Leseprobe Pflege - Die wissenschaftliche Zeitschrift für Pflegeberufe

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Jahrgang 32 / Heft 2 / 2019

Pflege Herausgeberinnen und Herausgeber Dietmar Ausserhofer Katrin Balzer Gabriele Meyer Martin Nagl-Cupal Eva-Maria Panfil Anna-Barbara Schlüer Berta Schrems

Die wissenschaftliche Zeitschrift für Pflegeberufe Komplikationen bei Midline- und PICC-Katheter Familieneinbezug bei Spitalaustritt Telematische Anwendungen in der ambulanten Pflege Suchfilter für Publikationen in High Impact Journals


Pflegediagnosen – konkret, praktisch, umfassend Marilynn E. Doenges / Mary Frances Moorhouse / Alice C. Murr Maria Müller Staub / Jürgen Georg / Claudia Leoni-Scheiber (Hrsg.)

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Pflege Die wissenschaftliche Zeitschrift für Pflegeberufe

Jahrgang 32 / Heft 2 / 2019

Herausgeberinnen und Herausgeber Dietmar Ausserhofer Katrin Balzer Gabriele Meyer Martin Nagl-Cupal Eva-Maria Panfil Anna-Barbara Schlüer Berta Schrems


Herausgeberinnen und Herausgeber

Dietmar Ausserhofer, Bozen/Bolzano Katrin Balzer, Lübeck Gabriele Meyer, Halle (Saale) Martin Nagl-Cupal, Wien Eva-Maria Panfil, Zürich Anna-Barbara Schlüer, Zürich Berta Schrems, Maastricht/Wien

Redaktorin

Frederike Lüth, Kiel

Redaktionssekretariat

Rosemarie S. Völkle, redaktion.pflege@hogrefe.ch

Verlag

Hogrefe AG, Länggass-Strasse 76, 3012 Bern, Schweiz Tel. +41 (0) 31 300 45 00, verlag@hogrefe.ch, www.hogrefe.ch

Anzeigenleitung

Josef Nietlispach, Tel. +41 (0) 31 300 45 69, inserate@hogrefe.ch

Abonnemente

Tel. +41 (0) 31 300 46 91, zeitschriften@hogrefe.ch

Herstellung

Stefan Schüpbach, Tel. +41 (0) 31 300 45 77, stefan.schuepbach@hogrefe.ch

Satz und Druck

AZ Druck und Datentechnik GmbH, Kempten

Sprachen

Deutsch/Englisch

Erscheinungsweise

6x jährlich

Gelistet in

Pflege ist gelistet in Science Citation Index Expanded (SCIE, SciSearch), Social Sciences Citation Index, Social Scisearch, Journal Citation Reports/Social Sciences Edition, Journal Citation Reports/Science Edition, Cumulative Index to Nursing & Allied Health Literature (CINAHL), Medline, EMCare und Scopus.

Impact Factor

2017 Impact Factor 0.426, Journal Citation Reports/Science and Social Sciences Editions (­Clarivate Analytics, 2018)

Preise

Jahresabonnementspreise: Institute: CHF 316.– / € 241.– (print only; Informationen zu den Online-Abonnements finden Sie im Zeitschriftenkatalog unter www.hgf.io/zftkatalog) Private: CHF 118.– / € 87.– Private e-only: CHF 100.– / € 78.– Vorzugspreis für Pflegeschüler/innen, Teilnehmer/innen an Weiterbildungen im Pflegebereich und Studierende (nur gegen Nachweis): CHF 67.– / € 50.– Porto und Versandgebühren: Schweiz: CHF 14.– Europa: € 15.– Übrige Länder: CHF 26.– Einzelheft: CHF 51.– / € 37.50 (+ Porto und Versandgebühren) © 2019 Hogrefe AG, Bern Nachdrucke sind, auch auszugsweise, nur mit ausdrücklicher Bewilligung des Verlags gestattet. Pflege ist peer-reviewed. Jeder publizierte Beitrag wurde von zwei Mitgliedern des Board of Consultants begutachtet. ISSN-L 1012-5302 ISSN 1012-5302 (Print) ISSN 1664-283X (online)

Pflege (2019), 32 (2)

© 2019 Hogrefe


Inhalt Editorial

Räuber in der Wissenschaft – Quo vadis Pflegewissenschaft?

73

Ralph Möhler Originalarbeiten

Die Zufriedenheit mit der Austritts­planung und die Informiertheit von ­Angehörigen beeinflussen die Bereitschaft, Pflege zu übernehmen

75

Katharina Weiler, Yonne Wittwer, Daniela Händler-Schuster, Romy Mahrer-Imhof Telematische Anwendungen in der ambulanten Pflege: Die Perspektive von Pflegekräften

87

Christoph Dockweiler, Leonie Diedrich, Sarah Palmdorf, Dina Beier, ­Jonas Ilic, Marius Kibbert, Joeline Kirsch, Niels Hannemann, Frederike Prisett, Viktoria Schmitke, Charline Schmidt, Teresa Spindeler, Lara Sommer, Samira Sommer, Anna Lea Stark, Chris Steinkühler, Johanna Stolte, Claudia Hornberg Publikationen aus dem deutschsprachigen Raum in Journals mit hohem Impact Factor: Entwicklung und Validierung eines Suchfilters

97

Julian Hirt, Christian Buhtz, Gabriele Meyer, Katrin Balzer Aus der Praxis – für die Praxis

Komplikationen bei Midline- und PICC-Kathetern in einem Südtiroler Bezirkskrankenhaus: eine retrospektive Kohortenstudie

107

Roman Kostner, Hanna Mairvongrasspeinten, Andrea De Martin Polo, Fabio Vittadello, Dietmar Ausserhofer, Franco Mantovan Dissertation

Kontinenzförderung bei Menschen nach einem Hirnschlag: Entwicklung einer komplexen Intervention

115

Myrta Kohler Les-Art

117

In eigener Sache

118

Mitteilungen

119

Kongresskalender

121

© 2019 Hogrefe Pflege (2019), 32 (2), 71


Die Medizinische Fakultät der Albert-LudwigsUniversität Freiburg zählt zu den renommiertesten und traditionsreichsten Fakultäten in Deutschland. Das Universitätsklinikum Freiburg ist einer der größten Maximalversorger in Europa. Gemeinsam werden täglich Grenzen in Medizin, Forschung und Lehre überwunden.

An der Medizinischen Fakultät der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg ist eine

W 3-Professur für Pflegewissenschaft mit Schwerpunkt Interprofessionalität

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am Institut für Pflegewissenschaft zum nächstmöglichen Zeitpunkt zu besetzen. Die Ausschreibung wird aufgrund eines formalen Fehlers in den Kontaktdaten der ursprünglichen Ausschreibung wiederholt. Die Stelleninhaberin/der Stelleninhaber vertritt das Fach Pflegewissenschaft in Forschung und Lehre. Mit der Professur soll der Schwerpunkt Interprofessionalität ausgebaut werden. Es wird eine langjährige Erfahrung in Forschung und Lehre erwartet. Wünschenswert sind Kompetenzen in der klinischen und interprofessionellen Forschung und Lehre. Gesucht wird eine international ausgewiesene Forscherpersönlichkeit mit der Bereitschaft, bestehende wissenschaftliche, klinische sowie didaktische Schwerpunkte der Pflegewissenschaft mit einem genuinen Profil der interprofessionellen Outcomeforschung zu ergänzen und weiterzuentwickeln und sektorenübergreifende Versorgung an Schnittstellen verschiedener Gesundheitsversorgungsberufe voranzutreiben. Besonderer Wert wird auf Erfahrung in der internationalen Zusammenarbeit gelegt. Einwerbung von begutachteten Drittmitteln und Erfahrung in der Führung einer wissenschaftlichen Arbeitsgruppe werden vorausgesetzt. HOG_9783456858821_Peter_Rechtskunde.indd 2

Einstellungsvoraussetzungen für Professorinnen bzw. Professoren sind neben den allgemeinen dienstrechtlichen Voraussetzungen ein abgeschlossenes Studium, z. B. der Pflegeoder Gesundheitswissenschaften, pädagogische Eignung und eine herausragende Promotion. Über die Promotion hinausgehend wird eine Habilitation oder vergleichbare wissenschaftliche Leistungen in Forschung und Lehre gemäß § 47 Abs. 2. LHG erwartet. Die Professur wird zunächst für fünf Jahre besetzt und kann bei Vorliegen der entsprechenden finanziellen Voraussetzungen verlängert oder entfristet werden. Die Personalpolitik der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg orientiert sich an den Prinzipien der Gleichstellung und Vielfalt. Die Universität bekennt sich nachdrücklich zu dem Ziel einer familiengerechten Hochschule. Für die hier ausgeschriebene Position freuen wir uns besonders über Bewerbungen von Frauen. Schwerbehinderte Menschen werden bei entsprechender Eignung bevorzugt eingestellt. Bewerberinnen und Bewerber können sich unter dem folgenden Link die erforderliche Bewerbungsunterlagen herunterladen: http://www.med.uni-freiburg.de/de/verwaltung/berufungsverfahren-1 Bei Rückfragen: Tel. +49-761-270-84620/-84661; Fax +49-761270-84670; E-Mail: dekanat-professuren@uniklinik-freiburg.de Die Bewerbungsunterlagen einschließlich eines Nachweises der Lehrkompetenz und der Lehrpersönlichkeit senden Sie bitte bis zum 12.05.2019 per E-Mail an den Dekan der Medizinischen Fakultät der Albert-Ludwigs-Universität, Professor Dr. N. Südkamp, 79085 Freiburg (professuren-bewerbungen@uniklinik-freiburg.de). Weitere Informationen zum Berufungsverfahren finden Sie im Berufungsleitfaden, abrufbar unter http://www.zuv.unifreiburg.de/formulare/berufungsleitfaden.pdf

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Editorial

Räuber in der Wissenschaft – Quo vadis Pflegewissenschaft? Ralph Möhler Im Juli 2018 erregte eine Dokumentation des Norddeutschen Rundfunks (NDR) große Aufmerksamkeit, die sich mit dem Phänomen der „Räuberzeitschriften“ (engl. Predatory Journals) beschäftigte (NDR, 2018). Darin wurde gezeigt, wie unter dem Deckmantel von Open-Access Geld mit wissenschaftlichen Publikationen gemacht wird, ohne die nötigen qualitätssichernden Mechanismen umzusetzen, die für wissenschaftliche Fachzeitschriften zwingend nötig sind, z. B. die Prüfung durch Editorinnen und Editoren und ein unabhängiges Peer Review. Die Beiträge werden kurz nach Einreichung zur Publikation angenommen und oft ohne redaktionelle Bearbeitung gedruckt. Es entstehen nur geringe Kosten, weil die nötigen qualitäts­ sichernden Strukturen nicht vorgehalten werden. Werbung machen solche Zeitschriften häufig durch Emails, in denen Wissenschaftler / -innen direkt angeschrieben und aufgefordert werden, ein Manuskript einzureichen. Eine Reihe von Verlagen hat sich mittlerweile auf dieses zweifelhafte Geschäftsmodell spezialisiert. Auch in der Pflegewissenschaft werben Räuberzeit­ schriften um „Kundschaft“. Eine Studie identifizierte im Jahr 2016 bereits 140 solcher Journale im Bereich der Pflege­ wissenschaft (Oermann et al., 2016). Eine aktuelle Analyse legt nahe, dass die Zahl der pflegewissenschaftlichen Artikel in diesen Zeitschriften steigt (Oermann et al., 2018). Obwohl die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit und das mediale Echo für das Thema im vergangenen Sommer groß waren, ist es kein neues Phänomen. Das Geschäftsmodell wurde bereits im Jahr 2010 durch den Wissenschaftler ­Jeffrey Beall beschrieben. Er erstellte eine Liste mit Zeitschriften, die seiner Ansicht nach dieses Geschäftsmodell nutzten. In den folgenden Jahren gab es weitere Beiträge in Fachzeitschriften, die auf das Phänomen und Bealls Liste hinweisen (z. B. Butler, 2013). Allerdings war diese Liste umstritten und wurde, nach Aussagen von Beall nach Druck von verschiedenen Seiten der Wissenschaftsgemeinschaft, nicht mehr weitergeführt (Beall, 2017). In der Pflegewissenschaft widmete das Journal of Advanced Nursing im Jahre 2012 dem Thema ein Editorial (Clark & Thompson, 2012).

Räuberzeitschriften in der Pflege­ wissenschaft – ein Problem? An vielen Universitäten sind mittlerweile kumulative Promotionen möglich, die aus bereits veröffentlichten oder

akzeptierten Einzelbeiträgen bestehen. Auch in Berufungsverfahren für Professuren sind Publikationen von hoher Bedeutung. Das kann zu einem steigenden Publikationsdruck führen. Gleichzeitig steigt bei einigen Fachzeitschriften die Dauer des Begutachtungsprozesses an, z. B. weil es schwieriger geworden ist, qualifizierte Gutachter /  -innen zu gewinnen. Hierzu trägt auch die steigende Zahl an Manuskripten bei, die bei etablierten Fachzeitschriften eingereicht werden. In diesem Kontext mag es Wissenschaftler / -innen geben, die auf eine schnelle Publikation ihres Manuskriptes hoffen oder aus Unachtsamkeit auf eine der vielen SpamMails hereinfallen. Die Publikation in einer Räuberzeitschrift ist aber mehr als nur eine Unachtsamkeit, es ist eine Form des wissenschaftlichen Fehlverhaltens. Ein wichtiger Aspekt der ­Forschungsethik und der Regeln guter wissenschaftlicher ­Praxis ist die Erstellung von aussagekräftigen und vollständigen Publikationen. Dies beinhaltet neben der Verwendung von Reporting Guidelines (Möhler & Bartoszek, 2014) auch die Auswahl einer geeigneten wissenschaft­ lichen Zeitschrift. Folgerichtig wurde in den aktuellen Richtlinien des Inter­national Committee of Medical Journal Editors (ICMJE, http://www.icmje.org) der Hinweis aufgenommen, nicht in Räuberzeitschriften zu publizieren. Obwohl das Geschäftsmodell von Räuberzeitschriften auf dem Prinzip von Open-Access basiert, sind solche Zeitschriften kein Argument gegen die Open-Access-Idee. Die kostenfreie Zugänglichkeit von Forschungsergebnissen, besonders wenn sie mit öffentlichen Mitteln finanziert wurde, bleibt eine wichtige Forderung und wird von vielen öffentlichen Institutionen der Forschungsförderung unterstützt, z. B. die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG).

Was ist zu tun? Der erste Schritt zur Vermeidung der Publikation in einer Räuberzeitschrift ist, auf das Problem aufmerksam zu machen – und hier besteht Nachholbedarf. Obwohl Bealls ­Liste vor beinahe zehn Jahren veröffentlicht wurde und es weitere Artikel hierzu gab (z. B. Butler, 2013), war das Phänomen in der wissenschaftlichen Gemeinschaft lange Zeit nur wenigen Personen bekannt. Die NDR-Reportage identifizierte eine Reihe von erfahrenen Wissenschaftler­ innen und Wissenschaftlern, die in Räuberzeitschriften publiziert hatten, z. T. ohne sich dessen bewusst zu sein.

© 2019 Hogrefe Pflege (2019), 32 (2), 73–74 https://doi.org/10.1024/1012-5302/a000662


74 Editorial

Eine frühzeitige Aufklärung ist daher essentiell, schon im Studium sollte dieses Geschäftsmodell thematisiert werden, als wichtiger Aspekt der Forschungsethik und d ­ er guten wissenschaftlichen Praxis. Darüber hinaus ist es die Aufgabe von Projektleiterinnen und Projektleitern bzw. Tutorinnen und Tutoren, wissenschaftliche Mitarbeiter / -innen bei der Auswahl von Fachzeitschriften zu beraten und eine Sensibilität für das Problem der Räuberzeitschriften zu schaffen. Erscheint ein Artikel in einer solchen Zeitschrift, tragen alle Autorinnen und Autoren dafür die Verantwortung, nicht nur der / die Erstautor / -in. Auch die forschungsfördernden Organisationen sind gefragt, das Thema in ihre Richtlinien aufzunehmen und zu prüfen, in welchen Zeitschriften die Beiträge ihrer geförderten Projekte erscheinen. Und in Berufungsgremien sollte verstärkt darauf geachtet werden, in welchen Zeitschriften Bewerber / -innen publiziert haben. Es gibt mittlerweile eine Vielzahl an Hilfestellungen, um Räuberzeitschriften zu erkennen: die Kriterien der World Association of Medical Editors (2017), verschiedene schwarze und weiße Listen (z. B. https://blogs.ntu.edu. sg/lib-predatorypublishing) oder Informationen von Universitätsbibliotheken. Es ist also möglich, Räuberzeitschriften als solche zu erkennen und zu meiden. Auch wenn ein Manuskript nach mehreren Einreichungen nicht angenommen wurde, sind solche Zeitschriften keine Option. Es gibt keinen „Rechtsanspruch“ auf Veröffentlichung eines Beitrags. Wird ein Beitrag nicht zur Publikation angenommen, kann dies neben der Auswahlmöglichkeit der Zeitschriften auch andere Gründe haben: möglicherweise wurde nicht die am besten geeignete Zeitschrift für das Thema ausgewählt oder es gibt methodische oder inhaltliche Gründe.

Literatur Beall, J. (2017). What I learned from predatory publishers. Bio­ chemia medica, 27 (2), 273 – 278. Butler, D. (2013). The dark side of publishing. Nature, 495 (7442), 433. Clark, A.M. & Thompson, D.R. (2012). Making good choices about publishing in the journal jungle. Journal of Advanced Nursing, 68 (11), 2373 – 2375. Möhler, R. & Bartoszek, G. (2014). Reporting Guidelines zur Berichterstattung empirischer Forschung – nützlich oder verfehlt? Pflege, 27 (6), 427. Norddeutscher Rundfunk (2018). More than 5000 German scientists have published papers in pseudo-scientific journals. ­https://www.ndr.de/der_ndr/presse/More-than-5000-Germanscientists-have-published-papers-in-pseudo-scientificjournals,fakescience178.html. [13.01.2019]. Oermann, M. H., Conklin, J. L., Nicoll, L. H., Chinn, P. L., Ashton, K. S., Edie, A. H., Amarasekara, S. & Budinger, S. C. (2016). Study of predatory open access nursing journals. Journal of Nursing Scholarship, 48 (6), 624 – 632. Oermann, M. H., Nicoll, L. H., Chinn, P. L., Ashton, K. S., Conklin, J. L., Edie, A. H., Amarasekara, S. & Williams, B. L. (2018). Quality of articles published in predatory nursing journals. Nursing outlook, 66 (1), 4 – 10. World Association of Medical Editors (2017). Identifying Predatory or Pseudo-Journals. https://www.wame.org/identifying-­predatoryor-pseudo-journals [13.01.2019].

Dr. Ralph Möhler Professurvertretung Pflegewissenschaft Fakultät für Gesundheitswissenschaften AG 6 Versorgungsforschung / Pflegewissenschaft Universität Bielefeld ralph.moehler@uni-bielefeld.de

Fazit Die Veröffentlichung in Räuberzeitschriften widerspricht forschungsethischen Prinzipien und den Regeln guter wissenschaftlicher Praxis. Das Thema sollte stärker in Studiengängen, Promotionsprogrammen und bei der Durchführung von Projekten thematisiert werden.

Pflege (2019), 32 (2), 73–74

© 2019 Hogrefe


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75

Originalarbeit

Die Zufriedenheit mit der Austritts­ planung und die Informiertheit itor‘s d E von A ­ ngehörigen beeinflussen ce Choi die Be­reitschaft, Pflege zu über­ nehmen Katharina Weiler*1, Yvonne Wittwer*2, Daniela Händler Schuster3 und Romy Mahrer-Imhof4 Medizinbereich Neuro-Kopf, Universitätsspital Zürich Klinische Forschung Onkologie / Hämatologie, Kantonsspital St. Gallen 3 Institut für Pflege, Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften, Winterthur 4 Nursing Science & Care GmbH, Winterthur 1

2

Zusammenfassung: Hintergrund: Angehörige stellen für ältere Menschen, die nach einer Hospitalisation entlassen werden, eine große Ressource dar. Aus Studien ist bisher sehr wenig über die Pflegebereitschaft von Angehörigen bekannt. Ziel: Die Studie untersuchte, ob es bei Angehörigen einen Zusammenhang zwischen der Bereitschaft zur Pflege und der Zufriedenheit mit dem Austrittsmanagement sowie Gruppenunterschiede zwischen gut informierten und weniger gut informierten Angehörigen gibt. Methode: Mittels einer retrospektiven Querschnittstudie wurden neben den demografischen Daten die Bereitschaft zur Pflege, die Zufriedenheit und Informiertheit von Angehörigen erhoben. Analysen wurden zum Zusammenhang zwischen der Bereitschaft und der Zufriedenheit sowie zu Gruppenunterschieden zwischen informierten und weniger informierten Angehörigen, in Bezug auf ihre Bereitschaft, Pflege zu übernehmen, gemacht. Ergebnisse: 111 Angehörige, mehrheitlich erwachsene Nachkommen (55,9 %) und Partner (32,4 %), nahmen an der Studie teil. Es konnte eine schwache Korrelation zwischen der Zufriedenheit mit der Austrittsplanung von Angehörigen und deren Bereitschaft, Pflege zu übernehmen, nachgewiesen werden (rs = −0,113, p = 0,267). Die Gruppenunterschiede zwischen gut informierten und weniger gut informierten Angehörigen waren signifikant (t(102) = 2,301, p = 0,023). Schlussfolgerung: Angehörige, die sich als besser informiert zeigten, fühlten sich auch eher in der Lage, Pflege zu übernehmen. Deshalb ist es notwendig, Angehörige vermehrt in die Austrittsplanung einzubeziehen und besser zu informieren. Experimentelle Studien sind notwendig, um herauszufinden, ob die Pflegebereitschaft, mithilfe einer guten Austrittsplanung und gezielter Informationsabgabe, erhöht werden kann. Schlüsselwörter: Angehörige, Informationsbedarf, Zufriedenheit, Austrittsplanung, Pflegebereitschaft Preparedness to provide care in relation to the satisfaction with hospital discharge planning and level of knowledge of relatives to elderly patients Abstract: Background: Relatives are a great resource for older people who are discharged after hospitalization. Studies have so far shown very little about the readiness of relatives to aid in caregiving. Aim: The study examined if relatives showed a relationship between readiness to provide care and satisfaction with hospital discharge management as well as group differences between well-informed and less informed relatives. Method: In addition to demographic data, the preparedness to provide care, satisfaction and extent of knowledge of relatives were surveyed using a retrospective cross-sectional study. Analyses were made of the relationship between preparedness to provide care and satisfaction with hospital discharge management, as well as group differences between informed and less informed relatives in terms of their preparedness to provide care. Results: Of the 111 relatives, the majority were adult offspring (55.9 %) and partners (32.4 %) that participated in the study. A weak correlation was detected between the satisfaction with the hospital discharge planning of relatives and their willingness to provide care (rs = −0.113, p = 0.267). The group differences between well-informed and less informed relatives were significant (t(102) = 2.301, p = 0.023). Conclusion: Relatives that evaluated themselves as well informed are more likely to be in the position to provide informal care. Therefore, it is necessary to involve relatives more in the planning of hospital discharges and to inform them better. Experimental studies are necessary to find out if the preparedness to provide care can be increased through good discharge planning and specific information provision. Keywords: informal caregivers, information, satisfaction, hospital discharge planning, preparedness

* Beide Autorinnen haben zu gleichen Teilen zum Manuskript beigetragen.

© 2018 Hogrefe Pflege (2019), 32 (2), 75–85 https://doi.org/10.1024/1012-5302/a000652


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Was ist zu dieser Thematik schon bekannt? Viele Angehörige fühlen sich ungenügend vorbereitet, um nach dem Spitalaustritt Unterstützung zu leisten. Was ist neu? Informierte Angehörige sind eher bereit, Pflege zu übernehmen als jene, die sich nicht informiert fühlen. Es besteht ein schwacher Zusammenhang zwischen der Bereitschaft Pflege zu übernehmen und der Zufriedenheit mit dem Austrittsmanagement. Welche Konsequenzen haben die Ergebnisse für die Pfle­ gepraxis? Gezielte Informationsabgabe an Angehörige könnte die ­Bereitschaft fördern, mehr Pflege zu übernehmen.

Einleitung Die demografische Entwicklung der Schweiz zeigt, dass nach 2020 mit den geburtenstarken Jahrgängen (Babyboomer) die Zahl der 65-Jährigen und Älteren ansteigen wird (Höpflinger, Bayer-Oglesby & Zumbrunn, 2011). Im Bericht des Bundesrates (BAG) von 2014 wird angenommen, dass sich die Zahl der über 64-jährigen, pflege­ bedürftigen Menschen zwischen 2010 und 2030 von 125 000 auf mehr als 182 000 Personen erhöhen wird; was einer relativen Zunahme um 46 % entspricht (BAG, 2014). Es wurde prognostiziert, dass wegen dieser Entwicklung bereits bis zum Jahr 2020 mindestens 13 % mehr Personal im Gesundheitswesen benötigt werden wird, und von der ambulanten Pflege 20 % mehr Patienten / Patientinnen betreut werden müssen (Jaccard, Ruedin, Weaver, Roth & Widmer, 2009). Da laut Bundesamt für Gesundheit das Gesundheitssystem die steigende Nachfrage an professionell Pflegenden und die damit verbundenen Kosten nicht decken kann, ist die Gesellschaft nach wie vor auf Leistungen von pflegenden Angehörigen angewiesen (BAG, 2014). Familien und ihre Unterstützungsleistungen haben sich in den letzten Jahrzehnten durch die abnehmende Zahl von Nachkommen und eine höhere Erwerbsquote der Frauen verändert (Büker, 2009; Gesundheitsdirektion Kanton Zürich, 2013). Heute gibt es viele verschiedene Familienformen und Bezugspersonen. In diesem Artikel sind unter dem Begriff „Angehörige“ alle Personen gemeint, die dem Patienten / der Patientin nahestehen. Dazu zählen unter anderem Familienangehörige, Freunde, Bekannte und Nachbarn (DBfK, 2009; Lanzicher, 2007). Die Angehörigen stellen für ältere Menschen eine wichtige Ressource dar, da sie die Hilfebedürftigen in verschiedenen Bereichen, wie zum Beispiel im Umgang mit den Finanzen, der Haushaltshilfe, beim Einkaufen sowie der Verrichtung der Aktivitäten des täglichen Lebens unterstützen (Egger, Müller, Bigler & Spirig, 2012; Höpflinger et al., 2011). Für die Angehörigen ist die Unterstützung eine starke Belastung, was zur einer Verschlechterung ihrer eigenen Gesundheit führen kann. So konnte nachgewiesen werden, dass die Lebensqualität von pflegenden Angehörigen signifikant niedriger ist als die der AllgePflege (2019), 32 (2), 75–85

K. Weiler et al.: Familieneinbezug beim Spitalaustritt

meinbevölkerung (Jungbauer, von Cramon & Wilz, 2003). Gerade nach einem Spitalaufenthalt sind Angehörige häufig die wichtigsten Unterstützungspersonen. Bauer, Fitzgerald, Haesler und Manfrin (2009) zeigten, dass sich Angehörige wünschen in den Austrittsprozess involviert zu werden. Im palliativen Setting konnten mehrere Studien zeigen, dass pflegende Angehörige oftmals ungenügend auf die Pflege- und Betreuungsarbeit vorbereitet sind und somit Schwierigkeiten haben, Symptome zu deuten oder zu kontrollieren, Medikationen zu managen oder Pflegehandlungen zu übernehmen (Funk et al., 2010; Hudson, 2004). Der Begriff der Bereitschaft wird in dieser Arbeit ­definiert als ein „sich in den verschiedenen Bereichen der Pflegerolle vorbereitet fühlen“. Diese Bereiche können physische Pflege, emotionale Unterstützung, hauswirtschaftliche Arbeiten und der Umgang mit Stress sein (Archbold, Stewart, Greenlick & Harvath, 1990; Schumacher, Stewart & Archbold, 2007). Es zeigte sich, dass der Einbezug von Angehörigen in die Austrittsplanung deren Zufriedenheit mit dem Austrittsmanagement erhöht (Bull, Hansen & Gross, 2000). Maramba, Richards, Myers und Larrabee (2004) wiesen nach, dass ein Bezug zwischen der Zufriedenheit der Angehörigen mit der Austrittsplanung und der Zufriedenheit des Patienten / der Patientin besteht. Die Informiertheit spielt eine zentrale Rolle bei der Selbstbestimmung der Pflegebedürftigen und auch derer Angehörigen (Dierks, Lerch & Schwartz, 2001; Horch & Wirz, 2005). In der Studie von Box, Hepworth und Harrison (2003) zeigte sich eine große Diskrepanz zwischen erwünschten und tatsächlich erhaltenen Informationen. Dabei wurde festgestellt, dass der Informationsbedarf von pflegerischen Angehörigen in der nachstationären Versorgung bisher nicht ausreichend gedeckt wurde. Angehörige wiesen in der frühen poststationären Versorgungsphase unter anderem einen hohen Interventionsbedarf im Bereich „Information und Orientierung“ auf (GKV-Spitzenverband, 2011). Verschiedene Studien beschrieben ein hohes Bedürfnis der Angehörigen an Informationen und erachten die Verbesserung der Versorgungsqualität durch die Berücksichtigung dieser Bedürfnisse als dringend notwendig (Mestheneos & Triantafillou, 2005; Egger et al., 2012). Es konnte keine Literatur gefunden werden, ob die Informiertheit oder die Zufriedenheit mit der Austrittsplanung von Angehörigen im Zusammenhang mit deren Bereitschaft, Pflege und Unterstützung für Angehörige übernehmen zu können, bei Patienten / Patientinnen im Alter von ≥ 65 Jahren, die wegen akuter Erkrankung hospitalisiert waren, steht.

Fragestellung In der vorliegenden Studie wurden daher folgende Forschungsfragen bearbeitet: yy Gibt es Unterschiede bei der Bereitschaft, Pflege und Unterstützung für Angehörige zu leisten, bei Angehö­ © 2018 Hogrefe


K. Weiler et al.: Familieneinbezug beim Spitalaustritt

rigen, die sich informiert fühlen, im Vergleich zu der Gruppe der Angehörigen, die sich weniger gut informiert fühlen? yy Gibt es bei Angehörigen einen Zusammenhang zwischen der Bereitschaft, Pflege und Unterstützung zu leisten und der Zufriedenheit mit der Austrittsplanung?

Methode Für die quantitative, retrospektive Querschnittstudie wurden Angehörige von Patienten / Patientinnen rekrutiert, die auf einer von zwei medizinischen Abteilungen in einem mittelgroßen Spital der deutschsprachigen Schweiz hospitalisiert waren.

