45. Jahrgang / Heft 1 / 2016
Zeitschrift für
Klinische Psychologie und Psychotherapie
Herausgeber Brunna Tuschen-Caffier Cornelia Exner Alexander L. Gerlach Jürgen Hoyer Tina In-Albon Michael Witthöft
Forschung und Praxis
Uta Deppe-Schmitz / Miriam Deubner-Böhme
Auf die Ressourcen kommt es an Uta Deppe-Schmitz Miriam Deubner-Böhme
Auf die Ressourcen kommt es an
Praxis der Ressourcenaktivierung
Praxis der Ressourcenaktivierung
Soziale Phobie
Falk Leichsenring / Manfred E. Beutel / Simone Salzer / Antje Haselbacher / Jörg Wiltink
Soziale Phobie Psychodynamische Therapie Falk Leichsenring Manfred E. Beutel Simone Salzer Antje Haselbacher Jörg Wiltink
Psychodynamische Therapie
Praxis der psychodynamischen Psychotherapie – analytische und tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie
Mit CD-ROM
2016, 249 Seiten, inkl. CD-ROM, € 34,95 / CHF 45.50 ISBN 978-3-8017-2611-9 Auch als eBook erhältlich
(Reihe: „Praxis der psychodynamischen Psychotherapie – analytische und tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie“). 2015, VIII/99 Seiten, € 22,95 / CHF 29.90 ISBN 978-3-8017-2322-4 / Auch als eBook erhältlich
Der Praxisleitfaden zeigt auf, wie in der Verhaltenstherapie über den gesamten Therapieprozess hinweg systematisch Ressourcen aktiviert werden können, um das Wohlbefinden von Patienten zu fördern und störungsbezogene Problemlöseprozesse zu verbessern.
Der vorliegende Band stellt ein manualisiertes psychodynamisches Vorgehen zur Behandlung der Sozialen Phobie vor.
Depressive Störungen bei Krebserkrankungen
Manfred E. Beutel et al.
Rainer Sachse
Depressive Störungen bei Krebserkrankungen
Therapeutische Beziehungsgestaltung
Psychodynamische Therapie Manfred E. Beutel Yvette Barthel Antje Haselbacher Katja Leuteritz Rüdiger Zwerenz Barbara H. Imruck Susanne Kuhnt Gregor Weißflog Elmar Brähler
Psychodynamische Therapie
Rainer Sachse
Therapeutische Beziehungsgestaltung 2., aktualisierte und ergänzte Auflage
Praxis der psychodynamischen Psychotherapie – analytische und tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie
(Reihe: „Praxis der psychodynamischen Psychotherapie – analytische und tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie“). 2015, VIII/100 Seiten, € 24,95 / CHF 32.50 ISBN 978-3-8017-2658-4 Auch als eBook erhältlich
2., akt. und erg. Auflage 2016, 124 Seiten, € 24,95 / CHF 32.50 ISBN 978-3-8017-2718-5 Auch als eBook erhältlich
Dieser Band beschreibt ein supportiv-expressives psychodynamisches Konzept zur Behandlung depressiver Störungen bei an Krebs erkrankten Menschen.
Eine tragfähige Therapeut-Klient-Beziehung ist das zentrale Element einer erfolgreichen Therapie. Dieser Band erklärt, wie sie hergestellt und aktiv gestaltet werden kann. lichen, die Multisystemische Therapie, vor.
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Zeitschrift für
Klinische Psychologie und Psychotherapie Forschung und Praxis
45. Jahrgang / Heft 1 / 2016 Organ der Deutschen Gesellschaft für Psychologie (DGPs) zugleich Organ der Fachgruppen Klinische Psychologie und Psychotherapie in der Deutschen Gesellschaft für Psychologie (DGPs), der Sektion Klinische Psychologie im Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen (BDP), der Deutschen Gesellschaft für Verhaltenstherapie e.V. (DGVT), der Gesellschaft für Personzentrierte Psychotherapie und Beratung e.V. (GwG), der Sektion Klinische Psychologie im Berufsverband Österreichischer Psychologinnen und Psychologen (B.Ö.P.) und der Arbeitsgemeinschaft für VerhaltensModifikation e.V. (AVM)
Herausgeber
Prof. Dr. Brunna Tuschen-Caffier, Albert-Ludwigs-Universität Freiburg, Institut für Psychologie, Abt. Klinische Psychologie und Psychotherapie, 79085 Freiburg
Mitherausgeber
Prof. Dr. Cornelia Exner, Leipzig Prof. Dr. Alexander Gerlach, Köln Prof. Dr. phil. Jürgen Hoyer, Dresden
Prof. Dr. phil. Tina In-Albon, Landau Prof. Dr. Michael Witthöft, Mainz
Wissenschaftlicher Beirat
Prof. Dr. med. B. Aldenhoff, Kiel Prof. Dr. Urs Baumann, Salzburg Prof. Dr. med. Bernhard Blanz, Jena Prof. Dr. Manfred Döpfner, Köln Prof. Dr. Anke Ehlers, Oxford Prof. Dr. Ulrike Ehlert, Zürich Prof. Dr. Günter Esser, Potsdam Prof. Dr. Herta Flor, Mannheim Prof. Dr. med. J. Förstl, München Prof. Dr. med. H. J. Freyberger, Greifswald Prof. Dr. A. Hamm, Greifswald Prof. Dr. Kurt Hahlweg, Braunschweig Prof. Dr. Martin Hautzinger, Tübingen Prof. Dr. Dirk Hellhammer, Trier Prof. Dr. med. F. Hohagen, Lübeck
Prof. Dr. Norbert Kathmann, Berlin Prof. Dr. B. Kröner-Herwig, Göttingen Prof. Dr. Renate de Jong-Meyer, Münster Prof. Dr. Gerhard Lauth, Köln Prof. Dr. Bernd Leplow, Halle Prof. Dr. Jürgen Margraf, Bochum Prof. Dr. Wolfgang Miltner, Jena Prof. Dr. Franz Petermann, Bremen Prof. Dr. Reinhard Pietrowsky, Düsseldorf Prof. Dr. Hans Reinecker, Bamberg Prof. Dr. Fred Rist, Münster Prof. Dr. Brigitte Rockstroh, Konstanz Prof. Dr. Rolf-Dieter Stieglitz, Basel Prof. Dr. Dieter Vaitl, Gießen Prof. Dr. H.-U. Wittchen, Dresden
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ISSN-L 1616-3443, ISSN-Print 1616-3443, ISSN-Online 2190-6297 Die Zeitschrift und alle in ihr enthaltenen einzelnen Beiträge und Abbildungen sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Alle Rechte, auch das der Übersetzung, vorbehalten.
Erscheinungsweise
vierteljährlich
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Elektronische Volltexte
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Zeitschrift für Klinische Psychologie und Psychotherapie (2016), 45 (1)
© 2016 Hogrefe Verlag
Inhalt Originalia
Klassen allgemeiner Wirkfaktoren der Psychotherapie und ihr Zusammenhang mit Therapietechniken
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Classes of Common Factors of Psychotherapy and Their Associations With Therapy Techniques Mario Pfammatter und Wolfgang Tschacher Populationseffekte einer flächendeckenden Implementierung familienbasierter Präventionsprogramme
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Population-Level Effects of a Community-Wide Implementation of Family-Based Prevention Programs Inga Frantz und Nina Heinrichs Was passiert nach dem letzten Klick? Entwicklung der Veränderungsmotivation und Symptomatik nach Abschluss eines internetgestützten Motivationsprogramms bei Essstörungen. Eine Follow-up-Studie
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What Happens After the Last Click? Changes in Symptoms and Motivation to Change After Completing an Internet-Delivered Intervention to Enhance Motivation to Change in Patients With Eating Disorders Ruth von Brachel, Anja Windgassen, Katrin Hötzel, Gerrit Hirschfeld und Silja Vocks Therapeutenbegleitete und patientengeleitete Exposition bei Panikstörung mit Agoraphobie. Eine Studie zur Einsatzhäufigkeit und Effektivität in der Routineversorgung
36
Effectiveness of Therapist-Guided Exposure and Programmed Self-Exposure in the Outpatient Treatment of Panic Disorder With Agoraphobia Timo Klan, Malte Persike und Wolfgang Hiller Validierung einer deutschen Version des Ruminative Thought Style Questionnaire (RTS-D)
49
Validation of a German Version of the Ruminative Thought Style Questionnaire (RTS-D) Simone Helmig, Andrea H. Meyer und Klaus Bader Rezensionen
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Psychotherapie in der Frauenheilkunde Juliane Junge-Hoffmeister
61
Therapiemotivation Christoph Flückiger
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Übergewicht und Adipositas Petra Warschburger
64
Zeitschrift für Klinische Psychologie und Psychotherapie (2016), 45 (1)
Inhalt
Nachrichten
Arbeitsgemeinschaft für VerhaltensModifikation e.V.
66
Fachgruppe Klinische Psychologie und Psychotherapie in der Deutschen Gesellschaft für Psychologie (DGPs)
68
Deutsche Gesellschaft für Verhaltenstherapie (DGVT) e.V.
70
GwG Gesellschaft für Personzentrierte Psychotherapie und Beratung e.V.
72
Sektion Klinische Psychologie im Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen e.V. (BDP)
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Veranstaltungen und Ankündigungen
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Hinweise für Autoren
Zeitschrift für Klinische Psychologie und Psychotherapie (2016), 45 (1)
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Originalarbeit
Klassen allgemeiner Wirkfaktoren der Psychotherapie und ihr Zusammenhang mit Therapietechniken Mario Pfammatter und Wolfgang Tschacher Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Universität Bern Zusammenfassung. Theoretischer Hintergrund: Bis heute wird die Frage, welche Faktoren für die Wirkung von Psychotherapie verantwortlich sind, kontrovers diskutiert. Im Zentrum dieser Diskussion stehen zwei vermeintlich gegensätzliche Wirkmodelle – das Modell spezifisch wirksamer Therapietechniken und das allgemeine Wirkfaktorenmodell. Allgemeine Wirkfaktoren und Therapietechniken sind konzeptuell jedoch auf unterschiedlichen Ebenen des Psychotherapieprozesses angesiedelt. An Stelle der Entweder-oder-Debatte sollte deshalb die Analyse ihres Zusammenwirkens in den Vordergrund rücken. Fragestellung: Mit Hilfe von Expertenratings wurde untersucht, ob sich verschiedene allgemeine Wirkfaktoren durch typische Zusammenhänge mit bestimmten Therapietechniken zu übergeordneten Klassen zusammenfassen lassen. Methode: 68 deutschsprachige Psychotherapieexperten schätzten in einer internetbasierten Umfrage ein, mit welchen spezifischen Therapietechniken verschiedene allgemeine Wirkfaktoren zusammenhängen. Mittels Faktorenanalyse wurde dann geprüft, welche Klassen von allgemeinen Wirkfaktoren sich durch bestimmte Muster von Technikzusammenhängen abbilden. Durch eine hierarchische Regressionsanalyse wurden zudem die Stärke und Richtung der Zusammenhänge zwischen einzelnen Wirkfaktorenklassen und den verschiedenen Techniken untersucht. Ergebnisse: Die Faktorenanalyse zeigt, dass den Zusammenhängen zwischen allgemeinen Wirkfaktoren und Techniken eine vierdimensionale Struktur unterliegt. Die vier Klassen von allgemeinen Wirkfaktoren hängen jeweils mit einer bestimmten Gruppe von Therapietechniken zusammen. Schlussfolgerungen: Die Vielzahl allgemeiner Wirkfaktoren lässt sich mittels ihrer Operationalisierung durch Therapietechniken zusammenfassen. Schlüsselwörter: Allgemeine Wirkfaktoren, spezifische Psychotherapietechniken, Veränderungsprozess, Wirkmechanismus, Wirksamkeit, Psychotherapie
Classes of Common Factors of Psychotherapy and Their Associations With Therapy Techniques Abstract. Background: There is considerable disagreement as to what makes psychotherapy effective. The controversy about the comparative efficacy of different modalities of psychotherapy has generated two different major perspectives: the specific ingredients assumption and the common factors model. However, conceptual considerations suggest a synergistic view of common factors and specific techniques. Objective: Based on ratings of 68 German-speaking psychotherapy experts we examined whether the different common factors can be summarized among superordinate classes according to their associations with specific techniques. Method: Psychotherapy experts rated the degree of associations between various common factors and techniques in a web-based survey. A factor analysis was performed to analyze the dimensional structure of common factors, which underlies the rated associations between common factors and specific techniques. In addition, the strength, the direction, and the technical patterns of the different classes of common factors were analyzed by regression analysis. Results: The factor analysis revealed that common factors can be described by a four-dimensional structure. The four classes of common factors are characterized by a set of specifically associated techniques. Conclusion: The multitude of common factors can be reduced by a technique-related operationalization. Keywords: common factors, specific psychotherapy techniques, therapy process, change mechanism, efficacy, psychotherapy
Während die Wirksamkeit von Psychotherapie nicht mehr zur Debatte steht, wird die Frage, durch welche psychotherapeutischen Faktoren diese Wirkung erzielt wird, bis heute kontrovers diskutiert. Diese Kontroverse gründet auf zwei unterschiedlichen Interpretationen der heterogenen Befunde der vergleichenden Psychotherapieforschung. Auf © 2016 Hogrefe Verlag
der einen Seite stehen die Verfechter bestehender Wirksamkeitsunterschiede zwischen verschiedenen Psychotherapieverfahren und entsprechend unterschiedlich empirisch fundierter Psychotherapieverfahren (Chambless & Ollendick, 2001; Hofmann & Barlow, 2014). Die bestehenden Wirkunterschiede werden mit der Anwendung
Zeitschrift für Klinische Psychologie und Psychotherapie (2016), 45 (1), 1–13 DOI: 10.1026/1616-3443/a000331
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M. Pfammatter & W. Tschacher, Klassen allgemeiner Wirkfaktoren der Psychotherapie
methoden- oder störungsspezifischer Therapietechniken begründet. Der Begriff „spezifisch“ bezieht sich auf die Ableitung der Technik aus einem bestimmten Therapieoder Störungsmodell. Spezifische Techniken werden vor dem Hintergrund der jeweiligen Veränderungstheorie des Psychotherapie- oder Störungskonzepts als die entscheidenden therapeutischen „Zutaten“ betrachtet (DeRubeis, Brotman & Gibbons, 2005). Den Anhängern der Annahme unterschiedlich wirksamer Psychotherapieverfahren stehen die Befürworter des „Dodo-Verdikts“ der Psychotherapieforschung gegenüber (Luborsky et al., 2002; Wampold et al., 1997). Für sie steht fest, dass unterschiedliche Psychotherapiemethoden im Wesentlichen gleich wirksam sind (Äquivalenzparadoxon der Psychotherapie). Verantwortlich dafür sind allgemeine Wirkfaktoren, die jedem Psychotherapieprozess inhärent sind und daher in allen Formen von Psychotherapie zum Tragen kommen (Wampold, 2010). Tatsächlich erklären allgemeine Wirkfaktoren insgesamt einen erheblichen Anteil der Erfolgsvarianz von Psychotherapie (Lambert, 2013), während die genaue Umsetzung einer bestimmten Therapiemethode (Adhärenz-Hypothese) nicht mit dem Therapieergebnis zusammenhängt (Webb, DeRubeis & Barber, 2010). Als allgemeine Wirkfaktoren werden u. a. die Therapieallianz, die Induktion von Besserungserwartungen, die Aktivierung von Patientenressourcen, die Problemaktualisierung in der Sitzung, korrektive emotionale Erfahrungen, die erfolgreiche Problembewältigung, der Aufbau von Selbstwirksamkeitserwartungen oder die Entwicklung einer neuen Selbstnarration betrachtet (Cameron, 2014; Grawe, 2005; Jorgensen, 2004). Mit Blick auf die verschiedenen Aspekte des Psychotherapieprozesses, auf die sich allgemeine Wirkfaktoren beziehen können, wurden verschiedene Klassifikationssysteme für allgemeine Wirkfaktoren vorgeschlagen: So unterscheiden Omer und London (1989) 1) Beziehungsfaktoren („relationship factors“, z. B. die Empathie des Therapeuten), 2) Erwartungseffekte („expectancy effects“, z. B. die Besserungserwartungen der Patienten), 3) umstrukturierende Faktoren („reorganising factors“, z. B. die Entwicklung funktionaler Denkmuster) und 4) allgemeine Einflüsse auf die therapeutische Wirkung einer Intervention („therapeutic impact“, z. B. die aktive Beteiligung des Patienten). Grencavage und Norcross (1990) fanden auf der Grundlage einer Literaturauswertung, dass 41 % der allgemeinen Wirkfaktoren therapeutische Veränderungsprozesse wie Desensibilisierung und Klärung betreffen, 21 % Therapeuteneigenschaften (z. B. Kompetenz), 17 % Merkmale der Behandlungsstruktur (z. B. Orientierung am Therapiemodell), 15 % allgemeine Aspekte der Therapiebeziehung (z. B. Zusammenarbeit) und 6 % Patientencharakteristika (z. B. positive Therapieerwartungen). Lambert
(2013) ordnet allgemeine Wirkfaktoren den Kategorien unterstützende Faktoren („supportive factors“, z. B. Therapiebeziehung), Lernfaktoren („learning factors“, z. B. Einsicht) und handlungsbezogene Faktoren („action factors“, z. B. Bewältigung) zu. Die Debatte darüber, ob spezifischen Techniken oder allgemeinen Wirkfaktoren eine stärkere therapeutische Bedeutung zukommt, die sogenannte Spezifitätsfrage, ist zum Brennpunkt der Diskussion über die Wirkungsweise von Psychotherapie geworden (Ahn & Wampold, 2001; DeRubeis et al., 2005). In jüngerer Zeit ist jedoch eine Annäherung der Positionen festzustellen. So wird von Vertretern beider Lager mittlerweile anerkannt, dass sowohl spezifische Techniken als auch allgemeine Wirkfaktoren das Therapieergebnis beeinflussen (Crits-Christoph, Chambless & Markell, 2014; Hofmann & Barlow, 2014; Laska, Gurman & Wampold, 2014; Wampold & Budge, 2012). Die dichotome Gegenüberstellung allgemeiner Wirkfaktoren und spezifischer Techniken erscheint konzeptuell ohnehin fragwürdig. Legt man die Prozesskategorien des Generischen Prozessmodells der Psychotherapie („Generic Model of Psychotherapy“; Orlinsky, Ronnestad & Willlutzki, 2004) zugrunde, wird deutlich, dass allgemeine Wirkfaktoren auf den interpersonellen Aspekt (z. B. Therapieallianz, Zielkonsens), den intrapersonellen Aspekt (z. B. Besserungs- und Selbstwirksamkeitserwartungen, Veränderungsbereitschaft) oder den klinischen Aspekt (z. B. korrektive Erfahrung, Klärung, Problembewältigung) des Psychotherapieprozesses bezogen sind. Doch nicht nur allgemeine Wirkfaktoren sind nach diesem Modell auf verschiedenen Prozessebenen angesiedelt, sondern auch Therapietechniken und allgemeine Wirkfaktoren. Dies impliziert, dass Techniken und allgemeine Wirkfaktoren aufeinander ein- und zusammenwirken (Pfammatter & Tschacher, 2012). Auch das konzeptuelle Paradigma therapeutischer Veränderungsprinzipien („principles of therapeutic change“; Castonguay & Beutler, 2006; Goldfried, 1980; McAleavey & Castonguay, 2015) sowie das Wirkfaktorenmodell von Grawe (2005) implizieren ein solches Zusammenwirken von Techniken und allgemeinen Wirkfaktoren. Allgemeine Wirkfaktoren stellen in diesen Modellen übergeordnete Veränderungsziele, klinische Strategien dar, die dann über verschiedene technische „Taktiken“ umgesetzt werden können; allgemeine Wirkfaktoren werden also durch Techniken realisiert. Bei einzelnen allgemeinen Wirkfaktoren ist die Technikbezogenheit schon konzeptuell angelegt. So wird die Therapieallianz nach Bordin (1979) wesentlich durch die problemspezifischen therapeutischen Aufgaben und Ziele bestimmt. Eine gute Therapieallianz kann deshalb nicht losgelöst vom aufgaben- und zielorientierten technischen Vorgehen des Therapeuten realisiert werden (Strauß, 2001).
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M. Pfammatter & W. Tschacher, Klassen allgemeiner Wirkfaktoren der Psychotherapie
Umgekehrt ist das technische Handeln des Therapeuten immer in den Kontext der Therapieallianz eingebettet. Seine Wirkung kommt nur in ihr zum Tragen und wird im Weiteren durch die von ihr beeinflusste Erwartungshaltung und Motivation des Patienten und darauf bezogene allgemeine Wirkfaktoren wie Besserungserwartung, Veränderungsbereitschaft oder aktive Teilnahme vermittelt. The complexity (…) of psychotherapeutic processes cannot be reduced to a set of disembodied techniques because techniques gain their meaning and, in turn, their effectiveness from the particular interaction of the individuals involved. (…) In this sense, the procedures (techniques) and interpersonal factors are thoroughly intertwined and cannot be separated (Butler & Strupp, 1986, S. 33). Es stellt sich somit nicht die Frage, ob allgemeine Wirkfaktoren oder spezifische Therapietechniken größere Wirkung erzielen. Die entscheidende Frage lautet vielmehr, auf welche Weise Techniken und allgemeine Wirkfaktoren im psychotherapeutischen Prozess zusammenwirken: Welche allgemeinen Wirkfaktoren werden bei welchen Patienten wann durch welche Techniken aktiviert, und durch welche allgemeinen Wirkfaktoren werden umgekehrt welche Wirkungen spezifischer Therapietechniken vermittelt? Die Zusammenhänge zwischen spezifischen Therapietechniken und allgemeinen Wirkfaktoren wurden bislang jedoch kaum thematisiert. Einzig Karasu (1986) hat den drei von ihm postulierten allgemeinen Wirkfaktoren affektives Erleben, kognitive Bewältigung und Verhaltensregulation jeweils eine Sammlung von spezifischen Techniken zugeordnet: Er nimmt an, dass der allgemeine Wirkfaktor affektives Erleben durch die Techniken freies Assoziieren, Exposition, vertiefende Exploration und Interpretation umgesetzt wird, der allgemeine Wirkfaktor kognitive Bewältigung durch empathisches Verstehen, paradoxe Intention, Interpretation, Konfrontation oder kognitive Bearbeitung und der allgemeine Wirkfaktor Verhaltensregulation durch Instruktionen, Rückmeldungen, Modelllernen, Verstärkung und das Training von Verhaltenskompetenzen. Diese Wirkfaktoren-Technik-Relationen werden von Karasu rein theoretisch begründet. Aus empirischer Sicht findet sich bisher nur für den allgemeinen Wirkfaktor Therapieallianz eine Reihe von Untersuchungsergebnissen zu Zusammenhängen mit Therapietechniken. Ackerman und Hilsenroth (2003) haben diese in einer Übersichtsarbeit zusammengetragen. Danach wird die Therapieallianz durch das Explorieren der Problemsicht des Patienten, das Verbalisieren emotionaler Erlebnisinhalte, treffende Interpretationen sowie die Förderung des Ausdrucks von Emotionen begünstigt. Auch die von Castonguay und Beutler (2006) geleitete Arbeitsgruppe zu den Prinzipien psychotherapeutischer Veränderung hat © 2016 Hogrefe Verlag
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die vorliegende Evidenz zum Zusammenhang zwischen Therapieallianz und Therapietechniken zusammengefasst. Hier zeigt sich, dass Äusserungen empathischen Verstehens, das Zeigen von Wertschätzung sowie vorsichtige und akkurate Interpretationen zu einer guten Therapieallianz beitragen. Zunehmend rücken die Zusammenhänge von Therapietechniken mit weiteren allgemeinen Wirkfaktoren wie der Vermittlung korrektiver Erfahrungen oder dem Gewinn von Einsicht in den Fokus (Castonguay & Hill, 2012). Die einzelnen hierzu vorliegenden Befunde ergeben jedoch noch kein prägnantes Bild. Das von unserer Arbeitsgruppe initiierte TaxonomieProjekt zielt darauf ab, mittels Einschätzungen von Psychotherapieexperten Zusammenhänge zwischen spezifischen Therapietechniken und allgemeinen Wirkfaktoren zu untersuchen. Die Analyse dieser Zusammenhänge soll zu einer konzeptuellen Klärung des bis heute nicht klar bestimmten Konstrukts der allgemeinen Wirkfaktoren beitragen. In einem ersten Schritt wurden die von den Experten eingeschätzten Zusammenhänge zwischen einzelnen allgemeinen Wirkfaktoren und spezifischen Therapietechniken analysiert (Pfammatter, Junghan & Tschacher, 2012; Tschacher, Junghan & Pfammatter, 2014). In der vorliegenden Arbeit wird nun in einem zweiten Schritt einerseits eine faktorenanalytische Klassifizierung der allgemeinen Wirkfaktoren auf der Grundlage ihrer Zusammenhänge mit Therapietechniken vorgenommen. Zudem werden die Zusammenhänge zwischen den faktorenanalytisch gewonnenen Wirkfaktorenklassen und den Therapietechniken überprüft. Prämissen dieses Vorgehens sind – in Anlehnung an das Generische Psychotherapieprozessmodell und das konzeptuelle Paradigma therapeutischer Veränderungsprinzipien – zum einen die Annahme, dass allgemeine Wirkfaktoren mit Therapietechniken zusammenhängen, zum anderen das Postulat, dass die Vielzahl der in der Literatur diskutierten allgemeinen Wirkfaktoren teilweise durch ähnliche Muster von Technikzusammenhängen charakterisiert wird und sich dadurch unter bestimmten Wirkfaktorenklassen zusammenfassen lässt. Durch eine hierarchische Regressionsanalyse soll zudem untersucht werden, mit welchen Techniken die gefundenen Wirkfaktorenklassen zusammenhängen.
Methoden Die vorliegende Untersuchung basiert auf Einschätzungen von Technik-Wirkfaktoren-Zusammenhängen, die durch Psychotherapieexperten im Rahmen einer webbasierten
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M. Pfammatter & W. Tschacher, Klassen allgemeiner Wirkfaktoren der Psychotherapie
Tabelle 1. Ausgewählte allgemeine Wirkfaktoren und Standardtechniken der Psychotherapie Allgemeine Wirkfaktoren
Standardtechniken
1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12. 13. 14. 15. 16. 17. 18. 19. 20. 21. 22.
§ Kognitive Verhaltenstherapie: 1. Positive Verstärkung 2. Reizkonfrontation und Reaktionsverhinderung 3. Rollenspiel 4. Problemlösetraining 5. Realitätstest § Tiefenpsychologische Psychotherapie: 6. Freies Assoziieren 7. Therapeutische Abstinenz 8. Übertragungsdeutung 9. Widerstandsdeutung § Humanistische Psychotherapie 10. Verbalisieren von Erlebnisinhalten 11. Fokussieren 12. Leerer-Stuhl-Technik/Zwei-Stühle-Technik 13. Kreativer Ausdruck § Systemische Psychotherapie 14. Zirkuläres Fragen 15. Skulptur- und Aufstellungsarbeit 16. Paradoxe Intention 17. Verschreiben von Ritualen 18. Reflektierendes Team § Weitere häufig eingesetzte Standardtechniken 19. Progressive Muskelentspannung 20. Biofeedbacktraining 21. Hypnose 22. Beratung
Therapiebeziehung Abschwächung sozialer Entfremdung Erklärungssystem Besserungserwartung Veränderungsbereitschaft Aktive Patiententeilnahme Ressourcenaktivierung Affektives Erleben Freisetzung unterdrückter Emotionen (Katharsis) Problemaktualisierung Desensibilisierung Korrektive emotionale Erfahrung Achtsamkeit Affektregulation Klärung Problemassimilation Kognitive Umstrukturierung Mentalisierung Verhaltensregulation Bewältigungserfahrung Selbstwirksamkeitserwartung Neue Selbstnarration
Umfrage abgegeben wurden. Durch die Fokussierung auf Therapietechniken wird allein die Therapeutenperspektive betrachtet. Die insbesondere im Hinblick auf die Umsetzung allgemeiner Wirkfaktoren vermutlich mindestens so wichtige Patientensicht sowie der Einfluss para- und nonverbalen Therapeutenerhaltens werden in dieser Untersuchung nicht berücksichtigt.
Auswahl allgemeiner Wirkfaktoren und Therapietechniken Auf der Grundlage einer umfassenden Literaturanalyse wurden 22 allgemeine Wirkfaktoren ausgewählt. Selektionskriterium war die Benennung eines allgemeinen Wirkfaktors durch mindestens zwei unabhängige Autoren (Tabelle 1). Eine genaue Beschreibung der ausgewählten Wirkfaktoren findet sich in der Übersichtsarbeit von Pfammatter und Tschacher (2012). Parallel dazu wurden aus Lehrbüchern 22 möglichst repräsentative Standardtechniken der vier psychotherapeutischen Hauptrichtungen kognitive Verhaltenstherapie, tiefenpsychologische Psychotherapie, humanistische Psychotherapie (Gesprächs- und Gestalttherapie) und systemische Therapie sowie einzelne häufig eingesetzte me-
thodenübergreifende Techniken ausgewählt (Tabelle 1). Unter Standardtechniken werden Techniken verstanden, die zum störungsübergreifend einsetzbaren Handwerkszeug der jeweiligen Therapiemethode gehören. Die ausgewählten Standardtechniken werden bei Tschacher et al. (2014) beschrieben.
Internetbasierte Umfrage Mit den ausgewählten allgemeinen Wirkfaktoren und Standardtechniken wurde ein internetbasierter Fragebogen (Plattform: Survey Monkey) konstruiert, der die allgemeinen Wirkfaktoren jeweils einzeln zu den 22 Standardtechniken in Beziehung setzt. Der Fragebogen enthält zunächst einige Hintergrundinformationen sowie Instruktionen. Dann werden die Teilnehmer um demographische Angaben und Informationen zu ihrer Ausbildung und aktuellen therapeutischen Tätigkeit gebeten. Im eigentlichen Fragebogenteil wird die Stärke des Zusammenhangs zwischen den 22 allgemeinen Wirkfaktoren und den 22 Standardtechniken eingeschätzt. Die Einschätzungen der Stärke des Zusammenhangs mit den Therapietechniken werden für jeden allgemeinen Wirkfaktor getrennt abgegeben. Jede Fragebogenseite beginnt
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daher mit der Nennung und Definition eines allgemeinen Wirkfaktors. Die Teilnehmer werden dann zum Rating aufgefordert. Die Instruktion lautet: ”Unten finden Sie eine Aufzählung spezifischer psychotherapeutischer Standardtechniken. Schätzen Sie bitte ein, wie stark Ihrer Meinung nach der oben genannte allgemeine Wirkfaktor in den folgenden Standardtechniken jeweils zur Anwendung kommt.” Zu jeder Technik findet sich ebenfalls eine kurze Definition. Die Einschätzungen erfolgen auf einer fünfstufigen Likert-Skala (‚nicht‘ – ‚wenig‘ – ‚mäßig‘ – ‚deutlich‘ – ‚stark‘). Die einzelnen allgemeinen Wirkfaktoren und die Liste der Techniken werden in fixer Reihenfolge vorgegeben. Bei der Bearbeitung des kompletten Fragebogens werden insgesamt 484 Ratings (22 allgemeine Wirkfaktoren x 22 Techniken) abgegeben. Der gesamte Ratingprozess dauerte ca. 50 Minuten, wobei die Teilnehmer das Rating jederzeit unterbrechen und zu einem späteren Zeitpunkt fortsetzen konnten.
Studienteilnehmer Per Mail wurden deutschsprachige Mitglieder der „Society for Psychotherapy Research“ (SPR) sowie Psychotherapieforscher und Psychotherapeuten an universitären psychiatrischen Kliniken oder Instituten für Klinische Psychologie im deutschen Sprachraum angeschrieben und gebeten an der Internetumfrage teilzunehmen. Insgesamt wurden 140 Psychotherapieexperten kontaktiert. 68 (48.6 %) davon nahmen an der Umfrage teil. 47 (69 %) der Studienteilnehmer waren männlich (Durchschnittsalter 50.2 Jahre, Standardabweichung 11.1 Jahre). Die durchschnittliche Berufserfahrung der Teilnehmer betrug zum Zeitpunkt der Erhebung 18 Jahre (SD = 11 Jahre) und die psychotherapeutische Tätigkeit 9 Stunden pro Woche (SD = 8.8 Stunden). 54 (79.4 %) der Teilnehmer waren Psychologen, 9 (13.2 %) Psychiater, 4 (5.9 %) hatten sowohl eine psychologische als auch psychiatrische Qualifikation, und einer der Teilnehmer einen anderen beruflichen Hintergrund. 29 (42.6 %) der Teilnehmer gab an, primär kognitiv-verhaltenstherapeutisch zu arbeiten, 19 (27.9 %) tiefenpsychologisch, 4 (5.9 %) systemisch, 2 (2.9 %) gesprächspsychotherapeutisch und 14 (20.6 %) eklektisch. Beim Vergleich mit den nicht teilnehmenden Psychotherapieexperten zeigte sich nur ein signifikanter Unterschied: Nicht teilnehmende Psychotherapieexperten wiesen mit 54.6 Jahren ein signifikant (t = 2.47, p < 0.05) höheres Durchschnittsalter auf. Im Hinblick auf die Geschlechterverteilung, die Berufsqualifikation sowie die psychotherapeutische Ausrichtung ergaben sich keine Unterschiede. © 2016 Hogrefe Verlag
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Statistische Analysen Der gesamte Datensatz, also die von den Psychotherapieexperten eingeschätzten Zusammenhänge zwischen allgemeinen Wirkfaktoren und Standardtechniken, wurde einer explorativen Faktorenanalyse (EFA) unterzogen. Das Ziel der EFA bestand darin, die 22 Wirkfaktoren auf der Basis dieser Zusammenhangsratings zu faktorisieren, also zu übergeordneten Klassen von allgemeinen Wirkfaktoren zusammenzufassen. Damit kann beschrieben werden, welche und wie viele Kategorien benötigt werden, um den vorhandenen Satz allgemeiner Wirkfaktoren hinsichtlich ihrer Zusammenhänge mit Standardtechniken zu strukturieren und darzustellen. Da ein vollständig ausgefüllter Fragebogen insgesamt 484 Einschätzungen der Zusammenhänge zwischen allgemeinen Wirkfaktoren und Techniken enthält (siehe oben), ergeben sich bei 68 Ratern total maximal 32.912 Zusammenhangseinschätzungen. Bei einem kompletten Datensatz liegen für jeden allgemeinen Wirkfaktor somit 1.496 Ratings (22 Techniken x 68 Rater) vor. Den Abstufungen ‚nicht‘, ‚wenig‘, ‚mäßig‘, ‚deutlich‘, ‚stark‘ der Likert-Skala zur Einschätzung der Stärke des Zusammenhangs zwischen Standardtechniken und allgemeinen Wirkfaktoren wurden für die Analyse die Werte -2, -1, 0, 1 und 2 zugewiesen. Die EFA wurde nach der Maximum-Likelihood-Methode durchgeführt. Die verschiedenen theoretischen Modellvorstellungen begründen die Annahme, dass allgemeine Wirkfaktoren miteinander zusammenhängen und untereinander korrelieren. Entsprechend wurde mit der direkten Quartimin-Rotation eine oblique Rotationsmethode gewählt, um Korrelationen zwischen den faktorenanalytisch identifizierten Klassen von allgemeinen Wirkfaktoren zuzulassen. Zur Bestimmung der Anzahl relevanter Wirkfaktorenklassen wurde das Kaiser-Kriterium herangezogen. Im zweiten Schritt der Analyse wurden Regressionsanalysen durchgeführt, um zu überprüfen, welche Techniken in welcher Weise (positiv oder negativ) mit den in der EFA gefundenen Wirkfaktorenklassen assoziiert sind. Aufgrund der verschachtelten Datenstruktur wurde hierfür eine hierarchische Regressionsanalyse nach dem Modell gemischter Effekte durchgeführt. Die faktorenanalytisch gefundenen Wirkfaktorenklassen wurden im Regressionsmodell jeweils als abhängige Variable definiert. Da allein der Zusammenhang der einzelnen Techniken mit den verschiedenen übergeordneten Klassen allgemeiner Wirkfaktoren interessierte, wurden Effekte, die rein auf unterschiedliche Beurteilung einzelner Rater sowie die von ihnen präferierte Psychotherapierichtung (Rater- und „Allegiance“-Variablen) zurückzuführen sind, als Zufallseffekte kontrolliert. Die Techniken wurden als feste Effekte (als Prädiktoren der Wirkfaktorklassen) model-
Zeitschrift für Klinische Psychologie und Psychotherapie (2016), 45 (1), 1–13
6
M. Pfammatter & W. Tschacher, Klassen allgemeiner Wirkfaktoren der Psychotherapie
Tabelle 2. Eigenwerte der extrahierten Faktoren (unrotiert) Faktoren
Eigenwert λ
erklärte Varianz (%)
Kumulierte erklärte Varianz (%)
1
9.42
42.80
42.80
2
2.51
11.43
54.23
3
1.55
7.05
61.28
4
1.19
5.42
66.70
5
0.80
3.63
70.33
6
0.71
3.21
73.54
7
0.62
2.80
76.34
8
0.53
2.41
78.75
9
0.48
2.18
80.93
10
0.46
2.08
83.01
11
0.41
1.84
84.85
12
0.40
1.83
86.68
13
0.39
1.77
88.45
14
0.36
1.64
90.10
15
0.35
1.60
91.70
16
0.32
1.46
93.16
17
0.30
1.38
94.54
18
0.29
1.30
95.84
19
0.26
1.20
97.04
20
0.25
1.13
98.16
21
0.23
1.04
99.21
22
0.17
0.79
100
liert. Die Technik ”Beratung” wurde dabei als Referenzwert verwendet und ist deshalb als Effekt nicht aufgeführt. Durch die t-Statistik wurde die Stärke, Richtung und Signifikanz der Zusammenhänge einzelner Techniken mit der jeweiligen Klasse von allgemeinen Wirkfaktoren überprüft. Alle statistischen Analysen wurden mit dem Statistik-Softwareprogramm JMP 11 (SAS Institute Inc., Cary, NC) durchgeführt.
Ergebnisse Die EFA ermittelte vier Eigenwerte, die grösser sind als eins (Tabelle 2). Das Eigenwertkriterium indiziert somit eine Lösung mit vier Faktoren. Den Einschätzungen der Zusammenhänge zwischen allgemeinen Wirkfaktoren und spezifischen Techniken scheint also eine vierdimensionale Struktur zu unterliegen. Anders formuliert: Die 22 allgemeinen Wirkfaktoren können aufgrund ihrer Zusammenhänge mit Therapietechniken aus Sicht von Experten vier unterschiedlichen Klassen zugeordnet werden.
Die kumulierte Varianzaufklärung der vier extrahierten Faktoren bzw. Klassen beträgt über 100 % (Tabelle 3). Dies ergibt sich dadurch, dass die oblique Rotation Korrelationen zwischen den faktoranalytisch identifizierten Klassen zulässt. Die vier Wirkfaktorenklassen erklären zwischen rund 22 % und knapp 30 % der Varianz der Zusammenhangsratings. Die Kommunalitäten der einzelnen allgemeinen Wirkfaktoren liegen zwischen 0.29 und 0.84. Die allgemeinen Wirkfaktoren Bewältigungserfahrung (Kommunalität = 0.84), Selbstwirksamkeitserwartung (0.73), Katharsis (0.72), affektives Erleben und Verhaltensregulation (0.70) sowie Klärung und Veränderungsbereitschaft (0.69) werden durch die vierdimensionale Faktorenlösung am besten repräsentiert. Mit Blick auf die allgemeinen Wirkfaktoren Achtsamkeit (Kommunalität = 0.29) und Therapiebeziehung (0.34) hat die extrahierte vierfaktorielle Struktur dagegen einen geringeren Erklärungswert. Die rotierten Faktorladungen in Tabelle 3 zeigen, welchen der vier Klassen die einzelnen allgemeinen Wirkfaktoren aufgrund eines ähnlichen Profils von Technikzusammenhängen zugeordnet werden können. Die allgemeinen Wirkfaktoren Mentalisierung (Faktorladung = 0.81), Klärung (0.8), kognitive Umstrukturierung (0.74), neue
Zeitschrift für Klinische Psychologie und Psychotherapie (2016), 45 (1), 1–13
© 2016 Hogrefe Verlag
© 2016 Hogrefe Verlag 0.16 0.55
0.53 0.05 0.14 -0.06 -0.08 0.10 0.14 0.47
Vermittlung eines Erklärungssystems
Aufbau von Besserungserwartungen
Veränderungsbereitschaft
Aktive Patiententeilnahme
Ressourcenaktivierung
Affektives Erleben
Freisetzung unterdrückter Emotionen (Katharsis)
Problemaktualisierung
-0.13
0.81 0.03 0.06 0.08 0.64 29.61
Mentalisierung
Verhaltensregulation
Bewältigungserfahrung
Selbstwirksamkeitserwartung
Neue Selbstnarration
Erklärte Varianz (%)
0.12
0.57 0.74
0.80
Klärung
Problemassimilation
0.12
Emotionsregulation
Kognitive Umstrukturierung
-0.07
-0.00004
Achtsamkeit
25.85
-0.07
0.79
0.88
0.80
-0.04
0.23
0.27
0.04
0.32
0.04 0.19
Desensibilisierung
Korrektive emotionale Erfahrung
-0.11
0.03
0.34
0.33
0.34
0.35
-0.03
-0.01
0.04 0.26
Problembewältigung
Kognitive Verarbeitung
Therapiebeziehung
Faktor 2 Wirkfaktoren klasse
Faktor 1 Wirkfaktorenklasse
Abschwächung sozialer Entfremdung
Allgemeine Wirkfaktoren
22.30
0.25
0.03
0.01
-0.09
0.06
-0.14
0.20
0.10
0.51
0.52
0.37
0.31
0.38
0.80
0.71
0.14
0.23
-0.09
-0.17
-0.11
-0.01
0.19
Emotionale Verarbeitung
Wirkfaktorenklasse
Faktor 3
23.29
0.06
0.04
0.02
0.09
-0.01
-0.02
0.01
-0.0004
0.06
0.02
0.12
-0.04
-0.04
-0.01
0.14
0.48
0.37
0.56
0.61
0.30
0.57
0.54
Beziehungs- und Motivationsaufbau
Wirkfaktorenklasse
Faktor 4
Tabelle 3. Rotierte Faktorladungen, Kommunalitäten und durch jeden faktorenanalytisch extrahierten Faktor (bzw. jede Klasse allgemeiner Wirkfaktoren) erklärte Varianz
101.05
0.64
0.73
0.84
0.70
0.67
0.61
0.56
0.69
0.56
0.29
0.55
0.49
0.63
0.72
0.70
0.53
0.47
0.69
0.67
0.44
0.52
0.34
Kommunalitäten h2
M. Pfammatter & W. Tschacher, Klassen allgemeiner Wirkfaktoren der Psychotherapie 7
Zeitschrift für Klinische Psychologie und Psychotherapie (2016), 45 (1), 1–13
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M. Pfammatter & W. Tschacher, Klassen allgemeiner Wirkfaktoren der Psychotherapie
Selbstnarration (0.64), Problemassimilation (0.57), Vermittlung eines Erklärungssystems (0.53) sowie Problemaktualisierung (0.47) verzeichnen auf dem 1. Faktor die höchsten Ladungen. Den sieben durch diesen Faktor am besten repräsentierten allgemeinen Wirkfaktoren ist der Fokus auf die kognitive Problembearbeitung gemeinsam. Sie können deshalb inhaltlich als eine Klasse von allgemeinen Wirkfaktoren interpretiert werden, die sich auf die kognitive Verarbeitung richtet. Auf dem 2. Faktor laden insbesondere die allgemeinen Wirkfaktoren Bewältigungserfahrung (0.88), Verhaltensregulation (0.8), Selbstwirksamkeitserwartung (0.79) und Desensibilisierung (0.55). Diese kreisen thematisch um die Bewältigung von Problemen. Entsprechend lassen sie sich einer Klasse von allgemeinen Wirkfaktoren zuordnen, die sich auf Problembewältigung beziehen. Auf dem 3. Faktor der Faktorenlösung weisen die allgemeinen Wirkfaktoren Katharsis (0.8), affektives Erleben (0.71), Achtsamkeit (0.52), Emotionsregulation (0.51) und korrektive emotionale Erfahrung (0.37) die höchsten Ladungen auf. Diese allgemeinen Wirkfaktoren zielen auf die emotionale Verarbeitung problematischer Erlebens- und Verhaltensweisen und können daher thematisch als Gruppe von allgemeinen Wirkfaktoren klassifiziert werden, welche die emotionale Verarbeitung betreffen. Die höchsten Faktorladungen der allgemeinen Wirkfaktoren Aufbau von Besserungserwartungen (0.61), Abschwächung sozialer Entfremdung (0.57), Veränderungsbereitschaft (0.56), Therapiebeziehung (0.54, Ressourcenaktivierung (0.48) und aktive Patiententeilnahme (0.37) finden sich auf dem 4. Faktor. Diese Klasse von allgemeinen Wirkfaktoren beinhalten Aspekte der Therapiebeziehung oder Therapiemotivation. Die in Tabelle 4 dargestellten Ergebnisse der hierarchischen Regressionsanalyse geben einerseits Aufschluss darüber, welche Varianzanteile der vier Klassen allgemeiner Wirkfaktoren jeweils durch Rater-Effekte, die Therapie-„Allegiance“ der Rater und die Zusammenhänge mit Standardtechniken erklärt werden. Zum anderen zeigen sie auf, mit welchen Techniken die vier Wirkfaktorenklassen signifikant (positiv oder negativ) zusammenhängen. Die durch das Gesamtmodell erklärte Varianz der Faktorenwerte der vier Wirkfaktorenklassen liegt jeweils bei 50 %. Zwischen 20 % und knapp 32 % dieser Varianz sind auf Unterschiede in den Ratings der verschiedenen Experten (Rater-Effekt) zurückzuführen. Die Therapie-„Allegiance“ der Rater, also ihre bevorzugte Psychotherapiemethode, spielt dagegen bei der Erklärung der Klassenzuordnung allgemeiner Wirkfaktoren kaum eine Rolle. Die differenziellen Zusammenhänge mit Techniken haben dagegen, wie zu erwarten, einen hohen Erklärungswert. Die Prozentanteile der dadurch erklärten Varianz variieren jedoch erheblich. Bei der auf Problembewältigung bezogenen allge-
meinen Wirkfaktoren liegt der durch die Techniken erklärte Varianzanteil bei knapp 30 %, bei der Klasse von allgemeinen Wirkfaktoren, die sich auf den Beziehungsund Motivationsaufbau richten, beträgt er dagegen lediglich knapp 18 %. Jede der vier Wirkfaktorenklassen wird durch ein individuelles Muster von mit ihr signifikant positiv oder negativ zusammenhängenden Techniken charakterisiert. Die Stärke, Signifikanz und Richtung ihrer Zusammenhänge mit einzelnen Techniken werden durch die t-Werte in Tabelle 4 angezeigt. Nach Einschätzung der Rater wird die Klasse von allgemeinen Wirkfaktoren, die sich auf die kognitiven Verarbeitung beziehen, primär über den Einsatz von Realitätstests, Rollenspielen, der Technik des Fokussierens, der Leerer-Stuhl- bzw. Zwei-Stühle-Technik, durch das Verbalisieren von Erlebnisinhalten, die Anwendung von Übertragungs- und Widerstandsdeutungen und das Training von Problemlösestrategien aktiviert. Auf der anderen Seite wirken insbesondere die Technik der progressiven Muskelentspannung, die Durchführung eines Biofeedbacktrainings, abstinentes Therapeutenverhalten, die Aufforderung zur freien Assoziation, das Verschreiben von Ritualen sowie Hypnose einer Realisierung dieser Wirkfaktordimension entgegen. Allgemeine Wirkfaktoren, die sich auf Problembewältigung richten, werden in erster Linie durch Exposition mit Reaktionsverhinderung, Problemlösetraining, Rollenspiele, positive Verstärkung und Realitätstests umgesetzt. Besonders die therapeutische Abstinenz, freie Assoziation, Übertragungs- und Widerstandsdeutungen, Beiziehen eines reflektierenden Teams und zirkuläre Fragen hemmen dagegen die Entfaltung dieser Klasse von Wirkfaktoren. Die Realisierung von Wirkfaktoren zur emotionalen Verarbeitung wird besonders stark durch Fokussierungs- und Leerer-Stuhl- bzw. Zwei-Stühle-Techniken, Exposition mit Reaktionsverhinderung, dem Verbalisieren von Erlebnisinhalten, dem Einsatz kreativer Medien, Rollenspiele sowie Skulptur- und Aufstellungsarbeit, aber auch durch freie Assoziation begünstigt. Dagegen schwächen vor allem progressive Muskelentspannung, Biofeedbacktraining, der Einsatz eines reflektierenden Teams, therapeutische Abstinenz, das Verschreiben von Ritualen, aber auch positive Verstärkung oder die Durchführung eines Problemlösetrainings emotionale Verarbeitungsprozesse. Auf den Beziehungs- und Motivationsaufbau bezogene Wirkfaktoren werden vor allem durch positive Verstärkung, Problemlösetrainings, Rollenspiele, Fokussieren, Verbalisieren von Erlebnisinhalten und Realitätstests verwirklicht. Vor allem therapeutische Abstinenz, progressive Muskelentspannung, freie Assoziation, Biofeedbacktraining sowie Widerstandsdeutungen behindern dagegen den Beziehungs- und Motivationsaufbau.
