Zfb 2016 5 issue 1

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Jahrgang 5 / Heft 1 / 2016 Herausgeber Marcus Hasselhorn Yvonne Anders Fabienne Becker-Stoll Klaus Fröhlich-Gildhoff Iris Nentwig-Gesemann Franz Petermann Hans-Günther Roßbach Wolfgang Schneider Susanne Viernickel

Frühe Bildung Interdisziplinäre Zeitschrift für Forschung, Ausbildung und Praxis Schwerpunkt Interaktions- und Beziehungsgestaltung zwischen pädagogischen Fachkräften und Kindern


SETK 3-5

Sprachentwicklungstest für drei- bis fünfjährige Kinder Diagnose von Sprachverarbeitungsfähigkeiten und auditiven Gedächtnisleistungen 3., überarbeitete und neu normierte Auflage H. Grimm Einsatzbereich: Kinder im Alter von 3;0 - 5;11 Jahren und ältere Kinder mit bekannten Entwicklungsschädigungen. Einzeltest. Das Verfahren: Der SETK 3-5 erfasst mit vier Untertests bei den dreijährigen Kindern und mit fünf Untertests bei den vier- bis fünfjährigen Kindern rezeptive und produktive Sprachverarbeitungsfähigkeiten sowie auditive Gedächtnisleistungen. Mit dem SETK 3-5 ist es möglich, im kritischen Altersbereich zwischen drei und fünf Jahren valide und reliabel das erreichte Sprachentwicklungsniveau festzustellen und in einen kausalen Erklärungszusammenhang mit auditiven Gedächtnisleistungen zu bringen. Dabei spielt das phonologische Arbeitsgedächtnis für Nichtwörter eine ganz entscheidende Rolle. Mit dieser dritten Auflage wird eine vollständige Neunormierung des SETK 3-5 vorgelegt. Weiterhin wurde das Manual inhaltlich ergänzt und auf der Grundlage aktueller Forschungsergebnisse auf den neuesten Stand gebracht. Die Testdurchführung und die Auswertung wurden um wichtige Ergänzungen und ganz konkrete Hilfestellungen erweitert. Sprachtherapeutische Fragestellungen können jetzt noch differenzierter beantwortet und Sprachförderpläne auf eine breitere Basis gestellt werden. Im Kapitel „Häufig gestellte Fragen“ wurden zahlreiche Fragestellungen und Anregungen aus der Praxis berücksichtigt. Die Einsatzmöglichkeiten des SETK 3-5 bei Kindern mit Deutsch als Zweitsprache (DaZ) haben ebenfalls eine Ergänzung erfahren. Normen: Für die aktuelle Normierungsstudie wurden 934 Kinder im Alter von 3;0 bis 5;11 Jahren untersucht. Es liegen Normen (T-Werte, Prozentränge) für die fünf Altersgruppen 3;0–3;5 Jahre, 3;6–3;11 Jahre, 4;0–4;5 Jahre, 4;6–4;11 Jahre und 5;0–5;11 Jahre vor (N = 495). Bearbeitungsdauer: Die Bearbeitungsdauer beträgt 15 bis maximal 25 Minuten. 01 271 01

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Hogrefe Verlag GmbH & Co. KG Testzentrale Tel. +49 551 999 50-999 / Fax -998 testzentrale@hogrefe.de www.testzentrale.de

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DESK 3-6 R

Dortmunder Entwicklungsscreening für den Kindergarten - Revision H. Tröster / J. Flender / D. Reineke / S.M. Wolf Das Verfahren: Das DESK 3-6 R enthält altersspezifische Beobachtungsskalen für 3-jährige, 4-jährige und 5- und 6-jährige Kinder zur Überprüfung ihrer motorischen, sprachlichen, sozialemotionalen und kognitiven Kompetenzen. Im Mittelpunkt des Screenings bei 5- und 6-jährigen Kindern steht die Überprüfung schulischer Lernvoraussetzungen, um die Kinder vor ihrer Einschulung gezielt auf das schulische Lernen vorbereiten zu können. Die dazu vorgesehenen Skalen erfassen sowohl sozial-emotionale Lernvoraussetzungen als auch Vorläuferfertigkeiten für den Erwerb schriftsprachlicher und mathematischer Kompetenzen. Die Entwicklungsaufgaben des DESK 3-6 R werden entweder als Beobachtungsaufgaben, als Gruppenaufgaben oder als Einzelaufgaben vorgegeben. Die Beobachtungsaufgaben erfassen entwicklungsbedingte Kompetenzen des Kindes. Gruppen- und Einzelaufgaben ermöglichen eine Überprüfung solcher Kompetenzen, die aus dem spontanen Verhalten des Kindes im Alltag nicht zuverlässig erschließbar sind. Die Gruppenaufgaben werden im Rahmen eines Rollenspiels („Zirkusspiel“) überprüft, das eine Beobachtung des Kindes unter weitgehend standardisierten Bedingungen ermöglicht. Auf der Grundlage der Verhaltensbeobachtung wird ein Screening-Profil erstellt, aus dem hervorgeht, in welchen Entwicklungsbereichen das Kind eine zusätzliche Förderung benötigt. Gegenüber dem Vorgänger wurde das DESK 3-6 R durch neuentwickelte Skalen ergänzt, die die sprachliche und sozial-emotionale Entwicklung differenzierter erfassen (z.B. internalisierende Verhaltensprobleme) und für 5und 6-Jährige zusätzlich gezielt schulische Lernvoraussetzungen prüfen (z.B. schriftsprachliche Basiskompetenzen). Das gesamte Verfahren wurde darüber hinaus neu normiert und ermöglicht nun auch eine Bildungsdokumentation. Bearbeitungsdauer: Für die Bearbeitung der Beobachtungsaufgaben werden ca. 10 bis 20 Minuten benötigt. Die Gruppen- und Einzelaufgaben können variabel in die Alltagsaktivitäten der Kita eingebunden werden. Für das Screening aller Kinder einer Kitagruppe sollten etwa drei bis vier Wochen vorgesehen werden. 01 118 01

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Frühe Bildung Interdisziplinäre Zeitschrift für Forschung, Ausbildung und Praxis

Jahrgang 5 / Heft 1 / 2016

Schwerpunkt Interaktions- und Beziehungsgestaltung zwischen pädagogischen Fachkräften und Kindern Herausgeber Anke König und Susanne Viernickel


Herausgeber

Prof. Dr. Yvonne Anders, Berlin

Prof. Dr. Franz Petermann, Bremen

Prof. Dr. Fabienne Becker-Stoll, München

Prof. Dr. Hans-Günther Roßbach, Bamberg

Prof. Dr. Klaus Fröhlich-Gildhoff, Freiburg

Prof. Dr. Wolfgang Schneider, Würzburg

Prof. Dr. Marcus Hasselhorn, Frankfurt a. M. (Geschäftsführender Herausgeber)

Prof. Dr. Susanne Viernickel, Berlin

Prof. Dr. Iris Nentwig-Gesemann, Berlin Redaktionsanschrift

Prof. Dr. Marcus Hasselhorn und Dr. Ingrid Plath, DIPF - Deutsches Institut für Internationale Pädagogische Forschung, Postfach 90 02 70, 60442 Frankfurt am Main, E-Mail: FrueheBildung@dipf.de

Wissenschaftlicher Beirat

Prof. Dr. Peter Cloos, Hildesheim

Prof. Dr. Julia Schneewind, Osnabrück

Prof. Dr. Doris Edelmann, St. Gallen

Prof. Dr. Hermann Schöler, Heidelberg

Prof. Dr. Hilmar Hoffmann, Osnabrück

Dr. Heidi Simoni, Zürich

Prof. Dr. Bernhard Kalicki, München

Prof. Dr. Ursula Stenger, Köln

Prof. Dr. Gisela Kammermeyer, Landau

Prof. Dr. Petra Strehmel, Hamburg

Prof. Dr. Ute Koglin, Oldenburg

Prof. Dr. Dörte Weltzien, Freiburg

Prof. Dr. Anke König, Vechta

Prof. Dr. Silvia Wiedebusch-Quante,Osnabrück

Prof. Dr. Christoph Mischo, Freiburg

Prof. Dr. Friedrich Wilkening, Zürich

Prof. Dr. Norbert Neuss, Gießen

Prof. Dr. Cornelia Wustmann, Graz

Dr. Volker Pudzich, Allensbach-Hegne Hinweise für Autoren

Die Richtlinien zur Manuskriptgestaltung und Hinweise für Autoren können unter www.hogrefe.de/zeitschriften/zfb mit dem Acrobat Reader heruntergeladen werden.

Verlag

Hogrefe Verlag GmbH & Co. KG, Merkelstr. 3, 37085 Göttingen, Postfach 3751, 37027 Göttingen, Tel. 0551 99950-0, Fax 0551 99950-111, E-Mail Verlag: verlag@hogrefe.de, E-Mail Redaktion: journals@hogrefe.de, Internet: http://www.hogrefe.de Verleger: Dr. G.-Jürgen Hogrefe, Wissenschaftlicher Verlagsleiter: Dr. Michael Vogtmeier

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Umschlagabbildung

© Privatsammlung Iris Nentwig-Gesemann

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ISSN-L 2191-9186, ISSN-Print 2191-9186, ISSN-Online 2191-9194 Bei redaktionellen Einsendungen ohne besonderen diesbezüglichen Vermerk behält sich der Verlag das ausschließliche Recht der Vervielfältigung in jeglicher Form sowie das der Übersetzung in fremde Sprachen ohne jede Beschränkung vor. Die in der Zeitschrift veröffentlichten Beiträge sind urheberrechtlich geschützt. Mit Ausnahme der gesetzlich zugelassenen Fälle ist die Verwertung ohne Einwilligung des Verlages strafbar. Der Verlag haftet nicht für die Richtigkeit mitgeteilter Angaben. Als Originalarbeiten werden grundsätzlich nur Erstveröffentlichungen angenommen. Nach Annahme für eine Veröffentlichung dürfen diese Arbeiten nicht in gleichen oder ähnlichem Wortlaut an anderer Stelle angeboten werden. Die Redaktion behält sich vor, den Zeitpunkt der Veröffentlichung zu bestimmen.

Erscheinungsweise

vierteljährlich (Januar/April/Juli/Oktober)

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Jahresabonnement Institute € 136,–/SFr 174,–; Jahresabonnement Privat € 71,–/SFr 96,–; Einzelheft € 34,–/SFr 45,90 zzgl. Porto- und Versandgebühren (unverbindliche Preisempfehlung). Die Preise verstehen sich in Deutschland inkl. MwSt. und für Lieferungen von Deutschland ins Ausland exkl. MwSt. Das Abonnement verpflichtet zum Bezug eines ganzen Jahrgangs. Das Abonnement verlängert sich, wenn nicht bis 8 Wochen vor Jahresende abbestellt wird. Bei Ausfall der Lieferung durch höhere Gewalt, Streik oder dergleichen ergeben sich hieraus keine Ansprüche auf Lieferung oder Rückzahlung des Bezugsgeldes durch den Verlag. Lieferung erfolgt auf Gefahr des Empfängers. Der Abonnent ist damit einverstanden, dass der Transportdienstleister ggf. den Verlag während der Laufzeit des Abonnements über eine Anschriftenänderung informiert. Ist er nicht damit einverstanden, hat er dies spätestens zwei Wochen nach Erhalt des ersten Heftes schriftlich dem Verlag mitzuteilen.

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Frühe Bildung (2016), 5 (1)

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Inhalt Editorial

Interaktions- und Beziehungsgestaltung zwischen pädagogischen Fachkräften und Kindern

1

Anke König und Susanne Viernickel Schwerpunktbeiträge

Pädagogische Qualität in früh­kind­lichen Bildungs- und Betreuungs­ einrichtungen in der Schweiz. Erste Erfahrungen und Befunde mit dem CLASS Toddler Beobachtungsverfahren

3

Educational Quality in Early Education and Care Settings in Switzerland: First Experiences and Findings in Using the CLASS Toddler Observation Tool Sonja Perren, Doris Frei und Sandra Herrmann 13

Sozio-emotionale Interaktions­qualität vor dem Hintergrund ­einer ­erweiterten Altersmischung im Kindergarten Socioemotional Quality of Interactions in Light of Extending Age Range of Mixed-Age Groups in Preschools Anja Sommer und Jutta Sechtig Beziehungsgestaltung und deren Bedeutung für die Unterstützung von kindlichen Lernprozessen im Freispiel

22

Teacher-Child Relationship Quality and its Importance for Teachers› Instructional Support in Free-Play Situations Heike Wadepohl und Katja Mackowiak Freie Beiträge

Warum Frühpädagog/in werden? Eine vergleichende Studie zu Berufswahlmotiven von angehenden Frühpädagog/innen und Lehrer/innen an Grundschulen und Gymnasien

31

Early Childhood Educator as Career Choice? A Comparative Study of Career Choice Motives of Future Early Childhood Educators, Primary School Teachers and Grammar School Teachers Sabine Weiß, Manuela Keller-Schneider, Norbert Neuß, Carla Albrecht und Ewald Kiel Interesse von Kleinkindern an unterschiedlichen Sprachlernmedien

40

Toddlers' Interest in Different Language Acquisition Forms Catherine Walter-Laager, Kathrin Brandenberg, Luzia Tinguely, ­Barbara ­Moschner, Jürg Schwarz und Manfred R. Pfiffner Diskussionen

Was macht eine gute Säuglingsforschung aus? Fragen und Antworten

50

Sabina Pauen und Franz Petermann

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Frühe Bildung (2016), 5 (1)


Innovationen

Gesundheitsförderung und Prävention in K ­ itas und Grundschule durch systematische ­kommunale Steuerung – Das Präventions­netzwerk ­Ortenaukreis verbindet Gesundheits-, ­Jugendhilfe- und Bildungssystem

53

Klaus Fröhlich-Gildhoff, Ullrich Böttinger, Katharina Rauh und ­Angela Schickler Informationen

Interaktions- und Beziehungsgestaltung zwischen pädagogischen Fachkräften und Kindern im Spiegel des Deutschen Bildungsservers

56

Andrea Völkerling

Rezension

Veranstaltungen

58

Sprachliche Entwicklung in Kindertagesstätten

59

Jan Rösler Mitteilungen

Frühe Bildung (2016), 5 (1)

Call for Papers

60

Pädagogik der Kindheit im Master studieren? Online-Befragung zur Professionalisierung und zum akademischen Qualifizierungsbedarf in der Kindheitspädagogik

61

Gutachterinnen und Gutachter 2015

62

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Editorial Interaktions- und Beziehungsgestaltung zwischen pädagogischen Fachkräften und Kindern Den alltäglichen sozialen Austauschprozessen wird eine zentrale Bedeutung zugeschrieben, um Bildungserfahrungen in Kindertageseinrichtungen zu vollziehen. Die Art und Weise, wie pädagogische Fachkräfte Interaktionen mit einzelnen Kindern und der Kindergruppe gestalten, gilt als wesentlicher Einflussfaktor für den Aufbau emotional tragfähiger, Sicherheit vermittelnder Beziehungen und für gelingende Entwicklungs- und Bildungsverläufe der Kinder. Bereitschaft und Fähigkeit, im Kontakt mit Kindern empathisch und responsiv zu agieren, in einen dialogischen Austausch einzutreten, fokussiert und entwicklungsangemessen sprachliche Impulse zu geben und gemeinsam geteilte Denkprozesse zu initiieren, werden als zentrale professionelle Handlungskompetenzen betrachtet. So gestaltete Interaktionsprozesse zielen darauf, gemeinsam Erfahrungen zu erweitern und damit Selbstund Weltsichten zu verändern. Während es im anglo-amerikanischen Raum bereits eine längere Tradition gibt, pädagogische Qualität (auch) als Interaktionsqualität zu konzeptualisieren und diese vorrangig mit Hilfe quantifizierender Verfahren messbar zu machen, u.a. in der Study of Early Child Care and Youth Development der National Institute of Child Health and Human Development (vgl. NICHD Early Child Care Research Network, 2002; Mashburn et al., 2008), ist in Deutschland erst in den vergangenen Jahren ein verstärktes Forschungsinteresse im Bereich der pädagogischen Interaktions- und Beziehungsgestaltung zu verzeichnen. Parallel zur Orientierung an internationalen Entwicklungen und dem Einsatz von in internationalen Studien bereits erfolgreich angewendeten Instrumenten hat sich hier auch eine eigenständige, stärker qualitativ ausgerichtete Auseinandersetzung mit der Erfassung von Beziehungs- und Interaktionsstrukturen entwickelt, die die Gestaltung der Kommunikation sowie Prozesse des pädagogischen Handels als zentrale Vollzugsformen von Erziehung begreift und zu verstehen sucht. Die Vielfalt der forschungsmethodischen Zugänge im deutschsprachigen Raum, der – nicht immer explizit gemachten – theoretischen Paradigmen, vorgenommenen Operationalisierungen und verwendeten Instrumentarien verweist darauf, dass diese noch eher den Charakter von „Suchbewegungen“ haben. Dies erscheint angesichts der © 2016 Hogrefe Verlag

Komplexität des Gegenstandes nicht unbedingt als nachteilig: Fragen nach dem Wechselverhältnis zwischen den Interaktionsbeiträgen der beteiligten Akteure, nach Zusammenhängen zwischen dem Interaktionsgeschehen und strukturellen Merkmalen des Kontextes, in dem es sich entfaltet, individuellen Merkmalen von Fachkräften und Kindern, deren Beziehungsqualität und schließlich nach Wirkungen auf die kindliche Entwicklung sind sicherlich nicht über einen einzigen methodologischen Zugang zufriedenstellend zu beantworten. In der nun vorliegenden Ausgabe zur pädagogischen Interaktions- und Beziehungsgestaltung haben wir uns zu einer Konzentration auf Forschungsbeiträge, die dem Paradigma quantitativer Sozialforschung zuzuordnen sind und somit ein deduktives Erkenntnisinteresse verfolgen, entschlossen. Damit sollen die Erträge ethnographischer, phänomenologischer oder dokumentarischer Analysen keinesfalls abgemindert werden. Vielmehr wollten wir durch diese bewusst herbeigeführte Komplexitätsreduktion die Möglichkeit eröffnen, die verwendeten Studiendesigns und Erhebungsinstrumente einander gegenüber zu stellen, vergleichend zu betrachten und auf ihre Stärken und Potenziale ebenso wie auf ihre Einschränkungen hin kritisch zu hinterfragen. Sonja Perren, Doris Frei und Sandra Herrmann berichten über erste Befunde im deutschsprachigen Raum mit dem Beobachtungsverfahren CLASS-Toddler, welches im angloamerikanischen Sprachraum von La Paro, Hamre und Pianta (2012) entwickelt wurde und Bestandteil des auf die Arbeiten von Robert Pianta et al. zurück gehenden, ursprünglich für den schulischen Kontext konzipierten Classroom Assessment Scoring Systems™ ist. Mit dem standardisierten Beobachtungsverfahren werden sozio-emotionale, verhaltenssteuernde und lernprozessunterstützende Merkmalsausprägungen in Interaktionen zwischen pädagogischen Fachkräften und Kleinkindern erfasst. Die Autorinnen prüfen die Adaptivität des Instruments mit Bezug auf Praktikabilität und Gütekriterien. Mit der Studie wird ein wichtiger Beitrag zur Diskussion geleistet, wie Interaktionsund Beziehungsgestaltung insbesondere in Gruppen mit Kindern in den ersten Lebensjahren standardisiert zu erfassen sind. Er eröffnet damit auch eine weitere Analyseebene für international vergleichende Forschung. Frühe Bildung (2016), 5 (1), 1–2 DOI 10.1026/2191-9186/a000239


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Der zweite Beitrag von Anja Sommer und Jutta Sechtig nutzt ebenfalls ein aus dem anglo-amerikanischen Kontext stammendes Instrument, die Caregiver-InteractionScale (CIS, Arnett, 1989). Diese Ratingskala wurde in den 1980er Jahren zur Erfassung der sozio-emotionalen Beziehungs- und Interaktionsqualität entwickelt und seither in unterschiedlichen Studien auch im deutschsprachigen Raum eingesetzt. Mit der Studie wird auf einen bisher kaum beleuchteten Aspekt institutioneller Arrangements in der Frühpädagogik fokussiert, nämlich auf die Qualität sozio-emotionaler Beziehungen und Interaktionen zwischen pädagogischen Fachkräften und Kindern in Kindertageseinrichtungen mit erweiterter Altersmischung. Angesichts des massiven Ausbaus der Kindertagesbetreuung für Kinder im zweiten und dritten Lebensjahr bzw. der Organisation der Erziehung, Bildung und Betreuung dieser Kinder in erweiterten Altersgruppen, kommt den Befunden von Sommer und Sechtig hohe Bedeutung zu. Im letzten Beitrag wird anhand von videografierten Freispielsituationen das Verhältnis zwischen Merkmalen der Beziehungsgestaltung und dem Auftreten von Interventionen zur Unterstützung kindlicher Lernprozesse untersucht. Heike Wadepohl und Katja Mackowiak kombinieren für die Erfassung ein Set unterschiedlicher, vorrangig im Kontext der Studie entwickelter und erstmalig eingesetzter Instrumente zur Erfassung der Beziehungs- und Interaktionsqualität. Dabei wurde die Qualität der Beziehungsgestaltung über globale Ratingverfahren, die Lernprozessunterstützung über ein Time-Sampling-Verfahren erfasst. Im Rahmen der derzeitigen Professionalisierungsdiskussion liefert die Studie wichtige Impulse für die Auseinandersetzung mit der konkreten Gestaltung von Erziehungs- und Bildungsprozessen im Elementarbereich. Die Kindertagesbetreuung hat sich in den letzten Jahrzehnten zu einem zentralen gesellschaftlichen Teilsystem

Frühe Bildung (2016), 5 (1), 1–2

Editorial

entwickelt. Kinder verbringen heute sehr früh einen beträchtlichen Zeitanteil in Kindertageseinrichtungen. Diese Entwicklungen verlangen nach einem verantwortungsvollen qualitativen Ausbau der Einrichtungen. Eine hohe pädagogische Qualität ermöglicht Kindern gute Entwicklungsbedingungen, und Forschung zur Beziehungs- und Interaktionsqualität leistet einen wesentlichen Beitrag zum Verständnis der zentralen Wirkfaktoren und Zusammenhangsmuster. Bildungsforschung in diesem Bereich zu entwickeln und damit eine kontinuierliche Beobachtung und Reflexion institutioneller Erziehung, Bildung und Betreuung zu ermöglichen, zählt zu den zentralen Herausforderungen der Zukunft.

Literatur Arnett, J. (1989). Caregivers in day-care centers: Does training matter? Journal of Applied Developmental Psychology, 10, 541 – 552. La Paro, K. M., Hamre, B. K., & Pianta, R. C. (2012). Classroom Assessment Scoring System (Class Manual, Toddler). Baltimore: Paul H. Brookes Publishing. Mashburn, A. J., Pianta, R. C., Hamre, B. K., Downer, J. T., Barbarin, O., Bryant, D. et al. (2008). Measures of Classroom Quality in Prekindergarten and Children's Development of Academic, Language, and Social Skills. Child Development, 79, 732 – 749. NICHD Early Child Care Research Network (2002). Early child care and children's development prior to school entry: Results from the NICHD Study of Early Child Care and Youth Development. American Educational Research Journal, 39, 133 – 164.

Anke König Susanne Viernickel

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Schwerpunktbeitrag

Pädagogische Qualität in frühkindlichen Bildungs- und Betreuungseinrichtungen in der Schweiz Erste Erfahrungen und Befunde mit dem CLASS Toddler Beobachtungsverfahren Sonja Perren, Doris Frei und Sandra Herrmann Zusammenfassung. Die pädagogische Qualität, insbesondere die Fachperson-Kind-Interaktion, in frühkindlichen Bildungs- und Betreuungseinrichtungen hat sich als bedeutsamer Prädiktor für die kindliche sozial-emotionale und kognitive Entwicklung herausgestellt. Die vorliegende Studie hat zum Ziel, über Einsatzmöglichkeiten des erstmalig im deutschsprachigen Raum verwendeten Beobachtungsinstrumentes CLASS Toddler und von ersten Befunden zu berichten. Das Beobachtungsverfahren CLASS Toddler wurde in 35 Bildungs- und Betreuungsinstitutionen in der Schweiz einmalig eingesetzt (13 Kitagruppen, 16 Spielgruppen und 6 Tagesfamilien). Die Ergebnisse zeigen, dass das CLASS Toddler in verschiedenartigen Einrichtungen mit altersgemischten Gruppen angewendet werden kann. Die Auswertungen zeigen moderate bis gute Werte für die Gütekriterien (Inter-Rater-Reliabilität und faktorielle Validität). Unsere Beobachtungsstudie zeigt zudem, dass die beobachteten Fachpersonen höhere Werte im Bereich emotionale und verhaltensbezogene Unterstützung als im Bereich aktive Lernunterstützung zeigen. Die beobachteten Gruppen/Familien weisen eine große Variabilität bezüglich der beobachteten Qualität auf, es zeigten sich aber keine systematischen Unterschiede zwischen den Institutionsformen (Spielgruppen, Kindertagesstätten, Tagesfamilien). Das Beobachtungsverfahren eignet sich, um die Fachpersonen-Kind-Interaktion in verschiedenen Settings auf standardisierte Art zu erfassen. Schlüsselwörter: Fachpersonen-Kind Interaktion, emotionale Unterstützung, Lernunterstützung, Kindertagesstätten, Spielgruppen, Tagesfamilien

Educational Quality in Early Education and Care Settings in Switzerland: First Experiences and Findings in Using the CLASS Toddler Observation Tool Abstract. Educational quality and particularly caregiver-child interactions in early education and care institutions has proven to be a significant predictor for children's social-emotional and cognitive development. The objective of this study was to examine the possible applications of the CLASS Toddler observation tool in a German-speaking context and to report the first results. The current study applied the observational procedure CLASS Toddler in 35 early education and care institutions (13 day-care center groups, 16 educational playgroups, and six day-care families) for the first time in Switzerland. Results show that CLASS Toddler can be applied in diverse facilities with age-mixed groups. Analyses varied from moderate to good psychometric qualities (inter-rater reliability and factorial validity). Our observational study additionally revealed that the observed childcare workers and educators achieved higher scores in the field of emotional and behavioral support than in engaged support for learning. The observed groups/families varied strongly in terms of the observed quality; however, no systematic differences between care or educational settings (educational playgroups, day-care centers, day-care families) were found. The observational procedure is suited for the assessment of caregiver-child interactions in different settings in a standardized manner. Keywords: caregiver-child interactions, emotional support, learning support, day-care center, educational playgroups, family day care

In den letzten Jahren ist das Bewusstsein für die Bedeutung der ersten Lebensjahre als Grundlage für eine gesunde Entwicklung und den späteren Bildungs- und Lernerfolg gestiegen. Diese Erkenntnis führt dazu, dass vorschulische Institutionen der familienergänzenden Kinderbetreuung nicht mehr als reine Betreuungsinstitutio-

nen wahrgenommen werden, sondern ihnen auch ein Bildungs- und Erziehungsauftrag zukommt, der auf die ganzheitliche Lern- und Entwicklungsförderung des Kleinkindes ausgerichtet ist. Um diesem Anspruch gerecht zu werden, ist eine hohe pädagogische Qualität in familienergänzenden Institutionen unabdingbar. Eine be-

Danksagung: Die Studie wurde von der Jacobs Foundation finanziell unterstützt. Wir danken den Beobachterinnen für ihren engagierten Einsatz und den beobachteten Fachpersonen für ihre Bereitschaft uns die Türen zu ihrem Alltag zu öffnen.

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Frühe Bildung (2016), 5 (1), 3–12 DOI 10.1026/2191-9186/a000242


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sondere Bedeutung kommt dabei der Fachkraft-Kind-Interaktion zu. Verschiedene Studien konnten zeigen, dass sich ein einfühlsamer, ermutigender Umgang, welcher die individuellen Bedürfnisse der Kinder aufnimmt, sich positiv auf die Entwicklung auswirkt und es zudem deutliche Zusammenhänge zwischen dem Ausmaß an Interaktionen zwischen Kind und Fachkraft und der Entwicklung des Kindes gibt (Mashburn et al., 2008; NICHD, 2006; Sylva et al., 2011). Ein Beobachtungsverfahren, welches den Fokus auf die Interaktionsqualität legt und neben der emotionalen und verhaltensbezogenen Unterstützung der Fachpersonen auch die aktive Anleitung bzw. Unterstützung von kindlichen Lern- und Bildungsprozessen erfasst, ist das CLASS (Classroom Assessment Scoring System) – ein Instrument, welches in den USA für verschiedene Altersklassen entwickelt wurde. Die vorliegende Studie berichtet über die Anwendbarkeit und über erste Befunde zum Beobachtungsverfahrens CLASS Toddler (La Paro, Hamre, & Pianta, 2012) in verschiedenen FBBE-Institutionen (Kindertagesstätten, Tagesfamilien und Spielgruppen) in der deutschsprachigen Schweiz.

Messung von Prozessqualität mit dem CLASS-Instrument Um den pädagogischen Qualitätsbegriff zu konkretisieren und operationalisierbar zu machen, kann zwischen Strukturqualität (materielle und personelle Ressourcen), Orientierungsqualität (Werte, Überzeugungen und Einstellungen der Fachpersonen) und Prozessqualität (konkreter Umgang mit den Kindern) unterschieden werden (Roux & Tietze, 2007). Verschiedene Qualitätsmessinstrumente wurden entwickelt, um die pädagogische Qualität in FBBE-Institutionen zu messen (Halle, Whittaker, & Anderson, 2010). Viele dieser Verfahren fokussieren auf globale Prozessqualität und beinhalten neben interaktionellen Faktoren auch eine Vielzahl von strukturellen Qualitätsmerkmalen. Im deutschsprachigen Raum sind insbesondere KRIPS(-R) und KES(-R) bzw. dessen adaptierte und erweiterte Versionen verbreitet (Tietze, Schuster, Grenner & Roßbach, 2005; Tietze, Bolz, Grenner, Schlecht, & Wellner, 2005), welche auf die englischsprachigen Beobachtungsverfahren ECERS(-R) und ITERS(-R) zurückzuführen sind (Harms, Clifford, & Cryer, 1998; Harms, Cryer, & Clifford, 2003). Andere Verfahren fokussieren stärker auf die Sensitivität der Fachpersonen mit den Kindern (CIS, Arnett, 1989). Daneben gibt es eine Familie von sechs CLASS-Beobachtungsverfahren (Infant, Toddler, Pre-K, K-3, Upper Elementary, Secondary), welche ursprünglich für Qualitätsmessungen in schulischen Settings entwickelt wurden und auf die FachpersonenKind Interaktionen fokussieren; CLASS steht für „ClassFrühe Bildung (2016), 5 (1), 3–12

S. Perren et al., CLASS Toddler: Erste Erfahrungen und Befunde

room assessment scoring system“ (www.teachstone.com). In Ergänzung zu den eher sensitivitätsorientierten Beobachtungsverfahren wie CIS, wird hier explizit die Anleitung bzw. Unterstützung von Lern- und Bildungsprozessen als eine oder mehrere zusätzliche Beobachtungsdimensionen (je nach Altersstufe) berücksichtigt. Damit stützt sich CLASS auf empirische Befunde, die zeigen, dass responsive Fachpersonen-Kind Interaktion sowie die ganzheitliche Lern- und Entwicklungsförderung junger Kinder für deren Entwicklung und Wohlergehen bedeutsam sind (Mashburn et al., 2008). Für jüngere Kinder (3 – 5 -Jährige) wird schon seit vielen Jahren CLASS Pre-K eingesetzt (Pianta, Paro, & Hamre, 2007). Daneben gibt es die CLASS Toddler Version, welche für 18–36 Monate alte Kinder entwickelt wurde (La Paro et al., 2012). Ganz neu auf dem Markt ist eine CLASS Infants Version (Hamre, La Paro, & Pianta, 2014). Hierzu werden erst seit kurzem Schulungen angeboten. Aufbau von CLASS Toddler. Alle CLASS-Skalen sind nach dem gleichen Prinzip aufgebaut. Verschiedene Indikatoren werden zu Dimensionen zusammengefasst und diese wiederum übergeordneten Bereichen zugeordnet. Wie die Bereiche inhaltlich ausgestaltet sind, hängt von den jeweiligen Altersgruppen und deren Entwicklungsaufgaben ab (siehe Abbildung 1). CLASS Toddler umfasst zwei Bereiche (emotionale und verhaltensbezogene Unterstützung sowie aktive Lernunterstützung) mit insgesamt acht Dimensionen (siehe Tabelle 1). Die Dimensionen beschreiben, wie Fachpersonen auf eine der Entwicklung des Kindes angepasste Art und Weise mit den Kindern interagieren (La Paro et al., 2012). Bei der Erhebung schaut die beobachtende Person während einer Dauer von 15 – 20 Minuten dem Alltagsgeschehen in einer Kindergruppe zu und macht sich Notizen zu den verschiedenen Dimensionen. Während weiteren rund 10 Minuten wertet sie das Beobachtete aus, indem sie für jede Dimension einen Wert von 1 bis 7 (1 = niedrige Ausprägung; 7 = hohe Ausprägung) vergibt und damit beurteilt, inwiefern die entwicklungsgerechten Vorgaben des CLASS Toddler erreicht wurden. Für jede Dimension gibt es im CLASS-Manual eine Beschreibung mit praxisnahen Beispielen von Situationen und Indikatoren, welche einer niedrigen (1, 2), mittleren (3, 4, 5) oder hohen (6, 7) Qualität entsprechen. Beispielsweise wird eine 1 vergeben, wenn die Beobachtungen der Betreuungspersonen/Gruppe sehr gut mit der Beschreibung von niedriger Qualität übereinstimmen und (fast) alle Indikatoren für eine niedrige Qualität beobachtbar waren. Insgesamt werden vier solcher Beobachtungszyklen durchgeführt, so dass die Beobachterin/der Beobachter rund 2 Stunden vor Ort ist. Anschließend werden die Durchschnittswerte über die 4 Beobachtungszyklen hinweg für jede Dimension ausgerechnet. © 2016 Hogrefe Verlag


S. Perren et al., CLASS Toddler: Erste Erfahrungen und Befunde

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Across age levels, effective interactions are organized into CLASS domains and dimensions.

Teacher Sensitivity Regard for Child Perspectives Behavior Guidance

Facilitated Exploration

Early Language Support

Facilitation of Learning and Development Quality of Feedback Language Modeling

Emotional Support

Negative Climate

Classroom Organization

Positive Climate

Pre-K

Instructional Support

Teacher Sensitivity

Engaged Support for Learning

Responsive Caregiving

Relational Climate

Toddler Emotional and Behavioral Support

Infant

Positive Climate Negative Climate Teacher Sensitivity Regard for Student Perspectives

Behavior Management Productivity Instructional Learning Formats

Concept Development Quality of Feedback Language Modeling

Abbildung 1. Vergleich der Dimensionen und Bereiche von verschiedenen CLASS-Versionen (Quelle: www.teachstone.com). Tabelle 1. Beschreibung der CLASS-Ratings

Aktive Lernunterstützung

emotionale und verhaltensbezogene Unterstützung

Bereiche

Dimensionen

Indikatoren

Beschreibung

Positives Klima

• Beziehungen • Positive Emotionsäusserungen • Respekt

Einschätzung der allgemeinen Stimmung zwischen Fachperson und Kindern sowie der Kinder untereinander

Negatives Klima

• • • •

Einschätzung der negativen Emotionsausdrücke wie Wut, Reizbarkeit, Schreien oder Drohungen. Auch länger anhaltende oder heftige Konflikte unter Kindern fliessen in die Beurteilung dieser Dimension mit ein.

Sensibilität der Fachperson

• Aufmerksamkeit • Responsivität • Kindliches Wohlfühlen

Einschätzung, ob die Fachperson die Signale und Bedürfnisse aller Kinder wahrnimmt und passend darauf reagiert.

Berücksichtigung der kindlichen Perspektive

• Kindfokussierung • Flexibilität • Unterstützung der Selbstständigkeit

Einschätzung, ob die Fachperson die Interessen und Bedürfnisse der Kinder aufnimmt und die Aktivitäten entsprechend anpasst. Zum anderen wird beobachtet, ob die Kinder in ihrer Selbstständigkeit unterstützt werden.

Führung des kindlichen Verhaltens

• Vorbeugen • Positives Verhalten unterstützen • Problematisches Verhalten

Einschätzung wie die Kinder in der Regulierung ihres Verhaltens unterstützt werden. Zudem wird beurteilt, ob es für die Kinder viele Wartezeiten gibt oder ob sie Schwierigkeiten haben, sich in ein Spiel zu vertiefen und/oder länger ziellos umherwandern.

Förderung von Lernen und Entwicklung

• Aktive Förderung • Erweiterung des Denkens • Aktives Engagement der Kinder

Einschätzung der Lernunterstützung, welche die Kinder während der Beobachtungszeit erfahren. Das Engagement der Kinder wird ebenfalls berücksichtigt und es wird beobachtet, ob sie aktiv an Aktivitäten und Routinen teilnehmen.

Qualität des Feedbacks

• Scaffolding • Informationen bereitstellen • Ermutigen und Bestärken

Einschätzung der Qualität des Feedbacks, welches ein Kind auf seine Aktivitäten oder Aussagen erhält.

Sprachgebrauch

• • • •

Einschätzung, ob längere, wechselseitige Austausche stattfinden und die Kinder zum Sprechen angeregt werden. Zudem wird auf einen altersadäquaten Sprachgebrauch geachtet.