Stichprobe und Rekrutierung Rekrutiert wurden die Angehörigen von Patienten / Pa­ tientinnen, welche ≥ 65 Jahre alt waren und im Zeitraum von September 2016 bis Ende Januar 2017 auf einer von zwei medizinischen Abteilungen eines mittelgroßen Spitals in der deutschsprachigen Schweiz hospitalisiert waren. Ausgeschlossen wurden Angehörige unter 18 Jahren sowie Personen, die aufgrund sprachlicher Einschränkungen nicht in der Lage waren, den deutschen Fragebogen auszufüllen. In den Patientenzimmern der Abteilungen wurden Informationsbroschüren ausgelegt. Angehörige wurden, wenn möglich, aktiv vom Pflegepersonal auf die Studie aufmerksam gemacht. Bei einer direkten Interessensverweigerung wurden die Daten der betreffenden Angehörigen nicht weitergegeben. In allen anderen Fällen wurden durch einen Mitarbeiter des Spitals die Ein- und Ausschlusskriterien geprüft und anschließend der Name, die Telefonnummer und Anschrift der Angehörigen sowie der Beziehungsgrad zum Patienten / zur Patientin und das Austrittsdatum des Patienten / der Patientin an die Studienverantwortlichen weitergegeben. Sämtliche Angehörige wurden telefonisch durch die Studienverantwortlichen kontaktiert. Der Datenschutz wurde in jedem Schritt gewahrt. Die a-priori-Stichprobengröße wurde mittels einer G-Poweranalyse (Faul, Erfelder, Lang & Buchner, 2007) mit einer Effektgröße von 0,5, einem Signifikanzniveau von 0,05 und einer Power von 0,8 berechnet. Sie ergab eine Gruppengröße von n = 64, weshalb ein totaler Stichprobenumfang von n = 128 angestrebt wurde. Mit einer erwarteten Rücklaufquote von 30 % wurde angestrebt, ­ 427 Fragebögen zu versenden. Alle eingeschlossenen Angehörigen erhielten postalisch mit dem Fragebogen ein Informationsschreiben über den Ablauf der Studie, eine Einverständniserklärung und ein frankiertes Rücksendecouvert. Nach zwei Wochen wurden Erinnerungen, in Form von Briefen, an die Angehörigen verschickt. Von insgesamt 281 versendeten Fragebögen wurden 111 auswertbare Fragebögen retourniert, was einer Rücklaufquote von 39,5 % entspricht.

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Erhebungsinstrumente Der im Rahmen des Forschungsprojekts erstellte Fragebogen bestand aus vier Abschnitten und insgesamt 49 Fragen. Demografische Daten Folgende demografische Daten und Angaben zu Unterstützungsleistungen wurden erhoben: Geschlecht, Alter, Beziehungsstand, Distanz und Beziehung zum Patienten / zur Patientin, Bildungsniveau, Beschäftigungssituation, Unterstützungsart und wohin der Patient / die Patientin ausge­ treten ist bzw. wo er / sie vor dem Spitaleintritt gelebt hat. Bereitschaft zur Pflege Die Bereitschaft zur Pflege und Unterstützung wurde mittels der deutschen Version (Hediger & Mahrer Imhof, 2012) der Preparedness for Caregiving Scale, einer Subskala des Family Care Inventory (FCI), erhoben (Archbold et al., 1990). In acht Fragen schätzen die Angehörigen selbst ein, wie gut sie sich in der Lage fühlen, für körperliche und gefühlsmäßige Bedürfnisse zu sorgen, Unterstützungsdienste zu organisieren, Hilfe und Informationen vom Gesundheitssystem zu erhalten, in Notfallsituationen zu reagieren und damit umzugehen und wie gut sie sich auf den Stress des Pflegens vorbereitet fühlen. Die Antworten werden mit einer fünfstufigen Likert-Skala erfasst, wobei 0 = überhaupt nicht in der Lage bis 4 = sehr gut in der Lage bedeutet. Der Mittelwertindex der acht Items reicht von minimal 0 bis maximal 4 Punkten. Je höher der Score, desto besser fühlt sich die Person auf die Pflege vorbereitet. Zum Schluss des Fragebogens gibt es eine offene Frage mit Freitextmöglichkeit, bei der die Angehörigen darlegen können, ob sie auf etwas Bestimmtes vorbereitet sein möchten. Für die deutsche Version der Preparedness Subskala wurde eine interne Konsistenz mit Alphawerten von 0,83 berechnet (Hediger & Mahrer Imhof, 2012). Zufriedenheit mit der Austrittsplanung Um die Zufriedenheit der Angehörigen mit der Austrittsplanung zu erfassen, wurde der Discharge Planning Satisfaction Questionnaire for the patient's carer, relative or friend verwendet. Dieses Instrument wurde in Großbritannien zur Evaluation der Implementierung des Mental Capacity Act's 2005 als Teil des Hospital Discharge Act entwickelt und verwendet (Social Care Institute for Excellence, 2005). Leider wurden keine Daten zu Reliabilität und Validität des Instruments publiziert. Die ersten sieben Fragebogenitems sind als LikertSkala gestaltet, wobei die Antwortmöglichkeiten Yes (0), Partly (1), No (2) und Not applicable (3) beinhalten. Diese Items werden zur Berechnung des Mittelwertindex verwendet, wobei die Antwort „Not applicable“ nicht in den Score eingerechnet wird. Je tiefer der Score ausfällt, desto zufriedener ist der Angehörige mit der Austrittsplanung. Beim achten Item handelt es sich um eine Frage mit Freitextmöglichkeit in der Angehörige notieren können, womit sie bei der Austrittsplanung nicht zufrieden waren.

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Da das Instrument nur in Englisch verfügbar war, erfolgte ein sprachlich und kultureller Adaptierungsprozess anhand der Empfehlungen von ISPOR (Wild et al., 2005). Der englischsprachige Originalfragebogen wurde von zwei unabhängigen, bilingualen Übersetzern mit über zehn Jahren Pflegeerfahrung und Tätigkeit in der Pflegewissenschaft in die deutsche Sprache übersetzt. Die wörtliche Rückübersetzung führte ein Native Speaker mit pflegerischem Hintergrund und fundierten bilingualen ­ Sprachkenntnissen durch, ohne Informationen zum Originalinstrument zu haben. Dabei waren keine Anpassungen des Fragebogens erforderlich. Cronbachs α, zur Beurteilung der Reliabilität des Fragebogens und zur Erfassung der Zufriedenheit mit der Austrittsplanung, ist in dieser Untersuchung mit 0,93 als hoch einzustufen. Fragen zum Informationsbedarf Dieser Teil des Fragebogens wurde in Anlehnung an den Fragebogen Bedürfnisse von Personen mit Multipler Sklerose und Angehörigen (Egger et al., 2012) erstellt. Die Teilnehmenden werden dabei zu ihren aktuellen Bedürfnissen und Wünschen und deren Abdeckung befragt. Da der Fragebogen spezifisch für Multiple Sklerose Betroffene erstellt wurde, wurden einige Fragen inhaltlich angepasst oder gekürzt. Die Anpassung erfolgte nach der Diskussion innerhalb der studentischen Forschungsgruppe und ihrer Begleitperson. Ein Pretest wurde mit elf Angehörigen von Patienten und Patientinnen eines vergleichbaren Spitals in der deutschsprachigen Schweiz, auf einer medizinischen Abteilung, unter denselben Einschlusskriterien durchgeführt. Es wurden einige Rechtschreibfehler behoben und eine offene Frage zum Bedarf nach weiteren Informationen ergänzt. Der Bogen besteht aus 21 geschlossenen Fragen mit je drei Antwortkategorien: yy Kategorie 0: „möchte / brauche ich nicht“, yy Kategorie 1: „erhalte ich genügend“ und yy Kategorie 2: „erhalte ich nicht genügend“. Die interne Konsistenz des Fragebogens war mit einem Cronbachs α von 0,94 hoch. Vom Originalfragebogen liegen keine psychometrischen Angaben vor. Zur Ermittlung der Gruppenunterschiede wurden die Daten anhand eines Mittelwertindexes (MI) in zwei Gruppen unterteilt. Die Angaben aus der Kategorie „möchte / brauche ich nicht“ sowie fehlende Angaben wurden nicht in die Entscheidung der Gruppeneinteilung einbezogen. Je näher der MI bei 1 lag, desto besser fühlte sich die befragte Person informiert. Die Fragebögen, die einen MI von 1,5 oder mehr hatten, wurden zu der Gruppe der weniger informierten Angehörigen, die restlichen zu der Gruppe der informierten Angehörigen gezählt.

Datenanalyse Die Datenbereinigung erfolgte mit einer randomisierten Stichprobe von 10 % aller vorhandenen Fälle durch eine 1:1-Überprüfung der Dateneingabe. Dabei konnten weder Pflege (2019), 32 (2), 75–85

K. Weiler et al.: Familieneinbezug beim Spitalaustritt

fehlende Werte, Ausreißer oder Werte außerhalb des zulässigen Wertebereichs identifiziert werden. Für die Analyse der quantitativen Daten wurde mit dem IBM Statistical Package for the Social Sciences (SPSS) Version 24.0 gearbeitet. Ein Signifikanzniveau von α < 0,05 wurde für alle statistischen Tests festgelegt. Die Beschreibung der Zuverlässigkeit des Fragebogens sowie die Verteilung einzelner Items wurden anhand von Reliabilitäts- und Itemanalysen durchgeführt. Die Beschreibung der Stichprobe erfolgte mittels deskriptiver Statistik. Zur Beantwortung der Fragestellung 1 wurde ein t-Test für unabhängige Stichproben durchgeführt. Um die Fragestellung 2 zu beantworten, wurde die Normalverteilung mittels Kolmogorow-Smirnow-Test überprüft. Anhand der parametrischen Annahme wurde in Folge eine Korrelation nach Spearman analysiert.

Hinweis auf Freiwilligkeit zur Teilnahme Die Studie wurde durch die Ethikkommission des Kantons Zürich geprüft und am 17.08.2016 zur Durchführung freigegeben (BASEC Nr. 2016-00475). Die forschungsethischen Grundsätze wurden im Zuge aller Erhebungen durch umfassende Information der Angehörigen, Freiwilligkeit der Teilnahme, Verschwiegenheitspflicht der Studienmitarbeiterinnen und Zusicherung der Anonymität eingehalten. Es wurden keinerlei gesundheitsbezogene Daten erhoben.

Ergebnisse Beschreibung der Stichprobe Von den 111 Teilnehmenden waren 65 Frauen (58,6 %) und 46 (41,4 %) Männer im Alter zwischen 23 und 98 Jahren, mit einem durchschnittlichen Alter von 62,7 Jahren (Tabelle 1). Von den 111 Angehörigen gaben 36 Personen (32,4 %) an, dass es sich bei den Patienten / Patientinnen um ihren Partner / ihre Partnerin und in 62 Fällen (55,9 %) um die Eltern bzw. Schwiegereltern handle. Zu 60,9 % (n = 67) wohnten die Angehörigen im selben Haushalt oder weniger als 5 km entfernt (Tab. 1). Angehörige gaben an, dass sie vor dem Spitalaufenthalt psychische und emotionale Unterstützung (n = 64; 27,4 %), administrative Unterstützung (n = 56; 23,9 %) sowie Unterstützung im Haushalt (n = 51; 21,8 %) leisteten. In nur 5,1 % (n = 12) der Fälle wurde angegeben, dass sie den Pa­ tienten / die Patientin im physischen Bereich unterstützten. Zu den Fragen, wo die Hospitalisierten vor Eintritt und direkt nach dem Spitalaustritt lebten, wurde in den meisten Fällen n = 51 (45,9 %) angegeben, dass die Patienten / Patien­ tinnen vor dem Spitalaufenthalt noch ohne ­Unterstützung zu Hause gelebt haben (Tab. 2). Nach dem Spitalaufenthalt kehrten 18 Personen (16,7 %) nach Hause zurück; 16 Personen (14,9 %) waren nach dem Spital in © 2018 Hogrefe


K. Weiler et al.: Familieneinbezug beim Spitalaustritt

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Tabelle 1. Demografische Daten Merkmal

Anzahl

Prozent

Geschlecht

männlich

46

41,4

n = 111

weiblich

65

58,6

Alter

bis 35 Jahre

3

2,7

n = 111

36 − 50 Jahre

22

19,8

MW = 62,7 Jahre

51 − 65 Jahre

36

32,4

66 − 80 Jahre

37

33,3

älter als 80 Jahre

13

11,7

Aktuelle Beschäftigung

Selbstständig 80 − 100 %

10

8,10

n = 124

Selbstständig weniger als 80 %

4

3,20

(Mehrfachantworten)

Angestellt 80 − 100 %

38

30,60

Angestellt weniger als 80 %

10

8,10

In Ausbildung

1

0,80

Rentner / Rentnerin

51

41,10

Bezieher / -in einer Invalidenrente

4

3,20

Arbeitslos

3

2,40

Andere

3

2,40

Obligatorische Primar- u. Oberstufe

18

16,7

Berufslehre

57

52,8

Maturität

1

0,9

Höhere Berufsausbildung

14

13

FH oder universitärer Abschluss

13

12

Andere

5

4,6

Beziehung zum Patienten

Partner

36

32,4

n = 110

Vater / Mutter

62

55,9

Sohn / Tochter

1

0,9

Bruder / Schwester

2

1,8

Freund / -in / Nachbar / -in

3

2,7

Andere

6

5,4

Entfernung zum Patienten

Lebt im gleichen Haus

37

33,3

n = 110

< 5 Kilometer

30

27,0

5 − 20 Kilometer

23

20,7

21 − 40 Kilometer

9

8,1

> 40 Kilometer

11

9,9

Bereich der Unterstützung

Psychisch, emotional

64

27,4

n = 109

Physisch

12

5,1

(Mehrfachantworten)

Administrativ

56

23,9

Finanziell

11

4,7

Im Haushalt

51

21,8

In Gesundheitsleistungen

20

8,5

Bis jetzt nicht unterstützt

8

3,4

Anderes

12

5,1

Bildungsstand n = 111

­ iner Rehabilitation / Kur oder in einer Übergangspflegee einrichtung. Die Zahl derjenigen, die vor dem Spitalaufenthalt in einem Alters- oder Pflegeheim waren, stieg von 9 % (n = 10) auf 16,7 % (n = 18) und die Anzahl die Spitex benötigte, stieg von 18 % (n = 20) auf 24,1 % (n = 26).

Bereitschaft, Pflege zu übernehmen Die deskriptiven Daten zum Mittelwertindex der Pflegebereitschaft zeigen einen Mittelwert von 2,423 (n = 110, M = 2,423, SD= 0,767).

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K. Weiler et al.: Familieneinbezug beim Spitalaustritt

Tabelle 2. Aufenthaltsort Vor Spitalaufenthalt

Nach Spitalaufenthalt

Häufigkeit (n = 108)

Gültige Prozente

Häufigkeit (n = 110)

Gültige Prozente

20

18

26

24,1

Zu Hause mit Spitex Zu Hause mit Unterstützung durch Angehörige

28

25,2

29

26,9

Zu Hause, benötigt keinerlei Unterstützung

51

45,9

18

16,7

Rehabilitation / Kur

10

9,3

Übergangspflege

6

5,6

Alters- / Pflegeheim

10

9

18

16,7

Anderes

1

0,9

1

0,9

Anmerkung: Vergleich der Items 9 (unmittelbar nach dem Spitalaufenthalt) und 10 (vor Spitalaufenthalt) aus dem demografischen Teil.

Mehr als die Hälfte der Befragten gaben an, sich „ziemlich gut“ in der Lage zu fühlen, für gefühlsmäßige Bedürfnisse zu sorgen (n = 55; 50,5 %) und „Hilfe und Informationen vom Gesundheitssystem zu erhalten“ (n = 59; 54,6 %) (Tab. 3). Den höchsten Mittelwert erreichte die Variable „Unterstützungsdienste organisieren“ (M = 2,92). Am tiefsten waren die Mittelwertindexe für die drei Variablen „für körperliche Bedürfnisse sorgen“ (M = 2,11), „pflegerische Handlungen angenehm gestalten“ (M = 2,01) und „sich auf Stress vorbereitet fühlen“ (M = 1,8). 13 Personen (12,1 %) gaben an, dass sie sich „überhaupt nicht“ (n = 2; 1,9 %) oder „nicht so gut“ (n = 11; 10,2 %) in der Lage fühlen, auf Notfallsituationen zu reagieren (M = 2,56). Bei den 21 Freitextanmerkungen äußerten die Angehörigen den Wunsch, in folgenden Bereichen besser vorbereitet zu sein: Notfallsituationen und Erste Hilfe leisten“ (n = 3), „den Eintritt ins Pflegeheim organisieren“ (n = 2), „Gespräche über das Sterben und Loslassen zu führen“ (n = 1), „die eigenen Grenzen besser wahrzunehmen“ (n = 1) sowie „Pflege und Medikamentenkenntnis“(n = 1).

Des Weiteren wurde zweimal der Wunsch nach einer besseren Unterstützung und Informationsabgabe von Sozialdienst und den behandelnden Ärzten geäußert.

Zufriedenheit der Angehörigen mit der Austrittsplanung Der errechnete Mittelwertindex der Zufriedenheit mit der Austrittsplanung beträgt 0,69 (Tab. 4). Die Items zur Zufriedenheit mit der Austrittsplanung wurden häufiger mit Ja als mit Nein beantwortet (n = 99). Dabei erreichte das Item des Einbezugs als gleichwertiger Partner in die Austrittsplanung (M = 0,36) den besten Mittelwert. Die Mehrheit (64,0 %; n = 71) war damit zufrieden, dass sie als gleichwertiger Partner in die Austrittsplanung ihres Angehörigen hinzugezogen und involviert wurden, 10,8 % (n = 12) waren teilweise zufrieden, 9,9 % (n = 11) nicht zufrieden und 10,5 % (n = 11) wählten die Kategorie nicht zutreffend respektive waren 4,5 % fehlend (n = 6). Knapp einem Drittel der Angehörigen

Tabelle 3. Bereitschaft Überhaupt nicht n (%)

Nicht so gut n (%)

Einigermaßen n (%)

Ziemlich gut n (%)

Sehr gut n (%)

Mittelwert (M)

Für körperliche Bedürfnisse sorgen (n = 109)

19 (17,4)

16 (14,7)

25 (22,9)

32 (29,4)

17 (15,6)

2,11

Für gefühlsmäßige Bedürfnisse sorgen (n = 109)

3 (2,8)

5 (4,6)

31 (28,4)

55 (50,5)

15 (13,8)

2,68

Unterstützungsdienste organisieren (n = 108)

3 (2,8)

5 (4,6)

22 (20,4)

46 (42,6)

32 (28,8)

2,92

Sich auf Stress vorbereitet fühlen (n = 107)

19 (17,8)

24 (22,4)

27 (25,2)

33 (30,8)

4 (3,7)

1,8

Pflegerische Handlungen angenehm gestalten (n = 108)

17 (15,7)

14 (13)

34 (31,5)

37 (34,3)

6 (5,5)

2,01

Auf Notfallsituationen reagieren (n = 108)

2 (1,9)

11 (10,2)

34 (31,5)

46 (42,6)

15 (13,9)

2,56

Hilfe und Informationen erhalten (n = 108)

1 (0,9)

7 (6,5)

24 (22,2)

59 (54,6)

17 (15,7)

2,78

Für Familienmitglied sorgen (n = 109)

6 (5,5)

10 (9,2)

32 (29,4)

46 (42,2)

15 (13,8)

2,5

Mittelwert Gesamt

2,42

Anmerkungen: Family Care Inventory – preparedness; 0 = keine Bereitschaft bis 4 = sehr gute Bereitschaft; Cronbachs Alpha 0,88.

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K. Weiler et al.: Familieneinbezug beim Spitalaustritt

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Tabelle 4. Zufriedenheit Ja (K0)

Teilweise (K1)

Nein (K2)

Nicht zutreffend / fehlend (K3)

Mittelwert (M)

Einbezug als gleichwertiger Partner

71 64,0 %

12 10,8 %

11 9,9 %

17 15,3 %

0,36

Verständlichmachung der Möglichkeiten

57 51,4 %

21 18,9 %

15 13,5 %

18 16,2 %

0,55

Möglichkeit über Sorgen zu sprechen

46 41,4%

16 14,4 %

34 30,6 %

15 13,5 %

0,88

Aufnahme der eigenen Ansichten

57 51,4 %

17 15,3 %

13 11,7 %

24 21,6 %

0,49

Sicherstellung, dass Maßnahmen verstanden wurden

57 51,4 %

13 11,7 %

17 15,3 %

24 21,6 %

0,54

Berücksichtigung der Bedürfnisse

41 36,9 %

12 10,8 %

18 16,2 %

40 36,0 %

0,68

Information über das Recht auf Beurteilung der eigenen Bedürfnisse

24 21,6 %

9 8,1 %

40 36,0 %

38 34,2 %

1,22

Mittelwert Gesamt

50 45,0 %

14 12,6 %

21 18,9 %

26 23,5 %

0,69

Anmerkungen: Fragebogen zur Zufriedenheit: 0 = Ja, 1 = Teilweise; 2 = Nein; Cronbachs Alpha 0,93.

(30,6 %, n = 34) wurde bei der Austrittsplanung keine Möglichkeit gegeben, um über ihre Sorgen zu sprechen. 36,0 % (n = 40) beantworteten die Frage „Wurden Sie über Ihr Recht auf eine Beurteilung Ihrer eigenen Bedürfnisse informiert?“ mit Nein. Von 51,4 % (n = 57) der Angehörigen wurden die eigenen Ansichten in die Austrittsplanung mit einbezogen, von 11,7 % (n = 13) teilweise und von 15,3 % (n = 17) nicht, respektive war für 21,6 % (n = 24) die Frage nicht zutreffend oder als fehlend gewertet. Elf Teilnehmende hielten im Freitext fest, dass sie nicht kontaktiert wurden und acht Teilnehmende äußerten, dass sie keine oder wenige Informationen erhalten haben. Vier Personen dokumentierten im Freitext, dass ihnen nicht klar ist, wer bezüglich der Austrittsplanung ihre Ansprechperson sei. Drei Personen notierten, dass sie den Spitalaustritt als unkoordiniert empfanden.

Bei den folgenden Items gaben mehr als die Hälfte der Befragten an, dass sie genügend Informationen erhielten: „Umgang mit krankheitsbedingten Störungen“ (60 %), „verschiedene Behandlungsmöglichkeiten“ (60,4 %), „Pflege zu Hause“ (56,4 %) und „mögliche Therapien“ (51,9 %). Bei der Variablen „weitere Beratungs- und Schulungsangebote oder Materialien“ wählten gleichviele Personen die Kategorie „möchte / brauche ich nicht“ sowie „erhalte ich genügend“, nur 15,7 % gaben an, dass sie nicht genügend Angebote erhielten. Die höchsten Mittelwertindexe von mehr als 1,5 zeigten die drei folgenden Variablen: „Erkenntnisse aus der Forschung“ (M = 1,612), „rechtliche und Versicherungs­ angelegenheiten“ (M = 1,5227) und „finanzielle Fragen“ (M = 1,5500). Im Freitext wurde dreimal der Wunsch geäußert, allgemein besser informiert zu werden.

Zusammenhang zwischen der Bereitschaft und Zufriedenheit

Gruppenunterschiede in der Bereitschaft

Der Mittelwertindex der Bereitschaft, Pflege und Unterstützung zu übernehmen und der Mittelwertindex der Zufriedenheit der Austrittsplanung aus Angehörigensicht, korrelieren nicht signifikant miteinander (p = 0,267, rs = −0,113).

Informiertheit Der Gesamtmittelwert aller Variablen lag bei 1,3508 (n = 105, M = 1,3508) (Tab. 5). Zum allgemeinen Krankheitsbild gaben 70,8 % an, dass sie genügend und 25,5 %, dass sie zu wenig Informationen erhielten. Nur 3,8 % gaben an, gar keine Informationen erhalten zu wollen.

Der Levene-Test zeigte keine statistisch signifikante Varianz zwischen den beiden Gruppen (p = 0,614). Der t-Test für die Mittelwertgleichheit zeigte, dass die Gruppe der gut informierten Angehörigen (M = 2,478, SD = 0,75, n = 75) sich eher bereit zeigte, Pflege zu übernehmen, als die Gruppe der weniger gut Informierten (M = 2,11, SD = 0,72, n = 29). Die Gruppenunterschiede waren signifikant (t(102) = 2,301, p = 0,023).

Diskussion Da die Rekrutierung der Angehörigen von Patienten / Patientinnen erst ab einem Alter von 65 Jahren erfolgte und

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K. Weiler et al.: Familieneinbezug beim Spitalaustritt

Tabelle 5. Information Möchte/brauche ich nicht (K0)

Erhalte ich genügend (K1)

Erhalte ich nicht genügend (K2)

Mittelwert (M)

Allgemeines Krankheitsbild (n = 106)

4 3,8 %

75 70,8 %

27 25,5 %

1,2647

Umgang mit krankheitsbedingten Störungen (n = 105)

17 16,2 %

63 60,0 %

25 23,8 %

1,2841

Verschiedene Behandlungsmöglichkeiten (n = 101)

15 14,9 %

61 60,4 %

25 24,8 %

1,2907

Pflege zu Hause (n = 101)

30 29,7 %

57 56,4 %

14 13,9 %

1,1972

Weitere Beratungs-, Schulungsangebote und Materialien (n = 102)

43 42,2 %

43 42,2 %

16 15,7 %

1,2712

Mögliche Therapien (n = 104)

31 27,9 %

54 51,9 %

19 18,3 %

1,2603

Beschaffung von und Umgang mit Hilfsmitteln (n = 104)

41 39,4 %

49 47,1 %

14 13,5 %

1,2222

Zusätzliche Wohnformen resp. Versorgungsformen (n = 103)

46 44,7 %

38 36,9 %

19 18,4 %

1,3333

Erkenntnisse aus der Forschung (n = 101)

52 51,5 %

19 18,8 %

30 29,7 %

1,6122

Rechtliche- und Versicherungsangelegenheiten (n = 101)

57 56,4 %

21 20,8 %

23 22,8 %

1,5227

Finanzielle Fragen (n = 100)

60 60,0 %

18 18,0 %

22 22,0 %

1,5500

Administrative Aufgaben (n = 101)

60 59,4 %

23 22,8 %

18 17,8 %

1,4390

Unterstützung durch ambulante Pflegedienste (n = 103)

38 36,9 %

48 46,6 %

17 16,5 %

1,2615

Unterstützung bei baulichen Veränderungen (n = 101)

73 72,3 %

16 15,8 %

12 11,9 %

1,4286

Ansprechen von Schwierigkeiten (n = 103)

33 32,0 %

42 40,8 %

28 27,2 %

1,4000

Wirkung und Verabreichung von Medikamenten (n = 100)

35 35,0 %

43 43,0 %

22 22,0 %

1,3385

Unterstützung bei der Bewegung (n = 103)

48 46,6 %

37 35,9 %

18 17,5 %

1,3273

Unterstützung bei der Ernährung (n = 100)

58 58,0 %

32 32,0 %

10 10,0 %

1,2381

Vermeidung von Komplikationen (n = 99)

54 54,5 %

28 28,3 %

17 17,2 %

1,3778

Pflegerische Verrichtungen (n = 101)

68 67,3 %

21 20,8 %

12 11,9 %

1,3636

Umgang mit technischen Hilfsmitteln oder Geräten (n = 100)

74 74,0 %

16 16,0 %

10 10,0 %

1,3846

Mittelwert Gesamt

45 44,0 %

38 37,4 %

19 18,6 %

1,3508

Anmerkungen: Fragebogen zur Informiertheit: 0 = möchte / brauche ich nicht, 1 = erhalte ich genügend; 2 = erhalte ich nicht genügend; Cronbachs Alpha 0,94.

der größte Teil der befragten Angehörigen die Partner oder Kinder waren, spiegelt sich dies auch in deren Altersdurchschnitt wider. Dass vorwiegend Partner und erwachsene Kinder als Angehörige rekrutiert werden können, ist aus ähnlichen Studien bekannt (Schumacher et al., 2007; Hediger & Mahrer Imhof, 2012; Henriksson & Arestedt 2013). Pflege (2019), 32 (2), 75–85

Vergleichbar mit den Ergebnissen von Bull, Hansen und Gross (2000), zeigten sich die Angehörigen in dieser Arbeit größtenteils zufrieden mit der Austrittsplanung. Im Vergleich mit einer Studie von Silver, Wellman, GalindoCiocon und Johnson (2004) fühlten sich die Angehörigen in diesem Forschungsprojekt deutlich besser darauf vorbereitet, Informationen zu Unterstützungsdiensten heraus© 2018 Hogrefe


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zufinden und diese zu organisieren. Dies könnte einem gesellschaftlichen Wandel zugrunde liegen. Büker beschrieb bereits 2009, dass ein Rückgang des traditionellen Verpflichtungsgefühls gegenüber den Eltern zu beobachten sei und damit eine erhöhte Delegationsbereitschaft an institutionelle Leistungserbringer und Fachpersonen assoziiert werden könne. Zudem kann es sein, dass es eine Abbildung einer digitalen Gesellschaft ist, in der es zunehmend einfacher wird, sich die entsprechenden Informationen im Internet zu besorgen und damit Tätigkeiten, zu denen sich Angehörige selbst nicht in der Lage fühlen, zu organisieren und zu delegieren. Zur Belegung dieser Interpretation sind qualitative Daten notwendig. Mehr als die Hälfte der Befragten fühlte sich ziemlich gut in der Lage, für „gefühlsmäßige Bedürfnisse“ zu sorgen. Bei den Variablen „für körperliche Bedürfnisse sorgen“ und „pflegerische Handlungen übernehmen“ gab jedoch eine hohe Anzahl Personen an, dass sie sich überhaupt nicht in der Lage fühlen, Unterstützung zu leisten. Dies könnte einerseits damit zusammenhängen, dass aufgrund einer größeren örtlichen Distanz die Unterstützung vor Ort nur bedingt möglich ist. Andererseits ist bekannt, dass pflegende Angehörige durch die Organisation von Betreuung und Pflege, möglicher baulicher Veränderungen sowie einem Rollenwechsel in Familie und Partnerschaft häufig sowohl physischem als auch psychischem Stress ausgesetzt sind (Jungbauer et al., 2003; Laliberte Rudman, Hebert & Reid, 2006). So gaben die Angehörigen in dieser, wie auch in der Studie von Silver et al. (2004) an, dass sie sich oft überhaupt nicht auf das Leisten von Pflege und die emotionale Belastung vorbereitet fühlten. Ebenso fühlten sie sich nicht gut vorbereitet, „für körperliche Bedürfnisse zu sorgen“ und „pflegerische Handlungen zu übernehmen“. Angehörige gaben an, dass sie kaum die Möglichkeit hatten, eigene Bedürfnisse und Sorgen zu äußern. Dies kann damit zusammenhängen, dass durch die stetig kürzere Aufenthaltsdauer in Schweizer Spitälern (Obsan, 2017) die Pflegeleistungen beim Austritt immer komplexer werden und die durch Krankheit beeinträchtigte Person nach dem Spital auf mehr Unterstützung angewiesen ist (Tab. 2). Durch die reduzierten zeitlichen wie personellen Ressourcen bleibt im Pflegealltag kaum Zeit für längere Gespräche. So wird die Informationsabgabe an und Edukation von Patienten / Patientinnen oder Angehörigen zur Herausforderung für das Pflegepersonal. Eine gute Edukation und Austrittsplanung müsste jedoch die Basis sein, damit sich der Patient / die Patientin und die Angehörigen nach dem Austritt mit der Situation arrangieren können oder Probleme erkennen und notwendige Maßnahmen bereits vor Spitalaustritt eingeleitet werden können. Da das Gesundheitswesen jedoch in Zukunft zunehmend auf die pflegenden Angehörigen angewiesen sein wird, ist es notwendig ihre Bedürfnisse im Rahmen einer familienzentrierten Pflege frühestmöglich zu erfassen und angemessen zu unterstützen. Ebenfalls soll das Angebot für pflegende Angehörige ausgebaut werden, damit sie auch nach dem Spitalaustritt eine Anlaufstelle haben für Fragen und Informationen, oder um Unterstützung anzufordern.

