und bildet die Basis für gelingende soziale Interaktionen und die Gestaltung positiver Beziehungen. Kindergartenkinder, die Emotionen korrekt identifizieren können, regulieren auch ihre Emotionen besser (Denham, Bassett, Zinsser & Wyatt, 2014; Petermann, 2017), verhalten sich eher prosozial (Ensor, Spencer & Hughes, 2011; Gust, von Fintel & Petermann, 2017), werden häufiger durch Gleichaltrige akzeptiert (Sette, Spinrad & Baumgärtner, 2017) und können später auch schulische Anforderungen erfolgreich bewältigen (Mähler, Petermann & Greve, 2017; Voltmer & von Salisch, 2017). Defizite im Erkennen von Emotionen bergen hingegen das Risiko für langfristige Schwierigkeiten in der Beziehungsgestaltung und für psychische Störungen (Collin et al., 2013; Martin, Williamson, Kurtz-Nelson & Boekamp, 2015; Trentacosta & Fine, 2010; Ulrich & Petermann, 2017). Insofern bieten genaue Kenntnisse über die Entwicklung der Emotionserkennung wichtige Anknüpfungspunkte, um Kinder gezielt zu unterstützen und so rechtzeitig Fehlentwicklungen entgegenzuwirken.

und zu benennen; hierbei ist ihr aktiver Emotionswortschatz im Vergleich zu ihrem passiven Verständnis von Emotionswörtern noch rudimentär (Petermann & Wiedebusch, 2016). Ab dem dritten Lebensjahr differenziert sich das Wissen über Emotionen von anfänglich sehr weitgefassten valenzspezifischen Kategorien („gut“ und „schlecht“) zu diskreten Emotionskategorien zunehmend weiter aus (Widen, 2016). Es zeichnet sich dabei ein deutlicher Entwicklungsvorsprung für das Wissen positiver Emotionen ab, wohingegen sich das Verständnis für negative Emotionen schrittweise und langsamer entwickelt (Bassett et al., 2012; Wang, Liu & Su, 2014). Vor allem im Alter zwischen drei und fünf Jahren steigt die Genauigkeit deutlich, mit der Kinder Emotionen im Gesichtsausdruck identifizieren oder mit dem passenden Emotionswort benennen können (Juen, Bänninger-Huber & Peham, 2012; Rosenqvist, Lahti-Nuuttila, Laasonen & Korkman, 2014). Mit fortschreitendem Alter können Kindergartenkinder Emotionen anhand vorgegebener Situationen besser identifizieren und benennen (Wang, Lü, Zhang & Surina, 2014; Widen & Russell, 2010). Es zeichnet sich ein deutlicher Lernzuwachs in beiden Aspekten des Emotionswissens im Vorschulalter ab; aufgrund der unterschiedlichen Erfassungsmethoden ist ein klarer Konsensus jedoch nach wie vor erschwert.

Entwicklung des Emotionswissens

Einfluss der Aufgabenstellung

Verschiedene Forschergruppen betrachten die Fähigkeit zum Erkennen von Emotionen im Gesichtsausdruck als primäre Basis für die Herausbildung für komplexere Aspekte des Emotionswissens (Denham, 1998; Petermann & Wiedebusch, 2002, 2016; Pons, Harris & de Rosnay, 2004). Jedoch auch jüngere Kinder beziehen schon umfassendere Hinweise ein (z. B. Ursachen und Konsequenzen von Emotionen), um auf den emotionalen Zustand anderer Personen zu schließen (Widen, 2016). Häufig wird die Fähigkeit zum Erkennen des Emotionsausdrucks in eine rezeptive und in eine expressive Komponente unterteilt. Die rezeptive Komponente bezieht sich auf die Fähigkeit, emotionale Signale in der Mimik, Gestik oder im Verhalten einer Person zu deuten (Morgan, Izard & King, 2009). Die Fähigkeit zum Erkennen des Emotionsausdrucks entwickelt sich dabei früher als die Fähigkeit, Emotionen korrekt zu benennen, welche die expressive Komponente darstellt. Kinder können bereits in den ersten Lebensmonaten Emotionen im Gesichtsausdruck oder in der Stimme einer Person identifizieren (Grossmann, 2010). Jedoch erst im Zuge des Spracherwerbs beginnen Kinder gegen Ende des zweiten Lebensjahres dann auch, Gefühlszustände zu beschreiben

Es haben sich unterschiedliche Vorgehensweisen bewährt, um diese Facetten des Emotionswissens von Kindergartenkindern direkt zu erheben. Im Rahmen von Zuordnungsaufgaben werden Kinder gebeten, entweder · aus einer Auswahl an Fotos mit Gesichtsausdrücken jene auswählen, die identisch mit dem bildlich vorgegebenen Emotionsausdruck sind (z. B. Morgan et al., 2009) oder · verbal vorgegebene Emotionswörtern den passenden Emotionsausdruck – entweder auf Fotos oder Zeichnungen abgebildet – zu zuordnen (z. B. Widen & Russel, 2010).

Kindheit und Entwicklung (2019), 28 (1), 59–67

Bei Zuordnungsaufgaben werden geringe Anforderungen an die sprachlichen Fähigkeiten (einschließlich des Emotionswortschatzes) der Kinder gestellt, da sie ihre Antworten nicht verbalisieren müssen. Eine andere Möglichkeit stellen Aufgaben zum Benennen von Emotionen dar. Bei diesem Vorgehen werden den Kindern Gesichtsausdrücke auf Bildern gezeigt und sie sollen ein Emotionswort generieren, das mit dem bildlich vorgegebenen Emotionsausdruck übereinstimmt (Morgan et al., 2009). Beide Methoden eigenen sich auch, © 2019 Hogrefe Verlag


F. Ulrich et al., Einfluss der Aufgabenstellung und des Wortschatzes auf die Emotionserkennung bei Drei- bis Fünfjährigen

um die Fähigkeit zu erheben, Emotionen anderer Personen auf der Basis situativer Hinweise zu erschließen. Den Kindern werden kurze Geschichten, gestützt durch Bildmaterial, erzählt. Sie sollen dann entweder aus einer Auswahl von Bildern den für die beschriebene Situation passenden Emotionsausdruck auswählen (Pons et al., 2004) oder benennen, wie sich die handelnde Person der Geschichte fühlte (Widen & Russel, 2010). Je nach Art der Aufgaben variieren die Befunde zu Lernzuwächsen in der Emotionserkennung. Kindergartenkindern erreichen bessere Leistungen, wenn sie einem vorgegebenen Emotionswort den passenden Emotionsausdruck zuordnen als wenn sie einen Emotionsausdruck korrekt benennen müssen (Denham & Couchoud, 1990). Ebenso fällt Drei- bis Sechsjährigen das Zuordnen eines Emotionswortes zu einem passenden Emotionsausdruck zumeist leichter als das Zuordnen von Situationen (Cummings & Rennels, 2014; Morgan et al., 2009; Pons et al., 2004; Salmon et al., 2013). Für das Benennen von Emotionen liegen je nach Komplexität der Aufgabe unterschiedliche Befunde vor. Zumeist fällt Kindern das Benennen eines Emotionsausdrucks leichter, wenn sie aus einer Vorgabe an Emotionswörtern dasjenige Emotionswort auswählen sollen (forced choice; Markham & Adams, 1992), das am besten zum abgebildeten Emotionsausdruck passt. Schwerer zu bewältigen sind für Kinder Aufgaben zum Benennen von Emotionsausdrücken ohne Vorgabe von Emotionswörtern (free labeling; Markham & Adams, 1992). Im Unterschied zu forced-choice-Antwortformaten erfordert das freie Benennen nicht nur die Verfügbarkeit des passenden Emotionswortes im Wortschatz, sondern auch die Fähigkeit, diesen Begriff entsprechend abrufen zu können. Selbst Sechs- und Neunjährige sind oft noch unsicher, wenn sie einen vorgegebenen Satz mit einem passenden Emotionswort vervollständigen müssen, obwohl sie die Emotionswörter bereits gut verstehen (Kauschke, Bahn, Vesker & Schwarzer, 2017). Interessanterweise zeigen einige Studien, dass Kinder ab ca. vier Jahren Emotionen in vorgegebenen Geschichten genauer benennen können als auf der Basis des Gesichtsausdrucks (sog. label superiority effect; Wang, Lü et al., 2014). Auch fällt es ihnen leichter, nach dem Hören einer emotionsauslösenden Geschichte aus drei vorgegebenen Emotionswörtern das für die handelnde Figur passende Emotionswort auszuwählen – im Vergleich zum Zuordnen des korrespondieren Gesichtsausdrucks (Camras & Allison, 1985). Bei Zwei- bis Vierjährigen findet sich dieser Effekt nicht (Widen & Russell, 2010). Widen (2016) nimmt an, dass der Gesichtsausdruck nicht ausschließlich der stärkste Hinweis für das Deuten von Emotionen sein muss, sondern hierfür auch sprachlich vermittelte Informationen über die Ursachen und Konse© 2019 Hogrefe Verlag

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quenzen relevant sein können. Die beschriebenen Befunde legen nahe, dass für ein vertieftes Verständnis von Entwicklungstrends in der Emotionserkennung die Art der Aufgabe berücksichtigt werden sollte.

Einfluss sprachlicher Fähigkeiten Sprachliche Fähigkeiten tragen neben kognitiven Fähigkeiten erheblich zu einem differenzierten Wissen über Emotionen bei (De Stasio, Fiorilli & Chiacchio, 2014; Wang, Lü et al., 2014). Die enge Verknüpfung zwischen allen Komponenten des Emotionswissens und sprachlichen Fähigkeiten konnte sowohl in Querschnitt- als auch Längsschnittstudien vielfach belegt werden (Morgan et al., 2009; Ensor et al. 2011; Salmon et al., 2013), wobei auch wechselseitige Interaktionen nachgewiesen werden konnten (Strand, Downs & Barbosa-Leiker, 2016). Weitere Hinweise liefern Studien, die den Stand des Emotionswissens von Kindern mit Migrationshintergrund und mit Sprachstörungen untersuchen. Köckeritz, Klinkhammer und von Salisch (2010) zeigten, dass Unterschiede im Emotionswissen zwischen Kindern mit und ohne Migrationshintergrund mit der Ausprägung des Sprachverständnisses zusammenhingen. Kindergartenkinder mit Sprachstörungen haben im Vergleich zu sprachunauffälligen Kindern deutliche Schwierigkeiten, Emotionsausdrücke zu benennen und Emotionen aus vorgegebenen Situation vorherzusagen (Rieffe & Wiefferink, 2017). Obwohl die Rolle der Sprache sowohl beim Erwerb als auch bei der Erfassung des Emotionswissen bekannt ist, untersucht die Mehrheit der Studien lediglich den Einfluss des rezeptiven Wortschatzes auf einzelne Aspekte des Emotionswissens, wohingegen der expressive Wortschatz (Widen & Russell, 2010) oder gar verschiedene Sprachfähigkeiten bisher seltener einbezogen wurden (Beck, Kumschick, Eid & Klann-Delius, 2012).

Fragestellungen Ziel der vorliegenden Studie ist es, entwicklungsbedingte Altersunterschiede in der Emotionserkennung bei Kindergartenkindern mit Hilfe des Inventar zur Erfassung emotionaler Kompetenzen bei Drei- bis Sechsjährigen (EMK 3 – 6; Petermann & Gust, 2016a) zu untersuchen. Bei der Bestimmung von Alterstrends soll die Komplexität der Aufgabenstellung (Benennen und Erkennen von Emotionen anhand von Fotos und vorgegebenen Situationen) berücksichtigt werden, indem geprüft wird, ob sich eine bestimmte Reihenfolge in der Bewältigung von Aufgaben in den verschiedenen Altersgruppen abbilden Kindheit und Entwicklung (2019), 28 (1), 59–67


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F. Ulrich et al., Einfluss der Aufgabenstellung und des Wortschatzes auf die Emotionserkennung bei Drei- bis Fünfjährigen

lässt. Aufgrund der engen Beziehung zur Sprache wird im zweiten Schritt analysiert, inwiefern sich Kinder mit einem nicht altersgemäß entwickelten Wortschatz von sprachunauffälligen Kindern in ihren Leistungen unterscheiden. Diese Ergebnisse sollen weitere Hinweise zur Validität des in der Studie eingesetzten EMK 3 – 6 liefern.