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Negative Emotionsäusserungen Bestrafende Kontrolle Negativität der Erzieherin Negativität der Kinder

Unterstützung des Sprachgebrauchs Wiederholung und Erweiterung Selbst- und Parallelgespräche Vielfältige Sprache

Frühe Bildung (2016), 5 (1), 3–12


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S. Perren et al., CLASS Toddler: Erste Erfahrungen und Befunde

Bisherige Forschungsergebnisse mit CLASS Toddler

efe Qualität

hohe Qualität

niedriger aus. Am niedrigsten wurde der Sprachgebrauch bewertet (Score: 1.91) (Thomason & La Paro, 2009). Eine neuere Studie setzte CLASS Toddler zusammen Während CLASS pre-K bereits weit verbreitet und in vermit der ITERS-R in 96 Kitas in North Carolina ein (La Paro, schiedenen Ländern validiert worden ist (Mashburn et al., Williamson, & Hatfield, 2014). Auch hier zeigen sich signi2008; Pakarinen et al., 2010; Suchodoletz, Fäsche, Gunfikante Zusammenhänge zwischen den Instrumenten, inszenhauser, & Hamre, 2014), gibt es bisher erst wenige pubesondere zwischen den interaktionsbezogenen Massen blizierte Studien, die CLASS Toddler eingesetzt haben. des ITERS-R und den CLASS Dimensionen. Die durchEine davon ist die Studie von Thomason und La Paro schnittlich beobachtete Qualität erwies sich auch hier als (2009), welche erste Informationen zur Validierung von mäßig. In Bezug auf die emotionale und verhaltensbezogeCLASS Toddler in den USA liefert. Allerdings ist hier anzune Unterstützung erreichten zwar 99 % aller Kitas eine merken, dass der Bereich der aktiven Lernunterstützung mittlere oder gar eine hohe Qualität. Hingegen erreichten in der Vorversion des CLASS Toddler nur aus der Dimensibei der aktiven Lernunterstützung die meisten Kitas (60 %) on Sprachgebrauch bestand. Die Konstruktvalidität wurde nur eine niedrige Qualität. Es zeigte sich, dass Kinder, weldurch die Zusammenhänge mit anderen etablierten Quache eine Kita besuchten, in der sie eine hohe emotionale litätsmessinstrumenten belegt. Dabei zeigten sich erwarund verhaltensbezogene Unterstützung sowie eine höhere tungskonforme Zusammenhänge zwischen der Interaktiaktive Lernunterstützung erhielten, geringere – von den Eronsqualität mit dem Ausbildungsgrad der Fachperson, der zieher/innen berichtete – Verhaltensprobleme zeigten. Bisher gibt es noch keine Studie, die CLASS Toddler im Gruppengröße und dem Erzieher-Kind-Schlüssel. Die Ineuropäischen Raum einsetzte. In der vorliegenden Beobterrater-Reliabilität war hoch und es zeigte sich auch eine achtungsstudie kam die CLASS Toddler Version zum ersten hohe interne Konsistenz zwischen den vier Dimensionen Mal im deutschsprachigen Raum zum Einsatz. Für die Beder emotionalen Unterstützung (positives Klima, negatiobachterschulung wurde die englischsprachige CLASS ves Klima, Sensibilität der Fachperson, Berücksichtigung Toddler Version genutzt. Die Entscheidung fiel aus verder kindlichen Perspektive). Die Qualität der beobachteschiedenen Gründen auf dieses Beobachtungsinstrument. ten Kitagruppen in dieser Pilotstudie mit CLASS Toddler Zum einen entspricht das Bildungs- und Lernverständnis erwies sich insgesamt als mäßig bis niedrig. Während die welches hinter den CLASS-Instrumenten steht, jenem des Werte für die emotionale Unterstützung im Durchschnitt Orientierungsrahmens für frühkindliche Bildung, Betreuin der Mitte lagen (Score: 4.68), fiel der Mittelwert für die ung und Erziehung in der Schweiz (Wustmann Seiler & verhaltensbezogene Unterstützung um fast einen Punkt Simoni, 2012). Im Zentrum steht sowohl bei CLASS Toddler als auch beim Orientierungsrahmen die individuelle Durchschni liche Werte der CLASS-Skalen (N = ϥϧ) Unterstützung des Kindes durch das Bereitstellen einer anregenden LernKita Tagesfamilie Spielgruppe umgebung, in der sich das Kind wohl7.00 fühlt. Zum anderen ist ein großer Teil 6.00 der Kinder, welche die vorschulischen Institutionen in der Schweiz besuchen, 5.00 im Alter zwischen 18 und 36 Monaten 4.00 oder jünger und wird in altersgemischten Gruppen betreut (mit Ausnahme 3.00 der Spielgruppen, in denen die Kinder 2.00 zwischen 3 – 4 Jahren alt sind).

Frühe Bildung (2016), 5 (1), 3–12

s

Forschungsfragen

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Abbildung 2. Mittelwertunterschiede zwischen den Settings.

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1.00

Die vorliegende Studie zielt darauf ab, die Anwendbarkeit von CLASS Toddler in verschiedenen vorschulischen Institutionen, d. h. Kitas, Tagesfamilien und Spielgruppen zu erproben und erste Forschungsfragen zu beantworten. In © 2016 Hogrefe Verlag


S. Perren et al., CLASS Toddler: Erste Erfahrungen und Befunde

Kindertagesstätten und Tagesfamilien werden die Kinder ganztägig oder halbtags betreut. Hingegen sind Spielgruppen nicht in erster Linie als Entlastung für erwerbstätige Eltern gedacht, sondern dienen der Erweiterung der Begegnungs- und Erfahrungswelt der Kinder. Kinder zwischen drei und vier Jahren können wöchentlich ein bis drei Mal für zwei bis vier Stunden eine Spielgruppe besuchen. Erstens sollten Gütekriterien des Beobachtungsverfahrens bestimmt werden (Inter-Rater-Reliabilität, faktorielle Validität). Zweitens wurde untersucht, ob sich die Dimensionen emotionale und verhaltensbezogene Unterstützung sowie aktive Lernunterstützung systematisch unterscheiden. In Übereinstimmung mit amerikanischen Studien (La Paro et al., 2014; Thomason & La Paro, 2009) wurde die Hypothese aufgestellt, dass Fachpersonen höhere Kompetenzen im Bereich emotionale und verhaltensbezogene Unterstützung aufweisen als im Bereich aktive Lernunterstützung. Drittens wurde untersucht, ob es systematische Unterschiede bezüglich der beobachteten Qualität in den verschiedenen Settings gibt (Kitas, Tagesfamilie, Spielgruppen). Auf Grundlage bisheriger empirischer Erkenntnisse (Bigras et al., 2010; Dowsett, Huston, Imes, & Gennetian, 2008; Perren, Herrmann, Frei, Körner, & Sticca, 2015) nehmen wir an, dass Fachpersonen in Kindertagesstätten eine höhere pädagogische Qualität zeigen als Betreuende in Tagesfamilien, insbesondere im Bereich der aktiven Lernunterstützung.

Methode Vorgehen Als Beobachtungsverfahren wurde CLASS Toddler eingesetzt. Jede Gruppe bzw. Tagesfamilie wurde gemäß den Vorgaben des Manuals an einem Halbtag über vier Zyklen hinweg beobachtet.

Studienteilnehmende Insgesamt nahmen 35 Gruppen bzw. Familien aus 29 verschiedenen Institutionen an der Studie teil. Es wurden 13 Kitagruppen, 16 Spielgruppen und 6 Tagesfamilien beobachtet. Die Institutionen wurden über persönliche Kontakte und Anfragen über Spielgruppen- bzw. Tagesfamilienvereinigungen rekrutiert. Dabei stellte sich insbesondere die Rekrutierung von Tagesfamilien als sehr schwierig heraus, so dass hier nur wenige Beobachtungen durchgeführt werden konnten. © 2016 Hogrefe Verlag

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In den Kitagruppen waren jeweils zwischen einer und vier Fachpersonen vor Ort (durchschnittliche Gruppengröße: 12 Kinder), während bei den Spielgruppen ein bis zwei Fachkräfte (Gruppengröße: 10 Kinder) die Kindergruppe leiteten und bei den Tagesfamilie jeweils eine Betreuungsperson anwesend war (Gruppengröße: 4 Kinder). Insgesamt wurden 61 Fachpersonen beobachtet (6 davon männlich, Alter: M = 36.2, SD = 12.8). 72 % der Fachpersonen sind Schweizer/innen, 79 % haben Deutsch als Muttersprache. Die Fachpersonen arbeiten durchschnittlich seit 11 Jahren beruflich mit Kindern (SD = 9.2). In den Kindertagesstätten verfügten 14 % der beobachteten Fachpersonen über einen Abschluss einer Universität, Fachhochschule oder höheren Fachschule (Spielgruppen: 25 %, Tagesfamilien: 0 %). 37 % der beobachteten Fachpersonen in den Kindertagesstätten verfügten über eine abgeschlossene Berufslehre (Spielgruppe: 70 %, Tagesfamilien: 83 %). 31 % der Fachpersonen in den Kitas befanden sich noch in Ausbildung oder hatte keine abgeschlossene Ausbildung (Spielgruppen: 0 %, Tagesfamilien: 16.7 %).

Beobachterinnenschulung Um die Objektivität und Reliabilität der Beobachtungen zu gewährleisten, unterzogen sich alle Beobachterinnen einer fundierten Schulung in der Anwendung des Beobachtungsverfahrens durch eine Trainerin von Teachstone, welche zu diesem Zweck eine Vor-Ort Schulung in englischer Sprache durchführte. Die Teilnahme an der Schulung war für alle Beobachterinnen obligatorisch, ebenso wie die Erfüllung der Anforderungen für die Zertifizierung gemäß der schulenden Institution. Für die Zertifizierung müssen Beobachter/innen durch das Kodieren von Videobeispielen in der Online-Bibliothek von Teachstone individuell beweisen, dass sie reliabel bewerten können (80 % Übereinstimmung mit dem Goldstandard). 16 Beobachterinnen wurden für die vorliegende Studie geschult und zertifiziert. Alle haben einen Bachelor- oder Masterabschluss in einem pädagogischen oder psychologischen Feld und weisen Praxiserfahrungen in Institutionen der frühen Kindheit auf. Jede Beobachterin führte mindestens drei Beobachtungen durch, wenn möglich in verschiedenen Settings.

Resultate Interrater-Reliabilität In 16 Gruppen haben zwei Beobachterinnen gleichzeitig beobachtet, um die Objektivität der Beobachtungen zu Frühe Bildung (2016), 5 (1), 3–12


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S. Perren et al., CLASS Toddler: Erste Erfahrungen und Befunde

Tabelle 2. Bivariate Korrelationen zwischen den CLASS toddler Dimensionen Dimensionen Positives Klima

PK

NK

SF

BkP

FkV

FLE

QF

-

Negatives Klima (gedreht)

.35*

-

Sensibilität der Fachperson

.64**

.05

-

Berücksichtigung der kindlichen Perspektive

.65**

.13

.79**

-

Führung des kindlichen Verhaltens

.53**

.21

.72**

.79**

-

Förderung von Lernen und Entwicklung

.47**

.04

.41*

.71**

.66**

-

Qualität des Feedbacks

.45**

.07

.37*

.65**

.53**

.84**

-

Sprachgebrauch

.50**

-.02

.53**

.74**

.65**

.80**

.79**

Anmerkungen: **p < 0.01 (2-seitig); *p < 0.05 (2-seitig).

überprüfen. Die Berechnung der Interrater-Reliabilität für diese doppelten Beobachtungen erfolgte mit IBM SPSS Statistics 21 für jede der acht CLASS Toddler Dimensionen. Tabelle 3 zeigt die Interrater-Reliabilitäten auf der Grundlage der Zyklen. Die ICC-Werte sind moderat bis gut. Bei allen Dimensionen wurden mehr als 80 % der Zyklen übereinstimmend geratet (höchstens ein Skalenwert Unterschied zwischen den Ratern). Aufgrund der gegebenen Interrater-Reliabilität flossen in die nachfolgenden statistischen Analysen die Beobachtungsdaten aller Beobachterinnen ein.

Faktorielle Validität Die faktorielle Valididät der CLASS Toddler Dimensionen wurde mittels konfirmatorischer Faktorenanalysen (CFA) in Mplus 7.11 (Muthén & Muthén, 2012) überprüft. In einem ersten Schritt erfolgte die Überprüfung für jede Dimension einzeln. Es wurde jeweils ein eindimensionales Modell postuliert, wobei die CLASS Toddler Dimension als latente Variable und die Beobachtungsdaten der vier Zyklen als Indikatoren definiert wurden. Die Analysen zeigen, dass – bis auf die Ausnahme von negativem Klima – alle Dimensionen gute bis sehr gute Kennwerte in der CFA erreichten. Sprachgebrauch weist mittelmäßige Kennwerte auf (CFI: 0.902, RMSEA: 0.259). Alle anderen Dimensionen haben einen sehr guten Modellfit (CFI > .970 und RMSE < .145). Für die Berechnung der CFA der Dimension negatives Klima generiert Mplus eine Fehlermeldung, welche auf ein nicht-identifiziertes Modell mangels Varianz in den Variablen hinweist. In den beobachteten Gruppen wurden keine Indikatoren für negatives Klima (negative Emotionsäußerungen oder Konflikte) beobachtet. Für die weiteren Analysen wurde für jede Dimension der Mittelwert aus den vier Zyklen gebildet. Die bivariaten KorFrühe Bildung (2016), 5 (1), 3–12

relationen zwischen den acht Dimensionen sind in Tabelle 2 dargestellt. Die Dimensionen korrelieren (meist signifikant) positiv miteinander. Einzig die Dimension negatives Klima korreliert nicht mit den anderen, was wiederum durch die geringe Varianz der Dimension zu erklären ist. In einem nächsten Schritt wurde die faktorielle Validität für die beiden CLASS Toddler Bereiche emotionale und verhaltensbezogene Unterstützung sowie aktive Lernunterstützung überprüft. Hierfür wurden die beiden Bereiche als latente Variablen definiert. Diese Dimensionsmittelwerte dienten als Indikatoren. Die latente Variable emotionale und verhaltensbezogene Unterstützung wurde somit gebildet aus den Indikatoren positives Klima (b = .679), Sensibilität der Fachperson (b = .811), Berücksichtigung der kindlichen Perspektive (b = .971) und Führung des kindlichen Verhaltens (b = .824). Die Dimension Negatives Klima wurde aus Gründen mangelnder Reliabilität und zu geringer Repräsentativität (die Skala erzeugte kaum Varianz) aus dem Modell ausgeschlossen. Die latente Variable aktive Lernunterstützung wurde gebildet aus den Indikatoren Förderung von Lernen und Entwicklung (b = .916), Qualität des Feedbacks (b=.893) und Sprachgebrauch (b = .887). Das Modell erreicht einen guten Model Fit: CFI = .97, RMSEA = .11, χ2 = 18.23, df = 13, p = .15, SRMR = .06. Die beiden latenten Faktoren weisen eine sehr hohe Korrelation auf, r = .78.

Unterschiede innerhalb der Dimensionen und Bereiche pädagogischer Prozessqualität Für die weiteren Analysen wurde für jede der acht CLASS Toddler Dimensionen der Mittelwert über die vier beobachteten Zyklen berechnet. Werte von 1 – 2 bezeichnen eine niedrige Qualität, 3 – 5 ist eine mittlere Qualität und 6 – 7 ist eine hohe Qualität (die Dimension negatives Klima wird © 2016 Hogrefe Verlag


S. Perren et al., CLASS Toddler: Erste Erfahrungen und Befunde

umgepolt). In Tabelle 3 sind die erreichten Mittelwerte und Standardabweichungen dargestellt. Die durchschnittlichen Dimensionswerte variieren zwischen 2.76 und 6.80 (Abbildung 2). Zur Überprüfung der Frage, ob sich die Bereiche voneinander unterscheiden, wurde ein allgemeines lineares Modell mit Messwiederholung berechnet. Die Analyse zeigt einen signifikanten Unterschied zwischen den beiden Bereichen (F = 315.51; df = 1,34; p < .001; Emotionale Unterstützung: M = 5.44, SD = 0.63; Aktive Lernunterstützung: M = 3.23, SD = 1.00).

Unterschiede zwischen Settings Weiter untersuchten wir, ob sich zwischen den verschiedenen Settings (Kindertagesstätten, Spielgruppen und Tagesfamilien) Unterschiede bezüglich einzelner CLASS Dimensionen feststellen lassen. Hierfür wurden lineare Modelle gerechnet, wobei die CLASS Dimensionen als lineare abhängige Variable und das Setting als kategoriale unabhängige Variable in die Analyse einflossen. Die Dimension negatives Klima wurde von den Analysen ausgeschlossen. Unsere Analysen zeigen keine signifikanten Unterschiede zwischen Kindertagesstätten, Spielgruppen und Tagesfamilien bezogen auf die verschiedenen CLASS Dimensionen (siehe Abbildung 2).

Diskussion In der vorliegenden Studie wurden 35 Kita- bzw. Spielgruppen und Tagesfamilien mit dem CLASS Toddler beobach-

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tet. Die Befunde weisen auf eine gute Anwendbarkeit des Instruments in verschiedenen FBBE-Settings hin. Das Instrument weist gute Gütekriterien auf. Zwischen den Institutionen konnten große Unterschiede bezüglich der Qualität der Fachpersonen-Kind Interaktion beobachtet werden.

Gütekriterien des CLASS Toddler Beobachtungsverfahrens In der vorliegenden Studie wurde CLASS Toddler zum ersten Mal im deutschsprachigen (Schweizer) Kontext eingesetzt. Alle Beobachterinnen durchliefen erfolgreich den von Teachstone geforderten kostenintensiven und aufwändigen Schulungs- und Zertifizierungsprozess, der Objektivität und Reliabilität gewährleisten soll. Unsere Resultate zeigen, dass die Interrater-Reliabilitäten bezüglich aller CLASS Dimensionen sich im ausreichenden bis guten Bereich befinden (Cicchetti, 1994). Vergleichbar mit Thomason und La Paro (2009) wurden auch in unserer Studie mehr als 80 % der Zyklen übereinstimmend geratet (dabei ist ein Skalenpunkt Abweichung erlaubt). Da unsere Beobachterinnen nur drei bis vier Beobachtungen durchgeführt haben, wäre es zu prüfen, ob die InterraterReliabilität bei Personen mit mehr Beobachtungserfahrung höher ausfallen würde. Ebenfalls bestätigt die konfirmatorische Faktorenanalyse die beiden postulierten Bereiche und liefert damit erste Hinweise zur faktoriellen Validität. Die Zwei-Faktoren-Lösung ist ähnlich wie bei La Paro et al. (2014); allerdings konnte in der amerikanischen Studie auch die Dimension negatives Klima miteinbezogen werden, welche bei uns auf Grund der geringen Varianz herausfiel. Es ist jedoch kritisch anzumerken, dass die beiden postulierten Bereiche wie auch alle Di-

Tabelle 3. Mittelwerte, Standardabweichungen der Dimensionen und Inter-Rater-Reliabilität M

SD

ICCa

Positives Klima

5.64

0.81

.68*

Negatives Klima

6.80

0.26

.51*

Sensibilität der Fachperson

5.13

0.85

.50*

82.3 %

Berücksichtigung der kindlichen Perspektive

5.05

0.99

.67*

85.5 %

Führung des kindlichen Verhaltens

4.56

0.87

.54*

85.5 %

Förderung von Lernen und Entwicklung

3.39

1.09

.73*

85.5 %

Qualität des Feedbacks

2.76

1.04

.62*

88.7 %

Sprachgebrauch

3.55

1.07

.52*

80.6 %

Skalen

Prozentanteil übereinstimmender Zyklenb 93.5 % 100 %

Anmerkungen: a ICC = Intra-Class-Correlations (oneway, single measure); N = 62 Zyklen von 16 Gruppen b Anteil Zyklen mit der Differenz von 0 oder 1 Skalenpunkt zwischen den beiden Ratern *p < 0.05.

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Frühe Bildung (2016), 5 (1), 3–12


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mensionen hoch miteinander korrelieren, d. h. die Distinktheit der Dimensionen und der Bereiche ist nicht unbedingt gegeben. Die hohe Korrelation zwischen den beiden Bereichen entspricht auch den Ergebnissen in anderen Studien, welche CLASS Toddler verwendet haben (La Paro et al., 2014; Thomason & La Paro, 2009). Weitere Studien, welche auch die kindliche Entwicklung untersuchen, müssten zeigen, ob die beiden postulierten Bereiche auch differentielle Effekte auf die kindliche Entwicklung haben, so wie diese beispielsweise für CLASS pre-K gefunden wurde (Mashburn et al., 2008).

Anwendbarkeit des CLASS Toddler Verfahrens Es hat sich gezeigt, dass das CLASS Toddler Beobachtungsverfahren auch im Schweizer Kontext in Kindertagesstätten, Spielgruppen und Tagesfamilien einsetzbar ist. Obwohl das CLASS Toddler für 18 – 36 Monate alte Kinder entwickelt wurde, eignet es sich auch für ältere Kinder und in altersgemischten Kontexten. Insbesondere in den Spielgruppen sind vor allem ältere Kinder vertreten (zwischen 3 und 4 Jahren). Trotzdem schien auch für diese Institutionsform das CLASS Toddler ein geeignetes Instrument, da die instruktive Lernunterstützung, die im CLASS pre-K stärker zum Tragen kommt, in den Schweizer Spielgruppen nicht im Vordergrund steht. Das Bildungsverständnis entspricht jenem, welches auch in Kitas und Tagesfamilien vorherrscht. Für die CLASS Toddler Version spricht insbesondere das Lern- und Bildungsverständnis, welches dem Beobachtungsinstrument zugrunde liegt. Die Messung passt gut mit der aktuell in der Schweiz vertretenen Grundhaltung zur frühkindlichen Lernbegleitung zusammen, welche im Orientierungsrahmen für Bildung, Betreuung und Erziehung in der Schweiz (Wustmann Seiler & Simoni, 2012) und dem Qualitätslabel für Kitas zum Ausdruck kommt (www.qualikita.ch). Die Grenzen des Instruments liegen in seiner Beschränkung auf die Fachpersonen-Kind Interaktion. Im Gegensatz zu anderen Qualitätsmessinstrumenten KRIPS(-R) und KES(-R); Tietze, Bolz et al., 2005; Tietze, Schuster et al., 2005) werden hier keine Angaben zur Strukturqualität (z. B. Räume, Ausstattung) oder nicht-beobachtbaren Aspekten der Prozessqualität (z. B. Zusammenarbeit mit Familien) erfasst. Auch wenn generell die Anwendbarkeit gegeben war, wurden auch Grenzen ersichtlich. Beispielsweise hat sich gezeigt, dass bei Aktivitäten außerhalb des Gruppenraums bzw. Gebäudes (wie Ausflüge oder Besuch öffentlicher Spielplätze) durch die große Bewegungsfreiheit der Kinder das Beobachten erschwert wird. Auch ist es für die Beobachterinnen eine Herausforderung, wenn sich die zu Frühe Bildung (2016), 5 (1), 3–12

S. Perren et al., CLASS Toddler: Erste Erfahrungen und Befunde

beobachtende Gruppe in mehrere Untergruppen aufteilt (was in den Kitas häufig vorkommt, weil normalerweise mehrere Fachpersonen vor Ort sind), oder wenn mehrere Fachpersonen präsent sind und diese unterschiedliches Verhalten im Umgang mit den Kindern zeigen. Dies limitiert teilweise die Aussagekraft der Beobachtungen für diese bestimmten Beobachtungszyklen. Um in diesen Fällen eine hohe Objektivität und Validität der Beobachtungen zu erreichen, braucht es genaue Vorabsprachen für die Beobachtungen bei speziellen Situationen.

Pädagogische Qualität in den verschiedenen Institutionen Unsere deskriptiven Resultate zeigen, dass es den Fachpersonen sehr gut gelingt, ein positives Klima in den Kindergruppen herzustellen. Die Werte auf der Dimension (kein) negatives Klima heben sich deutlich von den Werten auf den anderen Dimensionen ab: In keiner Gruppe wurde ein negatives Klima beobachtet. In den Gruppen bzw. Familien wurde zudem eine große Sensibilität der Fachpersonen beobachtet. Weiter zeigt sich, dass die Fachpersonen im Allgemeinen mehr Wert auf die Berücksichtigung der kindlichen Perspektive legen, als auf die Führung des kindlichen Verhaltens. Den Kindern situationsspezifisches Feedback zu geben, welches weiterführende Informationen enthält, scheint hingegen schwieriger zu sein – hier zeigen sich die niedrigsten Werte. Ebenso wurden im Betreuungsalltag weniger Gelegenheiten beobachtet, in denen die Kinder aktiv an eine Lernmöglichkeit herangeführt oder das kindliche Verständnis über Zusammenhänge sowie das Wissen der Kinder aktiv erweitert wurde. Die statistischen Analysen zeigen, dass die beobachteten Fachpersonen deutlich höhere Werte im Bereich „Emotionale und verhaltensbezogene Unterstützung“ als im Bereich „Aktive Lernunterstützung“ aufweisen. Der beobachtete Unterschied zwischen den Bereichen Unterstützung und Lernaktivierung entspricht auch den Erfahrungen in den USA, wo das Instrument entwickelt wurde (Thomason & La Paro, 2009). In der Studie von La Paro et al. (2014) zeigte sich beispielweise dass 60 % der beobachteten Gruppen im niedrigen und 40 % im moderaten Bereich der Lernunterstützung befinden. Auch bei unserer Studie erreicht nur eine beobachtete Institution (eine Spielgruppe) einen hohen Wert im Bereich der Lernaktivierung. Die eher niedrigen Werte im Bereich der aktiven Lernunterstützung untermauern die aktuellen vielseitigen Bemühungen, die Bildungsorientierung in frühkindlichen Betreuungs- und Bildungsinstitutionen stärker zu verankern: Viele Fachpersonen stehen vor der Herausforderung, wie sie Bildungsprozesse aktiv anregen und Kinder im Alltag in ihrem Spracherwerb unterstützen können (Sticca, © 2016 Hogrefe Verlag


S. Perren et al., CLASS Toddler: Erste Erfahrungen und Befunde

Saiger, & Perren, 2013). So könnten unsere Erkenntnisse bzw. das CLASS-Instrument auch für die Qualitätsentwicklung in den frühkindlichen Bildungs- und Betreuungsinstitutionen verwendet werden. Beispielsweise wäre es möglich, Inhalte des CLASS-Instruments auch für Weiterbildungen zu nutzen. Hamre und Mitarbeitende zeigen die Effektivität einer Weiterbildung, die auf CLASS pre-K beruht, hinsichtlich der Zunahme der aktiven Lernunterstützung auf (Hamre et al., 2012). Die individuellen Feedbacks zu den Beobachtungen können im Kontext eines Coachingprozesses genutzt werden (Landry et al., 2014). Die deskriptiven Daten unserer Studie zeigen, dass es eine große Variabilität bezüglich der beobachteten Qualität bei den beobachteten Gruppen/Familien gibt. Entgegen unseren Erwartungen fanden sich aber keine systematischen Unterschiede zwischen den Institutionsformen (Spielgruppen, Kindertagesstätten, Tagesfamilien). In allen drei Formen ließen sich Institutionen, Gruppen bzw. Familien finden, welche eine gute bis sehr gute Qualität in verschiedenen Bereichen aufweisen, aber auch solche, die gemäß unseren Standards eher im unteren oder mittleren Bereich der Qualität liegen. Es konnte also keine Institutionsform identifiziert werden, in der ein Kind grundsätzlich liebevoller und kindgerechter betreut wird oder in den Lernprozessen besser gefördert wird. Dieser Befund entspricht auch den Resultaten der NUBBEKStudie, in welcher die beobachteten Kitas und Tagesfamilien ähnliche Verteilungen der Prozessqualität zeigten. Allerdings waren in der NUBBEK-Studie durch die Verwendung unterschiedlicher Messinstrumente für die Settings keine statistischen Vergleiche möglich (Tietze et al., 2013). Weitere Studien sollten prüfen, mit welchen Rahmenbedingungen bzw. Struktur- oder Orientierungsqualitätsmerkmalen die beobachteten Unterschiede zu erklären sind.

Stärken und Grenzen der vorliegenden Studie In der vorliegenden Studie wurde das CLASS Toddler Verfahren erstmalig im deutschsprachigen Raum angewendet. Die Beobachterinnenschulung und die statistische Überprüfung der Gütekriterien weisen auf eine gute methodische Qualität des Erhebungsverfahrens hin. Wir konnten für die Studie eine heterogene Stichprobe rekrutieren, in welcher sehr unterschiedliche Qualitäten der Fachpersonen-Kind Interaktionen gezeigt wurden. Allerdings ist diese Stichprobe nicht repräsentativ. Durch die geringe Stichprobe war auch die Teststärke für die Mittelwertsvergleiche limitiert – insbesondere hatten wir eine sehr kleine Substichprobe von Tagesfamilien, was die Generalisierbarkeit der Studie einschränkt. © 2016 Hogrefe Verlag

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Schlussfolgerung Abschließend lässt sich festgehalten, dass mit der vorliegenden Studie wichtige erste Erkenntnisse in Bezug auf den Einsatz des CLASS Toddler im Deutschschweizer Kontext sowie die Interaktionsqualität in den drei untersuchten Institutionsformen gewonnen werden konnten. Weitere Studien müssen folgen, welche die Bedeutung untersuchen, die beobachtete pädagogische Qualität für die Entwicklung kindlicher Kompetenzen und Wohlbefinden hat.

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Sonja Perren Lehrstuhl Entwicklung und Bildung in der frühen Kindheit Fachgruppe Empirische Bildungsforschung Universität Konstanz und Pädagogische Hochschule Thurgau Bärenstrasse 38 8280 Kreuzlingen Schweiz sonja.perren@uni-konstanz.de

Doris Frei Marie Meierhofer-Institut für das Kind Pfingstweidstrasse 16 8005 Zürich Schweiz

Sandra Herrmann Pädagogische Hochschule Thurgau Bärenstrasse 38 8280 Kreuzlingen Schweiz

Arnold Lohaus / Michael Glüer (Hrsg.)

Entwicklungsförderung im Kindesalter Arnold Lohaus · Michael Glüer (Hrsg.)

Entwicklungsförderung im Kindesalter Grundlagen, Diagnostik und Intervention

Grundlagen, Diagnostik und Intervention 2014, 326 Seiten, € 32,95 / CHF 44.90 ISBN 978-3-8017-2543-3 Auch als E-Book erhältlich Das Buch stellt den gegenwärtigen Forschungsstand zur Entwicklungsförderung im Kindesalter dar und stellt Möglichkeiten der Diagnostik und Intervention vor.

Der einleitende Teil führt in die Grundlagen der Entwicklungsförderung ein. Im zweiten Teil wird auf spezifische Funktionsbereiche der kindlichen Entwicklung eingegangen, wie Motorik, Sprache, intellektuelle, soziale und emotionale Fähigkeiten sowie auf spezifische Kompetenzen. Der dritte Teil des Buches befasst sich mit umgebungsspezifischer Förderung in Familie und Kindergarten.

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Frühe Bildung (2016), 5 (1), 3–12

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Schwerpunktbeitrag

Sozio-emotionale Interaktionsqualität vor dem Hintergrund einer erweiterten Altersmischung im Kindergarten Anja Sommer und Jutta Sechtig Zusammenfassung. Die erweiterte Altersmischung durch Aufnahme von unter dreijährigen Kindern in klassische Kindergartengruppen für Drei- bis Sechsjährige ist Praxis in vielen Kindergärten. Dass eine derartige strukturelle Veränderung nicht ohne Folgen für das Interaktionsgeschehen und damit für pädagogische Prozesse im Kindergartenalltag bleibt ist zu vermuten, da Merkmale der Struktur- und Prozessqualität in einem engen Zusammenhang stehen (Anders, 2013). Die vorliegende Studie untersucht deshalb den Zusammenhang der erweiterten Altersmischung mit dem sozio-emotionalen Interaktionsverhalten von pädagogischen Fachkräften, das mit der Caregiver Interaction Scale (Arnett, 1989) in 39 Kindergartengruppen erfasst wurde. Die Erweiterung der Altersmischung zeigt sich dabei als stärkster Prädiktor für eine niedrigere sozio-emotionale Interaktionsqualität. Zudem wurden Merkmale untersucht, die dem negativen Effekt erweiterter Altersmischung entgegenwirken können. Schlüsselwörter: Interaktionsqualität, Altersmischung, Beobachtung, Kindergarten

Socioemotional Quality of Interactions in Light of Extending Age Range of Mixed-Age Groups in Preschools Abstract. Extending the age range in regular mixed-age preschool classes by including children under the age of 3 years is common practice in many preschools. It can be assumed that this structural change has implications for interactions in everyday preschool life and thus for pedagogical processes, since there is a close relation between structural and process features (Anders, 2013). Therefore the present study investigates the relationship between an extended age range and the socioemotional interaction behavior of caregivers, assessed with the Caregiver Interaction Scale (Arnett, 1989) in 39 preschool classes. Results demonstrate extension of the age range to be the strongest predictor for lower socioemotional interaction quality. Furthermore, additional features that may work against the negative effect of an extended age range are investigated. Keywords: quality of interaction, age mix, observation, preschool

Veränderung von Altersstrukturen in Kindergärten Die Bedeutung des Kindergartens wird nicht zuletzt durch bildungspolitische Debatten hervorgehoben. Der damit verbundene Anspruch an eine qualitativ hochwertige frühpädagogische Erziehung, Bildung und Betreuung geht jedoch mit strukturellen Veränderungen einher: Während ein Überangebot von Betreuungsplätzen in klassischen Kindergartengruppen für Kinder von drei bis sechs Jahren besteht (Nied, Niesel, Haug-Schnabel, Wertfein & Bensel, 2011), zeigt sich eine große Differenz zwischen Betreuungsquote und Betreuungsbedarf bei der Altersgruppe der Ein- bis Dreijährigen (Bundesministerium für Familie, Se© 2016 Hogrefe Verlag

nioren, Frauen und Jugend [BMFSFJ], 2015). Dieser Herausforderung wird oftmals mit einer Erweiterung der Altersmischung klassischer Kindergartengruppen in Form der Aufnahme jüngerer Kinder begegnet. 43 % der U3-Betreuung wird durch Umwidmung von Plätzen für Kinder von drei bis sechs Jahren in Plätze für Kinder unter drei Jahren gewährleistet (BMFSFJ, 2015, S. 23). Damit befindet sich derzeit etwa ein Viertel aller Betreuungsplätze für Kinder unter drei Jahren in Gruppen, in denen sie gemeinsam mit Kindern von drei bis sechs Jahren betreut werden (Autorengruppe Bildungsberichterstattung, 2014). Diese Erweiterung der für den Kindergarten in Deutschland klassischen Altersstruktur von drei bis sechs Jahren zu einer Altersmischung von ein bzw. zwei bis sechs Jahren bildet in Anlehnung an Nied et al. (2011) die Grundlage für Frühe Bildung (2016), 5 (1), 13–21 DOI 10.1026/2191-9186/a000240


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den im Folgenden verwendete Terminus der erweiterten Altersmischung (vgl. auch Liegle, 2007; Niesel & Wertfein, 2010). Zu vermuten ist, dass derartige strukturelle Veränderungen nicht ohne Auswirkungen auf die Qualität pädagogischer Interaktionen im Kindergartenalltag bleiben, da Beziehungen zwischen strukturellen Aspekten und der Qualität pädagogischer Prozesse vielfach empirisch nachgewiesen wurden (z. B. Anders, 2013). Ebenso gibt es Hinweise, dass eine erweiterte Altersmischung mit einer niedrigeren pädagogischen Prozessqualität einhergeht (z. B. Tietze et al., 2013). Zwar verweisen einzelne Praxisratgeber auf die Notwendigkeit der Anpassung von Rahmenbedingungen bei der Aufnahme von unter Dreijährigen (Liegle, 2007; Niesel & Wertfein, 2010), jedoch fehlen bislang Untersuchungen, die empirische Hinweise liefern, welche Strukturaspekte bei einer erweiterten Altersmischung in den Blick genommen werden müssen, um weiterhin eine hohe Interaktionsqualität zu gewährleisten. Die vorliegende Studie soll dazu beitragen, diese Lücke zu schließen. Hierzu werden zunächst spezifische Aspekte der Interaktionsqualität als Merkmale der Prozessqualität sowie der Aspekt der erweiterten Altersmischung als Merkmal der Strukturqualität beschrieben, anschließend Daten und Auswertungsmethoden dargelegt und darauffolgend Ergebnisse berichtet und diskutiert.