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In der vorliegenden Arbeit war der Zusammenhang zwischen der Angehörigenzufriedenheit und der Bereitschaft Pflege zu übernehmen nicht signifikant mit schwachem, negativem Korrelationskoeffizienten. Im Gegensatz dazu konnte in der Untersuchung von Bull, Hansen und Gross (2000) eine Abhängigkeit der Angehörigenzufriedenheit mit der Austrittsplanung und der Bereitschaft, Pflege zu übernehmen aufgezeigt werden. In ihrer Untersuchung wurden die Zufriedenheit mit dem modifizierten Client Satisfaction Questionnaire (CSQ) und die Bereitschaft anhand einer Skalenfrage mit einer Wertung von 0 bis 10 gemessen. Der Nachweis eines signifikanten Zusammenhangs könnte darauf zurückzuführen sein, dass in der Arbeit von Bull, Hansen und Gross ein anderes Messinstrument mit anderen Analysemethoden verwendet wurde und die Stichprobe deutlich größer gewählt wurde. In der hier vorliegenden Arbeit wurde im Gegensatz zu Bull, Hansen und Gross nicht nur die Zufriedenheit familiärer Angehöriger, sondern auch jene von Freunden, Nachbarn etc. erfasst. In bestehender Literatur (Bull, Hansen & Gross, 2000) konnte nachgewiesen werden, dass der Einbezug Angehöriger ins Austrittsmanagement deren Zufriedenheit steigert und die Angehörigen sich besser auf ihre Pflegerolle vorbereitet fühlen. Der Einbezug von Angehörigen in die Austrittsplanung wurde aus der Perspektive der Angehörigen subjektiv erfasst. Nicht erhoben wurde, wie das Behandlungsteam die Angehörigen kontaktiert und auf den Austritt vorbereitet hat. Weiter deuten einige Angaben aus dem Freitext darauf hin, dass die Angehörigen nicht kontaktiert wurden oder unklar war, wer ihre Ansprechperson war. Mit einem guten Bezugspflegeprozess und der Absprache, wer als erster Angehöriger aktiv kontaktiert wird, könnten eventuell positivere Ergebnisse erzielt werden. Es konnte gezeigt werden, dass die Gruppe der informierten Angehörigen eine höhere Bereitschaft zu Pflege und Unterstützung aufweist. Somit wurde deutlich, dass die Informiertheit einen offensichtlichen Einfluss auf die Bereitschaft hat. Die Ergebnisse zeigen, dass die Mehrheit der Angehörigen genügend Informationen erhält. Bei dem Informationsbedarf zum allgemeinen Krankheitsbild, zum Umgang mit krankheitsbedingten Störungen, zu den verschiedenen Behandlungsmöglichkeiten und zu möglichen Therapien, zeigt sich ein sehr hohes Informationsbedürfnis, das bei zwei Dritteln gedeckt wurde. In dieser Studie wurde deutlich, dass das Informationsbedürfnis, zum Beispiel zu den Themen „Erkenntnisse aus der Forschung“, „Rechtliche- und Versicherungsangelegenheiten“ sowie zu „finanziellen Fragen“, für die Angehörigen meist nicht genügend gedeckt wurde. In den meisten Spitälern gibt es mittlerweile Professionen, die gezielt auf die Beratung und Unterstützung solcher Themen eingehen, hierzu gehört zum Beispiel der Sozialdienst. Das Erkennen und Decken der verschiedenen Informationsbedürfnisse sollte daher als interdisziplinäres Ziel aller am Behandlungsprozess beteiligten Personen angesehen werden. So liegt es in der Verantwortung der Pflegenden, die Bedürfnisse der Patienten / Patientinnen und ihrer Angehörigen zu erfassen und die nötigen Disziplinen in den Prozess zu involvieren.

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Aus der Literatur ist bekannt, dass nicht nur die Angehörigen, sondern auch die Betroffenen zufriedener sind, wenn ihre Angehörigen intensiver in die Vorbereitungen des Austritts einbezogen werden und sie die nötigen Informationen erhalten haben (Maramba et al., 2004). Das Informationsbedürfnis von Betroffenen und Angehörigen wurde gleichermaßen als prioritär angesehen (Silva, Teixeira & Freitas, 2013; Egger et al., 2012; Hepworth & Harrison, 2004). In der vorliegenden Studie lag der Fokus auf den Angehörigen und den signifikanten Ergebnissen zu den Gruppenunterschieden zwischen gut informierten und weniger gut informierten Angehörigen. Es konnte deutlich gemacht werden, dass die selbst wahrgenommene Informiertheit einen offensichtlichen Einfluss hat auf die Bereitschaft, Pflege zu übernehmen. Folglich kann angenommen werden, dass durch eine gezielte Informationsabgabe die Pflegebereitschaft der Angehörigen gesteigert werden kann. Damit würde letztlich dem Wunsch von älteren Menschen, so lange wie möglich in der eigenen Wohnung zu bleiben und von ihren Angehörigen betreut und gepflegt zu werden (Stone & Dawson, 2008; Stoltz, Uden & Willman, 2004), besser nachgekommen werden.

Limitationen Einige Angehörige lehnten die Teilnahme an der Studie ab und begründeten dies mit einer zu großen räumlichen Distanz zwischen Patient / Patientin und Angehörigen. Sie äußerten, dass es ihnen nicht möglich war, im Spital vorbeizugehen und somit eine Hilfestellung für ihre älteren Angehörigen auch in Zukunft nicht möglich sei. Für die Studie bedeutet dies, dass es hier möglicherweise zu einem Selektionsfehler kam und die Resultate nur für eine räumlich näherwohnende Gruppe von Angehörigen gelten. Aufgrund zeitlich begrenzter Ressourcen, da die Arbeit im Rahmen einer Masterthesis generiert wurde, und der örtlichen Begrenzung auf ein Spital, konnte die Rekrutierung nicht ausgedehnt und somit die vorher berechnete Stichprobengröße nicht erreicht werden. Es ist zu berücksichtigen, dass im Fragebogen zur Zufriedenheit in der Mittelwertindexbildung Antworten, die als „nicht zutreffend“ gewählt wurden, nicht einbezogen werden konnten. Daher ist es möglich, dass das Ergebnis zur Zufriedenheit positiver ausfällt.

Schlussfolgerung Die Ergebnisse der Forschungsarbeit zeigen, dass Angehörige, die sich besser informiert fühlen, auch eine höhere Bereitschaft hatten, Pflege zu übernehmen. Für die Pflegepraxis ergibt sich daraus die Notwendigkeit, die Angehörigen vermehrt in die Behandlung und die Austrittsplanung mit einzubeziehen und besser zu informieren. Es sollten Edukationsmaßnahmen für Angehörige entwickelt werden, die helfen, dass sie sich besser informiert und somit auch besser auf die Pflege vorbereitet fühlen. Im Vorfeld sind qualitative Studien empfehlenswert, die die BereitPflege (2019), 32 (2), 75–85

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schaft und den Informationsbedarf der Angehörigen erfassen. Hinzufügend muss jedoch erwähnt werden, dass diese Arbeit nur die Sicht der Angehörigen aufweist. Es wurden weder die Sichtweisen der ausgetretenen Patienten / Patientinnen noch des Gesundheitspersonals erhoben. Eine quasi-experimentelle Forschungsarbeit, bei der die Angehörigen vor der Intervention (z. B. Informationsabgabe oder Edukation) und nach der Intervention befragt werden, könnte Aufschluss geben, ob die Pflegebereitschaft tatsächlich gesteigert werden kann. Eine objektiv durchgeführte Subgruppenanalyse des Einbezugs von Angehörigen kann aufzeigen, ob einbezogene Angehörige zufriedener sind und sich eher in der Lage fühlen, Unterstützung zu leisten.

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K. Weiler et al.: Familieneinbezug beim Spitalaustritt

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Historie Manuskripteingang: 05.03.2018 Manuskript angenommen: 06.09.2018 Onlineveröffentlichung: 06.12.2018 Autorenhinweis Die vorliegende Arbeit wurde als Thesis für den Master of Science in Pflege an der Zürcher Hochschule für angewandte Wissenschaft, Institut für Pflege, durchgeführt. Danksagung Unser besonderer Dank gilt den Mitarbeitenden des Spital Bülachs, insbesondere Roger Fontana. Wir danken für die gute Zusammenarbeit, die Information an die Patienten und Angehörigen und die Weiterleitung der Kontaktdaten der Angehörigen. Ebenso danken wir allen Teilnehmenden an dieser Studie, die sich die Zeit genommen haben, die Fragebögen auszufüllen und an uns zu retournieren. Weiter möchten wir Frau Hannele Hediger für ihre Beratung bei den statistischen Analysen danken. Beiträge der einzelnen Autorinnen Substanzieller Beitrag zu Konzeption oder Design der Arbeit: KW, YW, RM Substanzieller Beitrag zur Erfassung, Analyse oder Interpretation der Daten: KW, YW Manuskripterstellung: KW, YW Einschlägige kritische Überarbeitung des Manuskripts: KW, YW, RM, DH Genehmigung der letzten Version des Manuskripts: KW, YW, RM, DH Übernahme der Verantwortung für das gesamte Manuskript: KW, YW

Katharina Weiler Medizinbereich Neuro-Kopf Universitätsspital Zürich Frauenklinikstrasse 20 8091 Zürich Schweiz katharina.weiler@usz.ch

Yvonne Wittwer Klinische Forschung Onkologie / Hämatologie Kantonsspital St. Gallen Rorschacherstrasse 95 9007 St. Gallen Schweiz yvonne.wittwer@kssg.ch

Was war die größte Herausforderung bei Ihrer Studie? Die größte Herausforderung bestand in der Rekrutierung. Was wünschen Sie sich bezüglich der Thematik für die Zukunft? Dass der Informationsbedarf von Angehörigen in Zukunft besser erkannt wird und Strategien gefunden werden, wie pflegende Angehörige besser unterstützt werden können. Was empfehlen Sie zum Weiterlesen / Vertiefen? Um uns vertieft mit dem Begriff der Bereitschaft und dessen Auswirkungen auseinanderzusetzen, griffen wir auf differenzierte Artikel von Schumacher K. L. zurück, welcher diese Begrifflichkeit mit seinen Studien prägt.

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Berührung, Beziehung und Demenz Luke J. Tanner

Berührungen und Beziehungen bei Menschen mit Demenz Ein person-zentrierter Zugang zu Berührung, Beziehung, Berührtsein und Demenz Deutschsprachige Ausgabe herausgegeben von Carsten Niebergall. Übersetzt von Heide Börger. 2018. 272 S., 45 Abb., 1 Tab., Kt € 29,95 / CHF 39.90 ISBN 978-3-456-85855-5 Auch als eBook erhältlich

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Sinnvolle Berührungen sind ein wichtiger Bestandteil echter person-zentrierter Pflege von Menschen mit einer Demenz, dennoch gelten sie angesichts der wahrgenommenen Risiken als zweitrangig. Dieses Buch stellt das Vertrauen in das Potenzial von Berührungen wieder her. Es zeigt auf, wie wichtig Berührungen für die Stärkung der Persönlichkeit, der Beziehungen und des Wohlbefindens sind und es thematisiert die Hemm-

nisse, die die Mitarbeiter davon abhalten, Berührungen wirkungsvoll zu nutzen. Luke Tanner stellt verschiedene Berührungsarten vor und geht in diesem Kontext auch auf die Themen Zustimmung und Schutz ein, um konkret zu zeigen, wie es im Rahmen der Pflege gelingt, die Vorzüge von Berührungen zu maximieren und deren negative Auswirkungen zu minimieren.


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Originalarbeit

Telematische Anwendungen in der ambulanten Pflege: Die Perspektive von Pflegekräften Christoph Dockweiler, Leonie Diedrich, Sarah Palmdorf, Dina Beier, Jonas Ilic, Marius Kibbert, Joeline Kirsch, Niels Hannemann, Frederike Prisett, Viktoria Schmitke, Charline Schmidt, Teresa Spindeler, Lara Sommer, Samira Sommer, Anna Lea Stark, Chris Steinkühler, Johanna Stolte, Claudia Hornberg Fakultät für Gesundheitswissenschaften, Universität Bielefeld

Zusammenfassung: Hintergrund: Der Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnologien in der ambulanten Pflege erfolgt vor dem Hintergrund des demografischen Wandels mit dem Ziel, auch in Zukunft die Qualität der pflegerischen Versorgung sicherzustellen. Die Akzeptanz der telematischen Anwendungen ist dabei entscheidend für die erfolgreiche Implementation. Ziel: Das Ziel der Untersuchung war eine Erfassung der subjektiven Haltungen und Einstellungen sowie der Nutzungsintention der Pflegekräfte hinsichtlich telematischer Anwendungen in der ambulanten Pflege. Methoden: Auf der theoretischen Grundlage der „Unified Theory of Acceptance and Use of Technology“ (UTAUT) wurde eine Onlineumfrage erstellt, anhand derer deutschlandweit ambulante Alten- und Krankenpflegekräfte sowie Auszubildende in Pflegeschulen befragt wurden. Insgesamt konnten 371 Befragte in die Analyse eingeschlossen werden. Ergebnisse: Der Informationsstand zur Telematik und die eigenen technischen Kompetenzen werden als gering eingeschätzt. Es wird eine verbesserte Transparenz des Pflegeprozesses erhofft; genauso wie eine Erleichterung des Austausches sektorintern und -übergreifend. Dagegen wird befürchtet, dass die telematischen Anwendungen mit erhöhten Kosten, Schulungsaufwand und Technikabhängigkeit einhergehen. Schlussfolgerungen: Die Ergebnisse zeigen die Relevanz der Einstellungen und Bedürfnisse von Nutzerinnen und Nutzern für eine erfolg­ reiche Implementierung. Aus-, Fort- und Weiterbildungen sollten in Zukunft verstärkt die technologische Kompetenz der Pflegekräfte fördern. Schlüsselwörter: Telematik, Akzeptanz, Informations- und Kommunikationstechnologien, Pflegekräfte, Telecare Telematics in ambulatory care: Exploring the nurses' perspective Abstract: Background: In the context of demographic change, the use of information and communications technology in home care has the aim of ensuring the quality of nursing care in the future. The acceptance of telematic applications by all users is crucial in this regard. Aim: The aim of this study was to assess the subjective attitudes and intentions of nursing staff on telematic applications in home care. Methods: Based on the “Unified Theory of Acceptance and Use of Technology” (UTAUT), an online survey was conducted in which nursing staff as well as nursing students throughout Germany were surveyed. 371 questionnaires have been included in the analysis. Results: Nursing students as well as nurses stated inadequate information and insufficient technical competence. Referring to performance expectations, both groups hope for improving care process transparency and communication inside and outside sectors. For effort expectancy, higher costs, training efforts and technology dependency were named. Conclusions: The results show the relevance of the attitudes and demands of users for a successful implementation. In the future, training and further education should increasingly promote the technological competence of nursing staff. Keywords: telematics, acceptance, information and communications technology, nurses, telecare

Einleitung Bis zum Jahr 2060 wird sich die Zahl der Pflegebedürftigen von derzeit 2,9 Millionen auf fast fünf Millionen erhöhen (Statistisches Bundesamt, 2017). Der demografische Wandel führt zu einer Zunahme an pflegebedürftigen Personen bei gleichzeitigem Rückgang von Personen im er-

werbsfähigen Alter und damit von Fachkräften, die die pflegerische Arbeit leisten können (Ewers, 2010; HülskenGiesler, 2010). Als Folge des demografischen Wandels verändert sich zudem das Krankheitspanorama. Chronische und neurodegenerative Krankheiten sowie Multimorbidität führen zu einem erhöhten und komplexeren Pflegebedarf (Ewers, 2010). Gleichzeitig zwingen der Kos-

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C. Dockweiler et al.: Telematische Anwendungen in der ambulanten Pflege

Was ist (zu dieser Thematik) schon bekannt? Telematische Anwendungen haben Potenzial, die ambulante Pflege zu verbessern. Die Frage der Akzeptanz ist wesentlich für den Erfolg der innovativen Technologien. Was ist neu? Es konnten differenzierte Einstellungen von Pflegekräften (berufstätig und in Ausbildung) zu telematischen Anwendungen im Pflegeprozess festgestellt und theoriegeleitet Akzeptanz bestimmende Elemente isoliert werden. Welche Konsequenzen haben die Ergebnisse für die Pflege­ praxis? Für einen nutzerorientierten Implementationsprozess ist eine Stärkung der technologischen Kompetenz erforderlich.

tendruck und die Ressourcenknappheit im Gesundheitswesen zu effizienteren Lösungen (Ewers, 2010). Derzeit werden mehr als zwei Millionen Pflegebedürftige im häuslichen Umfeld betreut. Davon nehmen mehr als ein Drittel ambulante Pflegedienste in Anspruch. Seit 2013 ist die Nachfrage nach professioneller ambulanter Pflege bis heute um mehr als 12 % gestiegen (Statistisches Bundesamt, 2017). Hierzu hat auch die Verkürzung der Verweildauer in der stationären Versorgung maßgeblich beigetragen (While & Dewsbury, 2011). Innovationen im Bereich von Informations- und Kommunikationstechnologien in der ambulanten pflegerischen Versorgung erleben vor diesem Hintergrund eine bemerkenswerte Dynamik in Forschung, Entwicklung und Versorgungspraxis (Dockweiler & Razum, 2016; ­Rouleau et al., 2017). Der Einsatz verfolgt dabei die Ziele der Kostendämpfung im Gesundheitswesen, der Unterstützung formeller und informeller Pflege, insbesondere in Ergänzung und als partielle Überbrückung nicht ausreichend vorhandener Pflegekräfte bis hin zu Lösungen, die professionell Pflegende und Angehörige entlasten sollen (Hielscher, 2014). Technologien verändern in zentraler Weise, wie Pflegekräfte den Prozess der Leistungserbringung planen, vollziehen, dokumentieren und evaluieren (Hülsken-Giesler, 2010; Rouleau et al., 2017). In diesem Bereich der sogenannten Telecare-Leistungen zeigen sich die Digitalisierung der Dokumentation und Pflegeplanung sowie telemetrische Anwendungen als die dominierenden Anwendungsfelder (Hielscher, 2014). Innovative Kommunikations- und Videotechnologien erlauben es, z. B. Vitalparameter ortsunabhängig zu erheben (Fries­ acher, 2010). Die Standardisierung des Dokumentationsprozesses durch IT-Einsatz kann den Pflegeprozess effizienter und sicherer gestalten (Classen et al., 2010). Die Systeme bieten unter anderem die Möglichkeit, patientinnen- und patientenbezogene Daten zu generieren, zu verwalten und intra- sowie intersektoral zu kommunizieren (Mair et al., 2009). Technische Assistenzsysteme, wie technische Mobilisationshilfen, erleichtern die tägliche Arbeit der Pflegekräfte oder führen im Fall von Notrufsystemen zu mehr häuslicher Sicherheit für die Pflegebedürftigen (Friesacher, 2010). Sie ermöglichen es Pflegebedürftigen, vornehmlich im häuslichen Umfeld versorgt zu Pflege (2019), 32 (2), 87–96

werden, was auf einen spezifischen Versorgungsbedarf der Betroffenen reagiert, mit entsprechend positiven Implikationen für die Lebensqualität im Alter (Ewers, 2010; While & Dewsbury, 2011). Resultierend aus den sich andeutenden Potenzialen des Einsatzes von Informations- und Kommunikationstechnologien in der ambulanten pflegerischen Versorgung ergibt sich die Herausforderung einer nutzerorientierten Gestaltung des Implementationsprozesses der neuen Versorgungsmöglichkeiten und der unweigerlich damit verbundenen Frage der Akzeptanz aus den unterschiedlichen Perspektiven der (zukünftigen) Nutzergruppen. Vor diesem Hintergrund bedarf es der Erfassung der subjektiven Bedarfe und Bedürfnisse sowie der Haltungen und Einstellungen der Nutzer / Nutzerinnen hinsichtlich der technologischen Innovation. Theoretische Rahmenmodelle wie die „Unified Theory of Acceptance and Use of Technology“ (UTAUT) haben sich in der sozialwissenschaftlichen Forschung etabliert, um die unterschiedlichen Determinanten und Wirkzusammenhänge von Adoptions- und Akzeptanzprozessen aufzuzeigen (Williams, Rana & Dwivedi, 2015). Der Theorie entsprechend wird die Nutzungsintention und tatsächliche Anwendung einer technischen Innovation maßgeblich durch die vier Determinanten „Leistungserwartung“ (z. B. wahrgenommene Potenziale, Vorteile und Möglichkeiten), „Aufwandserwartung“ (z. B. wahrgenommene Herausforderungen und Schwierigkeiten bei der Anwendung), „sozialer Einfluss“ (z. B. wahrgenommene Bewertung durch das soziale Umfeld) und „Rahmenbedingungen“ (z. B. rechtliche oder finanzielle Regelungen) beeinflusst (Venkatesh, Morris, Davis & Davis, 2003). International liegen erste Studien zur Anwendung der Theorie als Element zur Operationalisierung der Nutzerakzeptanz im Bereich des Technologieeinsatzes in der Pflege vor (Kijsanayotin, Pannarunothai & Speedie, 2009; Kim, Lee, Hwang & Yoo, 2016; Maillet, Mathieu & Sicotte, 2015). Dabei wurde mehrheitlich Leistungserwartung als determinierender Einflussfaktor festgestellt. Auf nationaler Ebene besteht dagegen ein deutliches Forschungsdesiderat in der theoriegeleiteten Erfassung relevanter Einflussfaktoren auf die Nutzungsintention telematischer Anwendungen aus der Perspektive von Pflegekräften. Vor diesem Hintergrund wurde eine theoretisch begründete Analyse zur Nutzungsintention von telematischen Anwendungen in der ambulanten Pflege aus der Perspektive ambulanter Pflegekräfte und Pflegeschülerinnen und -schülern konzipiert. Telematik wird demnach verstanden als eine Form der Technik, bei der Telekommunikation und Informatik miteinander verbunden werden (Burchert, 2014). Es ist eine Verknüpfung von mindestens zwei Informationssystemen mit Hilfe eines Telekommunikationssystems und inkludiert eine spezielle Art der Datenverarbeitung. Wird eine solche Technologie in der Pflege angewendet wird von Pflegetelematik gesprochen. Ausgehend vom rahmengebenden theoretischen Model UTAUT waren folgende Fragestellungen handlungsleitend: © 2018 Hogrefe


C. Dockweiler et al.: Telematische Anwendungen in der ambulanten Pflege

a. Welche zentralen einstellungsbezogenen Determinanten beeinflussen die Akzeptanz potenzieller Nutzerinnen und Nutzer (z. B. ambulante Kranken- oder Altenpflegekräfte) von Pflegetelematik-Anwendungen in der ambulanten Alten- und Krankenpflege? b. Wie wird der subjektive Informations- und Wissensstand zu Pflegetelematik-Anwendungen aus der Perspektive potenzieller Nutzerinnen und Nutzer bewertet? c. Wie wird die zukünftige Bedeutung von Pflegetelematik für die pflegerische Arbeit eingeschätzt? d. Welche grundlegenden Haltungen und Einstellungen zeichnen sich gegenüber der Pflegetelematik ab? e. In welcher Form moderieren personenbezogene Merkmale (z. B. Alter, Geschlecht, Technikaffinität) die Haltungen und Einstellungen sowie den Prozess der Herausbildung der Nutzungsintention?

Methodik Studiendurchführung Im Zeitraum vom 20. Dezember 2016 bis 1. Februar 2017 wurden mittels eines Onlineumfragetools deutschlandweit Alten- und Krankenpflegekräfte sowie Pflegeschülerinnen und -schüler zur Akzeptanz von pflegetelematischen Anwendungen in ihrem Berufsfeld befragt. Die Stichprobenrekrutierung erfolgte über öffentlich zugängliche Datenbanken zu ambulanten Alten- und Krankenpflegediensten sowie zu Pflegeschulen, den Kassenärzt­ lichen Vereinigungen, der Bundesärztekammer oder den Berufsverbänden. Die gelisteten ambulanten Pflegedienste und Krankenpflegeschulen wurden erfasst und elektronisch kontaktiert (n = 5 123). Die Teilnahme erfolgte auf Grundlage der Selbstselektion. Neben der aktiven Stichprobenziehung wurde ergänzend auf das sogenannte Schneeballverfahren als passive Methode gesetzt. Dabei wurden die Führungskräfte der ambulanten Pflegedienste sowie die Schulleiterinnen und Schulleiter und die Studienteilnehmerinnen und -teilnehmer selbst um die Weiterleitung des Zugangslinks für die Erhebung gebeten. Die Beendigungsquote der Onlinebefragung belief sich auf 41,13 %. Bei einem Gesamtsample von 902 Teilnehmerinnen und Teilnehmern konnten so 371 vollständig beendete Fragebögen in die statistischen Auswertungen einbezogen werden. Unvollständige Datensätze wurden ausgeschlossen. 76,16 % der Teilnehmer haben nach der Weiterleitung auf den Fragebogen an der Befragung teilgenommen (Ausschöpfungsquote). Bei der Studie handelt es sich um eine sozialwissenschaftliche Studie außerhalb von medizinisch-therapeutischen Behandlungsansätzen, die Haltungen und Einstellungen von Pflegekräften und Schülern deskriptiv erfasst. Es bestand keine Vulnerabilität in Bezug auf die teilnehmenden Personen oder auf das Thema der Befragung. Es wurden keine personenbezogenen Daten erhoben. Die Teilnehmer wurden vor der Befragung über die Studie, der

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Umgang mit ihren Daten im Rahmen der datenschutzrechtlichen Bestimmungen und die Art ihrer Teilnahme aufgeklärt, daher konnten sie eine informierte Entscheidung für die Mitwirkung treffen. Aufgrund dieser Voraussetzungen war kein Ethikvotum notwendig.

Erhebungsinstrument Der Aufbau des entwickelten Fragebogens orientierte sich an dem zugrunde liegenden theoretischen Model (UTAUT) und gliederte sich in die inhaltlichen Hauptkategorien a) Leistungserwartungen (12 Items, α = 0,910), b) Aufwandserwartungen (12 Items, α = 0,864), c) Rahmenbedingungen (7 Items, α = 0,796) und d) soziale Einflüsse (3 Items, α = 0,663) mit einer Skala von „Trifft nicht zu“ (1) bis „Trifft voll zu“ (4). Auf der Grundlage einer systematischen Erfassung des Forschungsstandes zur Akzeptanz pflegetelematischer Anwendungen wurden indikationsund anwendungsspezifische Items zur Operationalisierung der theoretischen Hauptkategorien erarbeitet. Die Hauptkategorien wurden ergänzt durch die inhaltlichen Bereiche e) soziodemografische Daten (Beruf, Berufserfahrung, Alter, Geschlecht, Bundesland), f) subjektiv bewerteter Wissensstand (global als auch in Bezug auf ­evidente Potenziale und Risiken des Technikeinsatzes), g) bisherige Nutzung und zukünftige Nutzungsintention sowie h) Technikaffinität. Die Affinität für Technologien wird

Abbildung 1. Im Onlinetool exemplarisch enthaltenes Beispiel der elektronischen Pflegeplattform.

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C. Dockweiler et al.: Telematische Anwendungen in der ambulanten Pflege

über den validierten Fragebogen „TA-EG“ (Karrer, Glaser, Clemens & Bruder, 2009) erhoben und umfasst 19 Items, die vier Subskalen abdecken: Begeisterung für Technik (α = 0,888), Kompetenz im Umgang mit Technik (α = 0,862), positive Technikfolgen (α = 0,669) und negative Technikfolgen (α = 0,814). Der in einem Pretest überprüfte Onlinefragebogen greift die beschriebenen Kategorien in insgesamt zehn Blöcken mit 19 Fragen und 47 Items auf. Im Pretest wurde die „think-aloud“-Methode mit potenziellen Teilnehmern genutzt (Bickart & Felcher, 1996). Eine Anpassung des Fragebogens war nicht notwendig. Um eine einheitliche Beurteilungsgrundlage zu schaffen, wurde in der Onlinebefragung ein fiktives Beispiel für eine pflegetelematische Anwendung abgebildet (vgl. Abb. 1). Das Technikszenario orientiert sich am aktuellen Entwicklungsstand digitaler Dokumentationen (Roth & Groß, 2018) und wurde im Rahmen der Befragung um folgende Instruktion ergänzt: „Bitte schauen Sie sich die nachfolgende Abbildung genau an. Die beschriebenen Funktionen können über ein Smartphone oder ein Tablet genutzt werden und setzen keine spezifischen Kenntnisse voraus. Die elektronische Plattform ist so angelegt, dass in einer Menüleiste (linker Bildrand) verschiedene Funktionen ausgewählt werden können. Im ersten Bild ist die Funktion ‚Maßnahmen‘ zu sehen. Hier werden die verschiedenen Aufgaben aufgelistet, die für den Patienten geplant sind. Außerdem können Kommentare hinzugefügt und die Kommentare der letzten Wochen angesehen werden. Im zweiten Bild ist die Funktion ‚Medizinische Informationen‘ zu sehen, in der die Unterfunktion ‚Vitaldaten‘ ausgewählt ist. Es kann zwischen den verschiedenen Parametern gewechselt werden, welche im Wochenüberblick graphisch dargestellt werden. Nachdem die Pflegekraft die Vitaldaten dokumentiert hat, übertragen sich diese automatisch in die Grafik.“

Pseudo R2 (Nagelkerkes). Das Signifikanzniveau wurde auf 5 % (p ≤ 0,05) festgelegt.