Methode

(65 %), 29 % der Familien sprechen neben Deutsch mindestens eine weitere Sprache und 4 % der Familien sprechen kein Deutsch innerhalb der Familie. 2 % der Eltern machten keine Angaben zum Migrationshintergrund und Familiensprache. 2 % der Eltern wies keinen, 5 % einen Hauptschulabschluss, 25 % einen Realschulabschluss, 22 % einen Fachhochschulabschluss sowie 43 % einen Hochschulabschluss auf, 3 % der Eltern machten hierzu keine Information.

Rekrutierung der Stichprobe

Erhebungsverfahren

Die Daten der Studie stammen aus einem Projekt zur Überprüfung der Wirksamkeit und Praxistauglichkeit der Spiel- und Materialsammlung „Emotionale Kompetenzen im Vorschulalter fördern“ (EMK-F; Petermann & Gust, 2016b). An diesem Projekt, welches im Zeitraum von August 2017 bis Juni 2018 durchgeführt wurde, nahmen insgesamt 24 Kindergartengruppen von 12 verschiedenen Kindertageseinrichtungen (KiTas) aus Bremen und Niedersachsen teil. Die teilnehmenden Kitas wurden dabei vorab zufällig der Förder- oder Kontrollgruppe zugewiesen. Vor Projektbeginn wurden die Einrichtungen über das Ziel und die Vorgehensweise des Projektes informiert. Die Eltern der Kinder erhielten Informationen über die Ziele, die Dauer und das Vorgehen der Datenerhebung und -verarbeitung. Die Teilnahme an der Studie war freiwillig und erfolgte ausschließlich bei Vorlage einer schriftlichen Einverständniserklärung der Eltern. In die folgenden Analysen gingen die Daten des ersten Erhebungszeitpunktes ein, der unmittelbar vor dem Einsatz der Spiele des EMK-F in den KiTas der Fördergruppe stattfand. Mit diesen Daten wurden die Ausgangswerte der teilnehmenden Kinder in den emotionalen Kompetenzen, in ihrem sprachlichen Entwicklungsstand und im Sozialverhalten bestimmt.

Der EMK 3 – 6 ist ein psychometrisch überprüftes und für den deutschsprachigen Raum normiertes Verfahren, mit dem das Wissen über Emotionen, aber auch das Verständnis für prosoziale Verhaltensweisen, die Fähigkeit zur Emotionsregulation und Empathie bei Kindergartenkindern umfassend untersucht werden können. Diese Kompetenzbereiche werden über die fünf Untertests „Primäre Emotionen“, „Sekundäre Emotionen“, „Prosoziales Verhalten“, „Empathie“ und „Belohnungsaufschub“ erfasst. Da in der vorliegenden Studie nur ausgewählte Aspekte des Emotionswissens untersucht wurden, werden im Folgenden nur jene Aufgaben beschrieben, mit denen die Fähigkeit zum Benennen und Erkennen von Emotionen im Ausdruck und auf der Basis vorgegebener Situationen erfasst werden.

Beschreibung der Stichprobe An der Studie nahmen insgesamt 200 Kindergartenkinder teil. Nach Ausschluss der unvollständigen Datensätze konnten N=170 Kinder (Mädchen n=86; Jungen n=84) in die Analyse aufgenommen werden. Das durchschnittliche Alter der Kinder betrug 55 Monate (SD=10.6; Range 36 – 72). Der Migrationshintergrund der Kinder wurde über das Herkunftsland der Eltern bestimmt (Schenk et al., 2006). 19 % der Familien gaben an, dass ein Elternteil nicht Deutschland geboren ist, bei 15 % der Familien war dies für beide Elternteile der Fall. Der überwiegende Anteil der Familien gab Deutsch als Familiensprache an Kindheit und Entwicklung (2019), 28 (1), 59–67

Benennen und Erkennen von Emotionsausdrücken Im Rahmen des Untertests „Primäre Emotionen“ aus dem EMK 3 – 6 werden den Kindern Farbfotos von Gleichaltrigen präsentiert, auf denen die Emotionen Freude, Trauer, Angst und Wut dargestellt sind. Die Kinder werden aufgefordert, die abgebildeten Emotionsausdrücke nacheinander zu benennen („Primäre Emotionen benennen“). Bei korrekter Benennung der Emotion werden zwei Punkte und bei korrekter Valenz ein Punkt vergeben. Anschließend sollen die Kinder die vom Testleiter benannten Emotionen (Freude, Trauer, Angst und Wut) auf einer Vorlage, auf der jeweils vier unterschiedliche Emotionsausdrücke abgebildet sind, identifizieren. Jede korrekte Antwort wird mit einem Punkt bewertet („Primäre Emotionen erkennen“). Benennen und Erkennen von Emotionen in Situationen Die Fähigkeit zum Benennen und Erkennen von Emotionen in Situationen wurde mit Aufgaben aus dem Untertest „Empathie“ des EMK 3 – 6 überprüft. Dazu werden den Kindern nacheinander mithilfe von geschlechtsspezifischen Holzpuppen verschiedene Situationen vorgespielt, © 2019 Hogrefe Verlag


F. Ulrich et al., Einfluss der Aufgabenstellung und des Wortschatzes auf die Emotionserkennung bei Drei- bis Fünfjährigen

die die Emotionen Angst, Trauer, Wut und Freude bei der Handlungsfigur thematisieren. Zu jeder Geschichte werden die Kinder unter anderem gefragt, wie sich die Handlungsfigur in der Situation fühlt („Emotionen in Situationen benennen“). Anschließend sollen die Kinder aus vier digital modifizierten Puppengesichtern den passenden Gesichtsausdruck der Handlungsfigur auswählen („Emotionen erkennen in Situationen“). Rezeptiver und expressiver Wortschatz Der Wortschatz wurde mit den Untertests „Bildersuche“ und „Bildbenennung“ aus dem Sprachstanderhebungstest für Kinder im Alter zwischen drei und fünf Jahren (SET 3 – 5; Petermann, 2016) erfasst. Zur Bestimmung des rezeptiven Wortschatzes werden den Kindern nacheinander Bildkarten vorgelegt, auf denen verschiedene Menschen, Tiere oder Objekte abgebildet sind. Die Aufgabe der Kinder ist es, die vom Testleiter benannten Zielwörter zu zeigen. Der expressive Wortschatz der Kinder wird beurteilt, indem Kinder vom Testleiter vorgegebene Bildinhalte benennen sollen. In beiden Untertests wird der Wortschatz für Nomen und Verben ermittelt. Für eine korrekte Antwort werden ein Punkt, bei falscher Antwort null Punkte vergeben. Die ermittelten Rohwertsummen können dann T-Werten und Prozenträngen zugeordnet werden. Der SET 3 – 5 wurde an einer Stichprobe von 1095 Kindern normiert, wobei Normwerte für sechs verschiedene Altersgruppen vorliegen. Die interne Konsistenz für den Untertest Bildersuche beträgt α=.84 und für den Untertest Bilderbenennung α=.93 (Petermann, 2016). Soziodemographische Angaben der Familie Die Eltern beantworteten unter anderem Fragen zu ihrem Alter, ihrem Geburtsland und dem ihres Kindes, zur Familiensprache und zum Bildungsabschluss.

Durchführung Die Kinder wurden im Einzelkontakt in der jeweiligen KiTa durch externe, geschulte ProjektmitarbeiterInnen getestet. Die Testung eines Kindes dauerte je nach Alter 45 bis 60 Minuten und konnte jeweils zu einem Termin realisiert werden.

Statistische Analyse Die statistische Auswertung erfolgte mit der SPSS Version 24.0. Für die Analysen wurden Variablen „Primäre Emotionen benennen“ und „Emotionen benennen in Situationen“ dichotomisiert: Für eine Valenzantwort (z. B. „gut“=1 Punkt) und/oder eine richtige Antwort (z. B. „fröhlich“=2 © 2019 Hogrefe Verlag

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Punkte) wurde ein Punkt und für eine falsche oder fehlende Antwort kein Punkt vergeben. Die Hauptfragestellung zu Effekten des Alters und der Aufgabenstellung auf die Emotionserkennungsfähigkeit von Kindergartenkindern wurde mit einer multivariaten Varianzanalyse mit dem vierstufigen Messwiederholungsfaktor „Aufgabenstellung“ (Stufe 1: Primäre Emotionen benennen, Stufe 2: Primäre Emotionen erkennen, Stufe 3: Emotionen benennen in Situationen, Stufe 4: Emotionen erkennen in Situationen) und dem „Alter“ (Drei-, Vier- und Fünfjährige) als Zwischensubjektfaktor geprüft. Jeweils angeschlossen wurden Bonferroni-adjustierte Kontrastanalysen. Abschließend wurde der Effekt des Wortschatzes auf die untersuchten emotionalen Leistungen der Kinder im Rahmen einer multivariaten Varianzanalyse überprüft. Um die Kinder mit und ohne Wortschatzdefizite in ihrer Emotionserkennungsfähigkeit zu vergleichen, erfolgte die Einteilung in die Gruppen mit und ohne auffälligen Wortschatz auf der Basis der Ergebnisse in den Aufgaben des SET 3 – 5. Erreichte ein Kind im rezeptiven (n=4) oder expressiven Wortschatz (n=27) oder in beiden Wortschatzaufgaben (n=15) ein auffälliges Ergebnis (PR<16), wurde es der Gruppe „Wortschatzdefizit“ zugeordnet. Das Signifikanzniveau wurde auf α=.05 festgesetzt. Eine Varianzaufklärung von über η²=.01 wurden als kleine, über η²=.06 als mittlere und über η²=.14 als große Effektstärke beurteilt (Bühner & Ziegler, 2017).

Ergebnisse Die Tabelle 1 zeigt die deskriptiven Ergebnisse für die untersuchten Variablen in der Gesamtstichprobe sowie in den Altersgruppen. Eine Varianzanalyse mit Messwiederholungsfaktor „Aufgabenstellung“ und dem Alter als Zwischensubjektfaktor zeigte einen signifikanten Effekt des Alters (F(2,167)=30.54, p=.000, η2=.268) auf die Leistungen der Kinder in den vier Aufgaben des EMK 3– 6 und einen signifikanten Effekt der Aufgabenstellung (F(3,165)=61.39, p=.000, η2=.527), jedoch keinen bedeutsamen Interaktionseffekt zwischen beiden Faktoren (F(6,332)=.30, p=.935, η2=.005). Kontrastanalysen ergaben, dass Dreijährige in allen Aufgaben signifikant geringere Werte erreichten als Vier- und Fünfjährige (vgl. Tab. 2). Demgegenüber erzielten Fünfjährige im Vergleich zu Vierjährigen lediglich in den Aufgaben zum „Primäre Emotionen erkennen“ und „Emotionen in Situationen erkennen“ signifikant höhere Werte. Die paarweisen Vergleiche der vier Aufgaben untereinander ergaben signifikante Unterschiede in der Aufgabenbewältigung über alle Altersgruppe hinweg: Die Kinder erreichten die höchsten Werte in der Aufgabe „Primäre EmoKindheit und Entwicklung (2019), 28 (1), 59–67


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F. Ulrich et al., Einfluss der Aufgabenstellung und des Wortschatzes auf die Emotionserkennung bei Drei- bis Fünfjährigen

Tabelle 1. Mittelwerte (M) und Standardabweichungen (SD) der untersuchten Variablen (Range 0 – 4) in der Gesamtstichprobe sowie in drei Altersgruppen EMK

Altersgruppen1

Gesamt 3 (n=49)

(N=170) M

SD

M

Primäre Emotionen benennen

2.51

1.17

1.88

Primäre Emotionen erkennen

3.08

.95

2.45

Emotionen in Situationen benennen

2.19

1.25

1.63

Emotionen in Situationen erkennen

1.89

1.10

1.29

4 (n=58) SD

5 (n=63)

M

SD

M

SD

1.17

2.59

1.19

2.92

.94

1.08

3.10

.79

3.54

.67

1.40

2.31

1.13

2.51

1.09

.95

1.90

1.00

2.37

.96

1

Anmerkung: Altersgruppen: 3=Dreijährige; 4=Vierjährige; 5=Fünfjährige

Tabelle 2. Ergebnisse der univarianten Varianzanalysen für das Alter und der Kontrastanalysen EMK