Zeitschrift für Klinische Psychologie und Psychotherapie (2016), 45 (1), 1–13
© 2016 Hogrefe Verlag
© 2016 Hogrefe Verlag § Realitätstests (t = 8.65, p < 0.0001) § Rollenspiele (t = 7.7, p < 0.0001) § Fokussieren (t = 6.98, p < 0.0001) § Leerer-Stuhl-/ Zwei-Stühle-Technik (t = 6.84;, p < 0.0001) § Verbalisieren von Erlebnisinhalten (t = 6.75, p < 0.0001) § Übertragungsdeutungen (t = 6.57, p < 0.0001) § Widerstandsdeutungen (t = 5.32, p < 0.0001) § Problemlösetraining § (t = 5.24, p < 0.0001) § Zirkuläre Fragen (t = 3.35, p = 0.0008) § Skulptur- u. Aufstellungsarbeit (t = 2.83, p = 0.0047) § Exposition u. Reaktionsverhinderung (t = 2.37, p = 0.0179) § Progressive Muskelentspannung (t = -14.51, p < 0.0001) § Biofeedbacktraining (t = -12.92, p < 0.0001) § Therapeutische Abstinenz (t = -8.99, p < 0.0001) § Freie Assoziation (t = -5.3, p < 0.0001)
Negativ zusammenhängende Techniken (t-Test)
F = 43.94 (p > 0.0001)
Positiv zusammenhängende Techniken (t-Test)
F-Test für durch Techniken erklärte Varianz
27.09 %
22.33 % 0.58 %
Durch zufällige Effekte erklärte Varianz: § Rater-Effekt § „Allegiance“-Effekt
Durch Techniken (fester Effekt) erklärte Varianz
49.99 %
1496
Kognitive Verarbeitung
Durch das Modell erklärte Varianz
Anzahl Beobachtungen
Model
§ Therapeutische Abstinenz (t = -11.18, p < 0.0001) § Freie Assoziation (t = -9.73, p < 0.0001) § Übertragungsdeutungen (t = -7.8, p < 0.0001) § Widerstandsdeutungen (t = -7.36, p < 0.0001)
§ Exposition u. Reaktionsverhinderung (t = 15.5, p < 0.0001) § Problemlösetraining (t = 13.17, p < 0.0001) § Rollenspiele (t = 11.84, p < 0.0001) § Positive Verstärkung (t = 7.92, p < 0.0001) § Realitätstests (t = 7.75;, p < 0.0001) § Leerer-Stuhl-/ Zwei-Stühle-Technik (t = 2.45, p = 0.0143)
F = 51.09 (p > 0.0001)
29.97 %
22.37 % 0%
52.34 %
1496
Problembewältigung
§ Progressive Muskelentspannung (t = -8.25, p < 0.0001) § Biofeedbacktraining (t = -8.19, p < 0.0001) § Reflektierendes Team (t = -6.96, p < 0.0001)
§ Fokussieren (t = 10.21, p < 0.0001) § Leer-Stuhl-/Zwei-StühleTechnik (t = 9.92;, p < 0.0001) § Exposition u. Reaktionsverhinderung (t = 9.07, p < 0.0001) § Verbalisieren von Erlebnisinhalten (t = 6.75, p < 0.0001) § Kreative Medien § (t = 7.31, p < 0.0001) § Rollenspiele (t = 6.86, p < 0.0001) § Skulptur- u. Aufstellungsarbeit (t = 4.73, p < 0.0001) § Freie Assoziation (t = 2.55, p = 0.011)
F = 41.26 (p > 0.0001)
26.68 %
20.09 % 1.44 %
48.21 %
1496
Emotionale Verarbeitung
Wirkfaktorenklassen
Tabelle 4. Hierarchische Regressionsanalyse der Zusammenhänge zwischen Klassen allgemeiner Wirkfaktoren und Standardtechniken
§ Therapeutische Abstinenz (t = -10.1, p < 0.0001) § Progressive Muskelentspannung (t = -7.94, p < 0.0001) § Freie Assoziation (t = -7.46, p < 0.0001)
§ Positive Verstärkung (t = 11.9, p < 0.0001) § Problemlösetraining (t = 9.34, p < 0.0001) § Rollenspiele (t = 7.18, p < 0.0001) § Fokussieren (t = 5.63, p < 0.0001) § Verbalisieren von Erlebnisinhalten (t = 5.22, p < 0.0001) § Realitätstests (t = 4.73, p < 0.0001) § Exposition u. Reaktionsverhinderung (t = 3.12, p = 0.0018)
F = 33.07 (p > 0.0001)
17.84 %
31.57 % 1.86 %
51.28 %
1496
Beziehungs- und Motivationsaufbau
M. Pfammatter & W. Tschacher, Klassen allgemeiner Wirkfaktoren der Psychotherapie 9
Zeitschrift für Klinische Psychologie und Psychotherapie (2016), 45 (1), 1–13
§ Therapeutische Abstinenz (t = -8.99, p < 0.0001) § Verschreiben von Ritualen (t = -5.61, p < 0.0001) § Positive Verstärkung (t = -4.23, p < 0.0001) § Therapeutische Abstinenz (t = -4.14, p < 0.0001) § Problemlösetraining (t = -3.96, p < 0.0001) § Zirkuläre Fragen (t = -3.71, p = 0.0002) § Paradoxe Intervention (t = -2.82, p = 0.0049) § Realitätstests (t = 7.75, p = 0.0076) § Reflektierendes Team (t = -6.42, p < 0.0001) § Zirkuläre Fragen (t = -5.49, p < 0.0001) § Skulptur- u. Aufstellungsarbeit (t = -3.06, p = 0.0023) § Hypnose (t = -2.54, p = 0.0113) § Verbalisieren von Erlebnisinhalten (t = -2.07, p = 0.0386) § Kreativen Medien (t = -2.01, p = 0.0443) § Verschreiben von Ritualen (t = -5.06, p < 0.0001) § Hypnose (t = -4.86, p < 0.0001) § Paradoxe Intervention (t = -2.59, p = 0.0096) § Positive Verstärkung (t = -2.4, p = 0.0164) § Kreative Medien (t = -2.28, p = 0.0228)
Emotionale Verarbeitung
Wirkfaktorenklassen
Problembewältigung Kognitive Verarbeitung
Model
Tabelle 4. Hierarchische Regressionsanalyse der Zusammenhänge zwischen Klassen allgemeiner Wirkfaktoren und Standardtechniken (Fortsetzung)
§ Biofeedbacktraining (t = -7.24, p < 0.0001) § Widerstandsdeutungen (t = -5.31, p < 0.0001) § Reflektierendes Team (t = -3.77, p = 0.0002) § Übertragungsdeutungen (t = -3.26, p < 0.0011) § Paradoxe Intervention (t = -2.54, p = 0.0112)
M. Pfammatter & W. Tschacher, Klassen allgemeiner Wirkfaktoren der Psychotherapie
Beziehungs- und Motivationsaufbau
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Diskussion Die Auseinandersetzung mit der gegenwärtig in der Psychotherapieforschung zentralen Frage nach der Wirkungsweise von Psychotherapie wird von der Kontroverse über die relative therapeutische Bedeutung allgemeiner Wirkfaktoren und spezifischer Therapietechniken dominiert. In der Polarisierung spezifischer und allgemeiner Wirkfaktoren findet der ungelöste Schulenstreit seine Fortsetzung. Die dichotome Gegenüberstellung ist jedoch aus theoretischer Sicht falsch. Allgemeine Wirkfaktoren und spezifische Techniken sind auf unterschiedlichen Ebenen des Therapieprozesses angesiedelt. Deshalb stellt sich vielmehr die Frage nach ihrem Zusammenwirken. Das Taxonomie-Projekt zielt auf eine Klärung dieser Frage ab. Gleichzeitig wird eine Präzisierung des Wirkfaktorenbegriffs angestrebt. Die Untersuchungsgrundlage bilden Einschätzungen der Stärke von Zusammenhängen zwischen 22 in der Literatur mehrfach beschriebenen allgemeinen Wirkfaktoren und einer möglichst repräsentativen Auswahl von Standardtechniken der wichtigsten Psychotherapieansätze. Die Einschätzungen wurden durch deutschsprachige Psychotherapieforscher und Psychotherapeuten abgegeben. Vorangegangene Analysen zeigten, dass die einzelnen Standardtechniken unterschiedlich häufig positiv oder negativ mit den untersuchten allgemeinen Wirkfaktoren assoziiert werden. Die unterschiedlichen Techniken werden zudem mit verschiedenen allgemeinen Wirkfaktoren in Zusammenhang gebracht. Die differenziellen Zusammenhänge zwischen allgemeinen Wirkfaktoren und Techniken tragen auch bei Kontrolle verschiedener Ratervariablen zu einem erheblichen Teil der erklärten Varianz der Ratings bei. Gleichzeitig werden verschiedene allgemeine Wirkfaktoren durch den Zusammenhang mit ähnlichen Konstellationen von Techniken charakterisiert (Pfammatter et al., 2012; Tschacher, Junghan et al., 2014). Daher ist zu vermuten, dass die Vielzahl der in der Literatur diskutierten allgemeinen Wirkfaktoren aufgrund ähnlicher Muster von Zusammenhängen mit spezifischen Techniken konzeptuell zusammengefasst werden können. Dies wurde nun in der vorliegenden Untersuchung faktoren- und regressionsanalytisch überprüft. Die faktorenanalytische Prüfung zeigt, dass den Zusammenhängen zwischen allgemeinen Wirkfaktoren und psychotherapeutischen Standardtechniken eine vierdimensionale Struktur unterliegt; d. h. die 22 allgemeinen Wirkfaktoren können aufgrund ihrer Zusammenhänge mit Therapietechniken vier Klassen zugeordnet werden. Diese lassen sich inhaltlich klar interpretieren: Eine Klasse von allgemeinen Wirkfaktoren bezieht sich inhaltlich auf die kognitive Verarbeitung. Eine zweite Klasse all-
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M. Pfammatter & W. Tschacher, Klassen allgemeiner Wirkfaktoren der Psychotherapie
gemeiner Wirkfaktoren richtet sich auf die Problembewältigung. Auf einem weiteren Faktor ladende allgemeine Wirkfaktoren betreffen die emotionale Verarbeitung und eine vierte Klasse die Therapiebeziehung und -motivation. Die regressionsanalytische Untersuchung zeigt im Weiteren, dass jede der vier Wirkfaktorenklassen durch ein typisches Muster von mit ihr signifikant positiv oder negativ zusammenhängenden Techniken charakterisiert wird. Die Technikprofile der einzelnen Wirkfaktorenlassen unterscheiden sich, unabhängig vom Rater und der von ihm präferierten Therapierichtung („Allegiance“), klar voneinander. Dennoch finden sich für die verschiedenen Klassen von allgemeinen Wirkfaktoren Überschneidungen in ihren Technikzusammenhängen. So begünstigen Realitätstests und Rollenspiele nach Einschätzung der Rater die Umsetzung von Wirkfaktoren, die sich entweder auf die kognitive Verarbeitung oder die Problembewältigung oder den Beziehungs- und Motivationsaufbau richten. Fokussieren, Verbalisieren von Erlebnisinhalten sowie die Leer-Stuhl- bzw. Zwei-Stühle-Technik aktivieren sowohl die kognitive wie auch emotionale Verarbeitung. Manche Techniken scheinen also nach Einschätzung der Experten ein probates Mittel für die Realisierung allgemeiner Wirkfaktoren zu sein, die sich verschiedenen inhaltlichen Klassen zuordnen lassen. Die hier vorgenommene Analyse der Zusammenhänge zwischen Kategorien von allgemeinen Wirkfaktoren und Techniken untermauert einerseits die einleitend beschriebenen theoretischen Überlegungen von Karasu (1986) zu den Technikrelationen der vom ihm postulierten allgemeinen Wirkfaktoren sowie die von Ackerman und Hilsenroth (2003) zusammengefassten Befunde zu den Zusammenhängen zwischen Techniken und dem allgemeinen Wirkfaktor Therapieallianz. Wie von Karasu (1986) postuliert, wird kognitive Verarbeitung auch nach Meinung der hier befragten Experten durch kognitive Therapietechniken und tiefenpsychologische Interpretationen gefördert und emotionale Verarbeitung durch vertiefende Exploration sowie Exposition unterstützt. Ausserdem wird – in Übereinstimmung mit den von Ackerman und Hilsenroth (2003) zusammengefassten Ergebnissen – die Therapieallianz nach Einschätzung der Rater durch Exploration der Problemsicht des Patienten und das Verbalisieren emotionaler Erlebnisinhalte begünstigt. Gleichzeitig jedoch wird das Bild durch die Auflistung von mit den Wirkfaktorengruppen negativ korrelierten Techniken differenziert. Dabei fällt auf, dass körperorientierte Therapietechniken wie die progressive Muskelentspannung oder Biofeedbacktrainings sowie einzelne tiefenpsychologische Techniken (therapeutische Abstinenz; freies Assoziieren) meist als einer Realisierung der untersuchten allgemeinen Wirkfaktoren entgegenwirkende Therapietechniken eingestuft werden. Dies steht im © 2016 Hogrefe Verlag
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Kontrast zur nachgewiesenen Wirksamkeit körperorientierter Therapietechniken. Diese Diskrepanz kann als Indiz dafür betrachtet werden, dass die in der Literatur wiederholt beschriebenen allgemeinen Wirkfaktoren nicht das ganze Spektrum therapeutischer Wirkprozesse abdecken. In der neueren Kognitionswissenschaft zunehmend beachtete „Embodiment“-Prozesse beispielweise werden in der Psychotherapieforschung bislang kaum thematisiert (Tschacher, Munt & Storch, 2014) Die identifizierten Wirkfaktorenklassen ähneln den allgemeinen Wirkfaktoren Problembewältigung, motivationale Klärung, Problemaktualisierung, Ressourcenaktivierung und Therapiebeziehung von Grawe (2005). Im Unterschied zu den von Grawe induktiv aus dem Forschungsstand zur Wirksamkeit und zu den Prozess-Ergebnis-Relationen abgeleiteten Wirkfaktoren handelt es sich hier um faktorenanalytisch aus eingeschätzten Technikzusammenhängen gewonnene, übergeordnete Klassen von allgemeinen Wirkfaktoren, denen die von Grawe und anderen Autoren beschriebenen Wirkfaktoren zugeordnet werden können. Kritisch ist anzumerken, dass die Ergebnisse dieser Untersuchung auf Einschätzungen von Psychotherapieexperten basieren. Es bleibt offen, ob die von den Ratern eingeschätzten Zusammenhänge zwischen allgemeinen Wirkfaktoren und spezifischen Techniken einer empirischen Prüfung in der Psychotherapiepraxis standhält. Die Zusammenhänge müssen daher in einem nächsten Schritt durch die Untersuchung von Psychotherapieverlaufsprozessen validiert werden. Zudem handelt es sich bei den Psychotherapieexperten um eine Selektion von Psychotherapieforschern und Psychotherapeuten an deutschen universitären psychiatrischen Kliniken oder Instituten für Klinische Psychologie sowie deutschsprachigen Mitgliedern der „Society for Psychotherapy Research“ (SPR) mit jeweils großer Expertise auf dem Gebiet der Psychotherapieforschung. Während internationale Psychotherapieforscher vermutlich zu ähnlichen Einschätzungen kommen, besteht möglicherweise eine Abweichung zur Sichtweise reiner Psychotherapiepraktiker. Auch bei den untersuchten allgemeinen Wirkfaktoren sowie Therapietechniken handelt es sich jeweils um eine Auswahl. Die Anwendung der beschriebenen Selektionskriterien würde bei einer Replikation wahrscheinlich zu einer weitgehend identischen Wahl sowohl der allgemeinen Wirkfaktoren wie auch der Standardtechniken führen. Allerdings wird weder das ganze Spektrum der in der Literatur beschriebenen allgemeinen Wirkfaktoren, noch das ganze Instrumentarium an Psychotherapietechniken abgedeckt. So wurden beispielsweise störungsspezifische Therapietechniken nicht berücksichtigt. Es ist denkbar, dass der Einschluss weiterer allgemeiner Wirkfaktoren und Therapietechniken zusätzliche Klassen von allgemeinen Wirk-
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M. Pfammatter & W. Tschacher, Klassen allgemeiner Wirkfaktoren der Psychotherapie
faktoren aufdecken würde. Anzumerken ist nicht zuletzt auch, dass etwa die Hälfte der Varianz der Wirkfaktorenklassen durch die beschriebenen Regressionsmodelle mit Techniken als feste Effekte und den einzelnen Ratern sowie ihrer Allegiance als Zufallseffekte nicht aufgeklärt wird. Der erklärte Varianzanteil scheint sich jedoch über die Kontrolle zusätzlicher Ratervariablen wie Geschlecht, Alter und Therapieerfahrung weiter zu erhöhen, wie die regressionsanalytischen Analysen der Zusammenhänge zwischen einzelnen Wirkfaktoren und Techniken zeigten (Tschacher, Junghan et al., 2014). Die zentrale Frage nach der Wirkungsweise von Psychotherapie beinhaltet zwei Teilfragen – die Frage nach den Veränderungsprozessen, die in einer Psychotherapie stattfinden, sowie die Frage, wie diese zustande kommen. Letzteres hat Kiesler (1966) als den entscheidenden „missing link“ bezeichnet. Allgemeine Wirkfaktoren könnten dieses fehlende Bindeglied zwischen dem technischen Vorgehen und den dadurch initiierten therapeutischen Veränderungen sein. Allgemeine Wirkfaktoren bieten zudem auf strategischer Ebene einen Ansatz zur gezielten Integration verschiedener wirksamer Psychotherapiemethoden. Noch lässt sich das Potenzial des Wirkfaktorenkonzepts aufgrund der mit ihm verbundenen Unklarheiten aber nicht ausschöpfen. Den Bemühungen um eine konzeptionelle Klärung kommt deshalb eine wichtige Bedeutung zu. Das hier beschriebene Taxonomie-Projekt ist ein erster Klärungsversuch mit empirischen Mitteln. Es liefert Informationen über die Art der Zusammenhänge zwischen allgemeinen Wirkfaktoren und Therapietechniken sowie die Möglichkeit der Zusammenfassung von im Hinblick auf ihr Technikprofil ähnlichen allgemeinen Wirkfaktoren. Diese gilt es nun durch die Analyse von Psychotherapieprozessen zu überprüfen und in ihrer Interaktion mit Störungs- und anderen Patientenmerkmalen sowie dem Therapieergebnis zu untersuchen.
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M. Pfammatter & W. Tschacher, Klassen allgemeiner Wirkfaktoren der Psychotherapie
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SETK 3-5
Sprachentwicklungstest für drei- bis fünfjährige Kinder (3;0-5;11 Jahre)
Diagnose von Sprachverarbeitungsfähigkeiten und auditiven Gedächtnisleistungen 3., überarbeitete und neu normiere Auflage H. Grimm
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(2nd ed., pp. 49 – 81). Washington: American Psychological Association. Wampold, B. E. & Budge, S. L. (2012). The 2011 Leona Tyler Award address: The relationship – and its relationship to the common and specific factors of psychotherapy. The Counseling Psychologist, 40, 601 – 623. Webb, C. A., DeRubeis, R. J. & Barber, J. P. (2010). Therapist adherence/competence and treatment outcome: A meta-analytic review. Journal of Consulting and Clinical Psychology, 78, 300 – 2011.
Dr. phil. Mario Pfammatter Prof. Dr. phil. Wolfgang Tschacher Universität Bern Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie Universitäre Psychiatrische Dienste (UPD) Bern Bolligenstrasse 111 3000 Bern 60 Schweiz mario.pfammatter@spk.unibe.ch
Einsatzbereich: Kinder im Alter von 3;0 - 5;11 Jahren und ältere Kinder mit bekannten Entwicklungsschädigungen. Einzeltest. Das Verfahren: Der SETK 3-5 erfasst mit vier Untertests bei den dreijährigen Kindern und mit fünf Untertests bei den vier- bis fünfjährigen Kindern rezeptive und produktive Sprachverarbeitungsfähigkeiten sowie auditive Gedächtnisleistungen. Mit dem SETK 3-5 ist es möglich, im kritischen Altersbereich zwischen drei und fünf Jahren valide und reliabel das erreichte Sprachentwicklungsniveau festzustellen und in einen kausalen Erklärungszusammenhang mit auditiven Gedächtnisleistungen zu bringen. Dabei spielt das phonologische Arbeitsgedächtnis für Nichtwörter eine ganz entscheidende Rolle. Mit dieser dritten Auflage wird eine voll-
ständige Neunormierung (N=934) des SETK 3-5 vorgelegt. Weiterhin wurde das Manual inhaltlichergänzt und auf der Grundlage aktueller Forschungsergebnisse auf den neuesten Stand gebracht. Die Testdurchführung und die Auswertung wurden um wichtige Ergänzungen und ganz konkrete Hilfestellungen erweitert. Sprachtherapeutische Fragestellungen können jetzt noch differenzierter beantwortet und Sprachförderpläne auf eine breitere Basis gestellt werden. Im Kapitel „Häufig gestellte Fragen“ wurden zahlreiche Fragestellungen und Anregungen aus der Praxis berücksichtigt. Die Einsatzmöglichkeiten des SETK 3-5 bei Kindern mit Deutsch als Zweitsprache (DaZ) haben ebenfalls eine Ergänzung erfahren. Bearbeitungsdauer: Die Bearbeitungsdauer beträgt 15 bis maximal 25 Miuten. 01 271 01 Test komplett
628,00 €
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Originalarbeit
Populationseffekte einer flächendeckenden Implementierung familienbasierter Präventionsprogramme Inga Frantz und Nina Heinrichs Universität Bielefeld Zusammenfassung. Theoretischer Hintergrund: Die flächendeckende Implementation evidenzbasierter Programme zur Verhütung kindlicher Verhaltensprobleme in Kommunen könnte hilfreich sein, um viele Familien zu erreichen. Ob sich durch diese Form der Verhaltensprävention tatsächlich psychische Auffälligkeiten von Kindern auf Populationsebene in Deutschland reduzieren lassen, ist unklar. Fragestellung: Lassen sich nach der möglichst flächendeckenden Implementation (universeller) Präventionsprogramme in einer deutschen Kommune, Veränderungen in der Lebensqualität oder im Verhalten von Kindern im Alter von 3 – 12 Jahren feststellen? Methode: Drei Programme wurden in einer Kommune (Interventionsstadt) implementiert. Vorher, ein und zwei Jahre später wurden jeweils eine zufällig gezogene Stichprobe aus der Population aller Familien der Interventionsstadt sowie einer Vergleichsstadt telefonisch befragt. Ergebnisse: Univariate zweifaktorielle Varianzanalysen ergaben keinen Interaktionseffekt für die Zwischensubjektfaktoren Stadt und Messzeitpunkt in Bezug auf Verhaltensauffälligkeiten und Lebensqualität von Kindern im Elternbericht. Das Risiko, Verhaltensauffälligkeiten zu berichten und in der Interventionsstadt zu leben (Kontrast: Vergleichsstadt) war zu Beginn (OR 1.84) höher als zwei Jahre später (OR 0.78). Schlussfolgerungen: Es konnten keine eindeutigen Effekte auf Populationsebene nachgewiesen werden. Schlüsselwörter: Prävention, Dissemination, Implementation, Populationseffekt, kindliche Verhaltensauffälligkeiten
Population-Level Effects of a Community-Wide Implementation of Family-Based Prevention Programs Abstract. Background: The community-wide implementation of evidence-based programs to prevent child behavior problems could be a promising approach to reach many families. It is yet unclear whether such a behavior prevention approach could effectively improve child mental health at a population-level in Germany. Aim: Following an area-wide implementation of (universal) prevention programs in a German city, can we determine positive changes in behavior problems and quality of life of children aged 3 – 12 years? Method: Three programs were implemented in a community (intervention city). A randomly selected sample of families from the general population of families living in the intervention city and in a comparison city were assessed before implementation of the programs as well as 1 and 2 years later. Results: Univariate two-way between-groups analyses of variance showed no interaction effect between the cities and assessments with regard to child behavior problems and quality of life. The risk of reporting child behavior problems and living in the intervention city (contrast: comparison city) was higher at baseline (OR = 1.84) than 2 years later (OR = 0.78). Conclusion: We were not able to demonstrate clear population-level effects. Keywords: prevention, dissemination, implementation, population-level effect, child behavior problems
Für die erfolgreiche Prävention psychischer Störungen bei Kindern und Jugendlichen ist es wichtig, viele Familien
mit wirksamen Unterstützungsangeboten zu erreichen. Obwohl eine Reihe evidenzbasierter Eltern- und Kinder-
Inga Frantz ist jetzt am Institut für Psychologie der Universität Hamburg und Nina Heinrichs am Institut für Psychologie der Technischen Universität Braunschweig. Die Evaluation wurde gefördert von der Stiftung Deutsches Forum für Kriminalprävention und vom Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz aufgrund eines Beschlusses des deutschen Bundestages sowie des Deutschen Richterbunds. Wir danken dem wissenschaftlichen Beirat der FAMOS-Studie (Prof. Dr. Manfred Döpfner, Prof. Dr. Kurt Hahlweg, Prof. Dr. Mark Stemmler). Interessenkonflikte: Nina Heinrichs ist Mitglied des wissenschaftlichen Beirats von Triple P. Inga Frantz und Nina Heinrichs sind seit 2014 Mitglied des Triple P Research Networks. Zeitschrift für Klinische Psychologie und Psychotherapie (2016), 45 (1), 14–25 DOI: 10.1026/1616-3443/a000344
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I. Frantz & N. Heinrichs, Populationseffekte einer flächendeckenden Implementierung familienbasierter Präventionsprogramme
trainings existieren, werden diese nur von einem kleinen Teil aller Familien in Anspruch genommen. Dies liegt zum einen an der mangelnden Angebotsstruktur für solche Programme in der Praxis und zum anderen auch an der erschwerten Erreichbarkeit von Familien, die aufgrund unterschiedlicher Indikatoren sozialer Benachteiligung in der Regel weniger Zugang haben (z. B. Migrationsstatus, Armut, Arbeitslosigkeit; National Research Council and Institute of Medicine, 2009). Um mehr Familien den Zugang zu diesen Unterstützungsmaßnahmen zu ermöglichen, sollten daher (1) die Programme in Kommunen vermehrt angeboten werden und (2) Barrieren zur Teilnahme von Familien, wie beispielsweise Stigmatisierungsängste oder logistische Schwierigkeiten, reduziert werden. Beides könnte durch die flächendeckende Einbettung der Präventionsprogramme in bestehende Einrichtungen zur Unterstützung von Familien (z. B. Kindergärten, Beratungsstellen, Kinderarztpraxen) erreicht werden. Die Programme wären dadurch (1) verfügbarer. Zudem könnten (2) Familien „automatisch“ an Kursen teilnehmen, ohne dass sie diese aktiv aufsuchen müssten (z. B. kinderzentrierte Programme werden regelmäßig im Kindergarten mit allen Gruppen durchgeführt). Bei bereits bestehendem Kontakt zu einer Institution (z. B. Kinderarzttermin, Entwicklungsgespräch im Kindergarten, Elternsprechtag), könnten die Fachkräfte vor Ort den Familien mit Unterstützungsbedarf die Teilnahme an einem solchem Programm niederschwellig empfehlen. Zudem könnte eine verstärkte Vernetzung und Koordination der kommunalen Unterstützungsmaßnahmen für Familien helfen, vorhandene Ressourcen optimal zu nutzen. Die Durchführung von Kursen mittels Nutzung der lokalen – und Familien bekannten – Infrastrukturen (z. B. Kindergärten) von bekannten Fachkräften (z. B. der Erzieherin) könnte ein guter Weg sein, um emotionale und logistische Teilnahmebarrieren für Familien zu reduzieren. Mit diesem Implementationsansatz könnten so insgesamt mehr Familien mit einer wirksamen Präventionsmaßnahme erreicht werden, was langfristig die (psychische) Gesundheit von Kindern in Kommunen verbessern könnte. Daher wird der Erforschung von solchen Implementationsund Disseminationsprozessen vermehrt Aufmerksamkeit gewidmet (Beelmann & Karing, 2014). Einige internationale Studien konnten positive Veränderungen nach der populationsbasierten Einführung von familienzentrierten Präventionsprogrammen auf erhärtete Fälle von Kindesmissbrauch, Inobhutnahmen (z. B. mit dem Elterntraining Triple P, Prinz, Sanders, Shapiro, Whitaker, & Lutzker, 2009), Reduktion von Alkohol-, Zigarettenkonsum und Delinquenz bei Jugendlichen (z. B. mit verschiedenen Programmen im Rahmen von Communities that Care, Hawkins et al., 2009) sowie Viktimisierung, Mobbing und internalisierende Auffälligkeiten (z. B. mit dem schulba© 2016 Hogrefe Verlag
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sierten Antibullyingprogramm KiVa, Salmivalli & Poskiparta, 2012) nachweisen. Die Effekte der Maßnahmen in der Routineversorgung waren jedoch teilweise geringer als unter stärker strukturierten Forschungsbedingungen. Andere Autoren fanden keine oder gemischte Effekte (z. B. mit Triple P, Eisner, Nagin, Ribeaud, & Malti, 2012 und Sampaio, Sarkadi, Salari, Zethraeus & Feldman, 2015; mit Incredible Years, PATHS und Triple P, Little et al., 2012; mit Healthy Start Program, Duggan et al., 2004; für eine Übersicht siehe National Research Council and Institute of Medicine, 2009). Die inkonsistenten Ergebnisse über die Studien hinweg könnten teilweise durch die Heterogenität von Untersuchungsdesigns und -methodik erklärt werden. So gibt es Unterschiede in Bezug auf die Programmintensität (universell vs. indiziert), die Zielgruppe (Alter der Kinder), die Stichprobengröße, die Beurteilungsquelle (Selbstbericht, Fremdbericht, Beobachtungsdaten, bestehende Statistik), die Länge des Followup-Zeitraums, die Analyseebene (Datensammlung auf Populationsebene vs. individueller Ebene von teilnehmenden Familien) und die Art der Kontrollgruppe. Zudem unterscheiden sich die Studien hinsichtlich der Durchdringungs- (Anteil erreichter Personen der Population) und Ausfallraten. Höhere Effekte zeigten sich dabei tendenziell eher bei intensiveren Angeboten sowie höheren Durchdringungs- und Antwortraten. Ob und inwiefern sich diese Ergebnisse der Verhaltensprävention auf deutsche Kommunen übertragen lassen, ist bisher unklar. In Deutschland konnten jedoch im Bereich der Verhältnisprävention bereits positive Effekte einer flächendeckende Anwendung von Präventionsmaßnahmen nachgewiesen werden. Beispielsweise sank in Folge normativer Änderungen (deutliche Preiserhöhung) die Anzahl jugendlicher Raucher (Deutsches Krebsforschungszentrum in der Helmholtz-Gemeinschaft, 2014). Ziel der vorliegenden Studie war daher zu untersuchen, ob durch die flächendeckende Einführung von Präventionsprogrammen in die Angebotsstruktur einer ganzen Kommune in Deutschland (Verhaltensprävention), die psychische Gesundheit von Kindern der Population (alle Kinder von 0 bis 12 Jahre, die in der Kommune leben) verbessert werden kann. Dabei wollten wir die Anwendung von in der Forschung entwickelten Angeboten in der Praxis unter naturalistischen Bedingungen wissenschaftlich begleiten. Da ein primäres Ziel von eltern- und kindzentrierten Präventionsprogrammen die Reduktion von kindlichen Verhaltensauffälligkeiten darstellt, stellte dies unser primäres Outcomemaß dar. Um zusätzlich ein positives (nicht nur defizitorientiertes) Maß für die psychische Gesundheit einzubeziehen, erfassten wir auch die gesundheitsbezogene Lebensqualität von Kindern.
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I. Frantz & N. Heinrichs, Populationseffekte einer flächendeckenden Implementierung familienbasierter Präventionsprogramme
Um mögliche Effekte auf Populationsebene auf einem dieser Maße überhaupt finden zu können, müssen zumindest drei Voraussetzungen erfüllt sein: 1. Bekanntheit der Präventionsprogramme bei Familien: Die Programme müssen nicht nur in der Angebotsstruktur der Kommune verankert werden, sondern auf Seiten der Angebotnachfragenden auch bekannt sein. 2. Ausreichend hohe Durchdringungsrate: Die Inanspruchnahme durch Familien der Kommune muss so groß sein, dass überhaupt mit einem Effekt auf der Ebene der Population gerechnet werden kann. Wir nahmen an, dass eine Durchdringungsrate von 25 % der Zielpopulation (alle Familien mit Kindern zwischen 0 und 12 Jahren, die in der Kommune leben) hierfür ausreichend sein würde (Frantz, Stemmler, Hahlweg, Plück & Heinrichs, 2015). 3. Positive Effekte bei den Teilnehmern: Die Präventionsprogramme müssen mit hoher Qualität implementiert werden und in den Stichproben, die Angebote in Anspruch genommen haben, auch mit zu Forschungsstudien vergleichbaren positiven Effekten assoziiert sein. Aus methodischer Sicht sollte zusätzlich die untersuchte Populationsstichprobe repräsentativ für die Zielpopulation sein. Im Rahmen eines Praxisprojekts (FAMOS-Familien Optimal Stärken) wurden drei familienbasierte Programme in einer Kommune flächendeckend implementiert. Im Rahmen der begleitenden Werbekampagne gelang es, die Bekanntheit dieser Programme kurzfristig signifikant zu steigern (Voraussetzung 1; Ergebnis in Frantz & Heinrichs, 2015a). Innerhalb von zwei Jahren konnten 18 % der Zielpopulation mit einem Angebot versorgt werden (laut Fachkräfteangaben), anstatt der geplanten 25 % (Durchdringungsrate; Voraussetzung 2; Ergebnis in Frantz et al., 2015). Dabei war die Teilnahme in der Stichprobe von Familien, die eines der Angebote in Anspruch genommen und die Fragebögen ausgefüllt zurück geschickt hatte, im Elternbericht mit positiven Veränderungen des elterlichen Erziehungsverhalten (ESPrä-Post = 0.34 – 0.56) und des kindlichen Verhaltens assoziiert (ESPrä-Post = 0.28 – 0.50). Die Prä-Post-Effektstärke lag über alle Angebote und Instrumente hinweg im kleinen bis mittleren Bereich (Voraussetzung 3). Dabei nahmen im Vergleich zur Populationsstichprobe eher Familien mit geringem sozioökonomischen Status und mehr Schwierigkeiten im Umgang mit dem Verhalten ihrer Kinder die Kurse in Anspruch (Frantz et al., 2015). Auf Grundlage dieses Selbstselektionseffekts lässt sich nicht mit Sicherheit sagen, ob die dritte Voraussetzung als erfüllt angesehen werden kann oder nicht. Nichtsdestotrotz wollten wir in der vorliegenden Studie untersuchen, ob die erzielten Effekte auf der individuellen Ebene der teilnehmenden Familien bei der Durchdrin-
gungsrate von 18 % ausreichend sind, um Veränderungen auf der Populationsebene nachweisen zu können.
Methoden Design Diese nicht-randomisierte kontrollierte Studie wurde von 2010 bis 2012 durchgeführt. In einer Interventionsstadt (Paderborn) wurden 211 Fortbildungsplätze für Fachkräfte, die in Einrichtungen für Familien im Stadtgebiet tätig waren, in drei familienbasierten Präventionsprogrammen zur Verfügung gestellt. Ein Kriterium für die Programmauswahl waren positive Effekte in einem primären Erfolgsmaß in mindestens einer randomisiert-kontrollierten Studie (RCT) im deutschen Sprachraum. Zu den Angeboten gehörten die Kinderkurse IKPL (Ich kann Probleme lösen; Beelmann, Jaursch & Lösel, 2004) und TIP (Training im Problemlösen; Beelmann, 2007) des universellen Präventionsprogramms EFFEKT (Entwicklungsförderung in Familien: Eltern- und Kinder-Training; RCT z. B. Lösel, Stemmler, Jaursch & Beelmann, 2009). Des Weiteren wurde das indizierte Präventionsprogramm für expansives Problemverhalten (PEP; Plück et al., 2006; RCT z. B. Hanisch et al., 2010) für Erzieher und Eltern von Kindern, die erste Auffälligkeiten im externalisierenden Bereich aufweisen, implementiert. Das dritte Programm war das Elterntraining Triple P (Positives Erziehungsprogramm, hier die Ebenen 1 bis 4, z. B. Sanders, Turner & MarkieDadds, 2002; RCT z. B. Heinrichs, Kliem & Hahlweg, 2014), das Unterstützung für Eltern in unterschiedlicher Intensität vereint. Im Anschluss an die Fortbildung sollten die Fachkräfte über zwei Jahre Kurse in einem der Programme für Familien in ihren Einrichtungen durchführen. Der Großteil der geschulten Fachkräfte waren Erzieher, (Sozial‐)Pädagogen und Sozialarbeiter, die hauptsächlich in Kindergärten, Beratungsstellen, dem Jugendamt sowie selbstständigen Praxen tätig waren (Details s. Frantz et al., 2015). In einer Vergleichsstadt (Recklinghausen) erfolgte keine systematische Programmeinführung. Die Effekte dieser Maßnahme wurden auf der individuellen Ebene (Familien, die an einem der Kurse teilnahmen) und auf der Populationsebene (alle Familien mit mindestens einem Kind bis 12 Jahren, die in der Stadt leben) erfasst. Für die Daten der Populationsebene wurden aus Interventions- und Vergleichsstadt zu drei Messzeitpunkten jeweils eine Zufallsstichprobe von Familien gezogen: vor Einführung der Programme (2010), ein (2011) und zwei Jahre (2012) später.
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I. Frantz & N. Heinrichs, Populationseffekte einer flächendeckenden Implementierung familienbasierter Präventionsprogramme
Ablauf der Elternbefragung Zur Schätzung von Populationseffekten wollten wir jährlich eine für die Zielpopulation repräsentative Auswahl von Familien (10 %) aus Interventions- und Vergleichsstadt befragen. Dafür wurden von beiden Städten jedes Jahr eine unabhängige Zufallsstichprobe von Familien aus der Grundgesamtheit aller in der Stadt lebenden Familien mit mindestens einem Kind bis 12 Jahren gezogen und uns (mit Namen und Adresse) von den Jugendämtern der Städte Paderborn und Recklinghausen zur Verfügung gestellt. Dabei gab es ein Oversampling um 200 %: Für jede „Targetfamilie“, die kontaktiert werden sollte, wurden zwei „Alternativfamilien“ gezogen. Diese wurden nacheinander kontaktiert, falls die Targetfamilie aufgrund qualitätsneutralen Ausfalls (z. B. Teilnahme war aufgrund von Sprachbarrieren unmöglich) nicht befragt werden konnte. Um eine Gleichverteilung über die Sozialbezirke zu erreichen, erfolgte die Ziehung der Zufallsauswahl pro Stadtteil. Im nächsten Schritt wurden die Familien von zuvor trainierten studentischen und wissenschaftlichen Hilfskräften telefonisch kontaktiert. Wenn die Telefonnummer einer Familie nicht ermittelt werden konnte (per Online- und Papiertelefonbuch) oder die Familie telefonisch nicht erreichbar war, wurde sie postalisch kontaktiert. Das Schreiben enthielt einen adressierten frankierten Antwortbrief mit der Bitte, die Telefonnummer schriftlich mitzuteilen. Um die Teilnahmerate zu erhöhen, hatten die Familien neben der telefonischen Befragung zusätzlich die Möglichkeit, die Fragen schriftlich zu beantworten. Wenn weder die Targetfamilie noch eine der Alternativfamilien kontaktiert werden konnte, wurde dies als qualitätsneutraler Ausfall klassifiziert. Diese Familien hatten nicht die Möglichkeit, die Teilnahme an der Befragung aktiv abzulehnen. Gründe für qualitätsneutralen Ausfall waren, dass (1) keine Telefonnummer verfügbar und unser Brief nicht zustellbar war, (2) die Familie mindestens fünf Anrufe an unterschiedlichen Wochentagen zu unterschiedlichen Uhrzeiten nicht beantwortete, (3) die Familie nicht auf den Brief antwortete, so dass unklar war, ob die Familie ihn erhalten hatte, (4) Sprachschwierigkeiten die Teilnahme an der Befragung unmöglich machten. Wenn in einer Familie mehr als ein Kind lebte, wurden die Eltern gebeten, die Fragen nur in Bezug auf ein Kind zu beantworten, nämlich für das Kind mit mehr Schwierigkeiten. Wenn die Eltern mit allen Kindern gleich viele Schwierigkeiten hatten, sollten sie sich auf das jüngere Kind beziehen. Diese Entscheidungsregel wurde gewählt, da Eltern in der Regel auch für das Kind mit den meisten Schwierigkeiten Unterstützung suchen und/oder annehmen würden, wenn sie ein solches Angebot bekämen. Eine solche Festlegung könnte zu einer höheren Überein© 2016 Hogrefe Verlag
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stimmung zwischen Populations- und Interventionsstichprobe führen und hätte dann auch das Potential einer stärkeren Generalisierbarkeit. In den meisten Fällen nahm die Mutter an der Befragung teil (vgl. Frantz & Heinrichs, 2015a).
Stichprobenbeschreibung Städte Die Städte wurden für die Untersuchung ausgewählt, da sich beide bereit erklärt hatten, an dem Projekt mitzuwirken und die Teilnahme auch vom Jugendamt der Stadt unterstützt wurde. Paderborn und Recklinghausen liegen im gleichen Bundesland (Nordrhein-Westfalen) und waren nach Aussage beider Jugendämter vergleichbar hinsichtlich typischer Jugendhilfeparameter (z. B. Gesamtzahl erzieherischer Hilfen, Anzahl an Fremdunterbringen). Die Interventionsstadt Paderborn hat circa 145.700 Einwohner und die Vergleichsstadt Recklinghausen circa 118.370. Hinsichtlich soziodemographischer Parameter waren die beiden Städte zwar hinsichtlich des Bildungsniveaus in der Bevölkerung vergleichbar, jedoch lebten in Paderborn mehr Personen mit Migrationshintergrund (35 %, hauptsächlich aus Polen und der Russischen Föderation; Information und Technik Nordrhein-Westfalen, 2014a) als in Recklinghausen (24 %, hauptsächlich aus der Türkei; Information und Technik Nordrhein-Westfalen, 2014b) und die Arbeitslosenquote war geringer (Paderborn, 6 %, Bundesagentur für Arbeit, 2015a; Recklinghausen 11 %; Bundesagentur für Arbeit, 2015b).
Familien Die Zielpopulation der Studie waren Familien mit mindestens einem Kind bis 12 Jahren, da die drei Programme für diesen Altersbereich entwickelt und untersucht sind. In der Interventionsstadt lebten circa 11.500 dieser Familien, in der Vergleichsstadt waren es weniger (circa 6.500). In beiden Städten konnten etwa 80 % der jeweils gezogenen Zufallsauswahl telefonisch oder schriftlich kontaktiert werden (Abbildung 1). Mit einer Ausnahme: In der Vergleichsstadt konnten zum dritten Messzeitpunkt (2012) nur knapp 70 % der Familien erreicht werden, da von wenigen Familien eine Telefonnummer verfügbar war. Von den kontaktierten Familien nahm etwa die Hälfte an der Befragung teil (Abbildung 1). Gründe für eine Nichtteilnahme waren mangelndes Interesse, Ablehnung von Umfragen generell, Befürchtungen bezüglich des Datenschutzes, Dauer des Interviews oder der zuvor angeforderte schriftliche Fragebogen wurde nicht zurück geschickt.
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Abbildung 1. Flowchart. Rekrutierung der Populationsstichprobe. Verbleibende Stichprobe vgl. Frantz & Heinrichs, 2015a; Verbleibende Stichprobe 2011 und Zielstichprobe 2011 vgl. auch Frantz et al., 2015.
Von den kontaktierten Familien erklärten sich zu allen Messzeitpunkten in der Vergleichsstadt statistisch signifikant weniger als in der Interventionsstadt zur Teilnahme bereit (Frantz & Heinrichs 2015a; Abbildung 1). Die absoluten Teilnehmerzahlen pro Sozialraum variierten (Range 3 – 74), was teilweise durch die variierende Sozialraumgröße erklärt werden kann. Die Befragung dauerte etwas länger als geplant, da von weniger Familien als erwartet eine Telefonnummer verfügbar war. In der Zwischenzeit waren einige Kinder der befragten Familien bereits 13 Jahre geworden. Diese Familien wurden in den Analysen belassen. Da kindliches Verhalten mit einem Fragebogen erst ab einem Alter von drei Jahren erfasst werden kann, wurden Familien mit jüngeren Kindern aus den Analysen ausgeschlossen. Die finalen Stichproben der Vergleichsstadt (Abbildung 1) umfassten weniger Familien als in der Interventionsstadt gemäß der kleineren Einwohnerzahl von Familien insgesamt. Die sechs Stichproben unterschieden sich statistisch nicht hinsichtlich des kindlichen Geschlechts, χ2 (1, 1652) = 0.33, p = .567, Cramer’s V = .01 und in Bezug auf finanzielle staatliche Unterstützung, χ2 (1, 1642) = 3.24, p = .072, Cramer’s V = .04. Die befragten Familien der Interventionsstadt wiesen jedoch häufiger einen Migrationshintergrund auf, χ2 (1, 1651) = 13.45, p < .001, Cramer’s V = .09, das mütterliche Bildungsniveau war geringer, χ2 (3, 1616) = 8.58, p = .036, Cramer’s V = .07 und die Kinder waren jünger, F (1, 1646) = 3.87, p = .049, η2 = .002. Die Größe der Un-
terschiede war jedoch klein (Tabelle 1), sodass insgesamt von einer ausreichenden Ähnlichkeit der Stichproben ausgegangen werden kann. Um die Repräsentativität der Stichproben befragter Familien zu prüfen, wurden deren soziodemographische Angaben mit denen der Gesamtbevölkerung der jeweiligen Stadt verglichen (da uns die entsprechenden Vergleichszahlen für die Zielpopulation von Familien mit Kindern bis 12 Jahren nicht vorlagen). Im Vergleich zur Gesamtbevölkerung der jeweiligen Stadt waren in unseren Stichproben Personen mit Migrationshintergrund und geringem Bildungsniveau (mit Hauptschul- oder keinem Schulabschluss) unterrepräsentiert. Die Arbeitslosenquote in den Stichproben der Interventions- und Vergleichsstadt war jeweils ungefähr vergleichbar mit der der Gesamtbevölkerung, mit Ausnahme der Erhebung 2012 in der Vergleichsstadt (Information und Technik Nordrhein-Westfalen, 2014a, b).