Zusammenhänge verschiedener Dimensionen pädagogischer Qualität Pädagogische Qualität wird als mehrdimensionales Konstrukt konzeptioniert, das neben Merkmalen der Strukturqualität als zeitlich stabile Rahmenbedingungen (wie z. B. Größe und Zusammensetzung der Gruppen oder Qualifikation der Fachkräfte) auch Merkmale der Prozessqualität als dynamische Aspekte des Kindergartenalltags (wie z. B. Interaktionen zwischen pädagogischer Fachkraft und Kind) umfasst (Roßbach, 2005). Da sich Prozesse immer innerhalb bestimmter Strukturen vollziehen, sind Merkmale der Prozessqualität stets abhängig von Aspekten der Strukturqualität (Anders, 2013; Roßbach, 2005). Für die Untersuchung von Zusammenhängen pädagogischer Prozessqualität mit anderen Maßen hat es sich als sinnvoll erwiesen zwischen kognitiver Anregung, Strukturierung pädagogischer Prozesse und sozio-emotionaler Unterstützung zu unterscheiden (Bäumer, Aßmann, Maurice & Blossfeld, 2013; Hamre, Pianta, Downer, DeCoster & Mashburn, 2013). Im Kontext dieses sogenannten Teaching through Interactions Framework (Hamre et al., 2013) legen Frühe Bildung (2016), 5 (1), 13–21

A. Sommer & J. Sechtig, Sozio-emotionale Interaktionsqualität

die vorliegenden Analysen ihren Schwerpunkt auf die Dimension der sozio-emotionalen Interaktionsqualität, die im Folgenden näher beleuchtet wird. Sozio-emotionale Interaktionsqualität lässt sich zum einen unter bindungstheoretischen Gesichtspunkten als Ausdruck sensitiven Interaktionsverhaltens beschreiben. Dabei wird es als promptes, angemessenes und empathisches Eingehen auf kindliche Bedürfnisse unter Einbezug der Anforderungen der gesamten Kindergruppe verstanden (Ahnert, 2004; Ainsworth, Bell, Stayton, & Salter, 1974; Remsperger, 2013). Zudem wird auf Modelle der Erziehungsstilforschung Bezug genommen, die eine Verschränkung der Dimensionen emotionale Wärme, Wertschätzung und Strukturierung als gelingendes Interaktionsverhalten ansehen (Baumrind, 1989; Maccoby & Martin, 1983). In Anlehnung an das Rahmenkonzept Teaching through Interactions (Hamre et al., 2013) rückt insbesondere der Aspekt der emotionalen Unterstützung in den Fokus, der sowohl das Klima und die Sensitivität der pädagogischen Fachkräfte als auch den pädagogischen Umgang mit kindlichen Interessen und Bedürfnissen hervorhebt. Das theoretische Konstrukt sozio-emotionaler Interaktionsqualität kann somit als Interaktionsverhalten beschrieben werden, das kindliche Bedürfnisse vor dem Hintergrund des Gruppenkontextes berücksichtigt und von emotionaler Wärme und Strukturierung gekennzeichnet ist. Aus bindungstheoretischer Sicht ermöglicht ein solches Interaktionsverhalten den Kindern, auf Grundlage einer sicheren und vorhersagbaren Umgebung neue Erfahrungen zu machen und Risiken einzugehen, da sie sich der Unterstützung der Fachkraft sicher sein können (Ainsworth et al., 1974). Deci und Ryan (1985) heben hervor, dass ein Interaktionsverhalten, das das kindliche Bedürfnis, sich kompetent, autonom und sozial eingebunden zu fühlen, befriedigt, bei den Kindern zu einer höheren intrinsischen Motivation führt, sich mit Aufgaben und Herausforderungen auseinanderzusetzen. Die Exploration auf Grundlage einer sicheren Beziehung und die Auseinandersetzung mit neuen Herausforderungen ermöglicht es den Kindern, verschiedene Lernerfahrungen zu machen, die sich wiederum in verschiedenen Entwicklungsbereichen niederschlagen. So verweisen Forschungsbefunde darauf, dass höhere Kompetenzen im Bereich Sprache und Literacy (Howes et al., 2008; Peisner-Feinberg et al., 2001; Pianta, La Paro, Payne, Cox & Bradley, 2002) sowie Mathematik (Pianta et al., 2002) mit qualitativ hochwertiger sozio-emotionaler Interaktionsqualität verbunden sind. Es zeigen sich auch Zusammenhänge mit dem sozio-emotionalen Entwicklungsbereich: Kinder, die qualitativ hochwertige sozio-emotionale Interaktionen erfahren, weisen weniger Verhaltensprobleme auf (Howes et al., 2008; Mashburn et al., 2008), zeigen weniger antisozi© 2016 Hogrefe Verlag


A. Sommer & J. Sechtig, Sozio-emotionale Interaktionsqualität

ales Verhalten (Peisner-Feinberg et al., 2001) und eine höhere Sozialkompetenz (Finch, Johnson & Phillips, 2015; Mashburn et al., 2008; Peisner-Feinberg et al., 2001; Pianta et al., 2002; Tietze et al., 2013). Sozio-emotionale Interaktionsqualität bereitzustellen, also Bedürfnisse einzelner Kinder der Gruppe wahrzunehmen und auf diese vor dem Hintergrund des Gruppenkontexts angemessen zu reagieren, kann durch verschiedene strukturelle Rahmenbedingungen erleichtert oder erschwert werden. So kann angenommen werden, dass pädagogische Fachkräfte mit zunehmender Berufserfahrung gelernt haben, einer Vielzahl von Kindern mit unterschiedlichen Bedürfnissen gerecht zu werden. Die Befundlage ist allerdings uneinheitlich: Einige Studien finden keine signifikanten Zusammenhänge (Schipper, Riksen-Walraven & Geurts, 2007; Hestenes et al., 2015; Suchodoletz, Fäsche, Gunzenhauser & Hamre, 2014), anderswo werden aber auch sowohl positive (Pianta et al., 2005; Tietze et al., 2013) als auch negative (Tietze et al., 1998) Zusammenhänge zwischen Berufserfahrung und sozio-emotionaler Interaktionsqualität berichtet. Neben der Berufserfahrung der pädagogischen Fachkräfte können strukturelle Aspekte eine Rolle spielen, die es erleichtern, kindliche Bedürfnisse in der Gesamtgruppe überhaupt erst wahrzunehmen. Dies wird auch durch Studien gestützt, die zeigen, dass in kleineren Gruppen, in denen die Aufmerksamkeit auf weniger Kinder verteilt werden muss, eine höhere sozio-emotionale Interaktionsqualität realisiert wird (Gerber, Whitebook & Weinstein, 2007; NICHD Early Child Care Research Network, 2000). Weiterhin kann das Wahrnehmen und Reagieren auf Anliegen der Kinder dadurch erschwert sein, dass sich viele Kinder in der Gruppe befinden, deren Betreuung und Förderung ein besonderes Maß an Aufmerksamkeit benötigt und somit die Aufmerksamkeit der Fachkraft soweit gebunden ist, dass nicht mehr alle Bedürfnisse wahrgenommen werden können. Kinder mit speziellem Aufmerksamkeitsbedarf können neben Kindern mit Migrationshintergrund und Kindern mit Behinderung insbesondere auch jüngere Kinder sein. Die Befunde zum Zusammenhang von Gruppenkomposition mit Interaktionsqualität sind heterogen: Während sich kein eindeutiger Zusammenhang mit dem Anteil von Kindern mit Migrationshintergrund zeigt (Gerber et al., 2007; Tietze et al., 2013), scheint die Gestaltung pädagogischer Prozesse in integrativen Gruppen höher zu sein (Buysse, Wesley, Bryant & Gardner, 1999; Smidt, 2008). Hinsichtlich der Betreuung von jüngeren Kindern in klassischen Kindergartengruppen liegen nur wenige Forschungsbefunde vor, da die Praxis der Altersmischung über mehr als drei Jahrgänge hinweg nur in wenigen Ländern angewendet wird. So finden Schipper et al. (2007) in niederländischen Kindertageseinrichtungen für den Altersbereich der 0 – 4jährigen Kinder einen negativen Effekt © 2016 Hogrefe Verlag

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der Anzahl der betreuten unter Zweijährigen auf die sozioemotionale Interaktionsqualität. Für Deutschland deuten Ergebnisse von Kuger und Kluczniok (2008) in die gleiche Richtung: Hier ist das Durchschnittsalter der Gruppe positiv mit der sozio-emotionalen Interaktionsqualität verbunden. Einzig die deutsche NUBBEK-Studie fokussierte die in Deutschland praktizierte erweiterte Altersmischung und berichtet, dass die Betreuungsform der erweiterten Altersmischung signifikant mit einer niedrigeren sozioemotionalen Interaktionsqualität in Beziehung steht (Tietze et al., 2013). Somit kann die Abhängigkeit der sozio-emotionalen Interaktionsqualität von strukturellen Rahmenbedingungen in vielen Bereichen zwar als gesichert angenommen werden, jedoch liegt nur der Befund der NUBBEK-Studie für die erweitere Altersmischung im deutschen Kontext vor, die auf einen negativen Zusammenhang einer erweiterten Altersmischung und sozio-emotionaler Interaktionsqualität hinweist. Ob und in welchem Ausmaß dieser Zusammenhang durch strukturelle Rahmenbedingungen abgefedert werden kann, bleibt dagegen noch eine offene Frage. Die in der Fachdiskussion formulierte Notwendigkeit der Anpassung von strukturellen Rahmenbedingungen bei der Aufnahme von unter Dreijährigen in klassische Kindergartengruppen zur Gewährleistung hoher pädagogischer Qualität (Liegle, 2007; Niesel & Wertfein, 2010) ist somit empirisch nicht gesichert. Folgende Forschungsfragen sind daher leitend: 1. Wie ist die erweiterte Altersmischung mit der sozioemotionalen Interaktionsqualität unter Berücksichtigung anderer Strukturaspekte verbunden? 2. Hängt der Einfluss der erweiterten Altersmischung auf die sozio-emotionale Interaktionsqualität systematisch von weiteren Strukturmerkmalen ab? Im Rahmen der vorliegenden Studie wird angenommen, dass eine erweiterte Altersmischung negativ mit der sozio-emotionalen Interaktionsqualität verbunden ist, jedoch strukturelle Merkmale wie eine längere Berufserfahrung, kleinere Gruppengrößen sowie Gruppen, in denen keine weiteren Kinder mit besonderen Aufmerksamkeitsbedürfnissen betreut sind, diesen Effekt abmildern können.

Methodisches Vorgehen Stichprobe und Durchführung Die vorliegenden Analysen basieren auf einer Stichprobe von Kindergartengruppen, die 2007 in Nordbayern an eiFrühe Bildung (2016), 5 (1), 13–21


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A. Sommer & J. Sechtig, Sozio-emotionale Interaktionsqualität

ner Videostudie zur Freispielzeit teilgenommen haben. Die Ausschöpfungsquote der angeschriebenen Kindergartengruppen der Studie betrug 22 %. Aus den 75 zur Teilnahme bereiten Gruppen wurden 42 ausgewählt. Das Ziehungsmodell folgte dabei dem Ziel, typische Gruppen abzubilden, um möglichst valide Aussagen über das Gruppengeschehen treffen zu können. Dafür wurden Gruppen mit 20 bis 30 Kindern ausgewählt, die jeweils von zwei pädagogischen Fachkräften (ohne spezielles pädagogisches Konzept, z. B. Waldorfpädagogik) betreut wurden. Fokussiert wurden zudem klassische Kindergärten mit Kindern (überwiegend) im Alter von drei bis sechs Jahren. Das finale Analysesample basiert auf 39 pädagogischen Fachkräften aus 391 verschiedenen Gruppen (mit insgesamt 776 Kindern) verteilt auf 22 Kindergärten. 44 % der Kindergartengruppen praktizierten eine klassische und damit nicht erweiterte Altersmischung (drei bis sechs Jahre). In 56 % der Kindergartengruppen wurde dagegen die Form der erweiterten Altersmischung umgesetzt. Davon integrierten 41 % lediglich ein U3-Kind in die Gruppe, 59 % integrierten zwei oder drei U3-Kinder. Lediglich 5 % dieser alterserweiterten Gruppen betreuten dabei ein einjähriges Kind. Die Mehrzahl der alterserweiterten Gruppen nahm Kinder ab zwei Jahren auf (95 %). Sozio-emotionale Interaktionsqualität Im Rahmen der Studie zur Gestaltung der Freispielzeit wurden Videoaufnahmen des Interaktionsverhaltens der pädagogischen Fachkraft während der gesamten Freispielzeit am Vormittag gemacht (Dauer: 54 – 147 Minuten). Der Fokus lag hierbei auf der Erstkraft. Zur Beantwortung der hier fokussierten Fragestellungen wurden in Sekundäranalysen die Videos mit der Caregiver Interaction Scale (CIS) (Arnett, 1989) ausgewertet, die in nationalen und internationalen Studien häufig verwendet wird (Schipper et al., 2007; Gerber et al., 2007; König, 2009; Tietze et al., 2013). Die CIS bietet eine gezielte Beschreibung der sozioemotionalen Interaktionsqualität und ist auf das Verhalten der pädagogischen Fachkräfte in Bezug auf die ganze Gruppe ausgerichtet. Das Instrument besteht aus 26 Items, für die jeweils auf einer vierstufigen Likert-Skala eingeschätzt wird, inwieweit das im Item beschriebene Verhalten (z. B. hört aufmerksam zu, wenn die Kinder ihr etwas erzählen) als charakteristisch für die pädagogische Fachkraft zu betrachten ist (1 = gar nicht charakteristisch, 4 = sehr charakteristisch). In der vorliegenden Studie wurden zwei Beobachterinnen eingesetzt, deren Training 1 2

3

nach intensiver Auseinandersetzung mit dem Instrument mit einer erfahrenen CIS-Erheberin rückgekoppelt wurde. Insgesamt wurden 36 % der vorliegenden Videos doppelt kodiert und eine gute Beobachterübereinstimmung erreicht (Intra-Klassen-Korrelation: ICC = .84). Für die Analysen der vorliegenden Studie wird der CIS-Gesamtwert genutzt (26 Items, Cronbachs alpha: α = .89). Die sozioemotionale Interaktionsqualität liegt auf der vierstufigen Skala im Bereich hoher Qualität (M = 3.49, SD = .36). Strukturqualität Strukturaspekte wurden schriftlich von den pädagogischen Fachkräften erfragt. In allen Gruppen waren bei einer beobachteten Gruppengröße von M = 19.90, SD = 3.54 zwei pädagogische Fachkräfte anwesend. Die fokussierte Erstkraft (95 % weiblich) absolvierte zu 97 % eine fachschulische Ausbildung. Als Näherungswert für die Berufserfahrung wurden Jahre seit dem Abschluss der Berufsausbildung herangezogen (M = 20.92, SD = 9.90). In die Auswertung selbst gingen dann Terzile der Jahre seit der Berufsausbildung und die Gruppengröße ein2. Die Gruppenzusammensetzung wurde über dichotome Variablen für die Anwesenheit von Kindern, deren Familiensprache nicht Deutsch ist (in 46 % der Gruppen vorhanden) sowie von Kindern mit einer diagnostizierten Behinderung (in 12 % der Gruppen vorhanden) erfasst. Ebenso gingen über dichotome Variablen die erweiterte Altersmischung sowie die Anzahl der unter dreijährigen Kinder in die Analysen ein.

Statistische Auswertung Um zu untersuchen, inwiefern die Interaktionsqualität mit der erweiterten Altersmischung und Aspekten der Strukturqualität in Beziehung steht (Fragestellung 1), wurden lineare Regressionsanalysen durchgeführt. Fehlende Werte wurden im Vorfeld der Regression (n = 2 für Familiensprache nicht Deutsch) durch Informationen auf Einrichtungsebene3 substituiert. Wegen des geringen Stichprobenumfangs und der Verletzung der Normalverteilungsannahme der abhängigen Variable (Shapiro-Wilk-Test für CIS: W = .86, p < .001) wurden die Standardfehler und Konfidenzintervalle für die Regressionsanalysen über Bootstrapping geschätzt. Um zu überprüfen, ob die Beziehung zwischen Interaktionsqualität und erweiterter Altersmischung systematisch von weiteren Merkmalen der Strukturqualität ab-

Drei Videos waren aufgrund technischer Mängel nicht nutzbar. Terzile wurden gewählt, um für die Berechnung von Interaktionseffekten und die Darstellung von marginalen Effekten (Fragestellung 2) auf eine ausreichende Zellenbesetzung zurückgreifen zu können. Eine Aufnahme der nicht in Terzile aufgeteilten Variablen in das Regressionsmodell (Fragestellung 1) (Tab.1) führt zu vergleichbaren Ergebnissen. Als Informationsträger wurden Gruppen der gleichen Einrichtung genutzt, die den Anteil der Kinder angaben, deren Familiensprache nicht Deutsch ist.

Frühe Bildung (2016), 5 (1), 13–21

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A. Sommer & J. Sechtig, Sozio-emotionale Interaktionsqualität

Beziehung zwischen Strukturaspekten, Altersmischung und Interaktionsqualität

Im nächsten Schritt wird auf Basis des Modells I die Beziehung der Altersmischung zu Strukturaspekten in Bezug auf die Interaktionsqualität genauer beleuchtet, indem in die Regression Interaktionsterme zwischen erweiterter Altersmischung und der jeweiligen Strukturvariable aufgenommen werden. Dargestellt werden jeweils die mittleren vorhergesagten Werte des Interaktionsterms von Alters-

3

Zwischen nicht erweitert altersgemischten (M = 3.64, SD = 18) und erweitert altersgemischten Gruppen (M = 3.37, SD = .42) lässt sich eine deutliche Differenz in den Mittelwerten der sozio-emotionalen Interaktionsqualität feststellen, die auch statistisch signifikant ist (t (37) = 2.45, p < .02). Daher wurde die Beziehung zwischen einer erweiterten Altersmischung und der sozio-emotionalen Interaktionsqualität unter Einbezug weiterer Strukturmerkmale in regressionsanalytischen Auswertungen weitergehend geprüft. In Modell I, in dem eine dichotome Variable für die erweiterte Altersmischung eingefügt wurde, zeigt sich, neben den Jahren seit dem Abschluss der Berufsausbildung der pädagogischen Fachkraft, die erweiterte Altersmischung ebenfalls als negativer Prädiktor für die sozio-

Beziehung von Altersmischung und Strukturaspekten in Bezug auf Interaktionsqualität

4

Ergebnisse

emotionale Interaktionsqualität (vgl. Tab. 1). In Modell II wurde anschließend die erweiterte Altersmischung genauer beleuchtet, indem die Anzahl der Kinder unter drei Jahren statt der dichotomen Variable für eine erweiterte Altersmischung eingefügt wurde. In diesem differenzierteren Modell wird deutlich, dass die Betreuung eines Kindes unter drei Jahren in der Gruppe die Interaktionsqualität signifikant negativ beeinflusst. Zwar ist diese negative Beziehung auch bei einer Betreuung von mehr als einem Kind unter drei Jahren der Fall, jedoch ist hier der standardisierte Koeffizient deutlich geringer.

Lineare Vorhersage CIS

hängt (Fragestellung 2), wurden in einem zweiten Schritt Interaktionsterme in das Regressionsmodell eingefügt. Die visualisierten marginalen Effekte bilden also auf Basis des vorab geschätzten Regressionsmodells vorhergesagte Werte/marginale Effekte ab. Alle Auswertungen erfolgten mit Stata 13 (StataCorp, 2013).

17

CIS I

II

β

SE

Jahre seit Ausbildung (Terzile)

–.30+

.07

–.21

.09

Gruppengröße (Terzile)

–.16

.06

–.17

.06

.09

.10

.07

.10

Behinderung

–.26

.24

–.18

.24

Erweiterte Altersmischung

–.36*

.10

Familiensprache n. Deutsch

β

SE

–.48*

.17

Mehr als ein U3-Kind

–.21

.11

adj. R

2

.33

.38

.23

.24

Anmerkungen: β: Standardisierte beta-Koeffizienten, SE: Standardfehler; N = 39; +p < .10, *p < .05, **p < .01, ***p < .001.

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1

2

Terzile Jahre seit Abschluss Berufsausbildung

3

keine erweiterte Altersmischung erweiterte Altersmischung

M (SD) Jahre

Ein U3-Kind

R2

1

2

Tabelle 1. Ergebnisse der Regressionen von Strukturmerkmalen auf sozio-emotionale Interaktionsqualität

Δ1 – 2

T1

T2

T3

9.62 (1.24)

21.31 (.77)

31.85 (1.06)

.04

.29

.39

Anmerkungen: Jahre: Jahre seit Berufsausbildung, Δ1–2: CIS Differenz mit/ ohne U3 Kinder; Modell kontrolliert für Gruppengröße, Familiensprache n. Deutsch, Behinderung.

Abbildung 1. Lineare Vorhersage der Interaktionsqualität durch Jahre seit Berufsausbildung für Gruppen mit und ohne erweiterte Altersmischung.

Frühe Bildung (2016), 5 (1), 13–21


A. Sommer & J. Sechtig, Sozio-emotionale Interaktionsqualität

1

1

2

2

3

3

Lineare Vorhersage CIS

Lineare Vorhersage CIS

4

4

18

1

2

0

3

Terzile Gruppengröße

keine erweiterte Altersmischung erweiterte Altersmischung

keine erweiterte Altersmischung erweiterte Altersmischung

M (SD) Gr Δ1 – 2

T1

T2

T3

16.29 (.45)

19.75 (.18)

23.92 (.51)

.11

.24

.47

Anmerkungen: Gr: Gruppengröße, Δ1 – 2: CIS Differenz mit/ohne U3 Kinder; Modell kontrolliert für Jahre seit Abschluss, Familiensprache n. Deutsch, Behinderung.

Abbildung 2. Lineare Vorhersage der Interaktionsqualität durch Gruppengröße für Gruppen mit und ohne erweiterte Altersmischung.

mischung und des betrachteten Strukturaspekts sowie die Konfidenzintervalle (Konfidenzniveau 95 %) (Abb. 1, 2, 3 und 4). Bezogen auf die Jahre der Berufsausbildung lässt sich festhalten: Liegt die Berufsausbildung der pädagogischen Fachkraft nur durchschnittlich zehn Jahre zurück, so wird zwischen erweitert altersgemischten und nicht erweitert altersgemischten Gruppen lediglich ein minimaler Unterschied der CIS-Werte prädiziert. Mit zunehmenden zurückliegenden Jahren der Berufsausbildung vergrößert sich die Differenz jedoch deutlich und liegt im dritten Terzil (32 Jahre) bei .39 Werten der CIS-Skala. Der Interaktionsterm ist aufgrund der erhöhten Standardfehler zwar nicht signifikant, jedoch betragen die Differenzen im dritten Terzil mehr als eine Standardabweichung der CIS (vgl. Abb. 1). Bezüglich der Gruppengröße zeigt sich ein ähnliches Bild: Ist im ersten Terzil, also bei einer Gruppengröße von durchschnittlich 16 Kindern, keine deutliche Differenz zwischen klassischen Kindergartengruppen und erweitert altersgemischten Gruppen festzustellen, nimmt die Differenz des CIS-Werts bis zum dritten Terzil (24 Kinder) soweit zu, dass diese mit .47 Punkten wiederum deutlich über einer Standardabweichung der CIS liegt (vgl. Abb. 2). Interaktionseffekte wurden zudem mit weiteren Faktoren der Gruppenzusammensetzung untersucht. Bezüglich der Kinder, deren Familiensprache nicht Deutsch ist, zeigt Frühe Bildung (2016), 5 (1), 13–21

1

Familiensprache nicht Deutsch (0=nicht vorhanden 1=vorhanden)

Δ1 – 2

0

1

.20

.32

Anmerkungen: Δ1 – 2: CIS Differenz mit/ohne U3 Kinder; Modell kontrolliert für Jahre seit Abschluss, Gruppengröße, Behinderung.

Abbildung 3. Lineare Vorhersage der Interaktionsqualität durch Familiensprache nicht Deutsch für Gruppen mit und ohne erweiterte Altersmischung.

sich kein Interaktionseffekt. Unabhängig von der Betreuung von Kindern deren Familiensprache nicht Deutsch ist, ist der CIS-Wert in erweitert altersgemischten Gruppen niedriger (vgl. Abb. 3). Demgegenüber zeigt sich bei der Betreuung von Kindern mit Behinderung vor allem in erweitert altersgemischten Gruppen ein niedrigerer CISWert. Zwar lassen sich keine statistisch signifikanten Interaktionseffekte feststellen, aber die Differenz der beiden Gruppen bei einer Betreuung eines Kindes mit Behinderung beträgt deutlich über eine Standardabweichung des CIS-Werts (vgl. Abb. 4).

Diskussion Der hohe Bedarf an Betreuungsplätzen für Kinder unter drei Jahren wird zum Teil über deren Aufnahme in klassische Kindergartengruppen und somit über eine sogenannte erweiterte Altersmischung gelöst. Ausgehend von der Frage, ob diese Praxis Konsequenzen für die Qualität pädagogischer Prozesse mit sich bringen kann, wurde untersucht, inwiefern sich diese erweiterte Altersmischung in Kindergartengruppen auf den spezifischen Bereich der sozio-emotionalen Interaktionsqualität auswirkt und ob sich strukturelle Rahmenbedingungen identifizieren lassen, die sich in erweitert altersgemischten Gruppen als günstig erweisen. Diese Fragen erscheinen nicht nur im Kontext © 2016 Hogrefe Verlag


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1

2

3

Lineare Vorhersage CIS

4

A. Sommer & J. Sechtig, Sozio-emotionale Interaktionsqualität

0

Behinderung (0=nicht vorhanden 1=vorhanden)

1

keine erweiterte Altersmischung erweiterte Altersmischung

Δ1 – 2

0

1

.23

.46

Anmerkungen: Δ1 – 2: CIS Differenz mit/ohne U3 Kinder; Modell kontrolliert für Jahre seit Abschluss, Gruppengröße, Familiensprache n. Deutsch.

Abbildung 4. Lineare Vorhersage der Interaktionsqualität durch Behinderung für Gruppen mit und ohne erweiterte Altersmischung.

des bildungs- und gesellschaftspolitisch forcierten U3Ausbaus, sondern auch aus Praxisperspektive relevant. Sozio-emotionale Interaktionsqualität zeigt sich in den hier untersuchten Kindergartengruppen ähnlich wie in nationalen und internationalen Studien im Bereich hoher Qualität (Gerber et al., 2007; König, 2009; Tietze et al., 2013). Diese steht jedoch in deutlicher Beziehung zu einer erweiterten Altersmischung (vgl. Fragestellung 1). Die Betreuung eines einzelnen Kindes unter drei Jahren in einer klassischen Kindergartengruppe ist dabei mit einer geringeren sozio-emotionalen Interaktionsqualität verbunden und ist damit die Wichtigste der betrachteten Determinanten. Dieses Ergebnis kann die Herausforderung widerspiegeln, unterschiedlichen Bedürfnissen der verschiedenen Altersgruppen gerecht werden zu müssen (Interaktionsverhalten, das auf Explorationsunterstützung bei älteren Kindern zielt vs. sicherheitsgebend, stressreduzierendes Interaktionsverhalten bei jüngeren Kindern; Ahnert, 2004). Zudem benötigen Kinder unter drei Jahren ein spezielles Maß an Aufmerksamkeit (z. B. in Pflegesituationen sowie eine intensivere Unterstützung hinsichtlich der Selbständigkeit oder beim Orientieren in der Gruppe), welche die Kapazitäten der pädagogischen Fachkraft verstärkt bindet. So kann es ihr unter ungünstigen Rahmenbedingungen erschwert sein, auf die Bedürfnisse der Gesamtgruppe angemessen zu reagieren. Wie die Rahmenbedingungen gestaltet sein müssen, um auch bei einer erweiterten Altersmischung eine hohe © 2016 Hogrefe Verlag

sozio-emotionale Interaktionsqualität bereitzustellen, wurde in Fragestellung 2 behandelt. So zeigt sich, dass sich vor allem kleinere Gruppen als günstiger erweisen, hier ist die Differenz der Interaktionsqualität zwischen erweitert altersgemischten Gruppen und klassischen Kindergartengruppen nur gering ausgeprägt. Mit steigender Gruppengröße scheint es jedoch den pädagogischen Fachkräften vor allem in erweitert altersgemischten Gruppen schwerer zu fallen, den Bedürfnissen aller Kinder der Gruppe gerecht zu werden. Dieses Muster findet sich auch bei der Betreuung von Kindern mit Behinderung: Hier wirkt es so, als könnten pädagogische Fachkräfte durch das spezielle Maß an Aufmerksamkeit, die jüngere Kinder und Kinder mit Behinderung benötigen, nicht mehr im vollen Umfang den Bedürfnissen der Gesamtgruppe gerecht werden. Dies gilt jedoch nicht für Kinder deren Familiensprache nicht Deutsch ist. Diese Kinder scheinen – bezogen auf die vorliegende Stichprobe – keine übermäßige Aufmerksamkeit der Fachkraft zu binden: Möglicherweise sprechen diese Kinder bereits ausreichend Deutsch, um ohne Hilfe im Kindergartenalltag zurechtzukommen, oder diese Kinder wurden bereits erfolgreich in die Gruppe integriert. Hinsichtlich der Berufsausbildung der pädagogischen Fachkraft zeigt sich, dass Fachkräfte, deren Berufsausbildung lediglich zehn Jahre zurückliegt, sowohl in erweitert altersgemischten als auch klassischen Kindergartengruppen eine ähnlich hohe sozio-emotionale Interaktionsqualität gewährleisten, während Fachkräfte, deren Berufsausbildung mehr als 21 Jahre zurückliegt, in altersgemischten Gruppen eine deutlich geringere Interaktionsqualität zeigen. Möglicherweise spiegelt sich in diesem Ergebnis weniger Erfahrung und Fachwissen über die U3-Betreuung wider, die in früheren Ausbildungen nicht zum Schwerpunkt zählte und deutlich seltener im Betreuungsalltag realisiert wurde. Die Ergebnisse der Interaktionseffekte in der vorliegenden Untersuchung sind allerdings nicht signifikant, was auf die geringere Stichprobengröße und die dadurch erhöhten Standardfehler zurückzuführen sein kann und mögliche günstige strukturelle Rahmenbedingungen können durch die Bildung von Terzilen verdeckt sein (z. B. eine Gruppengröße, die unter 16 Kindern liegt). Die Ergebnisse deuten jedoch die Notwendigkeit an, über die Anpassung von Rahmenbedingungen bei einer Altersöffnung der Kindergartengruppe nachzudenken. Diese Anpassungen von Rahmenbedingungen bei einer Erweiterung der klassischen Altersmischung wurden schon vielfach diskutiert und gehen über die Rahmenbedingungen, die in der vorliegenden Studie berücksichtigt werden konnten, hinaus: Sie umschließen nicht nur ein breites Fachwissen der pädagogischen Fachkräfte über die Altersgruppe, konzeptionelle und räumliche Anpassungen (Nied et al., 2011; Niesel & Wertfein, 2010), sondern auch Frühe Bildung (2016), 5 (1), 13–21


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eine Verringerung der Gruppengröße bzw. die Erhöhung des Fachkraft-Kind-Schlüssels sowie eine Anpassung der Gruppenstruktur, so dass Kinder jeder Altersgruppe ausreichend gleichaltrige Spielkontakte haben (Riemann & Wüstenberg, 2004). Zwar müssen die Ergebnisse kritisch vor dem Hintergrund des Zeitpunkts der Stichprobenziehung in der Anfangsphase des systematischen U3-Ausbaus, des geringen Stichprobenumfangs und der Nicht-Repräsentativität der Stichprobe betrachtet werden, womit Effekte über- oder unterschätzt werden können. In Bezug auf die Repräsentativität stellen die betrachteten Kindergartengruppen jedoch eine Auswahl dar, die durchaus mit dem deutschen Durchschnitt zu vergleichen ist (Statistisches Bundesamt, 2014). Die Ergebnisse dieser Studie deuten einen ähnlichen Mechanismus an, auf den auch bisherige Forschungsbefunde hinweisen (Schipper et al., 2007; Tietze et al., 2013): Eine geringere sozio-emotionale Interaktionsqualität bei erweiterter Altersmischung. Dieses Ergebnis gibt im Zusammenspiel mit Befunden zu negativen Beziehungen erweiterter Altersmischung mit kindlichen Entwicklungsmaßen (Bailey, Burchinal & McWilliam, 1993; Sundell, 2000) Anlass, über die konkrete Umsetzung des U3-Ausbaus in Form erweitert altersgemischter Gruppen vertieft nachzudenken und weitere Forschungsbemühungen anzustellen. Solche Bemühungen könnten sowohl die Ebene der Einrichtungen und ihrer Konzeptionen, als auch die Ebene der pädagogischen Fachkräfte einbeziehen und (weitere) mögliche Erklärungen für den Zusammenhang von erweiterter Altersmischung mit abnehmender Prozessqualität untersuchen. Auf Einrichtungsebene könnte beispielsweise relevant sein, im Vorfeld der Aufnahme von Unterdreijährigen inhaltliche sowie strukturelle und konzeptionelle Anpassungen zu treffen. Auf Individualebene zum anderen die mögliche zusätzliche Anforderung und den damit verbundenen Stress von pädagogischen Fachkräften im beruflichen Alltag abzufedern, der sich negativ auf die sozio-emotionale Interaktionsqualität auswirken kann (Whitaker, Dearth-Wesley & Gooze, 2015). Festzuhalten bleibt angesichts der diskutierten Ergebnisse, dass ohne strukturelle und konzeptionelle Anpassungen zu befürchten steht, dass die Potenziale für eine bestmögliche Erziehung, Bildung und Betreuung für Kinder aller Altersgruppen in erweitert altersgemischten Gruppen ungenutzt bleiben.

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Anja Sommer Otto-Friedrich Universität Bamberg Wilhelmsplatz 3 96049 Bamberg anja.sommer@uni-bamberg.de

Jutta Sechtig Pädagogische Hochschule Weingarten Kirchplatz 2 88250 Weingarten sechtig@ph-weingarten.de

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Schwerpunktbeitrag

Beziehungsgestaltung und deren Bedeutung für die Unterstützung von kindlichen Lernprozessen im Freispiel Heike Wadepohl und Katja Mackowiak Zusammenfassung. Die Gestaltung wertschätzender Beziehungen durch Fachkräfte gilt als grundlegend für die pädagogische Arbeit im Kindergarten und als wesentliche Bedingung für kindliche Lern- und Bildungsprozesse. Im Beitrag werden anhand von Videoaufnahmen des Freispiels von 88 Fachkräften die Qualität ihrer Beziehungsgestaltung erfasst und Zusammenhänge mit Interventionen zur Lernunterstützung analysiert. Die Ergebnisse machen deutlich, dass die Beziehungsqualität in den Gruppen hoch ausfällt; außerdem zeigen sich positive Zusammenhänge zur Lernprozessunterstützung im Allgemeinen, jedoch nicht in Bezug auf anspruchsvolle, kognitiv aktivierende Interventionen. Schlüsselwörter: Beziehungsgestaltung, Fachkraft-Kind-Interaktion, Kita-Qualität, Videostudie

Teacher-Child Relationship Quality and its Importance for Teachers' Instructional Support in Free-Play Situations Abstract. Establishing professional teacher-child relationships is an essential task for preschool teachers and is considered to be a key condition for children's learning processes. In this study, we analyze the quality of teacher-child relationships and its correlations with teachers' support for learning. We collected video data of 88 preschool teachers during free-play situations for data analysis. The results show consistently high scores for the quality of teacher-child relationships and positive correlations with teachers’ support for learning processes in general but not with cognitively challenging interventions. Keywords: teacher–child relationship, teacher–child interaction, preschool quality, video analysis

Theoretischer Hintergrund Die Bedeutung der frühen Bildung für die kindliche Entwicklung ist in den letzten Jahren hervorgehoben und insbesondere auf institutioneller Ebene untersucht worden. Ein zentrales Ergebnis ist, dass die Wirksamkeit früher institutioneller Bildung in entscheidender Weise von deren Qualität abhängt und dass diese einen wichtigen Beitrag zur Verbesserung kindlicher Bildungschancen leistet (Mashburn et al., 2008; Burger, 2010; Anders, 2013). In der (inter)nationalen Diskussion wird zur Beschreibung der Qualität vorschulischer Einrichtungen eine Dreiteilung favorisiert (Tietze, 1998, Tietze, Roßbach & Grenner, 2005; Kuger & Kluczniok, 2008; Smidt, 2012): Unter dem Begriff der Strukturqualität werden die zeitlich relativ stabilen Rahmenbedingungen einer Einrichtung subsummiert. Die handlungsleitenden Orientierungen und Einstellungen der pädagogischen Fachkräfte werden als Orientierungsqualität bezeichnet; die Prozessqualität zeigt sich in der konkreten Gestaltung des Alltags (z. B. in Frühe Bildung (2016), 5 (1), 22–30 DOI 10.1026/2191-9186/a000241

den Interaktionen der Kinder mit den Fachkräften, aber auch untereinander und in den Möglichkeiten der Auseinandersetzung mit der dinglichen Umwelt). Die Befunde zum Zusammenspiel der drei Qualitätsbereiche und deren Wirkung auf kindliche Entwicklungsmaße sind heterogen, die Prozessqualität und dabei insbesondere die Qualität der Fachkraft-Kind-Interaktionen erweist sich aber als besonders bedeutsam (Sylva, Melhuis, Sammons, Siraj-Blatchford & Taggart, 2004; Mashburn & Pianta, 2010). Dieses Ergebnis wurde in weiteren Forschungen aufgegriffen und der Begriff der Interaktionsqualität ausdifferenziert. Dabei werden drei wesentliche, empirisch abgesicherte Interaktionsdomänen unterschieden, die sich in verschiedenen Konzeptualisierungen wiederfinden lassen: 1. der Aufbau einer tragfähigen Beziehung zu den Kindern, 2. die Unterstützung kindlicher Lernprozesse, 3. die Organisation und Gestaltung des Settings (vgl. Pianta, La Paro & Hamre, 2008; vgl. Klieme, Lipowsky, Rakoczy & Ratzka, 2006). In diesem Beitrag liegt der Fokus auf der Analyse © 2016 Hogrefe Verlag


H. Wadepohl & K. Mackowiak, Beziehungsgestaltung und Lernprozessunterstützung im Freispiel

der Beziehungsgestaltung der Fachkräfte sowie deren Bedeutung für die Unterstützung kindlicher Lernprozesse. Die Gestaltung professioneller Beziehungen zu den Kindern stellt eine wichtige Aufgabe der Fachkräfte dar, da (junge) Kinder vor allem in sozialen Beziehungen lernen (Ahnert & Gappa, 2013; Koch, 2013). Zentrale Annahmen aus der Bindungstheorie werden dabei auf institutionelle Settings übertragen und erweitert: neben den wesentlichen (bindungsrelevanten) Aufgaben von Pädagog/innen (Zuwendung, Sicherheit, Stressreduktion) werden angesichts des institutionellen Bildungsauftrags auch die Explorationsunterstützung und Assistenz bei der Bewältigung von Anforderungen thematisiert (z. B. Ahnert, 2007; Drieschner, 2011; Koch, 2013). Als schwierig erweist sich dabei die Konzeptualisierung dieser unterschiedlichen Facetten von Bindung und deren Abgrenzung zum inhaltlich-didaktischen Bereich der Lernprozessunterstützung, der diejenigen Interventionen der Fachkräfte umfasst, die auf kindliche Bildungsprozesse gerichtet sind (vgl. Wadepohl & Mackowiak, 2013). Die Grundlage für einen Beziehungsaufbau in institutionellen Settings bildet eine zugewandte, wertschätzende Haltung der Fachkräfte (Nentwig-Gesemann, FröhlichGildhoff, Harms & Richter, 2011) sowie die Etablierung eines lernförderlichen Klimas in der Gruppe (Ahnert, Pinquart & Lamb, 2006). Wertschätzung manifestiert sich in konkreten Interaktionssituationen durch Zuwendung, Aufmerksamkeit und Interesse. Zuwendung wird verstanden als „liebevolle und emotional warme Kommunikation“ (Ahnert, 2007, S. 33). Aufmerksamkeit und Interesse beinhalten aktives Zuhören sowie das Ernstnehmen kindlicher Anliegen und zeigen sich in Mimik und Gestik (z. B. Remsperger, 2013). Herrscht ein positives Klima in der Gruppe, so entwickeln Kinder Vertrauen, sind gerne mit den Fachkräften in Kontakt und lernen von und mit ihnen (König, 2006). In institutionellen Settings besteht die Herausforderung darin, jedem einzelnen Kind Wertschätzung entgegenzubringen, ohne die Bedürfnisse der anderen Kinder in der Gruppe aus den Augen zu verlieren (Ahnert et al., 2006). Innerhalb der Frühen Bildung herrscht Einigkeit in Bezug auf die Bedeutung der wertschätzenden Haltung sowie einer positiven Gruppenatmosphäre für kindliches Lernen (vgl. Koch, 2013); bisher gibt es jedoch kein (quantitatives) Beobachtungsinstrument, das die Wertschätzung der Fachkräfte in konkreten Interaktionen verhaltensnah erfasst. Hinsichtlich der Relevanz der pädagogischen Beziehungsgestaltung für die kindliche Entwicklung stellen Studien fest, dass eine hohe Beziehungsqualität sich positiv auf sozialemotionale sowie kognitive Kompetenzen auswirkt (zusam1

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menfassend Lamb, 1998; Sylva et al., 2004; Anders, 2013; Glüer, 2013). In Bezug auf die Prozessqualität zeigt sich in Beobachtungsstudien ein einheitliches Bild. Während die Beziehungsqualität durchgehend ein mittleres bis hohes Niveau aufweist, fällt die Bewertung der kindlichen Lernprozessunterstützung in deutschen Einrichtungen eher gering aus (z. B. Tietze, Roßbach et al., 2005; König, 2006; Kammermeyer, Roux & Stuck, 2013; Kucharz et al., 2014; Suchodoletz, Fäsche, Gunzenhauser & Hamre, 2014; Wildgruber, Wirts & Wertfein, 2014). Dies zeigt sich beispielsweise in den drei deutschen Studien, in denen das Classroom Assessment Scoring System (CLASS; Pianta et al., 2008) eingesetzt wurde. Trotz der unterschiedlichen Settings (Sprachfördereinheiten bei Kammermeyer et al., 2013; pädagogischer Alltag bei Suchodoletz et al., 2014; spezifische Alltagssituationen bei Wildgruber et al., 2014) kommen alle drei zu ähnlichen Ergebnissen wie oben geschildert; die Abweichungen zwischen den Studienergebnissen liegen zudem jeweils unter einem Punkt auf der siebenstufigen Skala. Vor allem kognitiv aktivierende Interventionen, die im Rahmen einer ko-konstruktiven Auseinandersetzung mit den kindlichen Themen eine wichtige Rolle für das Lernen spielen (Hardy & Steffensky, 2014), werden von Fachkräften im Freispiel sehr selten gezeigt (Tournier, Wadepohl & Kucharz, 2014; vgl. auch die o. g. Studien). In diesem Beitrag werden zwei zentrale Facetten der Beziehungsgestaltung – die wertschätzende Haltung und das Klima in der Gruppe – sowie deren Bedeutung für die Lernunterstützung untersucht. Dabei sollen folgende Fragestellungen geklärt werden: 1. In welchem Ausmaß zeigen die Fachkräfte eine wertschätzende Haltung in den Interaktionen mit den Kindern? Wie gestalten Sie das Klima in ihren Gruppen? 2. Welche Zusammenhänge zeigen sich zwischen der Beziehungsgestaltung und der konkreten „inhaltlichen“ Lernprozessunterstützung?