Kontraste in Altersgruppen1

Alter 3 vs. 4

3 vs. 5

4 vs. 5

F(2,167)

p

η2

t(161)

p

t(161)

p

t(161)

p

Primäre Emotionen benennen

12.76

.000

.133

-3.34

.001

-5.01

.000

-1.68

.095

Primäre Emotionen erkennen

23.02

.000

.216

-3.99

.000

-6.78

.000

-2.84

.000

Emotionen in Situationen benennen

7.82

.001

.086

-2.92

.004

-3.84

.000

-.91

.366

Emotionen in Situationen erkennen

17.19

.000

.171

-3.26

.001

-5.86

.000

-2.66

.008

Anmerkung: 1Altersgruppen: 3=Dreijährige; 4=Vierjährige; 5=Fünfjährige

Tabelle 3. Mittelwerte (M), Standardabweichungen (SD) und Ergebnisse der univariaten Varianzanalysen für den Wortschatz EMK

Wortschatz M

SD

unauffällig

2.65

.10

auffällig

2.13

.17

Gruppe Primäre Emotionen benennen

Primäre Emotionen erkennen unauffällig

3.16

.08

auffällig

2.85

.14

Emotionen in Situationen benennen unauffällig

2.34

.11

auffällig

1.78

.18

Emotionen in Situationen erkennen unauffällig

1.93

.10

auffällig

1.80

.16

tionen erkennen“, gefolgt von „Primäre Emotionen benennen“ und „Emotionen in Situationen benennen“. In der Aufgabe „Emotionen in Situationen erkennen“ wiesen die Kinder die niedrigsten Werte auf (vgl. Tab. 1). Abschließend wurde geprüft, ob sich Kinder mit (n=46) und ohne Defiziten im Wortschatz (n=124) sich in der Emotionserkennung unterscheiden. Die Ergebnisse der multivaKindheit und Entwicklung (2019), 28 (1), 59–67

F(1,168)

p

η2

6.74

.010

.039

3.73

.055

.022

6.93

.009

.040

.46

.501

.003

riaten Varianzanalyse ergaben einen multivariaten Effekt des Wortschatzes auf die Leistungen der Kinder im EMK 3 – 6 (F(4,165)=2.83, p=.026, η2=.064). Tabelle 3 fasst die Ergebnisse hierzu zusammen. Signifikant geringere Leistungen konnten bei Kindern mit Wortschatzdefiziten ausschließlich bei Aufgaben zum Benennen von Emotionen ermittelt werden. © 2019 Hogrefe Verlag


F. Ulrich et al., Einfluss der Aufgabenstellung und des Wortschatzes auf die Emotionserkennung bei Drei- bis Fünfjährigen

Diskussion Die umfassende Entwicklungsdiagnostik emotionaler Kompetenzen von Drei- bis Sechsjährigen war bislang im deutschsprachigen Raum nur über die Einschätzung von Eltern und pädagogischen Fachkräften möglich. In dieser Studie wurde der EMK 3 – 6 eingesetzt, mit dem eine Bandbreite an emotionalen Kompetenzen direkt bei Kindergartenkindern erfasst werden kann. Im Rahmen dieser Studie wurden Alterstrends in der Emotionserkennung von Kindergartenkindern untersucht. Konsistent zu bisherigen Befunden zeigte diese Studie einen starken Zuwachs im Identifizieren von Emotionen auf der Basis von Bildmaterial und vorgegebenen Situationen bei Drei- bis Fünfjährigen (Rosenqvist et al., 2014; Wang, Liu et al., 2014). Im Unterschied dazu war für das Benennen von Emotionen lediglich eine Verbesserung im Alter zwischen drei und vier Jahren zu verzeichnen. Andere Studien weisen bis zu einem Alter von fünf Jahren auf eine rapide Zunahme in der Genauigkeit hin, mit der Emotionsausdrücke benannt werden, wobei sich diese Entwicklung nach dem fünften Lebensjahr wieder etwas zu verlangsamen scheint (Markham & Adams, 1992; Wang, Lü et al., 2014). Künftig sollte dieser Aspekt unter Einbezug einer größeren Altersspanne weiter untersucht werden, da sich auch im Verlauf des Kindesalters das selbstständige Generieren von Emotionsbegriffen substantiell verbessert (Maassarani, Gosselin, Montembeault & Gagnon, 2014). Ein systematischer Vergleich der gezeigten Leistungen in den unterschiedlichen Aufgaben und die Berücksichtigung des Wortschatzes können zusätzlich einen differenzierteren Einblick in die entwicklungsbedingten Alterstrends in der Emotionserkennung liefern. Kindergartenkinder schneiden zumeist bei Zuordnungsaufgaben deutlich besser ab als bei Aufgaben, bei denen sie ein Emotionswort selbstständig generieren müssen (Denham & Couchoud, 1990; Morgan et al., 2009). In dieser Studie konnten alle Kinder die Aufgabe zum Zuordnen eines vorgegebenen Emotionswortes zu einem passenden Emotionsausdruck auf Fotos („Primäre Emotionen erkennen“) im Vergleich zu allen anderen Aufgaben am zuverlässigsten lösen. Das Benennen von Emotionen anhand von Fotos scheint für Kinder im Vergleich dazu schwieriger zu sein, weil ihnen im Unterschied zum Zuordnen die Emotionswörter nicht nur vertraut sein müssen, sondern sie jene auch aktiv aus ihrem Gedächtnis abrufen müssen (Markham & Adams, 1992). Kindergartenkinder mit einem umfangreichen Emotionsvokabular gelingen diese Aufgaben besser (Rieffe & Wiefferink, 2017). Die Ergebnisse dieser Studie heben zudem die Bedeutung des allgemeinen Wortschatzes für die erfolgreiche Bewältigung von Aufgaben zum Benennen von Emotionen hervor. Kinder mit einem nicht altersgerechten Wortschatzumfang haben im © 2019 Hogrefe Verlag

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Vergleich zu sprachunauffälligen Kindern deutliche Schwierigkeiten, den Emotionsausdruck korrekt zu benennen. Ähnliche Ergebnisse werden auch für Kinder mit Sprachstörungen berichtetet (Bakopoulou & Dockrell, 2016; Rieffe & Wiefferink, 2017). In der vorliegenden Studie unterschieden sich Kinder mit einem auffälligen Wortschatz in der Zuordnungsaufgabe („Primäre Emotionen erkennen“) jedoch nicht von sprachunauffälligen Kindern. Bei vorgegebenen emotionsauslösenden Situationen zeigte sich in dieser Studie eine umgekehrte Reihenfolge in der Ausprägung der gezeigten Leistungen: Allen Kindern fiel es leichter, nach der Präsentation der Situation das passende Emotionswort zu benennen als den entsprechenden Gesichtsausdruck abzuleiten (vgl. Camras & Allison, 1985). Hierbei ist zu bedenken, dass die Verwendung von Fotos, auf denen der Emotionsausdruck von Puppen digital modifiziert wurde (anstelle von Kinderfotos; vgl. Aufgabe „Primäre Emotionen“), dazu beigetragen haben könnte, dass die Aufgabe, auf der Basis einer vorgegebenen Situation den korrespondierenden Emotionsausdruck auszuwählen, für alle Kinder besonders schwer zu bewältigen war. Allerdings könnten die Befunde auch für einen „label superiority effect“ (Widen, 2016) sprechen. So können die besseren Leistungen im „Benennen von Emotionen in Situationen“ im Vergleich zum „Erkennen von Emotionen in Situationen“ auch dadurch zustande gekommen sein, dass sowohl sprachliche (vorgegebene Geschichte) als auch visuelle Hinweise (Puppenspiel) auf die Auslöser einer bestimmten Emotion den Abruf aus dem Gedächtnis und das Generieren eines entsprechenden Emotionswortes erleichterten (Wang, Lü et al., 2014). Kinder mit einem auffälligen Wortschatz erreichten beim Benennen von Emotionen anhand vorgegebener Situationen wiederum geringere Werte als sprachunauffällige Kinder; keine Unterschiede bestanden beim Erkennen von Emotionen in vorgegebenen Situationen. Die Leistungen in beiden Aufgaben zum Benennen von Emotionen weisen darauf hin, dass Kinder mit einem nicht altersgerechten Wortschatz Emotionswörter nicht selbstständig generieren, jedoch Emotionsausdrücke durchaus erkennen können. Da der Anteil der Kinder mit isolierten Auffälligkeiten im rezeptiven Wortschatz sehr gering war, konnten in dieser Studie keine Vergleiche zwischen Kindern mit isolierten rezeptiven, isolierten expressiven sowie kombinierten Wortschatzdefiziten vorgenommen werden. Dennoch sprechen die moderaten Zusammenhänge, die in unserer Studie zwischen allen vier Aufgaben zur Emotionserkennung und dem rezeptiven (Range r=.24-.30) bzw. expressiven Wortschatz (Range r=.21-.28) ermittelt werden konnten, dafür, in künftigen Studien den jeweiligen Effekt rezeptiver und expressiver Sprachfähigkeiten auf die einzelnen Facetten des Emotionswissens im Kindergartenalter getrennt voneinander zu bestimmen, Kindheit und Entwicklung (2019), 28 (1), 59–67


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F. Ulrich et al., Einfluss der Aufgabenstellung und des Wortschatzes auf die Emotionserkennung bei Drei- bis Fünfjährigen

um so den spezifischen Einfluss der Sprache differenzierter beschreiben zu können (vgl. Beck et al., 2012). Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass den Drei- bis Fünfjährigen das Benennen und Erkennen von Emotionen in vorgegebenen Situationen im Vergleich zu vorgegebenen Fotos schwerer fiel. Dieser Befund deckt sich mit Annahmen, wonach sich das Erkennen von Emotionsausdrücken bereits zu einem frühen Zeitpunkt entwickelt und die Basis für höher entwickelte Aspekte des Emotionswissens bildet (Denham, 1998; Pons et al., 2004). Die Fähigkeit, auf der Basis situativer Hinweise auf die Emotionen einer anderen Person zu schließen, wird als eine komplexere Komponente des Emotionswissens diskutiert, da sie ein Verständnis über regelhaften Verknüpfungen von Emotionen mit Ausdrucksmustern, Anlässen, Bewertungen und Konsequenzen widerspiegelt und zugleich anspruchsvollere sprachliche und kognitive Fähigkeiten erfordert (Strand et al., 2016).

Schlussfolgerungen für die klinische Praxis Für die Diagnostik und Förderung des Emotionswissens von Kindergartenkindern ergeben sich folgende Hinweise: Gemäß den Ergebnissen dieser Studie kann der EMK 3 – 6 als ein valides Verfahren zur Untersuchung unterschiedlicher Komponenten des Emotionswissens betrachtet werden. Vor allem die hier vorgestellte Kombination aus Aufgaben zum Zuordnen und Benennen hat sich bewährt, um die Emotionserkennung von Kindergartenkindern mit dem EMK 3 – 6 differenziert zu erfassen und individuelle Stärken und Schwächen eines Kindes in diesem Entwicklungsbereich zu bestimmen. Darüber hinaus sollten entwicklungsbedingte Unterschiede in einzelnen Komponenten des Emotionswissens bei Kindergartenkindern nicht unabhängig von ihrem Sprachentwicklungsniveau beurteilt werden, insbesondere dann, wenn Aufgaben mit sprachlichen Anforderungen an die Kinder zum Einsatz kommen. Die Berücksichtigung rezeptiver und expressiver Sprachfähigkeiten stellt nicht nur sicher, dass Kinder die Aufgabenanweisungen verstehen, sondern ermöglicht auch eine bessere diagnostische Einordnung der gezeigten Leistung und liefert zugleich wichtige Anhaltspunkte für die Förderung des Emotionswissens von Kindergartenkindern. Das Kindergartenalter stellt eine entscheidende Phase in der Entwicklung des Emotionswissens dar. Die Ergebnisse dieser Studie betonen den Nutzen früh einsetzender Angebote zur Förderung emotionaler Kompetenzen, von denen nicht nur jüngere, sondern auch sprachbeeinträchtigte Kinder erheblich profitieren können. Sinnvoll erscheint ein geKindheit und Entwicklung (2019), 28 (1), 59–67

stuftes und alltagsnahes Vorgehen, bei dem Kinder durch den Einbezug unterschiedlicher Medien (z. B. Bücher, Musik) und didaktischer Elemente (z. B. Vorlesen, Tanzen) zunächst Basisemotionen spielerisch kennen, erkennen und ausdrücken lernen (Petermann & Gust, 2016b). Entsprechendes Bildmaterial sollte dabei so gestaltet sein, dass das Ausdrucksverhalten (Mimik, Gestik, Körperhaltung) eindeutig zu erkennen ist. Darauf aufbauend tragen ausführliche Gespräche über typische Auslöser und Ursachen sowie verschiedene Bewältigungsformen von Emotionen zu einer Differenzierung des Emotionswissens bei. Der gemeinsame Austausch über emotionale Befindlichkeiten und Erlebnisse kann schließlich auch das Emotionsvokabulars erweitern (Salmon et al., 2013) und das Verständnis für die Emotionen anderer fördern (Petermann & Wiedebusch, 2016). Die vorliegende Studie beschäftigt sich mit ausgewählten Aspekten des Emotionswissens. Im nächsten Schritt sollten weitere Facetten, wie das Wissen über Ursachen und Möglichkeiten zur Emotionsregulation, bei Kindergartenkindern untersucht werden, da hierzu im deutschsprachigen Raum wenige Erkenntnisse vorliegen. Zudem gibt es Hinweise, dass entwicklungs- und verhaltensauffällige Kinder Defizite im Erkennen spezifischer Emotionen zeigen (Bakopoulou & Dockrell, 2016; Martin et al., 2015). Da sich das Verständnis von positiven und negativen Emotionen unterschiedlich schnell ausdifferenziert (Widen, 2016), sind daher Studien zur Entwicklung der emotionsspezifischen Erkennungsleistung von Kindergartenkindern von großem Nutzen für die klinische Praxis.