Instrumente Das Konstrukt psychische Gesundheit wurde durch zwei Indikatoren abgebildet: kindliche psychische Auffälligkeiten und die Lebensqualität der Kinder. Als mehr proximalen Indikator für Veränderung nach einem Elterntraining erfassten wir ab dem zweiten Messzeitpunkt (2011) zusätzlich das elterliche Erziehungsverhalten mit dem Erziehungsfragebogen (EFB-K, Naumann et al., 2010)
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I. Frantz & N. Heinrichs, Populationseffekte einer flächendeckenden Implementierung familienbasierter Präventionsprogramme
bei einem Drittel der befragten Familien (vgl. Frantz et al., 2015). Da keine Baselinedaten vorliegen, wurde das Erziehungsverhalten für die vorliegende Studie jedoch nicht ausgewertet. Das kindliche Verhalten wurde mit Hilfe des Fragebogens zu Stärken und Schwächen (SDQ; Goodman, 1997) erfasst. Der SDQ misst mit 25 Items kindliche Verhaltensauffälligkeiten von Kindern zwischen drei und 17 Jahren. Die Eltern berichten dabei über das Verhalten ihres Kindes auf einer dreistufigen Likertskala. Es lassen sich fünf Subskalen (Emotionale Probleme, Verhaltensprobleme, Hyperaktivität, Probleme mit Gleichaltrigen, Prosoziale Skala) und ein Gesamtwert (ohne die Prosoziale Skala) berechnen, wobei höhere Werte auf mehr Probleme hinweisen. Von Interesse war in dieser Studie der Gesamtwert, für den Cut-off-Werte für einen grenzwertigen Bereich (14 – 16) sowie einen klinisch auffälligen Bereich (≥ 17) vorliegen. Der KINDL-R (Ravens-Sieberer, Ellert & Erhart, 2007) erfasst die gesundheitsbezogene Lebensqualität von Kindern (Elternbericht). Die 24 Items lassen sich den Bereichen Körperliches Wohlbefinden, Emotionales Wohlbefinden, Selbstwert, Wohlbefinden in der Familie, Wohlbefinden in Bezug auf Freunde/Gleichaltrige und Wohlbefinden in Schule/Kindergarten zuordnen. Es lässt sich ein Lebensqualitätsgesamtwert berechnen, der sich in Werte von 0 bis 100 transformieren lässt, wobei hohe Werte eine hohe Lebensqualität widerspiegeln. Die Reliabilitäten des KINDL-R und des SDQ waren in allen sechs Stichproben zufriedenstellend (Tabelle 1).
Statistische Analysen Für alle statistischen Tests wurde ein Alphaniveau von 5 % angenommen. Ein Prozent der Daten fehlten. Um eine Aussage über möglichst viele Familien tätigen zu können, wurden keine Fälle exkludiert. Daher kann die Stichprobengröße in den einzelnen Analysen leicht variieren. Es erfolgte keine Imputation fehlender Werte, um die Vergleichbarkeit mit bereits publizierten Ergebnissen im Rahmen des Gesamtprojekts zu ermöglichen. Ob sich nach Einführung der Programme kindliche Verhaltensauffälligkeiten in der Interventionsstadt im Kontrast zur Vergleichsstadt reduzierten, überprüften wir sowohl dimensional (SDQ-Mittelwertvergleich) als auch kategorial (Anteil der Kinder, die im grenzwertigen oder klinisch auffälligen Bereich des SDQ liegen). Die Unterschiede in der Lebensqualität der Kinder in beiden Städten zu den drei Messungen wurden ausschließlich dimensional ausgewertet, da keine kategoriale Auswertung vorgesehen ist. Die dimensionale Auswertung erfolgte für beide abhängigen Variablen (SDQ, KINDL-R) mit jeweils einer univariaten Varianzanalyse mit den Zwischensubjektfaktoren © 2016 Hogrefe Verlag
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Stadt und Messzeitpunkt. Um zusätzlich die Veränderung in beiden Städten (Interventionsstadt = IS, Vergleichsstadt = VS) über die Zeit zu vergleichen, wurde die Intergruppeneffektstärke Cohen’s d berechnet [(MIS2011 – MIS2010) – (MVS2011 – MVS2010)/SD2010gepoolt] bzw. [(MIS2012 – MIS2010) – (MVS2012 – MVS2010)/SD2010gepoolt] mit dazugehörigem 95 %Vertrauensintervall. Da wir a priori keine Hypothesen für Subskalenvergleiche aufgestellt hatten, wurden für alle Analysen ausschließlich die Gesamtwerte der Instrumente verwendet.
Ergebnisse Kindliche Verhaltensauffälligkeiten Dimensionaler Ansatz: Die Varianzanalyse ergab keine Haupteffekte für die Stadt, SDQ F (1, 1640) = 2.73, p = .099, η2 = .002, oder den Messzeitpunkt, SDQ F (2, 1640) = 0.12, p = .891, η2 = .000 und entgegen der Hypothesen gab es auch keinen bedeutsamen Interaktionseffekt zwischen Stadt und Messzeitpunkt, SDQ F (2, 1640) = 0.70, p = .498, η2 = .001 (vgl. Tabelle 1). Die Effektstärke für den Gruppenvergleich lag 2011 (im Vergleich zur Baseline 2010) bei d = -0.04 (Cl -0.21, 0.13) und 2012 (im Vergleich zur Baseline 2010) bei d = -0.17 (Cl -0.34, < 0.01) und weist auf etwas stärker abnehmende Verhaltensauffälligkeiten in der Interventionsstadt im Kontrast zur Vergleichsstadt hin. Der Effekt ist allerdings sehr klein und das Vertrauensintervall schließt die Null mit ein. Kategorialer Ansatz: Die Anteil von Kindern mit Verhaltensauffälligkeiten im grenzwertigen/auffälligen Bereich in beiden Städten zu den drei Messungen ist in Tabelle 1 dargestellt. Die beiden Städte unterschieden sich zur Baselinemessung (2010): In der Interventionsstadt wiesen etwas mehr Kinder Probleme im klinisch grenzwertigen oder auffälligen Bereich auf als in der Vergleichsstadt, 2010: χ2 (1, 569) = 4.23, p = .040, Phi = .09. Ein Jahr später (2011) gab es keine Unterschiede, χ2 (1, 604) = 0.21, p = .644, Phi = .02. Zwei Jahre später (2012) zeigte sich ein kleiner, statistisch nicht signifikanter Unterschied zwischen den Städten, χ2 (1, 473) = 0.69, p = .406, Phi = .04 (Tabelle 1). Zusätzlich wurde eine Risikoanalyse durchgeführt, um zu untersuchen, ob sich das Risiko, Verhaltensauffälligkeiten im klinisch grenzwertigen oder auffälligen Bereich aufzuweisen und in der Interventionsstadt zu leben, über den Studienverlauf reduziert. Während das relative Risiko, relevante kindliche Verhaltensauffälligkeiten vor Einführung der Maßnahmen anzugeben und in der Interventionsstadt zu leben, deutlich höher lag als in der Vergleichsstadt (2010 OR = 1.84), ist das Odds Ratio
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11 % 16 %
Migrationshintergrund (%)
58 %
Abitur/FH-Reife
Zeitschrift für Klinische Psychologie und Psychotherapie (2016), 45 (1), 14–25 .82
81.0 (9.0)
.83
14 %
7.5 (5.4)
80.8 (8.8)
.81
13 %
7.4 (5.4)
.82
1%
61 %
25 %
13 %
22 %
9%
46 %
7.5 (2.9)
2011 N = 393
Interventionsstadt
79.8 (8.7)
.83
11 %
7.2 (5.2)
.82
1%
63 %
25 %
11 %
23 %
9%
51 %
7.8 (3.0)
2012 N = 343
81.1 (8.7)
.82
8%
6.7 (5.2)
.79
2%
67 %
24 %
7%
13 %
8%
49 %
7.8 (3.0)
2010 N = 200
80.0 (9.0)
.83
12 %
6.8 (4.9)
.79
0%
66 %
27 %
7%
11 %
8%
43 %
8.2 (3.1)
2011 N = 213
Vergleichsstadt
78.5 (10.0)
.86
14 %
7.3 (5.6)
.85
1%
70 %
20 %
9%
17 %
4%
48 %
8.1 (3.0)
2012 N = 133
Anmerkungen: Kinder im klinisch grenzwertigen/auffälligen Bereich: SDQ Gesamtwert ≥ 14. Finanzielle Unterstützung umfasste Arbeitslosengeld I und II und Wohngeld. Definition Migrationshintergrund: mindestens ein Elternteil ist in einem anderen Land geboren. Das Bildungsniveau wurde erfasst über den höchsten Schulabschluss. Abkürzungen: ALG = Arbeitslosengeld; FH = Fachhochschulreife; KINDL-R = KINDL-R-Fragebogen zur Lebensqualität von Kindern und Jugendlichen; SDQ = Fragebogen zu Stärken und Schwächen.
Mittelwert (SD)
Interne Konsistenz (α)
Kindliche Lebensqualität (KINDL-R)
% im grenzwertigen/auffälligen Bereich
Mittelwert (SD)
Interne Konsistenz (α)
Verhaltensauffälligkeiten (SDQ)
1%
31 %
Realschule
Andere/Unbekannt
10 %
Hauptschule
Bildungsniveau Mutter (%)
46 %
Finanzielle Unterstützung (ALG I/II; %)
7.8 (2.9)
2010 N = 370
Geschlecht des Kindes (% Mädchen)
Alter des Kindes
Variable
Tabelle 1. Vergleich von Interventions- und Kontrollstadt hinsichtlich demographischer Angaben sowie Verhalten und Lebensqualität von Kindern
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I. Frantz & N. Heinrichs, Populationseffekte einer flächendeckenden Implementierung familienbasierter Präventionsprogramme
zwei Jahre später deutlich niedriger (2012 OR = 0.78). Diese Veränderung des Risikos ist statistisch signifikant, Tarone’s χ2 = 4.13, df = 1, p = .042.
Kindliche gesundheitsbezogene Lebensqualität Hinsichtlich der kindlichen Lebensqualität (KINDL-R) gab es ein und zwei Jahre nach der Einführung der Programme keine Unterschiede zwischen den Städten: Eine univariate Varianzanalyse ergab keinen bedeutsamen Interaktionseffekt zwischen Stadt und Messzeitpunkt, F (2, 1635) = 0.69, p = 504, η2 = .001 und auch keinen signifikanten Haupteffekt für die Stadt, F (1, 1635) = 1.90, p = .168, η2 = .001, jedoch für den Messzeitpunkt, F (2, 1635) = 4.89, p = .008, mit einer etwas geringeren Lebensqualität zu den späteren Messungen in beiden Städten. Die Größe des Effekts war jedoch klein (η2 = .006). Die Intergruppeneffektstärke für die Veränderung im Vergleich zur Baselinemessung (2010) weist zu beiden Followup-Messungen auf eine geringere Verschlechterung der Lebensqualität in der Interventionsstadt im Kontrast zur Vergleichsstadt hin: 2011 d = 0.10 (CL -0.07, 0.27), 2012 d = 0.16 (Cl -0.01, 0.33). Aber auch hier war die Größe des Effekts klein und das Vertrauensintervall der Effektstärke beinhaltet die Null.
Diskussion In der vorliegenden Studie konnten keine Interventionseffekte für die Verhaltensprobleme oder die gesundheitsbezogene Lebensqualität von Kindern auf der Ebene der Population nachgewiesen werden. Zwar liefert die Risikoanalyse einen Hinweis für Veränderungen in dem Extrem der Verteilung (klinisch grenzwertigen/auffälligen Bereich), aber Baselineunterschiede zwischen den Städten (mit weniger Kindern im grenzwertigen/auffälligem Bereich in der Vergleichsstadt) erschweren die Ergebnisinterpretation und die Effekte sind klein. Zudem wurde bei den Signifikanztests keine Adjustierung des AlphaFehlers (Bonferroni-Korrektur) vorgenommen, was zu einer Überschätzung der Anzahl signifikanter Ergebnisse geführt haben könnte. Auch ohne Baselineunterschiede zwischen den Städten konnten keine Effekte auf kindliche gesundheitsbezogene Lebensqualität nachgewiesen werden. Stattdessen gab es eine leichte Verschlechterung zum letzten Messzeitpunkt (2012) in beiden Städten. © 2016 Hogrefe Verlag
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Warum finden wir nicht den erwarteten Populationseffekt? Möglichkeit 1 unzureichende Durchdringungsrate: Wenn man davon ausgeht, dass eine ausreichend große Anzahl individueller Familien erreicht werden muss, um eine Veränderung auf Populationsebene zu erreichen, ist diese Frage zum einen abhängig von der erzielten Durchdringungsrate (Anzahl erreichter Familie in der Kommune). Wir nahmen a priori an, bei einer Durchdringungsrate von 25 % Populationseffekte zu finden. Die tatsächliche Zahl erreichter Familien lag 2012 mit 18 % (nach Fachkräfteangaben; Frantz et al., 2015) unter dieser anvisierten Zielzahl. Die Befragung der zufällig ausgewählten Familien der Population ergab eine noch geringere Teilnahmerate (5 %; Frantz et al., 2015). Dies könnte bedeuten, dass die Fachkräfte die Anzahl der von ihnen gegebenen Kurse oder Teilnehmer überschätzt haben und die Zahl der erreichten Familien zu klein war, um Populationseffekte nachzuweisen. Im Vergleich zu normativen Präventionsmaßnahmen, die die gesamte Population betreffen (Verhältnisprävention, z. B. Erhöhung der Tabaksteuer), wurde mit dem vorliegenden verhaltenspräventiven Ansatz nur ein Teil der in der Kommune lebenden Familien erreicht. Diese Schwierigkeiten in der Implementierung der Präventionsprogramme stellen sicherlich eine Barriere für das Erzielen von Populationseffekten mit Ansätzen der Verhaltensprävention dar. Auch in anderen Implementationsstudien (der Verhaltensprävention) wurden keine oder geringere Effekte bei unzureichender Durchdringung der Population gefunden (Durlak & DuPre, 2008; Forgatch, Patterson & Gewirtz, 2013; National Research Council and Institute of Medicine, 2009; Spoth et al., 2013). Möglichkeit 2 Stichprobeneffekte: Die Diskrepanz in den Teilnahmeraten zwischen den Fachkräfteangaben und dem Elternbericht könnte auch bedeuten, dass sich die Populationsstichprobe trotz der zufälligen Ziehung durch den qualitätsneutralen Ausfall und die Ablehnungen systematisch von der Teilnahmestichprobe unterscheidet. So waren die Familien, die an einem der Programme teilnahmen, sozial benachteiligter und berichteten von mehr Verhaltensproblemen als die vorliegenden Populationsstichproben (Frantz et al., 2015). Dieser Selbstselektionseffekt könnte bei den Programmteilnehmern wäre zwar wünschenswert, da diese Familien Unterstützung benötigen. Auch könnte die erfolgreiche Teilnahme vieler Familien mit erhöhtem Risiko für Schwierigkeiten an wirksamen Präventionsprogrammen langfristig zu einer Verringerung von Verhaltensproblemen auf Populationsebene führen. Dieser Selbstselektionseffekt könnte jedoch gleichzeitig bedeuten, dass in unseren Populationsstichproben der
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Interventionsstadt, in denen Familien mit geringem sozioökonomischen Status (also erhöhtem Risiko) im Vergleich zur Teilnahmestichprobe eher unterrepräsentiert waren, die Teilnahmerate an einem der Programme geringer waren als laut Fachkräfteangaben zu vermuten gewesen wäre (18 %). Wenn dies der Fall ist, würde vermutlich auch eine geringere Veränderung zu erwarten sein. Möglichkeit 3 Effektverlust durch Transfer: Zum anderen ist die Frage auch abhängig davon, wie viel Effektverlust im Rahmen des Transfers von Forschungsprogrammen in die Praxis entsteht. Möglicherweise waren die durchgeführten Kurse im Rahmen des Projekts nicht ausreichend effektiv und die untersuchte Teilnehmerstichprobe berichtete von mehr Verbesserungen als die Teilnehmer, die keine Fragebögen beantworteten. Die Qualität der angebotenen Kurse in der Interventionsstadt sollte durch Fachkräfteschulungen der Programm-Administratoren, die Verwendung standardisierter Manuale und Arbeitsmaterialien sowie kursbegleitende Supervision sichergestellt werden. Zudem wurden nur Programme ausgewählt, deren Effektivität in mindestens einer randomisiert-kontrollierten Studie nachgewiesen wurde. Nach den Fortbildungen berichteten die Fachkräfte zwar von einer gesteigerten subjektiven Beratungskompetenz im Vergleich zu vorher (Frantz & Heinrichs, 2014), die Qualität der Kurse für Familien wurde jedoch nicht evaluiert. Wir können daher nicht ausschließen, dass die fehlenden Populationseffekte auf eine unzureichende Wirksamkeit der durchgeführten Kurse in der Kommune zurückgeführt werden können. Auch andere Autoren berichten, dass evidenzbasierte Interventionen in der Praxis geringere Effekte erzielen als unter stärker strukturierten Forschungsbedingungen bzw. finden gar keine Effekte (Eisner et al., 2011). RCT scheinen also eher das Maximum einer möglichen Veränderung durch das Programm abzubilden (Beelmann & Karing, 2014). Als Gründe für die Effektverluste werden beispielsweise eine unzureichende Qualität und Dosis der Interventionen in der Routineversorgung (Duggan et al., 2004; Salmivalli & Poskiparta, 2012), erschwerende Rahmenbedingungen (z. B. begrenzte Kapazitäten der Organisationen; Forgatch et al., 2013; Little et al., 2012), gute Unterstützungsangebote in der Kontrollbedingung bzw. ein geringes Ausmaß an Problemen (Eisner et al., 2011) sowie eine unzureichende Anpassbarkeit der Programme an bestehende Strukturen in der Kommune (Little et al., 2011; Spoth et al., 2013) diskutiert (Überblick s. Glasgow & Emmons, 2007; National Research Council and Institute of Medicine, 2009). Möglichkeit 4 Unzureichende Effektivität der Programme: Eine weitere Erklärung könnte sein, dass die drei Programme generell in den Outcomemaßen der vorliegenden Untersuchung nicht durchgehend überzeugende Effekte aufweisen. So ist die Wirksamkeit der Programme
für proximale Indikatoren gut belegt (für Elterntrainings elterliches Erziehungsverhalten, für Kindertrainings soziale Informationsverarbeitung und Wissen, z. B. Beelmann, Pfost & Schmitt, 2014). Für mehr distale Erfolgsmaße, wie kindliche Verhaltensauffälligkeiten, sind die Effektstärken gerade bei den universellen Programmen jedoch geringer und weniger stabil (z. B. Beelmann et al., 2014). Zudem scheinen die erzielten Effekte teilweise informantenabhängig zu sein. Beispielsweise ergab der Erzieherbericht positive Effekte des EFFEKT-Kindertrainings auf kindliche Verhaltensprobleme, im mütterlichen Fremdbericht gab es jedoch keine Unterschiede zwischen Intervention- und Kontrollgruppe (Lösel et al., 2009). Ob die verwendeten Programme in Bezug auf mehr proximale Indikatoren auch in der vorliegenden Untersuchung positive Effekte erzielten, können wir leider nicht sagen. Das elterliche Erziehungsverhalten wurde lediglich bei einem Drittel der befragten Eltern unserer Populationsstichprobe zu zwei Messzeitpunkten (2011 und 2012; Details vgl. Frantz et al., 2015) erfasst. Da die Baslinemessung somit fehlt, wurden diese Ergebnisse nicht berücksichtigt. Möglichkeit 5 Verzögerte Implementierung: Eine weitere Erklärung könnte sein, dass die Populationseffekte sich erst später, nach unserem letzten Messzeitpunkt (2012), zeigen. Auch aufgrund von Barrieren (Frantz & Heinrichs, 2015b) verzögerte sich der Implementierungsprozess und die geplante Zahl erreichter Familien von 25 % wurde erst ein Jahr später (Fachkräfteangaben 2013) erreicht als geplant und damit erst nach unserer letzten Befragung der Populationsstichprobe. Auch andere Autoren weisen darauf hin, dass der Implementationsprozess länger dauert (etwa drei bis fünf Jahre; Bertram, Blase, Shern, Shea & Fixsen, 2011). Zudem gibt es Hinweise, dass sich proximale Faktoren (bei Elterntrainings das elterliche Erziehungsverhalten; Reduktion von Risikofaktoren wie Alkoholkonsum, Substanzkonsum) bereits früher verändern, während sich Auswirkungen auf mehr distalen Maßen (z. B. Verhaltensstörungen bei Jugendlichen) auch auf Populationsebene erst später (nach vier bis zehn Jahren) nachweisen lassen (Hawkins et al., 2009). Abschließend bleibt festzuhalten, dass wir mit der vorliegenden Studie nicht nachweisen konnten, dass der verwendete Implementationsansatz auf der Ebene der Population mit positiven Veränderungen des kindlichen Verhaltens oder der Lebensqualität assoziiert war.
Limitationen Die Studie unterliegt einigen wichtigen Einschränkungen, die bei der Interpretation der Befunde berücksichtigt werden sollten. Aufgrund des naturalistischen Designs
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der Untersuchung waren wir nicht in der Lage, für eine Reihe möglicher Störeinflüsse zu kontrollieren. Soweit es uns möglich war, haben wir die Befragung (Stichprobenziehung, Rekrutierung von Familien, Durchführung der Interviews) in beiden Städten gleich gehalten. Nichtsdestotrotz war die Kontrollbedingung entgegen unserer Erwartung nur bedingt mit der Interventionsbedingung vergleichbar. Zudem konnten nur etwa 4 % statt der geplanten 10 % der Familien beider Städte jährlich befragt werden. Gründe hierfür liegen in dem qualitätsneutralen Ausfall (viele Familien konnten beispielsweise aufgrund unbekannter Telefonnummer nicht kontaktiert werden) und in der Ablehnungsrate von etwa 50 %. Da wir davon ausgehen müssen, dass diese Ausfälle nicht zufällig waren, könnte dies die Repräsentativität der gezogenen Stichproben einschränken. Um die Teilnahmerate zu maximieren, planten wir einen qualitätsneutralen Ausfall durch Oversampling ein und kontaktierten die Familien nicht nur telefonisch sondern bei Nichterreichen auch postalisch. Zudem konnte die Teilnahme telefonisch oder schriftlich erfolgen. Die so gezogenen Stichproben waren zwar vergleichbar mit der gesamtdeutschen Bevölkerung hinsichtlich kindlicher Lebensqualität (Ravens-Sieberer et al., 2007) und mit einer Ausnahme in der Vergleichsstadt auch mit der Bevölkerung der beiden Städte hinsichtlich Arbeitslosigkeit. Jedoch waren in unseren Stichproben Personen mit geringer Bildung und Migrationshintergrund unterrepräsentiert. Dies ist ein typischer Effekt bei freiwilligen Befragungen, schränkt jedoch die Repräsentativität der Stichproben ein. Auch hinsichtlich der Teilnahmerate an einem der eingeführten Programme lag die Populationsstichprobe der Interventionsstadt 2012 (5 %) deutlich hinter der erwarteten Rate nach den Fachkräfteangaben von 18 %. Auch in anderen Befragungen stellten qualitätsneutraler Ausfall und Ablehner keine Zufallsauswahl dar (Kamtsiuris, Lange & Schaffrath Rosario, 2007). Eine weitere Einschränkung der Ergebnisse besteht in den unterschiedlichen Raten an Kindern mit Verhaltensauffälligkeiten im grenzwertigen oder auffälligen Bereich der Städte zur Baselinemessung. So war der Anteil von Kindern mit Verhaltensauffälligkeiten zur Baselinemessung (2010) in der Vergleichsstadt geringer als in der Interventionsstadt. Auch gegenüber einer repräsentativen Studie (15 %; Hölling, Erhart, Ravens-Sieberer, & Schlack, 2007) fiel die Rate verhaltensauffälliger Kinder in der Vergleichsstadt geringer aus. Möglicherweise nahm zum ersten Messzeitpunkt in der Vergleichsstadt eine selektive Stichprobe von Familien mit weniger kindlichen Verhaltensauffälligkeiten teil. Der Anstieg des Anteils verhaltensauffälliger Kinder zur zweiten und dritten Messung in der Vergleichsstadt könnte also auch einen Stichprobeneffekt abbilden und keinen wahren Anstieg in der Population. © 2016 Hogrefe Verlag
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Es ergeben sich ebenfalls Limitationen durch das methodische Vorgehen bei den Analysen. Wir haben die Telefonstichprobe nach (geographischen) Sozialbezirken ausgewählt, die Analysen erfolgten jedoch univariat ohne Berücksichtigung dieser Struktur, da die Größe der Stichproben pro Sozialraum schwankte (Range: 3 – 74). Auch haben wir nur eine Interventionsstadt und eine Kontrollstadt (also eigentlich ein N = 1 pro Bedingung), was eine viel zu kleine Stichprobe darstellt. Zudem können wir nicht ausschließen, dass in einzelnen Fällen die Voraussetzung nach Unabhängigkeit der Beobachtungen pro Stadt verletzt wurde. So kontrollierten wir nicht, ob eine Familie an mehr als einer Erhebung teilnahm. Unter Berücksichtigung der Zahl kontaktierter Familien sowie der Teilnahmeraten, gehen wir jedoch davon aus, dass es sich hierbei um Einzelfälle handelt. Hierfür sprechen auch Beobachtungen während der Erhebung: Nur sehr wenige der kontaktierten Familien gaben an, bereits im Vorjahr befragt worden zu sein. Von diesen lehnte zudem ein Teil die erneute Befragung mit Hinweis auf die vergangene Teilnahme ab. Durch den Einschluss mehrerer randomisiert zugeordneter bzw. gematchter Kontroll- und Interventionsregionen (z. B. Hawkins et al., 2009; Prinz et al. 2009) sowie einer größeren Anzahl untersuchter Personen der Zielpopulation (Hawkins et al., 2009) hätten sich eine Reihe Störvariablen reduzieren lassen können. Weiterhin würde dies zu einer Verbesserung der Repräsentativität der Stichprobe als auch der Rahmenbedingungen und somit zu einer höheren Generalisierbarkeit der Ergebnisse führen. Aufgrund der begrenzten finanziellen Kapazitäten und des Modellcharakters der vorliegenden Studie war dies jedoch nicht umsetzbar. Weitere methodische Einschränkungen ergeben sich durch die Art der Ergebnismessung (nur Elternbericht per Fragebogen). In der vorliegenden Studie erfassten wir zwar neben dem Elternbericht für einige Familien die Einschätzung von Lehrern/Erziehern und Kindern (Selbstbericht ab einem Alter von acht Jahren). Da hier jedoch nur Daten für eine kleine Substichprobe der teilnehmenden Familien vorlagen, wurde auf eine Auswertung verzichtet.
Implikationen Trotz der methodischen Schwierigkeiten liefert die Studie wichtige Erkenntnisse für die deutsche Disseminationsforschung. Ein Forschungsdesign, das eine hohe externe Validität sicherstellt und gleichzeitig eine hohe Aussagekraft besitzt, wäre hilfreich, um Erfolge und Limitationen von Disseminationsansätzen hinsichtlich Populationseffekten zu identifizieren. Bei der Planung eines solchen Evaluationsdesigns sollte unbedingt berücksichtigt werden, dass
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die Integration der Programme in die Routineversorgung circa drei bis fünf Jahre benötigt (Bertram et al., 2011). Gleichzeitig muss eine ausreichend hohe Teilnahmerate in der Population erreicht werden, beispielsweise durch Senkung von Implementationsbarrieren (vgl. Frantz & Heinrichs, 2015b). Um die kleinen bis mittleren Effektstärken von universellen Präventionsprogrammen auf der Populationsebene abbilden zu können, ist zudem eine ausreichend (1) große und (2) repräsentative Stichprobe erforderlich. Eine erfolgsversprechende – wenn auch kostenintensive – Alternative um mehr repräsentative Familien zu befragen, könnten Hausbesuche sowie Geld- und Sachgeschenke sein (Hölling, Kamtsiuris et al., 2007). Zusätzlich könnten Fragebögen in anderen Sprachen die Barriere zur Teilnahme für Familien mit Migrationshintergrund senken. Die KIGGS-Studie erzielte mit diesen Maßnahmen eine Teilnahmerate von 67 %. Auch könnte es zusätzlich hilfreich sein, Familien mit geringem sozioökonomischen Status bei der Stichprobenziehung aufzustocken, um den höheren qualitätsneutralen Ausfall bei diesen Familien auszugleichen (Kamtsiuris et al., 2007). Eine weitere Möglichkeit könnte sein, bestehende Strukturen (z. B. Schuleingangsuntersuchung) oder Statistiken für die Erfassung von Populationsparametern zu nutzen, wie in der vorliegenden Studie geplant. So beabsichtigen wir, die beiden Städte hinsichtlich der Jugendhilfestatistik zu vergleichen, die Daten liegen jedoch noch nicht vollständig vor. Hinzu kommt, dass der Prozess der Datenerhebung aufgrund begrenzter finanzieller Mittel und organisatorischer Hürden (z. B. wechselnde Ansprechpartner) eine Herausforderung darstellte. Relevante Fragestellungen für zukünftige Transferforschung sollten Faktoren für eine erfolgreiche Implementation der Programme in die bestehenden Strukturen von Kommunen identifizieren: · Wie viel und welche Art der Unterstützung für Fachkräfte auf administrativer, individueller und institutioneller Ebene ist notwendig, damit diese die Kurse regelmäßig und mit hoher Qualität durchführen? · Können die Programmmanuale auf die Anwendungspraxis übertragen werden oder ist eine Anpassung der Inhalte an den Kontext notwendig? · Welche weiteren erleichternden Bedingungen vor Ort sind gegebenenfalls notwendig, um eine ausreichend hohe Durchdringungsrate sicherzustellen? Dabei sollte in zukünftigen Untersuchungen, die Qualität und die Wirksamkeit der durchgeführten Kurse in der Praxis geprüft werden. Weitere Outcomemaße, wie Beobachtungsdaten sowie Einschätzung von Dritten (z. B. Experte, Lehrer) sollten dabei genutzt werden, um Urteilsverzerrungen zu vermeiden. Darüber hinaus sollten nicht nur das kindliches Verhalten und die Lebensqualität
erfasst werden, sondern auch mehr proximale Erfolgsmaße (wie z. B. Erziehungsverhalten bei Elterntrainings, soziale Informationsverarbeitung bei Kindertrainings), die in kontrollierten Studien stabile positive Effekte der Programme zeigten.
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Dr. Inga Frantz Universität Hamburg Klinische Psychologie und Psychotherapie Von-Melle-Park 5 20146 Hamburg inga.lena.frantz@uni-hamburg.de
Zeitschrift für Klinische Psychologie und Psychotherapie (2016), 45 (1), 14–25
Originalbeitrag
Was passiert nach dem letzten Klick? Entwicklung der Veränderungsmotivation und Symptomatik nach Abschluss eines internetgestützten Motivationsprogramms bei Essstörungen. Eine Follow-up-Studie Ruth von Brachel1, Anja Windgassen2, Katrin Hötzel1, Gerrit Hirschfeld3 und Silja Vocks2 1
Klinische Psychologie und Psychotherapie, Ruhr-Universität Bochum
2
Klinische Psychologie und Psychotherapie, Universität Osnabrück
3
Quantitative Methoden, Hochschule Osnabrück Zusammenfassung. Theoretischer Hintergrund: Bisherige Studien zeigen, dass internetbasierte Interventionen kurzfristig die Veränderungsmotivation bei Essstörungen verbessern können. Zur Stabilität dieser Effekte ist jedoch wenig bekannt. Fragestellung: Wie entwickeln sich die Veränderungsmotivation, die Essstörungspsychopathologie und das Selbstwertgefühl 8 Wochen nach Abschluss eines internetbasierten Motivationsprogramms? Methode: Neunzig Frauen bearbeiteten den Stages of Change Questionnaire for Eating Disorders, den Eating Disorder Examination-Questionnaire und die Rosenberg Self-Esteem-Scale unmittelbar (Post) sowie 8 Wochen nach Abschluss der Intervention (Katamnese). Ergebnisse: Es zeigten sich stabile Effekte in der Veränderungsmotivation sowie im Selbstwertgefühl. Zusätzlich zeigten sich in der Essstörungspsychopathologie signifikante Verbesserungen. Schlussfolgerungen: Die Studie belegt die längerfristige Wirksamkeit eines internetbasierten Motivationsprogramms für Frauen mit Essstörungen. Schlüsselwörter: Essstörung, internet-basierte Therapie, Veränderungsmotivation, Langzeit-Effekte
What Happens After the Last Click? Changes in Symptoms and Motivation to Change After Completing an Internet-Delivered Intervention to Enhance Motivation to Change in Patients With Eating Disorders Abstract. Background: Previous studies show that web-based interventions are able to enhance motivation to change in women with eating disorders in the short term; however, little is known about the stability of these effects. Objective: To investigate motivation to change, eating disorder psychopathology, and self-esteem in subjects 8 weeks after finishing a web-based motivational enhancement program. Method: In all, 90 women completed the Stages of Change Questionnaire for Eating Disorders, the Eating Disorder Examination Questionnaire, and the Rosenberg Self-Esteem Scale after the intervention (post) and at 8 weeks’ follow-up. Results: Stable effects were found for motivation to change and self-esteem. Additionally, participants showed significant improvement concerning their eating disorder psychopathology. Conclusion: This study shows the long-term effectiveness of a web-based intervention to enhance motivation in women with eating disorders. Keywords: eating disorders, Internet-delivered intervention, motivation to change, long-term effects
Mangelnde Veränderungsmotivation stellt ein großes Problem in der Behandlung der Anorexia und Bulimia nervosa dar (Casasnovas et al., 2007; Martinez et al., 2007; Rieger et al., 2000). So ist eine geringe Veränderungsmotivation ein Prädiktor für ein schlechteres Therapieergebnis (Bar-
done-Cone, 2012; Castro-Fornieles et al., 2011; Mansour et al., 2012) und mit häufigeren Therapieabbrüchen assoziiert (Bandini et al., 2006; Geller, Cockell & Drab, 2001; Masson, Perlman, Ross & Gates, 2007). Insbesondere eine höhere Motivation, das restriktive Essverhalten zu
Die vorliegende Studie wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert (VO 1750/1 – 1). Zeitschrift für Klinische Psychologie und Psychotherapie (2016), 45 (1), 26–35 DOI: 10.1026/1616-3443/a000349
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R. von Brachel et al., Veränderungsmotivation bei Essstörungen
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verändern, stellte sich als prädiktiv für Verbesserungen in der Essstörungssymptomatik heraus (Geller, Drab-Hudson, Whisenhunt & Srikamenswaran, 2004). Die geringe Änderungsmotivation von Frauen mit Anorexia und Bulimia nervosa spiegelt sich auch im Psychotherapie-Inanspruchnahmeverhalten der Betroffenen wider. Nur wenige der Betroffenen befinden sich in adäquater therapeutischer Behandlung (Hoek & van Hoeken, 2003); die meisten suchen nicht aus eigenem Antrieb professionelle Hilfe auf (Vansteenkiste, Soenens & Vandereycken, 2005; Vitousek, Watson & Wilson, 1998). Aufgrund der hohen Relevanz von Änderungsmotivation für den Behandlungsausgang bei Essstörungen und dem zumeist nur unzureichenden Vorliegen derselben wurden in den letzten Jahren im Face-to-Face-Setting bereits Interventionen zur Steigerung der Veränderungsmotivation entwickelt (Dray & Wade, 2012). Diese Programme umfassen zumeist Interventionen aus dem Motivational Interviewing (Macdonald, Hibbs, Corfield, & Treasure, 2012; Miller & Rollnick, 2002) und bieten den Betroffenen Hilfe bei der Auseinandersetzung mit ihren Ambivalenzen (d. h. den Argumenten für und gegen die Störung) sowie der Entwicklung positiver Zielperspektiven ohne die Erkrankung an (Geller & Dunn, 2011). Es handelt sich dabei um Adaptationen von Interventionen aus dem Suchtbereich, die entweder alleine oder in Kombination mit kognitiver Verhaltenstherapie eingesetzt und evaluiert wurden (Dray & Wade, 2012). Viele Studien weisen auf die Effektivität entsprechender Programme hin: Neben einem signifikanten Anstieg der Veränderungsmotivation (Allen et al., 2012; Cassin, Ranson, Heng, Brar & Wojtowicz, 2008; Dunn, Neighbors & Larimer, 2006; Feld, Woodside, Kaplan, Olmsted & Carter, 2001; Gowers & Smyth, 2004) konnten durch die eingesetzten Programme auch Verbesserungen in verschiedenen Bereichen der Essstörungspsychopathologie (z. B. Cassin et al., 2008; Allen et al., 2012) sowie der Stimmung und des Selbstwertgefühls (Feld et al., 2001) erzielt werden. Dabei scheinen Interventionen zur Steigerung der Änderungsmotivation ebenso erfolgreich zu sein wie kognitive Verhaltenstherapie (Katzman et al., 2010). Teilweise konnten die positiven Effekte bezüglich der Essstörungssymptomatik, der Stimmung und des Selbstwertgefühls auch in Katamneseuntersuchungen noch nachgewiesen werden (z. B. Dunn et al., 2006; Cassin et al., 2008). Anzumerken bleibt jedoch, dass in den vorliegenden Studien keine Vergleiche der zum Katamnese-Zeitpunkt erhobenen Werte mit den Post-Werten durchgeführt wurden, sondern nur mit den zum Prä-Zeitpunkt erfassten Werten. Eine eindeutige Bewertung der Entwicklung der Symptomatik nach Abschluss des jeweiligen Programms ist so nicht möglich. Aufgrund eines signifikanten Ergebnisses eines Prä-Katamnese-Vergleichs lässt sich keine Aussage © 2016 Hogrefe Verlag
darüber treffen, ob die Effekte auch längerfristig nach der Intervention stabil geblieben sind, es zu weiteren Verbesserungen oder gar zu erneuten Verschlechterungen seit dem Post-Zeitpunkt gekommen ist. Dies ist nur möglich, wenn neben den Prä-Daten auch die Post-Daten direkt nach Abschluss des Programms berücksichtigt werden. Zudem erfolgte zum Katamnese-Zeitpunkt keine erneute Messung der Veränderungsmotivation, so dass auch die längerfristige Effektivität bzgl. der Änderungsmotivation bisher noch nicht beurteilt werden kann. Neben der Evaluation von Interventionen zur Steigerung der Änderungsmotivation im Face-to-Face-Setting wurde in den letzten Jahren auch der Einsatz internetbasierter Interventionen zur Steigerung der Änderungsmotivation hinsichtlich seiner Wirksamkeit überprüft, da die Verwendung von Versorgungsangeboten über das Internet bei psychischen Störungen insgesamt zunehmend an Bedeutung gewinnt (Barak, Hen, Boniel-Nissim & Shapira, 2008). Bisher liegen zwei Studien vor, die die Wirksamkeit entsprechender Online-Motivationsprogramme bei Essstörungen untersuchen. Leung, Ma und Russell (2013) beschrieben infolge eines Online-Selbsthilfe-Programms signifikante Verbesserungen der Veränderungsmotivation sowie der Essstörungspsychopathologie, wobei diese Effekte auch drei Monate nach Abschluss des Programms stabil blieben. Da es sich hier jedoch um keine randomisiert-kontrollierte durchgeführte Studie handelt, können die Effekte nicht eindeutig auf die Intervention zurückgeführt werden. Hötzel et al. (2014) führten daher ihre Untersuchung zur Evaluation eines internetbasierten Programms zur Steigerung der Änderungsmotivation bei Frauen mit Symptomen einer Essstörung („ESS-KIMO“) in einem randomisiert-kontrollierten Design durch. Auch die Ergebnisse dieser ersten randomisiert-kontrollierten Studie weisen auf positive Effekte eines internetbasierten Motivationsprogramms hin (Hötzel et al., 2014). So ergaben sich signifikante Verbesserungen bezüglich Veränderungsmotivation, der Essstörungssymptomatik und des Selbstwertgefühls in der Interventions-, nicht aber in der Kontrollgruppe. Trotz der positiven Effekte des „ESS-KIMO“-Programms wurde bisher jedoch keine Überprüfung der Stabilität dieser Effekte durchgeführt. Eine Untersuchung der längerfristigen Wirksamkeit von Online-Interventionen zur Steigerung der Änderungsmotivation wäre aber von zentraler Relevanz, da gerade in den ersten sieben Monaten nach Beendigung einer Therapie ein erhöhtes Rückfallrisiko besteht (Richard, Bauer, Kordy & Cost Action B6, 2005). Genau wie im Rahmen der Face-to-Face-Interventionen zur Steigerung der Änderungsmotivation lässt sich aber auch über die längerfristige Stabilität der Effekte der internetbasierten Programme bislang keine Aussage treffen.
Zeitschrift für Klinische Psychologie und Psychotherapie (2016), 45 (1), 26–35
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R. von Brachel et al., Veränderungsmotivation bei Essstörungen
Tabelle 1. Stichprobenbeschreibung zum Zeitpunkt der Postuntersuchung Variable
N
M
SD
Alter (in Jahren)
90
27.97
8.43
BMI (kg/m2)
90
20.21
3.61
N
%
41
45.6
35
38.9
ledig
63
70.0
verheiratet
15
16.7
in einer Lebensgemeinschaft
12
13.3
Realschule
2
2.2
Gymnasium
20
22.2
Fachhochschule/Universität
48
53.3
andere
20
22.2
Variable Vorherige Behandlung wegen der Essstörungssymptomatik Familienstand
Ausbildungsgrad
Wohnsituation allein wohnend
32
35.6
bei den Eltern
18
20.2
zusammen mit Partner und/oder Kind
24
26.4
zusammen mit Freunden
16
17.8
Anmerkungen: Angegeben sind der Stichprobenumfang (N), das arithmetische Mittel (M) und die Standardabweichung (SD) bei kontinuierlichen Messungen sowie die relative Häufigkeit (%) für kategoriale Maße.
Gegenstand der vorliegenden Studie soll daher die Analyse von Katamnese-Daten (Hötzel et al., 2014) zur Überprüfung der Stabilität der positiven Effekte sein. Es wurde erwartet, dass die im Rahmen des internetgestützten Motivationsprogramms „ESS-KIMO“ erzielten Verbesserungen in der Veränderungsmotivation, der Essstörungspsychopathologie und des Selbstwertgefühls auch acht Wochen nach Abschluss der Intervention stabil bleiben. Ferner sollten sich die gefundenen Effekte vom PräZeitpunkt zum Post-Zeitpunkt auch im Vergleich des PräZeitpunkts mit dem Katamnese-Zeitpunkt finden. Des Weiteren wurde das Psychotherapie-Inanspruchnahmeverhalten der Teilnehmerinnen (Tn) acht Wochen nach Abschluss des Motivationsprogramms untersucht.
Methode Stichprobe Es wurden Ein- und Ausschlusskriterien für die Tn festgelegt und in einem Eingangsscreening anhand einer Fragebogenbatterie online (vgl. Hötzel et al., 2014) überprüft. Einschlusskriterien waren weibliches Geschlecht,
ein Alter zwischen 18 und 50 Jahren sowie ein BMI zwischen 15 und 30 kg/m2. Zudem mussten die Tn gewichtskontrollierendes Verhalten wie Diäthalten, Einnahme von Abführmitteln, exzessives Sporttreiben oder Erbrechen zeigen. Ausschlusskriterien für Tn waren das Vorliegen einer schweren Depression, selbstverletzendes Verhalten, Suizidgedanken und -handlungen, akute psychotische Symptome, dissoziative Zustände sowie eine laufende psychotherapeutische Behandlung. Die Rekrutierung der Tn erfolgte über Aufrufe in Radio, Fernsehen, Zeitungen und Zeitschriften sowie im Internet. Die in der vorliegenden Studie analysierte Stichprobe umfasste 90 Frauen, die die Prä- und Post-Untersuchungen sowie das „ESS-KIMO“-Programm durchlaufen hatten. Die Stichprobencharakteristika sind in Tabelle 1 dargestellt. Da in der vorliegenden Studie ein Prä-Katamnese und ein Post-Katamnese-Vergleich durchgeführt wurde, umfasst die Stichprobe sowohl Tn der Experimental- als auch der Wartekontrollbedingung, d. h. dass auch die Werte der Probanden aus der Wartekontrollgruppe miteinbezogen wurden, die nach acht Wochen Wartezeit das Programm durchlaufen haben und im Anschluss die Katamnese Messung gemacht haben (vgl. Hötzel et al., 2014).
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Abhängige Variablen und deren Operationalisierung Stages of Change Questionnaire for Eating Disorders (SOCQ-ED; Brachel et al. 2012) Da eine symptomspezifische Erfassung der Änderungsmotivation einer globalen Motivationserfassung überlegen zu sein scheint (Hötzel, Brachel, Schlossmacher & Vocks, 2013), wurde im Rahmen des „ESS-KIMO“-Projektes der SOCQ-ED verwendet. Der SOCQ-ED ist ein Fragebogen zur symptomspezifischen Erfassung der Veränderungsmotivation bei Anorexia und Bulimia nervosa. Mittels 13 Items wird die Veränderungsmotivation separat für verschiedene Symptombereiche (z. B. Bedeutung von Figur und Körpergewicht für das Wohlbefinden, Vermeidung von Nahrungsmitteln) erfasst. Für jedes Item stehen sieben Antwortmöglichkeiten zur Verfügung. Die ersten sechs spiegeln die sechs Phasen des Transtheoretischen Modells der Veränderung (TTM; Prochaska & DiClemente, 1983) wider („Precontemplation“, „Contemplation“, „Preparation“, „Action“, „Maintenance“ und „Termination“), die letzte Antwortmöglichkeit den Fall, dass das jeweilige Symptom noch nie für die Tn relevant war. Die Auswertung erfolgt separat für jedes Item, d. h. jeden Symptombereich, deswegen haben wir von der Berechnung interner Konsistenzen abgesehen. Eating Disorder Examination-Questionnaire (EDE-Q; Fairburn & Beglin, 1994; dt. Version von Hilbert & Tuschen-Caffier, 2006) Der EDE-Q erfasst mittels 28 Items die spezifische Essstörungssymptomatik auf den vier Subskalen Restraint, Eating Concern, Weight Concern und Shape Concern. Die Tn schätzen jeweils bezogen auf die letzten vier Wochen ein, inwieweit das jeweilige Item auf sie zutrifft. Die Antwortskala reicht von 0 = „kein Tag“ bis 6 = „jeden Tag“. Cronbachs Alpha liegt für die Subskalen in der vorliegenden Stichprobe zwischen α = 0.64 und 0.86. Rosenberg Self-Esteem Scale (dt. Version Ferring & Filipp, 1996) Die Rosenberg Self-Esteem Scale erfasst anhand von zehn Items das Selbstwertgefühl. Jedes Item verfügt über vier Antwortoptionen auf einer Skala von völliger Zustimmung bis zu völliger Ablehnung. Cronbachs Alpha liegt in der vorliegenden Stichprobe bei α = 0.88. Psychotherapie-Inanspruchnahme Zur Erfassung des Inanspruchnahmeverhaltens wurden die Tn zum Katamnese-Zeitpunkt gefragt, ob sie sich bereits um eine stationäre Therapie, eine ambulante Therapie oder eine Beratung bemüht haben bzw. ob die Absicht © 2016 Hogrefe Verlag
besteht, professionelle Hilfe aufzusuchen, aber noch keine konkreten Schritte unternommen wurden oder ob gar keine Absicht zu einer Behandlung der Essstörung besteht. Die Tn sollten die für sie zutreffende(n) Option(en) jeweils ankreuzen.