Methode Stichprobe In die Untersuchung wurden 88 Fachkräfte (davon 87 Frauen) aus dem Projekt „Professionalisierung von Fachkräften im Elementarbereich“ (PRIMEL; Kucharz et al., 2014)1 einbezogen.

Das Projekt wurde im Rahmen der „Ausweitung der Weiterbildungsinitiative Frühpädagogische Fachkräfte“ (AWiFF) durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert. Beteiligte Forscher/innen: Bauhofer, Bosshart, Burkhardt Bossi, Gierl, Hüttel, Dieck, Janßen, Kauertz, Kucharz, Lieger, Mackowiak, Rathgeb-Schnierer, Tournier, Wadepohl, Ziroli.

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H. Wadepohl & K. Mackowiak, Beziehungsgestaltung und Lernprozessunterstützung im Freispiel

Die Fachkräfte waren durchschnittlich 34.08 Jahre alt (SD = 10.74) und verfügten im Mittel über 9.29 Jahre Berufserfahrung (SD = 9.45); 17.0 % der Fachkräfte wiesen einen Migrationshintergrund auf. Aufgrund des Studiendesigns arbeiteten 63 Fachkräfte in deutschen Einrichtungen, wobei 29 Fachkräfte über einen akademischen Ausbildungshintergrund verfügten. Die 25 Schweizer Fachkräfte absolvierten alle die akademische Ausbildung zur Kindergartenlehrperson (BA-Abschluss). 72,3 % der Fachkräfte (inklusive der Schweizer Fachkräfte) arbeiteten in Regelgruppen mit Kindern von drei bzw. vier bis sechs Jahren. 18.1 % waren in altersgemischten Gruppen mit Kindern auch unter drei Jahren tätig, 9.6 % arbeiteten in reinen Krippen-Gruppen mit Kindern bis drei Jahren. Die durchschnittliche Gruppengröße betrug 19.18 Kinder (SD = 4.75), wobei in Deutschland in der Regel zwei, in der Schweiz nur eine Fachkraft für eine Gruppe verantwortlich sind.2 Innerhalb der Gruppen hatten durchschnittlich gut ein Viertel der Kindern einen Migrationshintergrund (M = 27.3 %, SD = 20.5 %) (vgl. ausführlich Wadepohl et al., 2014).

Erhebungsinstrumente Datengrundlage Als Datengrundlage dienten ca. einstündige Videografien der Freispielzeit3 aus dem PRIMEL-Projekt. Da die Freispielzeit unterschiedlich gestaltet sein kann, bekamen die Fachkräfte lediglich den Hinweis, diese genauso wie an anderen Tagen durchzuführen. Die Aufnahmen der Videodaten erfolgte entlang eines Kameraskripts (PRIMEL, 2012); die jeweilige Fachkraft sowie die mit ihr interagierenden Kinder standen im Fokus der Aufnahme. Für die Datenauswertung wurden strukturierte Aktivitäten (z. B. Morgenkreis) ausgeschlossen, um die Analyse auf Freispielphasen zu begrenzen und damit eine bessere Vergleichbarkeit der Videos zu erhalten. Die durchschnittliche Dauer der 88 Freispielvideos beträgt nach Abzug der o. g. Aktivitäten 45.95 Minuten (SD = 11.64). Erfassung der Beziehungsgestaltung Zur Erfassung der beiden Facetten der Beziehungsgestaltung wurden zwei Verfahren eingesetzt.4 Das erste Verfahren Wertschätzung in Interaktionen (WSI; vgl. ausführlich Wadepohl, in Druck) ist ein Ratingsystem zur Einschätzung des wertschätzenden Verhaltens der

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Fachkraft gegenüber den Kindern. Es knüpft an gängige Verfahren an, bildet jedoch keine dyadischen Interaktionsmuster oder situationsspezifischen Aspekte (z. B. Tröst- vs. Bildungssituationen) ab, sondern beschreibt die Wertschätzung situationsübergreifend und im Gruppenkontext. Aufbau. Die Wertschätzung wird im WSI anhand zweier Dimensionen – Aufmerksamkeit und Emotionsausdruck – eingeschätzt. Beide Dimensionen werden mittels dreier aus der Literatur abgeleiteter Verhaltensindikatoren konkretisiert. Die Dimension Aufmerksamkeit setzt sich zusammen aus der Einschätzung des Blickkontakts, der Körperhaltung und der feinfühligen Wahrnehmung kindlicher Bedürfnisse, die Dimension Emotionsausdruck wird über den Tonfall, die Mimik und Gestik sowie die Gestaltung von Nähe und Distanz operationalisiert (vgl. Tabelle 1). Rating. Die Ratings erfolgen mittels einer fünfstufigen Skala auf Ebene der beiden Dimensionen, wobei die auf allen fünf Ratingstufen ausformulierten Indikatoren als Orientierungsgrundlage für die Einschätzung dienen (vgl. Tabelle 1). Das Rating erfolgt nach einem Beobachtungszyklus von 10 Minuten; in den hier beschriebenen Analysen konnten durchschnittlich fünf Zyklen pro Fachkraft eingeschätzt werden (M = 4.85, SD = 1.20). Die Objektivität des Verfahrens wurde auf der Basis von 16 Videos (18.2 % des Datenmaterials) berechnet; die prozentuale Übereinstimmung zwischen den beiden Kodiererinnen (Aufmerksamkeit: 0.83 bzw. Emotionsausdruck: 0.71) kann aufgrund der konservativen Berechnung (es wurden nur tatsächliche Übereinstimmungen gewertet) als gut bewertet werden. Kennwerte. Die über den Verlauf einer Stunde angefertigten Ratings wurden anschließend pro Fachkraft gemittelt, sodass ein durchschnittlicher Wert für die beiden Dimensionen und ein Gesamtwert resultieren. Mit dem Ziel, verschiedene Facetten der Beziehungsqualität abzubilden, wurde als zweites Verfahren die Caregiver Interaction Scale (CIS; Arnett, 1989; dt. Version von Wolf, Stuck, Roux, Lindhorst & Hippchen, 2001 zitiert nach König, 2006) eingesetzt. Die CIS liefert Informationen über die soziale Atmosphäre bzw. das Klima der Fachkraft-Kind-Interaktionen. Aufbau und Rating. Die CIS besteht aus 26 Items, die nach Ablauf der Stunde Freispiel auf einer vierstufigen Ratingskala eingeschätzt wurden. Die Items werden zu folgenden Unterskalen zusammengefasst (vgl. Tietze, Cryer, Bairrão, Palacios & Wetzel, 1996): Sensitivität (10 Items), Akzeptanz (9 Items) und Involviertheit (4 Items). Die Beobachterüberein-

Eine präzise Berechnung der tatsächlichen Fachkraft-Kind-Relation bzw. des Personalschlüssels war anhand der vorliegenden Angaben der Fachkräfte leider nicht möglich. Unter Freispiel – als zentrales Lernsetting im Kindergarten – wird die freie Wahl von Spielform, Spielort, Spieldauer, benötigtem Material sowie der Mitspieler/innen verstanden (Walter & Fasseing, 2002). Wir danken Sonja Lambrecht, Janina Arnold, Vanessa Pieper, Inga Woltmann und Hanna Bredow für die Unterstützung bei der Videoauswertung.

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H. Wadepohl & K. Mackowiak, Beziehungsgestaltung und Lernprozessunterstützung im Freispiel

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Tabelle 1. Aufbau des Ratingverfahrens „Wertschätzung in Interaktionen“ (WSI; Wadepohl, in Druck) Aufbau des WSI Dimension 2: Emotionsausdruck Indikatoren: − Tonfall − Mimik/Gestik − Gestaltung von Nähe und Distanz

Dimension 1: Aufmerksamkeit Indikatoren: − Blickkontakt − Körperhaltung − Wahrnehmung kindlicher Bedürfnisse

Beispiele für die konkrete Operationalisierung der Indikatoren (fünfstufiges Rating): (1) unzureichend

(2) minimal

(3) hinlänglich

(4) gut

(5) ausgezeichnet

Dimension 1: Aufmerksamkeit; Indikator: Blickkontakt − Kein Blickkontakt − Ignoriert Kind deutlich/vorsätzlich

− Teilweise unaufmerksam/schweift ab − Kein stabiler Blickkontakt

− Blickkontakt in den meisten Interaktionen teilweise/über einen gewissen Zeitraum vorhanden

− Blickkontakt in den meisten Interaktionen & in allen kritischen Situationen (Regeln, Streit) vorhanden

− Blickkontakt (auf das Kind oder das Produkt/ Objekt) in allen Interaktionen stabil vorhanden

− Neutraler, gleichmäßiger (eintöniger) Tonfall

− Teilweise positive/ warme Stimmlage − Leichte Variabilität in der Stimme (Modulation)

− Grundsätzlich positive/ warme Stimmlage − Variabilität vorhanden − Passt Tonfall der Situation an

Dimension 2: Emotionsausdruck; Indikator: Tonfall − Stimme gereizt/ aggressiv − Schreit

− Leicht gereizter, genervter oder gelangweilter Tonfall

stimmung (auf der Basis von ebenfalls 16 Videos) lag für die beiden Kodiererinnen in einem guten Bereich (Sensitivität: 0.87; Akzeptanz: 0.90; Involviertheit: 0.90). Kennwerte. In die Analysen gehen jeweils die Skalenmittelwerte sowie der Gesamtmittelwert ein. Erfassung der Unterstützung von Lernprozessen Die Ergebnisse zur Lernprozessunterstützung stammen aus dem PRIMEL-Projekt (Datengrundlage waren dieselben Videos). Hier wurde das pädagogische Handeln der Fachkräfte während des Freispiels mit dem Beobachtungssystem zur Erfassung der Prozessqualität im Elementarbereich (Wadepohl et al., 2014) ausgewertet. Für den vorliegenden Beitrag werden nur die Ergebnisse genutzt, die mit dem ersten Teil des Beobachtungsverfahrens (Bereich I: Lernprozessgestaltung) ermittelt wurden. Aufbau. Bereich I erfasst über 16 Items (allgemein-)didaktische und pädagogische Handlungsweisen der Fachkräfte zur Unterstützung kognitiver Lern- und Bildungsprozesse von Kindern (Wadepohl et al., 2014). Die Items wurden bildungsbereichsübergreifend aus der Literatur abgeleitet und konkret operationalisiert (z. B. Stellen offener Fragen, Eingehen auf Lösungsprozesse, inhaltliche Erweiterung des Spiels; vgl. KES: Tietze, Schuster, Grenner 5

& Roßbach, 2005, Nationaler Kriterienkatalog: Tietze & Viernickel, 2007; CLASS: Pianta et al., 2008). Als besonders lernförderlich geltende, kognitiv aktivierende Interventionen wurden mit vier Items erfasst (Anregen zum Explorieren und Forschen, Anregen zum Formulieren eigener Gedanken, Anregen zum Nachdenken, Anregen zum Weiterdenken). Kodiert wurde im 10-Sekunden Time-Sampling, welche der Interventionen pro Intervall gezeigt wurden (mikroanalytische Kodierung; Mehrfachkodierungen zulässig). Alle Videos wurden von zwei Kodiererinnen unabhängig voneinander kodiert und die Nicht-Übereinstimmungen kommunikativ validiert, sodass von einer ausreichenden Objektivität der Daten ausgegangen werden kann (vgl. Steinke, 2007).5 Kennwerte. Für die hier berichteten Analysen wird auf die Summe der Kodierungen aller 16 Items (Gesamtwert Bereich I: Lernprozessunterstützung, Cronbachs Alpha α = 0.61) sowie auf die Summe der vier kognitiv-aktivierenden Items (Unterskala: Kognitive Aktivierung, Cronbachs Alpha α = 0.60) rekurriert. Um die Summenwerte der einzelnen Fachkräfte trotz unterschiedlicher Videodauer vergleichen zu können, ist eine Relativierung der Kodierungen notwendig; daher wurden alle Kodierungen der gesamten Videozeit nachträglich auf eine einheitliche Dauer von 30 Minuten standardisiert.

Die prozentuale Übereinstimmung für den gesamten Bereich I (Lernprozessbegleitung) beträgt 0.42, kann jedoch aufgrund der konservativen Berechnung bei seltenen Ereignissen nicht als geeignetes Maß der Interraterreliabilität herangezogen werden (Wirtz & Caspar, 2002; vgl. auch Wadepohl et al., 2014).

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Ergebnisse In einem ersten Schritt wurde untersucht, wie gut es den Fachkräften gelingt, eine wertschätzende Haltung in den Interaktionen mit den Kindern zu zeigen und ein positives Klima in ihrer Gruppe zu etablieren. In Bezug auf die Analyse der Wertschätzung (WSI) zeigen sich für beide Dimensionen sowie den Gesamtwert hohe Mittelwerte und geringe Standardabweichungen, was auf wenig interindividuelle Unterschiede in der Wertschätzung hindeutet (vgl. Tabelle 2). Ähnlich verhält es sich mit den Mittelwerten der drei Unterskalen sowie dem Gesamtwert der CIS, auch wenn die Werte im Vergleich zum WSI nicht ganz so extrem ausfallen. Fachkräfte zeigen also ein ausgeprägtes wertschätzendes Verhalten und sind in der Lage, eine sehr positive Gruppenatmosphäre herzustellen. Neben der Beziehungsgestaltung wurde die Unterstützung der Lernprozesse erfasst (vgl. Tabelle 2). Hier zeigen sich durchschnittlich 65.97 Kodierungen pro 30 Minuten Freispielzeit (SD = 26.77). Die großen Standardabweichungen weisen auf eine hohe interindividuelle Variabilität in der Quantität der Lernprozessunterstützung hin. Fokussiert man auf die kognitiv aktivierenden Interventionen, so zeigen sich hier nur wenige Kodierungen. Innerhalb von 30 Minuten wenden die beobachteten Fachkräfte durchschnittlich weniger als eine kognitiv aktivierende Strategie an (M = 0.87; SD = 1.70). Eine Überprüfung der Zusammenhänge zwischen den beiden Bereichen der Beziehungsgestaltung zeigt, dass

alle Subdimensionen der eingesetzten Verfahren sowie die Gesamtwerte signifikant positiv miteinander korrelieren (vgl. Tabelle 3). Die Höhe der Korrelationen liegt im mittleren Bereich, was den Schluss nahelegt, dass tatsächlich unterschiedliche, aber miteinander zusammenhängende Facetten der Beziehungs- und Interaktionsgestaltung erfasst wurden. Für die Beantwortung der zweiten Fragestellung wurden die beiden Instrumente zur Erfassung der Beziehungsgestaltung mit den Ergebnissen zur Lernprozessunterstützung aus dem PRIMEL-Projekt korreliert. Betrachtet man zunächst die Zusammenhänge zwischen den Gesamtwerten der Beziehungsgestaltung und der Lernprozessunterstützung, so zeigen sich signifikant positive Zusammenhänge (vgl. Tabelle 4); Personen mit höheren Werten im Bereich der Beziehungsgestaltung unterstützen Kinder häufiger im Freispiel. In Bezug auf die kognitiv aktivierenden Interventionen lässt sich dieser Zusammenhang jedoch nicht feststellen. Bei der differenzierteren Analyse auf der Ebene der Einzelskalen fällt auf, dass die WSI-Facette Aufmerksamkeit sowie die CIS-Dimensionen Sensitivität und Involviertheit signifikant positiv mit der Lernprozessunterstützung korrelieren, wohingegen die anderen Dimensionen keine signifikanten Zusammenhänge aufweisen. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass eine qualitativ hochwertige Beziehungsgestaltung mit einer höheren Kodierhäufigkeit von Interventionen zur Unterstützung kindlichen Lernens einhergeht, wobei die WSI-Facette Aufmerksamkeit besonders auffällt.

Tabelle 2. Deskriptive Statistiken zu den beiden Skalen der Beziehungsgestaltung sowie zu den Kodierungen der Lernprozessunterstützung (N = 88) M

SD

Min.-Max.

Aufmerksamkeit

4.68

0.40

3.33 – 5.00

Emotionsausdruck

4.65

0.46

3.00 – 5.00

Gesamtwert

4.67

0.37

3.33 – 5.00

Sensitivität (10 Items)

3.05

0.38

1.80 – 3.80

Akzeptanz (9 Items)

3.42

0.22

2.75 – 3.78

Involviertheit (4 Items)

3.27

0.44

2.00 – 4.00

Gesamtwert

3.25

0.27

2.34 – 3.71

65.97

26.77

22.01 – 135.74

0.87

1.70

Wertschätzung in Interaktionen (WSI)

Caregiver Interaction Scale (CIS)

Bereich I (Lernprozessgestaltung) des PRIMEL-Beobachtungsverfahrens1 Gesamtwert Bereich I: Lernprozessunterstützung (16 Items)2 Unterskala Kognitive Aktivierung (4 Items)2

0 – 8.37

Anmerkungen: 1nach Tournier et al. (2014); 2auf 30 min relativiert.

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Tabelle 3. Interkorrelationen zwischen den verschiedenen Facetten der Beziehungsgestaltung (N = 88) Interkorrelationen der Unterbereiche der WSI und der CIS WSI CIS

Aufmerksamkeit

Emotionsausdruck

Gesamtwert

Sensitivität

0.43**

0.50**

0.54**

Akzeptanz

0.23*

0.39**

0.36**

Involviertheit

0.34**

0.33**

0.38**

Gesamtwert

0.45**

0.52**

0.56**

Anmerkungen: *p = 0.05; **p = 0.01 (zweiseitig).

Tabelle 4. Zusammenhänge zwischen der Beziehungsgestaltung und der Lernprozessunterstützung (N = 88) Lernprozessunterstützung Gesamtwert Bereich I: Lernprozessunterstützung

Unterskala „Kognitive Aktivierung“

Aufmerksamkeit

0.41**

0.07

Emotionsausdruck

0.13**

0.06

Gesamtwert

0.30**

0.07

0.26**

0.17

–0.13**

0.00

Involviertheit

0.31**

–0.15

Gesamtwert

0.25**

0.00

WSI

CIS Sensitivität Akzeptanz

Anmerkungen: *p = 0.05; **p = 0.01 (zweiseitig).

Diskussion und Ausblick Ziel dieses Beitrags war zum einen die Analyse wesentlicher Facetten der Beziehungsgestaltung; zum anderen wurde untersucht, welche Zusammenhänge sich zwischen der professionellen Beziehungsgestaltung und der stärker bildungsorientierten Unterstützung von kindlichen Lernprozessen zeigen. Hinsichtlich der Beziehungsgestaltung lässt sich feststellen, dass die Fachkräfte in beiden eingesetzten Instrumenten (WSI, CIS) hohe Werte erreichen, was für eine gute Qualität in diesem Bereich spricht. Dies lässt sich durch Ergebnisse anderer Studien stützen, die ähnliche Werte in Bezug auf das Klima berichten (vgl. Tietze, Roßbach et al., 1996, 2005; König, 2006). Studien, in denen das CLASS-Instrument eingesetzt wurde, welches die Beziehungsgestaltung im Sinne der emotionalen Unterstützung breiter definiert, kamen ebenfalls zu positiven – wenn auch etwas geringeren – Werten (Kammermeyer et al., © 2016 Hogrefe Verlag

2013; Suchodoletz et al., 2014; Wildgruber et al., 2014). Die Gestaltung wertschätzender Beziehungen zu den Kindern scheint demnach in Kindertageseinrichtungen im deutschsprachigen Raum gut umgesetzt zu werden. Der hohe Stellenwert einer positiven Beziehungsgestaltung zeigt sich auch darin, dass sie in den Ausbildungscurricula sowie den Bildungsplänen fest verankert ist (Deutsches Jugendinstitut, 2011; Koch, 2013; Fröhlich-Gildhoff, Weltzien, Kirstein, Pietsch & Rauh, 2014). Die Unterschiede in den verschiedenen Untersuchungen lassen sich möglicherweise darauf zurückführen, dass die emotionale Unterstützung in der CLASS neben dem emotionalen Klima auch eine didaktische Funktion erfasst (z. B. Ideen der Kinder aufgreifen und unterstützen, Ausdrucksmöglichkeiten und Autonomie fördern; Pianta et al., 2008). Im Gegensatz dazu scheint das WSI grundlegendere Aspekte der Beziehungsgestaltung abzubilden. Alternativ könnte es sich bei den Ergebnissen auch um Deckeneffekte handeln; bei der Formulierung der einzelFrühe Bildung (2016), 5 (1), 22–30


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nen Ratingstufen wurde darauf geachtet, dass hohe Qualitätsstufen auch in den im pädagogischen Alltag typischen komplexen, mehrdeutigen und unvorhersehbaren Interaktionssituationen erreichbar sind (Fröhlich-Gildhoff, Nentwig-Gesemann, Pietsch, Köhler & Koch, 2014). Es sollte also keine perfekte, sondern die in der Praxis bestmögliche Beziehungsgestaltung der Fachkräfte angesichts vielfältiger und teilweise widersprüchlicher Bedürfnisse der Kinder in den konkreten Interaktionssituationen erfasst werden. Hier müssen weitere Untersuchungen die Validität des Instruments prüfen, gegebenenfalls müsste eine Anpassung der Ratingskalen des WSI erfolgen, wenn sich herausstellt, dass die Ausprägungsstufen zu leicht formuliert wurden. Erste Hinweise auf die Kriteriumsvalidität des WSI lassen sich aus den positiven Korrelationen mit der etablierten CIS ableiten. Hinsichtlich der Unterstützung kindlicher Lernprozesse weisen sowohl die hier dargestellten Ergebnisse als auch andere deutsche Studien, die die Qualität der Lernunterstützung mittels Rating erfassen, auf geringe Werte und damit einen deutlichen Qualifizierungsbedarf der Fachkräfte in diesem Bereich hin (vgl. Kammermeyer et al., 2013; Suchodoletz et al., 2014; Wildgruber et al., 2014). Auch in der internationalen Literatur werden häufig geringe bis mittlere Werte berichtet (vgl. z. B. Siraj-Blatchford, Sylya, Muttock, Gilden & Bell, 2002; Wildgruber et al., 2014). In der PRIMEL-Studie machen die Interventionen aus dem Bereich der Lernprozessgestaltung weniger als ein Viertel aller kodierten Interventionen aus (neben der Lernprozessgestaltung wurden Interventionen kodiert, die sich unter anderem auf organisatorische Tätigkeiten, die Beobachtung der Kinder, den Umgang mit Konflikten oder die Emotionsregulation beziehen). Zudem fällt bei einer differenzierten Betrachtung auf, dass Interventionen umso seltener kodiert wurden, je anspruchsvoller bzw. kognitiv aktivierender sie sind (vgl. Tournier et al., 2014). Ein möglicher Grund für die niedrigen Werte unserer Studie (insbesondere bei den kognitiv aktivierenden Interventionen) könnte im geringen Strukturierungsgrad der Datengrundlage liegen. Innerhalb der Freispielzeit müssen die Fachkräfte verschiedenen Anforderungen (teilweise zeitgleich) gerecht werden (z. B. Spielimpulse, Konfliktlösung, Stressregulation, Organisation). Diese Tätigkeiten beziehen sich nicht ausschließlich auf die inhaltlich-didaktische Begleitung des Freispiels. Während den Fachkräften die Beziehungsgestaltung trotz dieser Anforderungen gut gelingt, scheinen sie das Freispiel weniger zur Unterstützung bzw. Anregung kindlicher Lernprozesse zu nutzen (vgl. Mackowiak, Wadepohl & Bosshart, 2014). Vor dem Hintergrund der Forderung nach einer ko-konstruktiven Gestaltung von Lernprozessen (König, 2007) Frühe Bildung (2016), 5 (1), 22–30

übernehmen die Fachkräfte in dieser Studie noch zu wenig eine aktiv unterstützende Rolle im Freispiel, indem sie das (Bildungs-)Potenzial einer Spielsituation erkennen, dieses aufgreifen, mit den Kindern ins Gespräch kommen und sich gleichberechtigt mit ihnen über Phänomene oder Lerngegenstände austauschen und auf diese Weise die Kinder gezielt zum Explorieren, Nachdenken und Forschen anregen (Wannack, Schütz & Arnaldi, 2009 – 2010). Dies bedeutet nicht, dass die Kinder im Freispiel ständig von der Fachkraft in ihrem Spiel kontrolliert oder gelenkt werden sollen, vielmehr begibt die Fachkraft sich gezielt in einzelne Spielsituationen, nimmt die Perspektive der beteiligten Kinder ein und lässt sich – im Sinne einer forschenden Haltung (Nentwig-Gesemann et al., 2011) – auf die Situation bzw. das Erkenntnisinteresse der Kinder ein (König, 2006; Wannack et al., 2009 – 2010). In Bezug auf die Fragestellung zum Zusammenhang zwischen der Beziehungsgestaltung und der Lernprozessunterstützung wird von der These ausgegangen, dass die Fachkraft-Kind-Beziehung eine wesentliche Grundlage für die Gestaltung von kindlichen Lernprozessen darstellt, weshalb sich positive Zusammenhänge zwischen diesen beiden Aufgabenbereichen zeigen sollten. Die Befunde dieser Studie sprechen nur teilweise für diese Annahme. Positive Korrelationen konnten für die beiden hier erfassten Dimensionen der Beziehungsgestaltung und dem Gesamtwert der Lernprozessunterstützung nachgewiesen werden. Andere Studien berichten ebenfalls positive Zusammenhänge zwischen der emotionalen und kognitiven Unterstützung (beide mit CLASS erfasst; Suchodoletz et al., 2014). Berücksichtigt man statt dem Gesamtwert nur die Kodierungen der kognitiv aktivierenden Interventionen, so zeigen sich in unserer Untersuchung keine signifikanten Korrelationen mit der Beziehungsgestaltung. Diese Ergebnisse lassen darauf schließen, dass die Gestaltung von tragfähigen Beziehungen – und hierbei insbesondere eine durch Aufmerksamkeit geprägte Haltung – zu den Kindern zwar eine notwendige, aber nicht hinreichende Bedingung für eine qualitativ hochwertige Bildungsarbeit ist (vgl. auch Sylva et al., 2004). Während die Fachkräfte hohe Kompetenzen in der Beziehungsgestaltung aufweisen, ist in der Lernprozessunterstützung noch deutliches Entwicklungspotenzial zu verzeichnen. Insbesondere im wenig strukturierten Freispiel mit der gesamten Gruppe scheint es für die Fachkräfte schwieriger zu sein, die Kinder (bzw. einzelne Kindergruppen) intensiv kognitiv zu unterstützen, als dies in stärker strukturierten Settings mit einer kleineren Gruppe zu beobachten ist (Smidt, 2012; Mackowiak et al., 2014; Wirts, Wertfein & Wildgruber, 2015). Auch König (2006) weist in ihrer Studie darauf hin, dass Interaktionen zwischen Fachkraft und Kind(ern), die länger andauern und ein hohes Lernpotenzial beinhalten, im Alltag eher selten vorkommen. Interaktionen mit kog© 2016 Hogrefe Verlag


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nitiv anregenden Interventionen sind folglich rar, und eine gute Beziehungsgestaltung allein reicht nicht aus, um kindliche Denkprozesse optimal anzuregen. Zuletzt bleibt festzuhalten, dass die Indikatoren der Beziehungsgestaltung (mittels Rating) sowie der Lernprozessunterstützung (mikroanalytische Kodierung) auf unterschiedlichen Abstraktionsniveaus (hochinferent vs. mittel- bis niedrig-inferent) erfasst wurden, was möglicherweise den Vergleich der Ergebnisse erschweren könnte. Trotzdem weisen die vorliegenden Befunde in eine ähnliche Richtung wie in Studien, in denen die Einschätzung mit einem Instrument erfolgte (vgl. die o. g. Studien mit der CLASS). Sie ergänzen diese, indem sehr differenziert identifiziert werden kann, welche Interventionen die Fachkräfte wie häufig zeigen. Insofern kann der vorgestellte Ansatz auch als ein lohnenswerter erster Versuch der Triangulation unterschiedlicher Daten interpretiert werden. Weitere Analysen mit den vorgestellten Instrumenten werden zukünftig zeigen, welche methodischen Zugänge sich als valide erweisen und relevante Erkenntnisse über einzelne Bereiche der Prozessqualität in (früh)pädagogischen Institutionen liefern.

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Frühe Bildung (2016), 5 (1), 22–30

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Heike Wadepohl Katja Mackowiak Leibniz Universität Hannover Institut für Sonderpädagogik Abteilung Sonderpädagogische Psychologie Schloßwender Str. 1 30159 Hannover heike.wadepohl@ifs.uni-hannover.de katja.mackowiak@ifs.uni-hannover.de

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ProsA Prosodie-Analyse Ein computergestütztes Verfahren zur Erfassung rezeptiver prosodischer Fähigkeiten

Manual

ProsA

Prosodie-Analyse

Wenke Walther Meike Otten

Ein computergestütztes Verfahren zur Erfassung rezeptiver prosodischer Fähigkeiten

unter Mitarbeit von Katharina Schulz

W. Walther / M. Otten Unter Mitarbeit von K. Schulz Einsatzbereich: Kinder zwischen 4;0 und 8;11 Jahren. Die ProsA wird in der sprachtherapeutischen/ logopädischen Praxis eingesetzt sowie im Bereich der Diagnostik in sozial-pädiatrischen Zentren oder Abteilungen für Pädaudiologie und Phoniatrie. Weitere Einsatzbereiche sind die Ausbildung und das Studium der Logopädie. Einzeltest. Das Verfahren: Die ProsA ist ein computergestütztes Verfahren zur Erfassung rezeptivprosodischer Fähigkeiten. Das Instrument besteht aus fünf separaten Untertests (ein Formtest mit 15 Items und vier Funktionstests mit je 13 Items). Alle Items werden akustisch vorgegeben. Der „Formtest“ dient der Überprüfung der auditiven Diskriminationsfähigkeit für prosodische Merkmale (Tonhöhen, Pausen, Betonungen). Mit dem Funktionstest „Satzmodus“ wird die Fähigkeit bestimmt, den Äußerungstyp (Frage versus Aussage) korrekt zu bestimmen. Mit dem Funktionstest „Wortgrenzen“ wird die Fähigkeit untersucht, Wortgrenzen anhand prosodischer Merkmale zu erkennen. Der Funktionstest „Satzfokus“ ermöglicht die Untersuchung der Fähigkeit, anhand prosodischer Elemente den Fokus eines Satzes korrekt zu erkennen. Mit dem Funktionstest „Emotionen“ kann untersucht werden, inwieweit ein Kind anhand prosodischer Elemente den emotionalen Gehalt einer Äußerung erfassen kann. Bei allen Untertests antwortet das untersuchte Kind, in dem es ein visuell dargebotenes Symbol auf dem Bildschirm anklickt. Der Untersucher sitzt während der Testdurchführung neben dem Kind. Eine Testung in Abwesenheit des Untersuchers ist nicht vorgesehen. Bearbeitungsdauer: Die Durchführungszeit beträgt je nach Alter, Mitarbeit und Konzentrationsfähigkeit des untersuchten Kindes ca. 20 Minuten.

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Freier Beitrag

Warum Frühpädagog/in werden? Eine vergleichende Studie zu Berufswahlmotiven von angehenden Frühpädagog/innen und Lehrer/innen an Grundschulen und Gymnasien Sabine Weiß, Manuela Keller-Schneider, Norbert Neuß, Carla Albrecht und Ewald Kiel Zusammenfassung. Die vorliegende Untersuchung greift das Forschungsdesiderat der Berufswahlmotivation von angehenden Frühpädagog/innen (n = 190) auf und kontrastiert diese mit der zukünftiger Lehrkräfte an Grundschulen (n = 219) und Gymnasien (n = 403). Dazu wird ein bereits bestehendes Messinstrument zu Studien- und Berufswahlmotiven eingesetzt, das durch eine konfirmatorische Faktorenanalyse überprüft wird. Varianzanalytische Vergleiche verweisen auf eine intrinsisch-pädagogische Motivstruktur, die der von Grundschullehramtsstudierenden teilweise ähnelt, aber deutlich von der Gymnasiallehreramtsstudierender differiert. Motive wie pädagogisches Arbeiten und das Fördern von Kindern und Jugendlichen mit ungünstigen Voraussetzungen erfahren eine höhere Gewichtung gegenüber zukünftigen Lehrer/innen an Gymnasien. Der berufliche Idealismus ist im Vergleich geringer ausgeprägt. Das Interesse an (der Vermittlung von) Bildungsinhalten von Frühpädagogikstudierenden bleibt hinter dem von Lehramtsstudierenden zurück. Gleiches gilt für die Bedeutung von extrinsischen Motiven. Die Befunde werden vor dem Hintergrund des gegenwärtigen Professionalisierungsprozesses diskutiert. Es werden Ansatzpunkte für weitere Forschung zu Berufswahlprozessen erarbeitet. Schlüsselwörter: Berufswahlmotiv, Frühpädagogik, Lehrerberuf, Professionalisierung, Varianzanalyse

Early Childhood Educator as Career Choice? A Comparative Study of Career Choice Motives of Future Early Childhood Educators, Primary School Teachers and Grammar School Teachers Abstract. The career choice motivation of future early childhood educators is a research desideratum. The research presented here compares the career choice motivation of future early childhood educators (n = 190) with that of future primary teachers (n = 219) and grammar school teachers (n = 403). The instrument we used measuring field of study and career choice motivation was confirmed by means of confirmatory factor analysis. Variance analyses on the one hand reveal similarities between future early childhood educators and future primary teachers. On the other hand, there are differences with regard to grammar school teachers, who have a lower intrinsic motivation and less idealism. Providing curriculum-bound education and extrinsic motives are not so important. The results are discussed with reference to current professionalization processes. Possible key components for future research are presented. Keywords: career choice motive, early childhood education, professionalization, teacher profession, variance analysis

Berufswahlmotive als Gegenstand der Forschung Untersuchungen zu Studien- und Berufswahlmotiven von Lehrenden haben national (z. B. Horn, 1968) und international (z. B. Stern, 1958) eine lange Tradition. Kontinuierlich werden hierzu Befunde publiziert (z. B. Retelsdorf & Möller, 2012; im Überblick Rothland, 2014). In der Frühpädagogik1 liegt kein vergleichbarer Forschungsstand vor. Dies ist sicherlich dadurch (mit)begründet, dass es sich um ein relativ neues Berufsfeld handelt und sich die Akademisierung der frühkindlichen Bildung in Deutschland 1

in einem Entwicklungsprozess befindet. Entsprechende Studiengänge haben sich erst in den letzten zehn Jahren etabliert. Zudem gibt es kein klares Berufsbild bei gleichzeitig vielfältigen Arbeitsfeldern (vgl. Kirstein, FröhlichGildhoff & Haderlein, 2012). Obwohl sich Berufswahlmotive (bisher) kaum in Zusammenhang setzen lassen mit der späteren Tätigkeit bzw. die prognostische Qualität für z. B. beruflichen Erfolg als sehr begrenzt anzusehen ist, kommt Motivstrukturen in pädagogischen Berufen große Bedeutung zu: Diese ist v. a. der gesellschaftlichen Relevanz des Themas geschuldet. Lehrkräfte leisten einen Beitrag zur Ausbildung der nachfolgenden Generation

Die Begriffe „Frühpädagogik“ bzw. „Frühpädagog/innen“ beziehen sich in der vorliegenden Untersuchung auf Personen, die ein entsprechendes Studium an einer Hochschule absolviert haben (dieses Vorgehen wählen auch andere Studien, z. B. die von Mischo, Wahl, Hendler & Strohmer, 2012).