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Dr. Franziska Ulrich Prof. Dr. Franz Petermann Dr. Nicole Gust Zentrum für Klinische Psychologie und Rehabilitation der Universität Bremen Grazer Straße 6 28359 Bremen f.ulrich@uni-bremen.de

Kindheit und Entwicklung (2019), 28 (1), 59–67


Studie

Die Rolle von Partnerschaft, Erziehung und Elternstress beim Problemverhalten von Kindern im Vorschulalter Anna-Leena Feldkötter, Tamara Thomsen und Nora Lessing Institut für Psychologie der Universität Hildesheim Zusammenfassung: Das Elternhaus bildet für Kinder, insbesondere in jüngeren Lebensjahren, den zentralen Lebensraum. Dabei sind Eltern die ersten und engsten Bezugspersonen und tragen für die Entwicklung und Entfaltung der Kinder Verantwortung. Die vorliegende Fragebogenstudie untersucht bei N = 81 Elternteilen und ihren Kindern im Alter von 3 bis 6 Jahren (M = 5.22 J., SD = 0.86) den Zusammenhang von Partnerschaftszufriedenheit, positiven sowie negativen Erziehungsverhaltensweisen und Elternstress auf das kindliche Problemverhalten. Multiple Regressionsanalysen zeigen, dass der negative Zusammenhang zwischen der Partnerschaftszufriedenheit und dem kindlichen Problemverhalten vollständig über das negative Erziehungsverhalten bzw. den Elternstress vermittelt wird. Die Ergebnisse unterstützen somit die Spillover-Hypothese und nicht die Kompensationshypothese. Insgesamt legen die Befunde zudem den Schluss nahe, dass negatives Erziehungsverhalten mehr negative Verhaltensweisen der Kinder begünstigt, als positives Erziehungsverhalten dieses vermeidet. Schlüsselwörter: kindliches Problemverhalten, Partnerschaftszufriedenheit, Erziehungsverhalten, Elternstress

The Role of Partnership, Parental Behavior, and Parenting Stress on the Problem Behavior of Preschool Children Abstract: Parents form the central living space for children, especially in their younger ages. They are the primary caregivers – they are responsible and influential for a child’s development. Therefore, it is crucial that parenting behavior is conducive to the child’s development. Studies consistently show that children’s psychological and physical health can be severely affected by parental conflict and disharmony (Harold & Sellers, 2018). The present study not only focuses on the relation between relationship satisfaction and the child’s problem behavior (i. e., emotional problems, behavioral problems, hyperactivity, and peer problems), but also investigates the mediating or moderating role of positive parental behavior (i. e., involvement, positive parenting), negative parental behavior (e. g., physical punishment, inconsistent parenting behavior, powerful enforcement) and parental stress. Here, two hypotheses are contrasted: the spillover hypothesis versus compensatory hypothesis. The assumption under the spillover hypothesis is that an unsatisfactory partnership leads to negative educational behavior, which then has a negative effect on the development of the child (mediation hypothesis). This contrasts with the examination of the compensatory hypothesis, in which a favorable parenting behavior should buffer the negative relationship between partnership satisfaction and child problem behavior (moderation hypothesis). As part of the CORE² project (Conditions of Regulation and Coping Resources) 81 parents whose children were between 3 and 6 years old (M = 5.22 years, SD = 0.86) were cross-sectionally interviewed by pre-established questionnaires. Overall, the results suggest that the negative relation between relationship satisfaction and the child’s problem behavior is completely mediated through negative parental behavior and parental stress. This confirms the acceptance of the spillover hypothesis. No moderating effects were detected, leading to a rejection of the compensatory hypothesis. In addition, negative parental behavior correlated significantly with problem behavior, while positive parental behavior did not significantly correlate with problem behavior of children. Although causal relationships cannot be deduced based on the cross-sectional design, it could be tentatively assumed that negative parental behavior plays a greater role in negative child behavior than does positive parental behavior in preventing it. The clarification of causality should be the subject of further investigations. The perception, reflection, and treatment of family dynamics, in addition to the treatment of children’s behavioral problems, are crucial to ensure the best possible development for children. Keywords: behavior problems of children, relationship satisfaction, parental negative and positive behavior, parental stress, spillover and compensatory hypothesis

Im frühen Kindesalter stellt das Elternhaus die zentrale Lebenswelt und den primären Entwicklungskontext von Kindern dar. Die ersten Lebensjahre sind eine besonders Kindheit und Entwicklung (2019), 28 (1), 68–76 https://doi.org/10.1026/0942-5403/a000272

prägende Zeit, in der „spezifische Erfahrungen maximale positive oder negative Wirkungen haben“ (Montada, 2008, S. 29) und als Grundlage für die gesamte weitere © 2019 Hogrefe Verlag


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Entwicklung stehen. Folglich kann das jeweilige Klima innerhalb einer Familie entscheidend für eine gesunde kindliche Entwicklung sein. Innerhalb der letzten zwei Dekaden konnten Studien zeigen, dass eine als schwierig erlebte Partnerschaft sowie ausgeprägtes elterliches Streitverhalten mit Verhaltensauffälligkeiten im Kindesund Jugendalter im Zusammenhang stehen (Gabriel & Bodenmann, 2006a; Grych & Fincham, 2001; Reichle & Gloger-Tippelt, 2007; Zemp, 2018; Zemp & Bodenmann, 2015), die wiederum zu Vorläufern für Störungen im Erwachsenenalter werden können (Kim-Cohen et al., 2003). Studien zeigen konsistent, dass Kinder, die in einem Familienklima aufwachsen, das von partnerschaftlicher Disharmonie und Konflikten gekennzeichnet ist, mehr Problemverhalten aufweisen als Kinder von Eltern in harmonischen Partnerschaften (Gabriel & Bodenmann, 2006a, b; Weindrich, Laucht, Esser & Schmidt, 1992). Probleme auf Paarebene können die Entwicklung von Kindern bremsen, wenn beispielsweise Kinder als Schiedsrichter positioniert oder angeleitet werden, Loyalität zu einer Seite zu bekunden, aber auch wenn eine destruktive Konfliktaustragung zwischen den Paaren stattfindet (z. B. chronisches Auftreten unversöhnlicher, dysfunktionaler Kommunikation; Cummings & Davis, 2010; Harold & Sellers, 2018; Honkanen-Schoberth, 2002). Dabei beeinträchtigt besonders Letzteres ein basales Bedürfnis der Kinder nach familiärer Sicherheit (Cummings & Davis, 2010; Zemp & Bodenmann, 2015). In einer prospektiven Längsschnittstudie mit 315 Familien im Rahmen der Mannheimer Risikokinderstudie zeigten Weindrich und Kollegen (1992), dass drei Monate alte Kinder, deren Eltern eine disharmonische Partnerbeziehung beschrieben, mit 24 Monaten signifikant mehr Verhaltensauffälligkeiten aufwiesen als Kinder, deren Eltern eine harmonische Beziehung führten. Studien von Gabriel und Bodenmann (2006a, b) deuten darauf hin, dass internalisierende und externalisierende kindliche Verhaltensauffälligkeiten in einem signifikanten Zusammenhang mit elterlichen Erziehungskonflikten stehen und dass Eltern, deren Kinder Aufmerksamkeitsprobleme und / oder externalisierendes Verhalten zeigen, im Vergleich zur Kontrollgruppe signifikant niedrigere Werte im Wohlbefinden, der erzieherischen Rollenzufriedenheit und der Partnerschaftsqualität aufweisen. Ein aktueller zusammenfassender Überblicksartikel (Harold & Sellers, 2018) bestätigt die Befunde zur Rolle von Partnerschaftskonflikten bei der Entstehung von Verhaltensauffälligkeiten und hebt vor allem die Vielfalt der betroffenen Bereiche hervor: Ungünstige Entwicklungsverläufe der Kinder und Jugendlichen zeigen sich nicht nur auf verhaltensbezogener (z. B. externalisierende Probleme wie Störung des Sozialverhaltens) oder körperlicher Ebene (z. B. Schlafstörungen oder Kopfschmerzen), sondern auch in sozialen © 2019 Hogrefe Verlag

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(z. B. Probleme mit Geschwistern oder Freunden), emotionalen (z. B. internalisierende Probleme wie Depressionen und Ängste) und akademischen Bereichen (z. B. Schulschwierigkeiten) sowie mit Blick auf zukünftige zwischenmenschliche Beziehungen (z. B. spätere Partnerschaftsprobleme). In diesem Zusammenhang stellt sich jedoch die Frage nach den Wirkmechanismen, die erklären können, warum eine schlechte Partnerschaftsqualität zu kindlichen Verhaltensauffälligkeiten führt. Zum einen ist es möglich, dass das Lernen am Modell eine Erklärung dafür liefern kann, wie sich eine ungünstige Qualität der Elternpartnerschaft auf das Problemverhalten von Kindern auswirkt (Bandura, 1976, 2004). Kinder lernen beispielsweise feindseliges oder aggressives Verhalten, wenn sie beobachten, wie sich die Eltern feindselig oder aggressiv zueinander verhalten. Zum anderen kann die Spillover-Hypothese eine weitere Erklärung liefern. Beim sogenannten Spillover-Effekt wird davon ausgegangen, dass die elterliche Partnerschaftsqualität direkt mit spezifischen elterlichen Erziehungsverhaltensweisen zusammenhängt, die wiederum das Kind in seiner Entwicklung beeinflussen (Cox, Paley & Harter, 2001; Erel & Burman, 1995; Fincham & Hall, 2005; Katz & Gottman, 1996; Reichle & Gloger-Tippelt, 2007; Zimet & Jacob, 2001). Während Eltern in zufriedenen Partnerschaften empfänglicher und sensibler für die Bedürfnisse ihrer Kinder sind und eher positives Erziehungsverhalten (wie z. B. Wärme und Involviertheit) zeigen, sind Eltern in konflikthaften Partnerschaften weniger aufmerksam und sensitiv gegenüber ihren Kindern und reagieren auf kindliches Verhalten häufiger mit ungünstigem Erziehungsverhalten (wie z. B. körperlichen Strafen, geringem Monitoring, inkonsistentem Verhalten und machtvollem Durchsetzen). Da die Eltern aufgrund ihrer eigenen Belastung emotional weniger erreichbar und empathisch sind, reagieren sie möglicherweise ablehnender, aggressiver und feindseliger auf kindliches Verhalten, was wiederum zu ungünstigen Entwicklungsoutcomes auf Seiten der Kinder führt (Beelmann, Stemmler, Lösel & Jaursch, 2007; Franiek & Reichle, 2007; Petermann & Petermann, 2006; Reichle & Franiek, 2009; Reichle & Gloger-Tippelt, 2007). Studien, die den Spillover-Effekt in Familien untersuchen, zeigen gemäß der Hypothese negative Zusammenhänge zwischen dem elterlichen Streitverhalten und dem positiven Erziehungsverhalten gegenüber dem Kind. Sie führen auch an, dass eine mangelhafte Ehebeziehung mit einer schwierigen Beziehung der Eltern zum Kind einhergeht (Coiro & Emery, 1998; Erel & Burman, 1995). So konnte nachgewiesen werden, dass der Zusammenhang zwischen feindseligen ehelichen Interaktionen von Eltern und aggressivem, negativen Spiel ihrer Kinder durch das ablehnende Verhalten des Vaters mediiert wird (Katz & Kindheit und Entwicklung (2019), 28 (1), 68–76