Datenauswertung

Von den Befragten, die schon berufstätig sind (n = 179), geben 63,7 % an, bereits Erfahrungen mit dem Einsatz von Pflegetelematik gesammelt zu haben. Die deutliche Mehrheit der Pflegekräfte (88,8 %) kann sich vorstellen, auch zukünftig telematische Anwendungen in ihrem Beruf zu nutzen, fühlt sich jedoch durch ihre Ausbildung nicht ausreichend darauf vorbereitet (82,7 % Zustimmung). Von den Befragten, die sich noch in der Ausbildung befinden (n = 192), geben 66,7 % an, schon praktische Erfahrungen im Bereich Pflegetelematik gemacht zu haben. Dabei stehen 90 % dem Einsatz in ihrer zukünftigen Berufspraxis offen gegenüber. Die Mehrheit (82,8 %) der Schülerinnen und Schüler sieht den Bereich aber noch als unterrepräsentiert in ihrer Ausbildung.

Die Datenaufbereitung und -analyse erfolgte mit Hilfe der Statistik-Software IBM SPSS Statistics 22. Innerhalb der deskriptiven Statistik wurden relevante Zusammenhangsanalysen insbesondere für gemischt skalierte Variablen über den Kontingenzkoeffizienten V (Cramer-V) und die statistische Signifikanz über Chi-Quadrat-Auswertungen ermittelt. Zur Bestimmung der Relevanz der in der zu untersuchenden Forschungsfrage benannten theoriegeleiteten Einflussfaktoren auf die Eintrittswahrscheinlichkeit einer positiven oder negativen Nutzungsintention (dichotom kodiert) gegenüber der Nutzung der Pflegetelematik aus den Perspektiven von Auszubildenden und ambulanten Pflegekräften wurde eine binär logistische Regressionsanalyse angewendet. Mittels einer schrittweisen Vorwärtsselektion wurden die unabhängigen Variablen des theoretischen Modells (UTAUT) in das Regressionsmodell aufgenommen. Die vorab durchgeführte Analyse des Varianzinflationsfaktors (VIF) ermöglichte den Ausschluss von Multikollinearität. Die Beurteilung der Modellgüte basiert auf dem Bestimmtheitsmaß Pflege (2019), 32 (2), 87–96

Ergebnisse Beschreibung der Stichprobe Die Stichprobe umfasst 371 Personen. Davon sind etwa zwei Drittel (69,8 %) weiblich. Knapp die Hälfte (49,3 %) der Befragten sind jünger als 30 Jahre und nur 2,2 % sind über 60 Jahre; 16,2 % der Befragten sind zwischen 31 und 40 Jahren; ähnlich viele (15,9 %) sind zwischen 41 und 50 Jahren oder zwischen 51 und 60 Jahren (16,2 %). Mehr als die Hälfte der Befragten arbeitet als Gesundheits- und (Kinder-)Krankenpflegerinnen und -pfleger oder macht eine Ausbildung in diesem Beruf (56,1 %), die zweitgrößte Gruppe (30,2 %) arbeitet bereits als Altenpflegekraft oder wird in ihrem späteren Beruf als Altenpflegekraft arbeiten. Nur 7,8 % sind als Gesundheits- und Kinderkrank­ enpfleger / -pflegerin tätig. Außerdem arbeiten 5,9 % in anderen Be­rufsgruppen. Rund ein Drittel (36,4 %) der Befragten hat als höchsten Bildungsabschluss die mittlere Reife. 15,09 % haben ein abgeschlossenes oder duales Studium. Mit 192 Personen befindet sich etwa die Hälfte (51,8 %) der Befragten noch in der Ausbildung. Die restlichen 179 Personen sind berufstätig. Von den Berufstätigen sind 18,3 % schon über 25 Jahre im Beruf, nur 1,6 % sind unter zwei Jahren berufstätig. Fast ein Drittel ist zwischen drei und 25 Jahren im Beruf tätig.

Erfahrungen mit der Nutzung von Pflegetelematik

Informationsstand Mehr als die Hälfte der Berufstätigen empfindet ihr Wissen zum Thema Pflegetelematik als unzureichend: 63,1 % fühlen sich nicht hinreichend informiert und 54,8 % reicht ihr Wissen für die Praxisanwendung nicht aus. Im Vergleich zu © 2018 Hogrefe


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den Berufstätigen schätzen die Auszubildenden ihren Wissensstand zum Thema Telematik geringer ein. So geben 78,6 % an, nicht ausreichend informiert zu sein, und 68,7 % sind der Meinung, ihr Wissen sei für den praktischen Einsatz nicht ausreichend. In beiden Gruppen sind mehr als 95 % der Befragten der Meinung, dass das Thema Pflegetelematik in Zukunft an Bedeutung gewinnen wird. 81,6 % der Berufstätigen und 87,5 % der Schülerinnen und Schüler wünschen sich vor diesem Hintergrund mehr Informationen zur Nutzung von Telematik in der ambulanten Pflege und artikulieren einen hohen Fortbildungsbedarf.

Leistungserwartung Die von den Berufstätigen am stärksten wahrgenommene Leistungserwartung ist die Erhöhung der Transparenz des Pflegeprozesses (80,5 % Zustimmung). Dass die Anwendung den Austausch zwischen Pflege und Medizin verbessert, erwarten 79,4 % der Befragten. Außerdem wird von 79,3 % angenommen, dass die Anwendung den Austausch zwischen den Pflegekräften verbessert. Die geringste Erwartung haben die Berufstätigen dagegen bei der Entlastung der Pflegekräfte durch die Anwendung. Hier prognostizieren nur 52 % eine reale Entlastung der praktischen Pflegearbeit durch den Einsatz der Technik (vgl. Abb. 2). Signifikante Zusammenhänge zeigen sich

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mit dem Faktor der formalisierten (Fort-)Bildung und der Ausprägung der Leistungserwartungen. So sind Pflegekräfte, die bereits Fortbildungen in dem spezifischen Bereich absolviert haben, signifikant eher davon überzeugt, dass die Technologie die Koordination der Pflegeeinsätze verbessert (p = 0,009; Cramer-V = 0,23) und leichter in den Pflegeprozess integriert werden kann (p = 0,028; ­Cramer-V = 0,23). Anders als die Berufstätigen sehen die Auszubildenden den größten Nutzen in der verbesserten Koordination der Pflegeeinsätze (86,5 % Zustimmung). Dagegen zeigen sich Analogien in der Bewertung der Optimierung des (inter-)professionellen Austausches – sowohl innerhalb der Pflege (83,9 % Zustimmung) als auch zwischen Pflege und Medizin (85,4 % Zustimmung). Dem entgegengesetzt sehen die Auszubildenden den geringsten Nutzen im Wettbewerbsvorteil: 57,3 % stimmen der Aussage zu, dass die Anwendung einen Wettbewerbsvorteil darstellt. Signifikante Zusammenhänge zeigen sich zwischen dem subjektiv bewerteten Wissensstand zur Pflegetelematik und der Ausprägung der Leistungserwartungen. Teilnehmerinnen und Teilnehmer, die ihr Wissen für ausreichend halten, erwarten signifikant eher eine Verbesserung der Pflege durch die Anwendung (p < 0,001; Cramer-V = 0,22). Der gleiche Zusammenhang zeigt sich auch in Bezug auf die Technikkompetenz der Auszubildenden (p = 0,02; ­Cramer-V = 0,19).

Die Anwendung erhöht die Transparenz des Pflegeprozesses

36,9

43,6

15,6

3,9

Die Anwendung verbessert den Austausch zwischen Pflege und Medizin

34,1

45,3

16,8

3,9

Die Anwendung verbessert den Austausch zwischen den Pflegekräften

34,6

44,7

16,8

3,9

17,9

3,9

Die Anwendung lässt sich gut in den Pflegeprozess integrieren

25,7

Die Anwendung verbessert die Betreuung der Patientinnen und Patienten in einer Notsituation

52,5

33,5

Die Anwendung erleichtert die Koordination der Pflegeeinsätze

42,5

27,4

Die Anwendung erleichtert die pflegerische Arbeit

48,6

24,0

48,6

Die Anwendung verbessert die Qualität der Pflege

18,4

47,5

Die Anwendung bringt Zeitersparnis für die Pflegekraft

19,6

44,1

Die Anwendung stellt einen Wettbewerbsvorteil dar

16,2

Durch die Anwendung entsteht mehr Zeit für die Pflege der Patientinnen und Patienten

15,6

Die Anwendung führt zu einer Entlastung der Pflegekräfte

16,8

0% Trifft voll zu

Trifft eher zu

39,7

17,9

6,1

21,8

30,7

37,4

35,2

5,6

22,3

35,2

37,4

18,4

34,6

5,0 12,3

5,6 8,9 9,5 13,4

10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100% Trifft eher nicht zu

Trifft nicht zu

Abbildung 2. Leistungserwartungen berufstätiger Pflegekräfte gegenüber der Pflegetelematik (n = 179).

© 2018 Hogrefe Pflege (2019), 32 (2), 87–96


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C. Dockweiler et al.: Telematische Anwendungen in der ambulanten Pflege

Aufwandserwartungen

Im Verhältnis zu den Berufstätigen haben die Befragten, die sich noch in der Ausbildung befinden, grund­ sätzlich geringere Aufwandserwartungen. In dieser Gruppe zeigen sich die größten Bedenken darin, als Pflegerin oder Pfleger von der Technik abhängig zu sein. Diese ­Sorge teilen 73 % der Auszubildenden. Die Erwartung, dass durch die Anwendung hohe Kosten entstehen, ­haben wie bei den Berufstätigen auch viele der Auszubildenden (64 % Zustimmung). Dass durch die Technikanwendung ein erhöhtes Risiko von Datenmissbrauch entsteht, befürchten 58,8 % der Schülerinnen und Schüler. Dies ist, wie bei den Berufstätigen, nur ein vergleichsweise geringer Anteil. Der größte Unterschied zwischen den Auszubildenden und Berufstätigen besteht bei der Sorge, dass die Anwendung auf mangelnde Akzeptanz bei ­ Patientinnen und Patien­ ten stößt. Nur 25,5 % der Schülerinnen und Schüler haben diese Bedenken; dies sind mehr als 20 Prozentpunkte weniger als bei den berufstätigen Befragten. 19,2 % der Auszubildenden gehen davon aus, dass sich die Anwendung negativ auf die ­pflegerische Beziehung zu Patien­tinnen und Patienten auswirkt. Zusammenhänge zeigen sich dabei insbesondere mit der individuellen Technikkompetenz der Schülerinnen und Schüler. Je stärker diese ausgeprägt ist, desto weniger werden negative Folgen des Technikeinsatzes für die pflegerische Beziehung erwartet (p = 0,012; CramerV = 0,19).

In der Gruppe der Berufstätigen betrifft die am stärksten wahrgenommene Aufwandserwartung den Kostenfaktor. So haben 80,4 % der Befragten die Befürchtung, dass die Anwendung mit hohen Kosten verbunden ist. Die Sorge, als Pflegekraft von der Technik abhängig zu sein, äußern 72,6 % der Berufstätigen. Außerdem wird von 72,1 % der Befragten ein hoher Schulungsaufwand erwartet. Die Annahme, dass sich die Anwendung negativ auf die pflegerische Beziehung auswirkt, teilt mit 17,4 % nur ein sehr geringer Anteil der Befragten. Auch der Aussage, dass durch die Anwendung weniger Zeit für die Patientinnen und Patien­ ten bleibt, stimmen nur 29 % der Befragten zu (vgl. Abb. 3). Dabei zeigen sich signifikante Zusammenhänge mit der praktischen Erfahrung in Bezug auf den Einsatz von Telematik in der Pflege und dem Besuch von Fortbildungen. Je geringer die praktischen Erfahrungen ausgeprägt sind (p = 0,004; Cramer-V = 0,23) und je seltener eine Fortbildung absolviert wurde (p = 0,046; Cramer-V = 0,21), desto eher werden negative Implikationen für die pflegerische Beziehung zu Patientinnen und Patienten erwartet. Auch zwischen dem Grad der Informiertheit und der Einstellung der Pflegekräfte, dass sich die Anwendung schwer in die Pflegearbeit integrieren lässt (p = 0,004; Cramer-V = 0,21), sowie der Erwartung hoher Folgekosten (p = 0,009; ­Cramer-V = 0,2) zeigen sich signifikante Zusammenhänge.

Die Anwendung ist mit hohen Kosten verbunden

25,1

Die Anwendung führt dazu, dass ich als Pflegekraft von Technik abhängig bin

31,3

Die Anwendung ist mit einem hohen Schulungsaufwand der Pflegekraft verbunden

Die Anwendung führt dazu, dass ich mich als Pflegekraft überwacht fühle

9,5

36,9

34,6

8,4

4,5

22,9

43,6

16,2

7,8

23,5

48,0

14,0

5,0

19,6

49,2

19,6

Die Anwendung setzt hohe technische Kenntnisse der Pflegekraft voraus

14,5

41,3

22,9

Die Anwendung erhöht das Risiko von Datenmissbrauch

Die Anwendung stößt auf mangelnde Akzeptanz bei Patienten

55,3

5,6

33,0

37,4

16,2

40,8

13,4

Die Anwendung erhöht den Dokumentationsaufwand

2,2

30,2

48,6

19,0

Die Anwendung nimmt mir Zeit von der Arbeit mit dem Patienten/der Patientin

6,7

22,3

53,6

17,3

Die Anwendung führt dazu, dass langfristig Personal in der Pflege reduziert wird

6,1

Die Anwendung lässt sich schwer in den Alltag der Pflegekraft integrieren

3,4

Die Anwendung wirkt sich negativ auf die pflegerische Beziehung zum Patienten/zur Patientin aus

Trifft eher zu

19,0

3,4 14,0

0% Trifft voll zu

16,8

46,4

57,5 55,9

30,7

20,1 26,8

10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100% Trifft eher nicht zu

Trifft nicht zu

Abbildung 3. Aufwandserwartungen berufstätiger Pflegekräfte gegenüber der Pflegetelematik (n = 179).

Pflege (2019), 32 (2), 87–96

© 2018 Hogrefe


C. Dockweiler et al.: Telematische Anwendungen in der ambulanten Pflege

Rahmenbedingungen Die Unterstützung bei und die Bewältigung von technologischen Hürden steht im Fokus der handlungserleichternden Rahmenbedingungen bei der Anwendung telematischer Anwendungen in der Pflege. Der wichtigste Faktor für die Berufstätigen ist dabei eine kompetente und kontinuierliche Unterstützung bei technischen Fragen oder Problemen (98,3 % Zustimmung). 97,8 % der Befragten geben an, dass sie sich gezielt Schulungen für die Anwendung wünschen und dass aus Sicht der Pflegekräfte rechtssicheres Handeln (z. B. mit Blick auf das Datenschutzrecht oder Haftungsrecht) notwendige Voraussetzung ist (95 % Zustimmung). Gleiches zeigt sich in Bezug auf die Perspek­ tive der Auszubildenden: 97,9 % der Befragten sehen Schulungen und 96,9 % eine kontinuierliche Unterstützung bei technischen Problemen als notwendigste Voraussetzungen der Nutzung an. 92,3 % erachten das rechtssichere Handeln im Umgang mit der Telematik für entscheidend.

Soziale Faktoren Für die Erfassung sozialer Faktoren wurden die Teilnehmerinnen und Teilnehmer gebeten, die Relevanz der Einstellungen und Haltungen der Vorgesetzten, der Kolleginnen und Kollegen und der Patientinnen und Patienten mit Blick auf die Anwendung der Pflegetelematik einzuordnen. Dabei zeigen sich die Einstellungen von Kollegen als relevantester Bezugspunkt in der Entscheidungsfindung (76 % Zustimmung). Aber auch die Einstellung der Patientinnen und Patienten zu der Anwendung ist den Befragten mehrheitlich wichtig (65,3 % Zustimmung). Ein ähnliches Bild zeigt sich mit Blick auf die Perspektive der Auszubildenden. Für sie ist die Einstellung der Patientinnen und Patienten zu der Anwendung am relevantesten (72,4 % Zustimmung). Für 70 % ist die Haltung der Kolleginnen und Kollegen für die Entscheidung relevant.

Zukünftige Nutzungsintention In der Prädiktion der zukünftigen Nutzungsintention aus der Perspektive der ambulanten Pflegekräfte zeigen sich insbesondere die Wahrnehmungen der Technik als Erleichterung für den Arbeitsprozess (OR = 3,430; p = 0,015), die Transparenz des Datenschutzes (OR = 4,797; p = 0,003) und der subjektiv bewertete Wissensstand des Individuums (OR = 2,556; p = 0,014) als signifikante Determinanten einer positiv geprägten Nutzungsintention (vgl. Tab. 1). Negative Assoziationen zur Nutzungsintention zeigen sich für die Variablen der mangelnden Integrierbarkeit der Technik in die Pflegearbeit (OR = 0,313; p = 0,014) und die Befürchtung, dass die Nutzung der Technologie Zeit von der direkten Arbeit mit dem Patienten wegnimmt (OR = 0,217; p = 0,002). Unter Berücksichtigung des Chi-Quadrat-Wertes für das im fünften Schritt entstandene Regressionsmodell (p < 0,001) zeigt sich,

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dass die integrierten Prädiktoren einen signifikanten Zuwachs bei der Modellanpassung liefern. Der R2-Koeffizient liegt bei 0,561. Mit Blick auf die zukünftige Generation von Pflegekräften wird in einzelnen Aspekten ein kongruentes, jedoch weitestgehend differenzierteres Bild in der Vorhersage der Nutzungsintention deutlich (n = 192; R2 = 0,666). Den größten Einfluss auf die Herausbildung einer positiven Nutzungsintention der Pflegetelematik zeigt sich für die Erwartung, dass die Technik die Zusammenarbeit zwischen den Pflegekräften verbessert (OR = 6,040; ­ p = 0,002) und dass die Anwendung einen Wettbewerbsvorteil in der ambulanten Pflege darstellt (OR = 4,468; p = 0,013). Im Vergleich zu den bereits berufstätigen Pflegekräften erweist sich der subjektiv bewertete Wissenstand als ebenso entscheidend (OR = 5,845; p = 0,012). Ferner kommen den personenbezogenen Merkmalen der Technikorientierung (OR = 1,775; p = 0,005) und der Technikkompetenz (OR = 1,768; p < 0,001) als signifikante Prädiktoren der positiven Nutzungsintention besondere Bedeutung zu. Negative Assoziationen zeigen sich, ebenso wie bei den Berufstätigen, für die Variable der erwarteten mangelnden Integration der Technik in die Pflegearbeit (OR = 0,326; p = 0,002).

Diskussion Die Mehrheit der befragten Alten- und Krankenpflegekräfte empfindet ihr eigenes Wissen und ihre Kompetenzen bezüglich telematischer Anwendungen als nicht ausreichend für eine praktische Anwendung. Hinsichtlich der Leistungserwartung konnten insbesondere die Aspekte der verbesserten Transparenz im Pflegeprozess sowie der intensivierte intra- und intersektorale Austausch identifiziert werden. Je größer das Wissen der Pflegekräfte ist und je mehr Fortbildungen sie besucht haben, desto ausgeprägter sind die Leistungserwartungen. Die Aufwandserwartung zeichnet sich vor allem durch die Erwartung einer Kostenzunahme durch die telematischen Anwendungen sowie einen erhöhten Schulungsaufwand aus. Kontinuierliche und kompetente Unterstützung bei technischen Schwierigkeiten sowie vermehrte Fortbildungen stellen die wichtigsten Rahmenbedingungen dar. Die zukünftige Nutzungsintention ist bei den befragten Pflegekräften und Auszubildenden hoch. Die Ergebnisse zeigen sich kongruent zur vorliegenden internationalen Akzeptanzforschung in Bezug auf die Anwendung digitalisierter Dokumentationsverfahren und elektronischer Patientenakten (Kim et al., 2016). Übergeordnet ist die Herausbildung von Handlungsmotivationen determiniert durch den wahrgenommenen Nutzwert der Technologien für die Pflegearbeit (Classen et al., 2010; Gagnon et al., 2012). Die Benutzerfreundlichkeit der Anwendung und die Integrierbarkeit in den Arbeitsalltag sind genauso für die Nutzungsintention von Bedeutung wie die Freiwilligkeit der Nutzung und die Einstellungen von Kol-

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C. Dockweiler et al.: Telematische Anwendungen in der ambulanten Pflege

Tabelle 1. Regressionsmodell zur Nutzungsintention von Pflegetelematik aus der Perspektive ambulanter Pflegekräfte (n = 179) Nutzungsintention der Pflegetelematik aus der Perspektive ambulanter Pflegekräfte (n = 179; R² = 0,561)

OR

Signifikanz (95 % KI)

3,430

0,015 (1,267 – 9,286)

0,313

0,014 (0,123 – 0,794)

0,217

0,002 (0,083 – 0,567)

4,797

0,003 (1,714 – 13,419)

2,556

0,014 (1,206 – 5,420)

Konstrukt: Leistungserwartung v_27

Die Anwendung erleichtert die pflegerische Arbeit.

Konstrukt: Aufwandserwartung v_51

Die Anwendung lässt sich schwer in den Alltag des Pflegers integrieren.

v_101 Die Anwendung nimmt mir Zeit von der Arbeit mit dem Patienten. Konstrukt: Rahmenbedingungen v_60

Mir ist es wichtig, dass transparent dargestellt wird, was mit den erfassten ­Daten passiert.

Personenbezogene Merkmale v_11

Mein Wissen ist für den Einsatz ausreichend.

leginnen und Kollegen (Gagnon et al., 2012; Kijsanayotin et al., 2009). Auch die Ergebnisse der vorliegenden Studie zeigen, dass die Kolleginnen und Kollegen die wichtigsten Bezugspunkte für den Einsatz telematischer Anwendungen sind. Die vorliegenden Daten reproduzieren ferner die Bedeutung von Fortbildungsmaßnahmen und Technikerfahrungen für die erwartete Leistung von Pflegetelematik (Kijsanayotin et al., 2009). Risiken der Telematik sehen Pflegekräfte in internationalen Studien insbesondere in einem Qualitätsverlust der sozialen Interaktion, in der Vereinsamung der Pflegebedürftigen und in einer zunehmenden technisch induzierten Kontrolle der Pflegebedürftigen (Classen et al., 2010; Sävenstedt, Sandman & Zingmark, 2006). Diese Aufwandserwartungen lassen sich anhand der vorliegenden Daten nur bedingt abbilden. Eine Erklärung dieser Inkongruenz ist in der Heterogenität der betrachteten Technologien zu vermuten, die einerseits zu pflegende Personen direkt in die Pflegearbeit integrieren (z. B. durch Datenerfassung, Konsultation) oder andererseits – wie in der vorliegenden Studie – den Fokus auf den Pflegeprozess legen. Ablehnende Einstellungsmuster sind demnach besonders ausgeprägt, wenn die Pflegeinterak­ tion als Kern der Pflege negativ berührt wahrgenommen wird (Sävenstedt et al., 2006). Der Einsatz von Technologien führt jedoch unweigerlich zu erheblichen Veränderungen in den Arbeits- und Kommunikationsprozessen in der ambulanten Pflege (Ewers, 2010). Die (vor allem angloamerikanische) Debatte zur Wahrnehmung und Nutzung von pflegetelematischen Anwendungen ist ebenso geprägt durch die Frage von Wissen und Kompetenz von Pflegerinnen und Pflegern in Bezug auf den Einsatz innovativer Informationstechnologien (Koivunen & Saranto, 2017). Technikkompetenz, Informationstransparenz und Wissen zeigen sich sowohl dabei als auch in den vorliegenden Daten als relevante Determinante der Technikakzeptanz. Die hier betrachtete Diskussionsbreite und -tiefe verdeutlicht jedoch ein umfassenderes Verständnis von Kompetenz, welches deutlich über die alleinige Kompetenz zur Nutzung und Aneignung hinausgeht. Der Begriff der „technological competency“ (Locsin & Barnard, 2007) rekurriert dabei vielmehr darPflege (2019), 32 (2), 87–96

auf, als entsprechend geschulte Pflegekraft zwischen den technischen Möglichkeiten, den inhärenten Risiken der Technisierung (z. B. in der Wahrnehmung der Patientinnen und Patienten durch eine Reduzierung auf medizinische Daten) und der Betrachtung des zu pflegenden Menschen (sowie des sozialen Umfelds) mit den individuellen Bedürfnissen zu vermitteln.

Limitationen Da die Teilnahme auf Selbstselektion beruht, ist nicht auszuschließen, dass diejenigen Personen, die dem Thema bereits positiv gegenüber eingestellt waren, eher an der Befragung teilgenommen haben als Personen, die Vorbehalte gegenüber dem Thema hatten. Dadurch können Leistungserwartungen überrepräsentiert sowie bereits bestehende Technologieerfahrungen und Nutzungsintentionen überschätzt sein. Weiterhin schränkt der geringe Stichprobenumfang die Präzision der Schätzung und damit die Aussagekraft der Ergebnisse ein. Aussagen über die Nutzung von Telecare sind zudem nur bedingt möglich, da lediglich die Einstellungen und nicht die tatsäch­ liche Nutzung erfasst wurden. Zudem konnte im Rahmen der Studie keine psychometrische Testung des Instrumentes durchgeführt werden, dadurch sind keine Aussagen zur Qualität des gesamten Erhebungsinstrumentes möglich.

Schlussfolgerungen Es bleibt offen, bis zu welchem Grad die Implementierung telematischer Anwendungen in der Pflege eher auf die Interessen der Hersteller (technology-push) oder eher auf die wachsende Nachfrage der Nutzer / Nutzerinnen (demandpull) zurückzuführen ist. Die vorliegenden Daten zeigen jedoch, wie relevant die konsequente Nutzerorientierung im Sinne der strukturierten Herausarbeitung von Bedürfnissen, Einstellungen und auch Ängsten, die mit der Digitalisierung verbunden sind, für den Implementierungsprozess ist. Hieran schließen sich Fragen der Partizipation der © 2018 Hogrefe


C. Dockweiler et al.: Telematische Anwendungen in der ambulanten Pflege

Zielgruppen im Rahmen von technologischen Entwicklungsprozessen an. Für eine erfolgreiche Implementierung von telematischen Anwendungen in der ambulanten Pflege ist es notwendig, die bestehenden Angebote der Aus-, Fort- und Weiterbildung kritisch hinsichtlich notwendiger technologischer Kompetenzen zu beleuchten, um der Komplexität des Versorgungsprozesses gerecht zu werden. Niedrigschwellige Weiterbildungsangebote müssen den Raum für einen Erfahrungsaustausch und die Erprobung ermöglichen. Dabei wird zukünftig auch der Austausch über einheitliche Qualitätskriterien von Technologien als Orientierungshilfen für Pflegekräfte relevanter werden. Telematische Anwendungen können so einen wertvollen Beitrag dazu leisten, in Zukunft eine qualitativ hochwertige pflegerische Versorgung sicherzustellen.

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C. Dockweiler et al.: Telematische Anwendungen in der ambulanten Pflege

Historie Manuskripteingang: 05.02.2018 Manuskript angenommen: 05.08.2018 Onlineveröffentlichung: 01.10.2018

Dr. Christoph Dockweiler Fakultät für Gesundheits­wissenschaften Universität Bielefeld Universitätsstraße 25 33615 Bielefeld Deutschland christoph.dockweiler@uni-bielefeld.de

Beiträge der einzelnen Autorinnen und Autoren Substanzieller Beitrag zu Konzeption oder Design der Arbeit, Substanzieller Beitrag zur Erfassung, Analyse oder Interpretation der Daten, Manuskripterstellung, Einschlägige kritische Überarbeitung des Manuskripts, Genehmigung der letzten Version des Manuskripts & Übernahme der Verantwortung für das gesamte Manuskript: CD, LD, SP, DB, JI, MK, JK, NH, FP, VS, CS, TS, LS, SS, ALS, CS, JS, CH.

Was war die größte Herausforderung bei Ihrer Studie? Spezifische Herausforderungen waren die Durchdringung und Systematisierung der zahlreichen, häufig komplexen und heterogenen Ansätze der Digitalisierung sowie die methodischen Besonderheiten und Limitationen von Online-Befragungen. Was wünschen Sie sich bezüglich der Thematik für die Zukunft? Eine breitere und offen geführte Debatte über die Digitalisierung in der Pflege. Was empfehlen Sie zum Weiterlesen / Vertiefen? Als Ausgangspunkt empfehle ich die Analyse von Volker Hielscher (2014) zu Technikeinsatz und Arbeit in der Altenpflege (siehe Literatur).

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Originalarbeit

Publikationen aus dem deutsch­ sprachigen Raum in Zeitschriften mit hohem Impact Factor: Entwicklung und Validierung eines Suchfilters Julian Hirt1,2  , Christian Buhtz1, Gabriele Meyer1, Katrin Balzer3 Institut für Gesundheits- und Pflegewissenschaft, Medizinische Fakultät, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg Institut für Angewandte Pflegewissenschaft, Fachbereich Gesundheit, FHS St. Gallen 3 Sektion für Forschung und Lehre in der Pflege, Institut für Sozialmedizin und Epidemiologie, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Universität zu Lübeck 1 2

Zusammenfassung: Hintergrund: Das Publikationsaufkommen in Zeitschriften mit hohem Impact Factor ist ein Indiz für die Teilhabe einer Disziplin am internationalen Diskurs. Ein Suchfilter ermöglicht es, definierte Publikationen zuverlässig und reproduzierbar zu recherchieren. Ziel: Entwicklung und Validierung eines geografischen Suchfilters für Publikationen in pflegewissenschaftlichen Zeitschriften mit hohem Impact Factor mit Beteiligung von Pflegewissenschaftlerinnen / -wissenschaftlern aus dem deutschsprachigen Raum. Methode: Der Suchfilter wurde objektiv in mehreren Stufen entwickelt und geprüft: (i) Bildung eines Entwicklungs- und eines Validierungssets, jeweils bestehend aus relevanten und nicht relevanten Publikationen, (ii) Generierung des Suchfilters mittels Textanalyse des Entwicklungssets, (iii) interne Validierung anhand des Entwicklungssets und (iv) externe Validierung anhand des Validierungssets. Die Validität wurde anhand mehrerer Genauigkeitsparameter geprüft, z. B. Sensitivität, Spezifität, positiver prädiktiver Wert (PPW) und Number needed to read (NNR). Ergebnisse: Der Suchfilter identifizierte 22 von 30 relevanten und 16 von 21 nicht relevanten Publikationen korrekt im Entwicklungsset: Sensitivität 80 % (95 % KI 66 − 94), Spezifität 76 % (95 % KI 58 − 94), PPW 83 % (95 % KI 69 − 97). Die externe Validierung ergab ähn­ liche oder bessere Ergebnisse: Sensitivität 81 % (95 % KI 67 − 96), Spezifität 88 % (95 % KI 71 − 100), PPW 88 % (95 % KI 75 − 100). Die NNR betrug 1,2 bzw. 1,1. Schlussfolgerungen: Der Suchfilter hat das Potenzial, die intendierten Publikationen zu identifizieren. Schlüsselwörter: Pflegeforschung, Suchfilter, Datenbankrecherche, Impact Factor, High Impact Journal Publications German-speaking countries in high impact journals: development and validation of a search filter Abstract: Background: The number of publications in journals with a high impact factor is an indication of a discipline's participation in international discourse. A search filter allows reliable and reproducible searches for specific publications. Aim: Development and validation of a geographic search filter for publications by nursing scientists affiliated to German-speaking countries in nursing journals with a high impact factor. Methods: The search filter was objectively developed following several steps: (i) creation of a development and a validation set, each consisting of relevant and non-relevant publications, (ii) generation of the search filter by means of text analysis of the development set, (iii) internal validation based on the development set and (iv) external validation using the validation set. The validity was examined regarding several accuracy parameters, e. g. sensitivity, specificity, positive predictive value (PPV) and number needed to read (NNR). Results: The search filter correctly identified 22 of 30 relevant and 16 of 21 non-relevant publications in the development set: sensitivity 80 % (95 % CI 66 − 94), specificity 76 % (95 % CI 58 − 94), PPV 83 % (95 % CI 69 − 97). External validation yielded similar or better results: sensitivity 81 % (95 % CI 67 − 96), specificity 88 % (95 % CI 71 − 100), PPV 88 % (95 % CI 75 − 100). The NNR was 1.2 and 1.1, respectively. Conclusions: The search filter has the potential to identify the intended publications. Keywords: Nursing Research, Search Filter, Information Storage and Retrieval, Journal Impact Factor, High Impact Journal

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Was ist (zu dieser Thematik) schon bekannt? Suchfilter optimieren die Suche in elektronischen Datenbanken und ermöglichen reproduzierbare Recherchen. Was ist neu? Die Entwicklung eines Suchfilters für pflegewissenschaft­ liche Publikationen aus dem deutschsprachigen Raum. Welche Konsequenzen haben die Ergebnisse für die Pflege­ praxis? Der entwickelte Suchfilter unterstützt reproduzierbare Recherchen nach Publikationen, sollte jedoch durch Folgestudien hinsichtlich der diagnostischen Güte überprüft werden.