Intervention Bei „ESS-KIMO“ (Hötzel et al., 2014) handelt es sich um ein internetgestütztes Programm, das auf die Steigerung der Veränderungsmotivation sowie der Bereitschaft, psychotherapeutische Hilfe in Anspruch zu nehmen, abzielt. Das Programm umfasste sechs manualisierte Sitzungen à ca. 45 Minuten, die im wöchentlichen Rhythmus stattfanden und sich inhaltlich an dem TTM (Prochaska & Di Clemente, 1983) sowie dem Motivational Interviewing (Miller & Rollnick, 2002) orientierten. Im Sinne des Motivational Interviewing (Miller & Rollnick, 2002) sollten Diskrepanzen zwischen dem jetzigen Verhalten und den längerfristigen Zielen der Tn entwickelt werden, um so die intrinsische Veränderungsmotivation zu fördern. Die folgenden Themen wurden in den Sitzungen behandelt: (1) Einführung in die Phasen des TTM, (2) Aufdecken von Ambivalenzen bezüglich einer Veränderung, Erarbeitung von Pro- und Contra-Argumenten bezüglich der Essstörung und Verfassen eines Briefes an die Essstörung als „Freundin“ bzw. „Feindin“, (3) Identifikation der Folgen der Essstörung für die Realisierung der eigenen Lebensziele, (4) Beschreibung eines typischen Tages mit (inkl. Gedanken und Gefühlen) sowie eines möglichen Tages ohne die Essstörung, (5) Erarbeitung der derzeitigen Quellen des Selbstwerts und Kontrastierung mit den idealen Quellen Selbstwerts sowie (6) Reflexion von aktuellen Pro- und Contra-Argumenten bezüglich der Essstörung, Erhalten von Informationen über mögliche Behandlungsangebote. Im Face-to-Face-Setting erwiesen sich entsprechende Therapiebausteine bereits als effektiv (Schmidt & Treasure, 2006; Dean, Touyz, Rieger & Thornton, 2008). Jede der sechs Sitzungen lief nach der gleichen Struktur ab. Die Tn wurden begrüßt, erhielten individuelles Feedback zur vorherigen Sitzung und psychoedukativ eine Einführung in die jeweilige Sitzung. Anschließend wurden die Tn dazu angeleitet, eine dem jeweiligen Thema entsprechende Aufgabe schriftlich zu bearbeiten. Es wurde auf ein geschlossenes, interaktives Format mit individualisiertem Feedback zurückgegriffen, da sich gezeigt hat, dass ein solches Format offenen, statischen Gruppenangeboten in der Wirksamkeit überlegen ist (Barak et al., 2008). Die kurzfristige Effektivität von „ESS-KIMO“ wurde in der randomisiert-kontrollierten Studie von Hötzel et al. (2014) belegt. Die Erhebungen der für diese Un-
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tersuchung relevanten Daten erfolgte vor dem Durchlaufen des „ESS-KIMO“-Programms (Prä-Zeitpunkt), nach Abschluss des Programms (Postzeitpunkt, im Schnitt ca. nach 8 Wochen) sowie nach 8 Wochen (Katamnesezeitpunkt). Der Abstand von 8 Wochen wurde einerseits gewählt, um ungefähr den gleichen Zeitabstand vom Präbis zum Postzeitpunkt sowie vom Post- zum Katamnesezeitpunkt zu gewährleisten und um andererseits das Zeitintervall mit dem bisheriger Studien (z. B. Cassin et al., 2008; Dunn et al., 2006) vergleichen zu können.
R. von Brachel et al., Veränderungsmotivation bei Essstörungen
Ergebnisse Stichprobenmerkmale und Verteilung der Ausfälle Die demographischen Stichprobenmerkmale sind in Tabelle 1 dargestellt. Die Verteilung der Ausfälle im Verlauf der randomisiert-kontrollierten Studie sind in der Abbildung 1 zu sehen. Die Drop-out-Rate vom Prä- zum PostZeitpunkt betrug 41 % (siehe auch Hötzel et al., 2014) und vom Post- zum Katamnese-Zeitpunkt 21 %.
Statistische Analyse Gemäß den Ergebnissen unserer früheren Studie (Hötzel et al., 2014) zeigten separate ANOVAs mit Messwiederholung für die einzelnen Skalen signifikante Unterschiede zwischen den drei Zeitpunkten (alle ps <.01). Zur Überprüfung der Hypothese, dass die positiven Effekte bezüglich der Änderungsmotivation, der Essstörungspsychopathologie und des Selbstwerts acht Wochen nach Abschluss des Programms stabil blieben, wurden gepaarte t-tests zwischen den Post- und dem Katamnese-Zeitpunkt für alle Outcome-Variablen durchgeführt. Um darzustellen, dass es Veränderung in Bezug auf die Ausgangswerte gab, wurden gepaarte t-tests zwischen dem Prä- und dem Katamnese-Zeitpunkt berechnet. Diese Analysen wurden jeweils mit den Daten derjenigen Tn durchgeführt, für die Daten zum Katamnese-Zeitpunkt vorlagen (Completer). Außerdem wurde die Größe des Effektes als Effektstärke Glass’ delta [ESKat-Prä = (MWKat – MWPrä) / SDPrä; ESKat-Post = (MWKat – MWPost) / SDPrä] ausgedrückt. Das Psychotherapie-Inanspruchnahmeverhalten der Tn zum KatamneseZeitpunkt wurde rein deskriptiv untersucht. Des Weiteren wurde die Sensitivität der gepaarten ttests abgeschätzt, um zu beschreiben, welche Effekte mit dem vorliegenden Design gefunden werden können. Dazu wurde eine Power von 0.95, ein α-Fehlerniveau von 0.05 und eine Stichprobengröße von 90 zugrunde gelegt. Daraus ergibt sich, dass es mittels der vorliegenden Untersuchung möglich war, auch kleine bis mittelgroße Effekte (ES = 0.38) zu detektieren. Die Auswertung erfolgte mit dem Auswertungsprogramm SPSS (Version 21) und G*Power (Version 3.1.2). Das Signifikanzniveau wurde für alle Analysen auf p ≤ 0.05 festgelegt.
Abbildung 1. Flussdiagramm zur Stichprobenbeschreibung und Verteilung der Ausfälle im Verlauf der randomisiert-kontrollierten Studie; für die vorliegende Studie verwendete Daten sind rot markiert.
Veränderungsmotivation, Essstörungspsychopathologie und Selbstwert nach Abschluss des „ESS-KIMO“-Programms In Tabelle 2 sind die deskriptiven Kennwerte (M, SD) der Parameter der Veränderungsmotivation, der PsychoZeitschrift für Klinische Psychologie und Psychotherapie (2016), 45 (1), 26–35
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11
12
13
Gesamt
90
90
61
10
Gesamt
74
9
90
70
8
90
52
7
4
49
6
3
87
5
90
90
4
2
88
3
90
89
1
90
2
N
1
Skala
Prä
16.96
3.59
4.09
3.65
2.86
3.77
2.67
3.45
3.13
3.26
3.36
3.2
2.54
2.24
2.7
2.8
2.28
2.2
2.68
M
6.55
1.16
1.33
1.54
1.33
1.17
1.29
1.23
1.82
1.58
1.01
0.99
1.58
1.49
0.9
1.02
1.39
1.11
1.01
SD
90
90
90
90
90
90
83
48
53
58
75
68
54
54
90
90
88
88
90
N
18.54
2.88
3.38
3.08
2.4
2.68
3.13
4.15
3.91
3.91
3.76
3.78
3.3
3.33
3.32
3.41
3.16
2.86
3.23
M
Post
6.67
1.36
1.5
1.59
1.5
1.56
1.47
1.22
1.71
1.57
1.02
1.05
1.79
1.85
1.1
1.14
1.53
1.29
1.17
SD
71
72
72
72
72
72
66
40
44
48
60
59
42
40
71
72
69
71
72
N
Kat
19.15
2.63
3.1
2.84
2.06
2.52
3.58
3.98
4
4.21
3.77
3.92
3.76
3.6
3.75
3.64
3.75
3.21
3.26
M
6.57
1.38
1.57
1.64
1.39
1.63
1.64
1.27
1.66
1.41
1.01
1.13
1.64
1.61
1.13
1.18
1.63
1.28
1.19
SD
Prä-Kat
< .01
< .01
< .01
< .01
< .01
< .01
< .01
0.01
< .01
< .01
0.02
< .01
< .01
< .01
< .01
< .01
< .01
< .01
< .01
p
0.34
0.83
0.74
0.53
0.6
1.06
0.7
0.43
0.48
0.6
0.4
0.72
0.78
0.91
1.16
0.82
1.06
0.91
0.58
ES1
0.31
< .01
< .01
0.01
< .01
0.01
0.08
0.44
0.52
0.35
0.52
0.39
0.05
0.07
< .01
0.04
< .01
0.01
0.09
0.22
0.2
0.16
0.25
0.14
0.34
-0.14
0.05
0.19
0.01
0.14
0.3
0.18
0.47
0.22
0.43
0.31
0.03
ES1
Post-Kat
0.93
p
Anmerkungen: 1 Die einzelnen Skalen-Werte wurden so kodiert, dass positive Werte eine Verbesserung und negative Werte eine Verschlechterung anzeigen; ES = Effektstärke Glass’ delta, SOCQ-ED-Skalen: 1. Motivation, die Bedeutung von Figur und Gewicht für das eigene Wohlbefinden zu reduzieren; 2. Motivation, die Angst vor dem Dickwerden zu reduzieren; 3. Motivation, die Vermeidung bestimmter Nahrungsmittel aufzugeben; 4. Motivation, weniger an Nahrungsmittel und die Nahrungsaufnahme zu denken; 5. Motivation, starke Emotionen in Bezug auf das Thema „Essen“ und „Nicht-Essen“ zu reduzieren; 6. Motivation, sich bei einer Gewichtszunahme weniger Sorgen um bestimmte Körperbereiche zu machen; 7. Motivation, an Gewicht zuzunehmen; 8. Motivation, den Verzehr großer Nahrungsmengen zu reduzieren bzw. zu vermeiden; 9. Motivation, die Kontrolle über das Essen zu behalten; 10. Motivation, das restriktive Essverhalten aufzugeben; 11. Motivation, exzessive körperliche Betätigung zur Gewichtskontrolle aufzugeben; 12. Motivation, selbstinduziertes Erbrechen aufzugeben; 13. Motivation, an einer Therapie teilzunehmen; EDEQ-Skalen: 1. Restraint; 2. Eating concern; 3. Weight Concern; 4. Shape Concern; 5. Gesamtscore.
Rosenberg
EDEQ
SOCQ-ED
Fragebogen
Tabelle 2. Deskriptive Kennwerte der Outcomevariablen und Vergleiche Prä vs. Katamnese und Post vs. Katamnese
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pathologie der Essstörung und des Selbstwertgefühls zum Post- und Katamnese-Zeitpunkt sowie die Ergebnisse der gepaarten t-tests und Effektstärken berichtet. SOCQ-ED Wie Tabelle 2 zu entnehmen ist, ergaben die gepaarten t‐tests bezüglich der Veränderungsmotivation überwiegend stabile Effekte. Es zeigten sich keine signifikanten Veränderungen vom Post- zum Katamnese-Zeitpunkt in der Veränderungsmotivation hinsichtlich der meisten Symptombereiche. Die Motivation, die Angst vor dem Dickwerden zu reduzieren, die Vermeidung bestimmter Nahrungsmittel aufzugeben, weniger an Nahrungsmittel und die Nahrungsaufnahme zu denken, starke Emotionen bzgl. des Themas „Essen“ zu reduzieren und an Gewicht zuzunehmen, verbesserte sich hingegen vom Post-Zeitpunkt zur Katamnese signifikant. Gleichzeitig zeigten alle Bereiche signifikante und mittelgroße bis große Effekte beim Vergleich zwischen dem Prä- und dem KatamneseZeitpunkt. EDE-Q Sowohl für den Gesamtscore des EDE-Q als auch für die Subskalen ergab sich ein signifikanter und kleiner Unterschied zwischen den Zeitpunkten: Es kam zu einer Verbesserung der Psychopathologie bezüglich der Essstörung von der Post- zur Katamnese-Messung (s. Tabelle 2). Vergleicht man die Prä- mit der Katamnese Messung, ergeben sich sogar mittelgroße bis große signifikante Effekte. RSES Die gepaarten t-tests bzgl. des Selbstwertgefühls ergaben, wie in Tabelle 2 zu sehen ist, keine signifikanten Veränderungen vom Post- zum Katamnese-Zeitpunkt. Gleichzeitig zeigte sich eine mittelgroße signifikante Verbesserung des Selbstwertgefühls beim Vergleich zwischen dem Prä- und Katamnese-Zeitpunkt. Es konnten somit stabile Verbesserungen des Selbstwertgefühls verzeichnet werden. Inanspruchnahmeverhalten Die deskriptive Analyse des Inanspruchnahmeverhaltens ergab, dass insgesamt 63 % der Tn acht Wochen nach Abschluss des „ESS-KIMO“-Programms motiviert waren, sich um professionelle Unterstützung zu bemühen bzw. dahingehend bereits konkrete Schritte in die Wege geleitet hatten.
Diskussion Ziel der vorliegenden Studie war es, die längerfristige Wirksamkeit des internetgestützten Programms „ESS-KI-
R. von Brachel et al., Veränderungsmotivation bei Essstörungen
MO“ zur Steigerung der Änderungsmotivation bei Frauen mit Symptomen einer Essstörung zu untersuchen. Die Hypothese, dass die im Rahmen des Programms erzielten Verbesserungen auch acht Wochen nach Abschluss bestehen bleiben, konnte teilweise bestätigt werden. Bezüglich des Selbstwertgefühls und überwiegend auch in Bereichen der Veränderungsmotivation zeigten sich stabile Effekte; in anderen Bereichen der Änderungsmotivation sowie in der Psychopathologie der Essstörung kam es hingegen sogar zu weiteren signifikanten Verbesserungen. Die Ergebnisse liefern somit weitere Belege für die – auch längerfristige – Wirksamkeit von „ESS-KIMO“ im Speziellen sowie erste Belege für die längerfristige Effektivität von motivationssteigernden Interventionen bei Essstörungen im Allgemeinen. Wie eingangs beschrieben, ist insbesondere die längerfristige Effektivität motivationssteigernder Programme bei Essstörungen noch nicht ausreichend geklärt. Es liegen insgesamt nur wenige Studien vor, die eine Followup-Erhebung nach einer erfolgreichen Intervention zur Steigerung der Änderungsmotivation berichten. In Übereinstimmung mit den Ergebnissen der vorliegenden Studie konnten bereits positive längerfristige Effekte in der Veränderungsmotivation (Leung et al., 2013), der Essstörungssymptomatik – diesbezüglich sowohl im Face-to-Face-Setting (Cassin et al., 2008; Dunn et al., 2006) als auch im Online-Setting (Leung et al., 2013) – sowie in der Stimmung und dem Selbstwertgefühl (Cassin et al., 2008) infolge erfolgreicher Interventionen zur Steigerung der Änderungsmotivation verzeichnet werden. Die vorliegende Studie erweitert die bisherigen Befunde um einen Vergleich der Werte vom Postzeitpunkt zum Katamnesezeitpunkt und lässt somit eine Beschreibung der längerfristigen Entwicklung der Symptomatik und der Änderungsmotivation nach Abschluss einer motivationssteigernden Intervention zu. Ein weiterer Beleg für den klinischen Nutzen des Einsatzes internetbasierter Motivationsprogramme ergibt sich aus dem Ergebnis der deskriptiven Analyse des Inanspruchnahmeverhaltens der Tn nach Abschluss des Programms. Hier zeigten sich 63 % motiviert, sich um professionelle Hilfe zu bemühen bzw. gaben an, dahingehend bereits konkrete Schritte unternommen zu haben. Hinsichtlich des sonst sehr schlechten PsychotherapieInanspruchnahmeverhaltens bei von Essstörungen betroffenen Personen (Hoek & van Hoeken, 2003) ist dies vorsichtig als ein möglicher Hinweis auf einen weiteren Erfolg des vorliegenden Motivationsprogramms zu bewerten. Insbesondere aufgrund der hohen Prävalenzen von 10 – 15 % der Nicht Näher Bezeichneten Essstörung bei Mädchen und jungen Frauen (Kaltiala-Heino, Rissanen, Rimpelä & Rantanen, 1999; Neumark-Sztainer & Hannan, 2000) ist es sinnvoll, durch frühzeitiges Inter-
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R. von Brachel et al., Veränderungsmotivation bei Essstörungen
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venieren die Veränderungsmotivation zu fördern und somit der Verstärkung und Verfestigung der Symptomatik bzw. der Chronifizierung einer bestehenden Essstörung vorzubeugen. An dieser Stelle können internetbasierte Ansätze wie das Programm „ESS-KIMO“ mit ihren Vorteilen wie beispielsweise der Niederschwelligkeit und leichten Zugänglichkeit, der Flexibilität bzgl. Ort und Zeit und der gegebenen Anonymität (Beintner & Jacobi, 2011; Wagner & Lange, 2008) eine Brücke zum ersten Schritt in eine Face-to-Face-Therapie bilden und somit Personen mit einer noch ambivalenten Motivationslage zu einer Therapie motivieren. Bei der Interpretation der Ergebnisse sind einige Einschränkungen zu berücksichtigen. Zunächst ist hier die hohe Drop-out-Rate von 21 % (bzw. im Prä-Post-Vergleich 41 %) zu nennen. Dieser Befund stimmt jedoch mit den insgesamt hohen Drop-out-Raten von 20 – 40 % in der Behandlung von Frauen mit Essstörungen überein (Bell, 2001; Dejong, Broadbent & Schmidt, 2012). Als Prädiktoren für den Abbruch der „ESS-KIMO“-Intervention haben sich depressive Verstimmungen sowie eine stärker ausgeprägte Essstörungssymptomatik herausgestellt (von Brachel et al., 2014). Des Weiteren sollte das Vorgehen in der Auswahl der Tn kritisch diskutiert werden. Die für die Auswahl der Tn relevanten Informationen bezüglich der Essstörungssymptomatik basieren nicht auf der Anwendung klinisch-strukturierter Interviews, sondern lediglich auf Selbstauskünften der Tn, sodass keine gesicherte Diagnosestellung erfolgen kann. Durch den Einsatz klinischer Interviews würde jedoch die Niederschwelligkeit und Anonymität eines webbasierten Ansatzes verloren gehen. Darüber hinaus wurde in der vorliegenden Studie eine Stichprobe mit einem im Durchschnitt relativ hohen, im Normalbereich liegenden, BMI (M = 20.21 kg/m2; SD = 3.61 kg/m2) untersucht. Nur 22 der 90 Tn erfüllen das Gewichtskriterium der Anorexia nervosa mit einem BMI < 17.5 kg/m2 nach der ICD-10 (Dilling, Mombour & Schmidt, 2013). Da insbesondere Patientinnen mit einer Anorexia nervosa aufgrund der egosyntonen Symptomatik eine sehr geringere Veränderungsmotivation aufweisen (Blake, Turnball & Treasure, 1997; Casasnovas et al., 2007; Vitousek et al., 1998), bleibt es fraglich, ob diese Patientengruppe ebenso langfristig von der Intervention profitiert wie Frauen mit anderen Formen einer Essstörung. Der nächste Schritt könnte demnach eine Überprüfung der Effekte des Programms „ESS-KIMO“ mit einer ausreichend großen Stichprobe anorektischer Tn sein, sodass ggf. notwendige störungsspezifische Implikationen – z. B. Eingehen auf die häufig mit einer Anorexia nervosa einhergehenden zwanghaften Verhaltensweisen und Gedanken bezogen auf Nahrung und Nahrungsaufnahme (DSM-V; American Psychiatric Association, 2013) – identifiziert werden können. Ein weiterer Kritikpunkt ist, dass © 2016 Hogrefe Verlag
die Länge der Symptomatik nicht erfasst wurde. Es ist möglich, dass die Chronizität der Essstörung einen moderierenden Einfluss auf den längerfristigen Erfolg des „ESS-KIMO“-Programms hatte. So könnten besonders ältere Probandinnen schon sehr lange von der Symptomatik betroffen sein. Auch wenn in der Studie Frauen bis zu 50 Jahren teilnehmen durften, ist das durchschnittliche Alter der Probandinnen dieser Studie mit 28 Jahren typisch für eine erwachsene Patientengruppe mit Essstörungen (vgl. z. B. Katzman et al., 2010). Das Inanspruchnahmeverhalten wurde nur zum Katamnesezeitpunkt erfasst und deswegen sind die Ergebnisse diesbezüglich mit großer Vorsicht zu interpretieren. Es bleibt unklar, wie viele der Probandinnen sich auch schon vor dem Beginn des „ESS-KIMO“- Programms um professionelle Hilfe bemüht hatten. Auch wenn eine laufende Psychotherapie eines der Ausschlusskriterien für eine Teilnahme war, ist es möglich, dass Probandinnen bereits auf Wartelisten von Psychotherapeuten oder für eine andere Form der Behandlung standen und das Inanspruchnahmeverhalten nicht durch das Programm gefördert wurde. Möglicherweise nehmen Frauen, die bereit sind an einem Online-Programm teilzunehmen, auch eher anderen Formen professioneller Hilfe in Anspruch. Betrachtet man zusätzlich das Item 13 des SOCQ-ED („Motivation, an einer Therapie teilzunehmen“), so zeigt sich, dass das Programm im Vergleich des Prä-Zeitpunkts mit dem Post-Zeitpunkt erfolgreich war (Hötzel et al., 2014) und die Probandinnen, an Therapiemotivation hinzugewannen. Diese Motivation hat sich dann bis zum Katamnesezeitpunkt nicht mehr verändert. Aussagen über den Einfluss des Programms auf das konkrete Inanspruchnahmeverhalten sind somit aber schwer zu treffen. Letztlich bleibt der relativ kurze Katamnese-Zeitraum zu diskutieren. In Anbetracht der Tatsache, dass Motivation ein stark fluktuierendes Konstrukt ist (Treasure & Schmidt, 2001), erscheint ein Follow-up-Zeitraum von zwei Monaten jedoch ausreichend, um eine erste Bewertung der Stabilität der Effekte zu treffen. Um eine wirklich langfristige Entwicklung der Essstörungssymptomatik und Veränderungsmotivation beurteilen zu können, sollten in folgenden Untersuchungen weitere Follow-upMessungen erfolgen. Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass in der vorliegenden Studie erstmals eine Überprüfung der Stabilität der Effekte eines Online-Programms zur Steigerung der Veränderungsmotivation bei Essstörungen vorgenommen wurde, bei der ein Vergleich der Kennwerte zum Post-Zeitpunkt mit denen zum Katamnese-Zeitpunkt erfolgte, sodass eine direkte Beurteilung der weiteren Entwicklung der Veränderungsmotivation und der Essstörungssymptomatik nach Abschluss des Programms möglich ist. Die Befunde bestätigen die längerfristige Wirk-
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samkeit webbasierter Programme zur Motivationssteigerung bei Essstörungen und sprechen dafür, eine solche niederschwellige Intervention Personen mit einer Essstörung, die noch ambivalent hinsichtlich der Aufgabe ihrer Symptomatik sind, zugänglich zu machen.
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Zeitschrift für Klinische Psychologie und Psychotherapie (2016), 45 (1), 26–35
Originalarbeit
Therapeutenbegleitete und patientengeleitete Exposition bei Panikstörung mit Agoraphobie Eine Studie zur Einsatzhäufigkeit und Effektivität in der Routineversorgung Timo Klan1, Malte Persike2 und Wolfgang Hiller1 1 2
Psychologisches Institut, Abteilung Klinische Psychologie und Psychotherapie, Johannes Gutenberg-Universität Mainz Psychologisches Institut, Abteilung Methodenlehre und Statistik, Johannes Gutenberg-Universität Mainz Zusammenfassung. Theoretischer Hintergrund: Die Exposition gilt als hoch wirksames Therapieelement in der Behandlung der Panikstörung mit Agoraphobie. Es ist jedoch weitgehend unklar, wie häufig und mit welchen Effekten verschiedene Modalitäten der Exposition (therapeutenbegleitet vs. patientengeleitet) in der Routineversorgung durchgeführt werden. Fragestellung: Es sollen Häufigkeit und Wirksamkeit der verschiedenen Durchführungsmodalitäten von Exposition in der Routinebehandlung der Panikstörung mit Agoraphobie untersucht werden. Methode: Bei N = 93 konsekutiven Patienten einer Hochschulambulanz mit der Hauptdiagnose Panikstörung mit Agoraphobie wurden Prä-Post-Veränderungen der Angstsymptomatik in Abhängigkeit von verschiedenen Expositionsmodalitäten erfasst. Die Auswirkungen von therapeutenbegleiteter und patientengeleiteter Exposition wurden getrennt für In-vivo-Exposition und interozeptive Exposition (IE) untersucht. Ergebnisse: Mit einer Kombination aus therapeutenbegleiteter und patientengeleiteter Exposition ließen sich tendenziell die besseren Therapieergebnisse erzielen, dieser Effekt ließ sich sowohl für die In-vivo-Exposition als auch für die IE nachweisen. Schlussfolgerung: Nach Möglichkeit sollten In-vivo-Exposition sowie IE sowohl therapeutenbegleitet als auch zusätzlich patientengeleitet (als selbständige Hausaufgabe) durchgeführt werden. Schlüsselwörter: Exposition, Panikstörung, Agoraphobie, therapeutische Hausaufgabe, naturalistische Therapiestudie
Effectiveness of Therapist-Guided Exposure and Programmed Self-Exposure in the Outpatient Treatment of Panic Disorder With Agoraphobia Abstract. Background: Exposure is highly effective for panic disorder with agoraphobia (PD/AG). However, the role of different means of delivery of exposure (therapist-guided exposure and programmed self-exposure) still needs further clarification. Objective: We examined the frequency and effectiveness of therapist-guided exposure and programmed self-exposure in cognitive behavioral therapy for PD/AG in a university outpatient clinic. Method: Anxiety symptoms were assessed in a sample of N = 93 consecutive patients with PD/AG before and after treatment, depending on the means of delivery of exposure. We measured the effects of the different means of delivery both for exposure in vivo and for interoceptive exposure (IE). Results: A combination of therapist-guided exposure and programmed self-exposure tends to result in a better outcome. This effect was shown both for exposure in vivo and for IE. Conclusion: Therapist-guided exposure and self-exposure (exposure as a homework assignment) should be applied in combination if possible. Keywords: exposure, panic disorder, agoraphobia, homework assignment, effectiveness study
Die Exposition gilt als hoch wirksames, zentrales Behandlungselement in der Kognitiven Verhaltenstherapie (KVT) der Angsterkrankungen (Abramowitz, 2013). Lang, Helbig-Lang und Petermann (2009) kommen in ihrem Review zur Wirksamkeit von Therapieelementen bei Panikstörung mit Agoraphobie zu dem Schluss, dass die In-
vivo-Exposition tendenziell anderen Ansätzen gegenüber überlegen ist und „allein die Kombination aus Kognitiver Therapie und Exposition noch wirksamer ist als reine Exposition in-vivo“ (S. 167). Auch im naturalistischen Setting der Routinebehandlung dieser Störung zeigte sich die Überlegenheit von In-vivo-Exposition gegenüber anderen
Zeitschrift für Klinische Psychologie und Psychotherapie (2016), 45 (1), 36–48 DOI: 10.1026/1616-3443/a000348
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T. Klan et al., Therapeutenbegleitete und patientengeleitete Exposition bei Panikstörung mit Agoraphobie
Behandlungselementen wie z. B. kognitive Therapie oder Entspannungstraining (Klan & Hiller, 2014). Die interozeptive Exposition (Konfrontation mit internalen Reizen durch Provokation körperlicher Symptome) wird ebenfalls als wichtige Behandlungskomponente im Rahmen der KVT der Panikstörung angesehen (American Psychiatric Association, 2009; McHugh, Smits & Otto, 2009). Zwar ist die empirische Befundlage zur Wirksamkeit der interozeptiven Exposition (IE) weniger eindeutig als bei der In-vivo-Exposition, dennoch ist davon auszugehen, dass sich auch die IE tendenziell positiv auf das Therapieergebnis auswirkt (Lang et al., 2009). Es liegen zudem einige Studien zur spezifischen Wirksamkeit verschiedener Formen bzw. Inhalte der IE vor. Beim Vergleich einer intensivierten Form der IE (Wiederholung von Hyperventilationsübungen bis zum deutlichen Nachlassen der subjektiven Gefahreneinschätzung) mit gängigeren Formen der IE (sog. niedrig-Dosis IE mit begrenzter Anzahl von Durchgängen an Hyperventilation mit/ohne zusätzliche Atemübungen im Anschluss an die Hyperventilation) konnte im experimentellen Setting eine deutliche Überlegenheit der intensivierten IE bei der Angstreduktion gezeigt werden (Deacon et al., 2013). Als besonders angstauslösend für Patienten mit Panikstörung mit Agoraphobie erwiesen sich im Rahmen einer kontrollierten Multicenter-Studie („Mechanisms of Action in CBT [MAC]“; Gloster et al., 2009) die drei Übungen Drehen, Strohhalmatmung und Hyperventilieren (Westphal et al., 2015). Hierbei konnten mit den erwähnten drei Übungen auch die stärksten Therapieeffekte im Sinn einer Angstreduktion erzielt werden. In der o.g. Studie von Klan und Hiller (2014) zur Wirksamkeit von Behandlungselementen in Routinetherapien bei Panikstörung und Agoraphobie konnten mit IE zumindest moderate Effekte beobachtet werden.
Die Realität der Versorgungspraxis Einige Studien weisen darauf hin, dass Expositionsverfahren – in Diskrepanz zu ihrer empirisch nachgewiesenen hohen Wirksamkeit – relativ wenig bzw. nicht konsequent in der Praxis der psychotherapeutischen Routineversorgung zum Einsatz kommen (Böhm, Förstner, Külz & Voderholzer, 2008; Roth, Siegl, Aufdermauer & Reinecker, 2004). Es ist bislang noch nicht klar, von welchen Faktoren der Einsatz von Expositionen abhängt. Olatunji, Deacon und Abramowitz (2009) diskutieren negative Einstellungen gegenüber der Expositionsmethode bei den Therapeuten als relevanten Faktor. Klan, Jasper und Hiller (in Druck) konnten an einer naturalistischen Stichprobe bei Patienten mit Agoraphobie zeigen, dass das Aus© 2016 Hogrefe Verlag
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maß der Angstsymptomatik (insbesondere agoraphobisches Vermeidungsverhalten) zu Therapiebeginn mit dem Einsatz von In-vivo-Exposition positiv korreliert. Bei höherer Angstsymptomatik werden eher und mehr In-vivoExpositionen durchgeführt. Die gefundenen Zusammenhänge waren allerdings relativ gering.
Therapeutenbegleitete und patientengeleitete Exposition In gängigen Manualen zur Angstbehandlung (z. B. Lang, Helbig-Lang, Westphal, Gloster & Wittchen, 2012) und in Lehrbüchern (z. B. Hand, 2011; Margraf & Schneider, 2009) wird empfohlen, zusätzlich oder alternativ zu therapeutenbegleiteten Expositionen auch Expositionsübungen vom Patienten als selbständige Hausaufgabe zwischen den Therapiesitzungen (patientengeleitete Exposition) durchführen zu lassen. Hausaufgaben in der Psychotherapie gelten generell als „Standardtechnik mit hohem Potenzial“ (Fehm & Helbig-Lang, 2009). Unter lerntheoretischen Aspekten ist es selbstverständlich sinnvoll, neue Erlebens- und Verhaltensweisen in verschiedenen Kontexten zu üben und somit auch Hausaufgaben systematisch in die Therapiegestaltung zu integrieren (Fehm & Helbig-Lang, 2009). Insbesondere auch vor dem Hintergrund des Inhibitionslernens als Wirkmodell der Exposition (Craske, 2015; Craske, Treanor, Conway, Zbozinek & Vervliet, 2014) erscheint die Durchführung von Expositionsübungen sowohl mit als auch ohne Therapeutenbegleitung als sinnvoll. In einer Metaanalyse zu Hausaufgaben in der KVT konnte gezeigt werden, dass die Integration von Hausaufgaben generell einen positiven Effekt auf das Therapieergebnis hat (Kazantzis, Deane & Ronan, 2000). Die empirische Befundlage zu spezifischen Effekten verschiedener Arten der Expositionsbehandlung respektive verschiedener Arten von Hausaufgaben bei Panikstörung mit Agoraphobie ist jedoch noch ausbaufähig. Schmidt und Woolaway-Bickel (2000) zeigten, dass im Rahmen einer manualisierten Gruppentherapie (KVT) bei Panikstörung die von Therapeuten eingeschätzte Qualität der Hausaufgabenerledigung ein stärkerer Prädiktor für den Therapieerfolg als die Quantität der durchgeführten Hausaufgaben war. Cammin-Nowak et al. (2013) konnten im Rahmen von Datenauswertungen der MAC-Studie (Gloster et al., 2009) feststellen, dass in einer manualisierten, therapeutische Hausaufgaben beinhaltenden KVT von Patienten mit Panikstörung mit Agoraphobie die Compliance mit den verordneten Hausaufgaben ein wichtiger Prädiktor für das Therapieergebnis war. In Übereinstimmung mit der Studie von Schmidt und Woolaway-Bickel (2000) zeigte sich, dass die Qualität der Hausaufgabenerledigung
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T. Klan et al., Therapeutenbegleitete und patientengeleitete Exposition bei Panikstörung mit Agoraphobie
eine größere Relevanz für den Therapieerfolg als die Quantität der Hausaufgaben hat (Cammin-Nowak et al., 2013). Als Inhalt der Hausaufgabe erwies sich die In-vivoExposition als besonders wirksam, die Effekte von IE und Selbstbeobachtungen/-reflexionen als Hausaufgabe waren deutlich geringer (Cammin-Nowak et al., 2013). Ein weiterer Aspekt ist die Frage, inwieweit Therapien wirksam sind, in denen auf therapeutenbegleitete Expositionsübungen ganz verzichtet wird und in denen Expositionen ausschließlich in Form von selbständigen Hausaufgaben (patientengeleitet) durchgeführt werden. Hand, Angenendt, Fischer und Wilke (1986) konnten im Rahmen einer ausführlichen Analyse verschiedener Formen der Exposition (Einzeltherapie vs. Gruppentherapie vs. Selbsthilfetraining) bei Agoraphobie zeigen, dass das ursprünglich von Mathews, Teasdale, Munby, Johnston und Shaw (1977) entwickelte, nur patientengeleitete Expositionen beinhaltende Selbsthilfetraining in seinen Effekten mit der Wirkung von therapeutenbegleiteter Einzelund Gruppentherapie gleichwertig ist. In neueren Untersuchungen (Gloster et al., 2011; Lang, Helbig-Lang, Gloster et al., 2012) im Rahmen der MAC-Studie (Gloster et al., 2009) zu Behandlungseffekten von Exposition bei Panikstörung mit Agoraphobie erwies sich die therapeutenbegleitete Exposition gegenüber der rein patientengeleiteten Exposition hingegen tendenziell als wirksamer, was vermutlich auch auf eine höhere Durchführungshäufigkeit von Expositionshausaufgaben zurückzuführen ist. Zusammengefasst kann die In-vivo-Exposition als hoch wirksames Element in der Behandlung der Panikstörung mit Agoraphobie angesehen werden, hierbei empfiehlt sich vermutlich die Durchführung sowohl in Begleitung eines Therapeuten als auch die zusätzliche Durchführung von In-vivo-Expositionen im Rahmen von eigenständigen Übungen zwischen den Therapiesitzungen (patientengeleitete Exposition). Auch die IE dürfte eine wirksame Behandlungskomponente darstellen. In der Versorgungspraxis werden Expositionsübungen nicht immer durchgeführt. Es ist noch nicht klar, in welchem Ausmaß die verschiedenen Formen bzw. Modalitäten der Expositionsbehandlung (IE und In-vivo-Exposition, therapeutenbegleitet und/oder patientengeleitet) in der Routineversorgung von Angstpatienten zum Einsatz kommen und welche Wirkung sie jeweils entfalten. Ziel dieser Studie ist es, (a) die Einsatzhäufigkeit der unterschiedlichen Durchführungsmodalitäten von Exposition (therapeutenbegleitet und/oder patientengeleitet) jeweils für die IE und die In-vivo-Exposition in der Routinebehandlung der Panikstörung mit Agoraphobie einzuschätzen und (b) die jeweilige Wirksamkeit der unterschiedlichen Durchführungsmodalitäten von Exposition zu beurteilen.
Methode Setting und Stichprobe Die Studie basiert auf Daten von Patienten, die in der Poliklinischen Institutsambulanz für Psychotherapie der Johannes Gutenberg-Universität Mainz verhaltenstherapeutisch im Rahmen der Routineversorgung behandelt wurden. Die Poliklinische Institutsambulanz ist eine sowohl für die Psychotherapieausbildung als auch für Forschung und Lehre ermächtigte, zertifizierte Hochschulambulanz. Die Therapien werden überwiegend von Psychologen in fortgeschrittener Therapieausbildung unter regelmäßiger Supervision (planmäßig jede vierte Therapiestunde) durchgeführt. Ein weiterer Teil der Therapien wird von bereits approbierten Psychotherapeuten durchgeführt. Die Stichprobe besteht aus N = 93 konsekutiven Patienten, die in den Jahren 2004 bis 2014 in der Institutsambulanz behandelt wurden. Einschlusskriterien waren (a) die Hauptdiagnose „Panikstörung mit Agoraphobie“ nach DSM-IV, (b) die reguläre Beendigung der Psychotherapie (Einschätzung durch den Therapeuten), (c) mindestens ein pathologischer Anfangswert auf einer der 4 Skalen des Fragebogen zu körperbezogenen Ängsten, Kognitionen und Vermeidung, AKV (Ehlers & Margraf, 2001). Hierbei wurden die folgenden Skalenwerte als pathologisch klassifiziert (Hiller, Schindler, Andor & Rist, 2011): Mobilitäts-Inventar, Vermeidung allein (MIA) ≥ 1.93; Mobilitäts-Inventar, Vermeidung in Begleitung (MIB) ≥ 1.50; angstbezogene Kognitionen (ACQ) ≥ 1.61; Angst vor körperlichen Symptomen (BSQ) ≥ 2.10. Die Stichprobe rekrutiert sich zum Teil aus der Stichprobe einer vorangegangenen Studie zur Wirksamkeit einzelner Therapieelemente bei Panikstörung und Agoraphobie (Klan & Hiller, 2014), die von 2004 bis 2011 behandelte Patienten umfasst. Aus der von den Einschlusskriterien her etwas weiter gefassten Stichprobe mit N = 104 Patienten (eingeschlossen waren auch Patienten mit „Panikstörung ohne Agoraphobie“ und mit „Agoraphobie ohne Panikstörung“ sowie Patienten, die die Behandlung abgebrochen hatten) wurden gemäß der o.g. Einschlusskriterien zunächst n = 69 Patienten ausgewählt. Diese Stichprobe wurde mit n = 24 neuen Patienten (ab 2011 bis 2014 behandelt und die Einschlusskriterien dieser Studie erfüllend) aufgestockt, so dass sich eine neue Gesamtstichprobe von N = 93 Patienten ergab.
Studiendurchführung Im Rahmen des routinemäßigen Evaluationssystems der Institutsambulanz werden Messungen bei der Anmel-
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T. Klan et al., Therapeutenbegleitete und patientengeleitete Exposition bei Panikstörung mit Agoraphobie
dung, bei Therapiebeginn, während der Therapie (planmäßig jede 5. Sitzung) sowie 6 und 12 Monate nach Therapieende durchgeführt. Die Diagnosestellung erfolgte in der probatorischen Phase mit dem Strukturierten Klinischen Interview (SKID; Wittchen, Zaudig & Fydrich, 1997) oder nach den Internationalen Diagnosen-Checklisten (IDCL; Hiller, Zaudig & Mombour, 1997). Die in der Institutsambulanz durchgeführten Therapien sollen sich an den aktuellen, wissenschaftlich anerkannten und im Rahmen der Therapieausbildung vermittelten verhaltenstherapeutischen Standards und Methoden orientieren. Der Einsatz eines bestimmten Behandlungsmanuals ist nicht verpflichtend vorgeschrieben, aus diesem Grund ist eine gewisse Variabilität im Einsatz von Therapieelementen erwartbar. Mittels eines bereits in der Studie von Klan und Hiller (2014) eingesetzten Klassifikationsschemas wurden die archivierten Patientenakten der Stichprobe nachträglich im Hinblick auf durchgeführte Expositionsübungen bewertet. Analysiert wurde, ob interozeptive und/oder In-vivo-Expositionsübungen durchgeführt worden waren. Berücksichtigt wurden sowohl therapeutenbegleitete Expositionen (Expositionsübungen, die während der Therapiesitzung durchgeführt worden waren) als auch vom Patienten selbständig als Hausaufgabe (also zwischen den Therapiesitzungen) durchgeführte Expositionsübungen (patientengeleitete Expositionen). Die Einschätzung erfolgte anhand der Dokumentation der Therapiestunden, anhand der Epikrise sowie anhand ausgefüllter Arbeitsblätter. Bei der Einschätzung, ob jeweils eine Expositionsübung durchgeführt worden war, wurde konservativ vorgegangen. Es musste aus der Dokumentation klar ersichtlich sein, dass eine Expositionsübung durchgeführt worden war. Notizen des Therapeuten wie z. B. „Der Pat. berichtete, wieder ohne Angst mit dem Bus gefahren zu sein“, wurden per se nicht als Exposition gewertet, während Notizen wie z. B. „Der Pat. übte am Wochenende wie besprochen Busfahren ohne Begleitung, hierbei ließ die Angst von anfangs 8 auf zum Schluss 2 nach“ als „patientengeleitete In-vivo-Exposition“ gewertet wurden. Als IE wurden alle Formen der gezielten Konfrontation mit internen, körperbezogenen Stimuli gewertet (gezielte Induktion körperlicher Symptome durch z. B. die Drehstuhlübung, Hyperventilieren, Strohhalmatmung). Expositionsübungen, die während der therapeutischen Sitzungen durchgeführt worden waren, wurden immer als „therapeutenbegleitete Exposition“ gewertet, unabhängig davon, wie lange der Therapeut während der Übungen tatsächlich in Gegenwart des Patienten anwesend war. Zur Überprüfung der Reliabilität der Aktenanalyse wurde die beschriebene Klassifikation an einem substantiellen Teil der Stichprobe von einer zweiten qualifizierten Person durchgeführt, die über die Vorklassifikation © 2016 Hogrefe Verlag
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durch den Erstbewerter nicht informiert war. Das Merkmal „Exposition durchgeführt“ wurde dabei jeweils auf einer dichotomen Skala (ja/nein) beurteilt. Für die vier möglichen Expositionsanwendungen ergaben sich die folgenden Übereinstimmungsmaße: therapeutenbegleitete IE: Prozentuale Übereinstimmung (PÜ) = 94.6 %, [χ² (1, N = 37) = 28.436, p < .001], Cohens κ = .88; patientengeleitete IE: PÜ = 89.2 %, [χ² (1, N = 37) = 19.924, p < .001], Cohens κ = .73; therapeutenbegleitete In-vivo-Exposition: PÜ = 94.6 %, [χ² (1, N = 37) = 28.549, p < .001], Cohens κ = .87; patientengeleitete In-vivo-Exposition: PÜ = 91.9 %, [χ² (1, N = 37) = 20.957, p < .001], Cohens κ = .72. Die so ermittelten κ-Werte können als gut (κ = .6 bis .75) bis sehr gut (κ > .75) bewertet werden (Wirtz & Caspar, 2002), so dass die Reliabilität der erfolgten Aktenanalyse als insgesamt gut bis sehr gut beurteilt werden kann. Ergänzend wurde die Anzahl der durchgeführten Expositionssitzungen (therapeutenbegleitete Exposition) erfasst. Die Häufigkeit der Durchführung von patientengeleiteten Expositionsübungen ließ sich retrospektiv nur schwer bzw. nicht rekonstruieren, weswegen hier auf eine Kodierung verzichtet werden musste.
Messinstrumente Als Outcome-Maße für den Therapieerfolg wurden – als zentrale Parameter der Angstsymptomatik – das agoraphobische Vermeidungsverhalten, angstbezogene Kognitionen sowie die Angst vor körperlichen Symptomen ausgewählt. Diese wurden über die Patientenselbsteinschätzungen in den Skalen Mobilitäts-Inventar (MI), ACQ und BSQ des AKV (Ehlers & Margraf, 2001) erfasst. In der Skala ACQ werden 14 angstbezogene Kognitionen (z. B. „Ich werde einen Herzanfall bekommen“) hinsichtlich ihrer Häufigkeit des Auftretens bei Angstzuständen jeweils auf insgesamt 5 Stufen („nie“ bis „immer“) eingeschätzt. In der Skala BSQ werden 17 körperliche Symptome (z. B. „Herzklopfen“) jeweils im Hinblick darauf eingeschätzt, wie stark diese Angst auslösen (auf 5 Stufen von „gar nicht“ bis „extrem“). Das MI besteht aus den Subskalen MIA und MIB. Es wird für beide Subskalen hinsichtlich 26 bzw. 27 Situationen (z. B. „Supermärkte“) angegeben, wie häufig die jeweiligen Situation vermieden werden (auf 5 Stufen von „vermeide niemals“ bis „vermeide immer“). Ehlers und Margraf (2001) fanden in Studien zur Bestimmung der Validität der Skalen des AKV hochsignifikante Korrelationen mit anderen Fragebögen zur Erfassung von Angst (z. B. Trait Version des State-Trait-Angst-Inventar). Auch weisen die Skalen des AKV nach Ehlers und Margraf (2001) eine zufriedenstellende bzw. gute interne Konsistenz auf (Cronbachs α: ACQ = .79; BSQ = .87; MIA = .96; MIB = .96). In unserer Stichprobe ergab sich eine gute bis
Zeitschrift für Klinische Psychologie und Psychotherapie (2016), 45 (1), 36–48
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T. Klan et al., Therapeutenbegleitete und patientengeleitete Exposition bei Panikstörung mit Agoraphobie
sehr gute interne Konsistenz (Cronbachs α: ACQ = .81; BSQ = .87; MIA = .94; MIB = .95).
Statistische Auswertungsstrategien Die Durchführungsmodalität der Exposition beinhaltet nach dem oben erwähnten Klassifikationsschema grundsätzlich vier mögliche Faktorstufen: (i) keine Exposition durchgeführt, (ii) Exposition ausschließlich patientengeleitet (als selbständige Hausaufgabe) durchgeführt, (iii) Exposition ausschließlich therapeutenbegleitet durchgeführt, (iv) Exposition in Kombination (therapeutenbegleitet und zusätzlich patientengeleitet) durchgeführt. Da in nur n = 4 Fällen eine ausschließlich therapeutenbegleitete In-vivoExposition durchgeführt wurde, wurde Faktorstufe iii nicht in die Analyse der Therapieeffekte von In-vivo-Exposition aufgenommen. Gleiches gilt für die Variante, dass IE ausschließlich patientengeleitet durchgeführt wurde. Diese Variante kam unter den Stichprobenteilnehmern nicht vor (Variante ii, n = 0), weswegen auch hier nur drei Faktorstufen berücksichtigt wurden. Wegen Hinweisen auf nicht homogene Varianzen im Levene-Test wurde zugunsten eines Kruskal-Wallis H-Test auf eine Varianzanalyse verzichtet. Zur gezielten Beurteilung der spezifischen Effekte von patientengeleiteter und therapeutenbegleiteter Exposition wurden Welch-korrigierte t-Tests berechnet. Da sich ein Muster an höheren Therapieeffekten durch eine Kombinationsbehandlung (therapeutenbegleitete und patientengeleitete Exposition) zeigte, die statistischen Tests jedoch zum Teil knapp nicht signifikant waren, wurden der Kruskal-Wallis H-Test sowie die Einzelvergleiche (t-Tests) zusätzlich in einer ausreißerkontrollierten Stichprobe durchgeführt. Hierbei wurden Patienten, deren Wert auf mindestens einer Skala oberhalb des 3-fachen Interquartilabstands lag, als Ausreißer klassifiziert (vgl. Tukey, 1977). Es wurden so n = 4 Patienten ausgeschlossen. Zur Einschätzung der Behandlungseffekte unter den verschiedenen Bedingungen wurden neben Prä-Post-Vergleichen der Mittelwerte zusätzlich Prä-Post-Effektstärken (Cohen’s d) berechnet.
Ergebnisse Beschreibung der Stichprobe und der Behandlung Die Basisdaten der Stichprobe sind in Tabelle 1 dargestellt. Die Mehrheit der Patienten war weiblich (69 %), in
fester Partnerschaft (78 %) und absolvierte eine LangzeitTherapie (68 %). Wie in Tabelle 2 gezeigt, wurde IE meistens nur im Rahmen der Therapiesitzung (therapeutenbegleitet) durchgeführt (42 %). Eine Kombination aus therapeutenbegleiteter und patientengeleiteter IE wurde in lediglich 25 % der Fälle realisiert. Der Fall, dass ausschließlich patientengeleitete IE durchgeführt wurde (also IE als selbständige Hausaufgabe ohne zusätzliche therapeutenbegleitete IE erfolgte), kam nicht vor. In-vivo-Exposition wurde meistens sowohl in Begleitung des Therapeuten als auch zusätzlich als selbständige Hausaufgabe durchgeführt (65 %). Der Fall, dass ein Patient In-vivo-Exposition ausschließlich als selbständige Hausaufgabe durchführte, kam mit 17 % relativ selten vor. In 33 % (IE) bzw. in 14 % (In-vivo-Exposition) der Fälle wurde weder eine therapeutengeleitete noch eine patientengeleitete Exposition durchgeführt. In Tabelle 3 sind zudem die Häufigkeiten der verschiedenen Kombinationsmöglichkeiten von IE mit In-vivoExposition in den Behandlungen unserer Stichprobe dargestellt. Es besteht ein signifikanter Zusammenhang zwischen der Anwendung von IE und In-vivo-Exposition [χ² (1, N = 93) = 5.410, p = .020], der Zusammenhang ist allerdings relativ gering (Phi = .241). In 61 % der Fälle absolvieren die Patienten beide Varianten der Exposition (IE und In-vivo-Exposition), während 30 % nur eine der beiden Varianten durchführen.