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Gottman, 1996). Auch Cina und Bodenmann (2009) konnten belegen, dass der Zusammenhang von negativer Konfliktkommunikation der Eltern und kindlichem Problemverhalten indirekt über ein ungünstiges Erziehungsverhalten mediiert wurde. Reichle, Franiek und DetteHagenmeyer (2010) fanden zudem einen Zusammenhang von Resignation und Rückzug bei elterlichen Konflikten und oppositionell-aggressivem Verhalten der Kinder, der durch inkonsistentes Elternverhalten mediiert wurde. Der Spillover-Hypothese steht jedoch die Kompensationshypothese gegenüber, bei der davon ausgegangen wird, dass eine stressvolle und nicht zufriedenstellende Partnerschaft die Aufmerksamkeit auf das Kind vergrößert, um damit die fehlende Partnerschaftszufriedenheit zu kompensieren (Erel & Burman, 1995). Aufgrund der elterlichen Unzufriedenheit über die Paarbeziehung wird mehr Anstrengung und Energie in Form von Zuneigung, Aufmerksamkeit, Sensibilität und Zeit für die Beziehung zum Kind mobilisiert. Eltern streben somit nach einer engen und erfüllenden Beziehung zum Kind, da ihnen dies in ihrer Partnerschaft verwehrt wird. Hier wird von einem moderierenden Effekt ausgegangen, bei dem der Zusammenhang einer mangelnden partnerschaftlichen Beziehungsqualität und kindlichem Problemverhalten durch ein positives Erziehungsverhalten gepuffert wird (Cox et al., 2001; Erel & Burman, 1995; Fincham & Halll, 2005; Katz & Gottman, 1996). Empirisch konnten jedoch nur wenige Ergebnisse diese Kompensationseffekte bestätigen: Frosch und Mangelsdorf (2001) ebenso wie Katz und Gottman (1997) fanden in Studien mit Kindern im Vor- und Grundschulalter, dass positives Elternverhalten (wie z. B. Wärme, Lob, Sensibilität, keine abfällige Haltung und Unterstützung im Umgang mit Emotionen der Kinder) angesichts ehelicher Probleme, Konflikte oder Trennung die Auswirkungen auf Verhaltensprobleme (z. B. in Bezug auf die Emotionsregulationsfähigkeiten oder den Umgang mit Gleichaltrigen) reduzieren und einen puffernden Effekt haben. Insgesamt zeigt sich in der Forschung rund um die Spillover- und Kompensationshypothese ein eher uneinheitliches Bild zur Rolle des Elternverhaltens beim Zusammenhang von Partnerschaftsqualität und kindlichen Verhaltensproblemen. Zwar können überwiegend Belege für Mediationseffekte (Spillover-Hypothese), aber auch einige für Moderationseffekte (Kompensationshypothese) gefunden werden. Während ein großer Teil an Studien überwiegend das eheliche Konfliktverhalten untersucht, beschäftigt sich die vorliegende empirische Untersuchung mit dem Zusammenhang von ehelicher Partnerschaftszufriedenheit und kindlichem Problemverhalten. Als mögliche Wirkmechanismen werden nicht nur das elterliche Erziehungsverhalten, sondern auch das elterliche Kindheit und Entwicklung (2019), 28 (1), 68–76

Stresserleben untersucht. Das Zusammenspiel der Variablen soll sowohl anhand der Spillover- als auch anhand der Kompensationshypothese überprüft werden.

Fragestellung Im Fokus der hier vorgestellten Querschnittstudie steht die Frage, ob das elterliche Erziehungsverhalten oder der Elternstress eine Rolle bei dem vermuteten negativen Zusammenhang von Partnerschaftszufriedenheit und kindlichem Problemverhalten spielt. Dabei soll untersucht werden, ob eher von einer mediierenden (SpilloverHypothese) oder einer moderierenden (Kompensationshypothese) Rolle des Erziehungsverhaltens bzw. des Elternstresses auszugehen ist. Die Annahme unter der Spillover-Hypothese ist, dass eine nicht zufriedenstellende Partnerschaft mit negativen Erziehungsverhaltensweisen verknüpft ist, welche wiederum mit kindlichem Problemverhalten in Zusammenhang stehen. Dem gegenüber steht die Prüfung der Kompensationshypothese, bei der ein günstiges Erziehungsverhalten den negativen Zusammenhang zwischen Partnerschaftszufriedenheit und kindlichem Problemverhalten moderieren sollte. Unter Berücksichtigung bisheriger Studienergebnisse ist anzunehmen, dass die Spillover-Hypothese bestätigt wird, nicht nur, weil diese häufiger nachgewiesen werden konnte, sondern auch, da Partnerschaftsqualität, Erziehungsverhalten, Elternstress und Problemverhalten simultan und ohne Zeitverzögerung erfasst wurden.

Methode Design und Durchführung Die Datenerhebung erfolgte im Rahmen des CORE²Projektes (Conditions of Regulation and Coping Resources), an dem 101 Kinder im Alter von 3 bis 6 Jahren sowie jeweils ein Erziehungsberechtigter teilnahmen. Die Probandenrekrutierung erfolgte über Aushänge und Flyer in Kindertagesstätten, Arztpraxen und anderen öffentlichen Einrichtungen ebenso wie über Zeitungsartikel. Die Erhebungen fanden in Niedersachsen, Sachsen-Anhalt und Nordrhein-Westfalen statt. Während die Kinder zuhause oder in Räumlichkeiten der Universität untersucht wurden, füllten die Erziehungsberechtigten einen Fragebogen über sich und das Kind aus. Die für diese Studie relevanten Daten wurden ausschließlich über die elterliche Auskunft erfragt. © 2019 Hogrefe Verlag


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Stichprobe Von den ursprünglich 101 Kindern und Erziehungsberechtigten konnten Daten von 81 Probanden ausgewertet werden, da nur Elternteile mit einbezogen wurden, die mit dem jeweils leiblichen Vater (bzw. der Mutter) des Kindes noch zusammenleben1. Die Elternteile waren mit 91.4 % überwiegend Mütter (N = 74) und zwischen 24 und 48 Jahren alt (M = 37.88, SD = 4.58, N = 3 ohne Angabe). Die jeweiligen Partner waren zwischen 26 und 55 Jahren alt (M = 40.02, SD = 5.53, N = 4 ohne Angabe). Das Alter der Kinder lag zwischen 3 und 6 Jahren (M = 5.22, SD = 0.86), 48.1 % der Kinder waren weiblich (N = 39). Der durchschnittlich höchste Bildungsabschluss der teilnehmenden Elternteile lag im oberen Bereich (28.4 % Realschulabschluss; 9.9 % Fachabitur; 23.5 % allgemeine Hochschulreife; 32.1 % Masterabschluss, 6.2 % sonstige Angaben).

Erhebungsinstrumente Kindliches Problemverhalten Zur Erfassung kindlicher Verhaltensauffälligkeiten wurde die deutsche Version des Strengths and Difficulties Questionnaire (SDQ-Deu) verwendet (Klasen et al., 2000; Klasen, Woerner, Rothenberger & Goodman, 2003). Das Problemverhalten wurde aus vier Skalen (Emotionale Probleme, Verhaltensauffälligkeiten, Hyperaktivität und Probleme mit Gleichaltrigen) mit insgesamt 20 Items aufsummiert und gemittelt. Das Skalenniveau wurde abweichend vom Original von einem dreistufigen auf ein fünfstufiges (1 = „trifft nicht zu“ bis 5 = „trifft ganz genau zu”) erhöht, um die Bandbreite der Antwortmöglichkeiten zu vergrößern. Die innere Konsistenz der Gesamtskala liegt bei α = .86. Partnerschaftszufriedenheit Die Partnerschaftszufriedenheit wurde anhand der sieben Items der Skala Partnerschaft vom Elternstressfragebogen (ESF; Domsch & Lohaus, 2010) erhoben. Die Skala Partnerschaft misst die partnerschaftliche Unterstützung und Zufriedenheit sowie die Einigkeit bei der Erziehung. Jede der Aussagen konnte auf einer vierstufigen Skala (1 = „trifft nicht zu“ bis 4 = „trifft genau zu“) eingeschätzt werden. Die Items wurden summiert und gemittelt, die innere Konsistenz beträgt α = .82.

1

2

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Erziehungsverhalten Zur Messung des Erziehungsverhaltens wurden ausgewählte Skalen der deutschen erweiterten Version des Alabama Parenting Questionnaire für Eltern von Kindern im Grundschulalter (DEAPQ-EL-GS; Reichle & Franiek, 2007, 2009) verwendet. Das positive Erziehungsverhalten wurde durch die Erziehungsdimensionen Positives Elternverhalten (6 Items) und Involviertheit (6 Items) erfasst, während das negative Erziehungsverhalten anhand der Skalen Machtvolle Durchsetzung (6 Items), Inkonsistentes Elternverhalten (6 Items) und Körperliche Strafen (4 Items) bestimmt wurde2. Die Skalen positives und negatives Erziehungsverhalten wurden jeweils durch die Berechnung des arithmetischen Mittels gebildet. Jedes Item wurde auf einer fünfstufigen Skala beantwortet, die von (1) „nie“ bis (5) „immer“ reicht. Die innere Konsistenz liegt bei α = .72 für positives Erziehungsverhalten und bei α = .73 für negatives Erziehungsverhalten. Elternstress Der subjektive Elternstress wurde mit der Skala Elterliches Stresserleben des Elternstressfragebogens (ESF; Domsch & Lohaus, 2010) erfasst. Die insgesamt 17 Items beziehen sich inhaltlich auf die empfundene Kompetenz in der Erziehung und den erlebten Stress durch die Elternschaft und Interaktion mit dem Kind. Die Skala wird ebenfalls durch das arithmetische Mittel der Items berechnet, die innere Konsistenz liegt bei α = .92.

Statistisches Vorgehen Sämtliche statistische Analysen wurden mit SPSS Version 24 berechnet. Den deskriptiven Statistiken zum kindlichen Problemverhalten, der Partnerschaftszufriedenheit, dem Erziehungsverhalten und dem Elternstress folgen bivariate Korrelationsanalysen. Um mediierende Effekte zu überprüfen, wurden drei Modelle anhand von multiplen Regressionsanalysen mit dem Macro PROCESS (Hayes, 2018) berechnet. Unabhängige Variable war stets die Partnerschaftszufriedenheit (X) und abhängige Variable das kindliche Problemverhalten (Y). Als Mediatoren (M) werden das negative Erziehungsverhalten (Modell 1), der Elternstress (Modell 2) und das positive Erziehungsverhalten (Modell 3) untersucht. Abbildung 1 verdeutlicht die in den Mediationsanalysen berechneten Pfade (a, b, c, c‘). Berichtet werden die standardisierten Koeffizienten (β), die Modellgüte (R, R2, F(df1,df2)) so-

Bei den ausgeschlossenen Probanden lebten die leiblichen Eltern getrennt, der Fragebogen wurde von beiden Elternteilen ausgefüllt oder von anderen Erziehungsberechtigten (z. B. Großeltern). Obwohl der Fragebogen ursprünglich für Eltern von Grundschulkindern konzipiert wurde, lassen sich nahezu alle Items für die jüngere Altersgruppe im Wortlaut übernehmen, lediglich drei Items wurden vom Schul- an den Kindergartenkontext angepasst (z. B. ”Sie fragen Ihr Kind, wie sein Tag in der Schule war” = ”Sie fragen Ihr Kind, wie sein Tag im Kindergarten war”).