Einleitung Die Anzahl der wissenschaftlichen Publikationen steigt in allen Disziplinen kontinuierlich an (Bornmann & Mutz, 2015). Diese Aussage gilt auch für die Pflegewissenschaft. Der „Journal Citation Reports“, ein bibliometrisches Verzeichnis internationaler Zeitschriften, führt die Kategorie „Nursing“ seit dem Jahr 2003. Die Anzahl der Publikationen in pflegewissenschaftlichen Zeitschriften hat sich seitdem beinahe verfünffacht, von 1 696 im Jahr 2013 auf 8 081 im Jahr 2016 (Clarivate ­Analytics, 2017a). Es liegen keine belastbaren Daten zum Publikationsaufkommen von Pflegewissenschaftlerinnen und Pflegewissenschaftlern aus dem deutschsprachigen Raum in diesen Zeitschriften vor. Im Rahmen einer Publikationsanalyse in Zeitschriften mit einem hohen Impact Factor konnte über einen Zeitraum von fünf Jahren eine Zunahme der Anzahl von Publikationen mit Beteiligung von Pflegewissenschaftlerinnen und Pflegewissenschaftlern aus dem deutschsprachigen Raum dokumentiert werden (Hirt, Buhtz, Mersdorf & Meyer, 2018). Zeitschriften mit einem hohen Impact Factor, sogenannte High Impact Journals, weisen eine hohe Zitierrate der darin publizierten Arbeiten auf. Sie gelten daher als qualitativ hochwertig und renommiert (Müller, 2009). Der Impact Factor hat sich als Maß zur Beurteilung von Zeitschriften durchgesetzt. Er wird auch seinem ursprünglichen Zweck entfremdet und für die Beurteilung von einzelnen Publika­ tionen, Personen und Einrichtungen benutzt (Bollen, van de Sompel, Hagberg & Chute, 2009; Herrmann-Lingen et al., 2014). Das Publikationsaufkommen in High Impact Journals lässt Rückschlüsse auf die Teilhabe einer Disziplin am internationalen Diskurs zu, da die Zeitschriften und die darin publizierten Arbeiten häufiger rezipiert werden und international Beachtung finden. Das International Journal of Nursing Studies (IJNS) ist die Zeitschrift mit dem aktuell höchsten Impact Factor in der Kategorie Nursing (Clarivate Analytics, 2017a). Unter den 20 Zeitschriften, die Publikationen aus dem IJNS am häufigsten zitieren, gehört die Hälfte zu anderen wissenschaft­ lichen Disziplinen, vorrangig der Medizin (Clarivate Pflege (2019), 32 (2), 97–106

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Analytics, 2017b). An diesem Beispiel wird deutlich, ­welche Bedeutung das Publikationsaufkommen in High Impact Journals für die internationale Beachtung der Pflegewissenschaft haben kann. Durch das hohe Publikationsaufkommen steigt der Bedarf an verlässlichen, effizienten und transparenten ­ Methoden der Literaturrecherche. Der stetig wachsenden Komplexität und Differenziertheit von Schlagwortsystemen für die Indexierung der Publikationen in den Da­ tenbanken und der zunehmenden Themenvielfalt von ­Forschungsarbeiten muss mit adäquaten und effektiven Suchstrategien begegnet werden (Lunny, McKenzie & ­McDonald, 2015). Ein Suchfilter ermöglicht es, sich zuverlässig und reproduzierbar einen umfassenden Überblick über vorhandene Publikationen zu verschaffen (van de Glind, van Munster, Spijker, Scholten & Hooft, 2012). Ein Suchfilter ist eine einschlägige Suchstrategie für eine bestimmte Datenbank (Ugolini, Neri, Casilli & ­Bonassi, 2010). Das Ziel eines Suchfilters unterscheidet sich nicht von dem Ziel einer Suchstrategie: Es geht um die Identi­ fikation möglichst aller in einer Datenbank indexierten ­Publikationen zu einem bestimmten Thema, mit einem ­bestimmten methodischen Ansatz oder aus bestimmten Ländern (sogenannte geografische Suchfilter), Institutionen und wissenschaftlichen (Teil-)Disziplinen (InterTASC Information Specialists' Sub-Group, 2017; Ugolini et al., 2010). Ein Suchfilter verspricht jedoch zusätzlich, dass die Suchergebnisse eine optimierte Balance von für die Fragestellung tatsächlich relevanten und nicht relevanten Publikationen umfassen (McKibbon, Wilczynski & Haynes, 2009; Ugolini et al., 2010). Vielfach entwickelt wurden bereits methodologische Suchfilter, um nach Studien mit einem bestimmten Design oder nach Publikationen zu bestimmten Inhalten zu suchen (McKibbon et al., 2009; McKibbon & Lokker, 2013; Sladek, Tieman & Currow, 2007; Ugolini et al., 2010). Darüber hinaus liegen Suchfilter zu altersbezo­ genen Studienkriterien oder zu den Themen Geschlecht („gender“) und Patientensicherheit (InterTASC Information Specialists' Sub-Group, 2017) sowie zu Studien aus einem bestimmten Land vor (Ayiku et al., 2017; Campbell, Dorgan & ­Tjosvold, 2014; Pienaar, Grobler, ­Busgeeth, Eisinga & Siegfried, 2011; Radut & Sanz-Valero, 2010; The Cochrane Collaboration, 2012). Ein verbreitetes Beispiel für Suchfilter sind die Suchstrategien, die den „Clinical Queries“ in „MEDLINE via PubMed“ hinterlegt sind. Eine weitere Referenz für verschiedene Suchfilter mit Sortierung nach Filterart und einzusetzender Datenbank ist die Homepage der InterTASC Information Specialists' Sub-Group (2017). Dort ist eine Vielzahl von Arbeiten zu Suchfiltern aufgelistet (InterTASC Information Specialists' Sub-Group, 2017). Im Jahr 1998 entstand im Rahmen eines Treffens der North American Nursing Diagnosis Association die Idee, pflegerelevante Suchfilter zu entwickeln und zu validieren (NLinks, 2013). Seither wurde der Entwicklung von Such­ filtern im Bereich der Pflegewissenschaft vermehrt Beachtung geschenkt. Verfügbar sind Suchfilter zu Pflegediag­ © 2018 Hogrefe


J. Hirt et al.: Suchfilter für Publikationen in High Impact Journals 99

nostik, Zielgrößen und Primärstudien (Lavin et al., 2005), für diagnostische und Sekundärstudien (Berg, Fleischer & ­Behrens, 2005) oder für Studien zum Pflege-Patienten-­ Betreuungsverhältnis (Simon, Hausner, Klaus & Dunton, 2010). Ein Suchfilter für Publikationen von Pflegewissenschaftlerinnen und Pflegewissenschaftlern ermöglicht es, wiederholte bibliografische Analysen durchzuführen und Aussagen über die Entwicklung des Publikationsaufkommens in der Pflegewissenschaft zu treffen. Insbesondere das Publikationsaufkommen in Zeitschriften mit einem ­hohen Impact Factor ermöglicht es, Rückschlüsse über die Teilhabe der pflegewissenschaftlichen Disziplin am internationalen Diskurs zu ziehen. Um das Publikationsaufkommen und die Entwicklungen einzelner Länder oder Sprachregionen zu analysieren, sind sogenannte geografische Suchfilter notwendig. Gegenstand dieser Arbeit ist neben der Entwicklung und Validierung eines geografischen Suchfilters für Publikationen von Pflegewissenschaft­ ­ lerinnen und Pflegewissenschaftlern aus dem deutsch­ sprachigen Raum in Zeitschriften mit einem hohen Impact Factor die beispielhafte Darstellung und Diskussion zentraler methodischer Herausforderungen in der Entwicklung und Validierung von Suchfiltern mit pflegewissenschaft­ lichen ­Bezügen.

Exkurs: Entwicklung und Validierung von Suchfiltern Für die Entwicklung und Testung von Suchfiltern gibt es keinen empirisch gestützten und konsensbasierten methodischen Standard. Die bisher genutzten und berichteten Methoden variieren hinsichtlich des Vorgehens bei der Auswahl geeigneter Suchbegriffe für die Entwicklung des Suchfilters und den konsekutiven Validierungsschritten (Jenkins 2004). Unabhängig von dieser methodischen Heterogenität, zeichnet sich jedoch eine gewisse Übereinstimmung hinsichtlich folgender Anforderungen und Schritte ab: Ein Suchfilter sollte objektiv entwickelt und validiert werden. Objektiv bedeutet, dass die Suchbegriffe einem definierten Set relevanter Publikationen entnommen werden und somit nachvollziehbar sind (Hausner, Waffenschmidt, Kaiser & Simon, 2012). Zunächst wird hierfür ein sogenanntes Testset relevanter Publikationen gebildet, um dann auf dieser Basis häufig vorkommende Schlag- und Stichworte in bestimmten Suchfeldern (z. B. Titel, Abstract, Schlagworte, Autor) zu identifizieren. Diese Begriffe werden miteinander kombiniert. Prinzipiell kann jedes Suchfeld in die Kombination von Suchbegriffen für den Suchfilter einbezogen werden. Das Testset relevanter Publikationen wird in der Regel mittels systematischer Handrecherche gebildet. Es kann beispielsweise auf mehreren Jahrgängen bestimmter Zeitschriften oder einem Jahrgang möglichst vieler Zeitschriften basieren. Es können auch vorab definierte Publikationen, insbesondere systematische Übersichtsarbeiten oder Datenbanken, in die Handrecherche einbezogen werden. Essenziell ist, dass in Abhängigkeit vom inten-

Tatsächlich als relevant erachtete Publikationen im Entwicklungsbzw. Validierungsset (Referenzstandard, auch als „Goldstandard“ bezeichnet) Mit dem Suchfilter identifizierte Publikationen im Entwicklungsbzw. Validierungsset

Ja

Nein

Ja

A

B

Nein

C

D

Abbildung 1. Vierfeldertafel für die Bestimmung der diagnostischen

Abbildung 1. Vierfeldertafel Infobox für die Bestimmung der diagnos Genauigkeit eines Suchfilters nachund Cooper et al. (2018). Genauigkeit- Sensitivität: Anteil der mit dem Suchfilter identifizierAnmerkungen: eines Suchfilters nach Cooper etrelevanten al. (2018).Publikationen (A) an der Geten und laut Referenzstandard Anmerkungen: der mit dem Suchfilter identifizierten und laut samtmenge der- Sensitivität: tatsächlich Anteil relevanten Publikationen gemäß RefeReferenzstandard relevanten Publikationen (A) an der Gesamtmenge der tatsächlich renzstandard (A+C); Berechnungsformel: A / (A+C). relevanten Referenzstandard (A+C); Berechnungsformel: A/(A+C - Spezifität:Publikationen Anteil der mitgemäß dem Suchfilter nicht identifizierten und laut -Referenzstandard Spezifität: Anteil nicht der mit dem Suchfilter nicht identifizierten und laut Referenzstandar relevanten Publikationen (D) an der Gesamtnicht relevanten (D) an der Gesamtmenge der nicht relevanten Publikatio menge der nichtPublikationen relevanten Publikationen gemäß Referenzstandard; gemäß Referenzstandard; Berechnungsformel: D/(B+D). Berechnungsformel: D / (B+D). -- Positiver Anteilder der gemäß gemäß Referenzstandard Referenzstandard relevanten Publikation Positiver prädiktiver prädiktiver Wert: Wert: Anteil relean der Gesamtzahl der (A) mitan dem identifizierten Publikationen vanten Publikationen derSuchfilter Gesamtzahl der mit dem Suchfilter (A+B); Berechnungsformel: A/(A+B). Anmerkung: In der internationalen Literatur wird der po identifizierten Publikationen (A+B); Berechnungsformel: A / (A+B). Anprädiktive Wert auch als Präzision bezeichnet. merkung: In der internationalen Literatur wird der positive prädiktive - Genauigkeit: Anteil der mit dem Suchfilter korrekt identifizierten bzw. korrekt nicht Wert auch als Präzision bezeichnet. identifizierten Publikationen an der Gesamtmenge der relevanten und nicht relevanten - Genauigkeit: Anteil der mit dem Suchfilter korrekt identifizierten bzw. Publikationen im definierten Entwicklungs- bzw. Validierungsset; Berechnungsformel: korrekt nicht identifizierten Publikationen an der Gesamtmenge der (A+D)/(A+B+C+D). und nicht relevanten Publikationen im definierten Entwick-relevanten Number Needed to Read (NNR): Anzahl der Publikationen, die gelesen/geprüft werde lungs- bzw. Validierungsset; Berechnungsformel: (A+D) / (A+B+C+D). müssen, um eine zusätzliche relevante Publikation zu erhalten; Berechnungsformel: - Number Needed to Read Die (NNR): Anzahl Publikationen, die gele1/(A/(A+B)). Anmerkung: NNR folgt der nicht der gleichen Berechnungsformel wie de sen / geprüft werden müssen, um eine zusätzliche relevante ähnlich intonierte Parameter Number Needed to Treat aus der Publika­ klinisch epidemiologisch tion zu erhalten; / (A  / (A+B)). Anmerkung: Die Forschung und ist Berechnungsformel: daher nicht mit dieser1  zu verwechseln. NNR folgt nicht der gleichen Berechnungsformel wie der ähnlich intonierte Parameter Number Needed to Treat aus der klinisch epidemiologischen Forschung und ist daher nicht mit dieser zu verwechseln.

dierten Suchfilter ein angemessener Zeithorizont für die Auswahl der Publikationen und Zeitschriften gewählt wird. In der Regel enthält das Testset neben relevanten Publikationen auch nicht relevante Publikationen, um diejenigen Suchbegriffe zu identifizieren, die am besten dazu geeignet sind, trennscharf zwischen relevanten und nicht relevanten Publikationen im interessierenden Themenfeld zu unterscheiden. Zudem wird die Auswahl nicht relevanter Publikationen benötigt, um anschließend umfassend die diagnostische Genauigkeit des Suchfilters überprüfen zu können. Für die Entwicklung und die anschließende Validierung des Suchfilters wird das Testset sodann zweigeteilt in ein Entwicklungs- und ein Validierungsset. Das Entwicklungsset dient der Entwicklung des Suchfilters und dessen interner Validierung, das Validierungsset der externen Validierung (Hausner et al., 2012). Die Validierung von Suchfiltern folgt dem Prinzip einer diagnostischen Studie (Haynes, Wilczynski, McKibbon, Walker & Sinclair, 1994; Shojania & Bero, 2001). Der Suchfilter stellt den Indextest dar. Der Referenztest entspricht einer Art Goldstandard, hier repräsentiert durch die vorab mittels Handrecherche identifizierten relevanten und nicht relevanten Publikationen im Entwicklungs- und im Validierungsset. Die interne Vali-

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dierung entspricht der Testung des Suchfilters anhand der im Entwicklungsset enthaltenen Publikationen, die externe Validierung der Prüfung gegenüber dem Validierungsset. Das methodische Vorgehen der internen und externen Validierung ist identisch. Die Gütekriterien von Suchfiltern orientieren sich an ­statistischen Parametern einer diagnostischen Studie. Die wichtigsten und für die Berichterstattung von Suchfiltern geforderten Parameter sind die Sensitivität und die Spe­ zifität, der positive prädiktive Wert, die Genauigkeit und die Number Needed to Read (NNR) (Bachmann, Coray, ­Estermann & Ter Riet, 2002; Haynes et al., 1994; Toth, Gray & Brice, 2005). Die Abbildung 1 zeigt eine Vierfeldertafel, welche die mit dem Suchfilter identifizierten Publikationen und die tatsächlich relevanten und nicht relevanten Publikationen im Entwicklungs- bzw. Validierungsset gegenüberstellt. Basierend auf dieser Vierfeldertafel sind die Gütekriterien eines Suchfilters sowie die zugrunde liegenden mathematischen Formeln dargestellt.

Ziel Das Ziel der Studie war die Entwicklung und Validierung eines geografischen Suchfilters für Publikationen mit ­Beteiligung von Pflegewissenschaftlerinnen und Pflegewissenschaftlern aus dem deutschsprachigen Raum in pflegewissenschaftlichen Zeitschriften mit hohem Impact Factor.

Methode Der geografische Suchfilter für Publikationen von Pflegewissenschaftlerinnen und Pflegewissenschaftlern aus dem deutschsprachigen Raum in pflegewissenschaftlichen High Impact Journals wurde für die Anwendung in der „Core Collection“ von „Web of Science“ entwickelt. Die Entwicklung und die Validierung des Suchfilters fanden über einen lizenzierten Zugang zur „Core Collection“ von „Web of Science“ statt. Dies erfolgte aus mehreren Gründen. Zum einen indexiert „Web of Science“ alle Zeitschriften, die in der jährlichen Publikation „Journal Citation ­Reports“ gelistet sind. Diese Publikation gibt u. a. Auskunft über den Impact Factor von Zeitschriften. Es ist somit möglich, Zeitschriften nach der Höhe des Impact Factors zu sortieren und für die Entwicklung eines vorher definierten Sets von Publikationen festzulegen. Zum anderen index­ iert „Web of Science“ als Zitationsdatenbank vollständig die den Autorinnen und Autoren zugehörigen Institutionen. Dies ermöglicht die Begrenzung auf Publikationen mit Beteiligung von Personen aus bestimmten Ländern. Andere Datenbanken wie „MEDLINE via PubMed“ erfassen diese Informationen erst bei Titeln von 2014 an. Um eine größtmögliche Vielfalt der Publikationen von Pflegewissenschaftlerinnen und Pflegewissenschaftlern von InsPflege (2019), 32 (2), 97–106

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titutionen aus dem deutschsprachigen Raum in das Testset einzubeziehen, war ein längerer Zeitraum notwendig. Das methodische Vorgehen entspricht dem von H ­ ausner et al. (2012) vorgeschlagenen mehrstufigen Verfahren, bestehend aus (i) der Festlegung eines Testsets und dessen Aufteilung in ein Entwicklungs- und Validierungsset, (ii) der objektiven Entwicklung und internen Validierung ­eines Suchfilters sowie (iii) der externen Validierung des Suchfilters.

Festlegung eines Testsets Im Rahmen einer Vorarbeit wurden in einem mehrstufigen Verfahren in fünf Jahrgängen (2010 bis 2014) von 126 pflegerelevanten High Impact Journals Publikationen mit Beteiligung von Pflegewissenschaftlerinnen und Pflegewissenschaftlern von Institutionen aus Deutschland, Österreich und der deutschsprachigen Schweiz identifiziert und analysiert (Hirt et al., 2018). Pflegewissenschaftlerinnen und Pflegewissenschaftler wurden nach einem bib­liografischen Kriterium – dem pflegewissenschaftlichen ­Bezug der den Autorinnen und Autoren zugehörigen Institutionen – und / oder einem biografischen Kriterium – dem pflege­ rischen oder pflegewissenschaftlichen beruflichen Hintergrund der Autorinnen und Autoren – ausgewählt. Hierbei musste jeweils für mindestens eine Autorin bzw. Autor pro Publikation ein pflegewissenschaftlicher Bezug auf institu­ tioneller und / oder biografischer Ebene erkennbar sein. Von 106 939 Arbeiten, die im besagten Zeitraum in den betreffenden Zeitschriften publiziert worden waren, entstanden 100 mit Beteiligung von Pflegewissenschaftlerinnen und Pflegewissenschaftlern aus dem deutschsprachigen Raum. Das Testset in dieser Arbeit stellt eine Subgruppe der identifizierten Publikationen aus der erwähnten Vorarbeit dar: Es wurden nicht alle durchsuchten pflegerelevanten Zeitschriften einbezogen, sondern ausschließlich die Zeitschriften der Kategorie „Nursing“ respektive pflegewissenschaftliche Zeitschriften (Thomson Reuters, 2017). Im „Journal Citation Reports“ wurden pflegerelevante Zeitschriftenkategorien identifiziert, von denen die nach dem 5-Jahres-Impact-Factor höchsten 10 % der Zeitschriften der Jahre 2010 bis 2014 ausgewählt wurden. Die Entscheidung für diese Auswahl basierte auf Machbarkeitsüber­ legungen und resultierte in einer Auswahl von zwölf Zeitschriften, welche die Grundlage für das Testset bildeten. Die zwölf Zeitschriften wurden mittels ISSN im „Web of Science“ ausgewählt, anschließend auf die Jahrgänge 2010 bis 2014 sowie den Artikeltyp „Review“ und „Article“ eingegrenzt. In einem weiteren Schritt wurde das Suchergebnis auf Publikationen mit Autorinnen und Autoren aus den Ländern Deutschland, Österreich und der Schweiz eingegrenzt. Es resultierten 103 Treffer für die Aufnahme in das Testset. Zwei Personen identifizierten unabhängig voneinander die Publikationen mit Beteiligung von Pflegewissenschaftlerinnen und Pflegewissenschaftlern aus dem deutschspra© 2018 Hogrefe


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chigen Raum. Es resultierten 57 Publikationen, welche im Sinne des angestrebten Suchfilters relevant waren (Tab. 1). Diese 57 Beiträge im Testset, die innerhalb des untersuchten Zeitraums (2010 – 2014) in den definierten Zeitschriften mit Beteiligung von im deutschsprachigen Raum tätigen Pflegewissenschaftlerinnen bzw. -wissenschaftlern publiziert worden waren, sowie die 46 restlichen als nicht relevant identifizierten Beiträge bildeten den Referenzstandard für die nachfolgende interne und externe Validierung des Suchfilters. Die insgesamt 103 Publikationen des Testsets wurden im Verhältnis 1:1 mithilfe der Statistiksoftware R (Paket random) zufällig einem Entwicklungs- oder Validierungsset zugeteilt (Eddelbuettel, 2017; R Core Team, 2017). Das Entwicklungsset beinhaltete 51 Publikationen, von denen 30 als relevant klassifiziert worden waren. Das Validierungsset beinhaltete 52 Publikationen, von denen 27 als relevant eingestuft worden waren. Anhand des Entwicklungssets wurde der Suchfilter intern validiert. Die externe Validierung des Suchfilters wurde anhand des Validierungssets durchgeführt.

Zufällige Teilung des Testsets

Entwicklungsset

Validierungsset

Entwicklung des Suchfilters

Interne Validierung: Vergleich mit Entwicklungsset

Mit dem Suchfilter identifizierte Publikationen

Mit dem Suchfilter nicht identifizierte Publikationen

Externe Validierung: Vergleich mit Validierungsset

Mit dem Suchfilter identifizierte Publikationen

Mit dem Suchfilter nicht identifizierte Publikationen

Tatsächlich relevante Publikationen

Tatsächlich relevante Publikationen

Tatsächlich relevante Publikationen

Tatsächlich relevante Publikationen

Tatsächlich nicht relevante Publikationen

Tatsächlich nicht relevante Publikationen

Tatsächlich nicht relevante Publikationen

Tatsächlich nicht relevante Publikationen

Abbildung 2. Methodisches Vorgehen bei der Entwicklung und Validierung des Suchfilters.

Abbildung 2. Methodisches Vorgehen bei der Entwicklung und Validierung des Suchfilters.

Objektive Entwicklung und Validierung des Suchfilters Die Abbildung 2 fasst das methodische Vorgehen bei der Entwicklung und der Validierung des Suchfilters zu­sammen. Für die Entwicklung des geografischen Suchfilters ­wurde der Einbezug der folgenden Suchfelder in „Web of Science“ beabsichtigt: Titel (TI), Organisation (OO), Institutionsadresse (AD), Zeitschrift (SO) und Topic (TS, Thema), welches Titel, Abstract und Keywords subsumiert. Die bibliografischen Informationen der 51 Publi­ kationen des Entwicklungssets wurden manuell vervoll­ ständigt. Pro oben genanntem Suchfeld wurden die bibliografischen Informationen zu den 51 Publikationen in eine eigene Textdatei exportiert, jeweils separat für die relevanten und die nicht relevanten Publikationen. Die Suchfelder OO und AU wurden in einer Datei zusammen-

Tabelle 1. Zeitschriften und Anzahl der als relevant identifizierten ­Publikationen im Testset Zeitschrift

Festlegung eines Testsets

Anzahl der Publikationen (n=57)

International Journal of Nursing Studies

28

Journal of Advanced Nursing

15

Journal of Nursing Scholarship

5

Cancer Nursing

2

Journal of Nursing Management

2

American Journal of Critical Care

1

Birth-Issues in Perinatal Care

1

Journal of Cardiovascular Nursing

1

Nursing Outlook

1

Research in Nursing & Health

1

gefasst. Somit wurden jeweils vier Textdateien pro relevanter bzw. nicht relevanter Publikationen zusammengestellt. Zur Bestimmung der Anzahl und Häufigkeit der darin vorkommenden Worte wurde jede Textdatei in2 ein Internetprogramm zur Textanalyse kopiert (Wolff, o. J.). Hierbei wurden keine Worte von der Analyse ausgeschlossen. Die Ausgabe aus dem Internetprogramm ­erfolgte nach Häufigkeit der vorkommenden Worte in Promille (‰). Zur Entscheidung über die Aufnahme bestimmter Wörter in bestimmte Suchfelder wurden die Worthäufigkeiten in den einzelnen Feldern analysiert. Es wurde keine minimale Worthäufigkeit festgelegt, die zur Aufnahme von Suchbegriffen in den Suchfilter führte. Jedoch wurde festgelegt, dass lediglich jene Suchbegriffe für die Aufnahme in den Suchfilter in Er­wägung gezogen werden sollten, die eine Häufigkeit von > 25 ‰ aufwiesen. Anschließend wurden die vorkommenden Begriffe und deren Häufigkeit in den relevanten und nicht relevanten Publikationen verglichen. Neben der Häufigkeit eines vorkommenden Begriffs war auch entscheidend, dass dieser Begriff nicht sowohl in den relevanten als auch den nicht relevanten Publikationen vorkam. Somit wurden Begriffe in den Suchfilter aufgenommen, die (i) häufig (> 25 ‰ der Publikationen) und (ii) entweder in relevanten oder nicht relevanten Publikationen vorkamen. Der entwickelte Suchfilter wurde anhand des Entwicklungssets getestet (interne Validierung), um herauszufinden, welche tatsächlich relevanten Publikationen in diesem Set mit dem Suchfilter identifiziert werden können. Die Sensitivität, die Spezifität, der positive prädiktive Wert, die Genauigkeit und die NNR wurden berechnet. Für die Parameter Sensitivität, Spezifität und positiver prädik­

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J. Hirt et al.: Suchfilter für Publikationen in High Impact Journals

1. Öffnen des lizenzierten Zugangs von „Web of Science“ (hier: „Advanced Search“).

Interne Validierung des Suchfilters

2. Eingabe der folgenden Suchstrategie (Kurznamen der High Impact Journals) AND (Suchfilter): (SO=("INT J NURS STUD" OR "J ADV NURS" OR "J CARDIOVASC NURS" OR "J NURS MANAGE" OR "J NURS SCHOLARSHIP" OR "NURS OUTLOOK" OR "RES NURS HEALTH" OR "WORLDV EVID-BASED NU" OR "AM J CRIT CARE" OR "BIRTH-ISS PERINAT C" OR "CANCER NURS" OR "ONCOL NURS FORUM")) AND (OO=nursing OR AD=nursing) 3. Eingrenzen der Publikationsformate auf „Review“ und „Article“ sowie der Herkunftsländer „Austria“, „Germany“ und „Switzerland“. Abbildung 3. 3. Infobox zu der Anwendung des Suchfilters. Abbildung Anleitung zur Anwendung des Suchfilters.

tiver Wert wurde jeweils das 95 %-Konfidenzintervall (95 % KI) bestimmt. Für die externe Validierung wurde der entwickelte und intern validierte Suchfilter anhand des Validierungssets getestet. Auch hier wurden Sensitivität, Spezifität, posi­ tiver prädiktiver Wert, Genauigkeit und NNR ermittelt, jeweils inklusive 95 % KI wie oben beschrieben.

Mit dem entwickelten Suchfilter wurden 29 der 51 Publikationen im Entwicklungsset identifiziert, darunter 24 tatsächlich relevante (Abb. 4). Das heißt, es wurden 24 der 30 als relevant eingestuften Referenzen im Entwicklungsset identifiziert (Sensitivität 80 %, 95 % KI 66 − 94). Daneben enthielt das Rechercheergebnis fünf Referenzen, die im Entwicklungsset als nicht relevant eingestuft worden waren. Dies entspricht einem positiven prädiktiven Wert von 83 % (95 % KI 69 − 97). Von den 51 Publikationen im Entwicklungsset wurden 22 mit dem Suchfilter nicht identifiziert, darunter 16, die tatsächlich als nicht relevant klassifiziert worden waren. Das heißt, 16 der 21 als nicht relevant klassifizierten Referenzen im Entwicklungsset wurden richtigerweise von dem Suchfilter nicht erfasst (Spezifität 76 %, 95 % KI 58 − 94). Insgesamt ergab die interne Validierung eine Genauigkeit von 78 % sowie eine NNR von 1,2.