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Frühe Bildung (2016), 5 (1), 31–39 DOI 10.1026/2191-9186/a000229


32

(Baumert & Kunter, 2006; Richardson & Watt, 2005). Das gilt auch für Fachpersonal in der Kindertagesbetreuung (vgl. OECD, 2006) – ein zentrales Arbeitsfeld von Frühpädagog/innen. Wie schon angeführt, steht dem breiten Forschungsstand im Lehrerberuf ein Forschungsdesiderat in der Frühpädagogik gegenüber. Ebenso fehlen vergleichende Studien zu diesen Berufsgruppen. Die vorliegende Untersuchung greift diese Desiderate im Rahmen eines Forschungsprojekts auf, in dem Studien- und Berufswahlmotive angehender Frühpädagog/innen und Lehrkräfte an Grundschulen und Gymnasien, als kontrastierende Schularten, einem Vergleich unterzogen werden.

Berufsbild und Motivation von Frühpädagog/innen und Lehrkräften Frühpädagog/innen und Lehrkräfte nehmen im Bildungsund Betreuungssystem unterschiedliche Funktionen ein bzw. erfüllen verschiedene Aufgaben und arbeiten in unterschiedlichen Institutionen. Diese Funktionen und Aufgaben sind mit Berufsbildern, Selbstverständnissen und Anreiz(strukturen) assoziiert, die in Berufswahlmotiven verhaltenswirksam werden (McClelland, 1985).

Berufsbilder und Selbstverständnisse Der Beruf der Frühpädagog/in stellt einen relativ neuen Beruf dar. Unter anderem haben die Resultate von Schulleistungsstudien wie PISA und die nur als mittelmäßig eingestufte Betreuungsqualität in Kindertageseinrichtungen in Deutschland (vgl. Tietze et al., 2012) zu Diskussionen über den Stellenwert früher Bildung und zu einer Etablierung einer Vielzahl von früh- bzw. kindheitspädagogischen Studiengängen geführt (vgl. Mischo & Fröhlich-Gildhoff, 2011; Stisser, Horn, Züchner, Ruberg & Wigger, 2012). Es gibt aber nicht den Beruf bzw. das Berufsbild der Frühpädagog/in, sondern vielfältige Arbeitsfelder. Ersten Verbleibestudien zufolge arbeitet die überwiegende Zahl der Absolvent/innen in Einrichtungen der Tagesbetreuung: Die Zahlen liegen hier je nach Untersuchung bei etwa 70 % und darüber (vgl. z. B. Kirstein, Fröhlich-Gildhoff & Haderlein, 2012). Daneben bestehen verschiedene Arbeitsfelder v. a. in der Kinder- und Jugendhilfe, in Kinder- und Jugendfreizeiteinrichtungen sowie in Bereichen der Behindertenhilfe und Integration. Die beruflichen Einsatzmöglichkeiten sind aber nicht nur vielfältig, sondern z. T. wenig trennscharf zu Berufen bzw. Abschlüssen wie u. a. dem der Erzieher/in (vgl. ProjektFrühe Bildung (2016), 5 (1), 31–39

S. Weiß et al., Warum Frühpädagog/in werden?

gruppe ÜFA, 2013) oder dem der (Allgemeinen) Pädagog/in. Professionalisierungsprozesse (vgl. Thole, 2010) zielen aktuell auch auf eine Schärfung und Abgrenzung des Berufsbildes ab. Demgegenüber hat der Lehrerberuf eine „längere Tradition“ in der universitären Struktur, das Berufsbild ist klarer definiert. Die inhaltliche Ausrichtung ist umrissen, die beruflichen Rahmenbedingungen (Einsatz an einer Schule, Verbeamtung usw.) stehen fest – und doch gibt es Unterschiede in Abhängigkeit von der Schulart. Grundschullehrkräfte sehen ihr Selbstverständnis überwiegend in der pädagogischen Tätigkeit mit den Adressaten begründet und begreifen ihre Tätigkeit als Gestaltung einer kindgerechten Lern- und Lebenswelt (Bartnitzky et al., 2009). Der grundlegenden Stellung von Grundschularbeit für alle weiteren Formen und Stufen des Bildungswesens gekoppelte, Erwartungen steht jedoch ein „Abwertungs- und Degradierungsdiskurs“ (Terhart, 2011, S. 128) entgegen, was die berufliche Expertise betrifft, begründet durch u. a. die kürzere Ausbildung, die höhere Stundenverpflichtung und das jüngere Klientel (dies ist nicht gleichzusetzen mit dem gesellschaftlichen Prestige, das für Grundschullehrer/innen hoch ausfällt, vgl. Institut für Demografie Allensbach, 2008). Das Gymnasium kontrastiert dahingehend, dass es die Schulform repräsentiert, die (noch immer) das höchste Maß an Fachlichkeit realisiert (Haag & Hopperdietzel, 2009). Auch wenn dieses Selbstbild aktuell einer Veränderung hin zu einer Stärkung pädagogischer Aufgaben unterliegt (vgl. Terhart, 2001), verstehen sich Gymnasiallehrkräfte nach wie vor (eher) als Fachwissenschaftler/innen und erfahren auch eine solchen Ein- und Wertschätzung von außen (Engelhardt, 1997).

Berufswahlmotive Neben persönlichkeitstypologischen Ansätzen wie z. B. dem von Holland (1985) werden Modelle auf Basis der Erwartungs-Wert-Theorie als Ausgangspunkt für Forschungen zur Berufswahl herangezogen (z. B. Wigfield & Eccles, 2000). Diesen zu Folge sind Motivation und Wahlentscheidungen durch Anreize, die einem Beruf zugeschrieben werden (Wertkomponente), und der Erwartung, dass diese auch auf- bzw. eintreten (Erwartungskomponente), beeinflusst. Anreize sind situative Bedingungen, die zur Ausführung eines bestimmten Verhaltens motivieren, und sind somit das Bindeglied zwischen Motivation und Motiven (McClelland, 1985): Anreize werden in Motiven verhaltenswirksam, indem z. B. eine bestimmte berufliche Option gewählt wird. Erwartungs-und Wertkognitionen stehen in Zusammenhang mit verschiedenen Personen- und Umweltfaktoren © 2016 Hogrefe Verlag


S. Weiß et al., Warum Frühpädagog/in werden?

(u. a. Selbstwirksamkeit, Vorerfahrungen usw.). Die vorliegende Untersuchung fokussiert auf die Wertkomponente und thematisiert folgend in der Diskussion die Erwartungskomponente als ein Desiderat für Anschlussforschung. Anreize wie auch Motive werden häufig in intrinsisch und extrinsisch differenziert (McClelland, 1985). Dieser Gruppierung folgt ein Großteil der nationalen Untersuchungen (z. B. Retelsdorf & Möller, 2012; im Überblick Rothland, 2014) zum Lehrerberuf, ebenso spiegelt dies die internationale Befundlage wider (z. B. Bastick, 2000; Sinclair, 2008), u. a. auch die einflussreichen Studien von Watt und Richardson (2007, 2008), deren Ergebnisse zu den Berufswahlmotiven von Lehramtsstudierenden auf der Erwartungs-Wert-Theorie beruhen. Fasst man bestehende Ergebnisse zu den Motiven in Lehrerberuf und Frühpädagogik zusammen, lassen sich diese folgendermaßen systematisieren (Abb. 1). Intrinsische Motive lassen sich unterteilen in intrinsisch-pädagogische und intrinsisch-fachliche Motive. Erstere dominieren im Lehrerberuf v. a. im Grundschulbereich (Liu, 2010; Sinclair, 2008; Weiß et al., 2009; Wilde, 2005). Angehende Grundschullehrkräfte äußern den Wunsch, eine Beziehung zu Kindern herzustellen und diese in ihrer Entwicklung zu fördern. International fallen Begriffe wie Altruismus und Idealismus (Bastick, 2000; Liu, 2010). Die Vermittlung von Wissen bzw. Bildungsinhalten hingegen charakterisiert Gymnasiallehramtsstudierende in höherem Maße (Retelsdorf & Möller, 2012). Ein vergleichbarer Forschungsstand zu Motiven in der Frühpädagogik existiert derzeit nur in Ansätzen, basierend auf wenigen Studien (z. B. Mischo et al., 2012). Auch international gibt es nur Einzelbefunde (z. B. Langford, 2007; Torquati, Raikes & Huddleston-Casas, 2007). Die Ergebnisse dieser Studien spiegeln sich in dem oben angeführten Modell wider. Sie verweisen ebenfalls auf eine hohe Bedeutung intrinsisch-pädagogischer Motive (Langford, 2007; Projektgruppe ÜFA, 2013; Thole, 2010). Fachliche Aspekte sind eher untergeordnet. Betont wird auch

Abbildung 1. Systematik der Berufswahlmotive.

© 2016 Hogrefe Verlag

33

die gesellschaftliche Relevanz der Tätigkeit als Motiv (Helm, 2010). Extrinsische Motive – Vernooij und Beucker (2007) z. B. differenzieren in die Aspekte „Sicherheitsmotiv“, „finanzielles Motiv“ und „Arbeitszeitmotiv“ – tragen zur Berufswahlentscheidung bei, sind aber intrinsischen untergeordnet (Keller-Schneider, 2011; Projektgruppe ÜFA, 2013; Rothland, 2014). Es ist anzumerken, dass die beruflichen Rahmenbedingungen von Lehrer/innen und Frühpädagog/innen differieren, z. B. in Hinblick auf Arbeitsplatzsicherheit und die Möglichkeit einer (teilweisen) freien Zeiteinteilung. Weitere Forschungsschwerpunkte liegen im Zusammenwirken von Berufswahlmotiven mit der Sicherheit beruflicher Entscheidungsprozesse und personalen Merkmalen. Dabei werden z. B. intrinsische Motive mit einer höheren Sicherheit assoziiert, sowohl bei angehender Lehrer/innen (Foerster, 2008) und als bei Frühpädagog/innen (Mischo et al., 2012); dies ist aber nicht Thema der vorliegenden Untersuchung. Andererseits bildet die vergleichende Untersuchung von Motiven bestimmter Berufsgruppen bzw. Schularten einen Forschungsschwerpunkt. Ein direkter Vergleich zwischen angehenden Frühpädagog/innen und Lehrer/innen verschiedener Schularten besteht aber bisher nicht. Dies ist Ausgangspunkt der vorliegenden Studie.

Fragestellung Die vorliegende Untersuchung greift das gerade anführte Desiderat auf. Dies geschieht mittels eines zur Erfassung von Motiven in pädagogischen Berufen konstruierten Messinstruments (zu intrinsisch-pädagogischen/ fachlichen, extrinsischen Motiven usw., vgl. Lerche, Weiß & Kiel, 2013). Auch wenn z. B. für angehende Gymnasiallehrer/innen Charakteristika wie eine höhere intrinsisch-fachbezogene Motivation anzunehmen sind, sind die (wenigen) bestehenden Befunde zu Frühpädagogik bisher kaum trennscharf gegenüber Lehrer/innen, z. B. in Hinblick auf intrinsisch-pädagogische Motive (z. B. Langford, 2007; Retelsdorf & Möller, 2012), eben weil vergleichenden Studien fehlen. Dazu vertiefte und präzisere Aussagen treffen zu können, ist die Zielsetzung der vorliegenden Untersuchung. Bedingt durch den geringen Forschungsstand ist eine Bildung gerichteter Hypothesen nicht möglich. Daher werden Forschungsfragen formuliert, denen in der vorliegenden Studie nachgegangen werden soll. Frühe Bildung (2016), 5 (1), 31–39


34

S. Weiß et al., Warum Frühpädagog/in werden?

1. Unterscheiden sich angehende Frühpädagog/innen in der Ausprägung intrinsisch-pädagogischer Motive (Wunsch nach einer Arbeit mit Kindern/Jugendlichen, Idealismus, Förderung Benachteiligter usw.) von angehenden Lehrer/innen an Grundschulen und Gymnasien? 2. Unterscheiden sich angehende Frühpädagog/innen in der Ausprägung des intrinsisch-fachlichen Motivs (Fachinteresse bzw. Vermittlung von Bildungsinhalten) von angehenden Lehrer/innen an Grundschulen und Gymnasien? 3. Unterscheiden sich angehende Frühpädagog/innen in der Ausprägung extrinsischer Motive (Arbeitsplatzsicherheit, selbstbestimmte Arbeitseinteilung, Integrierbarkeit von Beruf und Familie) von angehenden Lehrer/innen an Grundschulen und Gymnasien?

Methode Projektzusammenhang Die vorliegende Untersuchung ist Teil des Forschungsprojekts STeam-Student Teacher's Motives, das organisatorisch an der Ludwig-Maximilians-Universität München angesiedelt ist. Weitere Universitäten in Deutschland sowie in der Schweiz und Schweden sind beteiligt. Eine Ausweitung läuft derzeit. Ziel des Projekts ist ein sowohl nationaler als auch internationaler Vergleich von Studienund Berufswahlmotiven in den Bereichen Lehramt und Frühpädagogik. Aus den Befunden werden Maßnahmen und (Beratungs)Instrumente zur Überprüfung und gegebenenfalls Korrekturempfehlungen von Berufswahlentscheidungen entwickelt sowie Kriterien für die Gestaltung der entsprechenden Studiengänge gewonnen. An der Datenerhebung der vorliegenden Untersuchung sind die LMU München (Stichprobe Lehramt) sowie die Justus-Liebig-Universität Gießen, die Pädagogische Hochschule Freiburg und die Alice Salomon Hochschule Berlin (Stichprobe Frühpädagogik) beteiligt.

Tabelle 1. Verteilung der Studierenden nach Studiengang und Geschlecht gesamt

weiblich

männlich

Frühpädagogik

190

170

(89,5 %)

20

(10,5 %)

Grundschule

219

206

(94,1 %)

13

(5,9 %)

Gymnasium

403

258

(64,0 %)

145

(36,0 %)

Gesamt

812

634

(78,1 %)

178

(21,9 %)

Frühe Bildung (2016), 5 (1), 31–39

Stichprobe Die Gesamtstichprobe umfasst 812 Studierende. Deren Verteilung nach Studiengang und Geschlecht ist der Tabelle 1 zu entnehmen. Diese Verteilung ist repräsentativ für die Gesamtzahl der Studierenden an den verschiedenen Standorten. Die Erhebung erfolgte an den Universitäten im Rahmen von großen Veranstaltungen, die von allen Studierenden verpflichtend besucht werden müssen. Den Teilnehmer/innen wurde ein Fragebogen zur sofortigen Bearbeitung vorgelegt. Die Studierenden befanden sich zum Zeitpunkt der Befragung in ersten und zweiten Fachsemester. Der Altersdurchschnitt liegt insgesamt bei 21,7 Jahren (SD = 4.00), er variiert allerdings zwischen den Studierendengruppen signifikant (F(2,810) = 30.09, p < .001). Angehende Grundschullehrer/innen sind im Durchschnitt 21,2 Jahre (SD = 3.74), Gymnasiallehrer/innen 20,2 Jahre (SD = 3.32) und Frühpädagog/innen 23,6 Jahre (SD = 4.44) alt. Dies ist darin begründet, dass in der Frühpädagogik 70 Studierende (36,8 %) vor Studienbeginn eine Ausbildung absolviert haben; damit unterscheiden sie sich signifikant von den beiden anderen Gruppen mit 20,5 % und 9,9 % (χ2 (2, 810) = 58,41, p < .001).

Messinstrument zu den Motiven und Vorgehen Das Messinstrument zur Erfassung der Studien- und Berufswahlmotive wurde im Projekt Wirksamkeit von Lehrerbildung (2006 – 2011) an der LMU München entwickelt. In dessen Rahmen wurde es mehrfach (vor)getestet und validiert sowie für viele Studien genutzt und publiziert (vgl. z. B. Lerche, Weiß und Kiel, 2013). Grundlage für die Konstruktion bildeten einerseits dazu vorliegende Studien (z. B. Ulich, 1998, 2000), zum anderen wurden durch Expertenbefragung weitere, bisher fehlende Aspekte ergänzt. Es wurden insgesamt 54 Items auf einer vierstufigen Ratingskala (0 = trifft nicht zu, 1 = trifft eher nicht zu, 2 = trifft eher zu, 3 = trifft voll und ganz zu) vorgelegt. Diese Items lassen theoretisch verschiedenen Skalen zu Berufswahlmotiven zuteilen und bilden die zuvor beschriebenen • intrinsisch-pädagogischen (pädagogische Arbeit mit Kindern/Jugendlichen, Fördern, Idealismus, Verantwortung/Herausforderung), • intrinsisch-fachbezogenen (Fachinteresse/Vermittlung von Bildungsinhalten), • extrinsischen (berufliche Sicherheit, Zeiteinteilung, Familienverträglichkeit) © 2016 Hogrefe Verlag


S. Weiß et al., Warum Frühpädagog/in werden?

Motive ab. Die Faktoren zeigten zufriedenstellende bis meist gute Reliabilitätswerte (Cronbach's α > .71). Für den Einsatz im vorliegenden Projekt wurde das Instrument einer erneuten Analyse bezüglich der Reliabilität unterzogen, die Teil der Ergebnisdarstellung ist.

Ergebnisse Einsatz des Messinstruments zu den Motiven im vorliegenden Projekt Da die bisher bestehenden Reliabilitätswerte Referenzwerte für das Lehramt darstellen, wurde das Messinstrument im Rahmen des Projekts erneut einer Reliabilitätsanalyse unterzogen. Dabei zeigten sich auch für die Gruppe der Frühpädagog/innen zufriedenstellende bis gute Reliabilitätswerte. Lediglich die beiden Skalen Idealismus und Interesse an (der Vermittlung von) Bildungsinhalten wiesen keine zufriedenstellenden Werte auf (α < .70). Durch Trennschärfenanalysen wurden aus jeder Skala zwei Items gestrichen. So konnten zufriedenstellende Werte erzielt und das Instrument für alle Vergleichsgruppen eingesetzt werden. Tabelle 2 stellt die Faktoren der Berufswahlmotivation mit Itemzahl und Beispielitems dar; darüber hinaus ist das Cronbach's α für die Ge-

35

samtstichprobe sowie die Teilstichproben der Frühpädagog/innen und der Lehrer/innen getrennt aufgelistet.

Vergleich der Berufswahlmotive Betrachtet man die absolute Ausprägung der Motive bei den angehenden Frühpädagog/innen, lässt sich eine höhere Gewichtung von pädagogisch- und fachlich-intrinsischen gegenüber extrinsischen Motiven feststellen. Besonders der Wunsch nach einer pädagogischen Arbeit mit Kindern/Jugendlichen erfährt hohe Zustimmung. Auch das fachbezogene Interesse wird als stärker eingeschätzt als z. B. berufliche Sicherheit. Mittels Varianzanalyse (ANOVA) mit Post hoc-Tests nach Scheffé werden die Studien- und Berufswahlmotive angehender Frühpädagog/innen und Lehrer/innen an Grundschulen und Gymnasien verglichen. Die Ergebnisse sind in der folgenden Tabelle 3 zusammengefasst. Zusätzlich ist die Effektstärke (f) (Cohen, 1988) angegeben (berechnet mit G*Power). Auf eine Berücksichtigung des Faktors Geschlecht wird verzichtet, da die Zahl männlicher Studierender zu gering ist. Die ANOVA zeigt signifikante Effekte für alle Berufswahlmotive auf dem Niveau von p < .001. Nach Cohen liegen mittlere Effekte vor (f > .25), bei dem Motiv der Vermittlung von Bildungsinhalten ein großer Effekt (f > .50). Für intrinsisch-pädagogische Motive, pädagogi-

Tabelle 2. Faktoren der Berufswahlmotivation Skala

Items

Beispielitem

Alpha gesamt

Alpha Lehramt

Alpha Frühpäd.

… weil ich Freude am Zusammensein mit Kindern habe. … weil ich Interesse am Erziehen habe.

.82

.82

.81

Ich habe mich für den Beruf entschieden … Pädagogisches Arbeiten mit Kindern/ Jugendlichen

14

Förderung von Kindern/Jugendlichen (mit ungünstigen Voraussetzungen)

6

… um Kinder/Jugendliche vor Gefährdungen ihrer Entwicklung zu schützen. … um Kinder/Jugendliche mit ungünstigen Bildungsvoraussetzungen zu fördern.

.77

.76

.78

Idealismus

4

… um die Gesellschaft zu verändern. … um Bildungseinrichtungen zu verbessern.

.74

.79

.70

Verantwortung und Herausforderung

7

… um eine verantwortungsvolle Tätigkeit auszuüben. … um Gestaltungsmöglichkeiten zu haben.

.72

.75

.70

Interesse an (der Vermittlung von) Bildungsinhalten

6

… um anderen etwas beizubringen. … um Bildungsinhalte zu vermitteln.

.75

.79

.71

Berufliche Sicherheit

7

… um ein sicheres Einkommen zu haben. … um gute Aufstiegschancen zu haben.

.82

.82

.81

Selbstbestimmte Arbeitseinteilung

3

… weil ich mit meine Arbeit selbst einteilen kann. … um selbstständig arbeiten zu können.

.73

.73

.73

Familienverträglichkeit

3

… um später Familie und Beruf gut vereinbaren zu können. … weil es die Möglichkeit zur Teilzeitarbeit gibt.

.78

.82

.75

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Frühe Bildung (2016), 5 (1), 31–39


36

S. Weiß et al., Warum Frühpädagog/in werden?

Tabelle 3. Studien- und Berufswahlmotive im Vergleich – Ergebnisse der ANOVA Motiv

Gruppe

Pädagogisches Arbeiten mit Kindern/ Jugendlichen

Förderung von Kindern/Jugendlichen (mit ungünstigen Voraussetzungen)

Idealismus

Verantwortung und Herausforderung

Interesse an (der Vermittlung von) Bildungsinhalten

Berufliche Sicherheit

Selbstbestimmte Arbeitseinteilung

Familienverträglichkeit

M

SD

F (2,482)

f

p

Frühpäd.

2.42

.33

38.07

.32

< .001

Grundschule

2.50

.32

Gymnasium

2.26

.341

Frühpäd.

2.20

.48

45.84

.33

< .001

Grundschule

2.25

.45

Gymnasium

1.92

.48

Frühpäd.

1.51

.60

21.95

.26

< .001

Grundschule

1.91

.56

Gymnasium

1.77

.48

Frühpäd.

2.08

.44

16.14

.26

< .001

Grundschule

2.05

.47

Gymnasium

1.83

.44

Frühpäd.

1.90

.43

97.42

.52

< .001

Grundschule

2.04

.49

Gymnasium

2.43

.43

Frühpäd.

0.92

.45

53.19

.37

< .001

Grundschule

1.28

.48

Gymnasium

1.35

.48

Frühpäd.

1.31

.72

48.11

.32

< .001

Grundschule

1.83

.60

Gymnasium

1.80

.65

Frühpäd.

1.41

.75

40.73

.28

< .001

Grundschule

1.95

.60

Gymnasium

1.74

.70

sches Arbeiten, die Förderung von Kindern/Jugendlichen (mit ungünstigen Voraussetzungen) und die berufliche Verantwortung, ist ein ähnliches Bild festzustellen. Studierende der Frühpädagogik und des Grundschullehramts gewichten diese Motive als ähnlich bedeutsam und höher als die des Gymnasiallehramts (p < .001 in Post hoc-Tests). Der Wunsch nach einer pädagogischen Arbeit wird von angehenden Grundschullehrkräften stärker geäußert als von Frühpädagog/innen (p < .05). Eine Ausnahme bildet der Idealismus, der von Frühpädagogikstudierenden einen besonders geringe Gewichtung erfährt – geringer noch als von angehenden Gymnasiallehrer/innen (p < .001). Das intrinsisch-fachliche Motiv des Interesses an (der Vermittlung von) Bildungsinhalten hat bei den angehenden Frühpädagog/innen den geringsten StellenFrühe Bildung (2016), 5 (1), 31–39

wert, signifikant gegenüber den beiden anderen Gruppen (jeweils p < .001). Auch für die extrinsischen Motive, berufliche Sicherheit, selbstbestimmte Arbeitseinteilung und eine Integrierbarkeit von Familie und Beruf, zeigt sich ein ähnliches Bild. Alle extrinsischen Motive werden von angehenden Frühpädagog/innen gleichermaßen gegenüber den anderen Gruppen als weniger bedeutsam bewertet (alle p < .001).

Diskussion Die intrinsische Motivstruktur angehender Frühpädagog/innen kontrastiert deutlich mit der angehender Gym© 2016 Hogrefe Verlag


S. Weiß et al., Warum Frühpädagog/in werden?

nasiallehrer/innen und differiert in einigen Aspekten auch von der angehender Grundschullehrer/innen. Intrinsischpädagogische Motive erfahren durch zukünftige Frühpädagog/innen eine höhere Gewichtung als durch Lehrer/innen an Gymnasien. Speziell das Motiv einer pädagogischen Arbeit weist die höchste Ausprägung bei angehenden Grundschullehrkräften auf. Hingegen der berufliche Idealismus ist im Vergleich zu den Lehramtsstudierenden am geringsten. Das Interesse an (der Vermittlung von) Bildungsinhalten von Frühpädagogikstudierenden bleibt hinter dem von angehenden Lehrer/innen zurück. Gleiches gilt für die Bedeutung von extrinsischen Motiven. Diese Motivstruktur lässt sich vor dem Hintergrund beruflicher Entwicklungen und Selbstverständnisse diskutieren. Zudem werden daraus Desiderate abgeleitet u. a. für den Professionalisierungsprozess und für weitere Forschungsarbeiten, hier mit besonderem Blick auf Personenund Umweltfaktoren, die den Prozess der Berufswahl beeinflussen und in der vorliegenden Untersuchung nicht berücksichtigt werden (vgl. das Modell von Wigfield & Eccles, 2000).

Motive und Berufsbild Der Beruf der Frühpädagog/in stellt ein neues Berufsfeld dar, das in Entwicklung begriffen ist und sich gegenwärtig in einem Professionalisierungsprozess befindet (vgl. Mischo & Fröhlich-Gildhoff, 2011). Die meisten Frühpädagog/innen sind im Bereich der Kindertagesbetreuung tätig, es stehen aber auch viele andere Arbeitsbereiche offen (vgl. z. B. Kirstein, Fröhlich-Gildhoff & Haderlein, 2012). Einsatzmöglichkeiten und Berufsbild sind breit, im Vergleich zum Lehrerberuf weniger klar umrissen, es herrscht weniger Klarheit über Anreize des Berufs, es gibt keine „traditionellen Motivstrukturen“ (vgl. Horn, 1968; Rothland, 2014). Insgesamt bestehen weniger Orientierungspunkte für die Berufswahl und viele Studierende können aufgrund der Breite möglicher Handlungsfelder nicht (genau) einschätzen, welche Tätigkeit sie später ausüben werden; ähnlich argumentieren auch Mischo et al. (2012) in ihrer Studie. Und doch zeigt sich für Studierende der Frühpädagogik ein Profil, das von dem angehender Lehrer/innen, in Abhängigkeit von deren Schulart, differiert und, z. B. mit Blick auf den beruflichen Idealismus, eigene Schwerpunkte setzt. Angehende Frühpädagog/innen sind weniger durch den Wunsch nach einer Vermittlung von Bildungsinhalten motiviert als zukünftige Lehrer/innen. Während Wissensvermittlung eine der Kernaufgaben Lehrender ist, sehen sich Frühpädagog/innen innerhalb der verschiedenen Arbeitsfelder offensichtlich primär nicht als „Wissensvermittler“, sondern setzen andere Arbeitsschwerpunkte. Unabhängig davon mit welcher „Altersgruppe“ sie arbeiten – sie grenzen © 2016 Hogrefe Verlag

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sich so vom Lehrerberuf bzw. dem Wunsch Lehrer/in zu werden ab. Motive wie das Fördern von Kindern und Jugendlichen mit ungünstigen Voraussetzungen werden höher gewichtet als von zukünftig am Gymnasium Tätigen. Sie differieren in ihrer Ausprägung aber auch von angehenden Grundschullehrkräften und z. B. deren hoher pädagogischer und idealistisch geprägter Motivation. Der eher geringe berufliche Idealismus von Frühpädagogikstudierenden findet in der deutschsprachigen Wissenschaft eine durchaus positive Resonanz. Internationale Betrachtungen werten diesen zwar als gute Voraussetzung (vgl. z. B. Wadsworth, 2001). Bestehende nationale Studien stellen jedoch kritisch die belastenden Folgen von überhöhtem Arbeitsengagement und Idealismus heraus (Hillert, Sosnowsky & Lehr, 2005). Es kann durchaus von einer „gesunden“ Distanz zu den Adressaten gesprochen werden. Möglicherweise sind hier weitere z. B. personale und Umweltfaktoren wirksam, die im Sinne des Erwartungs-Wert-Modells Wahlprozesse beeinflussen. Dies könnten z. B. berufliche Vorerfahrungen sein, die Frühpädagog/innen im Kontext einer Ausbildung gesammelt haben und die eine realistische Einschätzung der pädagogischen Tätigkeit mit Blick den „Erfolg“ idealistischer Überzeugungen wie „die Gesellschaft verbessern zu wollen“ stützen. Dieser Befund kann auch Ausdruck einer akademischen Profilierung sein, die darauf hindeutet, dass das Studium nicht nur als eine Ausbildung für die betreuende Tätigkeit mit Kindern und Jugendlichen gesehen wird. Die Studierenden befinden sich zwar erst am Beginn ihrer Ausbildung, doch kann das Studium hier möglicherweise bereits einen ersten Schwerpunkt gesetzt haben. Dieses spezifische Motivprofil kann in weiterführenden Forschungen mit Blick u. a. auf die Erwartungskomponente des Erfahrungs-Wert-Modells spezifiziert und ergänzt werden. Die untergeordnetere Bedeutung extrinsischer Motive mag dem geschuldet sein, dass der Lehrer/innenberuf mit der Möglichkeit der Verbeamtung, Arbeitsplatzsicherheit usw. auf anderen beruflichen Rahmenbedingungen basiert, die in die Berufswahl Lehrer/in von Anfang mit einfließen oder zumindest „gerne als Teil des Berufs angenommen werden“.

Desiderate für Forschung und Professionalisierung Aus der Motivstruktur lassen sich, wie schon angerissen, Forschungsdesiderate und Überlegungen für den gegenwärtigen Professionalisierungsprozess ableiten. Es ist die Abgrenzung vom Erzieherberuf zu schärfen (vgl. Projektgruppe ÜFA, 2013). Ein Bedarf an entsprechend qualifiziertem Fachpersonal ist unbestritten (OECD, 2006; Frühe Bildung (2016), 5 (1), 31–39


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Tietze et al., 2012), doch ist zu klären, welche Positionen in den vielfältigen Arbeitsbereichen akademisch ausgebildetes Personal einnehmen wird und welche Entlohnung damit verbunden ist. Dass bestehende Abgrenzungsschwierigkeiten nicht unbedingt im Selbstverständnis der angehenden Frühpädagog/innen verankert sind, dafür liefert die vorliegende Untersuchung erste Hinweise, z. B. durch eine realistische Reflexion der adressatenbezogenen Aspekte. Es gilt aber auch das Berufsbild derer zu schärfen und die beruflichen Einsatzmöglichkeiten derer zu klären, die nicht in der Kindertagesbetreuung tätig sind. Dieser Prozess sollte durch Untersuchungen zu einer vertieften Darstellung der Motivstruktur von Frühpädagog/innen begleitet werden. Dies stellt zugleich eine Einschränkung der vorliegenden Untersuchung dar, die im Rahmen des Erwartungs-Wert-Modells auf die Wertkomponente fokussiert. Für eine vertiefte Betrachtung von Wahlprozessen sind auch personale und Umweltfaktoren zu berücksichtigen (vgl. Eccles, 2011). Eine Ergänzung der Befunde durch z. B. Aspekte des Selbstkonzeptes angehender Frühpädagog/innen ließe weiterführende Schlüsse zu, die auch bezüglich der im Folgenden noch angeführten Maßnahmen des Gewinns von „geeigneten“ Studierenden und der Beratung von Studierenden von Tragweite sind. Legt man entsprechende Untersuchungen längsschnittlich an, können zudem auch Aussagen darüber getroffen werden, ob zukünftige Frühpädagog/innen ihr Studium mit konkreten beruflichen Vorstellungen (z. B. in Kindertagesbetreuung, Kinder-/Jugendhilfe arbeiten) aufnehmen oder sich differenzierte Vorstellungen erst in der Ausbildung entwickelt – und welchen Beitrag das Studium dazu leistet. Um weitere Entwicklungen der Professionalisierung und damit möglicherweise einhergehenden Veränderungen in der beruflichen Motivation nachvollziehen zu können, bieten sich Verbleibestudien zu den Absolvent/innen früh- und kindheitspädagogischer Studiengänge an (vgl. Kirstein & Fröhlich-Gildhoff, 2014). Kontinuierliche Forschung zur Motivation eröffnet Möglichkeiten, eine entsprechende (Studien)Beratung an Universitäten aber auch in Einrichtungen der beruflichen Beratung auszubauen und diese stärker auf die Adressaten zuzuschneiden. Forschung zu Motivstrukturen liefert auch eine Grundlage, Maßnahmen im Sinne eines strategischen Recruitments zu konzipieren, mittels derer besonders geeignete Personen für den Beruf gewonnen werden (können) (vgl. hierzu Monitor Lehrerbildung, 2014, für den Lehrerberuf): Ein solches Recruitment erfolgt beispielsweise durch die empirische Erstellung von Eignungsprofilen, die u. a. auf Motivstrukturen bzw. einer Kompatibilität von Motiven und beruflichen Anforderungen basieren. Frühe Bildung (2016), 5 (1), 31–39

S. Weiß et al., Warum Frühpädagog/in werden?

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Sabine Weiß Carla Albrecht Ewald Kiel Ludwig-Maximilians-Universität München Lehrstuhl für Schulpädagogik Leopoldstraße 13 80802 München sabine.weiss@edu.lmu.de kiel@lmu.de carla.albrecht@web.de

Manuela Keller-Schneider Pädagogische Hochschule Zürich Fachbereich Pädagogische Psychologie Lagerstrasse 2 8090 Zürich Switzerland m.keller-schneider@phzh.ch

Norbert Neuß Justus-Liebig-Universität Gießen Arbeitsbereich Erziehungswissenschaft Schwerpunkt Pädagogik der Kindheit Karl-Glöckner-Straße 21 35394 Gießen norbert.neuss@erziehung.uni-giessen.de

Frühe Bildung (2016), 5 (1), 31–39


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Interesse von Kleinkindern an unterschiedlichen Sprachlernmedien Catherine Walter-Laager, Kathrin Brandenberg, Luzia Tinguely, Barbara Moschner, Jürg Schwarz und Manfred R. Pfiffner Zusammenfassung. Im vorliegenden Artikel wird, basierend auf der theoretischen Rahmenkonzeption zu Interesse von Schiefele, Prenzel, Krapp, Heiland und Kasten (1983), der Fokus auf das (situative) Interesse von zweijährigen Kindern an der Verwendung von unterschiedlichen Sprachlernmedien gelenkt. In einer quasi-experimentellen Versuchsanordnung wurde überprüft, inwiefern die Auseinandersetzung mit einer Wortlern-App gegenüber traditionellen Sprachfördersettings Vor- beziehungsweise Nachteile bezüglich des Interesses bringt und welche Bedeutung dabei die Begleitung durch eine Bezugsperson hat. Es zeigte sich, dass die Kinder bei der Verwendung einer Wortlern-App ein deutlich höheres situatives Interesse als bei der Betrachtung von entsprechenden Bildkarten aufweisen, dies sowohl mit als auch ohne Begleitung durch eine Bezugsperson. Schlüsselwörter: Frühpädagogik, Interesse, Wortschatz, Bildmedium, Applikation (App), Tablet-Computer

Toddlers' Interest in Different Language Acquisition Forms Abstract. The current study investigates the interest of 2-year-olds in language training media. Within the framework of the work by Schiefele et al. (1983), we asked whether children's interest in using a word-learning app is enhanced or reduced compared with their interest in more traditional language training settings. The role of a caretaker in the children’s interest was also assessed. Results suggest that children are much more interested in using a word-learning app than using picture cards – both when using the media alone or together with a caretaker. Keywords: Early education, interest, vocabulary, visual media, app, tablet computer

Interesse und Interessiertsein wird gerade in der frühkindlichen Bildung als zentraler Motor für eigenständiges Lernen von Kleinkindern angesehen (bspw. Wustmann Seiler & Simoni, 2012; Duncker, 2010). Bei der Verwendung des Interessenbegriffs in elementarpädagogischen Publikationen fällt aber auf, dass weder Wirkmechanismen noch dahinter stehende Interessenkonzepte theoretisch diskutiert werden. Bei dieser Lücke setzt die vorliegende Forschungsarbeit an und nimmt einen spezifischen, aktuellen Blickwinkel ein: Es wird überprüft, welche Sprachlernmedien bei Kleinkindern situatives Interesse auslösen und wie sich dieses auf das Lernen auswirkt. Als theoretische Grundlage dient die Rahmenkonzeption von Schiefele, Prenzel, Krapp, Heiland und Kasten (1983), in der Interesse als relativ stabile Relation zwischen einer Person und einem Gegenstand konzipiert wird. Diese Beziehung weist bereits bei Kindern im Vor- oder Grundschulalter eine komplexe Struktur auf (Fink, 1992). Als ausschlaggebende Indikatoren zur Beschreibung von Interesse sind die epistemische Orientierung (im Sinne von Erweiterung des Wissens), die selbstintentionale Handlungstendenz und die affektive Besetzung gegenüber einem Interessengegenstand zu nennen (Prenzel, Lankes & Minsel, Frühe Bildung (2016), 5 (1), 40–49 DOI 10.1026/2191-9186/a000243

2000). Das Modell von Holodynski und Oerter (2008) nimmt die Indikatoren auf und verdeutlicht in einem größeren Rahmen den Stellenwert von Interesse für die Entwicklung eines Menschen. Unterschieden wird zwischen dem Interesse an Tätigkeiten und dem Interesse an Gegenständen. Das Interesse an Tätigkeiten bildet die Grundlage für den Aufbau von wichtigen Fertigkeiten. Das Interesse an Objektbereichen, welches vor allem im Zentrum der Interessenforschung steht, wird als konstante und länger anhaltende Beschäftigung verstanden (siehe auch Krapp, 2002), die dem Aufbau von Erkenntnis und der Konstruktion von Wissen im weitesten Sinne dient. Das Interesse an Tätigkeiten und das Interesse an Objekten können prinzipiell sowohl situativ als auch überdauernd auftreten (Holodynski & Oerter, 2008). Situatives oder situationales Interesse wird als motivationaler Zustand beschrieben, der durch die besonderen Anreizbedingungen einer Situation hervorgerufen wird. Individuelles Interesse wird im Gegensatz dazu als habituelle Tendenz oder dispositionales Merkmal einer Person aufgefasst und ist anhaltend (Krapp, 2010). Im letzteren Falle ermöglicht die Situation eine Aktualisierung des individuellen Interesses (Holodynski & Oerter, 2008; Daniels, 2008). © 2016 Hogrefe Verlag


C. Walter-Laager et al., Interesse von Kleinkindern an unterschiedlichen Sprachlernmedien

Entwicklung von Interesse und daran anknüpfende Handlungstendenzen Kinder interessieren sich bereits ab der Geburt für ihre unmittelbare Umwelt (DeLoache, Simcock & Macari, 2007). Ihr Interesse erweitert und verändert sich im Sinne eines Ausbaus kontinuierlich. Hidi und Renninger (2006) entwickelten für den Aufbau individueller Interessen ein vierphasiges Modell: Zuerst spielt die Situation die entscheidende Rolle, danach ist die soziale Unterstützung wichtig. Sobald das Interesse sich stabilisiert, entwickeln sich eigene Fragestellungen. Letztlich erfolgt bei Wahlmöglichkeiten immer wieder die Rückkehr zum Interessensgegenstand. Dies wird in Spiel- und anderen Wahlsituationen deutlich: Kinder spielten in der Untersuchung von Renninger und Leckrone (1991) am intensivsten in Interaktion mit anderen Kindern und ohne sich von ihrem Spiel abbringen zu lassen mit Gegenständen, die ihrem Interesse entsprachen. Ein ähnliches Ergebnis zeigte sich auch in einer eigenen Untersuchung: Zweijährige Kinder entschieden sich in einer Wahlsituation seltener für unbekannte Gegenstände. Sie spielten eher mit bekanntem, in Interaktionen erprobtem Material (Tinguely et al., 2013; Eichen, Tinguely, Geissmann & WalterLaager, 2014).