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Anmerkungen: a=direkter Pfad von Partnerschaftszufriedenheit (X) auf das negative Erziehungsverhalten (M im Modell 1), den Elternstress (M im Modell 2) und das positive Erziehungsverhalten (M im Modell 3); b=direkter Pfad des negativen Erziehungsverhaltens (M im Modell 1), des Elternstresses (M im Modell 2) und des positiven Erziehungsverhaltens (M im Modell 3) auf das kindliche Problemverhalten; c =Pfad von Partnerschaftszufriedenheit (X) auf das kindliche Problemverhalten; c‘ =Pfad von Partnerschaftszufriedenheit (X) auf das kindliche Problemverhalten, mediiert durch das negative Erziehungsverhalten (M im Modell 1), den Elternstress (M im Modell 2) und das positive Erziehungsverhalten (M im Modell 3).

Abbildung 1. Mediatormodelle mit Bezeichnung der zu berechnenden Pfade.

Tabelle 1. Deskriptive Statistik und bivariate Zusammenhänge M (SD)

Min-Max

1

2

Kindliches Problemverhalten

1.95 (.47)

1.05 – 2.95

-.24*

-.15

Partnerschaftszufriedenheit

3.06 (.60)

1.14 – 4.00

-.18

-.26*

-.24*

.01

Positives Erziehungsverhalten

4.20 (.34)

3.42 – 5.00

-.02

-.12

-.15

Negatives Erziehungsverhalten

2.37 (.34)

1.56 – 3.17

Variable

Elternstress

2.11 (.54)

1.24 – 3.59

Alter

5.22 (.86)

3.67 – 6.92

3

4 .49**

5 .59**

6 .20

.45**

.16

.17 –

Anmerkungen: 79 ≥ N ≤ 81; ** p < .01; * p < .05

wie die Signifikanz des indirekten Effekts (ab) mittels des Bootstrapping-Verfahrens (bei 5000 gezogenen BootstrapSamples und einem 95 % Bootstrap-Konfidenzintervall). Anschließend wurde eine Moderationsanalyse anhand der multiplen Regression mit der unabhängigen Variable Partnerschaftszufriedenheit, der abhängigen Variable kindliches Problemverhalten und dem Moderator positives Erziehungsverhalten berechnet. Die Prädiktoren wurden zentriert, um Multikollinearität zu vermeiden.

Ergebnisse Deskriptive Ergebnisse Tabelle 1 zeigt die bivariaten Korrelationen zwischen der Partnerschaftszufriedenheit, dem Erziehungsverhalten, dem Elternstress und dem kindlichen Problemverhalten. Zwischen der Partnerschaftszufriedenheit und dem kindlichen Problemverhalten zeigt sich eine signifikant negative Korrelation. Ein Zusammenhang zwischen Partnerschaft und Erziehungsverhalten findet sich lediglich beim negativen ErKindheit und Entwicklung (2019), 28 (1), 68–76

ziehungsverhalten. Auch der Elternstress ist signifikant negativ mit der Partnerschaftszufriedenheit korreliert. Zwischen dem kindlichen Problemverhalten und dem Erziehungsverhalten lässt sich erneut nur für das negative Erziehungsverhalten sowie für den Elternstress eine signifikante Korrelation finden.

Spillover-Effekte: Mediationsanalysen Das erste Mediationsmodell (Abb. 2) zeigt einen signifikant indirekten Effekt der Partnerschaftsqualität über das negative Erziehungsverhalten auf das kindliche Problemverhalten (ab = -.10, CI95% = -.22 bis -.01). Auch das zweite Mediationsmodell (Abb. 3) zeigt einen signifikant indirekten Effekt, mediiert über den elterlichen Stress (ab = -.11, CI95% = -.24 bis -.02). Da in beiden Modellen der signifikante Zusammenhang zwischen Partnerschaftszufriedenheit und kindlichem Problemverhalten unter Berücksichtigung der Mediatoren nahezu vollständig verschwindet, kann von einer vollständigen Mediation ausgegangen werden. Da weder signifikante Korrelationen des positiven Elternverhaltens mit der Partnerschaftszufriedenheit noch mit dem kindlichen Problem© 2019 Hogrefe Verlag


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Anmerkungen: Angabe der standardisierten Koeffizienten (β), * p < .05, ** p < .01, R = .50, R2 =.25, F(2,76) = 12.98, p = .000

Abbildung 2. Mediationsmodell für den Zusammenhang zwischen Partnerschaftszufriedenheit und kindlichem Problemverhalten, mediiert durch das negative Erziehungsverhalten.

Anmerkungen: Angabe der standardisierten Koeffizienten (β), * p < .05, ** p < .01, R = .60, R2 =.36, F(2,76) = 21.59, p = .000

Abbildung 3. Mediationsmodell für den Zusammenhang zwischen Partnerschaftszufriedenheit und kindlichem Problemverhalten, mediiert durch den Elternstress.

Tabelle 2. Ergebnisse der multiplen Regressionsanalyse (Moderationsanalyse) zur Vorhersage des kindlichen Problemverhaltens durch die Partnerschaftszufriedenheit, das positive Erziehungsverhalten und deren Interaktion B

SE

β

Partnerschaftszufriedenheit

-.18

.10

-.23

Positives Erziehungsverhalten

-.26

.16

-.19

Partnerschaftszufriedenheit x positives Erziehungsverhalten

-.25

.27

-.11

Prädiktoren

verhalten gefunden wurden, sind im dritten Modell die Voraussetzungen für die Berechnung einer Mediationsanalyse nicht erfüllt, es wird daher nicht berechnet.

Kompensationseffekte: Moderationsanalyse Das Ergebnis der multiplen Regressionsanalyse, R = .32, R2 = .10, F(3,75) = 2.85, p = .04, zeigt, dass das positive Erziehungsverhalten den Zusammenhang zwischen Partnerschaftszufriedenheit und kindlichem Problemverhalten nicht abmildert: Die Interaktion von Partnerschaftszufriedenheit und positivem Erziehungsverhalten wird nicht signifikant (Tab. 2).

Diskussion Die Befunde der Untersuchung zeigen, dass eine als unzufrieden erlebte Partnerschaft mit dem Problemverhalten von Kindern im Alter von 3 bis 6 Jahren im Zusam© 2019 Hogrefe Verlag

menhang steht. Dieser Zusammenhang wird durch negative Erziehungsverhaltensweisen und elterliches Stresserleben mediiert. Demnach scheinen Eltern, die mit ihrer aktuellen Partnerschaft unzufrieden sind, eher ungünstige Erziehungsstrategien anzuwenden und ein höheres elterliches Stresserleben zu empfinden, was wiederum mit kindlichem Problemverhalten einhergeht. Dahingegen konnte weder ein vermittelnder noch ein kompensierender Effekt von positiven Erziehungsverhaltensweisen gefunden werden. Die Ergebnisse stützen somit eher die Spillover-Hypothese für ungünstige elterliche Verhaltensweisen. Obwohl die Befunde der Studie, wie auch viele andere Forschungsergebnisse, die Spillover-Hypothese bestätigen, sollte die Kompensationshypothese nicht endgültig verworfen werden. Die spärlichen Belege für die Kompensationshypothese könnten möglicherweise dadurch erklärt werden, dass die Effekte zeitverzögert auftreten: Hinweise dazu gibt eine Studie von Kouros, Papp, GoekeMorey und Cummings (2014), die die eheliche Qualität und ihre Auswirkung auf die Eltern-Kind-Beziehung über ein Tagebuchverfahren untersuchten, das über fünfzehn Tage hinweg von den Eltern ausgefüllt wurde. Analysen, Kindheit und Entwicklung (2019), 28 (1), 68–76


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die sich auf elterliche Angaben am selben Tag bezogen, konnten zeigen, dass die beschriebene Ehequalität und die Eltern-Kind-Beziehung signifikant positiv miteinander zusammenhingen, was von den Autoren als Beleg für die Spillover-Hypothese gewertet wurde. Wurde die Beziehung der Mutter zum Kind zeitverzögert betrachtet, zeigte sich hingegen ein negativer Zusammenhang, der eher als Beleg der Kompensationshypothese gewertet wurde: Eine niedrige eheliche Qualität wurde mit einem Anstieg der Mutter-Kind Beziehung von einem auf den anderen Tag in Verbindung gebracht. In nachfolgenden Studien wäre es interessant, sich mit den möglichen Bedingungen für das Auftreten eines Kompensationseffektes zu befassen, da auch dieser Effekt – wenn auch spärlich – in der Forschung gefunden werden konnte (Kouros et al., 2014). Wie beschrieben könnte ein möglicher Einflussfaktor die Dauer der Unzufriedenheit mit der Beziehung sein. Beispielsweise kann akut empfundene partnerschaftliche Unzufriedenheit zunächst zu ungünstigem Erziehungsverhalten gegenüber dem Kind führen, bei länger empfundener Unzufriedenheit könnte sich jedoch eine Gewöhnung einstellen, die dazu führen könnte, dass Eltern sich bemühen, die Beziehung zum Kind möglichst positiv zu gestalten, um die partnerschaftliche Unzufriedenheit zu kompensieren. Insgesamt ist zu berücksichtigen, dass kompensatorischen Prozessen insbesondere im klinischtherapeutischen Kontext nach wie vor ein großer Stellenwert zugesprochen wird. Weiterhin könnte untersucht werden, ob auch Emotionsregulations- und Bewältigungsstrategien der Eltern eine Rolle bei der Frage nach Spillover versus Kompensation eine Rolle spielen. So wäre denkbar, dass Menschen in unzufriedenen Partnerschaften mit ungünstigen (z. B. aggressiven) Emotionsregulationsstrategien verstärkt ihre Unzufriedenheit an den Kindern auslassen (Spillover), während Eltern mit eher günstigen (z. B. problemorientierten oder kognitiven) Strategien ihre Emotionen besser regulieren können und sich somit mehr in die Erziehung und Wahrnehmung der Bedürfnisse ihrer Kindern involvieren (Kompensation). Daneben wäre auch interessant, weitere personenbezogene Faktoren (z. B. Empathiefähigkeit) als mögliche, den Unterschied erklärende Variable zu untersuchen. Weiterhin aufschlussreich wären die Auskünfte beider Elternteile bei der Befragung der Partnerschaftszufriedenheit sowie die zusätzliche Befragung von Erziehern zum Problemverhalten der Kinder, um eine vom familiären Kontext unabhängige Sichtweise zu erhalten. Neben den fehlenden Befunden für positive elterliche Erziehungsstrategien ist auch die signifikant positive Korrelation von negativem Erziehungsverhalten und kindlichem Problemverhalten im Vergleich zur nicht signifikanten Korrelation von positivem ErziehungsverhalKindheit und Entwicklung (2019), 28 (1), 68–76

ten und kindlichem Problemverhalten auffallend. Möglicherweise hat hinderliches und inadäquates Elternverhalten, wie machtvolle Durchsetzung, Inkonsistenz oder körperliches Strafen, eine größere Bedeutung für problematisches Verhalten von Kindern, als förderliches Elternverhalten kindliches Problemverhalten verhindert. Ein vergleichbares Ergebnis wurde ebenfalls in der Längsschnittstudie von Beelmann und Kollegen (2007) gefunden. Hier zeigten sich hohe positive Zusammenhänge zwischen externalisierenden Verhaltensweisen der Kinder und problematischen Verhaltensweisen der Eltern, aber nur geringe negative Zusammenhänge mit fürsorglichem Elternverhalten. Auch Scarr (1992) deutet in seinem Überblicksartikel auf diesen Umstand hin. Er kommt zu dem Schluss, dass normale Entwicklung von Kindern davon abhängt, dass die Umweltbedingungen (z. B. Erziehungsverhalten), in denen sie aufwachsen, in den normalen Bereich fallen, während außergewöhnlich gutes Elternverhalten hingegen keine überdurchschnittlich gute Entwicklung fördert. Hingegen kann schlechtes Elternverhalten, als Abweichung von der Norm, dauerhafte Beeinträchtigungen in der Entwicklung mit sich bringen. Eine weitere Erklärungsmöglichkeit liefern Baumeister, Bratslavsky, Finkenauer und Vohs (2001). Sie vermuten, dass negative Ereignisse und Erlebnisse Veränderungsbedarf signalisieren und somit Anpassungsfähigkeit vorantreiben, sie sind daher evolutionär adaptiv und haben somit stärkeren Einfluss auf das Individuum. Generell muss bei der Interpretation der vorliegenden Ergebnisse bedacht werden, dass aufgrund des Querschnittdesigns keine kausalen Schlussfolgerungen abgeleitet werden können. Es sind stets zwei Wirkrichtungen oder auch wechselseitige Beziehungen zwischen den Variablen möglich. Es wäre beispielsweise auch möglich, dass Kinder, die problematisches Verhalten zeigen, ungünstiges Erziehungsverhalten und Elternstress hervorrufen, die wiederum zu einer sinkenden Partnerschaftsqualität führen, da viel Energie und Kraft in das Kind investiert wird, so dass die elterliche Beziehung darunter leidet. Auch ein wechselseitiger Zusammenhang könnte angenommen werden und sollte Untersuchungsgegenstand zukünftiger Studien sein. Dabei sollten nachfolgende Studien die aufgeworfene Fragestellung längsschnittlich verfolgen, um Rückschlüsse auf Ursache-WirkungsZusammenhänge zu ermöglichen. Zudem sollte künftig eine größere Stichprobe untersucht werden. Zwar zeigen Sensitivitätsanalysen in G*Power 3.1.9.3 (unter der Annahme von p = .05 und 1- β = .90 bei 2 Prädiktoren), dass mit der vorliegenden Stichprobe von 81 Kindern zumindest mittlere Effekte (f2 = 0.16) aufgedeckt werden können, jedoch ist es möglich, dass kleine Effekte in dieser Studie unentdeckt blieben. Um künftig auch kleine Effekte von f2 = 0.02 aufdecken zu können, wäre (unter selbi© 2019 Hogrefe Verlag