Externe Validierung des Suchfilters

Ergebnisse Objektive Entwicklung des Suchfilters Es wurde analysiert, welche Begriffe in den Publikationen im Entwicklungsset pro Suchfeld (TI, OO, AD, SO und TS) vorkommen und inwieweit sich die Häufigkeit dieser Begriffe zwischen den relevanten und den nicht relevanten3 Publikationen unterscheidet. In den Suchfeldern TI, SO und TS zeigten sich keine Unterschiede zwischen den tatsächlich relevanten und nicht relevanten Publikationen hinsichtlich der Art und der Häufigkeit der vorkommenden Begriffe. In den Feldern OO und AD der tatsächlich relevanten Publikationen war der Begriff „nursing“ deutlich häufiger vertreten (25,8 ‰) als bei den nicht rele­vanten Publikationen (4,2 ‰). Im Online-Supplement sind die detaillierten Ergebnisse der Häufigkeitsanalysen der Such­ felder OO und AD der relevanten (Seite 1 − 6) und nicht ­relevanten (Seite 7 − 16) Publikationen berichtet (ESM 1). Der entwickelte Suchfilter beinhaltete demzufolge die folgenden Suchfelder und -begriffe für die Anwendung in Kombination mit den zu durchsuchenden High Impact Journals: OO = nursing OR AD = nursing. Die Abbildung 3 zeigt den vollständigen Suchfilter sowie die erforderlichen Anwendungsschritte.

Mit dem Suchfilter wurden 25 der 52 Publikationen im Validierungsset identifiziert, wovon 22 tatsächlich relevant waren, während drei als nicht relevante Publikationen klassifiziert worden waren (Abb. 5). Von den 52 Publikationen im Validierungsset wurden 27 mit dem Suchfilter nicht identifiziert. Hiervon waren 22 Publikationen vorab als tatsächlich nicht relevant eingestuft worden. Die externe Validierung des Suchfilters ergab somit eine Sensitivität von 81 % (95 % KI 67 − 96), eine Spezifität von 88 % (95 % KI 75 − 100), einen positiven prädiktiven Wert von 88 % (95 % KI 75 − 100), eine Genauigkeit von 85 % sowie eine NNR von 1,1. Tatsächlich als relevant erachtete Publikationen im Entwicklungsset

Diskussion

Ja

Validierung eine Sensitivität, eine Spezifität, ein positiver Abbildung 4.Wert Vierfeldertafel alsGenauigkeit Ergebnis der internen Validierung prädiktiver und eine von jeweils circades Suchfilters. 80 % ermittelt. Diese Ergebnisse konnten im Rahmen der externen Validierung bestätigt bzw. gesteigert werden.

Tatsächlich als relevant erachtete Publikationen im Entwicklungsset Mit dem Suchfilter identifizierte Publikationen

Ja

Nein

Ja

24

5

Nein

6

16

Nein

Mit dem Ja 24 5 Ergebnisdiskussion Suchfilter identifizierte Nein 6 16 Publikationen Für den entwickelten Suchfilter wurden in der internen

Tatsächlich als relevant erachtete Publikationen im Validierungsset Mit dem Suchfilter identifizierte Publikationen

Ja

Nein

Ja

22

3

Nein

5

22

Abbildung 4. Vierfeldertafel als Ergebnis der internen Validierung des Abbildung 5. Vierfeldertafel als Ergebnis der externen Validierung des Abbildung 5. Vierfeldertafel als Ergebnis der externen Validierung des Suchfilters. Suchfilters. Suchfilters. Abbildung 4. Vierfeldertafel als Ergebnis der internen Validierung des Suchfilters. Pflege (2019), 32 (2), 97–106

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J. Hirt et al.: Suchfilter für Publikationen in High Impact Journals 103

Die 95 % KI der Parameter Spezifität und positiver prädiktiver Wert waren bei der externen Validierung im Vergleich zur internen Validierung etwas enger, d. h., die diesbezüglichen Ergebnisse waren statistisch etwas präziser und folglich mit geringeren Unsicherheiten für die Schätzung dieser Gütekriterien behaftet (Bender & Lange, 2007). Das 95 % KI der Sensitivität blieb dagegen nahezu unverändert bei der externen gegenüber der internen Validierung des Suchfilters. Insgesamt liegt die Differenz zwischen oberer und unterer Grenze der ermittelten Konfidenzintervalle für die Parameter positiver prädiktiver Wert, Sensitivität und Spe­ zifität zwischen 25 % und 36 %, was auf relativ breite Konfidenzintervalle hinweist. Diese Breite der Konfidenz­ intervalle ist bei der Interpretation der Ergebnisse zu berücksichtigen. Für den positiven prädiktiven Wert des Suchfilters bedeuten die ermittelten Ergebnisse aus der Perspektive der Anwendenden des Suchfilters zum Beispiel, dass voraussichtlich ca. neun von zehn mit dem Suchfilter identifizierte Publikationen tatsächlich relevant sind im Sinne des Rechercheziels, wobei der wahre positive prädiktive Wert mit einer Wahrscheinlichkeit von 95 % zwischen 75 und 100 % liegt. Das heißt, die zehn aufgefundenen Referenzen können, bei konservativer Abrundung, sehr wahrscheinlich auch sieben, acht, neun oder zehn tatsächlich relevante Referenzen umfassen. Mit hoher Wahrscheinlichkeit sind demnach sieben bis zehn von insgesamt zehn mithilfe des Suchfilters identifizierten Publikationen tatsächlich mit Beteiligung von im deutschsprachigen Raum wirkenden Pflegewissenschaftlerinnen und Pflegewissenschaftlern entstanden. Die ermittelte Sensitivität von 81 % und das zugehörige Vertrauensintervall (95 % KI 67 − 96) impliziert, dass von zehn tatsächlich relevanten Referenzen durch den Einsatz des Suchfilters mit einer Wahrscheinlichkeit von 95 % zwischen sechs und sieben bis nahezu alle Referenzen identifiziert werden können. Die relativ breiten Konfidenzintervalle erschweren eine sichere Bewertung der Präzision des entwickelten Suchfilters. Dennoch ist festzuhalten, dass gemäß den Ergebnissen der externen Validierung nur etwas mehr als eine ­Publikation gesichtet werden muss, um eine tatsächlich relevante Publikation zu identifizieren (NNR 1,1). Dies deutet darauf hin, dass der Suchfilter das Potenzial hat, verlässlich Publikationen mit Beteiligung von Pflegewissenschaftlerinnen und Pflegewissenschaftlern aus dem deutschsprachigen Raum in pflegewissenschaftlichen Zeitschriften mit einem hohen Impact Factor zu identifizieren. Zur Bestätigung dieser Performanz sind jedoch erneute Validierungen auf der Basis aktualisierter Validierungssets relevanter und nicht relevanter Referenzen unabdinglich. Es ist zu betonen, dass die ermittelten Güteparameter für den in dieser Arbeit entwickelten Suchfilter stets im Lichte der intendierten Anwendung interpretiert werden müssen. Die Bewertung obliegt somit einer gewissen Relativität. Besteht das primäre Interesse beispielsweise darin, von den tatsächlich vorhandenen und beabsichtigten Publikationen aus den Zeitschriften mit einem hohen

I­mpact Factor möglichst viele mit dem Suchfilter zu finden, ist für die Entscheidung zur Benutzung des Such­ filters eher die Sensitivität bedeutsam. Liegt die primäre Absicht hingegen darin, dass unter den erhaltenen Referenzen möglichst viele mit Beteiligung von Pflegewis­ senschaftlerinnen und Pflegewissenschaftlern aus dem deutschsprachigen Raum sind, ist für die Anwendenden vor allem ein hoher positiver prädiktiver Wert relevant. Beide Parameter stellen wichtige Gütekriterien für die Entscheidung zur Benutzung passender Suchfilter dar ­(Beale et al., 2014). Im Vergleich zu der Entwicklung und Validierung anderer geografischer Suchfilter deuten die vorliegenden Ergebnisse auf eine gute Performanz des neu entwickelten Suchfilters hin. Beispielsweise ergab die Validierung eines Suchfilters für Publikationen aus dem Vereinigten Königreich (UK) in „MEDLINE via Ovid“ zwar eine Sensitivität von 100 %, jedoch lediglich einen positiven prädiktiven Wert von 11 %, was eine NNR von 9 zur Folge hatte (Ayiku et al., 2017). Die Testung eines Suchfilters für randomisierte kontrollierte Studien aus Afrika in „MEDLINE“ und „Embase“ resultierte in einer ähnlichen Performanz. Für beide Datenbanken wurde jeweils eine Sensitivität von ­circa 75 % ermittelt, wobei der positive prädiktive Wert ­jedoch lediglich bei knapp 10 % („MEDLINE“) bzw. 30 % lag. Die hieraus resultierenden NNRs betragen circa 11 („MEDLINE“) bzw. 4 („Embase“) (Pienaar et al., 2011). Der vergleichsweise hohe positive prädiktive Wert des Suchfilters wurde vermutlich durch die vergleichsweise hohe Prävalenz der tatsächlich relevanten Publikationen im Entwicklungsset (59 %) und im Validierungsset (52 %) begünstigt. Über die tatsächliche Höhe der Prävalenz von Publikationen mit Beteiligung von Pflegewissenschaftlerinnen und Pflegewissenschaftlern aus dem deutschsprachigen Raum in pflegewissenschaftlichen Zeitschriften mit einem hohen Impact Factor kann über das Jahr 2014 hinaus derzeit keine verlässliche Aussage getroffen werden, da entsprechende Analysen nicht existieren. Für den Fall einer tatsächlich niedrigeren Prävalenz sollte vor dem Hintergrund der zukünftigen Anwendung des Suchfilters mit einer Abnahme des positiven prädiktiven Werts des Suchfilters gerechnet werden (Schwarzer, Türp & Antes, 2002). Aus der Literatur ist bekannt, dass die erfolgreiche Entwicklung eines Suchfilters an gewisse konzeptionelle und bibliometrische Voraussetzungen gebunden ist (­Wilczynski, Lokker, McKibbon, Hobson & Haynes, 2016). In der Arbeit von Wilczynski und Kollegen (2016) wurde die Entwicklung eines Suchfilters für Publikationen aus den Bereichen Pflege und Rehabilitation beabsichtigt. Es stellte sich jedoch heraus, dass die Publikationen im Testset unterschiedliche Begriffe verwendeten, sodass die Aufnahme verschiedener Begriffe und Begriffskombinationen in den Suchfilter nicht zum Auffinden einer adäquaten Anzahl tatsächlich relevanter Publikationen führte, respektive lediglich zu einer Genauigkeit von 64 %, einer Sensitivität von 69 % und einer Spezifität von 55 %. Es ist zu betonen, dass es in der referenzierten Arbeit um die Entwicklung eines inhaltlichen Suchfilters für ein breites Interessensgebiet ging. Allerdings ver-

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deutlichen diese Ergebnisse den hohen Stellenwert der Verwendung einheitlicher Schlüsselbegriffe in Publikationen zu einem bestimmten Themen- oder Fachbereich bzw. gleicher kontrollierter Begriffe für die Indexierung dieser Publikationen in Literaturdatenbanken. Dies erleichtert erheblich die Entwicklung valider Suchfilter bzw. Suchstrategien für das effiziente, valide und zuverlässige Auffinden entsprechender Publikationen in elektronischen Datenbanken. Die Entwicklung des vorliegenden geografischen Suchfilters für Arbeiten von Pflegewissenschaftlerinnen und Pflegewissenschaftlern aus dem deutschsprachigen Raum war mit einem enormen zeitlichen Aufwand verbunden, da für die Generierung des Testsets der berufliche Hintergrund jeder einzelnen Person in der Autorenschaft der 103 Publikationen recherchiert werden musste, um zu bestimmen, ob es sich dabei eine Pflegewissenschaftlerin bzw. einen Pflegewissenschaftler handelt. Das methodische Vorgehen hierzu und die Auswahl der Zeitschriften mit einem hohen Impact Factor sind detailliert in Hirt et al. (2018) beschrieben und begründet. In künftigen Arbeiten zur weiteren Überprüfung der Gütekriterien des hier entwickelten Suchfilters sollte diese Vorgehensweise für die Definition des Gold- bzw. Referenzstandards beibehalten werden, da auch für die Zukunft nicht angenommen werden kann, dass allein die Eingabe des Begriffs „nursing“ im Suchfeld der Einrichtung sicherstellt, dass die aufgefundenen Publikationen definitiv unter Mitwirkung von Pflegewissenschaftlerinnen und Pflegewissenschaftlern entstanden sind. Im Vorfeld einer Re-Validierung sind jedoch die aktuellen bibliometrischen Maße der Zeitschriftenkategorie „Nursing“ des „Journal Citation Reports“ zu berücksichtigen. Da sich der Impact Factor der einzelnen Zeitschriften jährlich ändert, ist mit Verschiebungen im Bereich der Zeitschriften mit hohem Impact Factor zu rechnen und ggf. ist auch der Schwellenwert für die Kategorie „hoher Impact Factor“ neu zu definieren.

Stärken und Limitationen der Arbeit Zu den methodischen Stärken der Arbeit zählen ein stringentes Vorgehen auf der Basis der Vorarbeit (Hirt et al., 2018) sowie die interne und externe Validierung des Suchfilters. Hervorzuheben ist der hier angewandte objektive Ansatz. Die Entwicklung des Suchfilters fand somit nicht konzeptionell statt, d. h. durch die Aufnahme von Begriffen, die von Expertinnen und Experten genannt wurden, und / oder gestützt auf themenbezogene Publikationen (Jenkins, 2004). Weiter ist als Stärke hervorzuheben, dass die Auswahl der tatsächlich relevanten und nicht relevanten Publikationen durch zwei Rater unabhängig voneinander getätigt wurde. Wichtig für die methodische Güte der Entwicklung des Suchfilters war zudem die A-priori-Festlegung eines Trennwerts hinsichtlich der Häufigkeitsunterschiede zwischen relevanten versus nicht relevanten Publikationen im Vorkommen bestimmter Suchbegriffe für die Entscheidung über die Aufnahme von Begriffen in Pflege (2019), 32 (2), 97–106

J. Hirt et al.: Suchfilter für Publikationen in High Impact Journals

den Suchfilter. Dies ermöglichte eine objektive und transparente Verfahrensweise und vermied die Entwicklung des Suchfilters nach einem unsystematischen Versuchsund Irrtumsprinzip, abhängig von den ermittelten Ergebnissen zu den Gütekriterien. Für die Weiterentwicklung dieses Suchfilters oder die Entwicklung weiterer Suchfilter wird empfohlen, die Vorab-Definition eines Trennwerts für die Entscheidung über die Aufnahme von Suchbegriffen beizubehalten. Gleichwohl ist angeraten, für die zukünftige Entwicklung des Suchfilters beispielsweise Pronomen und Artikel von der Textanalyse auszuschließen, um die Prominenz inhaltlich essenzieller Begriffe im Testset deutlicher zu bestätigen. Zu den methodischen Limitationen der Arbeit zählt, dass das Testset nur 103 Publikationen umfasste, wovon wiederum nur 51 das Entwicklungsset bildeten, d. h. als Grundlage für die Entwicklung des Suchfilters dienten. Dies kann das Spektrum relevanter Begriffe für den Suchfilter ggf. zu stark eingeschränkt haben. Darüber hinaus hat der Umfang an Publikationen im Entwicklungs- und Validierungsset unmittelbare Auswirkungen auf die Breite der Konfidenzintervalle für die Schätzungen der einzelnen diagnostischen Güteparameter. In der vorliegenden Arbeit sind für einzelne Parameter vergleichsweise breite Konfidenzintervalle (Differenz zwischen oberer und unterer Grenze teilweise > 30 %) ermittelt worden, was auf statistische Unsicherheiten und eine limitierte Verallgemeinerbarkeit der Ergebnisse hinweist. Im Vorfeld der Entwicklung und Testung des Suchfilters war keine Stichprobenberechnung erfolgt, sodass die erforderliche Anzahl von Publikationen im Testset nicht bekannt war. Von der Stichprobenkalkulation war aufgrund fehlender plausibler Annahmen für zu erwartende Ergebnisparameter abgesehen worden. Eine entsprechende Kalkulation unter Berücksichtigung der Prävalenz relevanter Publikationen und mit plausiblen Annahmen zur zu erwartenden Sensitivität und Spezifität hätte vermutlich zu engeren Konfidenzintervallen und damit einer höheren statistischen Sicherheit der ermittelten Werte für die diagnostische Güte geführt. Für die Re-Validierung des Suchfilters sollte jedoch eine ­A-priori-Stichprobenschätzung vorgenommen werden, um die notwendige Anzahl der Publikationen im Validierungsset zu berechnen. Hierbei kann die Orientierung an Stichprobenberechnungsverfahren hilfreich sein, wie sie für diagnostische Studien ­empfohlen werden (hierzu beispielsweise Buderer, 1996; Hajian-Tilaki, 2014). Transparente und begründete A-­priori-Annahmen für die angestrebte diagnostische Güte (vor allem Sensitivität, Spezifität und positiver prädiktiver Wert) des Suchfilters erhöhen konzeptionell wie statistisch die Beweiskraft der Validierungsuntersuchungen (Cooper, Varley-Campbell, Booth, Britten & Garside, 2018). Die Ergebnisse der vorliegenden Arbeit geben plausible ­Anhaltspunkte für die Stichprobenkalkulation für künftige Re-Validierungsuntersuchungen. Zu berücksichtigen ist auch, dass der Suchfilter ausschließlich für die Benutzung in der lizenzierten Datenbank „Web of Science Core Collection“ entwickelt wurde und an eine spezielle Funktion dieser Datenbank gebunden ist, nämlich die mögliche Limitation der Suche auf Publikatio© 2018 Hogrefe


J. Hirt et al.: Suchfilter für Publikationen in High Impact Journals 105

nen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz. Diese Funktion bewirkt eine relativ hohe Ausgangsprävalenz der intendierten Referenzen in den zu durchsuchenden Publikationen, was wiederum Voraussetzung für die ermittelten vergleichsweise hohen Güteparameter ist. Das heißt, die in dieser Arbeit ermittelten Schätzungen für die Sensitivität, die Spezifität und den positiven prädiktiven Wert sind nicht übertragbar auf die Anwendung des Suchfilters in anderen Datenbanken, die keine Möglichkeit einer solchen geografischen Einschränkung des Suchgegenstands bieten. In diesen Datenbanken ist von einer deutlich niedrigeren Prävalenz relevanter Referenzen in den zu durchsuchenden Publikationen auszugehen und damit von deutlich höheren Anforderungen an die Generierung eines Suchfilters mit derart guten Genauigkeitsschätzungen. Praktisch bedeutet die Bindung des Suchfilters an die Datenbank „Web of Science Core Collection“ auch, dass die Nutzung des Suchfilters eine Lizenz für diese Datenbank erfordert.

Schlussfolgerungen Trotz der genannten Limitationen steht mit den Ergebnissen der vorliegenden Arbeit nun ein geografischer Suchfilter für das effiziente und nachvollziehbare Auffinden von Beiträgen in der wissenschaftlichen Fachdatenbank „Web of Science“ zur Verfügung, die mit Beteiligung von Pflegewissenschaftlerinnen und Pflegewissenschaftlern aus dem deutschsprachigen Raum in pflegewissenschaftlichen Zeitschriften mit einem hohen Impact Factor veröffentlicht wurden. Mithilfe dieses Suchfilters können bibliografische Analysen durchgeführt werden, um die Entwicklung in der pflegewissenschaftlichen Disziplin zu beobachten und Aussagen über die Entwicklung des Publikationsaufkommens zu treffen. Darüber hinaus kann die vorliegende Arbeit als methodischer Ausgangspunkt für die Entwicklung weiterer, nicht nur geografisch intendierter und im „Web of Science“ anzuwendender Suchfilter dienen. Um die Validität des entwickelten Suchfilters weiterhin zu gewährleisten, insbesondere vor dem Hintergrund der sich in Zukunft ggf. verändernden Prävalenz entsprechender Beiträge, ist dieser in regelmäßigen Abständen anhand relevanter, nach 2014 publizierter Arbeiten in pflegewissenschaftlichen Zeitschriften mit hohem Impact Factor erneut zu validieren und ggf. anzupassen. Das in dieser Arbeit beschriebene methodische Vorgehen ist bei einer Re-Validierung beizubehalten, um die ermittelten Ergebnisse hinsichtlich der Performanz des Suchfilters über unterschiedliche Testsets, d. h. Zeitschriftenjahrgänge, vergleichen zu können. Die Auswahl der Zeitschriften ist aufgrund des sich potenziell jährlich ändernden Impact Factors ggf. anzupassen. Darüber hinaus hat diese Arbeit exemplarisch die methodischen Herausforderungen bei der Entwicklung und Validierung von Suchfiltern demonstriert. Das gewählte methodische Vorgehen in dieser Arbeit könnte ein Ausgangspunkt für die Entwicklung von weiteren, verschieden intendierten pflegewissenschaftlichen Suchfiltern sein.

Elektronische Supplemente (ESM) Die elektronischen Supplemente sind mit der Online-Version dieses Artikels unter https://doi.org/10.1024/1012-5 302/a000658 verfügbar. ESM 1. Ergebnis der Textanalyse.

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Pflege (2019), 32 (2), 97–106

J. Hirt et al.: Suchfilter für Publikationen in High Impact Journals

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Historie Manuskripteingang: 01.05.2018 Manuskript angenommen: 06.09.2018 Onlineveröffentlichung: 14.12.2018 Autorenschaft Beitrag zur Konzeption und zum Design der Arbeit: JH, CB, GM, KB Beitrag bei der Erfassung, Analyse und der Interpretation der ­Daten: JH, CB, GM, KB Manuskripterstellung: JH, CB, GM, KB Kritische Überarbeitung von wichtigen intellektuellen Inhalten des Manuskripts: JH, CB, GM, KB Genehmigung der letzten Version des Manuskripts zur ­Publikation: JH, CB, GM, KB Bereitschaft, für alle Aspekte der Arbeit Verantwortung zu ­übernehmen: JH, CB, GM, KB ORCID Julian Hirt https://orcid.org/0000-0001-6589-3936

Julian Hirt Institut für Angewandte Pflegewissenschaft Fachbereich Gesundheit FHS St. Gallen Rosenbergstr. 59 9000 St. Gallen Schweiz julian.hirt@fhsg.ch

Was war die größte Herausforderung bei Ihrer Studie? Die Identifikation geeigneter Suchbegriffe für den Suchfilter. Was wünschen Sie sich bezüglich der Thematik für die Zukunft? Dass mit validierten Suchfiltern demnächst das zunehmende Aufkommen von pflegewissenschaftlichen Publikationen in High Impact Journals konstatiert wird. Was empfehlen Sie zum Weiterlesen / Vertiefen? Beale, S. et al. (2014), siehe Literatur.

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Aus der Praxis – für die Praxis

Arten und Häufigkeiten von Komplikationen bei MidlineKathetern und PICCs in einem Südtiroler Bezirkskrankenhaus – eine retrospektive Kohortenstudie Roman Kostner1*, Hanna Mairvongrasspeinten1*, Andrea De Martin Polo1, Fabio Vittadello2, Dietmar Ausserhofer3 und Franco Mantovan3,4 Sanitätsbetrieb Südtirol, Bezirkskrankenhaus Bruneck, Italien Centro Explora, Padua, Italien 3 Landesfachhochschule für Gesundheitsberufe Claudiana, Bozen, Italien 4 Scuola di Medicina e Chirurgia Universität Verona, Italien 1 2

Zusammenfassung: Hintergrund: Bei der Insertion und Pflege peripher eingeführter Zentralvenenkatheter (Peripherally Inserted Central venous Catheters / PICCs) und Midline-Katheter spielen in angelsächsischen Ländern spezialisierte Krankenpflegepersonen eine zentrale Rolle. Aus dem deutschsprachigen Raum liegen keine Daten zur Verwendung von PICCs und Midline-Kathetern vor. Ziel: Ziel war es, die Arten und Häufigkeiten von Komplikationen bei PICCs und Midline-Kathetern zu beschreiben, welche von spezialisierten Krankenpflegepersonen in einem Südtiroler Bezirkskrankenhaus angelegt wurden. Methoden: Es wurde eine retrospektive Kohortenstudie im Rahmen eines Implementierungsprojekts für die im Zeitraum 2013 bis 2015 in einer chirurgischen Abteilung angelegten PICCs und Midline-Katheter durchgeführt. Ergebnisse: Es wurden die Daten von insgesamt 900 Kathetern (421 Midline-Katheter und 479 PICCs) bei insgesamt 686 erwachsenen Patientinnen und Patienten (404 Frauen, 282 Männer) analysiert. Die kumulative Inzidenz lag bei 29,2 % Komplikationen für Midline-Katheter (Inzidenzdichte: 13 Komplikationen / 1000 Kathetertage) bzw. 16,0 % für PICCs (Inzidenzdichte: 3 Komplikationen / 1000 Kathetertage). Die häufigste Komplikation war die Selbstentfernung der Katheter (PICCs: 6,7 %; Midline-Katheter: 15,7 %). Weniger häufig kamen mechanische Komplikationen, Okklusionen, Infektionen und Thrombosen vor. Schlussfolgerungen: Die Komplikationsarten und -häufigkeiten für PICCs und Midline-Katheter lagen im Rahmen der internationalen Literatur. Spezialisierte Krankenpflegepersonen könnten auch im deutschsprachigen Raum erweiterte Rollen bei der Insertion und Pflege von PICCs und Midline-Kathetern entwickeln. Schlüsselwörter: Peripher eingeführte Zentralvenenkatheter, Midline-Katheter, Pflege, Komplikationen, Patientensicherheit Types and frequencies of complications associated with midline catheters and PICCs in a South Tyrolean district hospital: a retrospective cohort study Abstract: Background: Specialized registered nurses play a key role in the insertion and management of peripherally inserted central catheters (PICCs) and midline catheters in Anglo-Saxon countries. From the German-speaking area no data on the use of PICCs and midline catheters are available. Aim: The aim of this study was to describe the types and frequencies of complications of PICCs and midline catheters which were inserted by specialized registered nurses in a South Tyrolean district hospital. Methods: We performed a retrospective cohort study of PICCs and midline catheters inserted between 2013 and 2015 in one surgical unit in the district hospital Bruneck (South Tyrol / Italy). Results: Data from 900 catheters (421 midline catheters and 479 PICCs) inserted in 686 adult patients (404 women, 282 men) were analysed. The cumulative incidence was 29.2 % complications for midline catheters (incidence rate: 13 complications / 1000 catheter days) and 16.0 % for PICCs (incidence rate: 3 complications / 1000 catheter days). The most frequent complication was the removal of the catheter by the patients (PICCs: 6.7 %, midline catheters: 15.7 %). Other less frequent complications were mechanical complications, occlusions, infections and thromboses. Conclusions: This study in one district hospital revealed similar types and frequencies of complications as previous international studies. Specialized and clinically competent nurses in German-speaking countries could develop ­advanced roles in the insertion and management of PICCs and midline catheters. Keywords: Peripherally inserted central catheters, midline catheters, nursing, complications, patient safety

* geteilte Erstautorenschaft

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Was ist (zu dieser Thematik) schon bekannt? Peripher eingeführte Zentralvenenkatheter (PICCs) und Midline-Katheter werden in angelsächsischen Ländern vermehrt eingesetzt. Was ist neu? Im deutschsprachigen Raum werden PICCs und Midline-­ Katheter auch von spezialisierten Krankenpflegepersonen autonom angelegt und gepflegt. Welche Konsequenzen haben die Ergebnisse für die Pflege­ praxis? Speziell ausgebildete Krankenpflegepersonen könnten ­Rollen bei der Insertion und Pflege von PICCs und MidlineKathetern entwickeln.