Einfluss der Lebensumwelt Interesse wird wesentlich von der Lebensumwelt eines Menschen beeinflusst. Auslöser für neue Interessen sind Personen, welche über Modelllernen und über ihr Anleiten wirken oder auch situative Faktoren sowie persönliche Talente (Stamm, 2005). Im Kindergartenalter kommen die meisten Anstöße aus der Familie, gefolgt von den Peers. Am wenigsten Anregungen erfolgen dagegen seitens pädagogischer Fachpersonen (Wieder, 2009). Leibham, Alexander, Johnson, Neitzel und ReisHenrie (2005) legten dar, dass Kinder, die langfristige, individuelle Interessen haben, in einer familiären Umgebung aufwachsen, in welcher eine spezifische Unterstützung der Interessenentwicklung geleistet wird. Diese Unterstützung erfolgt insbesondere durch das Angebot von interessenbezogenem Material, die Befriedigung der kindlichen Neugier und das Vorlesen von Büchern, die sich auf die Interessen der Kinder beziehen. Negativ wirkt sich auf das Interesse der Kinder dagegen Kontrolle durch Erwachsene aus (Calvert, Strong & Gallagher, 2005). © 2016 Hogrefe Verlag

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Interesse und Sprachlernmedien In der vorliegenden Studie soll überprüft werden, ob unterschiedliche Sprachlernmedien eine differenzierende Wirkung auf das Interesse von Kleinkindern ausüben. Der Bereich Sprache wurde gewählt, da der Spracherwerb zu den wichtigsten Entwicklungsaufgaben im frühen Kindesalter gezählt wird. Insbesondere der früh erworbene Wortschatz hat eine grosse Bedeutung für die weitere Sprachentwicklung und zukünftige Sprachleistungen (Bates, Dale & Thal, 1995; Bleses et al., 2008; Bockmann, 2007; Szagun, 2006; Walker, Greenwood, Hart & Carta, 1994). Aus didaktischer Perspektive stellt sich immer auch die Frage nach idealen Lernformen und -medien. In Bezug auf Kleinkinder ist diese Frage besonders relevant, weil in der Frühpädagogik im deutschsprachigen Raum zwei konkurrierende Bildungsverständnisse existieren, welche unterschiedliche methodische Vorgehensweisen nahelegen: (1) Die Selbstbildung betont die Eigenaktivität der Kinder und sieht davon ab, dass die Pädagoginnen aktiv Lernprozesse steuern. (2) Der ko-konstruktivistische Ansatz betont die gemeinsame Eroberung der Welt mit anteilnehmender und begleitender Unterstützung von kompetenten Bezugspersonen (Meyer & Walter-Laager, 2012). Spezifisch für das Sprachlernen in der frühen Kindheit konnte mehrfach gezeigt werden, dass das gemeinsame Bilderbuch-Lesen für die kindliche Sprachentwicklung einen wertvollen Rahmen liefert und gerade auch das dialogische Buchlesen die Möglichkeit für effektive Förderung bietet (bspw. Huebner, 2000; Hargrave & Sénéchal, 2000; Buschmann, 2011). Effekte neuerer digitaler Bildschirmmedien wie Tablet-Computer und Smartphones mit interaktiven Apps sind dagegen Neuland in der Forschung (Kirkorian, Choi & Pempek, 2013) und auch Kleinkinder und Babys waren bisher kaum Gegenstand von Studien zu digitalen Medieneffekten (Kirkorian, Wartella & Anderson 2008). Das kleinkindliche Interesse wurde – wie oben bereits berichtet – nur in geringem Masse untersucht. In Bezug auf Bilderbücher fanden sich keine Studien zum Interesse. Bei der Literaturrecherche zu Interesse an (interaktiven) Bildschirmmedien fand sich in den Datenbanken FIS, ERIC und Google Scholar nur ein Forschungsergebnis: Bergin, Ford und Hess (1993) untersuchten Motivationsmuster von Kindern in einem US-amerikanischen Kindergarten beim Gebrauch von Computern mit geeigneter Software. Die Forschungsresultate legen dar, dass die Kinder insgesamt großes Interesse gegenüber den Computern zeigten, das sich im Verlauf der Studie (4 Monate) nicht so stark verringerte, wie dies bei einem Neuheitseffekt hätte erwartet werden können. Die Forscher folgerten daraus, dass der Gebrauch von Computern mit geeigneter Software im Kindergarten hinsichtlich Motivation und Interesse als überwiegend positiv einzuschätzen ist. Frühe Bildung (2016), 5 (1), 40–49


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C. Walter-Laager et al., Interesse von Kleinkindern an unterschiedlichen Sprachlernmedien

Fragestellung Interesse wird in der frühen Kindheit als wichtiger Faktor für das Lernen propagiert. Es wird gefordert, die Interessen der Kinder aufzugreifen. Die Erkenntnisgrundlage ist aber relativ schmal, welche Materialien – oder wie hier – welche Bildmedien bei den Kindern Interesse auslösen und welche Rolle dabei die Unterstützung der Erwachsenen spielt. Die Datenbasis der folgenden Ausführung beruht auf der Studie „Kleinkinder erobern die moderne Welt“ (Walter-Laager et al., 2014). Die vorliegende Studie überprüft, ob und in welchem Umfang die Vermittlung von Wortschatz über eine Wortlern-App Vor- oder Nachteile gegenüber traditionellen Sprachfördersettings wie dem Bilderbuch bringt und welche Bedeutung die Begleitung durch eine Bezugsperson hat. Das Interesse stand als zentraler Faktor im Vordergrund. Er wurde mit folgenden Fragestellungen untersucht: a. Welche Effekte hat eine Wortlern-App im Vergleich zu gedruckten Bildmaterialien auf das frühkindliche situative Interesse? b. Wird das frühkindliche situative Interesse durch eine kompetente Begleitung bei der Mediennutzung positiv unterstützt? c. Welche Effekte zeigt das situative Interesse auf den Wortlernerfolg bei einem Kleinkind?

Methode Untersuchungsdesign Die Studie dauerte insgesamt zwei Monate und umfasste drei Phasen (siehe Tabelle 1). In der ersten Phase füllten die Eltern einen Fragebogen zum familiären Hintergrund, den Interessen der Kinder sowie dem Zugang zu TabletComputern und (Bilder-)Büchern aus. Ergänzend wurden der produktive sowie der rezeptive Wortschatz der Stichprobenkinder mit dem SETK-2 (Grimm, Aktas & Frevert, 2000) getestet, zusätzlich der spezifische Wortschatz der Intervention abgefragt. In der zweiten Phase durfte jedes Kind während maximal 20 Minuten entweder alleine oder in Begleitung der Interventionsleiterin mit der WortlernApp „Lingua Kidz“ (Ries & Maxymchuk, 2012) auf einem Tablet-Computer oder mit aus der App extrahierten Bildkarten spielen. In der dritten Phase folgte der Posttest. Dabei wurde nur der spezifische Wortschatz, welcher die Kinder durch die Intervention erwerben sollten, erneut überprüft. Als Kontrollvariable wurden die kognitiven Kompetenzen des Kindes erfasst (mit mehreren Untertests des ET 6-6 von Petermann, Stein & Macha, 2006). Frühe Bildung (2016), 5 (1), 40–49

Pretest, Intervention und Posttest wurden in möglichst kurzen Zeitabständen durchgeführt, um zu verhindern, dass die teilnehmenden Kinder sich den spezifischen Wortschatz aus der Intervention in einem anderen Rahmen aneignen.

Stichprobe Die Rekrutierung der Stichprobe erfolgte über Kindertagesstätten der Deutschschweiz sowie Niedersachsens. Die Eltern wurden schriftlich über die Studie informiert und konnten Rückfragen an die Kita-Leitung oder das Forscherinnen-Team stellen. Ziel war es, Kleinkinder ab zwei Jahren – also mit Einsetzen der Wortexplosion (Grimm, 2003; Largo, 2010) – mit Erstsprache Deutsch zu rekrutieren. 98 Familien erklärten sich bereit, an der Studie mitzuwirken. Schließlich durchliefen 66 Kinder im Alter zwischen 23 und 31 Monaten (Durchschnittsalter beim Pretest: 27.3 Monate) sämtliche Phasen der Intervention. Der hohe Dropout lässt sich dadurch erklären, dass viele Kinder in den Wintermonaten bei einem der Untersuchungszeitpunkte durch Krankheit oder auch Weihnachtsferien fehlten. Zudem war es für die Kinder jederzeit möglich ihre Teilnahme abzubrechen und zum Spiel der anderen Kinder zurück zu kehren. Dies war aus ethischen Gründen bei der Arbeit mit so jungen Kindern zentral, es war aber auch wichtig, um die Zustimmung der Eltern und Erzieherinnen zu gewinnen. 46.9 % der Kinder waren Mädchen, 53.1 % Jungen. Der Bildungsstand der Eltern bewegt sich mehrheitlich auf der Ebene eines Hochschulabschlusses (Mütter: 67.4 %, Väter: 69.5 %). Die Zuteilung zu den Gruppen erfolgte aufgrund der erfassten Kinderdaten zum Geschlecht, zum Sprachstand und zum Zugang zu Tablet-Computern. Sie wurden wegen des hohen Dropouts nachträglich noch einmal überprüft. Die drei Interventionsgruppen sowie die Kontrollgruppe unterschieden sich nicht voneinander hinsichtlich des allgemeinen Sprachstands (Kruskal-Wallis: χ2(3) = 1.862, p = .602), des Zugangs zu Tablet-Computern (Chi-Quadrat: χ2(3) = 4.913, p = .178) und der kognitiven Kompetenzen (KruskalWallis: χ2(3) = 3.896, p = .273).

Datenerhebung Videos. Zur Beantwortung der Fragestellung wurden mehrere Instrumente verwendet. Im Zentrum der Datenerhebung rund um das situative Interesse standen Videoaufnahmen. Das Kameraskript sah vor, dass die Kinder aus erhöhter Perspektive von vorne gefilmt wurden. Dies ermöglichte die Handlungen wie auch die sich auf dem © 2016 Hogrefe Verlag


C. Walter-Laager et al., Interesse von Kleinkindern an unterschiedlichen Sprachlernmedien

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Tabelle 1. Untersuchungsablauf Dezember 2013

Mitte Januar 2014

Ende Januar 2014

Gruppe „Tablet-Computer mit Begleitung“ • Elternfragebogen • Pretest: Genereller und spezifischer Wortschatz

Interventions-Gruppen

Gruppe „Tablet-Computer ohne Begleitung“ Gruppe „Bildkarten mit Begleitung“

Kontrollgruppe

• Posttest: Spezifischer Wortschatz • Kognitive Kompetenzen

Gruppe „Bildkarten ohne Begleitung“

Tabelle 2. Stichprobenzusammensetzung beim Pre- und Posttest aufgeteilt nach Gruppen Elternfragebogen

Pretest: Allgemeiner und spezifischer Wortschatz

Posttest: Spezifischer Wortschatz und kognitive Fähigkeiten

N = 98

Gruppe „Tablet-Computer mit Begleitung“ n = 23

Gruppe „Tablet-Computer mit Begleitung“ n = 17

Gruppe „Tablet-Computer ohne Begleitung“ n = 21

Gruppe „Tablet-Computer ohne Begleitung“ n = 15

Gruppe „Bildkarten mit Begleitung“ n = 21

Gruppe „Bildkarten mit Begleitung“ n = 17

Gruppe „Bildkarten ohne Begleitung“ n = 21

Gruppe „Bildkarten ohne Begleitung“ n = 17

N = 86

N = 66

N = 98

Gesicht widerspiegelnden Emotionen der Kinder festzuhalten. Gleichzeitig wurde so der Screen des Tablet-Computers mitgefilmt. Elternfragebogen. Der Fragebogen umfasste Fragen zum Hintergrund der Familien, zum Zugang zu und zum Gebrauch von interaktiven Medien (z. B. Tablet-Computer) sowie Druckmedien (z. B. Bilderbücher). Als offene Frage sollten die Eltern die Interessen ihres Kindes kurz beschreiben. Sprachtest. Für das vorliegende Forschungsprojekt wurden zwei Untertests des SETK-2 eingesetzt: „Verstehen I: Wörter“ und „Produktion I: Wörter“, nachfolgend Untertest „Verstehen von Wörtern“ beziehungsweise Untertest „Produktion von Wörtern“ genannt. Die Tests wurden durch das Forschungsteam mit einem Untertest zum spezifischen Wortschatz der Intervention ergänzt (Badetuch, Boot, Delfin, Krebs, Möwe, Muschel, Sandburg, Schwan, Sonne, Sonnenschirm, Speiseeis und Tintenfisch). Die Abbildungen der Objekte befanden sich auf einer Bildkarte © 2016 Hogrefe Verlag

mit zwei Distraktoren. Das Kind wurde gebeten, nach Nennung des jeweiligen Wortes auf die passende Darstellung des Objekts zu zeigen. Wortlern-App und Bildkarten. Die interaktive WortlernApp „Lingua Kidz“ (Ries & Maxymchuk, 2012) zeigt Szenen aus dem Alltag. Für die Studie, haben wir uns für die Strand-Szene (mit den zwölf Gegenständen, die oben aufgezählt sind) entschieden, mit der Erwartung, dass Zweijährige noch nicht alle Worte dieser Szene beherrschen. Die Wortlern-App bietet den Kindern zwei Spielmodi an: Zum einen können sie auf die einzelnen abgebildeten Gegenstände drücken und eine Stimme erzählt, was zu sehen ist (Beschreibmodus), zum anderen gibt die digitale Stimme einen Begriff vor, welcher gesucht und angetippt werden muss (Suchmodus). Wird der richtige Gegenstand angetippt, verschwindet dieser. Aus der App wurden die gesamte Strandszene sowie einzelne, sich verändernde Details extrahiert (beispielsFrühe Bildung (2016), 5 (1), 40–49


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weise das fahrende Schiff als Bildfolge) und zu Bildkarten verarbeitet. Vorgehen bei der Intervention. Die Kinder waren während der Intervention alleine mit der Interventionsleiterin in einem ihnen bekannten Kita-Raum. Alle Leiterinnen waren Forscherinnen oder trainierte Masterstudentinnen mit Erfahrung in der Arbeit mit jungen Kindern. Das Vorgehen in den einzelnen Gruppen war dabei unterschiedlich: Bei der Gruppe „Tablet-Computer ohne Begleitung“ erklärte die Interventionsleiterin zu Beginn der Intervention jedem Kind, wie die App funktioniert, indem sie es vorzeigte. Dann übergab sie den Tablet-Computer dem Kind mit dem Hinweis, dass es nun selber spielen dürfe. Verstand das Kind nicht, was es tun sollte, zeigte die Interventionsleiterin die Funktionen der App so lange vor, bis das Kind verstand, wie das Spiel funktionierte und ließ das Kind sodann alleine weiterspielen. Bei der Gruppe „Tablet-Computer mit Begleitung“ unterstützte die Interventionsleiterin – nachdem sie dem Kind gezeigt hatte, wie das Spiel funktionierte – das Kind während des Spielens und interagierte mit ihm, indem sie die Begriffe der dargestellten Objekte zusätzlich wiederholte und in weitere Sätze einbaute. Bei der Gruppe „Bildkarten mit Begleitung“ erklärte die Interventionsleiterin, welche Objekte auf den jeweiligen Bildkarten abgebildet waren, und baute den spezifischen Wortschatz in die Gespräche ein. Den Kindern der Gruppe „Bildkarten ohne Begleitung“ wurden die Bildkarten gereicht und es wurde den Kindern gesagt, dass sie nun Zeit hätten, die Bildkarten anzuschauen. Weitere Erklärungen wurden dieser Grup-

pe, die als Kontrollgruppe diente, nicht gegeben. Die Kinder durften solange spielen wie sie wollten, maximal 20 Minuten (siehe Tabelle 2).

Analyse des Interesses Da es kein bewährtes Instrument gibt, mit welchem Interesse in der frühen Kindheit angemessen erfasst und ausgewertet werden kann, musste die Erfassung in der vorliegenden Studie indikatorengesteuert erfolgen. Dies geschah auf der Datenbasis der gefilmten Interventionen der Deutschschweiz (n = 32). Die Auswertung fokussierte – neben der Dauer der Auseinandersetzung mit dem Bildmaterial (Faktor „Zeit“ wie auch Zeit in den beiden Spielmodi „Beschreibmodus“ und „Suchmodus“) – die Gestik und Mimik sowie die verbalen Äußerungen der Kinder. Dazu wurden sämtliche Filme segmentiert (Dinkelaker & Herrle, 2009) und für alle Segmente das jeweilige Verhalten des Kindes in einem Beobachtungsprotokoll beschrieben. Ergänzend wurden während weiterer Analysedurchgänge die beiden Merkmale „Emotion“ und „Kognition“ als Teile des Interessenkonstrukts im Filmmaterial kodiert und im Protokoll mit Beispielen und Häufigkeiten aufgenommen. Das konstituierende Merkmal „Wert“ kann über Beobachtungen nicht erfasst werden. Die Merkmale leiteten sich aus der Interessentheorie und aus den aufbereiteten Indikatoren nach Wernecke (2013) her (siehe Tabelle 3).

Tabelle 3. Operationalisierung der Interessenmerkmale Emotion und Kognition Merkmal Emotion

Kognition

Indikatoren

Ankerbeispiele

Zugewandtheit/Abgewandtheit (Körperhaltung)

Positiv: Das Kind drückt zielstrebig auf die Bilder, eins ums andere; häufig auf das Speiseeis.

Negativ: Das Kind schaut weg vom TabletComputer in den Raum hinein.

Verbale Äußerungen

Positiv: Nachdem der Sonnenschirm zugeklappt ist, sagt das Kind „Ooh“ und lacht beim nächsten Mal Zuklappen ein bisschen.

Negativ: Das Kind steht auf und sagt „fertig“.

Gesichtsausdruck

Positiv: Das Kind lächelt.

Negativ: Das Kind schaut zur Kamera, gähnt.

Inhaltliches Wissen

Das Kind schaut auf die Bildkarte und sagt „Es regnet, es regnet“ (…) die Interventionsleiterin unterhält sich mit dem Kind über Regen- und Sonnenschirme.

Inhaltliche Fragen stellen

Das Kind drückt auf das Speiseeis, das gesucht wird. Das Eis verschwindet (…) das Kind fragt: „Wo ist es? Wo ist das Eis?“

Wortschatz

Das Kind zeigt sofort auf die Bildkarte und sagt „Schiff“.

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Rund 10 % des Videomaterials wurde durch zwei oder drei Forscherinnen gemeinsam für die beiden Merkmale „Emotion“ und „Kognition“ kodiert. Die Übereinstimmung lag bei 100 %. Basierend auf dieser Grundlage wurde das situative Interesse der drei Interventionsgruppen und der Kontrollgruppe separat und detailliert beschrieben. Die quantifizierbaren Faktoren (z. B. Zeit, „Zugang zu einem Tablet“) wurden dabei mit berücksichtigt.

Tablet-Computer interessiert. Die Einschätzung der Eltern steht im Widerspruch zur gemessenen Spieldauer (Faktor „Zeit“), mit welcher sich die Kinder während der Intervention mit dem Medium auseinandersetzten. Die Kleinkinder spielten deutlich länger mit den Tablet-Computern als mit den Bildkarten. Gleichzeitig scheint die interaktive Begleitung durch eine erwachsene Person das situative Interesse am Medium zu verlängern (vgl. Abbildung 1). Das Interesse unterscheidet sich signifikant bezüglich Intervention (Kruskal-Wallis: χ2(3) = 35.864, p = .000). Ein Post-hoc-Test zeigt, dass das Interesse aller Kinder der Interventionsgruppen grösser ist als bei der Kontrollgruppe, sich aber nicht signifikant zwischen den Interventionen Ergebnisse unterscheidet. Die Ergebnisse zum frühkindlichen Interesse wurden anPhänomenologisch zeigten sich Unterschiede anhand hand der Videoanalysen qualitativ erarbeitet. Dabei entder beobachtbaren Merkmale „Emotionen“ und „Kognitistanden Beschreibungen, welche in einem ersten Schritt onen“ sowie auf der Interaktionsebene. Diese werden zeigen, welche Effekte Wortlern-App im Vergleich zu genachfolgend für die einzelnen Interventionsgruppen bedruckten Bildmedien aufweisen, dies sowohl mit wie auch schreibend dargestellt. ohne Begleitung (Fragestellung 1 und 2). In einem zweiten Gruppe „Tablet-Computer mit Begleitung“ (n = 9). Bei der Schritt wurden ergänzend die Ergebnisse aus dem SprachGruppe „Tablet-Computer mit Begleitung“ überwogen die test herangezogen (Fragestellung 3). positiven Indikatoren des Merkmals „Emotion“. So lächelten oder lachten beispielweise die Kinder, wenn auf der Bildschirmoberfläche etwas passierte (z. B. Fall 1503, PosiInteresse der einzelnen tion 06:10; Fall 1004, Position 02:45) oder wenn sie beim Suchspiel die Gegenstände „wegzauberten“ (z. B. Fall Interventionsgruppen im Vergleich 1403, Position 03:15). Gemäß Aussage der Eltern zeigen knapp zwei Drittel (20 Relativ viele Indikatoren konnten dem Merkmal „KogKinder) der insgesamt 32 Kinder der Schweizer Teilstichnition“ zugeordnet werden. Beispielsweise schauten die probe Interesse an (Bilder-)Büchern. Gleichzeitig beKinder zu, was auf dem Bildschirm passierte, und tippten schreibt kein Elternpaar, dass sich ihr Kind für mehrheitlich selbständig die abgebildeten Gegenstände an (z. B. Fall 1102, Position 1:10–7:30). Acht von neun Kin20 dern sprachen mit der 18 Interventionsleitung über den Inhalt der 17,2 16 App. Ein Kind ahmte 14 dabei den Schwan und das Schiffshorn nach 12 13,1 (Fall 1503). Andere 10 Kinder äußerten sich, 10,0 wenn beim Suchspiel 8 der gesuchte Gegen6 stand verschwand (z. B. Fall 1102, Positi4 on 07:30) und fragten, 3,6 2 wo der Gegenstand nun hin sei oder brach0 Tablet-Computer Tablet-Computer Bildkarten mit Kontrollgruppe ten ein, dass er nun mit Begleitung ohne Begleitung Begleitung verschwunden sei. Gruppe „TabletAbbildung 1. Durchschnittliche Dauer (Faktor „Zeit“ in Minuten) der Auseinandersetzung mit dem Medium nach Stichprobengruppe. Computer ohne Beglei© 2016 Hogrefe Verlag

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tung“ (n = 7). Bei dieser Gruppe ließen sich keine Beispiele zum Indikator „Kognition“ erkennen, dagegen zeigten die Kinder verschiedene Indikatoren zur „Emotion“. Die Zugewandtheit der Kinder zum Tablet-Computer ließ sich daran erkennen, dass die Kinder sich zum Bildschirm hin beugten, immer wieder mit dem Finger einen Gegenstand antippten auch wenn sie nicht immer abwarteten, bis die App-Stimme fertig gesprochen hatte (z. B. Fall 1206, Position 00:15 – 12:05; Fall 1501, Position 00:50 – 6:45; Fall 303, Position 00:00 – 07:13). Viele Kinder schauten aber auch ab und an zur Interventionsleitung hin (z. B. Fall 1005, Position 03:15) oder auf die Oberfläche des Tisches, an welchem sie saßen (Fall 1501, Position 12:50). Ein Kind sprach einmal laut vor sich hin (Fall 1301, Position 01:30), ein anderes wandte sich der Interventionsleiterin zu, obwohl es alleine spielte und stellte eine inhaltliche Frage (Fall 1005, Position 03:15). Gruppe „Bildkarten mit Begleitung“ (n = 9). Die Kinder zeigten sowohl positive als auch negative Emotionen. Bei etwas mehr als der Hälfte der Kinder überwogen negative Indikatoren zum Merkmal „Emotion“. Die Abgewandtheit zeigte sich beispielsweise darin, dass die Kinder die Bildkarten vor sich hin- und herschwenkten (z. B. Fall 1006, Position 07:50), dass sie vom Tisch weggingen, um etwas anderes zu spielen beziehungsweise zu tun (Trampolin springen, Farbstifte oder eine Glocke holen) (z. B. Fall 501, Position 08:39). Sie schauten im Raum umher (z. B. Fall 1006, Position 02:45), betrachteten die Bildkarten von hinten (Fall 1002; Position 02:50), machten Geräusche damit oder sortierten die Bildkarten, ohne sich für deren Inhalt zu interessieren (z. B. Fall 1205, Position 05:00; Fall 1006, Position 04:15). Alle Kinder der Gruppe zeigten auch positive Indikatoren, die dem Merkmal „Emotionen“ zugeordnet wurden. Das heißt, sie wandten sich den Bildkarten zu, bildeten zusammen mit der Interventionsleiterin einen gemeinsamen Fokus der Aufmerksamkeit (z. B. Fall 501, Position 07:40), griffen nach neuen Bildkarten, legten sie hin oder interagierten inhaltlich mit der Interventionsleitung (z. B. Fall 102, Position 00:00; Fall 902, Position 00:35).

Bei acht von neun Kindern waren zudem Indikatoren der „Kognition“ beobachtbar. So benannten diese Kinder beispielsweise die abgebildeten Gegenstände (z. B. Fall 203, Position 00:12), antworteten auf Fragen der Interventionsleitung (z. B. Fall 1001, Position 07:45), erweiterten die Abbildungen beziehungsweise die Geschichten, die ihnen seitens der Interventionsleitung erzählt wurden, mit eigenen Erfahrungen (Fall 803, Position 13:05). Gruppe „Bildkarten ohne Begleitung“ (n = 7). Die Kinder der Kontrollgruppe spielten recht kurz mit den Materialien. Nach einem kurzen Anschauen legten sie die Bildkarten aus oder stapelten sie aufeinander. Ein Kind versuchte die Situation zu nutzen und erzählte sich selbst eine Geschichte. Motivierung durch die Interventionsleitung und Wortschatzzuwachs. Die Auszählung der Häufigkeit, wie oft die Interventionsleiterin die Aufmerksamkeit des Kindes wieder auf den zentralen Inhalt lenkte, lässt erkennen, dass Kinder, welche Bildkarten anschauten, deutlich öfter wieder auf den eigentlichen Gegenstand gelenkt werden mussten als Kinder (M = 3.8), die mit dem Tablet-Computer spielten (M = 1.9).

Interesse und Wortschatzzuwachs Die meisten Kinder verfügten bereits beim Vortest über einen hohen Anteil der abgefragten Worte; somit war der mögliche Lernzuwachs beschränkt. Trotzdem ist ein signifikanter Lernzuwachs zwischen dem Pre- und dem Posttest zu verzeichnen (Wilcoxon: Z = 3.255, p = .001), welcher zwischen den Gruppen aber nicht systematisch variiert, wie ein Post-hoc-Test zeigt (siehe Tabelle 4). Ergänzend wurde eine ANOVA mit Messwiederholung berechnet und neben der Interventionsgruppe die Kovariaten „Produktiver Wortschatz“ und die Spielzeit („Zeit“) eingeführt, wobei die Voraussetzung der Homogenität der Regression erfüllt war. In diesem Modell waren nur die Kovariaten signifikant: Produktiver Wortschatz (SETK-2), F(1,46) = 38.783, p = .000, η2 = .457, und Spiel-

Tabelle 4. Unterschiede im spezifischen Wortschatz zu beiden Messzeitpunkten (Pre- und Postest) Untersuchungsgruppen

M (SD)

χ2

df

p

Pre

Post

Tablet-Computer mit Begleitung (n = 15)

7.4 (2.0)

9.2 (2.5)

2.561

15

.010*

Tablet-Computer ohne Begleitung (n = 16)

8.3 (1.8)

9.4 (2.3)

2.021

16

.043*

Bildkarten mit Begleitung (n = 16)

8.7 (1.8)

9.4 (2.4)

.964

16

.335

Kontrollgruppe (n = 17)

7.8 (2.9)

8.2 (3.0)

–.082

17

.934

Anmerkungen: M: Mittelwert; SD: Standardabweichung; Pre: erster Messzeitpunkt (Pretest); Post: zweiter Messzeitpunkt (Posttest); *p < .05.

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zeit, F(1,46) = 4.307, p = .044, η2 = .086, wobei die Kovariate „Produktiver Wortschatz“ mit einem η2 von .457 einen deutlich stärkeren Effekt aufwies. Allgemein zeigte sich, dass die Kovariaten die Entwicklung der abhängigen Variablen dominieren. Das Interesse – hier quantifiziert über den Faktor Spielzeit – zeigt damit einen signifikanten Einfluss auf den Wortschatzerwerb. Werden die Einzelfälle gruppiert, zeigt sich aber eine weitere Differenzierung: Kinder, welche viel Zeit mit dem Medium verbringen, erweitern ihren Wortschatz unterschiedlich stark (ein Drittel der Kinder lernt keine neuen Worte dazu, die anderen Kindern lernen mehrere oder sogar alle unbekannten spezifischen Worte). Umgekehrt kann aber vermerkt werden, dass diejenigen Kinder welche nur ganz wenig Zeit mit dem Medium verbringen, keinen inhaltlichen Lerngewinn aufweisen.

Diskussion Im vorliegenden Artikel wurde das kindliche Interesse anhand von unterschiedlichen Medien mit und ohne Begleitung beschrieben. Die Ergebnisse machen über den Faktor „Zeit“ deutlich, dass Kinder, welche gemeinsam mit der Interventionsleiterin spielten, länger Interesse am Medium zeigten als diejenigen Kinder, die ohne Begleitung spielten, wobei die Beschäftigungsdauer mit dem TabletComputer höher war als diejenige mit den Bildkarten. Dieses Resultat steht im Gegensatz zu den Aussagen der Eltern: Kein Elternpaar erwähnte das Interesse ihrer Kinder an digitalen Medien, wohl aber an Bilderbüchern. Der Befund könnte mit sozialer Erwünschtheit erklärt werden. Es ist denkbar, dass Eltern das gemeinsame Bilderbuchbetrachten als „wertvoller“ erachten, als Kindern das Spiel mit einem Tablet-Computer zu erlauben. Darüber hinaus überschätzen Eltern allenfalls das Interesse an Bilderbüchern, weil sie nicht die Person-Gegenstands-Relation vor Augen haben, sondern die Situation des gemeinsamen Bilderbuch-Anschauens. Dabei wird die Situation für das Kind nicht nur durch das Bilderbuch, sondern ebenso durch die gemeinsame Aktivität attraktiv. Der Tablet-Computer weckte bei allen Kindern situatives Interesse beziehungsweise aktualisierte deren Interesse. Am längsten spielten Kinder, welche sich begleitet mit dem Tablet-Computer beschäftigten. Aber auch diejenigen Kinder, die sich ohne Begleitung damit auseinandersetzten, spielten einige Minuten länger als diejenigen mit den Bildkarten. Hier übernimmt die Technik einen Teil der sozialen Interaktionen. Ohne Interaktion – dies machen die Kontrollgruppenkinder deutlich – verlieren Kinder das Interesse an den Bildkarten rasch und spielen sig© 2016 Hogrefe Verlag

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nifikant kürzer als alle anderen Gruppen. Gleichzeitig kann hier kritisch angebracht werden, dass das Format „Bildkarten“ vom bekannten Format „Bilderbuch“ abweicht. So konnten die Kinder nicht auf bekannte Spielskripts zurückgreifen. Ein einziges Kind hatte die Idee, sich selber eine Geschichte mit den Bildkarten zu erzählen. Es griff also auf ein ihm bekanntes Skript zurück und passte dies der vorgefundenen Spielsituation an. Dieses Ergebnis geht konform mit den Resultaten der Untersuchung „Spielumwelten für Kinder unter zwei Jahren“ (Tinguely et al., 2013): Kleinkinder brauchen soziale Brücken oder zumindest Interaktionen. Vorsichtig interpretierend kann dieser erneute Befund zur sozialen Brücke so ausgelegt werden, dass Kinder in einem Bereich, den sie noch nicht gut kennen, begleitet werden müssen. Wenn diese Bedingung nicht erfolgt, reicht eine mehr oder minder anregende Spielumgebung nicht aus. Ebenfalls herauszuheben sind die Ergebnisse zum situativen Interesse und dem Lernen. In der frühpädagogischen Literatur wird Interesse als wichtiger Auslöser für Lernprozesse hervorgehoben (z. B. Wustmann Seiler & Simoni, 2012; Duncker, 2010). Diesbezüglich muss aufgrund der vorliegenden Ergebnisse differenziert werden: Situatives Interesse – hier definiert über die Länge der Spieldauer sowie positive Emotionen und Indikatoren zur Kognition – geht nicht zwingend mit größeren Lernfortschritten einher. Somit ist Interesse kein Garant für Lernerfolge. Wohl aber gilt die Umkehrformel: Wenn kein Interesse vorhanden ist, kann davon ausgegangen werden, dass weniger gelernt wird bzw. Lernen schwerer fällt. Für die vorliegende Studie muss angemerkt werden, dass die Stichprobengröße, die einmalige Intervention wie auch die genutzte Sprachlern-App die Aussagekraft der Ergebnisse limitiert: y Die Fallzahlen der einzelnen Interventionsgruppen waren sehr klein. Deshalb sind die Resultate der Tests wie auch die Beschreibungen mit Vorsicht zu interpretieren. Sie können aber wichtige Hinweise auf mögliche Zusammenhänge geben. y Durch die einmalige Intervention war es nicht möglich zu überprüfen, wie sich das Interesse der Kinder längerfristig entwickelt. Es wäre aus theoretischer Sicht interessant zu untersuchen, ob die simplen Möglichkeiten einer App bei mehrfachem Einsatz ihren Reiz verlieren. y Die Kinder kannten bereits viele der angebotenen Wörter. Diese Situation sollte in einer zukünftigen Studie kontrolliert werden. Es ist beispielsweise denkbar, eine App mit Kunstwörtern zu programmieren, so dass alle Kinder dieselbe Ausgangslage haben und auch die Umwelteinflüsse begrenzt werden können. Der Umgang mit digitalen Medien wird den Elementarbereich in den kommenden Jahren weiter beschäftigen. Frühe Bildung (2016), 5 (1), 40–49


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C. Walter-Laager et al., Interesse von Kleinkindern an unterschiedlichen Sprachlernmedien

Sowohl in der Schweiz wie auch in Deutschland laufen derzeit vertiefende Qualifikationsarbeiten, zudem sind zwei Studien in Planung. Im Bereich der Interessentheorie werden unter anderem reale mit digitalen Spielsituationen verglichen. Zudem fliessen gesundheitliche Aspekte beispielsweise bezüglich des Stresslevels der Kinder in die Untersuchungen mit ein. Damit werden zentrale Fragen von Eltern und Pädagoginnen beantwortet werden können.