Behandlungseffekte durch IE Die Prä-/Post-Mittelwerte, Standardabweichungen und Effektstärken sind in Tabelle 4 aufgeführt. Im Hinblick auf eine Reduktion agoraphobischen Vermeidungsverhaltens konnten die quantitativ größten Therapieeffekte mit der Kombination aus therapeutenbegleiteter und patientengeleiteter IE erzielt werden (d = 1.33), gefolgt von der ausschließlich therapeutenbegleiteten IE (d = 0.93). Die Signifikanzprüfung mit dem Kruskal-Wallis H-Test ergab jedoch keinen Hinweis auf einen signifikanten Einfluss der Expositionsmodalität, weder für die Gesamtstichprobe [χ² (2, N = 93) = 4.41, p = .110], noch für die ausreißerkontrollierte Stichprobe [χ² (2, N = 89) = 4.28, p = .118]. Bei den Einzelvergleichen war in der Gesamtstichprobe (N = 93) der Unterschied zwischen der Kombinationsbehandlung und der ausschließlich therapeutenbegleiteten IE signifikant [t (60) = -2.12, p < .05], die weiteren Einzelvergleiche waren nicht signifikant (siehe Tabelle 5). In der ausreißerkontrollierten Stichprobe (N = 89) ergaben die Einzelvergleiche einen signifikanten Unterschied zwischen der Kombinationsbehandlung und der Bedingung „keine IE“ [t (49) = -2.20, p < .05)], die weiteren Einzelvergleiche waren nicht signifikant (siehe Tabelle 5).
Zeitschrift für Klinische Psychologie und Psychotherapie (2016), 45 (1), 36–48
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T. Klan et al., Therapeutenbegleitete und patientengeleitete Exposition bei Panikstörung mit Agoraphobie
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Tabelle 1. Beschreibung der Stichprobe (N = 93) Merkmal
Mittelwert (SD) oder Prozentangabe
Demografische Daten Alter bei Therapiebeginn
35.91 (12.15)
Geschlecht (weiblich)
69 %
Partnerschaft (ja)
78 %
Abitur (ja)
41 %
Klinische Beeinträchtigung zu Therapiebeginn Komorbidität Achse I (ja)
61 %
Komorbidität Achse II (ja)
3%
ACQ prä
2.15 (0.60)
BSQ prä
2.71 (0.68)
MIA prä
2.52 (0.91)
MIB prä
2.14 (0.78)
MI prä
2.33 (0.82)
Psychopharmakologische Medikation zu Behandlungsbeginn (ja)
34 %
Psychiatrische und/oder psychotherapeutische Vorbehandlung (ja)
60 %
Behandlungsumfang Anzahl der Therapiesitzungen insgesamt
38.94 (16.17)
Anzahl der Expositionssitzungen (therapeutenbegleitete interozeptive Exposition)a
1.00 (0.98)
Anzahl der Expositionssitzungen (therapeutenbegleitete In-vivo-Exposition)b
1.98 (2.64)
Therapiedauer (Monate)
16.05 (7.91)
KZT/LZT
32 %/68 %
Anmerkungen: SD: Standardabweichung. ACQ: Fragebogen zu angstbezogenen Kognitionen. BSQ: Fragebogen zur Angst vor körperlichen Symptomen. MIA: Mobilitäts-Inventar (Vermeidung allein). MIB: Mobilitäts-Inventar (Vermeidung in Begleitung). MI: Mobilitätsinventar (Mittelwert aus MIA und MIB). KZT: Kurzzeit-Therapie. LZT: Langzeit-Therapie. aRange: 0 – 4. bRange: 0 – 14.
Tabelle 2. Häufigkeiten der Durchführungsmodalitäten von interozeptiver und In-vivo-Exposition (N = 93) Behandlungsinhalt (Expositionsmodalität)
Anzahl der Behandlungena n
Prozent
31
33 %
interozeptive Exposition keine ausschließlich patientengeleitetb durchgeführt
0
0%
ausschließlich therapeutenbegleitet durchgeführt
39
42 %
Kombination (therapeutenbegleitet und patientengeleitet)
23
25 %
keine
13
14 %
ausschließlich patientengeleitet durchgeführt
16
17 %
In-vivo-Exposition
ausschließlich therapeutenbegleitet durchgeführt Kombination (therapeutenbegleitet und patientengeleitet)
4
4%
60
65 %
Anmerkungen: aAnzahl der Therapien, in denen die genannte Expositionsmodalität durchgeführt wurde. bpatientengeleitet: selbständig als Hausaufgabe zwischen den Therapiesitzungen.
Im Hinblick auf eine Reduktion angstbezogener Kognitionen gab es keine wesentlichen Unterschiede zwischen der Kombinationsbehandlung (therapeutenbegleitete und patientengeleitete IE, d = 0.80) und der ausschließlich therapeutenbegleiteten IE (d = 0.93). Etwas geringer war der Effekt, wenn keine IE erfolgte (d = 0.62). Die Signifi© 2016 Hogrefe Verlag
kanzprüfung mit dem Kruskal-Wallis H-Test ergab keinen Hinweis auf einen signifikanten Einfluss der Expositionsmodalität, weder für die Gesamtstichprobe [χ² (2, N = 93) = 1.91, p = .385], noch für die ausreißerkontrollierte Stichprobe [χ² (2, N = 89) = 3.72, p = .156]. Die Einzelvergleiche waren nicht signifikant, weder in der Gesamt-
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T. Klan et al., Therapeutenbegleitete und patientengeleitete Exposition bei Panikstörung mit Agoraphobie
Tabelle 3. Häufigkeiten der verschiedenen Kombinationsmöglichkeiten von Interozeptiver Exposition mit In-vivo-Exposition in den Behandlungen (N = 93) Keine Durchführung von In-vivo-Exposition n (Prozent)
Durchführung von In-vivo-Expositiona n (Prozent)
Keine Durchführung von IE
8 (8,6 %)
23 (24,7 %)
Durchführung von IEa
5 (5,4 %)
57 (61,3 %)
Anmerkungen: IE: Interozeptive Exposition. aDie Exposition wurde therapeutenbegleitet und/oder patientengeleitet durchgeführt.
stichprobe (N = 93), noch in der ausreißerkontrollierten Stichprobe (N = 89). Hinsichtlich einer Reduktion der Angst vor körperlichen Symptomen konnten die quantitativ größten Therapieeffekte mit der Kombination aus therapeutenbegleiteter und patientengeleiteter IE erzielt werden (d = 1.36), gefolgt von der ausschließlich therapeutenbegleiteten IE (d = 1.16). Die Signifikanzprüfung mit dem Kruskal-Wallis H-Test ergab allerdings keinen Hinweis auf einen signifikanten Einfluss der Expositionsmodalität, weder für die Gesamtstichprobe [χ² (2, N = 93) = 0.60, p = .741], noch für die ausreißerkontrollierte Stichprobe [χ² (2, N = 89) = 1.57, p = .456]. Auch die Einzelvergleiche waren nicht signifikant, weder in der Gesamtstichprobe (N = 93), noch in der ausreißerkontrollierten Stichprobe (N = 89).
Behandlungseffekte durch In-vivo-Exposition Die Prä-/Post-Mittelwerte, Standardabweichungen und Effektstärken sind in Tabelle 4 aufgeführt. Zur beispielhaften Verdeutlichung der erzielten Therapieeffekte sind die Prä-/Post-Mittelwerte sowie die jeweiligen Standardfehler für das agoraphobische Vermeidungsverhalten und die angstbezogenen Kognitionen außerdem in der Abbildung 1 dargestellt. Im Hinblick auf eine Reduktion agoraphobischen Vermeidungsverhaltens konnten die quantitativ größten Therapieeffekte mit der Kombination aus therapeutenbegleiteter und patientengeleiteter In-vivo-Exposition erzielt werden (d = 1.08), gefolgt von der ausschließlich als Hausaufgabe durchgeführten (patientengeleiteten) In-vivo-Exposition (d = 0.97) und der Bedingung „keine Invivo-Exposition“ (d = 0.88). Die Signifikanzprüfung mit dem Kruskal-Wallis H-Test ergab in der Gesamtstichprobe keinen Hinweis auf einen signifikanten Einfluss der Expositionsmodalität [χ² (2, N = 89) = 4.99, p = .083], in der ausreißerkontrollierten Stichprobe hingegen war der Einfluss signifikant [χ² (2, N = 85) = 6.44, p < .05]. Bei den Einzelvergleichen war in der Gesamtstichprobe (N = 89)
der Unterschied zwischen der Kombinationsbehandlung und der Bedingung „keine In-vivo-Exposition“ signifikant [t (71) = -3.06, p < .01], die weiteren Einzelvergleiche waren nicht signifikant (siehe Tabelle 6). In der ausreißerkontrollierten Stichprobe (N = 85) ergaben die Einzelvergleiche ebenfalls einen signifikanten Unterschied zwischen der Kombinationsbehandlung und der Bedingung „keine In-vivo-Exposition“ [t (68) = -3.67, p < .01)], zusätzlich war der Unterschied zwischen der Kombinationsbehandlung und der ausschließlich patientengeleiteten In-vivo-Exposition signifikant [t (71) = -2.11, p < .05)]. Der Einzelvergleich zwischen der Bedingung „keine Invivo-Exposition“ und der ausschließlich patientengeleiteten In-vivo-Exposition war nicht signifikant (siehe Tabelle 6). Im Hinblick auf eine Reduktion angstbezogener Kognitionen zeigte sich ein ähnliches Muster: Die quantitativ größten Therapieeffekte konnten auch hier mit der Kombination aus therapeutenbegleiteter und patientengeleiteter In-vivo-Exposition erzielt werden (d = 0.91), dicht gefolgt von der ausschließlich als Hausaufgabe durchgeführten (patientengeleiteten) In-vivo-Exposition (d = 0.84). Die Effekte in der Bedingung „keine In-vivo-Exposition“ waren deutlich niedriger (d = 0.35). Die Signifikanzprüfung mit dem Kruskal-Wallis H-Test ergab sowohl in der Gesamtstichprobe [χ² (2, N = 89) = 6.02, p < .05] als auch in der ausreißerkontrollierten Stichprobe [χ² (2, N = 85) = 7.08, p < .05] einen Hinweis auf einen signifikanten Einfluss der Expositionsmodalität. Bei den Einzelvergleichen gab es in der Gesamtstichprobe (N = 89) allerdings keine signifikanten Unterschiede (siehe Tabelle 6). In der ausreißerkontrollierten Stichprobe (N = 85) ergaben die Einzelvergleiche einen signifikanten Unterschied zwischen der Kombinationsbehandlung und der Bedingung „keine In-vivo-Exposition“ [t (68) = -4.06, p < .01)], die anderen beiden Einzelvergleiche waren nicht signifikant (siehe Tabelle 6). Hinsichtlich einer Reduktion der Angst vor körperlichen Symptomen ergaben sich – in Divergenz zu den vorherigen Ergebnissen – die quantitativ größten Effekte in der Bedingung „keine In-vivo-Exposition“ (d = 1.21), dicht gefolgt von der Kombinationsbehandlung aus therapeutenbegleiteter und patientengeleiteter In-vivo-Exposition
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Tabelle 4. Therapieffekte von Interozeptiver Exposition (N = 93) und In-vivo-Exposition (N = 89)a Expositionsmodalität
n
Prä M (SD)
Post M (SD)
ES (Cohens d)
Keine IE
31
2.43 (0.78)
1.79 (0.72)
0.85
ausschließlich therapeutenbegleitete IE
39
2.12 (0.75)
1.53 (0.49)
0.93
Kombination
23
2.57 (0.91)
1.54 (0.61)
1.33
Gesamt
93
2.33 (0.82)
1.62 (0.61)
0.98
Keine IE
31
2.05 (0.55)
1.70 (0.57)
0.62
ausschließlich therapeutenbegleitete IE
39
2.23 (0.59)
1.71 (0.53)
0.93
Kombination
23
2.14 (0.67)
1.63 (0.61)
0.80
Gesamt
93
2.15 (0.60)
1.69 (0.56)
0.79
Keine IE
31
2.53 (0.71)
1.76 (0.72)
1.08
ausschließlich therapeutenbegleitete IE
39
2.73 (0.57)
1.97 (0.73)
1.16
Kombination
23
2.93 (0.76)
1.96 (0.66)
1.36
Gesamt
93
2.71 (0.68)
1.90 (0.71)
1.17
Keine I.v.E.
13
1.91 (0.42)
1.51 (0.49)
0.88
ausschließlich patientengeleitete I.v.E.
16
2.07 (0.69)
1.49 (0.49)
0.97
Kombination
60
2.51 (0.88)
1.67 (0.66)
1.08
Gesamt
89
2,34 (0.82)
1.62 (0.61)
1.00
Keine I.v.E.
13
2.08 (0.59)
1.87 (0.62)
0.35
ausschließlich patientengeleitete I.v.E.
16
1.78 (0.41)
1.46 (0.35)
0.84
Kombination
60
2.26 (0.62)
1.71 (0.59)
0.91
Gesamt
89
2.15 (0.61)
1.69 (0.57)
0.78
Keine I.v.E.
13
2.74 (0.80)
1.80 (0.75)
1.21
ausschließlich patientengeleitete I.v.E.
16
2.31 (0.67)
1.65 (0.54)
1.08
Kombination
60
2.81 (0.64)
2.01 (0.74)
1.16
Gesamt
89
2.71 (0.69)
1.92 (0.72)
1.12
Interozeptive Exposition (IE) MI
ACQ
BSQ
In-vivo-Exposition MI
ACQ
BSQ
Anmerkungen: ES: Effektstärke. ACQ: Fragebogen zu angstbezogenen Kognitionen. BSQ: Fragebogen zur Angst vor körperlichen Symptomen. MI: Mobilitätsinventar (Mittelwert aus MIA, Vermeidung allein und MIB, Vermeidung in Begleitung). I.v.E.: In-vivo-Exposition. a Aufgrund der geringen Patientenzahl (n = 4) unter der Bedingung „ausschließlich therapeutenbegleitete In-vivo-Exposition“ wurden diese Fälle von weiteren Berechnungen ausgeschlossen.
(d = 1.16). Die Signifikanzprüfung mit dem Kruskal-Wallis H-Test ergab hier jedoch weder in der Gesamtstichprobe [χ² (2, N = 89) = 1.69, p = .430] noch in der ausreißerkontrollierten Stichprobe [χ² (2, N = 85) = 0.87, p = .646] einen Hinweis auf einen signifikanten Einfluss der Expositionsmodalität. Auch bei den Einzelvergleichen gab es keine signifikanten Unterschiede zwischen den verschiedenen Expositionsformen, weder in der Gesamtstichprobe (N = 89) noch in der ausreißerkontrollierten Stichprobe (N = 85).
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Diskussion In der vorliegenden Studie konnte gezeigt werden, dass eine kombinierte Expositionsbehandlung (Kombination aus patientengeleiteter und therapeutenbegleiteter Exposition) tendenziell zu den besseren Therapieeffekten im Sinne einer Angstreduktion führt. Auch stellte sich heraus, dass Expositionsverfahren in der ambulanten Routineversorgung nicht immer konsequent angewendet werden.
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T. Klan et al., Therapeutenbegleitete und patientengeleitete Exposition bei Panikstörung mit Agoraphobie
Tabelle 5. Einzelvergleiche: Ergebnisse der t-Tests bei interozeptiver Exposition (IE) ausschließlich therapeutenbegleitete IE
Kombination (therapeutenbegleitete und patientengeleitetea IE)
ES (d) keine IE
MI: t (68) = 0.30 (n.s.) [MI: t (65) = -0.40 (n.s.)]b ACQ: t (68) = -1.08 (n.s.) [ACQ: t (65) = -1.60 (n.s.)]b BSQ: t (68) = 0.15 (n.s.) [BSQ: t (65) = -0.08 (n.s.)]b
0.07 0.10 0.26 0.38 0.04 0.02
ausschließlich therapeutenbegleitete IE
ES (d) MI: t (52) = -1.72 (n.s.) [MI: t (49) = -2.20 (p<.05)]b ACQ: t (52) = -0.94 (n.s.) [ACQ: t (49) = -1.70 (n.s.)]b BSQ: t (52) = -0.83 (n.s.) [BSQ: t (49) = -1.28 (n.s.)]b
0.48 0.64 0.26 0.49 0.23 0.36
MI: t (60) = -2.12 (p<.05) [MI: t (58) = -1.90 (n.s.)]b ACQ: t (60) = -0.06 (n.s.) [ACQ: t (58) = -0.27 (n.s.)]b BSQ: t (60) = -1.05 (n.s.) [BSQ: t (58) = -1.32 (n.s.)]b
0.60 0.53 0.02 0.07 0.28 0.37
Anmerkungen: ES: Effektstärke (Cohens d). MI: Mobilitäts-Inventar. ACQ: Fragebogen zu angstbezogenen Kognitionen. BSQ: Fragebogen zur Angst vor körperlichen Symptomen. n.s. = nicht signifikant. apatientengeleitet: selbständig als Hausaufgabe zwischen den Therapiesitzungen. bausreißerkontrollierte Stichprobe (N = 89).
Tabelle 6. Einzelvergleiche: Ergebnisse der t-Tests bei In-vivo-Exposition ausschließlich patientengeleitetea In-vivo-Exposition
Kombination (therapeutenbegleitete und patientengeleitete In-vivo-Exposition)
ES (d) keine In-vivo-Exposition
0.30 0.26 0.21 0.59 0.40 0.25
MI: t (27) = -0.86 (n.s.) [MI: t (25) = -0.72 (n.s.)]b ACQ: t (27) = -0.56 (n.s.) [ACQ: t (25) = -1.66 (n.s.)]b BSQ: t (27) = 1.06 (n.s.) [BSQ: t (25) = 0.66 (n.s.)]b
ausschließlich patientengeleitete In-vivo-Exposition
ES (d) MI: t (71) = -3.06 (p<.01) [MI: t (68) = -3.67 (p<.01)]b ACQ: t (71) = -2.06 (n.s.) [ACQ: t (68) = -4.06 (p<.01)]b BSQ: t (71) = 0.63 (n.s.) [BSQ: t (68) = 0.44 (n.s.)]b
0.56 0.61 0.50 0.68 0.18 0.12
MI: t (74) = -1.16 (n.s.) [MI: t (71) = -2.11 (p<.05)]b ACQ: t (74) = -1.40 (n.s.) [ACQ: t (71) = -0.98 (n.s.)]b BSQ: t (74) = -0.68 (n.s.) [BSQ: t (71) = -0.38 (n.s.)]b
0.31 0.47 0.34 0.25 0.18 0.10
Anmerkungen: ES: Effektstärke (Cohens d). MI: Mobilitäts-Inventar. ACQ: Fragebogen zu angstbezogenen Kognitionen. BSQ: Fragebogen zur Angst vor körperlichen Symptomen. n.s. = nicht signifikant. apatientengeleitet: selbständig als Hausaufgabe zwischen den Therapiesitzungen. bausreißerkontrollierte Stichprobe (N = 85).
Eine Kombinationsbehandlung aus therapeutenbegleiteter und patientengeleiteter IE fand relativ selten (25 %) statt, während eine Kombinationsbehandlung aus therapeutenbegleiteter und patientengeleiteter In-vivo-Exposition deutlich häufiger (65 %) durchgeführt wurde. In nicht wenigen Fällen wurde weder eine therapeutenbegleitete noch eine patientengeleitete Expositionsbehandlung vorgenommen (IE: 33 %, In-vivo-Exposition: 14 %). Es ist bislang weitgehend unklar, von welchen Faktoren der Einsatz von Exposition abhängt und warum in nicht wenigen Fällen die Exposition nicht oder nur in reduziertem Ausmaß eingesetzt wird. Uns sind außer der Untersuchung von Klan et al. (in Druck) keine weiteren empirischen Untersuchungen zu Prädiktoren des Einsatzes von
Exposition bei Panikstörung mit Agoraphobie bekannt. Es fehlen Studien, die sowohl Therapeuten- als auch Patientenvariablen als potentielle Prädiktoren berücksichtigen. Bei der Beurteilung der Therapieeffekte zeigte sich ein zum Teil signifikantes Muster an Überlegenheit der Kombinationsbehandlung (Kombination aus therapeutenbegleiteter und patientengeleiteter Exposition). Dies gilt besonders für die In-vivo-Exposition. Mit einer Kombination von therapeutenbegleiteter und patientengeleiteter In-vivo-Exposition ließen sich überwiegend größere Therapieeffekte erzielen. Die Effekte zeigten sich sowohl im Hinblick auf eine Reduktion agoraphobischen Vermeidungsverhaltens als auch im Hinblick auf eine Reduktion angstbezogener Kognitionen. In Divergenz dazu zeigte sich
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T. Klan et al., Therapeutenbegleitete und patientengeleitete Exposition bei Panikstörung mit Agoraphobie
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Abbildung 1. (a) Vermeidungsverhalten (Mittelwert aus der Skala Vermeidung alleine, MIA und Vermeidung in Begleitung, MIB) sowie (b) angstbezogene Kognitionen (ACQ-Mittelwert) in Abhängigkeit vom Messzeitpunkt (Prä/Post) und von der Durchführungsmodalität der In-vivo-Exposition in der Gesamtstichprobe (N = 89). (Der Ausdruck „patientengeleitet“ bedeutet, dass In-vivo-Exposition selbständig als Hausaufgabe zwischen den Therapiesitzungen durchgeführt wurde).
dieser Effekt im Hinblick auf eine Reduktion der Angst vor körperlichen Symptomen nicht. Aussagen zur Wirksamkeit ausschließlich therapeutenbegleiteter In-vivo-Exposition können leider nicht gemacht werden, hier war die Datenlage nicht ausreichend belastbar. Was die IE betrifft, so konnten im Hinblick auf eine Reduktion des agoraphobischen Vermeidungsverhaltens und der Angst vor körperlichen Symptomen die besten Effekte ebenfalls mit einer Kombinationsbehandlung erreicht werden. Im Hinblick auf eine Reduktion angstbezogener Kognitionen zeigte sich dieser Effekt hier allerdings nicht. Unsere Studienergebnisse zu Effekten von In-vivo-Exposition bestätigen insgesamt die herausragende Rolle, die dieser Therapiemaßnahme in der Literatur zugesprochen wird (z. B. Lang et al., 2009; Ruhmland & Margraf, 2001). Unsere Ergebnisse stehen auch im Einklang mit den eingangs erwähnten Befunden von Gloster et al. (2011) sowie Lang, Helbig-Lang, Gloster et al. (2012), in denen sich die therapeutenbegleitete In-vivo-Exposition (hier waren zusätzlich Expositionsübungen als Hausaufgabe verordnet worden) einer reinen patientengeleiteten In-vivo-Exposition als zumindest teilweise überlegen erwies. Auch vor dem Hintergrund der bereits zitierten Studie von Cammin-Nowak et al. (2013), in welcher der Ein© 2016 Hogrefe Verlag
bezug von In-vivo-Expositionen als Hausaufgabe einen sehr positiven Therapieeffekt hatte und die Anwendung von In-vivo-Expositionen als Hausaufgabe daher nachdrücklich empfohlen wird, kann eine kombinierte Anwendung von In-vivo-Exposition (therapeutenbegleitet und patientengeleitet) somit als erstrebenswertes Vorgehen in der Behandlung der Panikstörung mit Agoraphobie angesehen werden. Als Erklärungsgrundlage für die Vorteile einer Kombinationsbehandlung kann das eingangs zitierte Konzept des Inhibitionslernens als Wirkmodell der Exposition (Craske, 2015; Craske, et al., 2014) angeführt werden. Die Autoren leiten aus dem Konzept des Inhibitionslernens mehrere Maßnahmen zur Erhöhung der Effektivität von Exposition an, darunter auch das Üben in verschiedenen Kontexten, welches durch eine Kombinationsbehandlung sicherlich besser realisiert werden kann. In den genannten Studien von Gloster et al. (2011) sowie Lang, Helbig-Lang, Gloster et al. (2012) konnte gezeigt werden, dass therapeutenbegleitete Exposition auch mit einer höheren Häufigkeit von Exposition in Selbstübung assoziiert ist und dass die Übungshäufigkeit einen Mediator des Therapieerfolgs darstellt. Wegen der nicht-experimentellen Natur unserer Studie konnte die Übungshäufigkeit der patientengeleiteten In-vivo-Ex-
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T. Klan et al., Therapeutenbegleitete und patientengeleitete Exposition bei Panikstörung mit Agoraphobie
position weder kontrolliert noch analysiert werden, so dass Aussagen zum Einfluss der Frequenz absolvierter Expositionseinheiten leider nicht möglich sind. Wir können uns außerdem nicht erklären, warum sich bei der Invivo-Exposition der Effekt der Überlegenheit der Kombinationsbehandlung im Hinblick auf eine Reduktion der Angst vor körperlichen Symptomen nicht zeigte. Auch bei der IE waren unsere Ergebnisse nicht immer eindeutig. In der bisherigen empirischen Befundlage werden eher moderate Effekte von IE beschrieben (z. B. Hofmann, Asnaani, Vonk, Sawyer & Fang, 2012). Um eine Reduktion agoraphobischen Vermeidungsverhaltens zu erreichen, scheint es sinnvoll, zusätzlich zur therapeutenbegleiteten IE diese auch im Rahmen selbständiger Hausaufgaben durchführen zu lassen. Möglicherweise ist die Rolle des anwesenden Therapeuten als Sicherheitssignal in diesem Fall von besonderer Relevanz, diese Problematik wird z. B. von Park et al. (2001) erwähnt. Interessanterweise konnte in unserer Stichprobe mit der Durchführung von IE kein signifikanter Einfluss auf angstbezogene Kognitionen nachgewiesen werden. Dieser Befund steht im Widerspruch zum Therapierational in gängigen Behandlungsmanualen (z. B. Lang, Helbig-Lang, Westphal et al., 2012; Margraf & Schneider, 1990), in denen davon ausgegangen wird, dass mit IE dysfunktionale angstbezogene Kognitionen modifiziert werden können. Eine Erklärung für die teilweise inkonsistenten Befunde zur Wirksamkeit der IE könnte sein, dass in unserer Studie weder die Qualität noch die Quantität der durchgeführten IE kontrolliert wurde. Es kann jedoch angenommen werden, dass auch die Dosierung der IE einen maßgeblichen Einfluss auf den Therapieeffekt hat (z. B. Deacon et al., 2013). In unserer Stichprobe wurde therapeutenbegleitete IE durchschnittlich lediglich einmal (SD 0.98) in der Behandlung durchgeführt, so dass in dieser Studie Aussagen zu Dosiseffekten von IE nicht möglich sind. Da alle Formen der gezielten Induktion von körperlichen Symptomen durch die gängigen Übungen (z. B. Hyperventilieren, Drehstuhlübung) als IE gewertet wurden, kann außerdem nicht ausgeschlossen werden, dass auch eher als Verhaltensexperiment intendierte Konfrontationen erfasst wurden. Eine retrospektive Klassifikation der Konfrontation mit internen körperbezogenen Stimuli als IE im engen Sinn vs. Verhaltensexperiment war in unserer Studie nicht möglich. Eine solche Trennlinie dürfte in der therapeutischen Praxis nur schwer zu ziehen sein, zudem findet der Begriff der IE erst in jüngeren Therapiemanualen (z. B. Lang, Helbig-Lang, Westphal et al., 2012) Eingang. Ein weiterer Grund für nur moderate Effekte durch IE könnte sein, dass der Inhalt der Exposition nicht immer ausreichend auf die spezifische Symptomatik des Patienten abgestimmt war. Es gibt Hinweise, dass spezifische Subgruppen bei der Panikstörung existieren
(u. a. respiratorische vs. vestibuläre Aktivierung) und dass auf den jeweiligen Subtyp abgestimmte Expositionsübungen die Behandlungseffekte verbessern könnten (Andor, Glöckner-Rist, Gerlach & Rist, 2008). Neben der Tatsache, dass weder die Qualität der durchgeführten Expositionsübungen noch die Häufigkeiten (im Sinne der Frequenz) der patientengeleiteten Expositionsübungen analysiert werden konnten, hat unsere Studie einige weitere Einschränkungen. So ist festzuhalten, dass es sich bei den Aktenaufzeichnungen überwiegend um subjektive Einschätzungen der jeweiligen Therapeuten handelte, so dass gewisse Verzerrungen im Hinblick auf das tatsächliche therapeutische Geschehen möglich sind. Kritisch kann auch angemerkt werden, dass als OutcomeMaß lediglich Selbstbeurteilungsfragebögen zur Angstsymptomatik zum Einsatz kamen, andere Informationsquellen (z. B. Fremdanamnese, Einschätzung durch den Therapeuten) nicht herangezogen wurden und auch andere Aspekte wie z. B. Veränderungen in der Medikation und der Funktionsfähigkeit/Teilhabe nicht berücksichtigt wurden. Aufgrund einer zu geringen Probandenanzahl konnten leider auch keine differentiellen Untersuchungen zu potentiellen Interaktionseffekten von In-vivo-Exposition und IE durchgeführt werden. In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass aufgrund der nicht-experimentellen Natur der Studie mit 61 % ein Übergewicht der Patienten besteht, die beide Expositionsvarianten (IE und In-vivo-Exposition) absolvierten. Auch wenn in der Stichprobe mit 30 % hinreichend viele Probanden vertreten sind, die nur eine der beiden Varianten durchführten, so kann für diese Studie nicht völlig ausgeschlossen werden, dass der IE zugeschriebene Therapieeffekte Epiphänomene von In-vivo-Exposition sind (und vice versa). Schließlich muss angemerkt werden, dass die Therapien in einer Hochschulambulanz einen Sonderfall der Routineversorgung darstellen und unsere Studienergebnisse, insbesondere was die Häufigkeit des Einsatzes von Expositionen betrifft, nicht ohne weiteres auf andere Behandlungssettings der Routineversorgung (Praxen von niedergelassenen Psychotherapeuten, Kliniken) übertragen werden können. Es kann vermutet werden, dass in Hochschulambulanzen aufgrund engmaschiger Supervision und einer größeren Nähe zu Ausbildungsinhalten tendenziell häufiger Expositionen durchgeführt werden. Auch könnten unterschiedliche ökonomische Rahmenbedingungen dazu beitragen, dass in Kliniken oder Praxen niedergelassener Psychotherapeuten auf die zeitlich oft überdurchschnittlich aufwendige Expositionsbehandlung eher ganz oder teilweise verzichtet wird. Für die weitere Forschung zu Effekten der Expositionsbehandlung bei Panikstörung mit Agoraphobie erscheinen uns die folgenden Richtungen relevant. (a) Untersuchungen zu möglichen Interaktionseffekten von In-
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T. Klan et al., Therapeutenbegleitete und patientengeleitete Exposition bei Panikstörung mit Agoraphobie
vivo-Exposition und IE. Zwar wird in den bereits genannten Manualen zur Angstbehandlung (z. B. Lang, HelbigLang, Westphal et al., 2012) die IE einer In-vivo-Exposition üblicherweise vorgeschaltet, es gibt jedoch im naturalistischen Setting noch keine Untersuchung, in welcher die Kombination dieser beiden Verfahren mit der alleinigen Anwendung von IE oder In-vivo-Exposition verglichen wird. (b) Identifikation potentieller Prädiktoren des Einsatzes von therapeutenbegleiteter/patientengeleiteter In-vivo-Exposition und IE. Es ist bislang noch weitgehend unklar, wovon im Setting der Routineversorgung der Einsatz der verschiedenen Expositionsformen bzw. -modalitäten abhängt und ob hierbei eher Patienteneigenschaften oder Faktoren auf Seiten der Therapeuten von Relevanz sind. (c) weitere Untersuchung von Effekten verschiedener Expositionsmodalitäten (therapeutenbegleitete/patientengeleitete In-vivo-Exposition und IE). Im Zusammenhang mit den genannten Fragestellungen wären idealerweise größere Stichproben, andere Behandlungssettings und auch zusätzliche Messinstrumente bzw. Informationsquellen (z. B. Therapeutenrating zu Behandlungseffekten sowie Inhalt, Frequenz, Modalität, Qualität und Quantität eingesetzter Expositionsübungen) anzustreben. Bereits durchgeführte umfassende Studien zur Qualitätssicherung ambulanter Psychotherapie in Deutschland wie das TK-Modellprojekt (Wittmann et al., 2011) oder das Projekt „QS-PSY-BAY“ (Steffanowski et al., 2011) zeigen, dass eine aussagekräftige Evaluation von Psychotherapie auch im Praxissetting niedergelassener Psychotherapeuten möglich ist (Strauss et al., 2015). Eine weitere störungsspezifische Fokussierung im Rahmen derartiger Studien auf differentielle Effekte der Art und Häufigkeit durchgeführter Behandlungselemente (wie z. B. die Modalität und Frequenz von Expositionsübungen) ist aus unserer Sicht durchaus sinnvoll und realistisch. Darüber hinaus sind auch im Setting der stationären Routineversorgung Analysen zu Effekten bestimmter Behandlungsinhalte und -umfänge möglich. So konnten beispielsweise Wambach und Rief (2012) im Rahmen der Analyse von Katamnesedaten bei Patienten mit Panikstörung zeigen, dass ein erhöhter Umfang von Exposition im Kliniksetting zu langfristig besseren Therapieergebnissen führt. Bereits eingeführte Qualitätsmanagementsysteme könnten hierbei in zukünftigen Studien sowohl im ambulanten als auch im stationären Bereich gewinnbringend eingesetzt werden. Zusammengefasst kann im Hinblick auf die klinische Praxis trotz der genannten Einschränkungen dieser Studie festgestellt werden, dass in der Behandlung der Panikstörung mit Agoraphobie der Einsatz von In-vivo-Exposition sowohl in Begleitung des Therapeuten als auch zusätzlich als selbständig durchgeführte Hausaufgabe angestrebt werden sollte. Positive Effekte durch IE sind vor © 2016 Hogrefe Verlag
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allem dann zu erwarten, wenn diese ebenfalls nicht nur in Begleitung des Therapeuten, sondern auch zusätzlich als selbständige Hausaufgabe geübt wird.
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Dipl.-Psych. Timo Klan Johannes Gutenberg-Universität Mainz Psychologisches Institut Abteilung Klinische Psychologie und Psychotherapie Wallstraße 3 55122 Mainz klan@uni-mainz.de
Zeitschrift für Klinische Psychologie und Psychotherapie (2016), 45 (1), 36–48
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Validierung einer deutschen Version des Ruminative Thought Style Questionnaire (RTS-D) Simone Helmig1, Andrea H. Meyer2 und Klaus Bader1 1
Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel
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Institut für Psychologie, Abteilung für Klinische Psychologie und Epidemiologie, Universität Basel Zusammenfassung. Theoretischer Hintergrund: Der Ruminative Thought Style Questionnaire (RTS) wurde entwickelt, um einen ruminativen Denkstil unabhängig von Inhalt, zeitlicher Orientierung und Valenz der Gedanken zu erfassen. Fragestellung: Überprüfung von Reliabilität und Validität einer deutschen Übersetzung des Fragebogens (RTS-D). Methode: Psychometrische Kennwerte und Faktorenstruktur der deutschsprachigen Version wurden an einer nicht-klinischen (N = 203) und einer klinischen Stichprobe (N = 201) überprüft. Ergebnisse: Die einfaktorielle Struktur der Originalversion konnte für die deutsche Übersetzung nicht bestätigt werden. Hingegen schnitt ein von Tanner, Voon, Hasking und Martin (2013) vorgeschlagenes vierfaktorielles Modell mit 15 Items zufriedenstellend ab. Die 15-Item-Version beinhaltet neben dem übergeordneten Faktor Ruminativer Denkstil die vier Subskalen Repetitives Denken, Kontrafaktisches/Hypothetisches Denken, Problemfokussiertes Denken und Antizipatorisches Denken. Die Befunde zu Reliabilität und Validität der gekürzten Fragebogenfassung erwiesen sich als zufriedenstellend bis gut. Schlussfolgerungen: Der RTS-D bildet Rumination als mehrdimensionales Konstrukt mit verschiedenen Facetten von grüblerischem Denken ab und kann sowohl im nicht-klinischen Setting als auch störungsübergreifend im klinischen Bereich eingesetzt werden. Weiterführende Untersuchungen insbesondere zur faktoriellen Struktur des Fragebogens werden jedoch empfohlen. Schlüsselwörter: Rumination, Grübeln, ruminativer Denkstil, repetitives Denken, Deutsche Version, RTS, Validierung, Psychometrische Eigenschaften
Validation of a German Version of the Ruminative Thought Style Questionnaire (RTS-D) Abstract. Background: The Ruminative Thought Style Questionnaire (RTS) was designed to assess a ruminative style of thinking independently of the content, temporal orientation, and valence of the thoughts. Aim: To assess the validity and reliability of a German version of the questionnaire (RTS-D). Method: Psychometric properties and the factorial structure of the German version were investigated in a nonclinical (N = 203) and a clinical sample (N = 201). Results: The one-factor model of the original version could not be replicated for the German translation. However, a four-factor model with 15 items as suggested by Tanner et al. (2013) led to satisfactory results. The 15-item version comprises one higher-order factor and four lower-order factors, namely, repetitive thoughts, counterfactual/hypothetical thinking, problem-focused thoughts, and anticipatory thoughts. Results concerning the reliability and validity of this shorter instrument were satisfactory to good. Conclusion: The German version of the RTS assesses rumination as a multidimensional construct with different facets of ruminative thinking. It proved to be a suitable instrument for assessing a ruminative thought style in nonclinical settings as well as transdiagnostically in clinical settings. However, we recommend further investigations, particularly of the factorial structure of the questionnaire. Keywords: rumination, ruminative thought style, repetitive thinking, German version, RTS, validation, psychometric properties
Obwohl Rumination in den vergangenen Jahrzehnten ein immer bedeutsameres Thema in der Erforschung von Vulnerabilitätsfaktoren insbesondere der Depression wurde, existiert bislang keine einheitliche und allgemeingültige Definition dieses Begriffs, und die Abgrenzung zu anderen kognitiven Prozessen, die sich durch wiederkehrende Gedanken auszeichnen (z. B. Sich-Sorgen, Intrusionen, negative automatische Gedanken oder kognitive Verarbeitungsprozesse) ist nicht eindeutig bzw. wird kontrovers diskutiert (Segerstrom, Stanton, Alden & Shortridge, © 2016 Hogrefe Verlag
2003; Smith & Alloy, 2009). Begrifflichkeit, Inhalt und mögliche Konsequenzen dieser kognitiven Phänomene variieren je nach Forschungsgruppe, und entsprechend existiert auch eine Fülle von Messinstrumenten zu Rumination und ruminationsähnlichen Konstrukten (Smith & Alloy, 2009; Watkins, 2008; Siegle, Moore & Thase, 2004). Als Standardmass zur Erfassung von Rumination galt lange Zeit die Ruminationsskala des Response Styles Questionnaire (RSQ; Nolen-Hoeksema & Morrow, 1991). Im Rahmen ihrer Response Styles Theory definierte Nolen-
Zeitschrift für Klinische Psychologie und Psychotherapie (2016), 45 (1), 49–60 DOI: 10.1026/1616-3443/a000345
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S. Helmig et al., Validierung einer deutschen Version des Ruminative Thought Style Questionnaire (RTS-D)
Hoeksema Rumination als ein repetitives, passives Nachdenken über die eigenen depressiven Symptome sowie deren möglichen Ursachen und Konsequenzen (NolenHoeksema, 2004, S. 107). In den letzten Jahren wurde jedoch zunehmend Kritik am RSQ laut. Es wurde bemängelt, dass gewisse Items des Fragebogens Überschneidungen mit depressiven Krankheitssymptomen aufweisen und die RSQ-Werte folglich durch die Ausprägung der depressiven Symptomatik verzerrt sein könnten. Treynor, Gonzales und Nolen-Hoeksema (2003) entwickelten in der Folge eine bereinigte Version des Fragebogens ohne depressionsassoziierte Items. Dies löste jedoch nicht das Problem, dass der Einsatz des RSQ – durch die eng gefasste Definition von Rumination als Coping-Strategie im Umgang mit dysphorischen Zuständen – ausserhalb der Depressionsforschung fraglich ist. Da sich die Hinweise mehrten, dass ruminative Denkprozesse nicht nur im Zusammenhang mit Depressionen vorkommen, sondern auch bei anderen psychischen Störungen auftreten können (z. B. Ehring & Watkins, 2008), gab es in den letzten Jahren zunehmend Bestrebungen, neue Messinstrumente zu entwickeln, die Rumination im Sinne eines allgemeinen Denkstils störungsübergreifend erfassen können. Das Gemeinsame dieser Messinstrumente ist, dass nicht mehr ein störungsspezifischer Inhalt (z. B. Rumination bei niedergeschlagener Stimmung, nach einem kritischen Lebensereignis oder einer traumatischen Erfahrung) oder die zeitliche Orientierung der grüblerischen Gedanken (vergangenheits-, gegenwarts- oder zukunftsbezogen) im Zentrum stehen, sondern vielmehr der ihnen zugrundeliegende kognitive Prozess, der sich durch sich wiederholende, als unkontrollierbar erlebte mentale Vorgänge auszeichnet (z. B. Clark & Rhyno, 2005; Harvey, Watkins, Mansell & Shafran, 2004). Beispiele für Fragebögen, die vor diesem Hintergrund entwickelt wurden, sind der Repetitive Thinking Questionnaire (McEvoy, Mahoney & Moulds, 2010) oder der Perseverative Thinking Questionnaire (Ehring et al., 2011). Beide Instrumente beschränken sich allerdings darauf, einen grüblerischen Denkstil im Zusammenhang mit negativen Ereignissen zu erfassen. Rumination muss jedoch nicht zwingend nur um negative Inhalte kreisen, sondern kann auch bei positiven oder neutralen Inhalten auftreten (Watkins, 2008; Segerstrom et al., 2003; Rimé, Philippot, Boca & Mesquita, 1992). Zu klinisch relevanten Problemen scheint zudem nicht primär eine negative Valenz von ruminativen Gedanken beizutragen, sondern vielmehr die repetitive kognitive Beschäftigung mit einem Stimulus (Uhmann & Hoyer, 2011). Durch das Verhaftet-Sein an Gedanken wird ein grosser Teil der mentalen Kapazität beansprucht, was zu Defiziten im Informationsverarbeitungsprozess und damit zu einer Einschränkung der kognitiven Flexibilität führt (siehe z. B. Banich et al., 2009). Eine solche Einschränkung
ist nicht nur bei Rumination über negative Inhalte, sondern auch bei wiederkehrenden Gedanken über neutrale oder positive Stimuli zu finden (Davis & Nolen-Hoeksema, 2000; Whitmer & Banich, 2010; De Lissnyder, Koster, Derakshan & De Raedt, 2010). Brinker und Dozois (2009) haben einen Fragebogen entwickelt, der eine Ruminationstendenz nicht nur unabhängig von Inhalt und zeitlicher Orientierung, sondern auch valenzunabhängig erfassen soll. Der Ruminative Thought Style Questionnaire (RTS) besteht im englischen Original aus 20 Items, die gemeinsam auf einen einzigen Faktor laden. Bei einer Überprüfung des Fragebogens fanden Tanner, Voon, Hasking und Martin (2013) allerdings nicht eine einfaktorielle, sondern eine vierfaktorielle Struktur. Der RTS wurde dabei auf eine 15-Item-Version gekürzt, da bei fünf Items zu geringe Faktorladungen (< .30) oder zu hohe Kreuzladungen (> .50) vorlagen. Tanner und Kolleg/-innen fanden vier Subskalen, die hierarchisch unter einem übergeordneten Faktor organisiert sind: Bei der Skala „repetitive thoughts“ stehen Aufdringlichkeit, Hartnäckigkeit und Automatismus der Gedanken im Vordergrund. Die Skala „counterfactual thinking“ beinhaltet „Was wäre, wenn…“-Gedanken, die sich auf alternative Szenarien in der Zukunft oder Vergangenheit beziehen. Die Skala „problem-focused thoughts“ bildet das längere, erfolglose Nachdenken über Probleme ab. Und mit der Skala „anticipatory thoughts“ wird Rumination über Ereignisse in der Zukunft erfasst. In der vorliegenden Studie wurde der Ruminative Thought Style Questionnaire auf Deutsch übersetzt und auf seine psychometrischen Kennwerte hin untersucht. Ziel war einerseits, die Faktorenstruktur der deutschen Version (RTS-D) zu überprüfen. Andererseits sollte untersucht werden, ob die deutsche Übersetzung ebenfalls ein reliables und valides Messinstrument zur Erfassung eines ruminativen Denkstils darstellt. Um die Anwendbarkeit und Güte des RTS-D auch im klinischen Setting zu überprüfen, wurden sowohl eine nicht-klinische als auch eine klinische Stichprobe rekrutiert.
Methode Stichproben Stichprobe I: Nicht-klinische Stichprobe. Die Untersuchung der nicht-klinischen Stichprobe wurde als anonyme Online-Befragung mithilfe der Webapplikation FlexiForm 2.6.9 der Universität Basel (http://flexiform2.unibas.ch) durchgeführt. Zur Rekrutierung wurden die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mehrerer Kliniken aus der Umge-
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bung1 via Intranet zur Teilnahme an der Studie eingeladen und auf den entsprechenden Link verwiesen. Parallel dazu wurde der Aufruf auf den Internetseiten www.psychologieforum.at und www.psychologieforum.de publiziert. Die Einladung enthielt die Bitte, den Link an interessierte Personen weiterzugeben. Eingeschlossen wurden alle Teilnehmenden, die über 18 Jahre alt waren und innerhalb der letzten zwölf Monate nicht unter einer behandlungsbedürftigen psychischen Störung gelitten hatten. Zweiundzwanzig Personen mussten aufgrund einer psychischen Störung von der Datenanalyse ausgeschlossen werden, sodass schliesslich N = 203 in die Datenanalysen eingingen (Alter: M = 40.6, SD = 12.8 Jahre; 73 % weiblich). Nach einem Monat wurde an diejenigen Personen, welche sich bei der Erstbefragung dazu bereit erklärt hatten, der RTS-D zur Testwiederholung versandt. Die Rücklaufquote lag bei 77 % (n = 116). Stichprobe II: Klinische Stichprobe. Die klinische Stichprobe wurde mit der Paper-Pencil-Version der Fragebögen untersucht. Die Rekrutierung erfolgte in der Verhaltenstherapie-Ambulanz (n = 189) und auf zwei stationären Abteilungen (n = 23) der Universitären Psychiatrischen Kliniken Basel. Elf Proband/-innen mussten aufgrund mehrerer fehlender Werte auf einer Skala aus der Datenanalyse ausgeschlossen werden. Da sich die ambulanten und stationären Patient/-innen bezüglich der RTS-Werte nicht signifikant voneinander unterschieden, wurden sie zu einer klinischen Gesamtstichprobe zusammengefasst (N = 201). 64 % der Patient/-innen waren weiblich, das durchschnittliche Alter betrug 36.1 Jahre (SD = 12.8). Die ambulanten Patient/-innen durchliefen bei Therapiebeginn alle standardmässig einen sorgfältigen Diagnoseprozess, welcher die Durchführung des Diagnostischen Interviews bei psychischen Störungen (DIPS; Schneider, In-Albon & Margraf, 2005) und des Strukturierten Klinischen Interviews für DSM-IV, Achse II: Persönlichkeitsstörungen (SKIDII; Fydrich, Renneberg, Schmitz & Wittchen, 1997) beinhaltete. Bei den stationären Patient/-innen wurde auf die klinischen Diagnosen von erfahrenen Psychiater/-innen zurückgegriffen, da keine strukturierten Interviews vorlagen. Die primären Diagnosen nach ICD-10 waren: 51.7 % Neurotische-, Belastungs- und Somatoforme Störungen (F4), 23.9 % Affektive Störungen (F3), 11.9 % Persönlichkeits- und Verhaltensstörungen (F6), 5.5 % Verhaltensauffälligkeiten mit körperlichen Störungen und Faktoren (F5), 7.0 % andere Störungen (2.0 % Psychischeund Verhaltensstörungen durch psychotrope Substanzen [F1]; 0.5 % Akute vorübergehende psychotische Störung
1
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[F23]; 4.5 % Faktoren, die den Gesundheitszustand beeinflussen und zur Inanspruchnahme von Gesundheitsdiensten führen [Z00-Z99]). 69.2 % der Patient/-innen wiesen mindestens eine komorbide Störung auf. 57.2 % hatten eine affektive Störung, 60.7 % eine Angststörung als Haupt- oder Nebendiagnose.