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gen Annahmen in G-Power) jedoch eine erheblich größere Stichprobe von 636 Kindern notwendig. Weitere Limitationen der vorliegenden Studie können sich durch die methodischen Vorgehensweisen ergeben. Im Allgemeinen setzt die Erhebung durch ein schriftliches Selbstberichtsverfahren Introspektionsfähigkeit voraus. Zudem lassen sich in Selbstauskunfts- sowie Fremdbeurteilungsverfahren Antworttendenzen – etwa im Sinne der sozialen Erwünschtheit – nicht ausschließen. So zeigt sich bei der Betrachtung des positiven Erziehungsverhaltens ein sehr hoher Mittelwert bei geringer Streuung, was auf eine Überschätzung der Eltern bezüglich ihres günstigen Erziehungsverhaltens hindeuten könnte (Reichle & Franiek, 2009). Daneben birgt die Form der Probandenerhebung eine Gefahr für Selektivitätseffekte: Freiwilligen Probanden werden nicht nur eine bessere Schulbildung und eine höhere Intelligenz, sondern auch höhere soziale Kompetenzen zugesprochen (Bortz & Döring, 2006). Die deskriptive Beschreibung der Stichprobe deutet auf Ersteres hin. Ebenso stellt die geringfügige Modifikation der Fragebögen (Veränderung der Antwortbreite der Items beim SDQ von drei- zu fünfstufig sowie die Anwendung des DEAPQ an einer nicht altersentsprechenden Zielgruppe) eine Einschränkung dar und muss bei der Interpretation berücksichtigt werden. Grund für die größere Antwortalternative beim SDQ war die Ermöglichung einer breiteren Streuung mit dem Ziel eines differenzierteren Informationsgewinns. Der DEAPQ, ursprünglich für Grundschulkinder konzipiert, wurde in der vorliegenden Stichprobe verwendet, da für das Kindergartenalter keine vergleichbaren Fragebögen existieren. Dazu wurden drei Items geändert, die Änderungen waren jedoch so gering, dass dies den Autoren vertretbar erschien. Zuletzt muss bedacht werden, dass die Reliabilitäten des DEAPQ lediglich zufriedenstellend sind. Die Ergebnisse der vorliegenden Studie sind nicht nur aus grundlagentheoretischer, sondern auch aus anwendungsbezogener Perspektive wertvoll. Auch wenn die Kausalität von Elternverhalten, Partnerschaftszufriedenheit und kindlichem Problemverhalten sowie die Frage nach Spillover und Kompensation nicht abschließend geklärt ist, sprechen die Befunde dafür, dass präventive und intervenierende Maßnahmen nicht nur beim Kind selbst ansetzen sollten, sondern die gesamte Dynamik in der Familie erfasst werden sollte. Im Hinblick auf die Ergebnisse scheint es sinnvoll, bei der präventiven, aber auch intervenierenden Arbeit mit Kindern eine umfassende Einbeziehung der partnerschaftlichen Situation und des Elternverhaltens vorzunehmen (Zemp & Bodenmann, 2015). Hier können beispielsweise Erziehungsberatung, Elterntrainings oder Trainings auf Paarebene einen entscheidenden Beitrag dazu leisten, dass Eltern sich den möglichen Konsequenzen von negativem Erziehungsver© 2019 Hogrefe Verlag

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halten, Elternstress und Beziehungsproblemen bewusst werden und diesen gezielt entgegenwirken können, was sich wiederum positiv auf die Gesundheit der Kinder auswirken sollte. Inhalte der Maßnahmen von Elternoder auch Paartrainings sollten beispielsweise berücksichtigen, dass Kinder sensibel auf verbale und vor allem auch nonverbale Signale für Konflikte und Spannungen in der Familie bzw. Partnerschaft reagieren, Eltern eine Vorbildfunktion haben und die Qualität der Konfliktaustragung entscheidend dafür ist, ob Paarkonflikte problematisch für das Kind sind. Ein Paar, das keine Konflikte hat, ist in seiner Erziehung weniger widersprüchlich und kooperativer (Zemp & Bodenmann, 2015). Auch bereits bestehende evidenzbasierte verhaltenstherapeutische Elterntrainings, wie beispielsweise Triple P (Positive Parenting Program) oder PCIT (Parent Child Interaction Therapy), können bei vorliegenden destruktiven Dynamiken in Familien ansetzen und diese verändern. Ziel der Trainings ist dabei nicht nur die Förderung der Erziehungskompetenzen der Eltern, sondern auch der positiven Kommunikation in der Eltern-Kind-Interaktion. Für eine umfassendere Präventions- und Interventionsarbeit spricht nicht nur, dass kindliche Verhaltensauffälligkeiten häufig Vorläufer von Störungen im Erwachsenenalter sind (Kim-Cohen et al., 2003) und diesen daher entgegengewirkt werden sollte, sondern auch die aktuelle Studienlage zur Effektivität von Präventions- und Interventionsprogrammen zur Gesundheitsförderung, die generell als positiv zu bewerten ist (Beelmann, Pfost & Schmitt, 2014; Herr, Mingebach, Becker, Christiansen & Kamp-Becker, 2015; Kamp-Becker, Becker & Petermann, 2015; Kliem, Foran & Hahlweg, 2015).

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Anna-Leena Feldkötter, MSc. Päd. Psych. Dr. phil. Tamara Thomsen Dr. phil. Nora Lessing Institut für Psychologie der Universität Hildesheim Universitätsplatz 1 31141 Hildesheim tamara.thomsen@uni-hildesheim.de

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Mitteilungen Kongresskalender 25.01.-26. 01. 2019. Kongress für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik, in Innsbruck, Austria. Thema: Essstörungen. Auskünfte: Claudia Bortolotti, Univ. Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Anichstraße 35, 6020 Innsbruck, Austria, claudia.bortolotti@tirol-kliniken.at 19.02.-23. 02. 2019. didacta- die Bildungsmesse, in Köln, Germany. Auskünfte: Koelnmesse GmbH, Messeplatz 1, 50679 Köln, Tel. +49 221 8210, info@koelnmesse.de, http://www.didacta-koeln.de/didacta/index-2.php 14.03.-16. 03. 2019. 20. Symposium Frühförderung 2019, in Leipzig, Germany. Thema: Partizipation. Auskünfte: Marion Horst, Vereinigung für Interdisziplinäre Frühförderung e.V., Seidlstraße 18a, 80335 München, Tel. +49 89 54589820, horst@fruehfoerderung-viff.de, http://www. dvfr.de/veranstaltungen/detail/event/20-symposion-fruehfoerderung-2019/ 14.03.-16. 03. 2019. Jahrestagung der Deutschsprachigen Gesellschaft für Psychotraumatologie, in Frankfurt am Main, Germany. Thema: Von Akut bis Komplex: Neue Diagnosen! Neue Behandlungen? Auskünfte: FISD, Postfach 201731, 20207 Hamburg, kongress@isd-hamburg. de, http://jahrestagungdegpt.org/ 20.03.-22. 03. 2019. Deutscher Kongress für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, in Berlin, Germany. Thema: Psychosomatik in unruhigen Zeiten – Vertrautes und Visionen. Auskünfte: K.I.T. Group GmbH Association & Conference Managemen, Kurfürstendamm 71, 10709 Berlin, psychosomatik@kit-group.org, http:// 2018.deutscher-psychosomatik-kongress.de/kongress/ 2019 – 2/ 10.04.-13. 04. 2019. XXXVI. DGKJP Kongress, in Mannheim, Germany. Thema: VERNETZT! – Neuronale Netze, Forschungsnetze, Versorgungsnetze, soziale Netze, inter-

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nationale Vernetzung. Auskünfte: Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie e. V., Reinhardtstr. 27 B, 10117 Berlin, geschaeftsstelle@dgkjp.de, http://www.dgkjp-kongress.de/ 03.05.-04. 05. 2019. 3. Kongress der Bundesvereinigung Verhaltenstherapie im Kindes- und Jugendalter (BVKJ) e. V., in Berlin, Germany. Thema: Kinder- und Jugendpsychotherapie – digital – Potentiale & Risiken. Auskünfte: BVKJ e.V., Ostbahnstraße 12, 76829 Landau, info@bvkj. org 02.07.-05. 07. 2019. 16th European Congress of Psychology, in Moskau, Russia. Auskünfte: Tel. +7 925 5206650, info@ecp2019.ru, https://ecp2019.ru/ 05.07.-07. 07. 2019. 11. Internationaler Kongress über Theorie und Therapie von Persönlichkeitsstörungen, in München, Germany. Thema: Radikalität und Polarisierung: Herausforderung für Therapie und Gesellschaft. Auskünfte: Schattauer Verlag/Klett-Cotta, Rotebühlstraße 71, 70178 Stuttgart, ikttp@schattauer.de 17.07.-20. 07. 2019. 9th World Congress of Behavioural and Cognitive Therapies, in Berlin, Germany. Thema: Cognitive and Behavioural Therapies at the Crossroads. Auskünfte: Andreas Veith, andreas.veith@wcbct2019.org, http://wcbct2019.org/ 21.05.-23. 05. 2020. 38. Symposium der Fachgruppe Klinische Psychologie und Psychotherapie der DGPs, in Mannheim, Germany. Auskünfte: Lehrstuhl für Bilogische und Klinische Psychologie und Psychotherapie, L13, 15 – 17, 68161 Mannheim, Tel. +49 621 1812106, klips@psychologie.uni-mannheim.de, http://klips.psychologie.unimannheim.de/38.%20Symposium%202020/