Einleitung Peripher eingeführte zentralvenöse Katheter (Peripherally Inserted Central venous Catheters / PICCs) und MidlineKatheter sind Venenkatheter, welche in eine periphere Vene des Oberarms eingeführt werden. Die Spitze des Midline-Katheters liegt in einer peripheren Vene (z. B. Vena subclavia); jene des PICCs in einer zentralen Vene am Übergang von der Vena cava superior in den rechten Vorhof. Da es sich bei Midline-Kathetern somit um periphervenöse und bei PICCs um zentralvenöse Zugänge handelt, unterscheiden sich deren Indikationen und deren Liegedauer (Pittiruti & Scoppettuolo, 2016). Midline-Katheter und PICCs erfreuen sich besonders im angelsächsischen Raum einer wachsenden Beliebtheit, da im Vergleich zu zentral eingeführten Zentralvenenkathetern (ZVK) während der Insertion keine schwerwiegenden Komplikationen (z. B. Pneumothorax) auftreten (Dougherty, 2007). Bedingt durch die Anwendung der Sonografie als bildgebende Unterstützung zum Auffinden der Vene und der „microintroducer“-Technik konnte zudem ein höherer Erfolg bei der Venenpunktion und ein höherer Komfort für Patientinnen und Patienten erzielt werden (Pittiruti & Scoppettuolo, 2016). Aus einer systematischen Literaturübersicht und MetaAnalyse von 23 Studien geht ein niedrigeres Risiko für katheterassoziierte Infektionen bei PICCs als bei ZVKs hervor (Relatives Risiko: 0,6; 95 % Konfidenzintervall / KI: 0,4 − 0,9) (Chopra, O'Horo, Rogers, Maki, & Safdar, 2013). Maki, Kluger und Crnich (2006) beschrieben eine Inzidenzrate von 2,1 Infektionen pro 1000 Kathetertage bei PICCs und 0,2 pro 1000 Kathetertage für Midline-Katheter. Allerdings zeigte eine kürzlich publizierte Studie, dass Midline-Katheter häufiger als PICCs von Komplikationen betroffen sind (kumulative Inzidenz: 19,5 % vs. 5,8 %, P < 0,0001) (Xu et al., 2016). Neben Katheterinfekten (6,3 %) wurden für die Verwendung von PICCs im stationären und ambulanten Bereich verschiedene Komplikationen, wie Selbstentfernung durch Patienten (8,9 %), Okklusionen (8,9 %) und Venenthrombosen (1,6 %), eine kumulative Inzidenz von 30,2 % bzw. eine Inzidenzdichte von 11,1 Komplikationen pro 1000 Pflege (2019), 32 (2), 107–114

R. Kostner et al.: Komplikationen bei Midline-Kathetern und PICCs

Kathetertage beschrieben (Grau, Clarivet, Lotthe, Bommart & Parer, 2017). Bei der Verwendung von PICCs im ambulanten Bereich zur Verabreichung von Chemotherapien und zur parenteralen Ernährung liegt die kumulative Inzidenz mit 17,5 % bzw. die Inzidenzdichte mit 0,9 Komplikationen pro 1000 Kathetertage dabei etwas niedriger (Grau et al., 2017). Die Insertion der PICCs und Midline-Katheter lag lange Zeit im Aufgaben-, Verantwortungs- und Kompetenzbereich des ärztlichen Personals in den Fachbereichen Chirurgie, Anästhesie und Radiologie. In den letzten Jahren übernehmen ausgehend vom angelsächsischen Raum zunehmend spezialisierte Krankenpflegepersonen diese Aufgabe (Dougherty, 2007). In Italien wurden beispielsweise im Jahre 1999 mit dem Gesetz 42 / 99 die rechtlichen Rahmenbedingungen dafür geschaffen, dass Krankenpflegepersonen spezialisierte Aufgaben, wie z. B. die Insertion von PICCs und Midline-Kathetern, übernehmen können. Seither definiert in Italien der sogenannte deontologische Kodex (ethischer Verhaltens- und Entscheidungskodex des Krankenpflegepersonals) das Berufsprofil und die Lehrordnungen die Tätigkeiten der Krankenpflegepersonen. Das bedeutet, dass sich Krankenpflegepersonen eigenverantwortlich kontinuierlich weiterbilden und neue Techniken der Assistenz aneignen können, wie z. B. die Insertion von Midline-Kathetern und PICCs (Lattarulo, 2014). Krankenpflegepersonen dürfen somit nach entsprechender Ausbildung autonom Midline-Katheter und PICCs anlegen. Internationale Leitlinien beinhalten Empfehlungen, die das Krankenpflegepersonal bei der Indikationsstellung, der Insertion sowie dem Umgang mit und der Pflege von PICCs und Midline-Kathetern unterstützen. An dieser Stelle seien die Leitlinien der Centers of Disease Control and Prevention (O'Grady et al., 2011), die EPICLeitlinie zur Prävention von Krankenhausinfektionen im National Health Service (Pratt et al., 2007), die Leitlinie der European Society for Clinical Nutrition and Metabolism (ESPEN) zur parenteralen Ernährung (Pittiruti, Hamilton, Biffi, MacFie & Pertkiewicz, 2009), sowie die Michigan Appropriateness Guide to Intravenous Catheters (MAGIC)-Leitlinie (Chopra et al., 2015) erwähnt. Beispielsweise sollen über Midline-Katheter Infusionen verabreicht werden, deren pH-Wert zwischen fünf und neun liegt und deren Osmolarität nicht höher als 750 bis 850 mosm / l ist (Pittiruti & Scoppettuolo, 2016). Aus diesem Grund werden Midline-Katheter bei Patientinnen und Patienten verwendet, welche eine intravenöse Therapie für sechs bis 14 Tage benötigen und keine sicht­ baren und / oder tastbaren Venen aufweisen, um einen sicheren Venenzugang zu garantieren (Pittiruti & Scoppettuolo, 2016). Über PICCs können hingegen auch venenreizende Lösungen (z. B. pH-Wert < 5 oder > 9, Osmolarität > 850 mosm / l) verabreicht werden (Pittiruti et al., 2009). PICCs sind bei Patienten indiziert, welche einen zentralen Zugang zur Verabreichung von venenreizenden Lösungen, Chemotherapie oder parenteraler Ernährung benötigen (Pittiruti & ­Scoppettuolo, 2016). © 2018 Hogrefe


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Im Bezirkskrankenhaus Bruneck (Südtiroler Sanitätsbetrieb) wurden im Rahmen eines dreijährigen Projektes in der chirurgischen Abteilung Midline-Katheter und PICCs implementiert. Zum Zweck der Qualitätssicherung und -kontrolle wurden Daten zu Insertion und Versorgung der PICCs und Midline-Katheter gesammelt. Im Rahmen einer Bachelorarbeit wurden die im Zeitraum von 2013 bis 2015 gesammelten Daten zur Anlage von Midline-Kathetern und PICCs durch Krankenpflegepersonen ausgewertet. Während Studien zu PICCs und Midline-Kathetern vorwiegend aus den USA vorliegen, gibt es aus dem europäischen, insbesondere dem deutschsprachigen Raum keine pflegewissenschaftlichen Untersuchungen zu diesem Thema. Diese Studie liefert er­gänzend zur bereits vorhandenen wissenschaftlichen Literatur zu den Arten und Häufigkeiten von Komplikationen bei Midline-Kathetern und PICCs erstmals Daten aus dem deutschsprachigen Raum.

Ziel und Fragestellungen Die vorliegende Arbeit hatte zum Ziel, die Arten und ­Häufigkeiten von Komplikationen bei Midline-Kathetern und PICCs in einem Südtiroler Bezirkskrankenhaus zu ­beschreiben, welche von spezialisierten Krankenpflegepersonen angelegt wurden. Die Fragestellungen dieser Arbeit lauten: yy Welche Komplikationen traten bei den angelegten ­Midline-Kathetern bzw. PICCs auf und waren somit der Grund für eine frühzeitige, ungeplante Entfernung des Katheters? yy Wie häufig traten diese Komplikationen bei MidlineKathetern und PICCs auf?

1. Indikation Die Indikation für die Insertion eines PICCs oder Midline-Katheters wird vom behandelnden Arzt gestellt und vom spezialisierten Krankenpflegepersonal überprüft. 2. Insertion yy Die Durchführung der Insertion ist durch ein Protokoll („Standard Operating Procedure“) standardisiert. Dieses Protokoll ist Teil einer Krankenhausleitlinie zum Management von peripher- und zentralvenösen Zugängen. yy Die Insertion erfolgt autonom durch spezialisierte Krankenpflegepersonen. yy Die Insertion der Venenkatheter erfolgt in einem separaten Behandlungsraum der Abteilung oder, wenn der Gesundheitszustand der Patienten es nicht anders zulässt, direkt am Patientenbett. yy Zum Aufsuchen der Vene wird die Sonografie und zur Punktion der Vene die modifizierte Seldinger-Technik angewendet. yy Die richtige Position der Spitze des PICCs wird mittels EKG- und Röntgen-Thorax-Kontrolle überprüft. 3. Ausbildung des spezialisierten Krankenpflegepersonals yy Im Rahmen eines Masterstudiengangs (Master 1. Grades: 60 ECTS) an der Universität „Cattolica del Sacro Cuore“ in Rom. yy Praktisch-theoretischer Kurs (ca. 40 Stunden Theorie und klinisches Praktikum) am Universitätsspital Pisana (Toskana). yy Kontinuierliche Weiterbildung: Jährliche Schulung für das PICC- / Midline-Team. 4. Stellenbesetzung yy Fünf Krankenpflegepersonen (insgesamt 0,1 FTE) mit entsprechender Ausbildung sind für die Insertion der Midline-Katheter und PICCs v­ erantwortlich. 5. Pflege yy Für die weitere Pflege der Venenkatheter und die Verabreichung der Therapie sind die Krankenpflegepersonen der verschiedenen Abteilungen sowie des Territoriums zuständig. yy Sie orientieren sich an der Krankenhausleitlinie zum Management von peripher- und zentralvenösen Zugängen. 6. Krankenhausleitlinie zum Management von peripher- und zentralvenösen Zugängen yy Die Krankenhausleitlinie zum Management von peripher- und zentralvenösen Zugängen, berücksichtigt die einleitend erwähnten internationalen Leitlinien. yy Diese Leitlinien sehen u. a. folgendes vor: -- frühester Verbandwechsel nach 24 Stunden -- Gazeverbände werden in der Regel alle 2 Tage gewechselt, semipermeable Transparentverbände alle 7 Tage (außer im Falle von Verschmutzung oder Ablösung). -- Die Austrittsstelle des Katheters wird bei jedem Verbandwechsel visuell kontrolliert und / oder regelmäßig durch den noch intakten Verband hindurch abgetastet. -- Die Spülung der Katheter erfolgt mittels einer 0,9 % NaCl-Lösung stoßweise (ca. 2 ml / Stoß). -- Bei Nichtgebrauch des Katheters wird dieser einmal pro Woche gespült. -- Das Infusionsset (Infusionsbesteck, Mehrweghähne, Zwischenstücke, Verlängerungen etc.) wird nicht häufiger als alle 96 Stunden gewechselt, aber mindestens alle 7 Tage. -- Falls Blut und Blutderivate oder Lipidlösungen verabreicht werden, muss das Set alle 24 Stunden gewechselt werden. 7. Fortbildungen yy In unregelmäßigen Abständen (je nach Nachfrage und Bedarf) werden von den spezialisierten Krankenpflegepersonen für das Krankenpflegepersonal in den jeweiligen Gesundheitsbezirken Schulungen abgehalten. yy Tutorials (Videoclips) zum Umgang und Pflege von PICCs / Midline-Katheter für das gesamte Pflegepersonal Abbildung 1. Info-Box zur Anlage und Pflege von Midline-Kathetern und PICCs im Bezirkskrankenhaus Bruneck. *Die Krankenhausleitlinie kann bei den Autorinnen und Autoren angefragt werden. ECTS = European Credit Transfer System, FTE = Full Time Equivalent (Vollzeitäquivalent), PICCs = Peripherally Inserted Central venous Catheters (peripher eingeführte zentrale Venenkatheter).

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R. Kostner et al.: Komplikationen bei Midline-Kathetern und PICCs

Methode

yy Daten zum angelegten Katheter: Art des Katheters (PICC / Midline), Material (Silikon / Polyurethan), Durchmesser (in French), Länge (in cm), Anzahl der Lumen; yy Daten zur Entfernung: Datum, Grund der Entfernung (Therapieende, Patientin / Patient verstorben, Komplikation).

Design Bei der vorliegenden Arbeit handelt es sich um eine retro­ spektive Kohortenstudie, bestehend aus einer deskriptiven Analyse von Daten zu Patientinnen und Patienten, bei ­denen im Zeitraum von 2013 bis 2015 von spezialisierten Krankenpflegepersonen mindestens ein oder mehrere Midline-Katheter und / oder PICCs angelegt wurden.

Setting / Population Die Studie wurde in der allgemein-chirurgischen Abteilung des Bezirkskrankenhauses Bruneck (Bozen / Italien) durchgeführt. Das Bezirkskrankenhaus Bruneck ist Teil des Südtiroler Sanitätsbetriebs und hat als ein öffentliches Krankenhaus einen Grundversorgungsauftrag. Es verfügt über insgesamt 251 Akutbetten, bei 70 603 stationären Aufnahmen und einer mittleren Verweildauer von 5,7 Tagen im Jahr 2016. Der Schwerpunkt der chirurgischen ­Abteilung ist die Viszeralchirurgie und die onkologische Chirurgie. Sie verfügt über 33 Akutbetten. Im Rahmen dieser Untersuchung wurden die Daten von volljährigen (> 18 Jahre) Patientinnen und Patienten eingeschlossen, denen im Rahmen einer stationären oder ambulanten Behandlung im Krankenhaus Bruneck im Zeitraum vom 1.1.2013 bis 31.12.2015 ein oder mehrere Midline-Katheter und / oder PICCs angelegt wurden (siehe Abb. 1). Der Zeitraum wurde auf die Dauer des dreijährigen Pilotprojekts beschränkt, da in diesem Zeitraum die Daten aller in der chirurgischen Abteilung gelegten Midline-Katheter und PICCs gesammelt wurden. Der Beobachtungszeitraum variierte, je nachdem, ob eine stationäre oder ambulante Behandlung erfolgte. Da eine geplante Entfernung der Katheter in der Abteilung im Krankenhaus erfolgte, war ein Follow-up der gelegten Katheter möglich.

Datensammlung Im Rahmen des Implementierungsprojekts wurde durch den Pflegekoordinator der chirurgischen Abteilung in Zusammenarbeit mit dem IT-Dienst im digitalen Krankenhausinformationssystem eine Datenmaske1 integriert, um Daten zu den angelegten Midline-Kathetern und PICCs zu sammeln. Für die Projektdauer (Zeitraum von Januar 2013 bis Dezember 2015) wurden vom spezialisierten Krankenpflegepersonal für alle Patientinnen und Patienten, die einen Midline-Katheter oder PICC erhielten, die folgenden Daten gesammelt: yy Patientendaten: Patientennummer, Geschlecht (m / w); yy Daten zur Insertion: Datum der Insertion, punktierte Vene, Durchmesser der Vene (in mm);

Falls der Katheter aufgrund einer Komplikation entfernt werden musste, wurde die Art der aufgetretenen Komplikationen (mechanische Komplikation, Selbstentfernung durch Patienten, Okklusion, Venenthrombose oder Verdacht auf Infektionen) vom spezialisierten Krankenpflegepersonal entsprechend den in der Krankenhausleitlinie enthaltenen Kriterien eingeschätzt und dokumentiert. Das Vorhandensein von lokalen Infektionszeichen (Rötung, Schwellung, Schmerz) wurde zum Zeitpunkt der Katheterentfernung ebenso erhoben wie systemische Infektionszeichen (Fieber, Schüttelfrost, Hypotension). Unter mechanischen Komplikationen wurden in dieser Studie externe Rupturen, d. h. Beschädigungen des externen Katheterstücks, erfasst. Die gesammelten Daten wurden für die Datenanalyse in ein Excel-Datenblatt exportiert. Eine nachträgliche Kontrolle auf Eingabe- oder Übertragungsfehler war nicht möglich, da die Daten nicht in Papierform erfasst wurden, sondern direkt in die Datenmaske eingegeben und in Excel exportiert wurden. Die Daten aller Variablen wurden hinsichtlich Plausibilität überprüft.

Ethische Aspekte Die Untersuchung wurde von der zuständigen Kommission der Landesfachhochschule für Gesundheitsberufe Claudiana hinsichtlich ethischer Aspekte überprüft und genehmigt. Eine Pseudonymisierung der untersuchten Patientinnen und Patienten wurde vorgenommen, indem beim Datenexport die Namen entfernt und nur die Patientencodes belassen wurden. Die Daten zu den PICCs und Midline-Kathetern wurden im Rahmen des Implementierungsprojekts mit dem Ziel der Qualitätskontrolle und -sicherung erfasst. Es erfolgte keine primäre Datensammlung mit direktem Patientinnen- / Patientenkontakt. Die Patientinnen und Patienten oder deren Angehörige gaben ihre schriftliche Einwilligung zur Katheteranlage und ihre Zustimmung zur Verwendung der Daten.

Datenanalyse Um die Arten und Häufigkeiten von Komplikationen bei Midline-Kathetern und PICCs zu bestimmen, wurden die Daten entsprechend geeigneter deskriptiver Datenanalysen (z. B. Mittelwert, Standardabweichung, absolute und re­la­ tive Häufigkeiten) jeweils für Midline-Katheter, PICCs und die Gesamtstichprobe ausgewertet. Die Beobachtungs-

Die Datenmaske kann bei den Autoren angefragt werden.

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bzw. Analyseeinheit waren die angelegten Katheter. Das Risiko der Komplikationen wurde anhand der epidemiologischen Maße, kumulative Inzidenz und Inzidenzdichte (inkl. 95 %-Konfidenzintervall), ermittelt. Die kumulative Inzidenz wurde dabei als der prozentuale Anteil der PICCs bzw. Midline-Katheter mit Komplikationen im Verhältnis zu allen gelegten PICCs bzw. Midline-Kathetern im Beobachtungszeitraum 2013 bis 2015 berechnet. Die Inzidenzdichte wurde als die absolute Anzahl der PICCs bzw. Midline-Katheter mit Komplikationen im Verhältnis zu 1000 Kathetertagen berechnet und standardisiert. Alle Berechnungen wurden mit IBM SPSS (Version 18.0) durchgeführt.

Ergebnisse Es wurden die Daten von insgesamt 900 Kathetern (421 Midline-Katheter und 479 PICCs) bei insgesamt 686 erwachsenen Patientinnen und Patienten (404 Frauen, 282 Männer) analysiert. Die Merkmale der Katheter, die Gründe der Entfernung und die entsprechenden Häufigkeiten sind in Tabelle 1 zusammengefasst. Die Mehrheit der gelegten PICCs und Midline-Katheter bestand aus Polyurethan, hatte einen Durchmesser von 4 French und war einlumig. Die durchschnittliche Länge der Midline-Katheter betrug 19,4 cm, jene der PICCs 37,6 cm. Die Vena basilica rechts wurde am häufigsten (186 Midline-Katheter [44,2 %] und 243 PICCs [50,7 %]) punktiert, gefolgt von der Vena brachialis rechts. Die Mehrzahl der punktierten Venen hatte einen Durchmesser von 3 bis 4 mm (siehe Tab. 1). Mehr als ein Drittel der insgesamt 900 Venenkatheter wurde planmäßig aufgrund des Therapieendes entfernt. Bei 23,3 % (Midline-Katheter) bzw. 32,6 % (PICC) war der Grund der Entfernung wegen fehlender Angaben nicht bekannt. Bei 13,1 % (Midline-Katheter) bzw. 9,0 % (PICC) der Venenkatheter sind die Patientinnen und Patienten mit einem Venenkatheter in situ verstorben. Als häufigste Komplikation trat die Entfernung des ­Venenkatheters durch die Patientinnen und Patienten auf (15,7 % der Midline-Katheter; 6,7 % der PICCs). Insgesamt traten 102 (11,3 %) mechanische Komplikationen, Okklusionen, Infektionen und Thrombosen (57 Komplikationen bei Midline-Kathetern und 45 bei PICCs) bei 86 Patienten auf. Die kumulative Inzidenz für alle Komplikationen ­betrug 29,2 % (Midline-Katheter bzw. 16,0 % (PICCs). Dies entsprach einer Inzidenzdichte von 13 Komplika­tionen / 1000 Kathetertage (95 % KI: 9 – 19 Komplika­tionen / 1000 Kathetertage) für Midline-Katheter und 3 Komplikationen / 1000 Kathetertage (95 % KI: 2 – 4 Komplikationen / 1000 Kathetertage) für PICCs.

Diskussion Ziel der vorliegenden Studie war es, die Arten und Häufigkeiten von Komplikationen bei Midline-Kathetern und

PICCs zu beschreiben, welche von spezialisierten Krankenpflegepersonen im Bezirkskrankenhaus Bruneck in ­einem Zeitraum von drei Jahren angelegt und gepflegt wurden. Diese retrospektive Kohortenstudie ergab ähnlich hohe Komplikationsraten, wie sie in der internationalen Literatur beschrieben wurden (Grau et al. 2017; Yassin, 2017; Paras-Bravo et al., 2016; Sharp et al. 2014). Die häufigste Komplikationsart stellte in dieser Untersuchung die Entfernung der Katheter durch die Patientinnen und Patienten dar. In der prospektiven Studie von Grau et al. (2017) war die Selbstentfernung bei PICCs mit einer kumulativen Inzidenz von 8,9 % zusammen mit Okklusionen ebenfalls die häufigste Komplikation. MidlineKatheter waren in der vorliegenden Untersuchung häufiger von Selbstentfernung betroffen als PICCs. Dies liegt möglicherweise daran, dass die primäre Indikationsstellung für PICCs die onkologische Therapie bei chirurgischen Patientinnen und Patienten ist. Häufig sind es geriatrische Patientinnen und Patienten, welche einen Midline-Katheter zur Hydratation und / oder Antibiotikagabe erhalten (Anderson, 2005, zitiert nach Griffiths, 2007). Ältere Patientinnen und Patienten > 70 Jahren weisen oft eine Demenz als Komorbidität auf oder erleiden im Rahmen des stationären Aufenthalts ein Delir (Feast et al., 2018), wodurch es zu einer Selbstentfernung des MidlineKatheters kommen kann (Grau et al., 2017). Im Vergleich zu implantierten Kathetern (z. B. Port) sind Midline-­ Katheter trotz sorgfältiger Katheterfixierung und Bandage für Patientinnen und Patienten mit Delir oder anderen ­kognitiv-behavioralen Verhaltensauffälligkeiten, bei laufender Infusion, leicht zugänglich und entfernbar. In der Literatur finden sich zu dieser Thematik leider keine ­ ­Untersuchungen zu wirksamen präventiven Maßnahmen. Das Pflegepersonal sollte jedoch, wenn therapeutisch möglich, z. B. beim Vorliegen eines akuten hyperaktiven Delirs, auf das Anhängen von Infusionen verzichten. Im Untersuchungszeitraum wurden lediglich 2 % − 3 % der PICCs und Midline-Katheter aufgrund lokaler und / oder systemischer Infektionszeichen entfernt. Diese Ergebnisse sind ebenfalls vergleichbar mit Ergebnissen früherer Studien aus dem angelsächsischen Raum (Maki et al., 2006). ­Allerdings konnte nur eine katheterassoziierte Infektion der Blutbahn nachgewiesen werden. Als Ursachen für Katheterinfekte bei PICCs und Midline-Kathetern sind in der Literatur neoplastische Grunderkrankungen, Chemotherapie sowie die Biokompatibilität des Kathetermaterials beschrieben (Bouzad et al., 2016). In der systematischen Übersichtsarbeit von Seckold, Walker & Dwyer (2015) stellten die Autorinnen und Autoren ein erhöhtes Infektionsrisiko für PICCs aus Silikon fest. Die deskriptiven Ergebnisse dieser Studie deuten jedoch nicht darauf hin, dass PICCs mit Silikon häufiger aufgrund eines Infektionsverdachts entfernt wurden. Für die Prävention von katheterassoziierten Infektionen spielen die Einhaltung von aseptischen Bedingungen bei der Anlage und Pflege der PICCs und Midline-Katheter eine entscheidende Rolle (Loveday et al., 2014). Im Bezirkskrankenhaus Bruneck werden diese Katheter von spezialisierten Krankenpflegepersonen unter Berücksichtigung aseptischer

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R. Kostner et al.: Komplikationen bei Midline-Kathetern und PICCs

Prinzipien und unter Verwendung der Sonografie angelegt. Dem gesamten Pflegepersonal stehen selbstproduzierte Schulungsvideos / Tutorials zum korrekten Umgang mit und zur Pflege von PICCs und Midline-Kathetern zur Verfügung. Weniger häufig traten Okklusionen und thrombotische Ereignisse auf. Dieses Ergebnis ist ein Indiz dafür, dass die Krankenpflegepersonen bei der Auswahl der Katheter

(Durchmesser, Länge, Material, Anzahl der Lumen) sowie der punktierten Venen die Empfehlungen der internationalen Leitlinien und der Krankenhausleitlinie zu peripherund zentralvenösen Kathetern berücksichtigten, um die vorzeitige Entfernung durch Okklusionen und thrombotische Ereignisse zu vermeiden. Seckold et al. (2015) beschreiben in ihrer Literaturübersicht, dass das Material

Tabelle 1. Übersicht zu den Merkmalen der Patientinnen und Patienten, der angelegten Midline-Katheter und PICCs und der Gründe für die Entfernung Midline-Katheter (N = 421) Geschlecht

Männlich

174 (41,3 %)

190 (39,7 %)

Weiblich

247 (58,7 %)

281 (58,7 %)

Fehlende Angaben Lokalisation des Katheters

Durchmesser der punktierten Vene [mm]

Länge des Katheters [cm]

Anzahl der Lumen

Gründe der Entfernung

186 (44,2 %)

243 (50,7 %)

133 (31,6 %)

141 (29,4 %)

Vena basilica links

55 (13,1 %)

51 (10,7 %)

Vena brachialis links

44 (10,5 %)

41 (8,6 %)

Vena cephalica rechts

1 (0,2 %)

2 (0,4 %)

Vena cephalica links

2 (0,5 %)

0 (0,0 %)

Vena femoralis rechts

0 (0,0 %)

1 (0,21 %)

Mittelwert

4,1

Standardabweichung

2,5

1,2

Minimum

3

3

3,7

20

20

Polyurethan

228 (54,2 %)

452 (94,4%)

Silikon

193 (45,8 %)

27 (5,6 %)

Mittelwert

19,4

37,6

1,3

3,5

Minimum

10

15

Maximum

20

47

2

1 (0,4 %)

0 (0 %)

3

7 (1,7 %)

10 (2,1 %)

4

409 (97,2 %)

433 (90,4 %)

5

0 (0,0 %)

30 (6,3 %)

6

0 (0,0 %)

1 (0,2 %)

Fehlende Angaben

4 (0,9 %)

5 (1,1 %)

1

417 (99 %)

449 (93,7 %)

2

1 (0,2 %)

29 (6,1 %)

3

0 (0,0 %)

1 (0,2 %)

Fehlende Angaben

3 (0,7 %)

0 (0,0 %)

Ende der Therapie

145 (34,4 %)

203 (42,4 %)

Verstorben

55 (13,1 %)

43 (9,0 %)

Selbst entfernt

66 (15,7 %)

32 (6,7 %)

Mechanische Komplikationen

25 (5,9 %)

14 (2,9 %)

Okklusionen

17 (4,0 %)

13 (2,7 %)

Verdacht auf Katheterinfekt

10 (2,4 %)

14 (2,9 %)

5 (1,2 %)

4 (0,8 %)

98 (23,3 %)

156 (32,6 %)

Thrombosen Fehlende Angaben

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8 (1,67 %)

Vena basilica rechts

Standardabweichung

Durchmesser des Katheters [French]

0 (0,0 %)

Vena brachialis rechts

Maximum Kathetermaterial

PICCs (N = 479)

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R. Kostner et al.: Komplikationen bei Midline-Kathetern und PICCs 113

Polyurethan eine geringere Inzidenz an thrombotischen Ereignissen bei PICCs aufweist. In der hier vorliegenden Studie waren Katheter aus Polyurethan jedoch häufiger von Venenthrombosen betroffen als jene aus Silikon. Ob dies möglicherweise mit der häufigeren Verwendung von Polyurethan-Kathetern bei älteren, multimorbiden Patientinnen und Patienten mit schlechteren Venenzuständen zusammenhängt, müssen weitere prospektive Untersuchungen zeigen.

Stärken und Limitationen Die Stärke der vorliegenden Untersuchung liegt in der verwendeten Datenbank zu den von spezialisierten Krankenpflegepersonen angelegten Midline-Kathetern und PICCs. In einem Zeitraum von drei Jahren wurden für insgesamt 900 Midline-Katheter und PICCs wichtige Informationen zur Anlage, Art des Katheters und zur Entfernung gesammelt, welche im Rahmen dieser Untersuchung erstmals ausgewertet wurden. Gleichzeitig liegt auch die Limitation in der Datenbank, da für den Untersuchungszeitraum Informationen zu wichtigen Variablen, wie Alter, Grund­ erkrankung und Komorbiditäten der Patientinnen und ­Pa­tienten, sowie zur weiteren Pflege (z. B. Anzahl Medikationen / Tag, Verbandwechsel) fehlen. Zudem fehlen Informationen zur Entfernung der Katheter durch die ­ Hauskrankenpflege oder in den Alters- und Pflegeheimen, da kein Follow-up zu den Kathetern nach Entlassung aus dem Krankenhaus durchgeführt wurde, wodurch der hohe Anteil an fehlenden Angaben zu erklären ist. Es ist allerdings anzunehmen, dass diese Katheter nach Beendigung der Therapie zu Hause oder im Alters- und Pflegeheim planmäßig entfernt wurden oder die Patientinnen und ­Patienten verstorben sind, da beim Bedarf einer erneuten Anlage die Patientinnen und Patienten wieder im Bezirkskrankenhaus vorstellig geworden wären.

Schlussfolgerungen Die vorliegende retrospektive Datenanalyse in einem deutschsprachigen Bezirkskrankenhaus hat gezeigt, dass die Arten und Häufigkeiten von Komplikation bei PICCs und Midline-Kathetern, welche von spezialisierten Krankenpflegepersonen autonom angelegt und gepflegt werden, in dem in der internationalen Literatur beschriebenen Rahmen liegen. Insgesamt wurden 29,2 % der Midline-Katheter und 16,0 % der PICCs aufgrund einer Komplikation (Entfernung durch Patientinnen und Patienten, mechanische Komplikation, Okklusion, Thrombose oder Infektionszeichen) frühzeitig entfernt. Es konnte lediglich ein Fall von katheterassoziierter Infektion der Blutbahn nachgewiesen werden. Spezialisierte Krankenpflegepersonen könnten auch im deutschsprachigen Raum erweiterte Rollen bei der Insertion und Pflege von PICCs und Midline-Katheter entwickeln.

Auf Basis der vorliegenden retrospektiven Studie ergeben sich mehrere Punkte, die es bei der prospektiven ­Datensammlung bzw. der Durchführung einer vergleichbaren Studie im deutschsprachigen Raum zu berücksichtigen gilt. In der Datenbank müssen Informationen zu Alter, Grunderkrankung und Komorbiditäten und zur klinischen Indikation zur Anlegung eines PICCs oder Midline-Katheters erfasst werden, um einen Gruppenvergleich zu ermöglichen. Ein sorgfältiges Follow-up der Patientinnen und Patienten, die mit einem Midline-Katheter oder ­einem PICC nach Hause oder in einem Alters- und Pflegeheim verlegt werden, von der Anlage bis zur Entfernung der Venenkatheter ist notwendig, um die Anzahl fehlender Angaben zu minimieren.

Literatur Bouzad, C.; Duron, S.; Bousquet, A.; Arnaudi, F.X.; Valbousquet, L.; Weber-Donat, G. … Potet, J. (2016). Peripherally Inserted Central Catheter-Related Infections in a Cohort of Hospitalized Adult Patients. CardioVascular and Interventional Radiology, 39 (3), 385 − 393. Chopra, V.; O'Horo, J. C.; Rogers, M. A.; Maki, D. G.; Safdar, N. (2013). The risk of bloodstream infection associated with peripherally inserted central catheters compared with central venous catheters in adults: a systematic review and meta-analysis. Infection Control and Hospital Epidemiology, 34 (9), 908 − 918. Chopra, V.; Flanders, S. A.; Saint, S.; Woller, S. C.; O'Grady, N. P.; ­Safdar, N. …Michigan Appropriateness Guide for Intravenouse Catheters, Panel (2015). The Michigan Appropriateness Guide for Intravenous Catheters (MAGIC): Results from a multispecialty panel using the RAND / UCLA Appropriateness Method. Annals of Internal Medicine, 163 (6 Suppl), 1 − 40. Dougherty, L. (2007). Central Venous Access Devices: Care and Management. Oxford: Blackwell Publishing Ltd (trad.it. Cateteri venosi centrali: gestione e assistenza alla persona). Milano: McGraw-Hill. Feast, A. R.; White, N.; Lord, K.; Kupeli, N.; Vickerstaff, V.; Sampson, E. L. (2018). Pain and delirium in people with dementia in the acute general hospital setting. Age and Ageing. doi: 10.1093/ ageing/afy112. Griffiths, V. (2007). Midline Catheters: Indications, complications and maintenances. Nursing Standard, 22 (11), 48 − 57. Grau, D.; Clarivet, B.; Lotthe, A.; Bommart, S.; Parer, S. (2017). Complications with peripherally inserted central catheters (PICCs) used in hospitalized patients and outpatients: a prospective cohort study. Antimicrobial Resistance & Infection Control, 6 (1), 18. Lattarulo, P. (2014). Evidence based nursing e sviluppo di competenze. www.ipasvitaranto.com/pdf/IPASVI_­Aprile%202014.pdf [06.08.2017]. Loveday, H. P.; Wilson, J. A.; Pratt, R. J.; Golsorkhi, M.; Tingle, A.; Bak, A. … Wilcox, M. (2014). EPIC3: National evidence-based guidelines for preventing healthcare-associated infections in NHS hospitals in England. Journal of Hospital Infection, 86 (Suppl 1), 1 − 70. Maki, D. G.; Kluger, D. M.; Crnich, C. J. (2006). The risk of bloodstream infection in adults with different intravascular devices: A systematic review of 200 published prospective studies. Mayo Clinic Proceedings, 81 (9), 1159 − 1171. O'Grady, N. P.; Alexander, M.; Burns, L. A.; Dellinger, E. P.; Garland, J.; Heard, SO. … the Healthcare Infection Control Practices Advisory Committee (HICPAC) (2011). Guidlines for prevention of intervascular catheter-related infections. Clinical Infectious Diseases, 52 (9), e162 − e193.