Instrumente Ruminative Thought Style Questionnaire – deutsche Version (RTS-D) Die Übersetzung des Ruminative Thought Style Questionnaire erfolgte in Anlehnung an die Richtlinien für die Übersetzung fremdsprachlicher Messinstrumente (Schmitt & Eid, 2007) in einem mehrstufigen Prozess. Zunächst wurde die englische Originalversion von zwei wissenschaftlich tätigen Psychologen ins Deutsche übersetzt. Anschliessend wurden die deutschen Items von einer bilingualen Psychologin auf Englisch rückübersetzt und den Autorinnen der Originalversion zur Überprüfung der Übereinstimmung vorgelegt. Einzig Item 10 musste in der Folge im Wortlaut nochmals leicht abgeändert werden. Die daraus resultierende deutsche Fassung bestand wie die Originalversion aus 20 Items, die auf einer 7-stufigen Likert-Skala mit den Polen 1 (überhaupt nicht) bis 7 (ganz genau) beantwortet werden mussten. Weitere Untersuchungsinstrumente Neben der deutschen Übersetzung des RTS wurden verschiedene Messinstrumente zur Ermittlung der konvergenten und divergenten Validität sowie Masse für Depressivität und Ängstlichkeit eingesetzt. Die deutsche Version des Response Styles Questionnaire (RSQ-D; Kühner, Huffziger & Nolen-Hoeksema, 2007) basiert noch auf der ursprünglichen Version von NolenHoeksema und Morrow (1991), d. h. sie berücksichtigt nicht die oben beschriebene Weiterentwicklung des RSQ durch Treynor et al. (2003). Da bislang jedoch keine andere validierte deutschsprachige Übersetzung des RSQ vorliegt, wurde auf diese Version zurückgegriffen. Der Fragebogen beinhaltet neben der Subskala Rumination (Grübeln über Symptome und deren Ursachen bzw. Konsequenzen) auch die Subskala Distraktion, d. h. eine kognitive und verhaltensmässige Ablenkung als Reaktion auf depressive Stimmung. Die Antworten werden auf einer Skala von 1 (fast nie) bis 4 (fast immer) erfasst. Auf
Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel, Externe Psychiatrische Dienste Baselland, Kinder- und Jugendpsychiatrie Baselland, Memory Clinic Basel, Abteilung Gynäkologische Sozialmedizin und Psychosomatik des Universitätsspitals Basel, Abteilung Rehabilitation/Akutgeriatrie des Kantonsspitals Baselland, Bürgerspital Basel, Klinik Sonnenhalde.
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Deutsch existieren eine Langform (32 Items) sowie eine von Bürger und Kühner (2007) entwickelte Kurzform (23 Items). In der vorliegenden Arbeit wurde die deutsche Langform mit 32 Items verwendet, welche dem englischen Original entspricht und über zufriedenstellende Gütekriterien verfügt (Kühner et al., 2007). Die Pre-sleep Arousal Scale (PSAS; Nicassio, Mendlowitz, Fussell & Petras, 1985; deutsche Version von Gieselmann, Jong-Meyer & Pietrowsky, 2012) beinhaltet 16 Items, die acht Symptome kognitiven Arousals und acht Symptome somatischen Arousals vor dem Einschlafen auf einer Skala zwischen 1 (gar nicht) bis 5 (extrem stark) erfassen. Die Subskala Kognitives Arousal beinhaltet Items wie „Nachdenken oder Grübeln über Tagesereignisse“ oder „Gedanken, die nicht aufhören im Kopf zu kreisen“. Der Fragebogen verfügt über angemessene Gütekriterien (Gieselmann et al., 2012). In der vorliegenden Studie wies er ebenfalls befriedigende bis hohe interne Konsistenzen auf für die kognitive Subskala (nicht-klinische Stichprobe: α = .91, klinische Stichprobe: α = .89) und die somatische Subskala (nicht-klinische Stichprobe: α = .72, klinische Stichprobe: α = .78), wobei zwischen den Subskalen signifikante Interkorrelationen von r = .60 (nicht-klinische Stichprobe) bzw. r = .66 (klinische Stichprobe) vorlagen (beide p < .01). Bei der von Hoyer, Gloster und Herzberg (2009) erstellten Worry Scale (WS) handelt es sich um drei Fragen, die Häufigkeit und Intensität von Sich-Sorgen auf einer 5‐Punkte-Skala (gar nicht bis sehr oft/sehr stark) erfassen („Wie häufig sorgen Sie sich?“, „Inwieweit ist Sich-Sorgen für Sie typisch?“, „Wie stark neigen Sie zum Sich-Sorgen?“). Dieser Kurzfragebogen ist nicht validiert, korrelierte aber in der Studie von Hoyer und Kollegen hoch (r = .79, p < .01) mit dem etablierten Penn State Worry Questionnaire (PSWQ; Meyer, Miller, Metzger & Borkovec, 1990) und zeichnete sich darüber hinaus durch eine hohe interne Konsistenz aus (α = .91). Aus ökonomischen Gründen wurde in der vorliegenden Studie diese Kurzskala anstelle des PSWQ eingesetzt. Sowohl in der nicht-klinischen Stichprobe (α = .90) als auch in der klinischen Stichprobe (α = .92) fiel die interne Konsistenz der Skala hoch aus. Der nicht-klinischen Stichprobe wurde zudem eine von den niederländischen Autorinnen übersetzte Kurzform des Cognitive Emotion Regulation Questionnaire (CERQshort; Garnefski & Kraaij, 2006) vorgelegt. Der CERQ erfragt verschiedene gedankliche Reaktionen – darunter auch Rumination – auf ein aversives Ereignis sowie die dadurch ausgelösten Emotionen. Auf einer Skala von 1 ([fast] nie) bis 5 ([fast] immer) werden mit 18 Items neun Dimensionen kognitiver Emotionsregulation erfasst. Als dysfunktionale Coping-Strategien werden Rumination, Katastrophisieren, Selbstbeschuldigung und Andere Beschul-
digen erachtet, da sie mit Psychopathologie (insbesondere Depressivität und Ängstlichkeit) in Verbindung gebracht werden. Zu den funktionalen Coping-Strategien zählen die Autorinnen Relativieren, Positive Refokussierung, Positive Neubewertung, Akzeptanz und Refokussierung auf Planung. Zur Erfassung der Depressivität wurde in der nicht-klinischen Stichprobe die Allgemeine Depressionsskala – Kurzversion (ADS-K; Hautzinger & Bailer, 1993) eingesetzt. Diese deutsche Kurzversion des CES-D (Center for Epidemiological Studies Depression Scale; Radloff, 1977) ist ein für Bevölkerungsstichproben entwickeltes, epidemiologisches Screening-Instrument, das mit 15 Items auf einer 4-Punkte-Skala (selten bis meistens) das Vorliegen depressiver Symptome erfasst. Die ADS-K zeichnet sich durch eine gute Validität und Reliabilität aus (Hautzinger & Bailer, 1993). In der klinischen Stichprobe wurde das Beck Depressions-Inventar (BDI; Beck, Ward, Mendelson, Mock & Erbaugh, 1961; deutsche Version von Hautzinger, Bailer, Worall & Keller, 1994) verwendet, das gute psychometrische Eigenschaften aufweist. Erfasst wird die Ausprägung von 21 Depressionssymptomen innerhalb der letzten Woche. Daneben wurde der klinischen Stichprobe das Beck Angst-Inventar (BAI; Beck, Epstein, Brown & Steer, 1988; deutsche Version von Margraf & Ehlers, 2007) vorgelegt, welches die Ausprägung von Ängstlichkeit innerhalb der vergangenen sieben Tage erhebt und ebenfalls über zufriedenstellende Gütekriterien verfügt (siehe Margraf & Ehlers, 2007).
Statistische Analysen Bei der nicht-klinischen Stichprobe lagen 203 vollständige Datensätze vor. In der klinischen Stichprobe wurden bei unvollständig ausgefüllten Fragebögen die fehlenden Werte durch den Mittelwert ersetzt, sofern nur ein Missing pro Skala vorhanden war (insgesamt 28 Ersetzungen; entspricht 0.16 % aller Werte). Um die Modellstruktur des übersetzten Fragebogens zu überprüfen, wurden konfirmatorische Faktorenanalysen mit lavaan 0.5 – 16 (Rosseel, 2012), einem Zusatzpaket des Statistikprogramms R, durchgeführt. Überprüft wurden einerseits die Ein-Faktoren-Lösung der englischsprachigen Originalversion und andererseits das Modell nach Tanner und Kolleg/-innen mit einem übergeordneten Faktor und vier Subskalen. Da die Daten ordinalskaliert und nicht multivariat normalverteilt waren, wurde die diagonally weighted least squares-Schätzmethode (DWLS) mit robuster Standardfehlerschätzung verwendet. Als Indices für die Anpassungsgüte wurden das Verhältnis ChiQuadratwert/Anzahl Freiheitsgrade (χ2/df), der RMSEA
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(Root Mean Square Error of Approximation), der WRMR (Weighted Root Mean Square Residual), der CFI (Comparative Fit Index) und der TLI (Tucker-Lewis Index) herangezogen. Ein Modell wird gestützt, wenn die χ2/df-Ratio möglichst klein ist – es existieren diesbezüglich keine absoluten Standards, aber im Allgemeinen wird eine Ratio von 2 oder 3 als akzeptabel angesehen (Schermelleh-Engel, Moosbrugger & Müller, 2003). Weiter müssen folgende Vorgaben erfüllt sein: RMSEA ≤ .08 (Browne & Cudeck, 1993), WRMR ≤ .90 (Yu, 2002) und CFI sowie TLI ≥ .95 (Hu & Bentler, 1995). Neben der separaten Überprüfung der beiden Stichproben wurde zusätzlich ein Mehrgruppenvergleich durchgeführt, um die Invarianz des Messmodells zwischen den Gruppen zu überprüfen. Der Mehrgruppenvergleich erfolgte in Anlehnung an Byrne (2010) schrittweise durch die Überprüfung der konfiguralen, der metrischen und der skalaren Invarianz. Ein nicht-signifikanter Wert im χ2-Differenztest deutet jeweils auf eine Äquivalenz des Modells zwischen den Gruppen hin. Alle weiteren statistischen Berechnungen wurden mit SPSS 19 (SPSS Inc., Chicago, IL, USA) vorgenommen. Zur Bestimmung der internen Konsistenz des Fragebogens wurde Cronbach’s Alpha ermittelt. Als Kennwerte für die Retest-Reliabilität sowie für die konvergente und divergente Validität wurden Rangkorrelationskoeffizienten nach Spearman berechnet. Unterschiede zwischen und innerhalb der Stichproben wurden ebenfalls mittels nonparametrischer Verfahren ermittelt.
Ergebnisse Überprüfung der dimensionalen Struktur Das einfaktorielle Modell nach Brinker und Dozois (2009) mit 20 Items konnte für beide Stichproben nicht bestätigt werden (nicht-klinische Stichprobe: χ2/df = 5.63, CFI = .87, TLI = .86, RMSEA = .15, WRMR = 1.86; klinische Stichprobe: χ2/df = 3.71, CFI = .88, TLI = .87, RMSEA = .12, WRMR = 1.41). Beim vierfaktoriellen, hierarchisch organisierten Modell mit 15 Items nach Tanner et al. fielen die Ergebnisse hingegen für beide Stichproben zufriedenstellend bis gut aus (nicht-klinische Stichprobe: χ2/df = 2.17, CFI = .98, TLI = .98, RMSEA = .08, WRMR = .82; klinische Stichprobe: χ2/df = 1.40, CFI = .99, TLI = .99, RMSEA = .05, WRMR = .61). Dieses Modell enthält zwei korrelierte Residuenpaare (siehe Abbildung 1), welche den Modellfit verbesserten. Die beiden betroffenen Itempaare haben jeweils einen sehr ähnlichen Wortlaut, und in einem solchen Fall muss davon ausgegangen werden, dass die geteilte Varianz © 2016 Hogrefe Verlag
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der Indikatoren nicht nur auf den Faktor zurückzuführen ist, sondern auch mit der inhaltlichen Formulierung zusammenhängt (siehe Brown, 2006 und Byrne, 2010). Wie in der Abbildung ersichtlich ist, lagen die standardisierten Faktorladungen der Items in diesem vierfaktoriellen Modell zwischen .62 und .91, und auch die Ladungen der Subskalen auf den übergeordneten Faktor waren hoch. Die vier Subskalen korrelierten untereinander jeweils mittel bis stark (r zwischen .42 und .65). Im Mehrgruppenvergleich konnte die Invarianz des Messmodells nachgewiesen werden: Faktorladungen (Δχ2 = 12.5, p > .05) und Interzepte (Δχ2 = 22.4, p > .05) der manifesten Variablen waren in beiden Stichproben vergleichbar. Da die 15-Item-Lösung nach Tanner et al. somit – im Gegensatz zum einfaktoriellen Modell – zufriedenstellend abschnitt, wurde bei allen weiteren Berechnungen diese gekürzte Fragebogenversion verwendet.
Itemschwierigkeit, Trennschärfe und Reliabilität der 15-Item-Lösung In Tabelle 1 sind Schwierigkeiten und korrigierte Trennschärfen der Items sowie Mittelwerte, Standardabweichungen, interne Konsistenzkoeffizienten und Retest-Reliabilitäten für Gesamtskala und Subskalen dargestellt. Die Schwierigkeitsindices wurden aufgrund des mehrstufigen Antwortformats mit der korrigierten Formel nach Fisseni (2004, S. 35) berechnet. In der nicht-klinischen Stichprobe lagen die meisten Items eher im oberen Schwierigkeitsbereich (pm zwischen .10 und .38), eine extrem hohe Schwierigkeit (pm < .20) wiesen allerdings nur fünf Items auf. Zu leichte Items (pm > .80) lagen nicht vor. In der klinischen Stichprobe lagen alle Items im mittleren Schwierigkeitsbereich (pm zwischen .23 und .66). Mit Werten von rit,corr ≥ .51 waren die Trennschärfen der Items in beiden Stichproben gut. Die internen Konsistenzkoeffizienten Cronbach’s Alpha fielen in der nicht-klinischen Stichprobe mit Werten zwischen .76 und .92 und in der klinischen Stichprobe mit Werten zwischen .73 und .91 zufriedenstellend bis hoch aus und waren mit den Befunden von Tanner und Kolleg/-innen vergleichbar (α zwischen .71 und .89). Für die Ermittlung der Retest-Reliabilität gingen die Daten von 116 nicht-klinischen Proband/-innen in die Berechnungen ein. Das Zeitintervall zwischen Erst- und Retestung betrug im Mittel 5.2 Wochen (SD = 1.16). Mit rtt zwischen .67 und .76 fiel die Retest-Reliabilität für den Gesamtwert und alle Subskalen befriedigend aus. Die interne Konsistenz des Fragebogens war auch beim Retest akzeptabel bis hoch (α zwischen .71 und .94). Für die klinische Stichprobe wurde keine Retest-Reliabilität berech-
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Abbildung 1. Standardisierte Faktorladungen der beiden Stichproben (nicht-klinische/klinische).
net, da die Ergebnisse aufgrund der laufenden psychotherapeutischen Behandlung nicht sinnvoll interpretierbar gewesen wären.
Konstruktvalidität Tabelle 2 zeigt die Ergebnisse der Konstruktvalidierung. Wie erwartet wiesen sowohl der Gesamtwert als auch die vier Subskalen des RTS-D in beiden Stichproben signifikante und substantielle Korrelationen mit der Ruminationsskala des RSQ-D auf. Die konvergente Validität schlug sich zudem in den signifikanten positiven Assoziationen mit der Worry Scale und der PSAS-Subskala Kognitives Arousal nieder. Die Korrelationen mit der Subskala Somatisches Arousal der PSAS verloren hingegen ihre Signifikanz, nachdem die Interkorrelation der beiden PSASSubskalen berücksichtigt und das kognitive Arousal als Kontrollvariable in die Berechnungen miteinbezogen wur-
den (nicht-klinische Stichprobe: r zwischen |.01| und |.07|, p > .05; klinische Stichprobe: r zwischen |.04| und |.07|, p > .05). Einzig die Subskala Problemfokussiertes Denken war in der klinischen Stichprobe weiterhin mit somatischem Arousal assoziiert, allerdings war dieser Zusammenhang sehr schwach ausgeprägt (r = .19, p < .01). Ein weiterer Hinweis auf die konvergente Validität des übersetzten Fragebogens fand sich bei der nicht-klinischen Stichprobe in den signifikanten positiven Korrelationen mit der Subskala Rumination des CERQ. Auch alle anderen der als dysfunktional erachteten CERQ-Subskalen korrelierten signifikant mit den Subskalen und dem Gesamtwert des RTS-D. Die als funktional erachteten Emotionsregulationsstrategien waren hingegen nicht signifikant mit dem Ruminationsfragebogen assoziiert. Die divergente Validität des RTS-D zeigte sich zudem in den fehlenden Assoziationen mit der Distraktionsskala des RSQ-D. Einzige Ausnahme bildete hier eine schwach ausgeprägte negative Korrelation zwischen der Subskala Antizipatorisches Denken und der Distraktionsskala in der klinischen Stichprobe.
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.38
.31
.27
RTS_2
RTS_3
RTS_4
.23
RTS_7
.21
.13
.15
.10
RTS_11
RTS_12
RTS_13
RTS_14
.27
RTS_20
.62
.62
.57
.73
.74
.56
.68
.68
.74
.76
.51
.82
.82
.81
.84
rit,corr
.74
.57
.52
.64
.63
.58
.69
.57
.60
.56
.61
.75
.73
.70
.68
rit,corr_G
43.37 (16.87)
6.07 (3.02)
11.07 (5.80)
11.71 (5.76)
14.51 (5.90)
M (SD)
Nicht-klinische Stichprobe N = 2031
.92
.76
.84
.84
.92
α
.94
.71
.86
.86
.92
αtt2
.76**
.74**
.73**
.67**
.74**
rtt2
.47
.39
.23
.36
.30
.46
.31
.49
.39
.29
.46
.56
.53
.66
.61
pm
.57
.57
.51
.69
.71
.57
.65
.63
.65
.62
.56
.78
.75
.68
.78
rit,corr
.62
.54
.49
.59
.64
.62
.66
.56
.58
.52
.60
.68
.62
.61
.60
rit,corr_G
M (SD)
61.99 (18.62)
8.40 (3.23)
17.39 (7.52)
15.90 (6.28)
20.35 (5.60)
Klinische Stichprobe N = 201
.91
.73
.83
.80
.88
α
Anmerkungen: 1Sofern nicht anders vermerkt; 2n = 116; Faktor 1 = Repetitives Denken; Faktor 2 = Kontrafaktisches/Hypothetisches Denken; Faktor 3 = Problemfokussiertes Denken; Faktor 4 = Antizipatorisches Denken; pm = Schwierigkeitsindex; rit,corr = Trennschärfe der Items pro Subskala; rit,corr_G = Trennschärfe der Items bezogen auf die Gesamtskala; M = Mittelwert; SD = Standardabweichung; α = interne Konsistenz; αtt = interne Konsistenz des Retests; rtt = Retest-Reliabilität; ** p < .01.
Gesamtskala
.22
RTS_17
Faktor 4
.14
RTS_9
Faktor 3
.32
.18
RTS_6
RTS_8
.25
RTS_5
Faktor 2
.36
pm
RTS_1
Faktor 1
Items
Faktoren
Tabelle 1. Item-Schwierigkeiten, korrigierte Trennschärfen, Mittelwerte, Standardabweichungen, interne Konsistenzen und Retest-Reliabilitäten
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Tabelle 2. Korrelationen des RTS-D mit anderen Skalen (Messzeitpunkt T1) Skalen
Nicht-klinische Stichprobe N = 203
Klinische Stichprobe N = 201a
F1
F2
F3
F4
G
F1
F2
F3
F4
G
.50**
.46**
.52**
.56**
.61**
.48**
.47**
.51**
.48**
.60**
.05
.02
Response Styles Questionnaire (RSQ-D) Rumination Distraktion
-.00
.08
-.04
-.07
-.01
-.13
-.16*
-.11
Pre-sleep Arousal Scale (PSAS) Kognitives Arousal
.60**
.32**
.49**
.43**
.57**
.53**
.46**
.50**
.41**
.60**
Somatisches Arousal
.36**
.29**
.33**
.37**
.41**
.31**
.28**
.43**
.28**
.42**
Rumination
.41**
.37**
.44**
.45**
.49**
Katastrophisieren
.38**
.33**
.40**
.46**
.46**
Selbstbeschuldigung
.34**
.28**
.30**
.30**
.37**
Andere Beschuldigen
.18**
.19**
.28**
.24**
.26**
Akzeptieren
.08
.07
.03
.08
.09
Positive Neubewertung
.07
.07
-.03
-.00
.05
Refokussierung auf Planung
.07
.07
.00
-.02
.05
Positive Refokussierung
-.03
.09
.05
.06
.04
Relativieren
-.02
.04
-.00
-.01
.02 .49**
.27**
.40**
.30**
.47**
Beck Depressions-Inventar (BDI) (n = 77)1
.44**
.35**
.46**
.43**
.55**
Beck Angst-Inventar (BAI) (n = 58)1
.41**
.35**
.34**
.36**
.50**
Cognitive Emotion Regulation Questionnaire (CERQ)
Worry Scale (WS)
.57**
.38**
.42**
.40**
.56**
Allgemeine Depressionsskala – Kurzversion (ADS-K)
.49**
.42**
.45**
.46**
.56**
Anmerkungen: F1 = Repetitives Denken; F2 = Kontrafaktisches/Hypothetisches Denken; F3 = Problemfokussiertes Denken; F4 = Antizipatorisches Denken; G = Gesamtwert; a Sofern nicht anders vermerkt; 1Klinische Substichproben, da nicht alle Patient/-innen BDI und BAI zeitnah zu den anderen Fragebögen ausgefüllt hatten; **Die Korrelation ist auf dem 0.01-Niveau signifikant (zweiseitig); *Die Korrelation ist auf dem 0.05-Niveau signifikant (zweiseitig).
Zusammenhänge des RTS-D mit Stichprobenmerkmalen, Depressivität und Ängstlichkeit Ein Vergleich der beiden Stichproben zeigte, dass die Patient/-innen im Vergleich zu den nicht-klinischen Proband/-innen signifikant höhere Ausprägungen im RTSGesamtwert (Mann-Whitney-Test: z = -9.36, p < .001) und in den vier Subskalen (F1: z = -8.93; F2: z = -6.71; F3: z = 8.74; F4: z = -7.00; jeweils p < .001) aufwiesen. Innerhalb der klinischen Stichprobe gab es keine signifikanten Unterschiede in Abhängigkeit von der Hauptdiagnose (Kruskal-Wallis-Test; Gesamtwert: H(6) = 6.38, p = .38; F1: H(6) = 2.80, p = 0.83; F2: H(6) = 8.48, p = .21; F3: H(6) = 6.11, p = .41; F4: H(6) = 6.19, p = .40). Ebenfalls machte es keinen signifikanten Unterschied, ob die Patient/-innen
als Haupt- oder Nebendiagnose unter einer affektiven Störung (z zwischen -0.01 und -1.16, p ≥ .29), einer Angststörung (z zwischen -0.09 und -1.60, p ≥ .11) oder allgemein unter komorbiden Störungen (z zwischen -0.53 und -1.28, p ≥ .20) litten oder nicht. Einzig auf der Subskala Problemfokussiertes Denken erzielten Patient/-innen mit einer affektiven Störung höhere Werte als Patient/innen ohne affektive Störung (z = -2.04, p < .05). Ein deutlicher Zusammenhang zwischen einem ruminativen Denkstil und Depressivität fand sich erwartungsgemäss in beiden Stichproben. Sowohl für den Gesamtwert des RTS-D als auch für alle vier Subskalen zeigten sich signifikante Korrelationen mit dem ADS-K bzw. BDI (siehe Tabelle 2). Auch die Ruminationsskalen der anderen Fragebögen waren signifikant mit den beiden Depressionsmassen assoziiert (nicht-klinische Stichprobe: ADS-K und RSQ-D: r = .50, ADS-K und PSAS: r = .55,
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ADS-K und CERQ: r = .40; klinische Substichprobe: BDI und RSQ-D: r = .59, BDI und PSAS: r = .53; alle p < .01). Die Korrelationskoeffizienten unterschieden sich in ihrer Ausprägung nicht signifikant voneinander (jeweils z < 1.96), d. h. der Zusammenhang zwischen Depressivität und Rumination konnte mit dem RTS-D ebenso gut abgebildet werden wie mit den anderen Ruminationsmassen. Wie eine partielle Korrelation zwischen RTS-Gesamtwert und Depressivität mit der Ruminationsskala des RSQ-D als Kontrollvariable zeigte, erfasste der RTS-D jedoch nicht lediglich depressive Rumination, sondern ging darüber hinaus (nicht-klinische Stichprobe: r = .34, klinische Substichprobe: r = .36, jeweils p < .01). In der nichtklinischen Stichprobe zeigte sich auch für die vier Subskalen dasselbe Bild (r zwischen .18 und .30, jeweils p < .05). In der klinischen Stichprobe hingegen wurden die Subskalen Repetitives Denken (r = .22, p = .06) und Kontrafaktisches/Hypothetisches Denken (r = .10, p = .38) bei Kontrolle des RSQ-D nicht mehr signifikant. Erwartungsgemäss fanden sich in der vorliegenden Studie nicht nur Zusammenhänge zwischen einem ruminativen Denkstil und Depressivität, sondern auch Assoziationen mit Ängstlichkeit: Das BAI korrelierte in der klinischen Substichprobe signifikant mit allen vier Subskalen und dem Gesamtwert. In ihrer Höhe waren diese Korrelationen vergleichbar mit den Korrelationen zur Depressivität (jeweils z < 1.96).
Diskussion In der vorliegenden Arbeit wurden die psychometrischen Eigenschaften einer deutschen Version des Ruminative Thought Style Questionnaire an einer klinischen und einer nicht-klinischen Stichprobe untersucht. Die einfaktorielle Struktur der englischsprachigen Originalversion von Brinker und Dozois konnte nicht repliziert werden, hingegen liess sich das vierfaktorielle Modell nach Tanner et al. bestätigen. In der vorliegenden Studie verfügt der RTS-D somit als 15-Item-Version über vier Subskalen mit einer übergeordneten Skala (siehe Anhang). Die Subskalen wurden auf Deutsch in (F1) Repetitives Denken („repetitive thoughts”), (F2) Kontrafaktisches/Hypothetisches Denken („counterfactual thinking“), (F3) Problemfokussiertes Denken („problem-focused thoughts“) und (F4) Zukunftsgerichtetes Denken („anticipatory thoughts“) benannt. Dass die deutsche Bezeichnung der zweiten Subskala vom englischen Original leicht abweicht, liegt darin begründet, dass sich kontrafaktisches Denken korrekterweise nur auf vergangene Ereignisse bezieht (siehe z. B. Roese & Olson, 2014), die Subskala jedoch auch ein Item zu Gedanken über mögliche Szenarien in der Zukunft beinhaltet. © 2016 Hogrefe Verlag
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Die vier Subskalen sind hierarchisch unter einem übergeordneten Faktor, der einen allgemeinen ruminativen Denkstil abbildet, organisiert. Diese Faktorenstruktur wurde sowohl in der nicht-klinischen als auch in der klinischen Stichprobe bestätigt, wobei ein Mehrgruppenvergleich die Invarianz des Messmodells in beiden Stichproben belegte. Die mit dem RTS-D erfasste Rumination erwies sich in der vorliegenden Studie somit nicht wie von Brinker und Dozois ursprünglich beabsichtigt als eindimensionales, sondern als mehrdimensionales Konstrukt, das unterschiedliche Facetten eines grüblerischen Denkstils beinhaltet. Dieser Befund steht in Einklang mit anderen Forschungsgruppen, die von einer Mehrdimensionalität des Konstrukts „Rumination“ ausgehen. Kritisch anzumerken ist allerdings, dass die Zuordnung der Items zu den Subskalen inhaltlich in gewissen Fällen diskussionswürdig erscheint. Bei genauerer Betrachtung der Item-Zuordnung drängt sich die Frage auf, ob dieser nicht ein Reihenfolgeeffekt zugrunde liegen könnte. Wie im Anhang ersichtlich, sind die 15 Items der gekürzten Fassung den vier Subskalen nämlich blockweise zugeordnet. Da die Items den Proband/-innen nicht in randomisierter Form vorgelegt wurden, ist nicht auszuschliessen, dass das Antwortverhalten durch die Position der Items beeinflusst wurde. Wie beispielsweise Weinberger, Darkes, Del Boca, Greenbaum und Goldman (2006) in einer Studie gezeigt haben, kann die Faktorenstruktur in Abhängigkeit der Itemreihenfolge variieren. Es würde sich daher sicherlich empfehlen, die Faktorenstruktur des RTS-D in einer weiteren Studie mit zufällig angeordneten Items erneut zu überprüfen, um systematische Verzerrungen auszuschliessen. Die psychometrischen Eigenschaften der gekürzten deutschen Fassung fielen zufriedenstellend bis gut aus. Die Cronbach’s Alpha-Werte sprechen sowohl für die Gesamtskala als auch für die Subskalen für eine akzeptable bis hohe interne Konsistenz. Die Befunde zur RetestReliabilität deuten zudem auf eine gute Messgenauigkeit hin. Die konvergente Validität wurde anhand der etablierten Ruminationsskala des RSQ-D sowie den Subskalen der PSAS und des CERQ bestätigt. Erwartungsgemäss fanden sich substantielle positive Korrelationen zwischen dem RTS-D und denjenigen Subskalen der Fragebögen, welche Rumination messen, wobei die Stärke der Assoziationen in beiden Stichproben vergleichbar war. Die divergente Validität liess sich anhand der fehlenden Korrelationen (bzw. in einem einzigen Fall schwach ausgeprägten negativen Assoziation) mit der Distraktionsskala des RSQ-D und den als funktional geltenden Emotionsregulationsstrategien des CERQ ebenfalls nachweisen. Der RTS-D hat den Anspruch, einen ruminativen Denkstil unabhängig von der Valenz, der zeitlichen Orientierung und dem Inhalt der Gedanken zu erfassen und
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somit ein breit gefasstes Konstrukt abzubilden. Die valenzunabhängige Erfassung von Rumination ist auch in der gekürzten deutschen Fassung gewährleistet, da nicht ausschliesslich auf negative Ereignisse bezogene Items vorliegen. Hinweise darauf, dass der RTS-D nicht nur vergangenheitsbezogene Gedanken, sondern auch zukunftsgerichtetes repetitives Denken abbildet, zeigen sich einerseits im Vorliegen der Subskala Antizipatorisches Denken und andererseits in den signifikanten Korrelationen des Fragebogens mit einem Sorgenmass. Auch die Inhalts- und Kontextunabhängigkeit des Fragebogens konnte durch mehrere Befunde bestätigt werden: Zum einen zeigte sich, dass der Fragebogen im Vergleich zum RSQ-D nicht nur depressive Rumination erfasst, sondern einen allgemeineren Denkstil abbilden kann und zudem mit Ängstlichkeit in vergleichbar hohem Masse korreliert wie mit Depressivität. Zum andern erzielten die Patient/ ‐innen im Mittel zwar höhere Werte als die nicht-klinischen Proband/-innen, aber es zeigten sich keine signifikanten Unterschiede in Abhängigkeit von der Diagnose. Der mit dem RTS-D abgebildete ruminative Denkstil steht somit mit psychischer Belastung, nicht aber mit einer spezifischen Symptomatik in Zusammenhang. Dadurch ist ein inhaltsunabhängiger, störungsübergreifender Einsatz des Fragebogens möglich. Insgesamt legen die Befunde nahe, dass es sich bei der deutschen 15-Item-Version des RTS um ein valides und reliables Messinstrument handelt, das sowohl im nichtklinischen als auch störungsübergreifend im klinischen Setting eingesetzt werden kann und verschiedene Facetten eines ruminativen Denkstils abbildet. Gegenüber anderen, bereits bestehenden Messinstrumenten hat der RTS den Vorteil, dass er nicht nur auf negative Inhalte fokussiert, sondern Rumination valenzunabhängig erfasst und damit die Möglichkeit bietet, die Auswirkungen eines allgemeinen Verhaftet-Seins an Gedanken genauer zu untersuchen. Neuere therapeutische Verfahren der dritten Welle wie beispielsweise die Metakognitive Therapie nach Wells (2011), die Achtsamkeitsbasierte Kognitive Therapie nach Segal, Williams und Teasdale (2008) oder die Akzeptanz- und Commitment-Therapie nach Hayes, Strosahl und Wilson (1999) gehen davon aus, dass eine kognitive Inflexibilität, wie sie durch das Anhaften an Gedanken entstehen kann, zur Entwicklung und Aufrechterhaltung von psychischen Störungen beiträgt. Das Einüben einer bewussten Wahrnehmung der ablaufenden mentalen Prozesse und das Sich-LösenKönnen von „inneren Ereignissen“ spielt bei diesen Ansätzen eine zentrale Rolle – wobei ein solcher Umgang für Gedanken und Gefühle jeglicher Valenz propagiert wird. Mit dem RTS liegt ein interessantes Messinstrument vor, das für die Forschung in diesem Bereich eingesetzt werden kann.
Abschliessend müssen jedoch gewisse Einschränkungen der vorliegenden Studie genannt werden. Bei den Stichproben handelt es sich nicht um repräsentative Zufallsstichproben, sodass die Generalisierbarkeit der Ergebnisse eingeschränkt ist. Ein direkter Vergleich der beiden Stichproben ist zudem aufgrund des unterschiedlichen Erhebungsmodus (Online-Erhebung vs. PaperPencil) erschwert. Ausserdem liegen nur für die nicht-klinische Stichprobe Befunde zur Retest-Reliabilität vor. Wie bereits erwähnt, würden sich zudem weiterführende Untersuchungen zur faktoriellen Struktur des Fragebogens empfehlen, um mögliche Verzerrungen durch Methodeneffekte auszuschliessen. In weiterführenden Studien böte sich zudem ein Einsatz zusätzlicher störungsspezifischer Fragebögen an, um die transdiagnostische Anwendbarkeit des RTS-D weiter zu explorieren. Interessant wäre auch ein Vergleich des RTS-D mit Messinstrumenten, die einen repetitiven Denkstil valenzabhängig erfassen, sowie mit anderen konstruktnahen Fragebögen, wie beispielsweise dem Fragebogen zur Dysfunktionalen und Funktionalen Selbstaufmerksamkeit von Hoyer (2000).
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Dr. phil. Klaus Bader Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel Zentrum für Spezielle Psychotherapie Verhaltenstherapie-Ambulanz Wilhelm Klein-Strasse 27 4012 Basel Schweiz klaus.bader@upkbs.ch
Anhang 15-Item-Version RTS-D Faktoren und Items F1: Repetitives Denken RTS_1
Ich stelle fest, dass mir Dinge oft wiederholt durch den Kopf gehen.
RTS_2
Wenn ich ein Problem habe, zerbreche ich mir lange den Kopf darüber.
RTS_3
Ich meine, dass mir im Laufe des Tages bestimmte Gedanken immer wieder in den Sinn kommen.
RTS_4
Ich kann nicht aufhören, über gewisse Dinge nachzudenken. F2: Kontrafaktisches/Hypothetisches Denken
RTS_5
Wenn ich an eine bevorstehende Begegnung mit jemandem denke, dann stelle ich mir alle möglichen Szenarien und Gesprächsverläufe vor.
RTS_6
Ich tendiere dazu, mir vergangene Ereignisse so vorzustellen, wie ich sie gerne gehabt hätte.
RTS_7
Ich ertappe mich dabei, wie ich über Dinge nachsinne, die ich gerne getan hätte.
RTS_8
Wenn ich das Gefühl habe, eine Begegnung mit jemandem sei schlecht verlaufen, dann neige ich dazu, mir vorzustellen, wie ich mich in verschiedenen Szenen anders hätte verhalten können.
RTS_9
Wenn ich versuche, ein schwieriges Problem zu lösen, bemerke ich, wie ich immer wieder an den Anfang zurückkehre, ohne jemals eine Lösung zu finden.
F3: Problemfokussiertes Denken
RTS_11 Ich war noch nie in der Lage, unerwünschte Gedanken links liegen zu lassen. RTS_12 Selbst wenn ich mehrere Stunden über ein Problem nachdenke, habe ich Schwierigkeiten, es vollständig zu verstehen. RTS_13 Es ist sehr schwierig für mich, für gewisse Probleme eine klare Lösung zu finden, egal wie lange ich darüber nachdenke. RTS_14 Manchmal ertappe ich mich dabei, wie ich mehrere Stunden dagesessen und über etwas nachgedacht habe. F4: Antizipatorisches Denken RTS_17 Wenn ich ein aufregendes Ereignis vor mir habe, stören mich diesbezügliche Gedanken bei meiner gegenwärtigen Arbeit. RTS_20 Wenn ein wichtiges Ereignis bevorsteht, kann ich nicht aufhören, darüber nachzudenken.
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Aus dem trAININgSmANuAl ist ein vollständiges leHrBucH uND prAxISHANDBucH geworden, das alles enthält, was benötigt wird, um wirksam psychotherapie zu machen – zusätzlich zu störungsspezifischen Interventionen. Die DBt dient nicht nur der Behandlung von allen persönlichkeitsstörungen und -akzentuierungen sondern ebenso der therapie von Achse-I-Störungen wie Depression, Angst, Zwang, Bulimie, Anorexie, Dissoziation, Suizidalität, Sucht, trauma, ADHS u. a. Dieses Buch enthält eine nie dagewesene unendlich große Fülle von genialen tools zu Achtsamkeit, emotionsregulation, Selbstberuhigung, Stressbewältigung, kommunikation, krisenbewältigung, Antisuizid. Der dazu gehörende ZweIte BAND ist ein ArBeItSBucH für therapeutInnen und patientInnen und enthält eine reiche Sammlung von therapiematerialien, die mit dem DBt Skills training manual exakt abgestimmt sind und so ermöglichen – auch ohne DBt-Ausbildung – von diesem Behandlungskonzept zu profitieren. Neben den dialektischen Strategien sind völlig neue und bisher unbekannte höchst wirksame Interventionen enthalten, so dass kreativität und effektivität zugleich gegeben sind. Auch bislang schwierigste, kaum voranschreitende und belastende therapien stagnieren nicht mehr. mit diesem Buch nimmt die große meisterin der psychotherapie mArSHA lINeHAN den noch nicht so erfahrenen und sicheren psychotherapeuten an der Hand und begleitet ihn bei den schwierigen passagen der psychotherapie. Aber auch erfahrene psychotherapeutInnen lernen von ihr so viel, dass sich sagen lässt > Das DBT Handbuch gehört in jede psychotherapeutische Praxis und Klinik.
BAND 1 DBT Skills Training Manual
ISBN 978-3-86294-035-6 | ca. 500 Seiten Din A 4 | Hardcover | € 74,–
BAND 2 Handouts und Arbeitsblätter
ISBN 978-3-86294-036-3 | ca. 420 Seiten Din A 4 | Spiralbuch | € 68,–
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ISBN 978-3-86294-037-0 | € 128,–
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Rezensionen Psychotherapie in der Frauenheilkunde Juliane Junge-Hoffmeister Judith Alder & Corinne Urech (2014) Psychotherapie in der Frauenheilkunde. Fortschritte der Psychotherapie, Band 56 Göttingen: Hogrefe, VIII/125 S., EUR 19,95, E-Book (PDF) EUR 16,99 ISBN 978-3-8017-2441-2 In den letzten Jahrzehnten hat eine gendersensitive Betrachtung psychischer und somatischer Beschwerden innerhalb der Klinischen Psychologie und Psychotherapie bzw. Psychiatrie und Psychosomatik zunehmend an Bedeutung gewonnen. Psycho-biologische Grundlagenwissenschaften und Psychotherapieforschung liefern die Evidenz für geschlechtsspezifisch modifizierte ätiopathogenetische Modelle und werfen Fragen nach entsprechend adaptierten Therapieansätzen auf. Der vorliegende Band „Psychotherapie in der Frauenheilkunde“ von Judith Alder und Corinne Urech aus der Reihe Fortschritte in der Psychotherapie reflektiert die Sinnhaftigkeit einer solchen Herangehensweise in hervorragender Weise. Die Autorinnen beleuchten vier wichtige Themenbereiche im reproduktiven Lebenszyklus der Frau bzw. des Paares im Schnittfeld zwischen somatischer und psychologisch-psychotherapeutischer Perspektive. Dazu gehören Prämenstruelles Syndrom und Prämenstruelle dysphorische Störung, ungewollte Kinderlosigkeit, psychische Störungen in der Peripartalzeit sowie das klimakterische Syndrom. Der gängigen Struktur der Fortschritte-Reihe folgend werden diese vier Themenbereiche zunächst jeweils kompakt in ihren klinischen Facetten charakterisiert und diagnostisch eingeordnet, bevor relevante somatische und psychologische Störungsmodelle dargestellt werden. Daraus wird die jeweilige Behandlungsindikation abgeleitet und zusammenfassend dargestellt. Psychotherapeutische Ansatzpunkte werden herausgearbeitet und entsprechende Behandlungsmethoden beispielhaft dargestellt, wobei ein Basiswissen in verhaltenstherapeutischen Methoden vorausgesetzt wird. Jedes Kapitel wird mit Informationen zu aktuellen Wirksamkeitsnachweisen für die dargestellten Interventionen abgerundet. Die große Stärke des Buches ist, dass es einen Überblick über spezifische Fragestellungen in der psychotherapeutischen Arbeit mit Frauen verschiedenen Alters gibt © 2016 Hogrefe Verlag
und dabei die somatische und psychische Perspektive gut verstehbar für den interessierten Psychotherapeuten verknüpft. Dieser Anspruch erweist sich gleichzeitig als eine große Herausforderung, denn die detaillierte und präzise Darstellung von nicht weniger als vier verschiedenen Problembereichen, incl. ihrer psychotherapeutischen Implikationen gelingt im Rahmen des in der FortschritteReihe zur Verfügung stehenden Seitenumfangs in einzelnen Bereichen m. E. nicht ganz. Im ersten Kapitel werden Prämenstruelles Syndrom (PMS) und Prämenstruelle dysphorische Störung (PMDS) zunächst historisch sowie diagnostisch eingeordnet und voneinander abgegrenzt. Die Autorinnen verdeutlichen dabei sehr gut nachvollziehbar das Verständnis der PMDS als einer psychischen Störung, die sich bzgl. Intensität und klinischen Implikationen für die individuell Betroffene von einer vorübergehenden „Befindlichkeitsstörung“ unterscheidet. Das dargestellte Störungsmodell berücksichtigt auf der Basis aktueller wissenschaftlicher Quellen demzufolge neben biologischen Prädispositionen (u. a. endokrine Faktoren, genetisch bedingte Überempfindlichkeit gegenüber hormonellen Veränderungen) auch psychologische, soziale und kulturelle Faktoren. Methoden der multidisziplinären und multimodalen Diagnostik werden – in allen Kapiteln – vorgestellt und entsprechende Quellen benannt bzw. im Anhang zur Verfügung gestellt. Die sich daraus ergebenden zumeist kognitiv-verhaltenstherapeutischen Behandlungsoptionen werden in diesem Kapitel zusammenfassend dargestellt, teilweise auch anhand konkreter symptomspezifischer Beispiele. Das zweite Kapitel zu ungewollter Kinderlosigkeit gibt ebenso wie die anderen Beiträge einen sehr guten Einblick in die Thematik, insbesondere die psychosozialen Implikationen der Kinderlosigkeit und Kinderwunschbehandlung, wobei eine große Anzahl wissenschaftlicher Quellen herangezogen wurde. In einer bedürfnisorientierten Gesellschaft, die manchmal keine Grenzen zu
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kennen scheint, ist dieses Thema von zunehmender Relevanz für Psychotherapeuten in Einzel- sowie Paarbehandlungen. Auch hier wird man als Leser mit einem Grundlagenwissen zu den biologischen Zusammenhängen der Infertilität und der entsprechenden Behandlungsmethoden „versorgt“. Dieses könnte – wie auch andernorts in dem Buch – je nach medizinischer Vorbildung möglicherweise als recht komprimiert empfunden werden, bietet jedoch ausreichend Ansatzpunkte für die persönliche Weiterbildung und eine sehr gute Grundlage zur Einordnung der jeweiligen Symptomatik der Frau bzw. ihrer somatischen Behandlung(en) durch Gynäkologen und in diesem Fall speziell auch Reproduktionsmediziner. Hinweise zur Psychotherapie werden auch in diesem Abschnitt eher komprimiert angeboten. Hilfreich ist sicher die tabellarische Darstellung der jeweiligen Ziele der Psychotherapie entlang des Prozesses zwischen Konfrontation mit der Infertilitätsproblematik, über Entscheidung zur Behandlung, Misserfolgsverarbeitung und schließlich Adaption an eine evtl. eingetretene Elternschaft. Spezifische kognitive Verzerrungen werden benannt und therapeutische Ansatzpunkte (z. B. für den Umgang mit den Unsicherheiten während der Behandlung oder die Verabschiedung des Kinderwunsches) werden exemplarisch herausgearbeitet. Dadurch liefern die Autorinnen hilfreiche Impulse für die konkrete therapeutische Arbeit. Kapitel 3 befasst sich mit psychischen Störungen in der Peripartalzeit. In diesem Kapitel werden die eingangs erwähnten Grenzen des Formats m. E. am deutlichsten berührt. So umfasst das Kapitel eine Fülle von interessanten und aktuellen Befunden zu Angst- und depressiven Erkrankungen in der Schwangerschaft und Postpartalzeit, zu deren Ätiologie, Diagnostik und Differentialdiagnostik, zu den physiologischen Veränderungen während der Schwangerschaft und deren Auswirkungen auf die kindliche Entwicklung, zur mütterlichen postpartalen Anpassung und ihrem Einfluss auf die Mutter-Kind-Interaktion sowie zur Behandlung. Bzgl. letzterer werden psychopharmakologische und psychotherapeutische, möglichst multiprofessionelle Methoden dargestellt. Allein diese Aufzählung macht deutlich, dass es sich bei dem Thema um ein sehr umfassendes handelt, das durchaus einen eigenen Band gerechtfertigt hätte. Unter den gegebenen Bedingungen (26 Seiten) versuchen die Autorinnen alle wesentlichen Informationen in hoher Dichte und systematisch darzustellen. Die Umsetzung ist einerseits in ihrem faktischen Informationsgehalt beeindruckend, andererseits zuweilen unbefriedigend, weil viele Fakten nebeneinander stehen und die Möglichkeit ihrer Aggregation und Veranschaulichung, z. B. auch im Rahmen von Fallbeispielen nicht genutzt wird/werden kann. Nicht jede Tabelle, die Informationen systematisiert, hilft auch, die Problematik klinisch zu durchdringen. Dies gilt auch
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für die Darstellung der therapeutischen Ansatzpunkte, die in großer Zahl erwähnt werden. Ihre Umsetzung im Rahmen eines in diesem Bereich notwendigen multiprofessionellen Vorgehens mit oft intensiver Netzwerkarbeit ist jedoch in der Praxis herausfordernd. Insbesondere die Mutter-Kind-Interaktionstherapie, als ein Spezifikum in der Behandlung postpartaler psychischer Erkrankungen, hätte eine intensivere Betrachtung verdient gehabt. Gerade die Fokussierung auf eine potentiell gestörte Mutter‐Kind-Interaktion (nicht nur bei Säuglingen), d. h. die Wahrnehmung der Patientin als Mutter, deren Symptomatik einen entscheidenden Einfluss auf die Entwicklung des Kindes haben kann, findet in der psychotherapeutischen Routinepraxis noch zu selten statt. In Kapitel 4 wird abrundend das Klimakterische Syndrom in seinen Facetten und in oben bereits mehrfach genannter Systematisierung umfassend dargestellt. In einer Zeit, in der die Forderung nach „ewiger Jugend“ über die Medien implizit und explizit transportiert wird, fällt es vielen Frauen schwer, natürliche Alterungsprozesse zu akzeptieren. Psychische Anpassungsprobleme können die Folgen sein. Das Kapitel bietet in sehr gut lesbarer Weise wiederum einen Überblick über zu Grunde liegende hormonelle Veränderungen und ihre psychosozialen Auswirkungen. Neben genauen Empfehlungen zur Anamnese werden auch die therapeutischen Ansatzpunkte greifbar und konkret dargestellt. Neben einem Fallbeispiel gibt es u. a. Anleitungen für symptomspezifische Entspannungsübungen sowie zur kognitiven Umstrukturierung. Auch medizinische und komplementäre Behandlungsmethoden werden dargestellt und ermöglichen dem Psychotherapeuten ein ganzheitliches Verständnis der aktuellen Lebenssituation sowie externer Behandlungsempfehlungen. Zusammenfassend ist festzuhalten, dass es den Autorinnen sehr gut gelungen ist, einen spezifischen Blick auf mögliche psychische Probleme im Lebenszyklus der Frau zu werfen, was für jeden Psychotherapeuten und/oder Arzt, interessant sein dürfte. Judith Alder und Corinne Urech haben eine Fülle wissenschaftlicher Einzelbefunde zum Verständnis der jeweiligen Problematik im Schnittfeld zwischen Medizin bzw. Biologie und Psychologie zusammengetragen und systematisch aggregiert. Der Titel „Psychotherapie in der Frauenheilkunde“ mag für den einen oder anderen Leser etwas irreführend sein, da die praktische Umsetzung bestimmter psychotherapeutischer Methoden meist wenig vertiefend dargestellt wird. Auf Grund der biologischen Determiniertheit hormoneller Veränderungen als Mitursache der hier dargestellten psychosomatischen Beschwerden, wäre es dabei sicher interessant gewesen, neueren Ansätzen wie Achtsamkeitsund Akzeptanzbasierten Therapiemethoden noch mehr Raum zu geben. Trotz dieser Einschränkungen vermittelt
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der Band jedoch einen sehr guten Überblick und gibt wertvolle Impulse für konkretes psychotherapeutisches Arbeiten mit Frauen. Rezensentin: Dr. rer. nat. Dipl.-Psych. Juliane Junge-Hoffmeister, Universitätsklinikum Carl Gustav Carus, Klinik und Poliklinik für Psy-
chotherapie und Psychosomatik, Fetscherstraße 74, 01307 Dresden, Juliane.Junge-Hoffmeister@uniklinikum-dresden.de
DOI: 10.1026/1616-3443/a000346
Therapiemotivation Christoph Flückiger Dietmar Schulte (2015) Therapiemotivation – Widerstände analysieren, Therapieziele klären, Motivation fördern Göttingen: Hogrefe, 253 S., EUR 29,95, E-Book (pdf + epub) EUR 26,99 ISBN 978-3-8017-2641-6 Die Wirksamkeit psychotherapeutischer Interventionen ist bei vielen psychischen Störungen gut dokumentiert. Trotz dieses allgemeinen Wirksamkeitsnachweises gibt es einen beträchtlichen Anteil an Patienten, die ihre Therapie entweder frühzeitig abbrechen, in der Therapie kaum Fortschritte machen oder nach der Therapie wieder in ihre alten Verhaltensmuster zurückfallen. Eine Erklärung dieser suboptimalen Wirksamkeit liegt im Umgang mit Widerständen und damit verbundener Veränderungsund Therapiemotivation. Therapiemotivation ist ein weites Feld; es gibt wohl kaum ein psychotherapeutisches Konzept das sich in der einen oder anderen Form nicht auf das Verständnis und die Veränderung des Motivationssystems von Patienten beziehen würde. Eine evidenzbasierte Systematik konkreter therapeutischer Strategien wie Therapeuten ihre Patienten ins Boot holen und im Boot behalten können, wird nach wie vor gefordert (z. B. Swift & Greenberg, 2015). Das Buch von Prof. Dr. Dietmar Schulte versucht im mehr oder weniger kreativen Chaos der motivationsbezogenen Psychotherapiekonzepte eine logisch aufgebaute Systematik zu schaffen. Kritiker würden wohl nur zu gerne monieren, dass ein solcher Versuch ganz grundsätzlich nur scheitern kann. „Gewiss!“, würden die Vermittler der (inneren) Kritiker wohl darauf gelassen antworten und hinweisen, dass das Scheitern im vorliegenden Fall jedoch in einer vorzüglich systematischen und ästhetischen Art und Weise geschieht. Das Buch bietet ein Destillat einer wissenschaftlichen und konzeptuellen Auseinandersetzung mit dem Thema. Viel wurde über einzelne Teilaspekte geschrieben – so kompakt und geordnet jedoch noch selten. Der erste Teil des Buches widmet sich der Definition und den motivationstheoretischen Grundlagen therapie© 2016 Hogrefe Verlag
bezogener Widerstände. Dem Autor gelingt es äußerst geschickt die aus dem allgemeinen Erfahrungs- und Wortschatz entnommenen therapeutischen Konzepte mit handlungstheoretischen Modellen zu verbinden. Der daraus entstehende Mehrwert besteht darin, dass die einzelnen therapeutischen Konzepte wie Widerstand, Engagement, Bereitschaft oder Therapieziele nicht etwa lose therapieschulgebunden im Raum herum schwirren, sondern in einem handlungstheoretischen Rahmenmodel eingeordnet und miteinander in Beziehung gebracht werden. Der zweite Teil zeigt sechs konkrete therapeutische Verhaltensregeln auf, die in der Therapie ganz allgemein motivationssteigernd wirken. Diese basalen evidenzbasierten Verhaltensregeln umfassen alte bekannte jedoch nicht minder weise Wirkfaktoren wie Wertschätzung, Empathie, Information, Sicheres Auftreten und Ebenbürdigkeit. Die empirische Evidenz der meisten dieser Wirkfaktoren erwies sich auch in den aktuellsten Meta-Analysen als erstaunlich robust (z. B. Norcross, 2011; Wampold & Imel, 2015). Der dritte Teil widmet sich situationsspezifischer Interventionen, wie einzelne motivationsbezogene Stolpersteine während der Therapie praktisch angegangen werden können. In diesem Teil gelingt es dem Autor trotz der Fülle möglicher Schwierigkeiten einen konkreten Leitfaden herauszuarbeiten, der zusammenfassend auf einer A‐4 Seite Platz findet. Dieser Leitfaden kann als Spickzettel in die Therapie mitgenommen werden. Auf den ersten Blick könnte das Buch in seiner klaren Logik dem Leser möglicherweise wie eine etwas trocken vorgetragene Abhandlung scheinen. Die scharfsinnige Systematik ist jedoch äußerst ästhetisch und erinnert
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in ihrer Form an Max Webers Soziologieklassiker „Wirtschaft und Gesellschaft“ – eine Freude der Klarheit. Hinzu kommt die altersgelassene Selbstironie, die das Lesevergnügen bedeutend steigert. So werden die sechs oben erwähnten Verhaltensregeln beispielsweise als sogenannte „WEISE-Regeln“ verkauft. In Anbetracht des Themas hätte eine etwas explizitere Befriedigung des Lustbedürfnisses theoretisch aber auch in der didaktischen Präsentation durchaus noch etwas akzentuierter ausfallen dürfen. Wie Webers Bestseller hat auch das vorliegende Buch das Potential zum Klassiker. Neuere therapeutische Richtungen und damit verbundene Terminologien werden kommen und möglicherweise auch wieder gehen; viele der vorgelegten praxisnahen Essentials werden bleiben.