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Gutachterinnen und Gutachter für die Kindheit und Entwicklung In den vergangenen Jahrgängen (Ende 2016 bis Ende 2018) haben sich eine Reihe Kolleginnen und Kollegen bereit erklärt, eingegangene Manuskripte für die „Kindheit und Entwicklung“ zu begutachten. In den letzten Jahren ist es immer schwieriger geworden, Gutachterinnen bzw. Gutachter für diese Tätigkeit zu finden. Dies mag sehr unterschiedliche Gründe haben. Umso mehr danken die Herausgeber der „Kindheit und Entwicklung“ denjenigen, die sich immer wieder bereit erklären, für unsere Zeitschrift Manuskripte zu begutachten. Dies wissen die Herausgeber sehr zu schätzen, denn ohne ein qualifiziertes Review-Verfahren, zu dem die Gutachterinnen und Gutachter der „Kindheit und Entwicklung“ entscheidend beitragen, wäre eine Zeitschrift mit dieser Qualität unmöglich. Im Einzelnen waren beteiligt: Dr. Ellen Baier, Berg am Starnberger See Dr. Claus Barkmann, Hamburg Prof. Dr. Fabienne Becker-Stoll, München Prof. Dr. Hans-Werner Bierhoff, Bochum Prof. Dr. Thomas Bliesener, Hannover Prof. Dr. Hanna Christiansen, Marburg PD Dr. Monika Daseking, Hamburg PD Dr. Renate Drechsler, Zürich Prof. Dr. Harald A. Euler, Kassel Prof. Dr. Caterina Gawrilow, Tübingen Prof. Dr. Lutz Goldbeck, Ulm Prof. Dr. Kurt Hahlweg, Braunschweig Prof. Dr. Petra Hampel, Flensburg Prof. Dr. Reiner Hanewinkel, Kiel Prof. Dr. Marcus Hasselhorn, Frankfurt/M. Prof. Dr. Nina Heinrichs, Braunschweig Prof. Dr. Dr. Martin Holtmann, Bochum Prof. Dr. Inge Kamp-Becker, Marburg Dr. Julia Kerner auch Körner, Hamburg Prof. Dr. Ute Koglin, Oldenburg Prof. Dr. Kristin Krajewski, Ludwigsburg Prof. Dr. Manfred Laucht, Mannheim Prof. Dr. Gerhard Lauth, Köln Prof. Dr. Gerd Lehmkuhl, Berlin Prof. Dr. Arnold Lohaus, Bielefeld Dr. Thorsten Macha, Bremen Dr. Bernd W. Mack, Hamburg Dr. Jörg Müller, Münster Prof. Dr. Kathrin Neumann, Bochum Prof. Dr. Frank Neuner, Bielefeld Dr. Dennis Nitkowski, Bremen Dr. Nantje Otterpohl, Gießen Dr. Franz Pauls, Bremen Dr. Kay-Uwe Petersen, Tübingen

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Prof. Dr. Miriam Rassenhofer, Ulm Prof. Dr. Ulrike Ravens-Sieberer, Hamburg Dr. Tilman Reinelt, Bremen Prof. Dr. Gerolf Renner, Ludwigsburg Prof. Dr. Franz Resch, Heidelberg Prof. Dr. Rita Rosner, Eichstätt Dr. Stefan Rücker, Schlüchtern Prof. Dr. Steffi Sachse, Heidelberg Prof. Dr. Angelika Schlarb, Bielefeld Dr. Johanna Schmid, Tübingen Dr. Marc Schmid, Basel Prof. Dr. Dr. Martin Schmidt, Mannheim Prof. Dr. Sören Schmidt, Hamburg Dr. Sandra Schmiedeler, Würzburg Prof. Dr. Wolfgang Schneider, Würzburg Prof. Dr. Nadja Schott, Stuttgart Prof. Dr. Gerd Schulte-Körne, München Prof. Dr. Kathrin Sevecke, Innsbruck Dr. Julia Siemann, Kiel Prof. Dr. Judith Sinzig, Bonn Prof. Dr. Mark Stemmler, Erlangen Prof. Dr. Svenja Taubner, Heidelberg Dr. Claudia Teickner, Bremen Dr. Johanna Unterhitzenberger, Eichstätt Dr. Mira Vasileva, Bremen Dr. Marc Vierhaus, Bielefeld Prof. Dr. Hans-Christian Waldmann, Bremen Dr. Franziska Walter, Bremen Prof. Dr. Andreas Warnke, Würzburg Dr. Alfred Wiater, Köln Prof. Dr. Silvia Wiedebusch, Osnabrück Prof. Dr. Ute Ziegenhain, Ulm https://doi.org/10.1026/0942-5403/a000274

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Hinweise für Autorinnen und Autoren Die Zeitschrift Kindheit und Entwicklung versteht sich als interdisziplinäre Fachzeitschrift, in der Klinische Kinderpsychologen, Kinder- und Jugendpsychiater sowie Kinderärzte zu Wort kommen. Ergebnisse aus der Entwicklungspsychopathologie, der Kinderverhaltenstherapie und Kinderneuropsychologie sollen einem weiten Leserkreis bekanntgemacht werden. Die „Kindheit und Entwicklung“ möchte zudem einen Beitrag für die klinische und pädagogische Praxis leisten, was sich in den Rubriken „Aktuelle Kontroverse“, „Prävention“, „Therapie“, „Materialien“ und „Kasuistiken“ niederschlägt. Veröffentlicht werden in der Kindheit und Entwicklung folgende Beitragsarten (in Klammern der Richtwert für die obere Grenze des Manuskriptumfanges inkl. Tabellen, Abbildungen, Literatur, deutsche und englische Zusammenfassung, Titelblatt, Leerzeichen und Absätze): Überblicksarbeiten (45.000 Zeichen), Originalbeiträge (36.000 Zeichen), Kasuistiken (27.000 Zeichen), Materialien für die Praxis (21.600 Zeichen). Das englische Abstract umfasst 3.000 Zeichen, die deutsche Zusammenfassung maximal 1.000 Zeichen. Einsendung von Manuskripten. Alle Manuskripte sind in elektronischer Form als Word-Datei (nicht als pdf) per E-Mail an Prof. Dr. Ulrike Petermann zu senden: upeterm@uni-bremen.de Detaillierte Hinweise für Autorinnen und Autoren finden Sie unter www.hogrefe.com/j/kie Urheber- und Nutzungsrechte. Der Autor bestätigt und garantiert, dass er uneingeschränkt über sämtliche Urheberrechte an seinem Beitrag einschließlich eventueller Bildvorlagen, Zeichnungen, Pläne, Karten, Skizzen und Tabellen verfügt, und dass der Beitrag keine Rechte Dritter verletzt. Der Autor räumt – und zwar auch zur Verwertung seines Beitrages außerhalb der ihn enthaltenen Zeitschrift und unabhängig von deren Veröffentlichung – dem Verlag räumlich und mengenmäßig unbeschränkt für die Dauer des gesetzlichen Urheberrechts das ausschließliche Recht der Vervielfältigung und Verbreitung bzw. der unkörperlichen Wiedergabe des Beitrags ein. Der Autor räumt

dem Verlag ferner die folgenden ausschließlichen Nutzungsrechte am Beitrag ein: a) Das Recht zum ganzen oder teilweisen Vorabdruck oder Nachdruck – auch in Form eines Sonderdrucks, zur Übersetzung in andere Sprachen, zu sonstiger Bearbeitung und zur Erstellung von Zusammenfassungen (Abstracts); b) das Recht zur Veröffentlichung einer Mikrokopie-, Mikroficheund Mikroformausgabe, zur Nutzung im Weg von Bildschirmtext, Videotext und ähnlichen Verfahren, zur Aufzeichnung auf Bildund/oder Tonträger und zu deren öffentlicher Wiedergabe – auch multimedial – sowie zur öffentlichen Wiedergabe durch Radiound Fernsehsendungen; c) das Recht zur maschinenlesbaren Erfassung und elektronischen Speicherung auf einem Datenträger (z. B. Diskette, CD-Rom, Magnetband) und in einer eigenen oder fremden Online-Datenbank, zum Download in einem eigenen oder fremden Rechner, zur Wiedergabe am Bildschirm – sei es unmittelbar oder im Wege der Datenfernübertragung – sowie zur Bereithaltung in einer eigenen oder fremden Online-Datenbank zur Nutzung durch Dritte; d) das Recht zu sonstiger Vervielfältigung, insbesondere durch fotomechanische und ähnliche Verfahren (z. B. Fotokopie, Fernkopie) und zur Nutzung im Rahmen eines sogenannten Kopienversands auf Bestellung; e) das Recht zur Vergabe der vorgenannten Nutzungsrechte an Dritte in In- und Ausland sowie die von der Verwertungsgesellschaft WORT wahrgenommenen Rechte einschließlich der entsprechenden Vergütungsansprüche. Nutzungsrichtlinien für Hogrefe Zeitschriftenartikel. Hinweise für Autoren zur Online-Archivierung einer elektronischen Version Ihres Manuskriptes finden Sie auf unserer Homepage unter http://hgf.io/nutzungsrichtlinien. Oktober 2018

Kindheit und Entwicklung Zeitschrift für Klinische Kinderpsychologie g

Jahrgang 26 / Heft 1 / 2017 Herausgeber Ulrike Petermann Franz Petermann Martin H. Schmidt Ulrich Stephani

Kindheit und Entwicklung Zeitschrift für Klinische Kinderpsychologie Schwerpunkt Sozial-Emotionale und Kognitive Kompetenz als Bewältigungsressourcen

Wir freuen uns über die Einreichung von Beiträgen für unsere Zeitschrift. Weitere Informationen zur Zeitschrift sowie alle notwendigen Hinweise für die Einreichung von Manuskripten (Autorenhinweise) finden Sie auf unserer Homepage.

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ProDiBez Projektives Diagnostikum zum Beziehungserleben von Kindern

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Unsere Buchtipps

Simone Pfeffer Christina Storck

Resilienzförderung und Prävention sexualisierter Gewalt in Kitas Das „ReSi“-Förderprogramm

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Franz Petermann / Nicole Gust

Resilienzförderung und Prävention sexualisierter Gewalt in Kitas

Emotionale Kompetenzen im Vorschulalter fördern

Das „ReSi“-Förderprogramm

2016, 74 Seiten, Großformat, inkl. CD-ROM, € 59,95 / CHF 75.00 ISBN 978-3-8017-2794-9 Auch als eBook erhältlich

2018, 163 Seiten, inkl. CD-ROM, € 32,95 / CHF 42.90 ISBN 978-3-8017-2865-6 Auch als eBook erhältlich

„ReSi“ ist ein kindgerechtes Programm zur Förderung von Resilienz und zur Prävention sexualisierter Gewalt bei Kindern im Alter von drei bis sechs Jahren. Der Band beschreibt die Durchführung des Förderprogrammes und enthält alle Materialien, wie z.B. Bildergeschichten mit den Katzen Resi und Ralf, auf der beiliegenden CDROM.

Franz Petermann Heike Natzke Nicole Gerken Hans-Jörg Walter

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Das Gruppenprogramm dient der gezielten Förderung emotionaler Kompetenzen bei Vorschulkindern im Alter von drei bis sechs Jahren und wurde speziell für den Einsatz in Kindergärten entwickelt. Das Buch beschreibt die Durchführung der 42 Spiele und enthält eine CD-ROM mit zahlreichen Materialien

Franz Petermann / Heike Natzke / Nicole Gerken / Hans-Jörg Walter

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Verhaltenstraining für Schulanfänger

Auf Schatzsuche

Ein Programm zur Förderung emotionaler und sozialer Kompetenzen

Ein Abenteuer mit Ferdi und seinen Freunden Franz Petermann Heike Natzke Nicole Gerken Hans-Jörg Walter Illustrationen von

4., aktualisierte Auflage

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4., aktualisierte Auflage 2016, 316 Seiten, € 34,95 / CHF 45.50 ISBN 978-3-8017-2709-3 Auch als eBook erhältlich Das Training dient der gezielten Förderung sozialer und emotionaler Kompetenzen von Schülern und wurde speziell für Kinder in der Schuleingangsphase entwickelt. Das Trainerhandbuch gibt eine Einführung in den theoretischen Hintergrund des Trainings, behandelt Themen wie Klassenführung und Krisenintervention und enthält detaillierte Beschreibungen der Trainingssitzungen, einschließlich aller Trainingsmaterialien.

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Emotionale Kompetenzen im Vorschulalter fördern

Auf Schatzsuche Ein Abenteuer mit Ferdi und seinen Freunden Das Arbeitsheft für Kinder zum „Verhaltenstraining für Schulanfänger“ 3., unveränderte Auflage

3., unveränderte Auflage 2018, 48 Seiten, Großformat, € 7,95 / CHF 10.90 ISBN 978-3-8017-2869-4

Das „Verhaltenstraining für Schulanfänger“ ist ein Gruppenprogramm zur gezielten Förderung sozialer und emotionaler Kompetenzen. Es wurde speziell für Kinder in der Schuleingangsphase entwickelt, die noch nicht lesen und schreiben können. Das vorliegende Arbeitsheft dient der Unterstützung des Trainings. Es enthält alle notwendigen Arbeitsmaterialien für Kinder.


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