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R. Kostner et al.: Komplikationen bei Midline-Kathetern und PICCs

Paras-Bravo, P.; Paz-Zulueta, M.; Sarabia-Lavin, R.; Jose AmoSetien, F.; Herrero-Montes, M.; Olavarria-Beivide, E. … AntolinJuarez, F. M. (2016). Complications of Peripherally Inserted Central Venous Catheters: A Retrospective Cohort Study. PLOS ONE, 11 (9), 1 − 12. Pittiruti, M.; Hamilton, H.; Biffi, R.; MacFie, J.; Pertkiewicz, M. (2009). ESPEN Guidelines on Parenteral Nutrition: Central Venous Catheters (access, care, diagnosis and therapy of complications). Clinical Nutrition, 28, 365 – 377. Pittiruti, M.; Scoppettuolo, G. (2016). Manuale GAVeCeLT di PICC e di MIDLINE: Indicazioni, impianto, gestione. Milano: Edra S.p.A. Pratt, R.J.; Pellowe, C.M.; Wilson, J.A.; Loveday, H.P.; Harper, P.J.; Jones, S.R.L.J. … Wilcox, M.H. (2007). EPIC2: National EvidenceBased Guidelines for Preventing Healthcare-Associated Infections in NHS Hospitals in England. Journal of Hospital Infection, 1 (6), 1 − 64. Seckold, T.; Walker, S.; Dwyer, T. (2015). A comparison of silicone and polyurethane PICC lines and postinsertion complication rates: a systematic review. The Journal of Vascular Access, 16 (3), 167 − 177. Sharp R.; Esterman A.; McCutcheon H.; Hearse N.; Cummings M. (2014). The safety and efficacy of midlines compared to peripherally inserted central catheters for adult cystic fibrosis patients: a retrospective observational study. International Journal of Nursing Studies, 51 (5), 694 − 702. Xu, T.; Kingsley, L.; DiNucci, S.; Messer, G.; Jeong, J. H.; Morgan, B. … Yassin, M. H. (2016). Safety and utilization of peripherally inserted central catheters versus midline catheters at a large academic medical center. American Journal of Infection Control, 44 (12), 1458 − 1461. Yassin, M. H. (2017). Safety and use of peripherally inserted central catheters versus midline catheters at a large academic medical center. American Journal of Infection Control, 45 (4), 461.

Autorenschaft Substanzieller Beitrag zur Konzeption oder Design der Arbeit: RK, HM, ADP, FM Substanzieller Beitrag zur Erfassung, Analyse oder Interpretation der Daten: RK, HM, ADP, FV, DA, FM Manuskripterstellung: RK, HM, DA, FM Einschlägige kritische Überarbeitung des Manuskripts: RK, HM, DA, FM Genehmigung der letzten Version des Manuskripts: RH, HM, AM, DA, FM Übernahme der Verantwortung für das gesamte Manuskript: RK, HM, ADP, FM

Historie Manuskripteingang: 06.09.2017 Manuskript angenommen: 08.10.2018 Onlineveröffentlichung: 07.12.2018

Franco Mantovan, PhD, RN Spitalstr. 11 39031 Bruneck (Bozen) Italien franco.mantovan@sabes.it

Was war die größte Herausforderung bei Ihrer Studie? Die Verarbeitung von Daten, welche im klinischen Alltag gesammelt werden. Was wünschen Sie sich bezüglich der Thematik für die Zukunft? Dass sich Pflegende in der Praxis durch kontinuierliche Weiterbildung vertiefte Rollen, wie z. B. bei der Insertion und Pflege von venösen Zugängen entwickeln. Was empfehlen Sie zum Weiterlesen / Vertiefen? Die Literatur von Pittiruti aus Italien zum Thema PICC und Midline ist zum Vertiefen sehr empfehlenswert.

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Pflege (2019), 32 (2), 107–114

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Dissertation

Kontinenzförderung bei Menschen nach einem Hirnschlag: Entwicklung einer komplexen Intervention Myrta Kohler1,2,3 Institut für Angewandte Pflegewissenschaft, Fachhochschule St. Gallen Kliniken Valens 3 Institut für Pflegewissenschaft, Universität Wien 1

Einleitung und Ziel

Resultate

Rund die Hälfte der Menschen, die einen Hirnschlag überleben, sind in der Akutphase von Urininkontinenz betroffen. Nach drei bzw. zwölf Monaten beträgt die ­Prävalenz 43.5 % bzw. 37.7 % (Williams, Srikanth, Bird & Thrift, 2012). Urininkontinenz ist ein Faktor, der für schlechtere Rehabilitations-Outcomes bezüglich Alltags­ aktivitäten und Funktionsfähigkeit verantwortlich ist. Leidet eine Person an Inkontinenz, hat sie ein erhöhtes Risiko, nach dem Rehabilitationsaufenthalt in eine Langzeitinstitution eingewiesen zu werden. Trotz der Wichtigkeit dieses Themas ist die aktuelle Datenlage nicht ausreichend, um eine evidenzbasierte Empfehlung bezüglich pflegerischer Interventionen zur Kontinenzförderung nach einem Hirnschlag im Rehabilitations­ setting abzugeben. Ziel dieser Dissertation war deshalb die Entwicklung einer komplexen Intervention zur Förderung der Urinkontinenz bei Menschen nach einem Hirnschlag in der stationären Rehabilitation.

Die systematische Literaturübersicht ergab eine geringe Evidenz. Eine Intervention, bestehend aus einem Assessment sowie individuell angepassten Maβnahmen, scheint momentan die beste Behandlungsmethode zu sein (­Kohler, Mayer, Battocletti, Kesselring & Saxer, 2016). In Interviews mit Betroffenen waren die Hauptthemen „nicht ­darüber reden (können)“ sowie der verzweifelte Versuch, Inkontinenz zu beherrschen. Betroffene entwickeln persönliche Strategien, die häufig unwirksam sind und oft mit Frustration enden (Kohler, Mayer, Kesselring & Saxer, 2018). Fokusgruppeninterviews mit dem Behandlungs­ team zeigten eine Differenz bezüglich Priorisierung der Inkontinenzbehandlung. Das Behandlungsteam ist sich bewusst, dass dieses Thema aus Sicht der Betroffenen hohe Priorität hat, jedoch Fachpersonen dem Thema in ihrem Alltag nur sehr wenig Beachtung schenken (Kohler, Mayer, Kesselring & Saxer, 2017). Die entwickelte komplexe Intervention wird in einem Algorithmus, der die gesamte Behandlung darstellt, beschrieben. Die Programmtheorie besteht aus sechs Teilen mit drei miteinander verbundenen Outcomeketten, die sich an Patientinnen, Patienten und Pflegepersonen orientieren. Die wichtigsten Aspekte sind Kommunikation, ­individuell angepasste Maβnahmen sowie die Definition interdisziplinärer Behandlungsziele.

Methode Als Rahmen diente das „Model for developing complex interventions in nursing“ von Corry, Clarke, While und Lalor (2013). Die Interventionsentwicklung umfasste vier Schritte: Eine systematische Literaturübersicht, um die Wirksamkeit von Interventionen zur Kontinenzförderung nach einem Hirnschlag zu identifizieren (1), eine Analyse der Bedürfnisse der Betroffenen mittels qualitativer Interviews (2), Fokusgruppeninterviews, um die ­Erfahrungen des interdisziplinären Behandlungsteams darzustellen (3) sowie die Entwicklung einer Programmtheorie, basierend auf den Resultaten der ersten drei Schritte und der Berücksichtigung von aktuellen Guidelines und dem Wissen des Forschungsteams (4).

Schlussfolgerungen Die Dissertation zeigt eine Möglichkeit auf, wie eine komplexe Intervention entwickelt werden kann. Durch Einbezug der Sichtweise des Behandlungsteams bei der Entwicklung ist von einer hohen Akzeptanz der Intervention auszugehen. Infolge der Reflexion und der Berücksichtigung von Forschungsresultaten ist zu erwarten, dass sich

© 2019 Hogrefe Pflege (2019), 32 (2), 115–116 https://doi.org/10.1024/1012-5302/a000663

Dissertation

2


116 Dissertationen

die Intervention erfolgreich implementieren lässt und ­deren Wirksamkeit vertieft evaluiert werden kann.

Dissertation

Literatur Corry, M., Clarke, M., While, A. E., & Lalor, J. (2013). Developing ­complex interventions for nursing: a critical review of key guidelines. Journal of Clinical Nursing, 22, 2366 – 2386. doi: 10.1111/ jocn.12173. Kohler, M., Mayer, H., Battocletti, M., Kesselring, J. & Saxer, S. (2016). Wirksamkeit von nichtmedikamentösen Interventionen zur Förderung der Urinkontinenz bei Menschen nach einem cerebro-vaskulären Insult: Eine systematische Literaturübersicht. Pflege, 29, 235 – 245. doi: 10.1024/1012-5302/a000493. Kohler, M., Mayer, H., Kesselring, J., & Saxer, S. (2017). Post-Cerebrovascular Accident Unpredictable Incontinence: A Qualitative Analysis of an Interdisciplinary Rehabilitation Team's Perspective. Rehabilitation Nursing Journal, 1  –  9. doi: 10.1097/ rnj.0000000000000097.

Kohler, M., Mayer, H., Kesselring, J., & Saxer, S. (2018). (Can) Not talk about it; Urinary incontinence from the point of view of stroke survivors: a qualitative study. Scandinavian Journal of Caring Sciences, (32), 371 – 379. doi:10.1111/scs.12471. Williams, M. P., Srikanth, V., Bird, M., & Thrift, A. G. (2012). Urinary symptoms and natural history of urinary continence after ­first-ever stroke – a longitudinal population-based study. Age and Ageing, 41 (3), 371 – 376. doi: 10.1093/ageing/afs009.

Begleitpersonen Prof. Dr. Susi Saxer, Fachhochschule St. Gallen Univ.-Prof. Mag. Dr. Hanna Mayer, Universität Wien Prof. Dr. Jürg Kesselring, Kliniken Valens

Dr. phil. Myrta Kohler, MScN, RN Institut für Angewandte Pflegewissenschaft Fachhochschule St. Gallen myrta.kohler@fhsg.ch

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Pflege (2019), 32 (2), 115–116

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Les-Art 117

In der Wissenschaft herrscht ein harter Wettbewerb um Mittel, Meinungsführerschaft und Prestige. Obwohl intensiv diskutiert und kritisiert, ist die Anzahl an Publikationen nach wie vor ein, wenn nicht sogar der beliebteste Ausweis wissenschaftlicher Exzellenz und Leistungsfähigkeit. Eine interessante Analyse dieses Indikators und damit vielleicht der – negativ formuliert – Auswüchse oder – positiv formuliert – Leistungsfähigkeit zeigen Ioannidis und Kollegen im September 2018 in Nature (Ioannidis, Klavans & Boyack, 2018). Scopus, eine umfangreiche Zitationsdatenbank wurde nach Wissenschaftler/-innen durchsucht, die zwischen 2000 und 2016 mehr als 72 Aufsätze pro Kalenderjahr veröffentlicht haben. Diese Zahl entspricht einem publizierten Aufsatz alle fünf Tage. Insgesamt erfüllten mehr als 9000 Personen diese Kriterien der „Leistungsstärksten“ (engl. hyperprolific). Autor/-innen aus der Physik wurden ausgeschlossen, da es dort Usus ist, in Teams von 1000 Personen und mehr zu publizieren. Letztendlich wurden 265 Autorinnen und Autoren identifiziert, die den Kriterien der Leistungsstärksten entsprechen. Mehrere interessante Phänomene sind zu sehen. Die Anzahl dieser Leistungsstärksten nahm zwischen 2001 und 2014 um das 20-fache zu, während die Gesamtzahl an Autorinnen und Autoren nur um das 2,5-fache stieg. ­Obwohl es keine Einschränkungen hinsichtlich der Diszi­ plinen gab, ist etwa die Hälfte der Autorinnen und Autoren dem Bereich Medizin und Gesundheitswissenschaften ­zuzuordnen. Die meisten stammen aus den USA, wobei dies proportional zum Anteil an wissenschaftlichen Publikationen mit US-Autorenschaft ist. Deutschland ist als Herkunftsland unter den Top 3. Im Vergleich zur Gesamtzahl an wissenschaftlichen Publikationen sind Deutsche damit deutlich überrepräsentiert. Bestimmte Institutionen, z. B. die Erasmus Universität in Rotterdam oder die Harvard Universität in Boston, bringen sehr viele dieser Leistungsstärksten hervor und viele der publizieren ­Aufsätze stammen aus wenigen Studien. Sehr interessant ist der zweite Teil der Arbeit, der auf die bibliographische Analyse aufbaut: 81 Personen, die 2016 als hyperprolific identifiziert wurden, wurden per ­E-Mail danach befragt, inwieweit ihre Beiträge zu den Publikationen den allgemein anerkannten Vancouver-­ ­ Kriterien für Autorenschaft entsprechen. Die Mehrzahl der 27 Antwortenden gab an, diese Kriterien nicht oder nicht immer zu erfüllen. Die Wissenschaftler/-innen ­wurden

außerdem nach Anregungen zur Verbesserungen der ­Regeln zur Autorenschaft befragt. Alle sprachen sich für differenziertere Systeme aus, um Beiträge zu kennzeichnen, die nicht den gesamten Forschungsprozess umfassen. Zum Abschluss wurde nach Erklärungen für ihre Leistungsstärke befragt. Die Antworten lassen sich durchgehen in die Kategorien Leistungsbereitschaft, Leidenschaft, aber auch sehr guter Rahmenbedingungen einordnen. Was lässt sich für die Pflegewissenschaft aus dieser ­Arbeit lernen, obwohl aktuell keine Pflegewissenschaft­ler/-innen in dieser Kategorie über alle Maßen produktiver wissenschaftlicher Führungskräfte zu finden sind? Die ­ ­Vancouver-Kriterien sind etabliert und niemand stellt sie ernsthaft in Frage (Meyer & Schrems, 2016). Trotzdem legt die Häufung des offensichtlichen Hinwegsetzens über diese Regeln in ­bestimmten Disziplinen, Ländern und Einrichtungen nahe, dass wissenschaftliche Kultur und Vorbild ­wesentlich stärker wirksam sind als formale Regeln. Studierende und Nachwuchswissenschaftler/-innen benötigen Vorbilder, die das Richtige tun. Und etablierte Wissen­ schaftler/-innen benötigen Reflexionsfähigkeit, um Vor­ bilder zu sein und nicht dem Lockruf möglichst langer Publikationslisten zu erliegen. Ein interessanter Befund am Ende: Der Erstautor der Studie, John Ioannidis, ist einer der weltweit führenden Diskutanten zu methodischer Güte und Transparenz in der gesundheitsbezogenen Forschung. Eine einfache Recherche in der Datenbank Medline (via PubMed) ergab für ihn im Jahr 2018 80 Publikationen.

Literatur Ioannidis, J. P. A., Klavans, R. & Boyack, K. W. (2018). Thousands of scientists publish a paper every five days. Nature, 561 (7722), 167. doi: 10.1038/d41586-018-06185-8. Meyer, G. & Schrems, B. (2016). Ehre, wem Ehre gebührt. Ein ­Statement zur integren Autorschaft. Pflege, 29(2), 61 – 62. doi: 10.1024/1012-5302/a000473.

Prof. Dr. rer. medic. Martin Müller, MPH Fakultät für Angewandte Gesundheitsund Sozialwissenschaften Technische Hochschule Rosenheim martin.mueller@th-rosenheim.de

© 2019 Hogrefe Pflege (2019), 32 (2), 117 https://doi.org/10.1024/1012-5302/a000665

Les-Art

Unglaublich produktive Wissenschaftler?


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In eigener Sache

Redakteurin Andrea Kurz verstorben Andrea Kurz, Redakteurin der Pflege, ist im Januar 2019 nach längerer, sehr schwerer Krankheit verstorben. Nach ihrer Ausbildung zur Krankenschwester war sie Praxisanleiterin an einer Berufsfachschule und danach Lektorin bei einem Fachverlag. Seit Mitte 2012 war Andrea Kurz als Redakteurin für die Zeitschrift Pflege tätig. Ihre Aufgabe bestand darin, die zur Publikation akzeptierten Beiträge sprachlich und formal zu prüfen.

Eine Arbeit, die sie stets zuverlässig und exakt bis ­zuletzt vom Krankenbett aus erledigt hat und die ihr gemäss ihrer Tochter das Leben mit der Erkrankung ein wenig er­ leichtert habe. Wir sind sehr traurig und entbieten den Hinterbliebenen von Herzen unsere aufrichtige Anteilnahme.

Die Herausgeberinnen und Herausgeber

Wir trauern um unsere Redakteurin

Andrea Kurz

*14. Juli 1967 | † 30. Januar 2019

Andrea Kurz war ausgebildete Krankenschwester, später Praxisanleiterin, Lektorin für Pflege-, Gesundheitsund Sozialwissenschaften und seit mehreren Jahren als Redakteurin und für unsere Zeitschrift Pflege tätig.

«Es gibt nichts, was uns die Abwesenheit eines uns lieben Menschen ersetzen kann und man soll das auch gar nicht versuchen; man muß es einfach aushalten und durchhalten; das klingt zunächst sehr hart, aber es ist doch zugleich ein großer Trost; denn indem die Lücke wirklich unausgefüllt bleibt, bleibt man durch sie miteinander verbunden. Es ist verkehrt, wenn man sagt, Gott füllt die Lücke aus; er füllt sie gar nicht aus, sondern er hält sie vielmehr gerade unausgefüllt, und hilft uns dadurch, unsere echte Gemeinschaft – wenn auch unter Schmerzen – zu bewahren. Ferner: je schöner und voller die Erinnerungen, desto schwerer die Trennung. Aber die Dankbarkeit verwandelt die Qual der Erinnerung in eine stille Freude. Man trägt das vergangene Schöne nicht wie einen Stachel, sondern wie ein kostbares Geschenk in sich. Man muß sich hüten, in den Erinnerungen zu wühlen, sich ihnen auszuliefern, wie man auch ein kostbares Geschenk nicht immerfort betrachtet, sondern nur zu besonderen Stunden und es sonst nur wie einen verborgenen Schatz, dessen man sich gewiß ist, besitzt; dann geht eine dauernde Freude und Kraft von dem Vergangenen aus.» aus Dietrich Bonhoeffer, «Widerstand und Ergebung»

In stiller Anteilnahme Abteilung Zeitschriften und Lektorat Pflege Hogrefe AG, Bern

Pflege (2019), 32 (2), 118 https://doi.org/10.1024/1012-5302/a000667

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Mitteilungen

Kongressberichte 6. St. Galler Demenz-Kongress „Qualitativ gute Pflege von Menschen mit Demenz entsteht im Herzen“ vom 14. November 2018 Mit den Worten „Mit der Diagnose Demenz verändert sich nicht nur das Leben der Betroffenen, sondern auch das von ganzen Familien. Sie wird daher häufig zur Familiendiagnose“, begrüsste Prof. Dr. Heidi Zeller, Leiterin der Fachstelle Demenz der Fachhochschule St. Gallen (FHS), die rund 1000 Teilnehmenden des sechsten St. Galler ­Demenz-Kongresses. Oft werde dann gefragt, wie es nun weitergehe, wie sich die verbleibende Zeit gestalten lasse und welche Träume und Wünsche erfüllt werden können. Gerade in Pflegeinstitutionen werde das Recht auf Selbstbestimmung oft tangiert. Mit dem Projekt „Geheime Wünsche“ und der Mithilfe von Freiwilligen können Wünsche von Demenzkranken erfüllt werden, woran sich Betroffene noch Wochen später erinnern. Es gelte, in die Lebenswelten der Patienten einzutauchen und emotionale Kompetenzen einzubringen. Es wurden verschiedene Ansätze in der Beziehungsarbeit vorgestellt, mehrere ­aktuelle Studien zur Demenz diskutiert sowie über den Stand der medikamentösen Demenzarbeit informiert. Am Nachmittag standen diverse Sessionen auf dem ­Programm. Der sechste St. Galler Demenz-Kongress schloss mit einer musikalischen Botschaft des Musikers und Schauspielers Christian Johannes Käser. Er ermunterte dazu, im Alltag spontan zu singen und Geschichten zu erzählen. Den St. Galler Demenz-Kongress ins Leben gerufen hatte Prof. Dr. Martina Merz-Staerkle, ehemalige ­Leiterin des Fachbereichs Gesundheit der FHS St. Gallen. Nun übergab sie den Stab an Prof. Dr. Heidi Zeller, Leiterin der Fachstelle Demenz. „Als wir den Kongress erstmals organisierten, rechneten wir mit 200 Teilnehmenden – und wurden mit fünf Mal so vielen Anmeldungen überrascht“, sagte Martina Merz-Staerkle. Den Erfolg des St. Galler Demenz-Kongresses begründet sie mit dessen Praxisnähe. Ein Höhepunkt des St. Galler Demenz-Kongresses 2018 war die Vergabe des Viventis-Pflegepreises für das beste Schweizer Praxisprojekt in der Pflege und die Begleitung von Menschen mit Demenz. Der mit CHF 10 000 dotierte Preis ging an die Stiftung Hofmatt in Münchenstein für das Projekt „Schafsbesuchstage“ und handelt von einem tiergestützten Angebot für Menschen mit Demenz und ­ihren Angehörigen. Der St. Galler Demenz-Kongress 2019 findet am 13. November 2019 statt. Weitere Informationen: https://www. demenzkongress.ch

Qualitätsmanagement – Wohin geht der Weg? Fachtag am Fachbereich Gesundheit der FH Münster vom 15. Januar 2019 Am gut besuchten interdisziplinären Fachtag hielten ehemalige Studierende Impulsvorträge zu diversen ­Themen, für die sie zwischenzeitlich eine hohe Exper­ tise erarbeitet haben. Der rote Faden durch die Tagung war das Qualitätsmanagement, das erforderlich ist, um Prozesse zu optimieren und Fehler und Risiken möglichst zu vermeiden. Die Mitarbeiterzufriedenheit wurde ebenso thematisiert wie die Messung der Ergebnis­ qualität, die Umsetzung von Qualitätsmanagement in Bildungseinrichtungen, ferner Patientensicherheit und die interprofessionelle und intersektorale Vernetzung zur bestmöglichen Behandlung der Patienten. Anschließend hatten die Besucher Gelegenheit, auf einem „Marktplatz“ Stände zu weiteren Themen zu ­ ­besuchen. Das breite Themenspektrum umfasste aktuelle Entwicklungen, Projekte und Erfahrungen aus der stationären und ambulanten Pflege, aus Pflegeschulen, Krankenhäusern, Logopädie und Physiotherapie. Der Anlass für diesen Fachtag war ein Grund zum ­Feiern: Seit 20 Jahren besteht die Kooperation zwischen dem Fachbereich Gesundheit der FH Münster und der TÜV Süd Akademie GmbH. Studierende können deshalb parallel zum Studium die extern anerkannten Prüfungen zur Qualitätsmanagementfachkraft (QMF) und zum Qualitätsmanagementbeauftragten (QMB) ablegen. Eine Broschüre zum Fachtag Qualitätsmanagement findet sich online unter www.fhms.eu/25-jahre-msh. ­ Nächste Termine: https://www.fh-muenster.de/gesund heit/wir/jubilaeum/ termine-jubilaeum.php

2. Hamburger Pflegetag vom 5. Februar 2019 Der 2. Pflegetag in Hamburg des DBfK Nordwest in ­Kooperation mit der Hochschule für angewandte Wissenschaften (HAW) hat erneut über 100 Pflegefachpersonen in den Räumlichkeiten der Hochschule zusammen­ gebracht. Das vielseitige Programm richtete den Blick vor allem auf Handlungsfelder beruflich Pflegender und Techniken, mit den Anforderungen im Alltag gesundheitsförderlich umzugehen. So wurden erfolgreiche Praxis­ beispiele zum Einsatz von Advanced Nurse Practitioners in Hamburger Krankenhäusern vorgestellt und in Workshops empathische Kommunikation trotz Krisen und Stress thematisiert. Thematisiert wurden auch die Berufspolitik und die Notwendigkeit, dass Pflegende sich vermehrt Gehör verschaffen. Verantwortung lasse sich nur begrenzt auf andere übertragen. Darauf verwies Burkhardt Ziegler, Geschäftsführer DBfG Nordwest: Wer die Rahmenbedingungen in

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der Pflege zu Recht beklage, müsse auch gewillt sein, an ihren Veränderungen mitzuwirken. In Deutschland bestünde ein erheblicher Nachholbedarf, wenn es um die Beteiligung der Pflegenden an der politischen Willensbildung ginge. Bei der Frage nach der Gestaltung der Pflegeberufe gelte auch in Anlehnung an die von Paul Watzlawick geprägte Binsenweisheit: Man könne nicht nicht-politisch sein. Angesichts der Anforderungen an die Pflegenden,

die durch den demographischen Wandel auf die Gesellschaft zukommen, seien deutliche Veränderungen im Handlungsfeld Pflege zu erwarten. Die Frage werde sein, wer die Veränderungen maßgeblich prägen wird: die Pflegenden, die an einer zukunftsfähigen Weiterentwicklung ihrer Profession interessiert sind oder die, die ­geschehen lassen, was um sie herum passiert. Weitere Informationen unter: DBfK Nordwest e. V.; presse-nord west@dbfk.de; www.dbfk.de.

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Kongresskalender

April 2. – 3. April FH OÖ Campus Linz und Schlossmuseum Linz 9. Kongress Advanced Nursing Practice: Gesundheitskompetenz durch professionelle Beziehungsarbeit Information: www.fh-ooe.at/anp2019 2 .– 3. April Berlin, dbb forum berlin 14. Kongress für Gesundheitsnetzwerker Kontakt: https://www.gesundheitsnetzwerker.de/

Mai 2. – 3. Mai Bielefeld 2. Internationales Symposium Gesundheitskompetenz – Forschung, Praxis, Politik Information und Anmeldung: https://www.nap-gesund heitskompetenz.de/symposium/ 7. Mai Technische Universität Dresden Architektur für Menschen mit Demenz: Konzepte für das Krankenhaus und den Übergang in die Häuslichkeit Kontakt: TU Dresden, Prof. Dr.-Ing. Gesine Marquardt, sozialbau@tu-dresden.de 10. Mai Bremen, Messe und Congress Centrum Bremen DEWU Deutscher Wundkongress & Bremer Pflegekongress Kontakt: https://www.bremen-tourismus.de/ 13. – 15. Mai Kultur- und Kongresszentrum Aarau 8. Pflegekongress für Intensivmedizin 10. Pflegekongress für Altersmedizin 5. Pflegekongress für Herzmedizin Kontakt und Anmeldung: www.pflegeakademie.ch 16. – 17. Mai Basel SBK-Kongress 2019 Information: Schweizerischer Berufsverband für Pflegefachfrauen und Pflegefachmänner – SBK – ASI. https://www.sbk.ch/dienstleistungen/sbk-kongress.html

21. – 23. Mai CityCube Berlin Deutscher Pflegekongress 2019. Medizin und Gesundheit. Gesundheitspolitik, Gesundheitsversorgung, Gesundheitsberufe in Zeiten des digitalen Wandels Information: info@hauptstadtkongress.de

Juni 16. – 20. Juni Basel 12th International Symposium Pediatric Pain. ­Children and Families in Pain Management. Information: www.ispp2019.org 27. Juni – 1. Juli Singapore ICN-Congress 2019 - Beyond healthcare to health Contact: https://tinyurl.com/singapour2019

Juli 12. Juli Ulm Pflegekongress 2019 – 3. Ulmer Pflegemanagementkongress Von den Besten lernen – Exzellenzentwicklung in der Pflege und der Gesundheitsversorgung Kontakt: https://www.rku.de/rku-pflegekongress; pmk2019@rku.de

August 26. – 30. August Lyon, Frankreich Medinfo 2019 – The 17th World Congress of Medial and Health Informatics Health and Wellbeing E-Networks for all Contact: https://medinfo-lyon.org/en/

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Gut vorbereitet für schwierige Gespräche

Viviana Abati / Stiftung Swisstransplant (Hrsg.)

Gespräche mit hohem Belastungsfaktor in der Medizin Praxislehrbuch für die Kommunikation mit Angehörigen 2019. 192 S., 33 Abb., 63 Tab., Kt € 39,95 / CHF 48.50 ISBN 978-3-456-85922-4 Auch als eBook erhältlich

01.11.18 09:13

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Ärzte und andere Fachpersonen müssen im klinischen Alltag mit Angehörigen oft Gespräche führen über lebensbedrohliche Verletzungen, Prognose von Krankheiten oder die Mitteilung über den Tod eines Familienmitgliedes meist ohne darauf vorbereitet worden zu sein. Dieses Buch vermittelt aufbauend auf wissenschaftlich relevanten Konzepten (u. a. aus der Notfallpsychologie) die hierfür notwendige Kommunikations-Kompetenz.

Das Werk beschreibt in didaktisch durchdachter und praxisorientierter Form, in welchen psychischen Ausnahmesituationen sich Angehörige von Patienten befinden, wie dadurch ihre Kommunikationsfähigkeiten eingeschränkt sind und wie die Fachpersonen konkret und professionell damit umgehen können. Zahlreiche Boxen und Übungen zur Anwendung und Selbstreflexion unterstützen und überprüfen den eigenen Lernerfolg.


Wesen und Essenz von Leben und Sterben

Birgit Heller / Andreas Heller

Spiritualität und Spiritual Care Orientierungen und Impulse 2., erg. u. erw. Aufl. 2018. 304 S., 4 Abb., 2 Tab., Kt € 29,95 / CHF 39.90 ISBN 978-3-456-85868-5 Auch als eBook erhältlich

26.09.18 11:09

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Spiritual Care beinhaltet eine existenzielle Auseinandersetzung, die jenseits von Schmerztherapie und Symptomkontrolle Sinn und Bedeutung des Todes für das menschliche Leben thematisiert. Dabei ist sie nicht auf die Sterbephase beschränkt, sondern auch bei Krankheit und in anderen kritischen Lebenssituationen bedeutsam. Sie ist eine Form professioneller menschlicher und gesellschaftlicher Partizipation, die Leiden und Tod in der Realität der

Gemeinschaft neu verortet. Spiritual Care macht beides zu einem sichtbaren und spürbaren Teil des Lebenszyklus, gibt Gepflegten wie Pflegenden Würde und Wertschätzung. Ein klar gedachtes und klug geschriebenes Buch zu einer wichtigen Aufgabe des sorgenden Menschen, zur Essenz des Lebens und zur Schärfung des Bewusstseins, wenn Gesundheit und Leben auf dem Spiel stehen.


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