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C. Walter-Laager et al., Interesse von Kleinkindern an unterschiedlichen Sprachlernmedien

Walter-Laager, C., Moschner, B., Brandenberg, K., Tinguely, L., Schwarz, J. & Pfiffner, M. (2014). Kleinkinder erobern die moderne Welt. Projektabschlussbericht. Freiburg (CH): Universität, Departement Erziehungswissenschaften. Wernecke, L. (2013). Interessen in der frühen Kindheit. Eine qualitative Untersuchung zu Auseinandersetzungen von Kleinkindern mit der gegenständlichen Umwelt. Masterarbeit, Universität Freiburg (CH). Wieder, B. (2009). Entwicklung von Interessen und Nicht-Interessen bei Kindern im Kindergarten, in der Grundschule und in der Sekundarstufe I. Dissertation, Universität Kassel. Wustmann Seiler, C. & Simoni, H. (2012). Orientierungsrahmen für frühkindliche Bildung, Betreuung und Erziehung in der Schweiz. Erarbeitet vom Marie Meierhofer Institut für das Kind, erstellt im Auftrag der Schweizerischen UNESCO-Kommission und des Netzwerks Kinderbetreuung Schweiz. Zürich.

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Kathrin Brandenberg Luzia Tinguely Universität Freiburg Schweiz kathrin.brandenberg@unifr.ch luzia.tinguely@unifr.ch

Barbara Moschner Carl von Ossietzky Universität Oldenburg barbara.moschner@uni-oldenburg.de

Jürg Schwarz Hochschule Luzern Schweiz juerg.schwarz@hslu.ch

Catherine Walter-Laager Manfred R. Pfiffner Carl von Ossietzky Universität Oldenburg sowie Institut für Elementar- und Schulpädagogik (IESP) Neuhofstraße 21 8315 Lindau Schweiz catherine.walter-laager@uni-oldenburg.de manfred.pfiffner@uni-oldenburg.de

Sigrun Schmidt-Traub

Kinder liebevoll und konsequent erziehen Ein Ratgeber für Eltern und Erzieher 2015, 167 Seiten, Kleinformat, € 17,95 / CHF 24,50 ISBN 978-3-8017-2663-8 Auch als E-Book erhältlich

In diesem Ratgeber werden wirkungsvolle, lernpsychologisch untermauerte Erziehungsmethoden für Kinder aller Altersgruppen beschrieben. Eltern leben ihren Kindern bestimmte Wertvorstellungen, soziale Fähigkeiten und Bewältigungsmöglichkeiten in Krisen und bei Alltagsproblemen vor. Durch einen liebevollen Umgang und verläss-

lichen Austausch mit ihren Eltern können Kinder emotionale Sicherheit und Stärke entwickeln. Anhand zahlreicher Beispiele werden verschiedene effektive Erziehungsmethoden dargestellt. Eltern und Erzieher erhalten eine detaillierte Anleitung, wie sie diese im Alltag umsetzen können. Zudem wird auf besondere pädagogische Problembereiche, wie z.B. Geschwisterrivalität, Ordnung und Medienkonsum, eingegangen und erläutert, wie diese Erziehungsprobleme bewältigt werden können. Ziel ist es, Eltern und Erziehern pädagogisch-psychologische Anstöße zu geben, ihnen das Erziehen zu erleichtern, das Familienleben freundlicher zu gestalten und ihr Selbstvertrauen in die eigene Erziehungsfähigkeit zu stärken.

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Frühe Bildung (2016), 5 (1), 40–49


Diskussionen Was macht eine gute Säuglingsforschung aus? Fragen und Antworten Sabina Pauen und Franz Petermann Frau Professorin Sabina Pauen lehrt Entwicklungs- und Biologische Psychologie an der Universität Heidelberg. Frau Pauen arbeitet an der Schnittstelle zwischen Entwicklungs- und Klinischer Kinderpsychologie und gilt als führende experimentell arbeitende Säuglingsforscherin Deutschlands. In dem Interview wollen wir einige Bewertungen der Säuglingsforschung relativieren. Wir freuen uns auf die Diskussion mit unserer Leserschaft. Franz Petermann: Messen oder beobachten: was nützt die experimentelle Säuglingsforschung für die Praxis und kann man damit das Angebot in Krippen oder Tagesstätten verbessern? Sabina Pauen: Die experimentelle Säuglingsforschung hat unseren Blick auf Kinder unter drei Jahren grundlegend verändert. Erst durch die Entwicklung neuer Ansätze zur Untersuchung von Denkprozessen im vorsprachlichen Alter und durch die Einführung innovativer Methoden zur Erfassung von kindlichen Verhalten ist es möglich geworden, die Anfänge der geistigen Entwicklung im Säuglingsalter genauer zu beschreiben. Indem pädagogische Fachkräfte mehr über das frühkindliche Denken lernen, werden sie die Kompetenzen der Kleinsten ganz anders einschätzen. So kann man viel besser verstehen, wie wichtig es ist, schon im U3-Bereich auf die Qualität geistiger Förderung zu achten. Standen früher vor allem Fragen der Hygiene, Ernährung, der Motorik-, Sinnes- und Bindungsentwicklung im Vordergrund, so ist nun klar, dass ein angemessenes Bildungsangebot für Säuglinge und Kleinkinder weit mehr einschließen sollte. Immerhin werden bereits in den ersten Lebensjahren die entscheidenden Grundlagen für sprachliches, soziales, mathematisches und naturwissenschaftliches Denken gelegt. Diese Einsicht haben wir der experimentellen Säuglingsforschung zu verdanken. Franz Petermann: Was wird denn aus den Daten aus der experimentellen Säuglingsforschung – sind diese Daten wirklich nützlich für die Praxis? Sabina Pauen: Neue wissenschaftliche Erkenntnisse sind oft grundlagenorientiert und werden daher zunächst in Frühe Bildung (2016), 5 (1), 50–52

Fachjournals veröffentlicht oder auf Kongressen vorgestellt. Eine wichtige Herausforderung für uns Forscher besteht auch darin, über Implikationen für die Praxis nachzudenken und die Öffentlichkeit zeitnah über besonders interessante Erkenntnisse zu unterrichten. Unsere Einsichten sind häufig relevant für die Entwicklung von Beobachtungs- und Dokumentationsinstrumenten im Krippenbereich sowie für die Konzeption von diagnostischen Verfahren oder Frühfördermethoden. Ein Beispiel mag diese Behauptung illustrieren: Ausgehend von der Erkenntnis, dass die Selbstregulation eines Menschen maßgebliche Auswirkungen auf zahlreiche Aspekte des späteren Lebenserfolgs hat (z. B. Schulabschluss, Berufsausbildung, Einkommen, Gesundheit, Beziehungen), untersuchen wir die Anfänge der Entwicklung dieser Fähigkeiten in der frühen Kindheit. Im jungen Alter hängt die Förderung der Selbstregulation entscheidend vom koregulativen Verhalten Erwachsener mit ab. Folglich ist es extrem wichtig, dass wir noch besser verstehen, worin eine gute Koregulation konkret besteht und woran man erkennt, ob ein Kleinkind sich in dieser Hinsicht positiv entwickelt. Aktuell bemühen wir uns, experimentelle Aufgaben für Säuglinge und Kleinkinder zu konzipieren, die eine Erfassung früher Selbstregulation ermöglichen. Ist uns dies gelungen, können wir untersuchen, wie sich die Selbstregulation positiv beeinflussen lässt. Dieses Wissen ist hoch bedeutsam für Krippen-Fachkräfte. So schließt sich der Bogen von der experimentellen Säuglingsforschung bis hin zur Praxis in Kinderbetreuungseinrichtungen. Franz Petermann: Schadet man nicht Säuglingen mit experimentellen Studien und stört eine solche Messung nicht nachhaltig die Eltern-Kind-Beziehung? Sabina Pauen: Wenn ein Kind bei uns an einer Studie teilnimmt, haben wir zuvor die Eltern ausführlich über den Ablauf und die Zielsetzung unserer Studie informiert. Haben die Eltern Bedenken, kann das Kind gar nicht teilnehmen. Die meisten unserer Laboruntersuchungen dauern nicht lange und werden in einer spielerischen Form realisiert. Denn uns ist völlig klar: Wenn wir keine attraktive © 2016 Hogrefe Verlag


Diskussionen

Aufgabe für das Kind haben, macht es nicht mit. Und sobald es keine Lust mehr hat, wird es dies kundtun. Dann müssen wir den Versuch abbrechen und haben nichts von der Testung. Das Gleiche gilt für die Eltern, die jederzeit das Recht haben, den Ablauf zu unterbrechen und die Teilnahme zu beenden. Diese Freiwilligkeit der Teilnahme ist uns sehr wichtig! Die Bezugsperson, die das Kind begleitet, ist während der gesamten Durchführung bei ihrem Kind. In vielen Versuchen hält sie das Kind sogar auf dem Schoß. Zudem müssen alle Versuche vorab durch eine Ethikkommission genehmigt werden. Vielleicht ist es für Skeptiker interessant zu erfahren, dass wir die Teilnahme an einem unserer Versuche in aller Regel nicht bezahlen. Als Dankeschön gibt es lediglich eine Urkunde mit Foto. Dass der Großteil aller Eltern und Kinder sehr gerne bereit sind, wiederzukommen und an weiteren Studien teilzunehmen, ist ein klares Zeichen dafür, dass sich der Besuch im Babylabor aus Sicht unserer Kinder und ihrer Begleiter offensichtlich lohnt und als positiv erlebt wird. Noch nie haben wir gehört, dass unsere Versuche der Eltern-KindBeziehung in irgendeiner Weise geschadet haben. Franz Petermann: Was passiert überhaupt in einem Babylabor? Sabina Pauen: Wenn Eltern mit ihrem Kind mal bei uns auftauchen, geben wir ihnen zunächst Gelegenheit anzukommen. Vielleicht muss das Kind noch gewickelt oder gefüttert werden. Für dieses „Warm-up“ haben wir extra ein Spielzimmer eingerichtet. Auch die Versuchsleiterin ist dann schon vor Ort. Sie erklärt den Eltern, was auf sie und das Kind zukommt und macht sich mit dem Kind vertraut. Dann gehen alle gemeinsam ins Babylabor. Auch hier geben wir dem Kind zunächst Gelegenheit, seine Umgebung zu erkunden und sich einzufinden, bevor der eigentliche Versuch startet. Es gibt sehr verschiedene Ansätze, mit denen wir arbeiten: Den Kleinsten wird meist etwas auf dem Computer, im Kinder-Kino oder auf einer Miniatur-Bühne gezeigt. Das können Bilderserien, kurze Animationen oder ganze Handlungssequenzen sein. Manchmal präsentieren wir auch etwas zum Hören. Uns interessiert dabei, wie das Kind die Präsentation verarbeitet. Als abhängiges Maß erfassen wir über Video oder Eye-Tracker die Blickbewegung und Fixationsdauer des Kindes. In einigen Studien kommen auch EEG-Messungen zum Einsatz. Dann wird dem Kind zunächst eine kleine Art Badehaube aufgesetzt, in die Sensoren eingebaut sind, die Veränderungen der elektrischen Spannung an der Kopfhaut messen. Immer wenn sich das Kind für einen Reiz ganz besonders interessiert, wenn es etwas Unerwartetes beobachtet oder wenn es sich an etwas zuvor Gesehenes erinnert, verändert sich die elektrische Spannung in einem definierten Zeit-Fenster an bestimmten Senso© 2016 Hogrefe Verlag

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ren. So können wir etwas über die geistigen Verarbeitungsprozesse beim Kind lernen, ohne es befragen zu müssen. Bei etwas älteren Säuglingen oder Kleinkindern erfassen wir teilweise auch den Umgang mit bestimmten Objekten, die Reaktionen auf soziale Hinweisreize oder das Imitationsverhalten. Nach Abschluss einer Untersuchung nehmen wir uns immer noch ausführlich Zeit für Eltern und Kind, um ganz sicherzugehen, dass alle Fragen beantwortet sind. Franz Petermann: Was weiß man durch Messungen aus dem Babylabor über die kindliche Entwicklung? Sabina Pauen: Ich will versuchen, zumindest eine aus meiner Sicht zentrale Erkenntnis exemplarisch zusammenzufassen: Unsere eigene Forschung hat gezeigt, dass Kinder Objekte bereits lange bevor sie deren Namen verstehen oder sagen können, in natürliche Kategorien einordnen. Dabei orientieren sie sich nicht nur am Aussehen der Dinge, sondern vor allem daran, wie sie sich verhalten und was man mit ihnen anstellen kann. Ausgehend von diesem Ordnungsprinzip treffen sie als erstes (ab etwa einem halben Jahr) eine Unterscheidung zwischen Lebewesen und unbelebten Objekten. Nur kurze Zeit später wird innerhalb der Lebewesen zwischen Tieren und Menschen differenziert, dann zwischen Land-, See- und Lufttieren und schließlich zwischen einzelnen Unterarten von Tieren (z. B. Katzen, Hunde, Fische, Insekten, Vögel). In ähnlicher Weise wird innerhalb der Kategorie der unbelebten Objekte erst zwischen Oberkategorien wie zum Beispiel zwischen Fahrzeugen und Möbeln differenziert und schließlich auch zwischen verschiedenen Exemplaren innerhalb dieser Gruppen (z. B. Stühle, Schränke, Laster, Autos). Das vorsprachliche Denken differenziert sich also zunehmend. Erst wenn die Objektunterscheidungen bereits ein hohes Maß an Differenziertheit erreicht haben (gegen Ende des ersten Lebensjahres), passen die Worte, die das Kind in seiner Umgebung hört, zu den Kategorien, die es bereits im Kopf hat. Nun kann der Spracherwerb richtig Fahrt aufnehmen. Franz Petermann: Man sollte Kinder in ihrer natürlichen Umgebung beobachten, dann hat man alle Informationen, die man benötigt, um Kinder gut zu fördern. Sabina Pauen: Die Beobachtung von Kindern in ihrer natürlichen Umgebung ist überaus wertvoll und aufschlussreich! Sie vermittelt ohne jeden Zweifel sehr wichtige Informationen, die für die Planung einer guten Förderung wichtig sind. Allerdings ist die entscheidende Frage doch wohl eher die, was genau beobachtet wird. Je mehr wir über die frühkindliche Entwicklung wissen, desto präziser und gezielter können wir das Kind im Alltag beobachten. Frühe Bildung (2016), 5 (1), 50–52


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Und was vielleicht noch wichtiger ist: Wir können das, was wir beobachtet haben, auch richtig einordnen und daraus geeignete Schlussfolgerungen ziehen. Nehmen wir die eben erwähnte Kategorisierungsforschung als Beispiel. Wer darüber Bescheid weiß, wird das Verhalten eines Säuglings, der auf einen Schmetterling zeigt und „Wauwau“ sagt, anders einordnen als jemand, der keine Ahnung von frühkindlicher Kategorienbildung hat. Dieses Baby meint mit „Wau-wau“ Tier. Seine Denkkategorien sind noch nicht auf dem Stand seines Sprachgebrauchs. Oder stellen Sie sich ein zwei- bis dreijähriges Kind vor, das Holzklötze nach einem bestimmten Kriterium (z. B. Farbe) sortiert. Dieses Verhalten ist insofern interessant, als es deutlich macht, mit welchen Denkkategorien (hier: Farben) sich das Kind gerade beschäftigt. Spontan mögen Sie vielleicht denken, dass es genügt, die Farben zu benennen, aber aufgrund Ihres Wissens über Kategorisierungsprozesse wissen Sie, dass es viel wichtiger ist, das Kind dazu anzuregen, außer Bauklötzen auch noch andere Dinge nach den gleichen Farben zu sortieren, weil es nur auf diese Weise zu einer vertieften Verankerung des Konzeptes Farbe kommt. Franz Petermann: Labormessungen sind immer künstlich und bringen deshalb keine zuverlässigen Angaben für den Entwicklungsstand und die Entwicklungsprognose eines Kindes. Sabina Pauen: Im Labor bemüht man sich stets, möglichst standardisierte Bedingungen zu schaffen und im Experiment ganz gezielt nur bestimmte Aspekte zu variieren. Der Einwand, dies stelle keine natürliche Situation dar, ist durchaus berechtigt. Aber nur so kann es gelingen, die Leistungen unterschiedlicher Kinder objektiv zu vergleichen. Und diesen Vergleich braucht man, um zu konkretisieren, was sich mit dem Alter ändert. Nur so kann man auch feststellen, ob das Verhalten eines Kindes von der Norm abweicht. Es ist wichtig, sich klarzumachen, dass die Beurteilung des Entwicklungsstandes eines Kindes stets auf einer Vielzahl unterschiedlicher Beobachtungen basieren sollte. Auch für Entwicklungsprognosen ist eine umfassende Messung des Verhaltens in einer ganzen Palette von Situationen/Aufgaben nötig. In der Regel sind Labormessungen nur ein Aspekt bei der Bestimmung von Entwicklungsverläufen und -auffälligkeiten. Weitere Datenquellen sind Gespräche mit wichtigen Bezugspersonen und Verhaltensbeobachtungen im natürlichen Kontext. Es ist das Zusammenspiel dieser verschiedenen Arten von Daten, das uns Aufschluss über das Entwicklungsgeschehen im Einzelfall gibt. Franz Petermann: Solange Babys sich nicht äußern können, sollte man keine Studien mit ihnen durchführen. Frühe Bildung (2016), 5 (1), 50–52

Diskussionen

Sabina Pauen: Mit dem gleichen Argument könnte man auch begründen, dass man mit Babys keinen Arzt zum Impfen aufsuchen oder keine gezielte Fördermaßnahme durchführen darf. Als Erwachsene übernehmen wir ständig Verantwortung für die uns anvertrauten Kinder und müssen entsprechend sorgfältig darauf achten, dass alles zum Nutzen der Kleinen geschieht. Das gilt selbstverständlich auch für Studien im Babylabor. Da wir nur Untersuchungen durchführen, die von einer Ethikkommission genehmigt wurden, an denen Eltern mit ihrem Kind nach ausführlicher Vorab-Information freiwillig teilnehmen und die dazu dienen, unser Verständnis für Kinder zu erweitern, scheint Skepsis gegenüber experimentellen Säuglingsstudien übertrieben. Am meisten zählt aber wohl das Argument, dass das Kind durchaus mit entscheidet, ob es teilnimmt: Wenn ihm unsere Aufgabe nicht gefällt, macht es schlicht und ergreifend nicht mit oder protestiert lautstark, was sofort zum Abbruch der Untersuchung führt. Franz Petermann: Eine Befragung der Mutter bietet uns hinreichend Informationen über den Entwicklungsstand eines Babys und von daher kann man sich eure Babylabore sparen. Sabina Pauen: Es ist immer lohnend, sich mit den Eltern (Mutter oder Vater) über die Entwicklung ihres Kindes zu unterhalten. Allerdings haben Eltern typischerweise eine besondere Perspektive auf ihr Kind. So können kulturbedingte Erwartungen an den eigenen Nachwuchs, soziale Ängste oder das Bedürfnis, gut dazustehen, durchaus zu systematischen Verzerrungen in der Beschreibung des kindlichen Entwicklungsstandes sein. Im Rahmen einer empirischen Untersuchung, in der wir pädagogische Fachkräfte und Eltern unabhängig voneinander gebeten haben, das von uns entwickelte Beobachtungs- und Dokumentationsinstrument MONDEY auszufüllen, wurde deutlich, dass die Einschätzungen der Eltern in fast allen Bereichen (außer Selbstregulation!) signifikant über denen der Fachkräfte lagen. Auch in den Entwicklungsgesprächen, die wir mit Eltern führen, fällt uns immer wieder auf, dass Eltern insgesamt eine Tendenz dazu haben, ihr Kind zu überschätzen. Um herauszufinden, wo das Kind wirklich steht, scheint daher ein kombiniertes Vorgehen ratsam. Wenn man die Eltern befragt und parallel dazu standardisierte Beobachtungen im Babylabor sowie unstandardisierte Beobachtungen im Feld macht, gelingt es sicher am ehesten, den Entwicklungsstand eines Kindes angemessen zu beschreiben. Verfasser: Prof. Dr. Sabina Pauen, Psychologisches Institut der Universität Heidelberg, Hauptstraße 47 – 51, 69117 Heidelberg, sabina@ pauen.net; Prof. Dr. Franz Petermann, Zentrum für Klinische Psychologie und Rehabilitation der Universität Bremen, Grazer Straße 6, 28359 Bremen, fpeterm@uni-bremen.de. DOI 10.1026/2191-9186/a000245

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Kindliche Entwicklung und Entwicklung der Malerei

Bettina Egger

Urformen des Malens Spuren der Wandlung und kunsttherapeutische Anwendung 2015. 176 S., 175 Abb., 2 Tab., Kt € 24.95 / CHF 32.50 ISBN 978-3-456-85537-0

Bettina Egger

Urformen des Malens Spuren der Wandlung und kunsttherapeutische Anwendung

«Wie soll ich Kinderbilder verstehen?» ist eine Frage, die überall gestellt wird, wo Kinder leben oder in die Schule gehen. Hier wird vorschnellen psychologischen Interpretationen eine überzeugende Alternative gegenübergestellt. Die Entwicklung von der ersten Kritzelei bis zur Kastenform wird durch Urformen der Kindermalerei aufgezeigt und jede Urform genau erläutert. Die Abwicklung aller Urformen wird auf die entsprechenden Entwicklungsstadien des Kindes bezogen und mit Fotos eines Kindes in diesen Stadien illustriert. Dass Urformen allgemeingültig sind, wird über ihr Erscheinen in der bilden-

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den Kunst und in prähistorischen Darstellungen gezeigt. Zum Schluss wird eine Maltherapie der Urformen vorgeschlagen, die zur Selbstbehandlung geeignet ist. Das Buch eignet sich sowohl zur Anregung und als Geschenk für Eltern als auch als überzeugende Information für professionelle Kinder- und Maltherapeuten.


Das DSM® aus Sicht der ICD

Horst Dilling / Klaus Reinhardt

Überleitungstabellen ICD-10/DSM-5® 2016. 120 S., Kt € 19.95 / CHF 26.90 ISBN 978-3-456-85559-2 AUCH ALS E-BOOK

Das Diagnostische und Statistische Manual Psychischer Störungen (DSM®) der American Psychiatric Association ist ein weltweit etabliertes Klassifikationssystem für psychische Störungen. Die neue, 2014 auf Deutsch erschienene Ausgabe DSM-5® bietet auch deutschsprachigen Benutzer tiefergehende Anregungen zu einer differenzierten und prozeduralen Diagnostik psychischer Störungen. Jedoch wird die Benutzung des DSM-5® für den mit der ICD-10 Vertrauten dadurch erschwert, dass zwar viele einzelne Diagnosen, nicht jedoch Struktur und

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Reihenfolge der beiden Klassifikationssysteme übereinstimmen. Zudem verwendet DSM-5® als Diagnoseziffern diejenigen der amerikanischen Modifikation ICD-10-CM, die vielfach von der in den deutschsprachigen Ländern zur Diagnosenverschlüsselung und Abrechnung gebrauchten ICD-10-GM (German Modification) abweicht. Die Tabellen in diesem Buch erschließen die neue DSM-5®-Klassifikation aus der Sicht der vertrauten ICD-10 und erhöhen damit wesentlich die Benutzbarkeit des DSM-5® für deutschsprachige Leser.


Innovationen Gesundheitsförderung und Prävention in Kitas und Grundschule durch systematische kommunale Steuerung – Das Präventionsnetzwerk Ortenaukreis verbindet Gesundheits-, Jugendhilfe- und Bildungssystem Klaus Fröhlich-Gildhoff, Ullrich Böttinger, Katharina Rauh und Angela Schickler

Grundprinzipien Das „Präventionsnetzwerk Ortenaukreis (PNO)“ gehört zu den fünf Gewinnerprojekten (80 Anträge) der Ausschreibung „Gesundheits- und Dienstleistungsregionen von morgen“ des Bundesministeriums für Bildung und Forschung1 und verfolgt das Ziel der systemübergreifenden Förderung der körperlichen und seelischen Gesundheit und der sozialen Teilhabe von Kindern (im Alter von 3 bis 10 Jahren) und wird durch eine umfassende Evaluation wissenschaftlich begleitet. Das Projekt ist über vier Jahre angelegt (11/2014 – 10/2018) Prävention und Gesundheitsförderung ist nicht nur Teil des Gesundheitssystems, sondern wird sinnvollerweise auch von Jugendhilfe- und dem Bildungssystem thematisiert. Jedoch verbleiben Maßnahmen zur Förderung der Gesundheit und der Prävention häufig in einem der drei Systeme und werden nicht effektiv miteinander verzahnt und in einer umfassenden Strategie systemübergreifend verfestigt. Daraus resultieren nicht nur Wirkungsverluste der Maßnahmen, teilweise entstehen sogar Parallelstrukturen in den drei Systemen. Ziel des Präventionsnetzwerks Ortenaukreis ist es daher, bestehende Strukturen der Gesundheitsförderung und Prävention systemübergreifend zu verbinden, einzelne Maßnahmen in einer Gesamtstrategie zu bündeln und Lücken in der Unterstützungsstruktur durch neue Angebote zu schließen. Zentraler Ansatzpunkt des Präventionsnetzwerks ist ein niedrigschwelliger und nicht-stigmatisierender Zugang zu Familien über die Bildungsinstitutionen Kindertageseinrichtung und Grundschule2. In diesem Zusammenhang werden die beteiligten Bildungseinrichtungen im Sinne universeller Prävention durch Organisationsentwicklungs1 2

prozesse zu gesundheitsförderlichen Institutionen weitergebildet oder können durch bedarfsorientierte Fortbildungen spezifische Unterstützung erhalten. Zudem werden auf Landkreis- und regionaler Ebene Netzwerkstrukturen aufgebaut, um Strategien selektiver und indizierter Prävention zu systematisieren und systemübergreifende Kooperationen herzustellen und zu festigen. Das Vorgehen orientiert sich dabei an Kernaspekten der Präventions- und Schutzfaktorenforschung: so wird die Umsetzung im Settingansatz erfolgen, die Nachhaltigkeit wird durch längerfristige Veränderungsprozesse unterstützt statt durch die Umsetzung isolierter Aktivitäten, die schwer erreichbare Zielgruppe der Familien in besonderen Problemlagen wird durch spezielle zugehende Angebote gestärkt. Mit dem Projekt wird somit erstmals in einer kommunalen Gebietskörperschaft ein systematisch kombiniertes Konzept aus Strukturentwicklung und Stärkung der Bildungsinstitutionen realisiert und evaluiert.

Ausgangslage im Ortenaukreis Der Ortenaukreis ist der flächengrößte Landkreis in Baden-Württemberg, in dem sich sowohl ländlich geprägte Gegenden als auch städtische Verdichtungsräume mit ihren jeweils unterschiedlichen Ausgangslagen in fünf Raumschaften finden. Im Kreis zeigen sich einerseits regional sehr unterschiedliche Gegebenheiten, andererseits liegt in Kennzahlen des Gesundheits-, Jugendhilfe- und Bildungssystems eine gute Vergleichbarkeit mit Daten auf Landesebene vor: So finden sich zum einen in den Großen Kreisstädten erhöhte Bevölkerungs-

Förderkennzeichen: 01FR14029 In das Projekt sind neben den Grundschulen auch die Grundstufen von Förderschulen einbezogen

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anteile von Menschen mit Migrationshintergrund, zudem lassen sich sozialräumliche Kumulationen von Risikofaktoren feststellen. Zum anderen liegt beispielsweise die Betreuungsquote in Kindertageseinrichtungen der unter Dreijährigen und der über Dreijährigen nah am Landesdurchschnitt, sodass die Vergleichbarkeit zu anderen Landkreisen in Baden-Württemberg gegeben ist. Bisher sind im Ortenaukreis im Rahmen der Frühen Hilfen bereits gut entwickelte Kooperationen zwischen dem Gesundheits- und Jugendhilfesystem für Familien mit Kindern unter drei Jahren entstanden. Von deren positiver Erfahrung kann das Präventionsnetzwerk, dessen Zielgruppe Kinder zwischen drei und zehn Jahren und deren Familien sind, anknüpfen und die erfolgreiche Kombination aus kreisweiter Steuerung und regional adaptierter Realisierung nutzen. Hierfür sind im Ortenaukreis Stellen für eine zentrale und fünf regionale Präventionsbeauftragte eingerichtet worden, die intensiv mit relevanten Akteuren kooperieren, Netzwerkstrukturen aufbauen, um die Angebote und Bedarfe der jeweiligen Raumschaft wissen und so passgenaue Hilfestellung geben können. Zur Vernetzung werden auf zentraler Ebene eine Präventionsund Gesundheitskonferenz etabliert und es werden regionale Runde Tische initiiert. Unterstützt wird die Entwicklung einer Gesamtstrategie durch die begleitende Gesundheitsberichtserstattung, die mithilfe der von den Netzwerkpartnern zur Verfügung gestellten Daten erstellt wird und so Aufschluss über mögliche Problemlagen, Bedarfe aber auch Angebote geben kann.

Entwicklung von Kindertageseinrichtungen und Grundschulen zu gesundheitsförderlichen Institutionen Über die Steuerung und Vernetzung auf kreisweiter und regionaler Ebene hinaus erfolgt der Zugang zu den Kindern und Familien über Kindertageseinrichtungen und Grundschulen im Settingansatz. Um möglichst nachhaltige Wirkung zu erzielen werden Fachkräfteteams und Kollegien aus 25 Kindertageseinrichtungen und 25 Grundschulen jeweils in einem 18monatigen Organisationsentwicklungsprozess unterstützt, sich zu gesundheitsförderlichen Institutionen weiterzubilden. Dieser Prozess setzt sich zusammen aus der Umsetzung eines Weiterbildungscurriculums mit drei Basisbausteinen (zum Thema Gesundheitsförderung mit Kindern und Eltern) und weiteren Vertiefungs- und Ergänzungsbausteinen (z. B. Förderung der seelischen Gesundheit/Resilienz, Förderung der GesundFrühe Bildung (2016), 5 (1), 53–55

Innovationen

heit der Fachkräfte, interkulturelle Kompetenz), die anhand der spezifischen Situation von der jeweiligen Institution ausgewählt werden. Dieses Curriculum wird von geschulten ProzessbegleiterInnen umgesetzt und durch zusätzliche Einheiten fachlich begleitet. Darüber hinaus werden weiteren Kindertageseinrichtungen und Grundschulen „bedarfsorientierte Fortbildungen“ angeboten: Entsprechend der spezifischen Situationen erhalten die Fachkräfteteams fachliche Unterstützung bei besonders interessierenden oder „brennenden“ Themen (z. B. Professionelle Begegnung mit Kindern mit herausforderndem Verhalten; Begleitung und Integration von Kindern mit Fluchterfahrungen)

Evaluation Der Implementationsprozess und seine Wirkungen werden durch eine Kombination aus Prozess- und Ergebnisevaluation mit quantitativen und qualitativen Methoden evaluiert. Zur Erfassung der Prozesse auf Strukturebene (v. a. Netzwerkbildung, Aktivitäten der Präventionsbeauftragten) werden bspw. die Tätigkeits- und Aufgabenprofile der zentralen und regionalen Präventionsbeauftragten durch die Auswertung von Dokumentationsbögen und die Entwicklung regionaler Präventionsnetzwerke mithilfe von Netzwerkkarten erfasst. Innovativ ist auch die Untersuchung von (Langzeit) Verläufen der Unterstützung von Familien mit Risikokonstellationen über die vierjährige Projektlaufzeit. Um die Entwicklung der Kindertageseinrichtungen und Grundschulen – und mögliche Effekte – zu evaluieren, wird in einem Teil der Einrichtungen im Wartelisten-Kontrollgruppen-Design eine ausführliche Erhebung stattfinden, die sich in einem qualitativen und quantitativen Mehrebenendesign auf die Zielgruppe der Institution, der Fachkräfte, der Kinder und Eltern bezieht. Dabei werden jeweils vor Beginn der Organisationsentwicklung, an deren Ende und zusätzlich eine Follow-up-Erhebung nach einem weiten Jahr durchgeführt. Zudem wird zu Zwecken der formativen Evaluation auch die Prozessbegleitung mittels strukturierter Dokumentationsbögen erfasst.

Erwarteter Mehrwert für die Region, für die Forschung unter Praxisbedingungen und den Fachdiskurs Durch die im Rahmen von PNO aufgebauten Strukturen der Gesundheitsförderung und Prävention und deren Ver© 2016 Hogrefe Verlag


Innovationen

bindung mit bestehenden Systemen, wie z. B. den Frühen Hilfen, ist es möglich, Kinder und Familien im Ortenaukreis über die gesamte Altersspanne von der Geburt bis zum Ende des Grundschulalters zu erreichen. So wird ermöglicht, dass bei weiterhin bestehendem Hilfe- bzw. präventiv ausgerichtetem Unterstützungsbedarf auch nach Ende des dritten Lebensjahres des Kindes Zuständigkeiten für Unterstützungen im Ortenaukreis vorhanden sind und somit eine durchgängige Struktur im Sinne einer Präventionskette etabliert und verstetigt wird. Zudem wird unter Berücksichtigung der Forschungserkenntnisse die Prävention und Gesundheitsförderung durch die Organisationsentwicklungsprozesse in den Bildungseinrichtungen dauerhaft verankert und spezifische Problemlagen durch passgenaue Angebote wirkungsvoll in den Blick genommen. Erkenntnisse der Präventionsforschung zeigen, dass Maßnahmen universeller Prävention mit längerer Laufzeit, die an der Lebenswelt der Kinder und Familien ansetzen, besonders wirksam sind (für eine Zusammenfassung s. Fröhlich-Gildhoff & Rönnau-Böse, 2014). Die Evaluation eines solchen Praxisforschungsprojekts stellt eine besondere methodische Herausforderung dar, die mit (quasi-)experimentellen Vorgehensweisen (RCTDesigns) allein nicht zu bewältigen ist; insofern wird die methodisch reflektierte Erfahrung mit dem komplexen Evaluationsdesign neue Impulse für die Präventionsforschung unter Praxisbedingungen setzen, ebenso wie die Beantwortung der vertiefenden Fragestellungen, die bislang noch unterforscht sind. Auf fachwissenschaftlicher Ebene ist die Realisierung systematischer Strategien der primären Prävention mittlerweile unstrittig und auch politische Positionspapiere greifen den Gesundheitsaspekt zunehmend auf (Nationales Gesundheitsziel „Gesund aufwachsen“ des Bundesgesundheitsministeriums (BMG, 2010); 13. Kinder- und Jugendbericht des BMFSFJ, 2009; Europäische Gesundheitsstrategie „Europe 2020 – for a healthier Europe“ (Europäische Kommisssion, 2012)). Gesteigert wird die Aktualität der Gesundheitsförderung durch den Beschluss des Präventionsgesetzes durch den Bundestag im Juni 2015 (BMG, 2015).

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Zugleich wird jedoch immer wieder eine Umsetzungsproblematik deutlich: Es existiert zwar eine Vielzahl – teilweise auch evaluierter – Einzelprojekte zu Teilbereichen der Gesundheit z. B. zu gesunder Ernährung, jedoch ist es bisher nur in sehr wenigen Fällen gelungen, diese in eine systematische Strategie einer Gebietskörperschaft zu überführen, die Bildungsinstitutionen Kita und Schule konsequent mit einzubeziehen und somit in die Breite zu tragen. Das Präventionsnetzwerk Ortenaukreis hat hier innovativen Charakter.

Literatur BMFSFJ (Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend). (2009). 13. Kinder- und Jugendbericht. Berlin: BMFSFJEigendruck. Zugriff am 02.10.2010. Verfügbar unter http:// www.bmfsfj.de/BMFSFJ/Service/Publikationen/publikationen, did=128950.html BMG (Bundesministerium für Gesundheit). (2015). Pressemitteilung zu Beschluss des Präventionsgesetzes. Zugriff am 10.7.2015. Verfügbar unter http://www.bmg.bund.de/ministerium/meldungen/2015/praeventionsgesetz.html BMG (Bundesministerium für Gesundheit). (2010). Nationales Gesundheitsziel. Gesund aufwachsen: Lebenskompetenz, Bewegung, Ernährung. Berlin: BMG. Zugriff am 18.11.10. Verfügbar unter http://www.bmg.bund.de/nn_1168300/SharedDocs/Publikationen/DE/Praevention/NationalesGesundheitszielGesun daufwachsen,templateId=raw,property=publicationFile.pdf/ NationalesGesundheitsziel-Gesund-aufwachsen.pdf Europäische Kommission (2012). Europe 2020 – for a healthier Europe. Zugriff am 18.10.2014. Verfügbar unter http://ec.europa. eu/health/europe_2020_en.htm Fröhlich-Gildhoff, K. & Rönnau-Böse, M. (2014). Resilienz. München: Reinhardt/UTB. Verfasser: Ullrich Böttinger und Angela Schickler, Landratsamt Ortenaukreis, Lange Str. 51, 77652 Offenburg, ullrich.boettinger@ortenaukreis.de, Angela.Schickler@ortenaukreis.de; Klaus Fröhlich-Gildhoff und Katharina Rauh, Zentrum für Kinder- und Jugendforschung (ZfKJ) an der Evangelischen Hochschule Freiburg, Bugginger Str. 38, 79114 Freiburg, froehlich-gildhoff@eh-freiburg.de, krauh@eh-freiburg.de.

DOI 10.1026/2191-9186/a000234

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Informationen Interaktions- und Beziehungsgestaltung zwischen pädagogischen Fachkräften und Kindern im Spiegel des Deutschen Bildungsservers Zusammengestellt von Andrea Völkerling Redaktionsbereich Elementarbildung beim Deutschen Bildungsserver Deutsches Institut für Internationale Pädagogische Forschung (DIPF) Informationszentrum Bildung Die folgenden Internettipps thematisieren die Interaktionsgestaltung innerhalb der Kindertagesbetreuung und die Beziehungsqualität insbesondere zwischen pädagogischen Fachkräften und Kindern. Für die Zusammenstellung wurden unterschiedliche Medien berücksichtigt, zum einen Filme sowie Videoaufzeichnungen und Präsentationsfolien von Vorträgen, zum anderen online verfügbare Fachliteratur.