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Literatur Norcross, J. E. (Ed.). (2011). Relationships that works (2nd ed). Washington, DC: APA Books. Swift, J. K. & Greenberg, R. P. (2015). Premature Termination in Psychotherapy: Strategies for Engaging Clients and Improving Outcomes. Washington, DC: APA Books. Wampold, B. E. & Imel, Z. E. (2015). The Great Psychotherapy Debate – The Evidence for What Makes Psychotherapy Work. New York, NY: Routledge.
Rezensent: PD Dr. phil. Christoph Flückiger, Universität Bern, Institut für Psychologie, Fabrikstrasse 8, 3012 Bern, Schweiz, christoph. flueckiger@psy.unibe.ch
DOI: 10.1026/1616-3443/a000336
Übergewicht und Adipositas Petra Warschburger Simone Munsch & Anja Hilbert (2015) Übergewicht und Adipositas. Fortschritte der Psychotherapie, Band 59 Göttingen: Hogrefe, VII/80 Seiten, EUR 19,95, E-Book EUR 16,95 ISBN 978-3-8017-2566-2 Der 59. Band der Reihe widmet sich mit „Übergewicht und Adipositas“ einem gesundheitspsychologisch sehr relevanten Thema, ist doch mittlerweile jeder 2. Erwachsene und jedes 5. Kind übergewichtig. Obwohl es sich bei Übergewicht oder Adipositas nicht um psychische Störungen im engeren Sinne handelt, spielen psychische Aspekte sowohl bei der Genese, aber vor allem auch bei der Aufrechterhaltung und damit auch in der Therapie eine zentrale Rolle. Psychologische Konzepte stellen die zentrale Säule in den oftmals multimodalen Behandlungskonzepten dar – und dies verdeutlichen die beiden Autorinnen, beide ausgewiesene Expertinnen im Bereich der Adipositasforschung und -therapie, in diesem Buch sehr überzeugend. Das Buch gliedert sich in sechs inhaltliche Kapitel zzgl. weiterführender Literatur, Referenzliste und einem Anhang mit ausgewählten Materialien. Hinzu kommen, wie in der gesamten Buchreihe, „Einsteckkarten“ – hier einmal ein Interviewleitfaden zum Erstgespräch und ein Leitfaden zum therapeutischen Vorgehen inkl. Hinweisen zur detaillierten Beurteilung des Behandlungsverlaufs. Einführend präzisieren die Autorinnen, dass sich ihr Buch an ärztliche und psychologische Psychotherapeuten richtet, die sich für die kognitiv-behaviorale Behandlung
der Adipositas interessieren und Hinweise für die Umsetzung erhalten wollen. Dabei liegt der Fokus ganz klar auf den Konzepten für Erwachsene, entsprechende Leitfäden für die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen liegen bereits vor (vgl. Warschburger & Petermann, 2008). Die Autorinnen verweisen richtigerweise darauf, dass ein interdisziplinäres Behandlungskonzept und -vorgehen essentiell sind, aber im Rahmen dieses Buches z. B. grundlegende Aspekte eines Ernährungs- und Bewegungsprogramms nicht fokussiert werden (können). An dieser Stelle soll kurz erwähnt werden, dass an geeigneten Stellen durchaus auch auf weiterführende Literatur verwiesen wird. Im ersten Kapitel steht die Beschreibung des Störungsbildes im Vordergrund. Hierzu werden prägnant und präzise die Definition und Klassifikation der Adipositas beschrieben, auf epidemiologische Daten zur Prävalenz und Verlauf sowie zur Komorbidität, hier vor allem bezogen auf die psychische Komorbidität und die Stigmatisierung, eingegangen. Gerade diese Informationen sind wichtig für den Therapeuten, da sie wesentlich für das Verständnis des Leidensdrucks der Betroffenen sind. Im zweiten Kapitel werden Störungstheorien und Erklärungsmodelle vorgestellt. Dabei liegt auch hier der Fokus auf den psychosozialen Faktoren, die dann auch später im
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Rahmen der Therapie adressiert werden, ohne jedoch die biologischen Faktoren und deren Relevanz für das Krankheitsverständnis außen vor zu lassen. Gelungen ist sicherlich das integrative Erklärungsmodell, das den Blick auf die modifizierbaren aufrechterhaltenden Faktoren lenkt. Die Diagnostik und Therapieindikation wird im folgenden Kapitel thematisiert. Der Leser erhält relevante Informationen zur Diagnostik des Gewichtsstatus, des Ernährungsverhaltens und der körperlichen Aktivität sowie zum konkreten Essverhalten. Ausführlicher wird auch auf mögliche Kontraindikationen einer Adipositasbehandlung und besondere psychosoziale Indikationsstellungen eingegangen. Das vierte Kapitel mit der Darstellung der kognitiv-behavioralen Behandlungsansätze ist das Kernstück des Buches. Basal wird auf die Notwendigkeit einer Ernährungsumstellung und der Steigerung der körperlichen Aktivität, deren Aufbau und Modifikation wesentlich mit verhaltenstherapeutischen Methoden erfolgt, eingegangen. Anschließend gliedern die Autorinnen die kognitiv-behaviorale Arbeit in fünf Behandlungsphasen, die Psychoedukation und den Motivationsaufbau, die Verhaltensänderung im Bereich der Ernährung, der Bewegung und des Essverhaltens, der Planung zum Umgang mit Schwierigkeiten und Risikosituationen, die Aufrechterhaltung von Verhaltensänderungen und Rückfallprophylaxe und der Indikation zu weiterer psychotherapeutischer Behandlung. Im jedem dieser Bereiche werden anschaulich – durch kleine Tabellen oder ausgewählte Arbeitsmaterialien – die Inhalte, das Vorgehen und das dahinterliegende therapeutische Prinzip verdeutlicht. Kleinere Einschübe illustrieren wie der Therapeut bestimmte Aspekte konkret ansprechen und therapeutisch bearbeiten kann. Abgerundet wird die Darstellung der Behandlung noch durch eine ausgewogene Diskussion der Indikation und Kontraindikation für medikamentöse und chirurgische Behandlungsmaßnahmen bei Adipositas. Im
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fünften Kapitel wird dann kurz auf den Stand der Wirksamkeitsforschung bei der psychologischen Behandlung von Adipositas eingegangen und auf noch unerklärte Fragestellungen und Forschungsbedarf hingewiesen. Im vorletzten Kapitel wird das Vorgehen anhand einer ausführlichen Falldarstellung nochmals exemplarisch verdeutlicht. Abschließend finden sich dann noch Hinweise für weiterführende Literatur. Die Zahl der wissenschaftlichen Arbeiten im Bereich der Adipositas ist mittlerweile nahezu unüberschaubar und oftmals fehlt ein integratives Modell zur Eingliederung und Bewertung all dieser einzelnen Befunde. Genau dieses ist den Autorinnen gut gelungen. Insgesamt handelt es sich um ein gut lesbares Buch, die Informationen sind prägnant und differenziert dargestellt, die Auswahl der therapeutischen Materialien ist wohldurchdacht, die Materialien sind anschaulich und für die therapeutische Praxis gut einsetzbar. Der Leser erhält einen guten Einblick in den aktuellen Stand der Therapieforschung und den enormen Handlungsbedarf, der gerade auch bezogen auf alternative Herangehensweisen besteht. Leider fristet Adipositas immer noch zu Unrecht ein Schattendasein im Bewusstsein von Psychotherapeuten als nicht bedeutsames Handlungsfeld. Dieses Buch kann einen Beitrag dazu leisten, diese Einschätzung zu korrigieren. Literatur Warschburger, P. & Petermann, F. (2008). Adipositas. Leitfaden Kinder- und Jugendpsychotherapie (Band 10). Göttingen: Hogrefe. Rezensentin: Prof. Dr. Petra Warschburger, Universität Potsdam, Department Psychologie, Beratungspsychologie, Karl-Liebknecht-Str. 24 – 25, 14476 Potsdam, warschb@uni-potsdam.de DOI: 10.1026/1616-3443/a000347
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Nachrichten Arbeitsgemeinschaft für VerhaltensModifikation e.V.
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AK-LT-Konferenzen 2016
25 Jahre AVM – Jubiläumskongress vom 07. – 09. Oktober 2016 in Bamberg
Die nächsten Termine für die AK-LT-Konferenzen 2016 sind: · 09. Juli in Bamberg · 05. November in München
VERHALTENSTHERAPIE ERLEBEN Passagen – Strömungen – Schätze Unter diesem Motto steht der Jubiläumskongress „25 Jahre AVM Deutschland“. Erkunden Sie Passagen in die Zukunft der Psychotherapie, erfahren Sie Neues über aktuelle Strömungen – finden Sie kleine und große psychotherapeutische Schätze. Erleben Sie im Herzen der Weltkulturerbestadt Bamberg einen Psychotherapiekongress der intensiven wissenschaftlichen Diskurse und besonderer praktischer Erfahrungen. Feiern Sie mit uns unseren 25. Geburtstag – Sie sind herzlich willkommen.
Semester-Eröffnungswochenende 2016 Das traditionelle Semester-Eröffnungswochenende der AVM mit Mitgliederversammlung findet in diesem Oktober im Rahmen des Jubiläumskongresses am 08. und 09. Oktober in Bamberg statt. Hierzu laden wir alle Ausbildungsteilnehmer und Mitglieder bereits jetzt herzlich ein.
Mitgliederversammlung 2016 Die nächste Mitgliederversammlung der AVM e.V. findet am Sonntag, den 09. Oktober 2016 in Bamberg statt. Eine Einladung hierzu geht den Mitgliedern noch gesondert zu. Bitte stellen Sie Anträge schriftlich bis 6 Wochen vor der Mitgliederversammlung an den Vorstand.
Allen AK-Leitern und Supervisoren geht hierzu eine gesonderte Einladung zu.
Ausbildung zum Psychologischen Psychotherapeut und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut – jetzt bewerben für Herbst 2016! Interessenten für die Ausbildung zum Psychologischen Psychotherapeut (PP) und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut (KJP) an den AVM-Ausbildungsstandorten der Arbeitsgemeinschaft für Verhaltensmodifikation (AVM) in Bamberg, München, Regensburg und Würzburg können Bewerbungen für den kommenden Jahrgang 2016 zusenden – auch in den neu geplanten Kursen in Nürnberg sind noch Plätze frei. Informationen finden Sie auf der Website www.avm-institute.de.
Zertifikat „Training Sozialer Kompetenzen“ (TSK) Die AVM bietet die beliebte 3er-Workshopreihe «Training Sozialer Kompetenzen» (TSK) mit unserer Lehrthe-
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rapeutin Erika Güroff im Sommersemester am Standort Würzburg an. Die 3er-Reihe TSK mit hohem Selbsterfahrungsanteil wird außerhalb des regulären Curriculums und der Approbations-Ausbildungen angeboten. Alle Teilnehmer erhalten als Workshopmaterial das neue Trainingsprogramm Selbstsicherheit und soziale Kompetenz mit beiliegender DVD von Frau Güroff. Für AVM-Mitglieder und Ausbildungsteilnehmer gelten ermäßigte Workshoppreise. Termine: · 4./5. Juni 2016 (Modul 1/3) · 2./3. Juli 2016 (Modul 2/3) · 23./24. Juli 2016 (Modul 3/3) Sie erhalten im Anschluss ein AVM-Zertifikat. Weitere Informationen finden Sie im Kalender unserer Webseite www.avm-d.de.
Sozialrechtlich anerkannte Zusatzqualifizierungen (Psychotherapeutenrichtlinie): Gruppen-Psychotherapie September – Dezember 2016 an den AVM-Standorten Würzburg und München Bei vielen Indikationen bietet die Psychotherapie in der Gruppe erfolgreiche Behandlungsmöglichkeiten – unter ökonomischen Bedingungen. Für Psychologische PsychotherapeutInnen sowie Kinder – und JugendlichenpsychotherapeutInnen, die ihre Methodenkompetenz erweitern wollen, bietet die AVM von September bis Dezember 2016 eine Weiterbildung “Gruppentherapie“ an: Neben Setting, Rahmenbedingungen und aktuellen Theoriemodellen und ihrer Anwendungen werden ver-
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schiedene, störungsübergreifende und -spezifische Methoden vermittelt und geübt. Die für eine Abrechnungsgenehmigung der KBV zusätzlich notwendige Gruppenselbsterfahrung und Fallbehandlungen unter Supervision können gegebenenfalls aus der Approbationsausbildung oder einer externen Tätigkeit anerkannt werden. Weitere Informationen finden Sie auf der Website www.avm-institute.de.
Berufsbegleitende Weiterbildungsreihe in Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie (KJP) Ab Herbst 2016 an den AVM-Standorten Würzburg und München Aufbauend auf entwicklungspsychologische Erkenntnisse liegen die Schwerpunkte der Reihe auf diagnostischen und therapeutischen Besonderheiten bei Kindern und Jugendlichen: KJP-spezifische Störungsbilder werden vertieft (AD(H)S, Entwicklungsstörungen, Regulationsstörungen, Computersucht …), aktuelle Ansätze wie zum Beispiel systemische Therapie oder therapeutisches Spielen werden vorgestellt und vor allem praktisch geübt. Neben dem Erwerb theoretischer Kenntnisse sind für die Abrechnungsgenehmigung „Psychotherapie bei Kindern und Jugendlichen“ der KBV Fallbehandlungen unter Supervision notwendig – diese finden in den institutseigenen Ambulanzen unter Supervision anerkannter AVMSupervisoren statt. Weitere Informationen finden Sie auf der Website www.avm-institute.de. Kontakt: Arbeitsgemeinschaft für VerhaltensModifikation e.V. (AVM‐D), Bundesgeschäftsstelle, Postfach 11 01 63, 96029 Bamberg, Tel. 09512805211, info@avm-d.de, www.avm-d.de
DOI: 10.1026/1616-3443/a000353
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Fachgruppe Klinische Psychologie und Psychotherapie in der Deutschen Gesellschaft für Psychologie (DGPs) Vorschlag zu Eckpunkten der Reform des Psychotherapeutengesetzes Stand: 15. März 2016
Seit dem Jahr 2011 hat die Kommission „Psychologie und Psychotherapieausbildung“ der Deutschen Gesellschaft für Psychologie in enger Abstimmung mit dem Vorstand der DGPs sowie dem Fakultätentag Psychologie verschiedene Vorschläge zur Reform des Psychotherapeutengesetzes erarbeitet. Auf der Grundlage des Beschlusses der Deutschen Psychotherapeutentags vom 15. November 2014 sowie den Diskussionen mit den Psychotherapeutenkammern, den Psychotherapieverbänden und in den bisherigen Gremien der Transitions-Arbeitsgruppen der Bundespsychotherapeutenkammer werden im Folgenden 15 Eckpunkte als Zwischenergebnis bzw. als aktualisierter Diskussionsvorschlag vorgestellt. Weitergehende Erläuterungen dazu finden sich auf der Internetseite der DGPs (www.dgps.de). 1.
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Berufsbezeichnung Es wird die „Psychologische/r Psychotherapeut/-in“ oder „Psychotherapeut/in“ vorgeschlagen. Es wird empfohlen, diese Berufsbezeichnung in Kombination mit den erworbenen akademischen Abschlüssen zu verwenden, z. B. M. Sc. (Psychologie). Legaldefinition Ausübung von Psychotherapie im Sinne dieses Gesetzes ist jede mittels wissenschaftlich anerkannter psychotherapeutischer Methoden und Verfahren vorgenommene Tätigkeit zur Feststellung und Heilung oder Linderung von Störungen mit Krankheitswert, bei denen Psychotherapie indiziert ist. Nicht zur Ausübung von Psychotherapie gehören psychologische Tätigkeiten, die Zwecke außerhalb der Heilkunde zum Gegenstand haben. Im Rahmen der Forschung können auch Techniken, Methoden und Verfahren zum Einsatz kommen, die sich in der wissenschaftlichen Erprobung befinden, sofern die Patienten dem nach entsprechender Aufklärung zugestimmt haben.
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Approbationserhalt Die Approbation erhält, wer eine Ausbildung entsprechend der Approbationsordnung Psychotherapie erfolgreich mit dem Staatsexamen abgeschlossen hat sowie weitere, vom BMG festzulegende Merkmale erfüllt (z. B. Führungszeugnis u. a.). Ausbildungsziele Ziel der Ausbildung ist der/die wissenschaftlich und praktisch qualifiziert ausgebildete Psychotherapeut/in, der/die zur eigenverantwortlichen und selbständigen Berufsausübung, zur Weiterbildung und zu ständiger Fortbildung befähigt ist. Die Ausbildung soll hierbei die Studierenden zu einem eigenverantwortlichen und selbständigen, wissenschaftlich fundierten psychotherapeutischen Handeln ausbilden, das an aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen orientiert ist, zu innovativen Denk- und Problemlösungsansätzen sowie zu wissenschaftlichen Weiterentwicklungen in diesem Feld qualifiziert und zur Übernahme von Verantwortung in der Berufspraxis auch für Gruppen befähigt (Ausbildungsstufe 7, europäischer Qualifikationsrahmen). Studiengang, Regelstudienzeit Die Ausbildung zum/r Psychotherapeuten/-in umfasst einen polyvalenten Bachelor-Studiengang der Psychologie und einen Master-Studiengang der Psychologie mit Schwerpunkt in Klinischer Psychologie und Psychotherapie, soweit diese die Vorgaben der Approbationsordnung erfüllen, inklusive berufsorientierter Praktika im Umfang von mind. 600 Stunden. Die Studiengänge, die zur Approbation führen, müssen staatlich anerkannt und akkreditiert sein. Das Studium vermittelt wissenschaftliche und praktische Kompetenzen. Die Regelstudienzeit der Ausbildung beträgt 5 Jahre mit insgesamt 300 ECTS. Staatsexamen Der Abschluss der Psychotherapieausbildung erfolgt mit einem Staatsexamen. Ausbildende Hochschule Die ausbildende Hochschule muss Strukturen für die wissenschaftliche und die praktische Ausbildung sicherstellen. Für die wissenschaftliche Qualifizierung sind entsprechend qualifiziertes Lehr-und Forschungspersonal, sowie Qualifikationsmöglichkeiten auf allen wissenschaftlichen Qualifikationsebenen © 2016 Hogrefe Verlag
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(Promotion, postgraduale Weiterentwicklung/Habilitation), die Infrastruktur und Kompetenz zur Durchführung von Psychotherapieforschung, zur Erforschung entsprechender Krankheiten der Indikationsgebiete, zur Erforschung grundlegender psychischer, biologischer und sozialer Prozesse sowie Möglichkeiten zur wissenschaftlichen interdisziplinären Kooperation vorzuhalten. Für die praktische Ausbildung sind fachlich und didaktisch ausreichend qualifiziertes Lehrpersonal sowie psychotherapeutische Forschungs-und Ausbildungsambulanzen, in denen für die Ausbildung geeignete Patienten in ausreichendem Maße zur Verfügung stehen, vorzuhalten. Zur Sicherstellung der Einheit von Lehre, Forschung und Praxis in der Ausbildung werden daher die Studiengänge von Universitäten oder gleichstehenden Hochschulen angeboten. 8. Anerkennung/Akkreditierung Die entsprechenden Studiengänge müssen (zusätzlich zur regulären wissenschaftlichen Akkreditierung) für die Psychotherapie-Ausbildung durch die Landesbehörden anerkannt werden. 9. Anrechenbarkeit von Studienleistungen, Nachqualifizierungsmöglichkeiten Studienleistungen von Studiengängen, die wesentliche Elemente eines Studiums zur Approbation enthalten, können bei einem Studiengangwechsel zu einem zur Approbation in Psychotherapie führenden Studiengang anerkannt werden. Übergangsregelungen bestimmen, wie lange die bisherigen Regelungen angewandt werden können und wie in einer Übergangsphase ein Zugang zu den neuen Aus-und Weiterbildungsregelungen erleichtert werden kann. Es sind Nachqualifizierungsmöglichkeiten für alle Personen zu schaffen, denen einzelne Qualifikationsbausteine für die Inanspruchnahme der neuen Regelungen fehlen, obwohl bereits wesentliche Qualifikationsschritte erreicht wurden. Der hochschulrechtlich mögliche Weg ist, Personen im Sinne eines Zweitstudiums zum (Master‐)Studium unter Anerkennung von Studienleistungen zuzulassen. Nachqualifizierungsangebote können nur von Hochschulinstituten angeboten werden, die auch anerkannte Gesamtausbildungsprogramme zur Approbation in Psychotherapie anbieten. 10. Übergangsbestimmungen Für folgende Personengruppen sind rechtlich angemessene Übergangsregelungen zu schaffen: (a) Personen mit Approbation in Psychologischer Psychotherapie und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie (b) Personen, die sich derzeit in der Ausbildung in Psychologischer Psychotherapie oder Kinder- und © 2016 Hogrefe Verlag
Jugendlichenpsychotherapie nach aktuellem Recht befinden (c) Personen, die schon einen, nach derzeitigem Recht zur Ausbildung qualifizierenden akademischen Abschluss haben (d) Personen, die sich (noch) in einem Studiengang befinden, der zur Ausbildung nach derzeitigem Recht qualifiziert 11. Weiterbildung Im Rahmen der Weiterbildung soll die Spezifizierung (Gebiete) auf die Behandlung von Personen der Altersgruppen „Kinder und Jugendliche“ sowie „Erwachsene“ erfolgen; ggf. könnten die Benennungen der wissenschaftlich anerkannten Verfahren Schwerpunktbezeichnungen sein. Als weiteres Gebiet soll die Weiterbildung für Klinische Neuropsychologie ermöglicht werden. Bei der Planung der Musterweiterbildungsordnung müssen ein hohes Maß an Flexibilität und verschiedene Schwerpunktsetzungen möglich sein. Dies schließt ein, dass parallel zur Weiterbildung eine wissenschaftliche Weiterqualifikation und Mitarbeit im akademischen Lehr- und Forschungskontext möglich sein muss. Ein Abschluss der Weiterbildung und einer Promotion muss innerhalb von maximal fünf Jahren möglich sein. Es müssen in ausreichendem Maß Weiterbildungsstellen im ambulanten und stationären Versorgungskontext geschaffen werden. Mit Rücksicht auf die individuelle Lebensplanung der Kandidatinnen und Kandidaten (z. B. Familienzeiten) muss die Weiterbildung auch in Teilzeit und in Teilabschnitten ermöglicht werden. Zur Sicherung der strukturellen Qualität der Weiterbildung ist die Einrichtung von akkreditierten Weiterbildungsinstituten vorzusehen. 12. Leitungsfunktionen Zu den derzeitigen und zukünftigen Kompetenzprofilen und Tätigkeitsbereichen approbierter Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten gehört die Leitung von psychotherapeutischen Versorgungseinrichtungen (z. B. stationäre und teilstationäre Einrichtungen, Kriseninterventionszentren, interdisziplinäre Versorgungszentren und Einrichtungen neuer Versorgungsmodelle). Zur Herstellung von Rechtssicherheit müssen entsprechende gesetzliche Regelungen getroffen werden. 13. Heilversuche Es muss gewährleistet werden, dass in der Praxis Heilversuche möglich sind. Das ist dann der Fall, wenn wissenschaftlich anerkannte Behandlungsmethoden und -verfahren nachweislich gescheitert sind und Patienten nach adäquater Aufklärung ihr Einverständnis zum Heilversuch gegeben haben.
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14. Wissenschaftlicher Beirat Soweit die wissenschaftliche Anerkennung eines Psychotherapie-Verfahrens oder einer -Methode Voraussetzung für die Entscheidung zuständiger Behörden und Kammern ist bzw. für Fragen der Aus- und Weiterbildung sowie der psychotherapeutischen Versorgung von Relevanz ist, sollen die Entscheidungen auf der Grundlage von Gutachten eines „Wissenschaftlichen Beirates Psychotherapie“ getroffen werden. Die Besetzung erfolgt paritätisch durch die Fakultätentage und Bundeskammern der für diese Regelungen relevanten Heilberufe.
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15. Modellvorhaben Es sind Regelungen für Modellvorhaben im Rahmen der Studiengänge zu treffen, um neue Wege zur Kompetenzvermittlung und Kompetenzerweiterungen zu evaluieren. Kommission „Psychologie und Psychotherapieausbildung“ der Deutschen Gesellschaft für Psychologie (Prof. Dr. Winfried Rief, Sprecher; Prof. Dr. Andrea Abele-Brehm; Prof .Dr. Conny Antoni; Prof. Dr. Cornelia Exner; Prof. Dr. Thomas Fydrich; Prof. Dr. Silvia Schneider) DOI: 10.1026/1616-3443/a000354
Deutsche Gesellschaft für Verhaltenstherapie (DGVT) e.V. Hürden abbauen, Perspektiven eröffnen Positionen zur Podiumsdiskussion über psychosoziale Versorgung von Flüchtlingen beim DGVT-Kongress in Berlin Die große Zahl an Flüchtlingen und MigrantInnen, die in Deutschland Schutz und Perspektive suchen, beherrscht seit Monaten die öffentliche Diskussion und stellt viele Bereiche unserer Gesellschaft vor neue Herausforderungen. Neben der Unterbringung sowie der schulischen und beruflichen Integration sind auch viele Fragen hinsichtlich einer angemessenen psychosozialen Versorgung von Flüchtlingen noch nicht gelöst. Diesem Thema widmete sich eine Podiumsdiskussion im Rahmen des 29. Kongresses für Klinische Psychologie, Psychotherapie und Beratung, der vom 24. bis 28. Februar 2016 in Berlin stattfand. Die Expertenrunde wurde von Monika Basqué (Berlin) und Mike Mösko (Hamburg) moderiert, den Vorstand der DGVT vertrat Wolfgang Schreck. Die Deutsche Gesellschaft für Verhaltenstherapie (DGVT) e.V. hat zu diesem Thema bereits mehrere Stellungnahmen veröffentlicht und sich Forderungen nach einer besseren psychosozialen Versorgung von Flüchtlingen angeschlossen. Die zentralen Aussagen haben wir nachfolgend als Input für die Kongress-Diskussion zusammengefasst:
1. Gerade Menschen, die durch Kriegs- oder Terrorerfahrungen und Flucht traumatisiert wurden, brauchen professionelle Unterstützung, Sicherheit und eine Perspektive. Für die Behandlung von Posttraumatischen Belastungsstörungen, Depressionen und anderen psychischen Erkrankungen ist Psychotherapie von zentraler Bedeutung. 2. Daneben gibt es weitere Angebote, die für eine psychosoziale Versorgung Geflüchteter von großer Bedeutung sind, häufig aber nicht im Licht der öffentlichen Diskussionen stehen und unter finanziell prekären Bedingungen stattfinden. So hat der Deutsche Berufsverband für Soziale Arbeit e.V. (DBSH) dazu aufgerufen, bereits bei der Planung und Organisation der Flüchtlingsunterbringung Fachkräfte der Sozialen Arbeit einzubeziehen und ausreichend sozialprofessionelle Beratungsangebote für Flüchtlinge in den Unterkünften bereitzustellen. Viele Psychologische PsychotherapeutInnen und Kinder- und JugendlichenpsychotherapeutInnen sowie PsychologInnen beteiligen sich ehrenamtlich an psychosozialen Unterstützungsangeboten in Erstaufnahmeeinrichtungen, führen z. B. in Kleinteams ähnlich wie die ÄrztInnen offene Sprechstunden durch und machen gruppentherapeutische Angebote, die der Stabilisierung und Bewältigung der aktuellen Situation dienen. 3. In der gesundheitlichen Regelversorgung für Flüchtlinge und AsylbewerberInnen sind erhebliche Hürden für psychosoziale Angebote selbst in dringenden Fällen vorhanden. So arbeiten die bundesweit 31 Psychosozialen Zentren mit ihren rund 130 TherapeutInnen
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außerhalb der Regelversorgung und werden überwiegend durch Spenden und Stiftungsgelder finanziert, wie die Bundesweite Arbeitsgemeinschaft der Psychosozialen Zentren für Flüchtlinge und Folteropfer e.V. (BAfF) kritisiert. Ein Zugang zu den normalen Leistungen der Krankenkassen ist für AsylbewerberInnen erst 15 Monate nach Antragstellung möglich. Doch auch dann ist die Möglichkeit, zum Beispiel niedergelassene PsychotherapeutInnen aufzusuchen, stark eingeschränkt. So werden Kosten für Dolmetscher, deren Einsatz in vielen Fällen eine psychotherapeutische Behandlung erst ermöglichen würde, nicht von gesetzlichen Krankenkassen übernommen. Außerdem, darauf weist die BAfF in einer aktuellen Stellungnahme hin, können erfolgreiche Integrationsbemühungen die psychotherapeutische Behandlung sogar gefährden: „Hat ein traumatisierter Geflüchteter es nach 15 Monaten Aufenthalt und im Besitz der Gesundheitskarte geschafft, einen Behandlungsplatz zu finden und kann er in der Folge auch noch eine Ausbildung oder eine Arbeit aufnehmen, dann muss er nach der geltenden Regelung die therapeutische Behandlung wieder beenden. Denn die Ermächtigung und damit die Abrechenbarkeit der psychotherapeutischen Leistungen sind darauf beschränkt, dass die Geflüchteten EmpfängerInnen von Leistungen nach § 2 Asylbewerberleistungsgesetz sind.“ 4. Mehrfach wurde in den vergangenen Wochen und Monaten die Asylgesetzgebung in Deutschland verschärft. Dies betrifft gerade auch diejenigen Flüchtlinge, die unter den Folgen erlittener Traumatisierungen leiden. Sie sind häufig nicht in der Lage, in „Schnellverfahren“ ihre persönliche Situation und daraus resultierende psychische Probleme darzulegen. Zudem stellen selbst schwere Erkrankungen wie eine Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) kein Abschiebungshindernis mehr dar, wenn nicht unverzüglich ein detailliertes ärztliches Attest vorgelegt wird, aus dem hervorgeht, dass die Erkrankung einer Abschiebung entgegensteht. Für psychisch Erkrankte ist diese Bedingung praktisch nicht zu erfüllen. 5. Eine angemessene psychosoziale Versorgung ist nicht nur ethisch geboten, sondern auch eine unverzichtbare Voraussetzung für eine gelingende Integration. Therapeutische Behandlung, aber auch Beratung und Begleitung eröffnen vielen Geflüchteten und MigrantInnen erst die Möglichkeit, sich in der aufnehmenden Gesellschaft zurechtzufinden und ein selbstbestimmtes Leben zu führen. Dies ist die Voraussetzung für erfolgreiche Integration und reduziert auch messbar den längerfristigen Bedarf an staatlichen Transferleistungen.
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Aus den oben genannten Feststellungen ergeben sich für die DGVT die folgenden konkreten Forderungen: · Die politisch Verantwortlichen müssen für ausreichende personelle Ressourcen und die Sicherstellung der fachlichen Qualifikation in der psychosozialen Versorgung von Flüchtlingen und AsylbewerberInnen sorgen. · Insbesondere die Psychosozialen Zentren müssen dem tatsächlichen Bedarf entsprechend nachhaltig und verlässlich finanziert werden. · Bereits in den Erstaufnahmeeinrichtungen müssen offene Sprechstunden zur Früherkennung psychischer Gesundheitsprobleme durchgeführt, eine fragebogengestützte Hinweisaufnahme für Psychotrauma und andere psychische Erkrankungen erfolgen sowie niedrigschwellige gruppentherapeutische Angebote und psychosoziale Beratungsangebote inklusive Weitervermittlung in geeignete Betreuungs- und psychosoziale Behandlungsangebote geschaffen werden. Interdisziplinäre Teams können so unter Beteiligung von PsychotherapeutInnen akut notwendige Behandlungen einleiten. Hierfür müssen Honorargelder zur Verfügung gestellt werden. · Unverzichtbar ist ein rascher Ausbau der Behandlungsplätze sowie ausreichend vorhandenes und qualifiziertes Fachpersonal in der Traumatherapie. Das Bundesgesundheitsministerium muss klarstellen, dass bei nachgewiesenem Versorgungsbedarf von Opfern, die Folter, Vergewaltigung oder sonstige schweren Formen psychischer, physischer oder sexueller Gewalt erlebt haben, die Ermächtigungen für die Behandlung zwingend zu erteilen sind. · Der Aufbau eines für Flüchtlinge zugänglichen integrierten Versorgungsmodells analog der Versorgung schwer psychisch erkrankter deutscher PatientInnen ist notwendig. · Es müssen unverzüglich institutionsübergreifende DolmetscherInnenpools geschaffen werden. Die Kosten für notwendige Dolmetscherleistungen sind von den gesetzlichen Krankenkassen zu übernehmen. · Schwere somatische und psychische Erkrankungen müssen als Schutzgrund weiterhin anerkannt bleiben. Die Pflicht zur Vorlage eines qualifizierten ärztlichen Attestes innerhalb kürzester Zeit zur Vermeidung einer Abschiebung müssen revidiert werden. Die geltende Rechtsprechung, wonach Psychologische PsychotherapeutInnen den FachärztInnen gleichgestellt sind, darf nicht länger ignoriert werden, indem deren Atteste nicht anerkannt werden. · Ein freier Zugang zur medizinischen Versorgung muss Flüchtlingen und AsylbewerberInnen generell und insbesondere bei psychischen Erkrankungen gewährt werden.
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Fort- und Weiterbildung Unter dem Motto „Qualifizieren und Regenerieren“ findet vom 23. – 25. Juni 2016 die 7. Sommerakademie in Rostock-Warnemünde statt. Neben verschiedenen Workshops werden jeden Morgen Regenerationsveranstaltungen angeboten. Zudem laden längere Pausen dazu ein, das Meer und den Strand zu genießen. Eröffnen wird die Veranstaltung Ulrich Ott von der Universität Gießen, der zum Thema „Meditation und psychische Gesundheit: aktuelle Forschungsergebnisse“ sprechen wird. Bereits zum fünften Mal ist die Tagung Psychotherapie-State-of-the-Art im Programm. Wie 2012 und 2014 sind wir in Potsdam am Neuen Palais zu Gast. Vom 10. – 11. September 2015 soll hier in verschiedenen Workshops das Thema „Anpassungsstörungen“ behandelt werden. Professor Maercker von der Universität Zürich wird in seinem Eröffnungsvortrag eine Übersicht zu aktuellen Forschungsergebnissen geben, auch im Hinblick auf die Entwicklung bezüglich des ICD-11. Vom 05. – 06. November 2016 finden schließlich die 15. Praxistage der Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie in München statt. Zahlreichen Workshops werden sich dort mit dem Thema „Einer für alle? Alle für einen! – Arbeit mit Bezugspersonen“ auseinandersetzen. Als Eröffnungsrednerin konnte Regina Steil gewonnen werden. Im ersten Halbjahr starten zudem folgende Seminarreihen: Im Juni 2016 startet die Reihe „Die Behandlung psychischer Störungen im Spannungsfeld von Psycho-
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pharmakotherapie und Psychotherapie“ in Tübingen. Da viele Psychotherapie-PatientInnen auch Psychopharmaka einnehmen, werden in der Seminarreihe störungsbezogene medikamentöse Therapiestrategien vorgestellt und deren Stellwert für die psychotherapeutische Behandlung erörtert. Die Blöcke sind auch einzeln buchbar. Die etablierte Reihe Traumatherapie der DGVT beginnt im Mai 2016 in München und umfasst vier Veranstaltungsblöcke, die auch einzeln buchbar sind. Zielgruppe sind Ärztliche und Psychologische PsychotherapeutInnen, Kinder- und JugendlichenpsychotherapeutInnen sowie Berufsgruppen in medizinischer, psychotherapeutischer und beraterischer Tätigkeit mit einem Hochschulabschluss. Neu im Programm ist die dreiteilige Reihe „Spieltherapeutische Interventionen in der Verhaltenstherapie“, die Anfang Juli 2016 in Reutlingen starten wird. Die Reihe richtet sich an KollegInnen, die sich für die Anwendung des Geleiteten individuellen Spiels in der Kinder-VT schulen möchten. Neben den Seminarreihen gibt es 2016 wie jedes Jahr zahlreiche ein- bis dreitägige Themenseminare zu verschiedensten Themen der Psychotherapie im Programm. Ausführliche Informationen zu diesen und weiteren Angeboten erhalten Sie unter www.dgvt-fortbildung.de oder über die DGVT-Bundesgeschäftsstelle. Kontakt: Deutsche Gesellschaft für Verhaltenstherapie (DGVT) e.V., Corrensstr. 44 – 46, 72076 Tübingen, Tel. 07071-943434, Fax: 07071943435, fortbildung@dgvt.de DOI: 10.1026/1616-3443/a000350
GwG Gesellschaft für Personzentrierte Psychotherapie und Beratung e.V. Neue GwG-Weiterbildung: Personzentrierte Körperpsychotherapie Starttermin: 4. November 2016 in Mainz
der experientielle Zweig (Focusing, emotionsfokussierte Therapie) als auch entwicklungspsychologische Modelle und Perspektiven den Bezug zu und den Anschluss an aktuelle klinische Vorgehensweisen der Verhaltenstherapie und Tiefenpsychologie ermöglichen. Weitere Informationen finden Sie unter https://www.gwg-ev.org/wei terbildung
Die Weiterbildung versteht sich vor dem Hintergrund einer humanistischen Psychotherapie als spezieller körperpsychotherapeutischer Ansatz der Personzentrierten Psychotherapie. Diese wird integrativ verstanden, wobei sowohl Zeitschrift für Klinische Psychologie und Psychotherapie (2016), 45 (1), 66–82
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Fortbildung „Trauer ist Leben – Leben ist (auch) Trauer“ Kursblock 1: 16./17. September 2016 in Köln, dreiteiliger Kursblock Trauer ist eine natürliche Reaktion, mit der wir auf Verluste aller Art reagieren. Manchmal kann sie Krisen auslösen – dann suchen Menschen unsere Hilfe in Therapie und Beratung. In dieser dreiteiligen Fortbildung stehen zunächst die eigenen Trauererfahrungen der Teilnehmer/ innen im Mittelpunkt. Ausgehend davon erarbeiten sie ein grundlegendes Verständnis von Trauerprozessen und Grundzüge hilfreicher Begleitung trauernder Menschen. Weitere Informationen unter https://www.gwg-ev.org/ fortbildungen
Seit fünfundzwanzig Jahren ist das Buch Person-centred Counselling in Action ein Bestseller in Großbritannien, denn es ist eines der wichtigsten Werke in der britischen Personzentrierten Ausbildung. Es wurde bereits mehrere Male überarbeitet. Dies ist insofern auch außerhalb des englischen Sprachraums von großem Interesse, als das Buch sowohl die Theorie als auch die Praxis des Personzentrierten Ansatzes sowie die verschiedenen neuesten Entwicklungen innerhalb dieses Ansatzes seit Carl Rogers klar darstellt. Der GwG-Verlag bringt nun zum ersten Mal die deutsche Fassung dieses grundlegenden Werkes heraus. Indem es nun dem deutschen Sprachraum ebenfalls zugänglich sein wird, wird das Buch für jene Leserinnen und Leser, die sich in Ausbildung befinden oder sich darauf vorbereiten, eine Inspiration sein, aber auch Psychotherapeuten und Berater mit viel Praxiserfahrung und theoretischen Kenntnissen werden hier neue Anregungen finden.
Kontakt: GwG Gesellschaft für Personzentrierte Psychotherapie und Beratung e.V., Melatengürtel 125a, 50825 Köln
Neuerscheinung im GwG-Verlag Vor Kurzem ist das Buch von Dave Mearns, Brian Thorne & John McLeod „Personzentrierte Beratung und Psychotherapie in der Praxis“ im GwG-Verlag erschienen.