1. Filme und Vorträge Ministerium für Kultus, Jugend und Sport. BadenWürttemberg (2014): Momente gestalten. Dialoge in Kitas. Ein Film von Stephan Ferdinand www.zfkj.de/index.php/gina/filme Die pädagogische Arbeit in Kitas ist geprägt von einem intensiven Miteinander zwischen Kindern und Fachkräften. Der Film zeigt anhand konkreter Beispiele, welche Gestaltungsmöglichkeiten scheinbar alltägliche Situationen bieten. Das erste Filmkapitel greift das Bildungs- und Entwicklungsfeld „Sprache“ im Orientierungsplan BadenWürttemberg auf. Es folgen fünf Alltagsgeschichten, die die Gelingensfaktoren von Interaktionen dokumentieren. Gedreht wurden die Szenen in drei städtischen Kitas in Pforzheim, die am Forschungsprojekt „Gestaltung von Interaktionsgelegenheiten im Alltag“ GInA der Evangelischen Hochschule Freiburg teilgenommen haben. Nach einem zusammenfassenden Interview zum Thema mit einer pädagogischen Fachkraft dokumentieren fünf videografische Beobachtungen weitere Alltagssituationen. Die jeweiligen Kommentierungen von Prof. Dr. Dörte Weltzien ordnen die Situationen in den Entwicklungsprozess von Frühe Bildung (2016), 5 (1), 56–58

Kindern ein. Die einzelnen Kapitel des Films stehen auf der Webseite des Zentrums für Kinder- und Jugendforschung (ZfKJ) zum Download zur Verfügung.

Niedersächsisches Institut für frühkindliche Bildung und Entwicklung (2012): Vortrag von Prof. Dr. Anke König „Lernen in sozialer Interaktion. Empirische Befunde und theoretische Zusammenhänge“ (Vorlesung im Schloss) www.bildungsserver.de/link/vortrag_koenig Mit ihrem Vortrag „Lernen in sozialer Interaktion. Empirische Befunde und theoretische Zusammenhänge“ zeigt Prof. Dr. Anke König zum einen die Bedeutung des sozialen Lernens für die Entwicklung des Individuums auf und verortet das Thema zum anderen in den aktuellen Reformprozessen in der Elementarpädagogik. Auf der Website steht die Videoaufzeichnung der Vorlesung bereit, außerdem können die Vortragsfolien heruntergeladen werden.

Staatsinstitut für Frühpädagogik (IFP): Dokumentation des IFP-Fachkongresses 2015 „Interaktionsqualität in Kindertageseinrichtungen“ www.ifp.bayern.de/veranstaltungen/fachkongresse/ fachkongress2015.php Auf dieser Seite des Staatsinstituts für Frühpädagogik wurden die Fachvorträge, die Inputs der Fachforen sowie die präsentierten Poster der Postersession des IFP-Fachkongresses am 17./18. Juni 2015 zusammengestellt. Es stehen u. a. folgende Präsentationen zum Download zur Verfügung: Prof. Robert C. Pianta (University of Virginia) – Relevance, Determinants and Improvement of Interac© 2016 Hogrefe Verlag


Informationen

tions in Early Childhood Education and Care (englische und deutsche Version), Prof. Bernhard Hauser (PH St. Gallen) – Interaktionsqualität und frühes Lernen im Spiel und Prof. Iris Nentwig-Gesemann (Alice-Salomon-Hochschule Berlin) – Spannungsfeld handlungsleitende Orientierungen und professionelle Praxis.

2. Fachliteratur Hörmann, K. (2014): Die Entwicklung der FachkraftKind-Beziehung www.kita-fachtexte.de/uploads/media/KiTaFT_ hoermann_2014.pdf „… In diesem Beitrag wird auf die Bedeutung von Beziehungen außerhalb der Familie und deren historische Entwicklung Bezug genommen. Es werden detailliert die Grundelemente für den Aufbau einer positiven Beziehung zwischen Fachkraft und Kind beschrieben, indem sowohl die Beziehungsqualität als auch die Beziehungsaufgaben der Fachkraft geschildert werden. Der Fokus liegt dabei auf dem Verhalten der/des Erwachsenen, die durch Reflexionsfragen zur Beziehungsgestaltung in der Praxis angeregt werden. Neben der persönlichen, individuellen Beziehungsgestaltung zwischen Fachkraft und Kind werden die Kontextfaktoren betrachtet, innerhalb derer sich Beziehungen in Kitas entwickeln.“ (Abstract)

Koch, A. (2013): Beziehungsgestaltung in der Elementarpädagogik als Voraussetzung für kindliche Bildungsprozesse. Relevanz bindungstheoretischer Ansätze und deren Umsetzung in den Rahmenplänen für die frühe Bildung in Kindertageseinrichtungen h t t p : //n b n - r e s o l v i n g . d e/u r n : n b n : d e : h e b i s : 30:3-300879 „Das Ziel der vorliegenden Dissertation ist es, die Bedeutung der Beziehungsgestaltung zwischen pädagogischen Fachkräften und den Kindern in Kindertageseinrichtungen zu untersuchen. Es soll herausgearbeitet werden, ob und inwiefern der Aspekt der professionellen Beziehungsgestaltung in den Rahmenplänen für die frühe Bildung in Kindertageseinrichtungen enthalten ist. Die Untersuchung basiert auf Erkenntnissen der Bindungstheorie nach John Bowlby. In dieser Dissertation wird demnach folgende Frage untersucht: Wie fließen aktuelle theoretische Ansätze der Bindungstheorie, die sich mit den Bedingungsfaktoren und der Entstehung einer professionellen Beziehungsgestaltung zwischen Erwachsenen und Kindern auseinandersetzen, in die Rahmenpläne für die frühe © 2016 Hogrefe Verlag

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Bildung in Kindertageseinrichtungen ein und welche Konzepte dafür lassen sich im Vergleich der Rahmenpläne untereinander herausarbeiten?“ (S. 8f)

König, A. (2007): Dialogisch-entwickelnde Interaktionsprozesse als Ausgangspunkt für die Bildungsarbeit im Kindergarten – In: Bildungsforschung 4 (2007) 1 http://bildungsforschung.org/index.php/bildungs forschung/article/view/54 „Die ErzieherIn-Kind(-er)-Interaktion ist konstitutiv für die Qualität der Betreuung im Kindergarten. Auf diesen Befund weisen internationale Studien hin. Der vorliegende Artikel setzt sich mit der systematischen Erweiterung der Lernumwelt in der Elementarpädagogik auseinander. Im Zentrum der Auseinandersetzung stehen die Bildungsund die Qualitätsdiskussion. Daneben werden Befunde aus der Kindergartenpraxis sowie aus der Interaktionsforschung diskutiert.“ (Abstract)

Remsperger, R. (2011): Auf die Beziehungsgestaltung kommt es an. Sensitive Responsivität im pädagogischen Alltag – In: frühe Kindheit (2011) 1 http://liga-kind.de/fk-111-remsperger In den letzten Jahren ist von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern ganz unterschiedlicher Disziplinen verstärkt darauf hingewiesen worden, wie bedeutsam die Gestaltung von Beziehungen für das Lernen und für die Entwicklung von Kindern ist. Hier spielen nicht nur die Beziehungen zwischen Eltern und ihren Kindern, sondern auch die Beziehungen zwischen Erzieherinnen und Kindern eine wichtige Rolle. Wie aber sieht die Gestaltung dieser Beziehungen im Kindertagesstättenalltag aus? Was heißt es, feinfühlig auf kleine Kinder zu reagieren und damit überhaupt erst die Grundlage für stabile Beziehungen zu schaffen? Und in welchen Situationen ist dies besonders gut möglich? All diese Fragen waren Ausgangspunkt einer Videostudie, in der die Sensitive Responsivität pädagogischer Fachkräfte untersucht wurde.

Wadepohl, H. (2015): Professionelles Handeln von frühpädagogischen Fachkräften www.kita-fachtexte.de/uploads/media/KiTaFT_Wadepohl_2015.pdf „Die Forderung nach professionellen Handlungskompetenzen frühpädagogischer Fachkräfte rückt mehr und mehr in den Mittelpunkt der Qualitätsdebatte in Kindertageseinrichtungen. In dem Fachtext wird der Frage nachgeFrühe Bildung (2016), 5 (1), 56–58


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gangen, welche Anforderungen an die Fachkräfte in der täglichen Arbeit mit den Kindern gestellt werden und welche Kompetenzen Fachkräfte erwerben müssen, um diesen Anforderungen gerecht zu werden.“ (Abstract)

Wertfein, M; Wirts, C. & A. Wildgruber (2015): Bedingungsfaktoren für gelingende Interaktionen zwischen Erzieherinnen und Kindern. Ausgewählte Ergebnisse der BIKE-Studie (IFP-Projektbericht 27/2015) www.ifp.bayern.de/imperia/md/content/stmas/ifp/ projektbericht_bike_nr_27.pdf Die Studie des Staatsinstituts für Frühpädagogik erforscht in Kindertageseinrichtungen die Bedingungsfaktoren gelingender Interaktionen zwischen Erzieherinnen und Kindern

Informationen

und geht der Frage nach, welche Ressourcen pädagogische Fachkräfte benötigen, um die Interessen und Kompetenzen der Kinder individuell aufgreifen und angemessen unterstützen zu können. Im Rahmen der Studie wird auch die Eignung des „Classroom Assessment Scoring Systems“ (CLASS Pre-K) für die Qualitätsentwicklung in Kindertageseinrichtungen, über Rückmeldungen an die beobachteten Fachkräfte, erprobt. Zentrale Fragestellungen der BIKE-Studie sind: Welche Formen der Fachkraft-Kind-Interaktion zeigen sich in der Praxis in bayerischen Kindertageseinrichtungen? Welche Bedingungsfaktoren (Umwelt, Person) stehen in Zusammenhang mit der Interaktionsqualität? Welche Zusammenhänge bestehen zwischen emotionaler Unterstützung, Lernunterstützung und Strukturqualität? DOI 10.1026/2191-9186/a000246

Veranstaltungen 19.04. – 20.04.2016 DKLK – Deutscher Kitaleitungskongress 2016 Kitas gestalten Zukunft Veranstaltungsorte: Düsseldorf: 19.04. – 20.04.2016 Berlin: 14.06. – 15.06.2016 Augsburg: 28.06. – 2 9.06.2016 Berlin: 20.09. – 2 1.09.2016 Internet: www.deutscher-kitaleitungskongress.de/ dklk-2016/

Weitere Veranstaltungen finden Sie im Deutschen Bildungsserver unter www.bildungsserver.de/Veranstaltungen-Elementarbildung-2763.html Hier haben Sie Zugriff auf den Veranstaltungskalender des Deutschen Bildungsservers und können gezielt alle Veranstaltungen im frühpädagogischen Bereich einsehen. Außerdem können Sie über ein Formular selbst entsprechende Veranstaltungen melden.

20.04. – 22.04.2016 Bundestagung „Netzwerk Fortbildung Kinder bis drei“ Tagung des Bundesnetzwerks „Fortbildung: Kinder bis drei“ Veranstaltungsort: Osnabrück Internet: www.bildungsserver.de/link/bundestagung_bis_ drei

Der HOGREFE Tagungsplaner© (HTP) bietet Ihnen darüber hinaus ein umfassendes Verzeichnis von Tagungen, Kongressen und Symposien im Bereich der Psychologie und Psychiatrie. Sie können sich nach verschiedenen Suchkriterien die passende Tagung oder den passenden Kongress anzeigen lassen.

HOGREFE Tagungsplaner© (HTP) www.hogrefe.de/service/tagungsplaner/

DOI 10.1026/2191-9186/a000247

20.05. – 21.05.2016 Kongress für frühkindliche Bildung 2016 Selbstvertrauen, Mut und seelische Widerstandskraft – Resilienz bei Kindern und Erzieherinnen Tagungsort: Wolfsburg Internet: www.beltzforum.de/kita_2016/index.php Frühe Bildung (2016), 5 (1), 56–58

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Rezension Sprachliche Entwicklung in Kindertagesstätten Jan Rösler Hanna Ehlert und Ulla Beushausen Erfolgreiche Sprachförderung in der Kita: Ein Ratgeber für Pädagogische Fachkräfte. 2014. Idstein: Schulz-Kirchner Verlag 76 S., EUR 9,49 ISBN 978-3-8248-1177-9

Von der kompakten und etwas spröden Aufmachung des Ratgebers von H. Ehlert und U. Beushausen (2014) sollte man sich nicht täuschen lassen: dieses Buch ist nicht nur wissenschaftlich fundiert, sondern zudem ausgesprochen lesbar und auch für Laien gut verständlich formuliert. Die Autorinnen fassen den aktuellen Forschungsstand zur Unterstützung der sprachlichen Entwicklung in Kindertagesstätten mit großer Fachkompetenz und auf das Wesentliche kondensiert zusammen. Eine klare Gliederung und ausführliche Erläuterungen von Fachbegriffen schaffen Klarheit in einem komplexen Themengebiet und legen den Grundstein für die weitere Auseinandersetzung mit spezifischeren Themen. Ohne zu sehr zu vereinfachen, gibt der Ratgeber im ersten Teil eine Einführung zum Ablauf des kindlichen Spracherwerbs, zu Besonderheiten bei mehrsprachigen Kindern und zu mögliche Problemen und Störungen bei der Sprachentwicklung. Differenzierte Definitionen und Fallbeispiele helfen problematischer Entwicklungsverläufe zu verstehen und geben Empfehlungen zum weiteren Vorgehen. Allerdings liegt der Fokus im gesamten Abschnitt etwas zu stark auf dem schnellen Eingreifen bei abweichender Entwicklung. Die auch bei normalen Entwicklungsverläufen hohe Variabilität der sprachlichen Entwicklung wird eher weniger thematisiert. Im zweiten Teil erläutern Ehlert und Beushausen zunächst verschiedene Formen der Sprachförderung und Sprachtherapie sowie einzelne Förderbereiche im System Sprache, um sich dann ausführlich dem (auch von den Bildungsplänen der Länder favorisierten) Konzept der alltagsintegrierten Sprachförderung zuzuwenden. Anhand zahlreicher praktischer Beispiele und konkreter Hand-

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lungsempfehlungen zeigen die Autorinnen, wie Sprachentwicklung in Kindertagesstätten ohne aufwändige „Unterrichtseinheiten“ in Alltagssituationen unterstützt und gefördert werden kann. Zahlreiche positive wie negative Dialogbeispiele und Anwendungsideen ermöglichen eine gute Übertragung in den eigenen Gruppenalltag. Informationen zum Umgang mit mehrsprachig aufwachsenden Kindern und Empfehlungen zur Zusammenarbeit mit den Familien runden das Bild ab. Die Empfehlungen bleiben stets praxisnah und authentisch und vermitteln ein gutes Bild von Zielen und Methoden einer alltagsintegrierten Sprachförderung. Insgesamt betrachtet ist das Buch eine Fundgrube für interessierte Praktiker und eine gute Möglichkeit, sich dem Thema Sprachförderung in Kindertagesstätten auf wissenschaftlich und pädagogisch hohem Niveau anzunähern. Für Leser mit bereits gutem Kenntnisstand in diesem Themengebiet oder bei spezifischeren Fragestellungen ist dieses Buch dagegen weniger geeignet.

Literatur Ehlert, H. & Beushausen, U. (2014). Erfolgreiche Sprachförderung in der Kita: Ein Ratgeber für Pädagogische Fachkräfte. Roßdorf b. Darmstadt: Schulz-Kirchner Rezensent: Dipl.-Psych. Jan Rösler, Universität Würzburg, Lehrstuhl für Pädagogische Psychologie und Entwicklungspsychologie, Röntgenring 10, 97070 Würzburg, jan.roesler@uni-wuerzburg.de. DOI 10.1026/2191-9186/a000249

Frühe Bildung (2016), 5 (1), 59


Mitteilungen Call for Papers Frühe Bildung 4/2017 Schwerpunkt „Frühe Literalität“ Betreuung des Themenschwerpunkts: Ingrid Barkow und Claudia Müller-Brauers Literal zu sein, d. h. über fundierte Fähigkeiten im Umgang mit Geschriebenem zu verfügen, gilt als die Grundvoraussetzung für gesellschaftliche Partizipation und beruflichen Erfolg. Der Grundstock für die Entwicklung von Literalität wird allerdings nicht erst in der Schule gelegt. Literalität basiert auf Spracherfahrungen und sprachlichen Wissensbestände, die bereits vorschulisch in der explorativen Auseinandersetzung mit Schrift und Schriftlichkeit aufgebaut werden. Während sich die internationale Forschung mit früher Literalität unter dem Aspekt von „Early literacy“ oder „Emergent Literacy“ seit Jahrzehnten umfassend auseinandersetzt, stellt dieser Forschungsbereich hierzulande noch ein Novum dar. Angesichts der Bedeutung, die dem frühen sprachlichen Lernen im gesamten Bildungsprozess zukommt, erscheint ein Ausbau dieses Forschungsbereich dringend notwendig. Das Schwerpunktheft „Frühe Literalität“ schließt an dieses Desiderat an und adressiert Beiträge, die sich mit der literalen Entwicklung von Kindern im Vorschulalter und am Übergang zum Grundschulalter aus empirischer Sicht auseinandersetzen und die Facetten früher Literalität untersuchen. Die Beiträge können dabei folgende Fragestellungen in den Blick nehmen: y Erwerbsverläufe von früher Literalität: Welche Erwerbsschritte lassen sich in der frühen literalen Entwicklung auf der rezeptiven Seite (Lese- und Vorleseer-

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fahrungen) und der produktiven Seite (Schreib- und Kritzelaktivitäten) beobachten? Wie korrespondieren Domänen früher Literalität mit schriftsprachlichen Leistungen im Anfangsunterricht? Welche Unterschiede bestehen zwischen frühem literalen Lernen in der Erst- und Zweitsprache? y Frühe Literalität und soziale Umwelt: Wie entfaltet sich frühe Literalität? Welche sprachlichen Erwerbskontexte tragen zur Entwicklung von früher Literalität bei? Welche Funktion hat die Familie in der Anbahnung von früher Literalität? y Förderung von früher Literalität im Kindergarten: Welche literalen Praktiken lassen sich im Kindergarten beobachten? Wie kann frühe Literalität im Kindergarten gezielt gefördert werden? Welche Rolle spielt dabei das pädagogische und sprachliche Handeln der frühpädagogischen Fachkräfte? Nicht berücksichtigt werden Beiträge, die keine empirische Grundlage aufweisen oder lediglich die Sprachentwicklung von Kindern im Allgemeinen thematisieren. Beiträge können bis spätestens 01.08.2016 bei Prof. Dr. Ingrid Barkow und Jun.-Prof. Dr. Claudia Müller-Brauers (FrueheBildung@dipf.de) mit dem Kennwort ‚Literalität‘ eingereicht werden. DOI 10.1026/2191-9186/a000250

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Mitteilungen 61

Pädagogik der Kindheit im Master studieren? Online-Befragung zur Professionalisierung und zum akademischen Qualifizierungsbedarf in der Kindheitspädagogik Wie müssen weiterführende Studiengänge der Kindheitspädagogik gestaltet sein, um Bedarfe der Praxis zu ­beantworten und potentielle Studierende anzusprechen? Diesen Fragen geht ein Forschungsvorhaben der Evangelischen Hochschule Dresden nach, auf dessen Grundlage ein berufsbegleitendes Masterstudiumsangebot im Bereich Kindheitspädagogik entwickelt werden soll. Im Rahmen einer bundesweiten Erhebung fragen wir nach Ihren Einschätzungen zu aktuellen Herausforderungen und Zielen im Bereich der Arbeit mit Kindern und Familien, sowie Ihren Interessen und Erwartungen an ­ hochschulische Angebote, insbesondere an berufsbegleitende Masterstudiengänge. Sind Sie Leitungsperson, pädagogische Fachkraft, DozentIn, ReferentIn o. ä. in einem Bereich der Arbeit mit Kindern und Familien oder studieren Sie in diesem Bereich? Dann gestalten Sie mit! Die Befragung wird vom Projekt PRAWIMA an der Evangelischen Hochschule Dresden (ehs) durchgeführt, das im Rahmen des Bund-Länder-Wettbewerbs „Aufstieg durch Bildung: Offene Hochschulen“ vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert wird.

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Die online-Befragung findet vom 1. März bis 17. April 2016 statt. Bitte nutzen Sie zur Teilnahme diesen Link: http://ww2. unipark.de/uc/masterfrage/

oder diesen QR-Code:

Kontakt: Prof. Dr. Tim Rohrmann Evangelische Hochschule Dresden Universitiy of Applied Sciences for Social Work, Education and Nursing 01307 Dresden Dürerstraße 25 tim.rohrmann@ehs-dresden.de

Mehr Informationen zum Projekt: http://www.ehs-dresden. de/index.php?id=1042

DOI: 10.1026/2191-9186/a000252

Frühe Bildung (2016), 5 (1), 60–62


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Mitteilungen

Gutachterinnen und Gutachter 2015 Das Herausgeberteam möchte den folgenden Personen, die Gutachten für Frühe Bildung verfasst haben, für das Einbringen ihrer Expertise im Jahr 2015 danken. Ihre umsichtigen und fachgerechten Beurteilungen sind sehr geschätzt und wichtig für die Aufrechterhaltung der hohen Qualitätsstandards der Zeitschrift. Maren Aktas Anke Buschmann Rainer Dollase Susanne Ebert Jan-Henning Ehm Marco Ennemoser Barbara Gasteiger-Klicpera Christian Glück Dorothee Gutknecht Gisela Kammermeyer Anke König Kathrin Krammer Diemut Kucharz Wolfgang Lenhard

Frühe Bildung (2016), 5 (1), 60–62

Arnold Lohaus Christoph Mischo Johannes Naumann Dominique Rauch Ute Ritterfeld Tobias Ruberg Steffi Sachse Julia Schneewind-Landowsky Wilfried Smidt Antje von Suchodoletz Wolfgang Tietze

DOI 10.1026/2191-9186/a000251

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Hinweise für Autoren Die Zeitschrift Frühe Bildung versteht sich als multidisziplinäres Forum der wissenschaftlichen und praktisch-relevanten Diskussion aller Themen der frühen Bildung einschließlich des Schulübergangs und der Schuleingangsstufe. Sie repräsentiert mit theoretischen und empirischen Beiträgen den aktuellen Stand der wissenschaftlichen Auseinandersetzung im Hinblick auf, Erziehung, Bildung und Betreuung im Kindesalter. Aufgegriffen werden Fragen der Professionalisierung von pädagogischen Fachkräften, der organisatorischen Verankerung früher Bildung sowie der individuellen Entwicklung von Kindern in frühen Bildungskontexten. Publiziert werden auch aktuelle Diskurse, Projekte und Innovationen der Frühpädagogik. Veröffentlicht werden in der Frühen Bildung die Rubriken: Schwerpunktbeiträge, Freie Beiträge, Diskussionen, Innovationen, Informationen und Rezensionen. Einsendung von Manuskripten. Alle Manuskripte sind in elektronischer Form an den geschäftsführenden Herausgeber zu senden: Prof. Dr. Marcus Hasselhorn, E-Mail: FrueheBildung@ dipf.de Detaillierte Hinweise für Autoren finden Sie unter http://www. hogrefe.de/zeitschriften/fruehe-bildung/autorenhinweise/ Urheber- und Nutzungsrechte. Urheber- und Nutzungsrechte. Der Autor bestätigt und garantiert, dass er uneingeschränkt über sämtliche Urheberrechte an seinem Beitrag einschließlich eventueller Bildvorlagen, Zeichnungen, Pläne, Karten, Skizzen und Tabellen verfügt, und dass der Beitrag keine Rechte Dritter verletzt. Der Autor räumt – und zwar auch zur Verwertung seines Beitrages außerhalb der ihn enthaltenen Zeitschrift und unabhängig von deren Veröffentlichung – dem Verlag räumlich und mengenmäßig unbeschränkt für die Dauer des gesetzlichen Urheberrechts das ausschließliche Recht der Vervielfältigung und Verbreitung bzw. der unkörperlichen Wiedergabe des Beitrags ein. Der Autor räumt dem Verlag ferner die folgenden ausschließlichen Nutzungsrechte am Beitrag ein:

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a) Das Recht zum ganzen oder teilweisen Vorabdruck oder Nachdruck – auch in Form eines Sonderdrucks, zur Übersetzung in andere Sprachen, zu sonstiger Bearbeitung und zur Erstellung von Zusammenfassungen (Abstracts); b) das Recht zur Veröffentlichung einer Mikrokopie-, Mikroficheund Mikroformausgabe, zur Nutzung im Weg von Bildschirmtext, Videotext und ähnlichen Verfahren, zur Aufzeichnung auf Bildund/ oder Tonträger und zu deren öffentlicher Wiedergabe – auch multimedial – sowie zur öffentlichen Wiedergabe durch Radio- und Fernsehsendungen; c) das Recht zur maschinenlesbaren Erfassung und elektronischen Speicherung auf einem Datenträger (z. B. Diskette, CDRom, Magnetband) und in einer eigenen oder fremden OnlineDatenbank, zum Download in einem eigenen oder fremden Rechner, zur Wiedergabe am Bildschirm – sei es unmittelbar oder im Wege der Datenfernübertragung – sowie zur Bereithaltung in einer eigenen oder fremden Online-Datenbank zur Nutzung durch Dritte; d) das Recht zu sonstiger Vervielfältigung, insbesondere durch fotomechanische und ähnliche Verfahren (z. B. Fotokopie, Fernkopie) und zur Nutzung im Rahmen eines sogenannten Kopienversands auf Bestellung; e) das Recht zur Vergabe der vorgenannten Nutzungsrechte an Dritte in In- und Ausland sowie die von der Verwertungsgesellschaft WORT wahrgenommenen Rechte einschließlich der entsprechenden Vergütungsansprüche. Online-Rechte für Zeitschriftenbeiträge. Hinweise für Autoren zur Online-Archivierung einer elektronischen Version Ihres Manuskriptes finden Sie unter den Autorenhinweisen auf unserer Homepage www.hogrefe.de/zeitschriften.

Januar 2016

Frühe Bildung (2016), 5 (1), 63


Marcus Hasselhorn / Wolfgang Schneider (Hrsg.)

Förderprogramme für Vor- und Grundschule

Förderprogramme für Vor- und Grundschule

Klaus Sarimski Klaus Sarimski

Soziale Risiken im frühen Kindesalter Grundlagen und frühe Interventionen

(Reihe: „Jahrbuch der pädagogisch-psychologischen Diagnostik. Test und Trends). 2016, IIIV/251 Seiten, € 36,95 / CHF 45.90 ISBN 978-3-8017-2772-7 Auch als eBook erhältlich

Marcus Hasselhorn Wolfgang Schneider (Hrsg.)

Tests und Trends – Jahrbuch der pädagogischpsychologischen Diagnostik

Im vorliegenden Band werden eine Reihe von Verfahren genauer beschrieben, die für die Förderung in Vorschule und Schule konzipiert wurden und sich entweder zur Verbesserung relevanter Vorläufermerkmale (etwa der

phonologischen Bewusstheit bzw. der frühen Mengen-ZahlenKompetenz) im Kindergarten oder aber zur Förderung schriftsprachlicher und mathematischer Kompetenzen in der Schule anbieten.

Die Betreuung von Kindern in Armutslagen, Kindern jugendlicher Mütter, psychisch kranker, alkohol- oder drogenabhängiger Eltern stellt für professionelle Helfer eine besondere Herausforderung dar. Der Band beschreibt zunächst die Auswirkungen der sozialen Belastungen auf die Entwicklung der frühen Eltern-Kind-Beziehungen

Nadine Spörer / Helvi Koch / Nina Schünemann / Vanessa A. Völlinger

Das Lesetraining mit Käpt’n Carlo für 4. und 5. Klassen Ein Lehrermanual mit Unterrichtsmaterialien zur Förderung des verstehenden und motivierten Lesens

Mit CD-ROM

Das Lesetraining mit Käpt‘n Carlo wurde für Schulkinder der 4. und 5. Jahrgangsstufe entwickelt und hat das Ziel, das verstehende und motivierte Lesen zu fördern. Das Training umfasst 14 Stunden und kann sowohl innerhalb

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Ein Lehrermanual mit Unterrichtsmaterialien zur Förderung des verstehenden und motivierten Lesens 2016, 103 Seiten, Großformat, inkl. CD-ROM, € 34,95 / CHF 45.50 ISBN 978-3-8017-2723-9 Auch als eBook erhältlich

als auch außerhalb des Regelunterrichts umgesetzt werden. Den Schülerinnen und Schülern werden spezifische Lesestrategien vermittelt und sie werden mit Hilfe eines Lesetagebuchs zum selbstregulierten Lernen angeregt.

Grundlagen und frühe Intervention 2013, 172 Seiten, € 24,95 / CHF 35.50 ISBN 978-3-8017-2417-7 Auch als eBook erhältlich

und auf die kognitive, sprachliche sowie sozialemotionale Entwicklung der Kinder. Auf der Basis empirischer Forschungsergebnisse werden Rückschlüsse gezogen, wie die Resilienz von Kindern aus hoch belasteten Familien gestärkt werden kann. Praxisorientierte Tipps runden den Band ab.

Jörg Reichert / Mario Rüdiger

Psychologie in der Neonatologie

Das Lesetraining mit Käpt‘n Carlo für 4. und 5. Klassen Nadine Spörer Helvi Koch Nina Schünemann Vanessa A. Völlinger

Soziale Risiken im frühen Kindesalter

Jörg Reichert · Mario Rüdiger (Hrsg.)

Psychologie in der Neonatologie

Psychologisch-sozialmedizinische Versorgung von Familien Frühgeborener 2013, 278 Seiten, € 29,95 / CHF 39.90 ISBN 978-3-8017-2468-9 Auch als eBook erhältlich

Psychologisch-sozialmedizinische Versorgung von Familien Frühgeborener

Das Buch diskutiert aktuelle Fragen der psychologisch-sozial-medizinischen Versorgung von Familien frühgeborener oder krank neugeborener Kinder. Es geht u.a. um Fragen der psychosozialen Unterstützung von Risikoschwangeren, der psychologischen Krisenintervention und

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Traumaprävention im Zusammenhang mit einer Risikoschwangerschaft und -geburt, der Herausbildung elterlicher Pflege- und Versorgungskompetenz, der optimalen Unterstützung von Eltern-Kind-Bindungsprozessen und der Etablierung entsprechender Nachsorgeangebote.


MOT 4-6

SI-KJ

3., überarbeitete und neu normierte Auflage

G. Lehmkuhl / A. Agache / D. Alfer L. Fricke-Oerkermann / Ch. Tielsch / A. Mitschke E. Schäfermeister / J. van der Stouwe / A. Wiater

Motoriktest für vier- bis sechsjährige Kinder R. Zimmer Einsatzbereich: Der MOT 4-6 erfasst den motorischen Entwicklungsstand von Kindern im Vorschulalter (4 bis 6 Jahre). Für Kinder mit Behinderungen oder Entwicklungsverzögerungen kann über diesen Altersbereich hinaus das motorische Entwicklungsalter ermittelt werden. Der Test ermöglicht eine quantitative Auswertung der Ergebnisse, er kann darüber hinaus aber auch als prozessbegleitendes Beobachtungsverfahren verwendet werden. Das Verfahren: Der MOT 4-6 besteht aus 17 Testaufgaben (und einer Aufwärmaufgabe), die in spielerischer, kindgerechter Weise den motorischen Entwicklungsstand des Kindes erfassen und sich sieben motorischen Bereichen zuordnen lassen (z.B. gesamtkörperliche Gewandtheit und Koordinationsfähigkeit, feinmotorische Geschicklichkeit, Gleichgewichtsvermögen). Neben der Ermittlung eines Normwertes (Gesamttestwert), der die Einordnung des Testergebnisses im Vergleich zur durchschnittlichen Leistung in der betreffenden Altersgruppe ermöglicht, gibt der Test dem Praktiker zusätzlich nützliche Hilfen zur qualitativen Beobachtung und Beurteilung der motorischen Performanz des Kindes an die Hand. Gültigkeit: Es liegen zahlreiche Validierungsstudien aus den Jahren 1974 bis 2014 vor, die im Manual berichtet werden. Die kriterienbezogene, Inhalts- und Konstruktvalidität konnten umfassend bestätigt werden. Bearbeitungsdauer: Für die Durchführung des Tests müssen 20 bis 30 Minuten veranschlagt werden.

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Test komplett

Hogrefe Verlag GmbH & Co. KG Testzentrale Tel. +49 551 999 50-999 / Fax -998 testzentrale@hogrefe.de www.testzentrale.de

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Schlafinventar für Kinder und Jugendliche

Einsatzbereich: Kinder und Jugendliche. Die vier Instrumente des SI-KJ umfassen unterschiedliche Altersbereiche, insgesamt wird der Altersbereich von 5 bis 18 Jahren abgedeckt. Das Verfahren: Das Schlafinventar für Kinder und Jugendliche (SI-KJ) beinhaltet vier verschiedene Instrumente zur Diagnostik von Schlafproblemen und Schlafstörungen bei Kindern und Jugendlichen. Zur orientierenden Diagnostik liegen ein Elternfragebogen und ein Fragebogen für Kinder und Jugendliche vor. Es handelt sich um Screening-Instrumente, aus denen sich erste Hinweise für das Vorliegen von Schlafstörungen sowie von belastenden Schlafbedingungen ableiten lassen. Der Fragebogen für Kinder und Jugendliche enthält 28 Items, der Elternfragebogen umfasst 33 Items. In beiden Fragebögen werden neben der Hauptskala „Schlaf- und Tagesverhalten“ die Subskalen „Einund Durchschlafprobleme“, „Vegetative Symptome“ sowie „Tagesbefindlichkeit“ gebildet. Der Elternfragebogen enthält zudem die Subskala „Nächtliche Ereignisse“. Zusätzlich werden in beiden Fragebögen verschiedene Merkmale der Schlafhygiene und Schlafumgebung sowie körperliche Faktoren erfasst. Zwei strukturierte Interviews dienen der differenzierten Erfassung von Schlafstörungen und der Differentialdiagnostik aus Selbstsicht und Fremdsicht. Die Interviews gestatten eine Überprüfung der Diagnosekriterien nach ICD-10 und ICSD für insgesamt zehn Schlafstörungen. Bearbeitungsdauer: Die Bearbeitung eines Fragebogens dauert etwa 10 bis 15 Minuten. Der zeitliche Aufwand der Interviews ist davon abhängig, ob Schlafprobleme vorhanden sind. Insgesamt muss hier von einer Dauer zwischen 15 und 45 Minuten ausgegangen werden.

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112,00 €


Franz Petermann / Manfred Döpfner / Anja Görtz-Dorten

Franz Petermann Manfred Döpfner Anja Görtz-Dorten

Ratgeber aggressives und oppositionelles Verhalten bei Kindern Informationen für Betroffene, Eltern, Lehrer und Erzieher 3., überarbeitete Auflage

Ratgeber aggressives und oppositionelles Verhalten bei Kindern Informationen für Betroffene, Eltern, Lehrer und Erzieher

Aggressivoppositionelles Verhalten im Kindesalter

Franz Petermann Manfred Döpfner Anja Görtz-Dorten

3., überarbeitete Auflage

Franz Petermann / Manfred Döpfner / Anja Görtz-Dorten

Aggressivoppositionelles Verhalten im Kindesalter

Leitfaden Kinder- und Jugendpsychotherapie

(Ratgeber zur Reihe „Ratgeber Kinder- und Jugendpsychotherapie“, Band 3) 3., überarb. Auflage 2016, ca. 40 Seiten, Kleinformat, ca. € 7,95 / CHF 10.90 ISBN 978-3-8017-2649-2 / Auch als eBook erhältlich

(Reihe: „Leitfaden Kinder- und Jugendpsychotherapie“, Band 1) 3., überarb. Auflage 2016, X/181 Seiten, € 24,95 / CHF 32.50 ISBN 978-3-8017-2648-5 / Auch als eBook erhältlich

Der Ratgeber informiert über aggressives Verhalten bei Kindern und gibt Hinweise, wie man in Familie, Schule oder Kindergarten mit dieser Problematik besser klarkommen kann.

Der Band beschreibt Leitlinien zur Diagnostik und Therapie aggressiv-oppositioneller Störungen bei Kindern.

Franz Petermann / Ulrike Petermann / Dennis Nitkowski

Emotionstraining in der Schule Franz Petermann Ulrike Petermann Dennis Nitkowski

Emotionstraining in der Schule Ein Programm zur Förderung der emotionalen Kompetenz

Ein Programm zur Förderung der emotionalen Kompetenz

Emotionale Kompetenz bei Kindern

Franz Petermann Silvia Wiedebusch

Franz Petermann / Silvia Wiedebusch

Emotionale Kompetenz bei Kindern

3., überarbeitete Auflage

Klinische Kinderpsychologie

2016, 244 Seiten, inkl. DVD, € 39,95 / CHF 48.50 ISBN 978-3-8017-2687-4 / Auch als eBook erhältlich

Das Emotionstraining zur Förderung der emotionalen Kompetenz wurde speziell für Schülerinnen und Schüler der fünften bis siebten Klassenstufe entwickelt. Es dient der gezielten Förderung der Emotionserkennung und -differenzierung, der Förderung von Emotionsregulationsfähigkeiten sowie dem Aufbau von Empathie durch ein verbessertes Emotionsverständnis.

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(Reihe „Klinische Kinderpsychologie“, Band 7) 3., überarb. Auflage 2016, ca. 280 Seiten, ca. € 29,95 / CHF 39.90 ISBN 978-3-8017-2710-9 / Auch als eBook erhältlich

Die Neubearbeitung liefert aktuelle Informationen zur Entwicklung emotionaler Kompetenzen bei Kindern. Neben entwicklungspsychologischen Aspekten werden Verfahren zur Diagnostik emotionaler Kompetenz bei Kleinkindern, Vorschul- und Schulkindern beschrieben.


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