DOI: 10.1026/1616-3443/a000351
Sektion Klinische Psychologie im Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen e.V. (BDP) Unipolare Depression S3-Leitlinie/Nationale VersorgungsLeitlinie neu aufgelegt Depressionen zählen weltweit zu den wichtigsten Volkskrankheiten. Laut Selbstauskunft leidet in Deutschland durchschnittlich jeder achte Erwachsene im Laufe des Lebens an einer depressiven Störung. Bundesweit sind innerhalb eines Jahres rund 6,2 Millionen Menschen betroffen. Die Krankheit ist für die Betroffenen mit großem Leidensdruck verbunden, da sie sich zentral auf Wohlbefinden, Selbstwertgefühl und Lebensqualität auswirkt. Die WHO geht davon aus, dass unipolare Depressionen bis © 2016 Hogrefe Verlag
2030 vor allen anderen Krankheiten stehen, was Lebensbeeinträchtigung und vorzeitigen Tod angeht. Die Behandlungsmöglichkeiten für Menschen mit Depressionen haben sich in den letzten Jahren deutlich verbessert. Doch sind die haus- und fachärztlichen, die psychotherapeutischen und stationären Maßnahmen längst noch nicht optimal abgestimmt. Darüber hinaus stoßen evidenzbasierte Therapieverfahren bei manchen Behandlern und Patienten auf Vorbehalte. Um die Versorgungssituation der Betroffenen zu optimieren, wurde die kombinierte S3-Leitlinie/Nationale VersorgungLeitlinie erstmals vor 5 Jahren von der DGPPN, weiteren 30 wissenschaftlichen Fachgesellschaften, der AWMF und dem Ärztlichen Zentrum für Qualität in der Medizin 2009 vorgelegt. Der BDP war von Beginn an in
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diesen Prozess involviert und beauftragte Frau Inge Neiser, (Dipl.Psych./Psych.Psychth.) bei der Erarbeitung und im Konsensprozess der Leitlinie mit zu arbeiten. In einem 26-monatigen Revisionsprozess wurden in diesem Jahr die Empfehlungen zur Diagnostik und Therapie einer intensiven Prüfung und Aktualisierung unterzogen, umfassend überarbeitet und die Leitlinie erweitert, um das verfügbare Wissen um Erkennung, Diagnose und Therapie von unipolarer Depression. Zur Prüfung wurden insgesamt über 270 Metaanalysen der letzten fünf Jahre seit der Veröffentlichung der NVL/S3-Leitlinie Uniploare Depression heran gezogen. Sie formuliert nun auf über 250 Seiten mehr als 120 Schlüsselempfehlungen und ersetzt die alte Leitlinie. Diese Revision trägt wissenschaftlichen und gesellschaftlichen Entwicklungen Rechnung, der Fokus liegt auf der depressionsspezifischen Diagnostik und Behandlung. So bildet die Leitlinie insbesondere Neuerungen bei psychotherapeutischen Verfahren und in der Pharmakotherapie ab. Zur Psychotherapie wurden Ergänzungen im Hinblick auf systemische Therapien und die sog. ”dritte Welle der Verhaltenstherapie” vorgenommen sowie die Empfehlungen zur Behandlung chronischer Depressionen modifiziert. Dabei geht sie speziell auf die Bedürfnisse älterer Patienten mit unipolarer Depression ein. Neu ist auch die Bewertung und Empfehlung von niederschwelligen psychosozialen Basisinterventionen, die Psychiater, Hausärzte und Psychotherapeuten noch vor spezifischen Behandlungen einsetzen können. Weitere Schwerpunkte stellen die Darstellung der wissenschaftlichen Belege und Empfehlungen zu körperlichem Training und Sport sowie zur Elektrokonvulsionstherapie dar. Darüber hinaus ist in die neue Leitlinie erstmals ein Kapitel zum Umgang mit Patienten mit Migrationshintergrund und zur Behandlung von Frauen vor, während und nach einer Schwangerschaft integriert. Die zentralen Aussagen zur Pharmakotherapie blieben bestehen. Neu aufgenommen wurden Ausführungen zum Vergleich verschiedener Antidepressiva untereinander, ohne dass die Leitlinie ein oder wenige Antidepressiva gezielt empfiehlt. Wegen des höheren Schwellenwerts für pharmakologische Behandlung und der überwiegenden Präferenz nichtpharmakologischer Maßnahmen durch betroffene Frauen kommt Psychotherapie und anderen psychosozialen Interventionen in der Peripartalzeit eine besondere Bedeutung zu. Hier findet sich insbesondere Evidenz für Behandlungsansätze zur Prophylaxe bei Frauen mit erhöhtem Depressionsrisiko sowie für psychotherapeutische Interventionen zur Behandlung postpartaler Depressionen. Depressionen gehören nicht nur zu den häufigsten psychischen Erkrankungen, sie sind für die Betroffenen mit großem Leidensdruck verbunden und belasten auch deren Angehörige. Werden Depressionen nicht richtig
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behandelt, können sie chronisch werden. Noch gravierender ist die Gefahr eines Suizids. Hinzu kommt die volkswirtschaftliche Dimension: Depressionen sind heute in der Arbeitswelt einer der häufigsten Gründe für Fehltage. Trotz ihrer enormen Bedeutung bestehen insbesondere in der Versorgung von Menschen mit schweren Depressionen immer noch große Defizite. Deutschlandweite Untersuchungen zeigen, dass drei Viertel der Erkrankten keine Behandlung erhalten, die den Leitlinien – also dem aktuellen Wissensstand – entspricht. Fast ein Fünftel der Betroffenen erhält überhaupt keine Behandlung. Hinzu kommen erhebliche regionale Versorgungsunterschiede, die sich besonders deutlich in einem Ost-West- und StadtLand-Gefälle äußern. Die S3 Leitlinie Unipolare Depression bietet auf hohem methodischem Niveau eine Orientierung für die Behandlung depressiver Patienten nach aktuellstem Kenntnisstand und setzt auch international Maßstäbe. Es ist zu hoffen, dass sich hierdurch Diagnose und Therapie eines Patienten oder einer Patientin stärker an den Patientenmerkmalen orientieren, und weniger davon abhängen, an welchen Therapeuten der Patient gerät. Sie bündelt nicht nur das aktuell verfügbare Forschungswissen, sondern gibt auch klare, evidenzbasierte Empfehlungen für den Praxisalltag und kann somit entscheidend dazu beitragen, die Versorgungssituation für die Betroffenen nachhaltig zu verbessern. Inge Neiser
Arbeitstagung der Fachgruppe „Klinische Psychologie im Allgemeinkrankenhaus“ der Sektion Klinische Psychologie im BDP zur Flüchtlingsthematik Am 30. April 2016 führt die Fachgruppe „Klinische Psychologie im Allgemeinkrankenhaus“ im Haus der Psychologie in Berlin eine ganztägige Arbeitstagung zu psychologischen Aspekten der stationären Versorgung von Flüchtlingen im Krankenhaus durch. Insbesondere sollen Fragen der interkulturellen Kompetenz, des kompetenten Umgangs mit Dolmetschern, der sinnvollen Akutinterventionen bei Traumatisierten und der spezifischen organisatorischen und rechtlichen Rahmenbedingungen erörtert werden. Es bestehen auch Möglichkeiten zum kollegialen Austausch und zur Darstellung eigener Praxiserfahrungen. Im Rahmen der Tagung findet die Mitglie-
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derversammlung der Fachgruppe mit Wahl der Fachgruppenleitung statt. Die Anmeldung zur Tagung erfolgt über die Geschäftsstelle der Sektion Klinische Psychologie. Aktuelle Informationen zur Tagung finden sich unter www.bdp-klinische-psychologie.de/fachguppen/gruppe9. sthml. Der Leiter der Fachgruppe „Klinische Psychologie im Allgemeinkrankenhaus“ Herr Dr. Rupert Roschmann hat der Mitgliederversammlung der Sektion Klinische Psychologie am 12. 09. 2015 in Weimar den TÄTIGKEITSBERICHT 2014/2015 der Fachgruppe vorgelegt. Dieser ist in der Homepage der Fachgruppe zu finden. Kontaktadresse der Fachgruppe: rupert.roschmann@klinikum-ingol stadt.de
Was können Psychologinnen und Psychologen zur Integration von Flüchtlingen und zur Unterstützung der Helfer beitragen?
Der AK Inklusion unterrichtet über http://www.bdp-klini sche-psychologie.de/fachgruppen/P101-Forum-Inklusi on.shtml über die weiteren Planungen. Fortbildungspunkte bei der Kammer Hessen werden beantragt.
Um sich (weiter) diesem Thema zu nähern, empfiehlt Ihnen der BDP-Arbeitskreis Inklusion die Teilnahme am 3. Forum INKLUSION/INTEGRATION Termin und Ort: 17. September 2016 in Frankfurt/ Main, Hotel Adina, Wilhelm Leuschner Str. 6 (am Willy Brandt-Platz) Der ganze Tag soll sich mit der Thematik der psychologischen Unterstützung von Helfern und der Inklusion von Flüchtlingen widmen: Was können Psychologinnen und Psychologen zur Integration von Flüchtlingen und zur Unterstützung der Helfer beitragen? Als konkrete Themen und als ReferentInnen sind vorgesehen: · Inklusion von Flüchtlingskindern in die Schule: Dipl.Psych. Dr. Christian Issmer, Zentrum für Schulpsychologie, Düsseldorf · Integration von Flüchtlingen in die Arbeitswelt: Dipl.Psych. Kerstin Till, BA f. Arbeit, Berlin · Psychologische Unterstützung von haupt- und ehrenamtlichen Helfern: Dipl.-Psych. Dr. Gerd Reimann, Psychologen über Grenzen, Berlin © 2016 Hogrefe Verlag
Programmplan: · 10:30 Uhr Ankunft bei Kaffee/Tee · 11:00 Uhr Begrüßung, Grußworte · 11:15 Uhr bis 12:00 Uhr Vortrag 1: Integration von Flüchtlingskindern in die Schule: Dipl.-Psych. Dr. Christian Issmer; Zentrum für Schulpsychologie, Düsseldorf · 12:00 Uhr bis 12:45 Uhr: Vortrag 2:Integration von Flüchtlingen in die Arbeitswelt: Dipl.-Psych. Kerstin Till; BA f. Arbeit, Berlin · 12:45 bis 13:45 Uhr Mittagspause mit Imbiss · 13:45 Uhr Vortrag 3: Psychologische Unterstützung von haupt- und ehrenamtlichen Helfern: Dipl.-Psych. Dr. Gerd Reimann; Psychologen über Grenzen, Berlin · 14:40 bis 16:10 Uhr Drei parallele Workshops zu den Vorträgen: Fragen an die Referenten – Erfahrungsaustausch der aktiven Kollegen/innen. · 16:10 Uhr Abschlusskaffee mit kollegialem Austausch
Teilnahmegebühr einschließlich Mittagessen und Pausengetränken: BDP-Mitglieder: 50 € Nichtmitglieder: 60 € Die Pressearbeit wird Frau Tschischka übernehmen. Die TeilnehmerInnenzielgröße ist 50 Personen. Für den AK Inklusion: Elisabeth Noeske
Tagungsrückblick Fachgruppe „Psychologie der Kommunikation und ihrer Störungen“ 7. bis 9. Mai 2015 im Schloss Rauischholzhausen Zur Jubiläumstagung der Fachgruppe im Mai 2015 gab es einen interdisziplinären Fachdiskurs, mit einem besonders spannenden Programm. Fachgruppenleiter Dr. Harry de Maddalena, Uni-HNO-Klinik, Tübingen zeichnete in seinem Vortrag den Prozess nach, den die Fachgruppe genommen hatte, die sich zunächst aus PsychologInnen
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zusammensetzte, die in großen phoniatrischen Abteilungen an Kliniken arbeiteten. Heute bildet sich in der Zusammensetzung eine Vielfalt an Berufsgruppen ab, die sich mit der Entwicklung von Sprache, Sprechen, Stimme und Schriftsprache, den unterschiedlichen Störungsbildern, (Differenzial‐)Diagnostik und Therapie bei Kindern und Erwachsenen befassen. Als Keynote-Speaker hatte das diesjährige Leitungsteam Prof. Dr. Dorothee Gutknecht von der EH Freiburg und Prof. i. R. Dr. Hermann Schöler, PH Heidelberg sowie den international ausgewiesenen Emotionsforscher Prof Dr. Manfred Holodynski, Uni Münster, gewinnen können. Der Vortrag Über Gefühle sprechen lernen: leichter gesagt als getan führte in die komplexen Prozesse ein, die vom Erkennen der eigenen Emotionen bis zu deren Versprachlichen reichen. Emotionen standen auch im Mittelpunkt der Vorträge von Prof. Bettina Janke, PH Heidelberg. Sie stellte die Längsschnittstudie Emotionswissen von Kindern mit Umschriebenen Sprachentwicklungsstörungen (USES) vor sowie erste Ergebnisse aus der Ki.SSES Studie zu Schulleistungen und Verhaltensauffälligkeiten bei Kindern mit USES. Diese Kinder haben das mehrfache Risiko im Schulalter – oft kombiniert – Probleme beim Erwerb schriftsprachlicher und mathematischer Kompetenzen zu haben sowie eine Zunahme an emotionalen Schwierigkeiten. Zweite Keynote Speakerin Dr. Julia Merrill vom MaxPlanck-Institut für empirische Ästhetik (MPI), Frankfurt, stellte aktuelle Erkenntnisse insbes. zur Melodischen Intonationstherapie bei Aphasie vor sowie zu Forschungsergebnissen im Kontext von Musikverarbeitung und Hemisphärendominanz beim Störungsbild Stottern. Um Musikverarbeitung ging es auch im Vortrag von Prof. Dr. Stephan Sallat, Uni Erfurt, der die Studie Musik im Arbeitsgedächtnismodell von Baddeley bei Kindern mit und ohne USES vorstellte. Silke Schwarz, Heidelberg, stellte methodische und didaktische Konzepte des Bewegungslieds als motivationales Instrument der Sprachentwicklungsunterstützung vor. Höhepunkte im Bereich Schriftspracherwerb waren die kritische Auseinandersetzung mit dem Freiburger Rechtschreibprogramm Fresch von Caspar Bonhoff, Legastheniezentrum Reutlingen, sowie die Ausführungen von Dr. Irene Corvacho del Toro, Uni Frankfurt, zur Wirksamkeit einer schriftsystematischen und lernförderlichen Intervention auf der Grundlage einer qualitativen Förderdiagnostik bei diagnostizierter Rechtschreibstörung. Prof. Dr. Steffi Sachse, PH Heidelberg, setzte sich mit der alltagsintegrierten Sprachförderung bei mehrsprachigen Kindern auseinander, Dr. Anke Buschmann vom Heidelberger Frühinterventionszentrum zeigte, dass es zum Einbezug der Eltern in die Sprachtherapie noch immer „viel Luft nach oben gibt“. Die Themen Ikonische Gesten (Susanne Vogt, HS Fresenius) respekti-
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ve die frühe Entwicklung des Gestengebrauchs zur Identifikation von Risikokindern (Carina Lüke, TU Dortmund) boten interessante Einblicke und Ausblicke auf den aktuellen Diskurs. Dorothee Gutknecht, Freiburg
„Rehabilitation – positiv, ressourcenorientiert, humorvoll?“ 34. Jahrestagung des Arbeitskreises Klinische Psychologie in der Rehabilitation Die 34. Jahrestagung des Arbeitskreises Klinische Psychologie in der Rehabilitation stand unter dem Thema: „Rehabilitation – positiv, ressourcenorientiert, humorvoll?“. Vom 25. – 27. September 2015 fand diese in Kooperation mit der Deutschen Rentenversicherung Bund in Erkner bei Berlin statt. Etwas mehr als 100 Teilnehmer beschäftigten sich mit den Stärken und Potentialen der medizinischen Rehabilitation, der Rehabilitanden und Therapeuten. Nach den Grußworten von Andigoni Mariolakou (Ennepetal) und einer Einführung von Dr. Rolf BuschmannSteinhage (Deutsche Rentenversicherung Bund, Berlin) eröffnete Dr. Claus Derra (Bad Mergentheim) die Tagung mit seinem Vortrag „Wachsen, um zu bleiben wie ich bin – Strategien für Therapeuten gegen berufliche Deformation“. Vor dem Hintergrund der Frage, wie wir als Therapeuten mit uns selbst umgehen, verwies er auf die Bedeutung der Auseinandersetzung mit der beruflichen Wertorientierung. Im Anschluss daran veranschaulichte Rainer Schwing (Hanau) in seinem Vortrag „Liebe, Neugier, Spiel“ die Bedeutung und Gestaltung affektiver Prozesse in der Beratung und Therapie vor dem Hintergrund systemischer und neurobiologischer Betrachtungen. Den Abschluss des ersten Tagungstages bildete PD Dr. Ruth Deck (Universitätsklinikum Schleswig-Holstein). Anhand von Studienergebnissen wies sie nach, dass das Nachsorgeprogramm „Neue Credo“ sowohl für die Patienten der Orthopädie als auch für die Patienten der Psychosomatik anwendbar ist. Den Samstag leitete Christel von Scheidt (Berlin) mit einem Vortrag zum Thema Mindfulness-Based Stress Reduction (MBSR) ein. Sie machte deutlich, wie es mit Hilfe achtsamkeitsbasierter Ansätze möglich ist, die „Verabredung mit dem Leben“ wieder zu erfahren. Britta Mai (Bad Nauheim) referierte die neue S3-Leitlinie zur Tabakent-
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wöhnung und veranschaulichte praxisnah, mit welchen Methoden und niederschwelligen Angeboten eine hohe Anzahl an Patienten erreicht werden können. Prof. Dr. Thorsten Meyer (Hannover) arbeitete in seinem Beitrag die verschiedenen Formen des Lebensqualitätsbegriffes heraus und beleuchtete auf dieser Grundlage ihre Bedeutung für das Feld der Rehabilitation. Der Sonntag wurde durch Dr. Bettina Hesse (Deutsche Rentenversicherung Westfalen) eröffnet. Mit ihrem Vortrag „Psychosomatische Reha-Nachsorge der DRV Westfalen –Rückblick und Ausblick“ stellte sie das Konzept vor, welches 2001 ins Leben gerufen wurde und gab einen Überblick über die aktuelle Versorgungslage. Daran schloss sich ein Beitrag von Dr. Sylvia Sänger (Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf) über das Thema: „Der mündige Patient – Mythos, Schreckgespenst oder Realität?“ an. Im darauf folgenden Vortrag „Lust oder Frust – Sexualität und Gesundheit“ plädierte Monika Christoff (Hannover) dafür, dass die in der Rehabilitation tätigen Psychologen und Psychotherapeuten ihre Patienten routinemäßig auf Sexualität und sexuelle Probleme ansprechen sollten. Tagungsabschluss bildete Helge Poesthorst (Mainz) mit ihrem Beitrag zum Thema Akzeptanz und Commitmenttherapie bei chronischen Schmerzen. Im Rahmen der öffentlichen AK-Mitgliederversammlung stellte Dr. Christina Reese den Tätigkeitsbericht des Arbeitskreises für das Jahr 2014 vor. Dr. Christina Reese (Freiburg) stellte nach 3-jähriger engagierter Amtszeit ihr Amt zur Verfügung und wurde herzlich verabschiedet. Neu in die AK-Leitung wurde Daniel Nowik (Hannover) gewählt. Wiedergewählt wurde Jana Tuchscheerer (Bad Nauheim). Weiterhin tätig bleiben Andigoni Mariolakou (Ennepetal) als Sprecherin der AK-Leitung, Martin Spreen-Ledebur (Bad Eilsen) und Anett Schwabe (Bad Liebenstein). Des Weiteren stellte Dieter Schmucker (Bad Waldsee) das neue Zertifikat mit dem Titel „Fachpsychologe/in für Rehabilitation (BDP) vor. Im nächsten Tagesordnungspunkt gab Prof. Dr. Thorsten Meyer (Hannover) eine Kurzvorstellung der Deutschen Gesellschaft für Psychologische Schmerztherapie und -forschung und warb für ein Projekt zur Versorgungsforschung, das unter Mitarbeit interessierter Kollegen aus der Rehabilitation gestaltet werden soll. Abschließend referierte Karl Wilhelm Höffler die Ergebnisse der Befragung der angestellten Psychotherapeuten. Ergänzt wurde das Tagungs-Programm durch sechs Workshops sowie einen Posterrundgang. Traditionell fand am Samstagabend das beliebte Kongressfest statt, auf dem die gelungene Musikauswahl von DJ Fite zum Tanzen animierte. Ganz herzlich möchte sich die AK-Leitung bei allen bedanken, die durch ihre Teilnahme und ihr Engagement zu dieser gelungenen Tagung beigetragen haben. © 2016 Hogrefe Verlag
Weitere Informationen zur Jahrestagung und dem Arbeitskreis sind zu finden unter www.psychologie-aktuell. info sowie unter http://www.bdp-klinische-psychologie.de. Die 35. Jahrestagung wird vom 28. – 30. 10. 2016 wieder in Erkner stattfinden. Anett Schwabe (AK-Leitungsmitglied) im Namen der Arbeitskreisleitung
4. Fachtagung Notfallpsychologie: drei erfolgreiche Tage in Magdeburg Vom 15. – 17. Oktober 2015 fanden in den Räumlichkeiten des Kooperationspartners Hochschule Magdeburg/Stendal die 4. Fachtagung Notfallpsychologie statt. Es gab ein vielfältiges Programm, das bei den TeilnehmerInnen auf großen Anklang stieß. Die Tage standen unter dem Thema „Wissenschaft und Theorie treffen Praxis“. Zahlreiche Vorträge und Podiumsdiskussionen wurden zu den Themen Massenpanik, Amok und PTBS angeboten, sowie zu den interkulturellen Aspekten der notfallpsychologischen Arbeit und den Arbeitsfeldern Polizei, Bundeswehr, Kreuzfahrt, Krankenhaus, Opferberatung, Flugpersonal und Kriseninterventionsteams. Folglich kann die Fachtagung zu einer der informativsten Veranstaltungen in diesem Kontext gezählt werden. So sprach Prof. Dr. Frank Lasogga zu den Anfängen, der Gegenwart und Zukunft der Notfallpsychologie und Prof. Dr. Bernd Gasch sowie Prof. Dr. Irmtraud Beerlage gaben jeweils einen Überblick über die Notfallpsychologie bzw. die psychsoziale Notfallversorgung. Außerdem berichteten unter anderem Prof. Dr. Jürgen Bengel, Dr. Jens Tülsner, Dr. Gerhard Fahnenbruck, Marion Müller-Staske, Prof. Dr. Barbara Juen, Dr. Sabine Rau und Christian Hannig aus der Forschung und Praxis. Insgesamt konnten 100 TeilnehmerInnen begrüßt werden, davon 40 ReferentInnen. Aus aktuellem Anlass fand des Weiteren ein Workshop zur Flüchtlingskrise unter dem Titel „Herausforderung Flüchtlingskrise: Aufgaben, Inhalte, Akteure im Rahmen der Notfallpsychologie und Schlussfolgerungen für die Arbeit des BDP“ statt. Die TeilnehmerInnen arbeiteten interaktiv an einer Übersicht zu vorhandenen Konzepten, Zielgruppen, Inhalten, Konzepten und Schwerpunktproblemen. Da PsychologInnen ExpertInnen für das Verhalten und Erleben, Denken und Lernen von Menschen sind, wurde die Notwendigkeit erkannt, einen Beitrag zur Lösung der derzeitigen Flüchtlingskrise zu leisten. So wurden mittels der gemeinsam erarbeiteten Übersicht und der folgenden
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Diskussion verschiedene Aufgaben für die Profession und den BDP formuliert. Im Rahmen der 4. Fachtagung Notfallpsychologie wurde turnusgemäß das Leitungsteam der Fachgruppe Notfallpsychologie gewählt. Fachgruppenleiterin Dipl.-Psych. Gabriele Bringer, Stellvertreter Dipl.-Psych. Dr. Gerd Reimann, sowie Dipl.-Psych. Dipl. Phil. Petros Stathakos, Dipl.-Psych. Nina Smolarz und M. Sc.-Psych. Florian Stoeck wurden im Amt bestätigt. Das Leitungsteam bedankte sich bei Dipl.-Psych. Sibylle Hofmann für Ihre langjährige Arbeit. In einer abschließenden Befragung äußerte sich die Mehrzahl der TeilnehmerInnen sehr positiv zu der Qualität der Vorträge und Workshopangebote. Außerdem war der Großteil sehr zufrieden mit den berufspolitischen Informationen. Nach der abschließenden Befragung bekundeten zudem zwei Drittel der TeilnehmerInnen der Fachtagung, dass sie mit der Möglichkeit zum kollegialen Austausch sehr zufrieden waren. Alles in allem hoben sich die Tage der 4. Fachtagung hervor durch vielfältigste Angebote und gute Beiträge aus Wissenschaft und Praxis.
Fortbildungsveranstaltung der „Psychologischen Fachgruppe Entspannungsverfahren“ am 21. 11. 2015 in Frankfurt/M Begleitet durch lebhafte Diskussionen informierte die Kollegin Ursula Dangelmayr über: ”Wenn PR nur als Technik betrachtet und eingesetzt wird …???”. Dazu stellte sie PR-Trainermanuale zur Stressprävention und vorhandene Evaluationsergebnisse vor, die teils mit, teils ohne CD zu erwerben sind. – Sie begann mit einer Veröffentlichung zum Einsatz von PR bei Schlafstörungen, danach bei Kindern im Grundschulalter, gefolgt von Informationen über den Einsatz im Jugendalter. Es folgten Beschreibungen über PR bei chronischen Kopf- und Rückenschmerzen sowie in der Psychologischen Schmerzbewältigung. Ergänzend wurden Trainermanuale zur Stressbewältigung von Kaluza vorgestellt wie auch eine Publikation zum Einsatz von PR in unterschiedlichen Settings. Es folgten Angaben über die Auswirkungen des technikorientierten Einsatzes von PR, mit Hinweisen über deren Vor- und Nachteile. – Empirische Befunde von Carey und Burish zeigen, dass Kurse die durch Fachkräfte durchgeführt werden denen von angelernten Laien (paraprofessionals) klar überlegen sind und Krampen erhebt in einer Publikation klare Forderungen zur Qualifikation von Trainern
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und Therapeuten. Aber dennoch werden Fortbildungsangebote weiter explizit für Vertreter anderer Berufsgruppen angeboten. Und der GKV-Präventionsleitfaden zeigt eindeutig, wie Anspruch und Wirklichkeit auseinanderklaffen. Auf großes Interesse stieß auch der Vortrag des Kollegen Fabian Wilmers über ”Moderne Progressive Relaxation in der Schmerztherapie”. Er informierte über den Einsatz von PR bei chronischen Schmerzpatienten und die zu beachtende Indikation, Modifikation und Wirksamkeit; stellte auch die Implikationen des chronischen Schmerzsyndroms dar. Der Darstellung von Edmund Jacobsons Äußerungen zur Differenziellen Entspannung folgte eine Illustration der Wirkungen des Sympathikus und des Parasympathikus. Informationen über Psychotherapeutische Methoden in der Schmerztherapie wurden verbunden mit Angaben zu den Anforderungen an die Therapeuten. Besonderes Interesse fand die Darstellung der Risiken bei Kursangeboten durch nicht qualifizierte Therapeuten wie auch die ausführliche Darstellung, wie Entspannungsverfahren bei chronischem Schmerz eingesetzt werden können und was hierbei besonders zu beachten ist. Der Kollege Wolf-Ulrich Scholz, Frankfurt gab in seinen sehr praxisbezogenen Ausführungen zu ”Weiterentwicklungen in den Entspannungsverfahren” einen Überblick über die gängigsten traditionellen Entspannungsverfahren in D wie auch über deren problem- und prinzipienbezogenen Weiterentwicklungen. Begeistert wurden die launig angebotenen Darstellungen und Übungen zu Weiterentwicklungen der Entspannungsverfahren aufgenommen. Ergänzt wurden die Angaben durch eine umfängliche Darstellung der entsprechenden Literatur. Elisabeth Noeske, Leiterin der Fachgruppe
Jährliches Treffen der FG Klinische Psychologen in Beratungsstellen Die Fachgruppe Klinische Psychologen in Beratungsstellen traf sich in Chemnitz zu ihrer jährlichen Fachtagung am Wochenende 21./22. November 2015. Der Samstag diente dem fachlichen Austausch zu den bisherigen und zukünftigen Themen. Hauptsächlicher Themenschwerpunkt der Fachgruppe bildet weiterhin das Kompetenzprofil der Psychologin/des Psychologen mit Diplom- bzw. Masterabschluss in den Beratungsstellen. Darüber hinaus wurde diskutiert, ob die Fachgruppe KollegInnen, die Leitungsaufgaben übernommen haben oder übernehmen sollen, fachliche Unterstützung anbieten kann. Dabei
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könnte auch mit anderen Fachgruppen, deren Mitglieder ebenso Leitungsverantwortung übernehmen sollen oder übernommen haben, zusammengearbeitet werden. Die Umsetzung des Themas wird in der Fachgruppe weiter erörtert. Zweites Thema am Samstag war der Kontakt zur Bundeskonferenz für Erziehungsberatung (bke). Diese hatte 2013 ein Profil für die SozialpädagogInnen in Erziehungsberatungsstellen veröffentlicht. Unsere Fachgruppe hatte der bke angeboten, mit ihr bei der Erstellung eines Profils für unsere Berufsgruppe zusammenzuarbeiten. Seitens der bke wurde bisher kein Interesse daran signalisiert. Am Sonntag besuchte ein Kollege von der Beratungsstelle Chemnitz die Fachgruppe. Er berichtete über seinen Werdegang und seine Arbeit als Diplom-Psychologe in der DDR und nach der Wende bis heute. Dabei entwickelte sich eine lebhafte Diskussion über die Kompetenzen und Tätigkeiten unserer Berufsgruppe in den Beratungsstellen. Hervorgehoben wurden: · Störungswissen, z. B. die Frage, ob die Klienten an der Beratungsstelle richtig sind bzw. ob ein anderes Angebot angemessener sein könnte
· Leitung der Beratungsstelle bzw. fachliche Unterstützung der Leitung · das Verfassen von Konzepten und Berichten (da bei PsychologInnen wissenschaftliches Denken bzw. Arbeiten vorausgesetzt werden kann). Daneben verfügen PsychologInnen über umfangreiche Kenntnisse in der Statistik, was sowohl für Jahresberichte wie auch beispielsweise für Klientenbefragungen (Formulierung der Fragen, Auswertung) wichtig ist. Das nächste Arbeitstreffen der Fachgruppe findet am 12./13. November 2016 in Pfaffenhofen an der Ilm (Oberbayern) statt. Dazu bereits an dieser Stelle eine herzliche Einladung an alle KollegInnen aus den Beratungsstellen! Siegmund Dietrich Kontakt: Sektion Klinische Psychologie im Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen e.V. (BDP), Geschäftsstelle: Kirchstr. 3b, 56203 Höhr-Grenzhausen, www.bdp-klinische-psychologie.de, info@bdp-klinische-psychologie.de. DOI: 10.1026/1616-3443/a000352
Veranstaltungen und Ankündigungen Bitte reichen Sie Ihre Angaben online im HogrefeTagungsplaner ein: http://www.hogrefe.de/service/ 05. 05. – 07. 05. 2016. 34. Symposium der Fachgruppe Klinische Psychologie und Psychotherapie der DGPs, in Bielefeld, Germany. Auskünfte: Universität Bielefeld, 33501 Bielefeld, Tel. +49 521 10600, E-Mail: post@unibielefeld.de, Internet: http://www.uni-bielefeld.de/psycho logie/symposium2016/. 06. 05. – 08. 05. 2016. The Practice of Person-Centred Couple and Family Therapy, in Stuttgart, Germany. Thema: Praxis Personzentrierter Paar- und Familientherapieein Workshop mit 18 Unterrichtseinheiten auf Englisch. Auskünfte: Edith Brandt, Gesellschaft für Personzentrierte Psychotherapie und Beratung e.V. (GwG), Melatengürtel 125a, 50825 Köln, Tel. +49 221 92590850, E-Mail: brandt@gwg-ev.org, Internet: http://www.gwg-ev.org/fort bildungen/practice-person-centred-couple-and-family-the rapy. 06. 05. – 08. 05. 2016. 61. Ergotherapie-Kongress 2016, in Würzburg, Germany. Thema: Volle Kraft im Leben. Auskünfte: Deutscher Verband der Ergotherapeuten e.V., © 2016 Hogrefe Verlag
Becker-Göring-Str. 26/1, 76307 Karlsbad-Ittersbach, Tel. +49 7248 91810, Fax +49 7248 918171, E-Mail: kongress @dve.info, Internet: https://www.dve.info/aus-und-wei terbildung/kongress/2016.html. 14. 05. – 18. 05. 2016. 169th Annual Meeting of the American Psychiatric Association, in Atlanta, United States. Auskünfte: American Psychiatric Association, United States, E-Mail: apa@psych.org, Internet: http://www.psychia try.org/learn/meetings/future-apa-meetings. 16. 05. – 20. 05. 2016. Psychodynamische Tage auf Langeoog, auf Langeoog, Germany. Thema: Das Unbewusste im 21. Jahrhundert. Auskünfte: Matthias Zeltwanger, Albertinen-Akademie, Sellhopsweg 18 – 22, 22459 Hamburg, Tel. +49 40 55812345, Fax +49 40 55811777, E-Mail: in fo@pdt-langeoog.de, Internet: http://www.pdt-langeoog. de/. 17. 05. – 20. 05. 2016. 21. Suchttherapietage, in Hamburg, Germany. Thema: Diagnose – Hilfe oder Etikett? Auskünfte: Zentrum für Interdisziplinäre Suchtforschung ZIS, Martinistraße 52, 20246 Hamburg, Tel. +49 40 741054203, Fax +49 40 741055121, E-Mail: kontakt@sucht therapietage.de, Internet: www.suchttherapietage.de.
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26. 05. – 29. 05. 2016. 28th Annual Convention of the Association of Psychological Science, in Chicago, United States. Auskünfte: Association of Psychological Science, United States, Tel. +1 202 2939300, Fax +1 202 2939350, E-Mail: convention@psychologicalscience.org, Internet: http://www.psychologicalscience.org/index.php/conven tion/archive. 08. 06. – 10. 06. 2016. 10. Internationaler Kongress über Theorie und Therapie von Persönlichkeitsstörungen, in München, Germany. Thema: Persönlichkeitsstörungen – Welche Therapie ist richtig? Auskünfte: Schattauer GmbH, Hölderlinstraße 3, 70174 Stuttgart, Tel. +49 711 2298746, Fax +49 711 2298750, E-Mail: info@schattauer-convention. de, Internet: http://www.ikttp.de/nc/startseite.html. 10. 06. – 11. 06. 2016. Forum Frühe Kindheit 2016, in Köln, Germany. Thema: Lernen und Bildung in den ersten Lebensjahren. Auskünfte: Gerda Rüsche, Universität Siegen, Adolf-Reichwein-Str. 2, 57068 Siegen, Tel. +49 271 7404014, Fax +49 271 7404095, E-Mail: FFK@uni-sie gen.de, Internet: www.forum-fruehe-kindheit.de. 10. 06. – 11. 06. 2016. 16. GwG Jahreskongress, in Bochum, Germany. Thema: Gesellschaft und Psyche. Auskünfte: Marion Schäfer, Gesellschaft für Personzentrierte Psychotherapie und Beratung (GwG), Melatengürtel 125a, 50825 Köln, Tel. +49 221 92590826, E-Mail: schaefer @gwg-ev.org, Internet: www.gwg-ev.org/termine/gesell schaft-und-psyche-personzentrierte-antworten-auf-psycho soziale-belastungen. 10. 06. – 12. 06. 2016. 5. Jahrestagung der D3G, in Berlin, Germany. Auskünfte: Jutta Bohnhorst, Geschäftsstelle D3G, Schlangenweg 11 A, 34117 Kassel, Tel. +49 561 20002, Fax +49 561 284418, E-Mail: www.d3g.org, Internet: http://www.d3g.org/startseite/. 15. 06. – 16. 06. 2016. 29. Heidelberger Kongress des Fachverbandes Sucht e.V., in Heidelberg, Germany. Thema: Sucht bewegt – Zugangswege erweitern! Auskünfte: Fachverband Sucht e.V, Walramstraße 3, 53175 Bonn, Tel. +49 2 28261555, Fax +49 2 28215885, E-Mail: service @sucht.de, Internet: http://www.sucht.de/fortbildung/ events/id-29-heidelberger-kongress-des-fachverbandessucht-ev.html. 17. 06. – 20. 06. 2016. 119. Verhaltenstherapiewoche, in Lübeck, Germany. Thema: Psychotherapie seltener psychischer Störungen. Auskünfte: Ina Lizon, IFT-Gesundheitsförderung, Montsalvatstraße 14, 80804 München, Tel. +49 89 36080494, E-Mail: lizon@ift-gesundheit.de, Internet: www.vtwoche.de. 30. 06. – 01. 07. 2016. Netzwerke gestalten – Psychisch erkrankte Beschäftigte effektiv unterstützen, in Dresden, Germany. Thema: Schnittstellen zwischen Arbeitsschutz, Rehabilitation und Psychotherapie. Auskünfte: Dr. Marlen
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Cosmar, Institut für Arbeit und Gesundheit (IAG), Königsbrücker Landstr. 2, 01109 Dresden, E-Mail: fachta gung.schnittstellen@dguv.de, Internet: www.dguv.de/web code/d1038783. 30. 06. – 02. 07. 2016. 17. Interdisziplinärer Kongress für Suchtmedizin, in München, Germany. Auskünfte: Mike Aschenbrenner, Süddeutscher Verlag Veranstaltungen GmbH, Justus-von-Liebig-Straße 1, 86899 Landsberg, Tel. +49 8191 125136, Fax +49 8191 12597136, E-Mail: mike. aschenbrenner@sv-veranstaltungen.de, Internet: https:// www.sv-veranstaltungen.de/site/fachbereiche/17-interdis ziplinaerer-kongress-fuer-suchtmedizin/#sthash. NtKjPLvo.dpbs. 08. 07. – 10. 07. 2016. 10. Internationalen Kongress über Theorie und Therapie von Persönlichkeitsstörungen (IKTTP), in München, Germany. Thema: Was ist die richtige Therapie? Internet: http://www.ikttp.de/nc/start seite.html. 24. 07. – 29. 07. 2016. 31st International Congress of Psychology (ICP), in Yokohama, Japan. Thema: Diversity in Harmony: Insights from Psychology. Auskünfte: The Japanese Psychological Association, 5 – 23 – 13 Hongo, 113 – 0033 Bunkyo-ku, Tokyo, Japan, E-Mail: info@icp2016.jp, Internet: www.icp2016.jp. 29. 07. – 30. 07. 2016. SITAR 2016, 19th Annual Meeting, Society for Interpersonal Theory and Research, in Berlin, Germany. Auskünfte: Johannes Zimmermann, Psychologische Hochschule Berlin, Am Köllnischen Park 2, 10179 Berlin, Fax +49 30 209166170, E-Mail: j.zimmer mann@psychologische-hochschule.de, Internet: http://si tar2016.weebly.com/. 04. 08. – 07. 08. 2016. 124th Annual Convention of the American Psychological Association, in Denver, United States. Auskünfte: American Psychological Association, United States, E-Mail: convention@apa.org, Internet: http://www.apa.org/news/events/2016/apa-convention. aspx. 22. 08. – 26. 08. 2016. 30th Conference of the European Health Psychology Society, in Aberdeen, United Kingdom. Thema: Behavior Change: Making an Impact on Health and Health Services. Auskünfte: University of Aberdeen, King’s College, Aberdeen AB24 3FX, United Kingdom, E‐Mail: cpdservices@abdn.ac.uk, Internet: http://www. ehps-2016.org/. 22. 08. – 27. 08. 2016. Berliner Fortbildungswoche Psychotherapie 2016, in Berlin, Germany. Thema: Neue Herausforderungen – neue therapeutische Wege?! Auskünfte: Steffi Baumgarten, Deutsche Psychologen Akademie, Am Köllnischen Park 2, 10179 Berlin, Tel. +49 30 209166314, Fax +49 30 209166316, E-Mail: s.baumgar
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ten@psychologenakademie.de, Internet: www.psycholo genakademie.de. 05. 09. – 07. 09. 2016. Deutscher Suchtkongress 2016, in Berlin, Germany. Auskünfte: Deutsche Gesellschaft für Suchtforschung und Suchttherapie e.V., Postfach 1453, 59004 Hamm, Tel. +49 2381 417998, E-Mail: dg-sucht@tonline.de, Internet: www.dg-sucht.de. 10. 09. – 11. 09. 2016. 67. Kindertherapietage an der Universität Bremen, in Bremen, Germany. Thema: Kinderverhaltenstherapie, Prävention, psychologische Diagnostik. Auskünfte: Eva Todisco, Zentrum für Klinische Psychologie und Rehabilitation, Grazer Str. 6, 28359 Bremen, Tel. +49 421 21868603, Fax +49 421 21868629, E-Mail: to disco@uni-bremen.de, Internet: www.zkpr.uni-bremen.de. 10. 09. – 14. 09. 2016. 24. Erfurter Psychotherapiewoche, in Erfurt, Germany. Auskünfte: Organisationsbüro der EPW, Fischmarkt 5 (Ratskellerpassage), 99084 Erfurt, Tel. +49 361 6422448, Fax +49 361 6422449, E-Mail: in fo@afp-erfurt.de, Internet: http://www.psychotherapiewoche.de/. 15. 09. – 17. 09. 2016. 32. Bundeskongress DGf Sprachheilpädagogik, in Hannover, Germany. Thema: Sprache – Inklusion als Chance?! Expertise, Interdisziplinarität und Innovation für Kita, Schule und Praxis. Auskünfte: E-Mail: info@dgs-bundeskongress.de, Internet: http://www.dgsbundeskongress.de/. 15. 09. – 17. 09. 2016. 16. DGBS Jahrestagung, in Chemnitz, Germany. Thema: DGBS-Seminar für Angehörige von bipolar Erkrankten. Auskünfte: Martina Friedrich, Deutsche Gesellschaft für Bipolare Störungen e.V. DGBS, Heinrich-Hoffmann-Straße 10, 60528 Frankfurt am Main, Tel. +49 700 33344454, E-Mail: info@dgbs.de, Internet: http://dgbs.de/news-und-termine/termine/termin/article /dgbs-seminar-fuer-angehoerige-von-bipolar-erkrankten/. 16. 09. – 18. 09. 2016. Psychoneuroimmunologie im Lauf des Lebens – Aufbruch zu einer neuen Medizin, in Innsbruck, Austria. Internet: http://www.psychoneuroimmu nologie-tagung.at/nc/startseite.html. 17. 09. 2016. 3. Forum INKLUSION/INTEGRATION, in Frankfurt/Main, Germany. Thema: Psychologischen Unterstützung von Helfern und der Integration von Flüchtlingen. Auskünfte: Sektion Klinische Psychologie im BDP, Kirchstrasse 3b, 56203 Höhr-Grenzhausen, Tel. +49 2624 9427740, E-Mail: info@bdp-klinische-psychologie.de, Internet: http://bdp-klinische-psychologie.de/fachgruppen/ P101-Forum-Inklusion.shtml. 18. 09. – 22. 09. 2016. 50. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Psychologie, in Leipzig, Germany. Auskünfte: Nora Weiße, Universität Leipzig, Institut für Psychologie, Leipzig, E-Mail: nora.weisse@uni-leipzig.de, Internet: www.dgpskongress.de. © 2016 Hogrefe Verlag
22. 09. – 24. 09. 2016. 16. Wissenschaftliche Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Systemische Therapie, Beratung und Familientherapie (DGSF), in Frankfurt, Germany. Auskünfte über: Wispo AG, Tel. +49 611 944870, E-Mail: info@wispo.de, Internet: https://dgsf-ta gung-2016.de. 23. 09. – 24. 09. 2016. Jahrestagung der GGFP e.V., in Erfurt, Germany. Thema: Wer kann wen als hilfebedürftig definieren? Auskünfte: Uwe Fischer, GGFP e.V., Markusplatz 3, 96047 Bamberg, Internet: http://www.ggfp.de/in dex.php/jahrestagung-2016.html. 23. 09. – 26. 09. 2016. 120. Verhaltenstherapiewoche, in Freiburg, Germany. Thema: Resilienz. Auskünfte: Ina Lizon, IFT-Gesundheitsförderung, Montsalvatstraße 14, 80804 München, Tel. +49 89 36080494, E-Mail: lizon @ift-gesundheit.de, Internet: www.vtwoche.de. 07. 10. – 09. 10. 2016. 15. Internationale Bindungskonferenz, in München, Germany. Thema: Bindung und Emotionale Gewalt. Auskünfte: Eva Gautsch, INTERPLAN Congress, Landsberger Str. 155, 80687 München, Tel. +49 89 54823473, Fax +49 89 54823442, E-Mail: ibk@inter plan.de, Internet: www.bindungskonferenz-muenchen.de. 20. 10. – 22. 10. 2016. Dreiländertagung für Neuropsychologie, in Würzburg, Germany. Thema: Grenzen überwinden in der klinischen Neuropsychologie – Was verbindet/trennt unsere drei Länder? Auskünfte: Akademie bei König und Müller, Semmelstr. 36/38, 97070 Würzburg, Tel. +49 931 46079033, Fax +49 0 931 46079034, E-Mail: akademie@koenigundmueller.de, Internet: http:// www.wuerzburg2016.info/index.php. 20. 10. – 22. 10. 2016. Kongress Essstörungen 2016, in Alpbach, Austria. Auskünfte: Netzwerk Essstörungen, Templstrasse 22, 6020 Innsbruck, Austria, Tel. +43 512 576026, Fax +43 512 583654, E-Mail: info@netzwerk-essstoerun gen.at, Internet: www.netzwerk-essstoerungen.at. 27. 10. – 30. 10. 2016. 35. Jahrestagung Rehapsychologie, in Erkner/Berlin, Germany. Auskünfte: Sektion Klinische Psychologie im BDP e.V., Kirchstrasse 3b, 56203 HoehrGrenzhausen, Tel. +49 2624 9427740, E-Mail: info@bdpklinische-psychologie.de, Internet: http://bdp-klinischepsychologie.de/fachgruppen/gruppe2.shtml. 27. 10. – 30. 10. 2016. 50th Annual Convention of the American Association of Behavioral and Cognitive Therapies, in New York, United States. Thema: Honoring the Past, Envisioning the Future. Auskünfte: ABCT Central Office, 305 7th Avenue, NY 10001 New York, United States, Tel. +1 212 6471890 , E-Mail: convention@abct.org, Internet: https:// www.conferenceabstracts.com/cfp2/login.asp?EventKey= FYMFUNEB. 28. 10. – 29. 10. 2016. Expositionssymposium, in Köln, Germany. Thema: Exposition in der Psychotherapie. Aus-
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künfte: Kerstin Gehringer, AVT GmbH Köln, Venloer Straße 47 – 53, 50937 Köln, Tel. +49 221 25856413, Fax +49 221 25856420, E-Mail: gehringer@avt-koeln.org, Internet: http://www.avt-koeln.org/expositionssymposium. html. 28. 10. – 01. 11. 2016. 23. Psychotherapietage NRW, in Bad Salzuflen, Germany. Thema: Hoffnung in der Psychotherapie. Auskünfte: Nord Süd Kongress, Solinger Str. 29, 51371 Leverkusen, Tel. +49 214 73467770, Fax +49 214 73467772, E-Mail: kontakt@nordsuedkongress.de, Internet: www.psychotherapietage-nrw.de. 03. 11. – 05. 11. 2016. Jahrestagung des BKJPP 2016, in Regensburg, Germany. Thema: Sprache(n) in der Kinderund Jugendpsychiatrie – Kommunikation und Kooperation. Auskünfte: Stefanie Schlüter, KelCon GmbH, Tauentzienstr. 1, 10789 Berlin, Tel. +49 30 679668852, Fax +49 30 679668855, E-Mail: bkjpp@kelcon.de, Internet: http:// www.bkjpp-jahrestagung.de/de/Home/index.html. 05. 11. – 06. 11. 2016. 31. Jahrestagung der Arbeitsgemeinschaft Funktionelle Entpsannung, in Rothenburg o. d.
Tauber, Germany. Thema: Dem Schmerz entspannt begegnen – Funktionelle Entspannung (FE) in der Schmerztherapie. Auskünfte: Arbeitsgemeinschaft Funktionelle Entspannung, Bülowstr. 52/A6, 10783 Berlin, E-Mail: tagung@afe-deutschland.de, Internet: http://www.afedeutschland.de/jahrestagung.html. 11. 11. – 13. 11. 2016. 121. Verhaltenstherapiewoche, in München, Germany. Thema: Behandlung komplexer posttraumatischer Belastungsstörungen. Auskünfte: Ina Lizon, IFTGesundheitsförderung, Montsalvatstraße 14, 80804 München, Germany, Tel. +49 89 36080494, E-Mail: lizon@iftgesundheit.de, Internet: www.vtwoche.de. 23. 11. – 26. 11. 2016. DGPPN Kongress 2016, in Berlin, Germany. Thema: Psyche – Mensch – Gesellschaft. Auskünfte: DGPPN-Geschäftsstelle, Reinhardtstr. 27B, 10117 Berlin, Tel. +49 30 240477220, Fax +49 30 240477229, E‐Mail: mitgliederservice@dgppn.de, Internet: http://www. dgppn.de/kongress.html. DOI: 10.1026/1616-3443/a000356
Hogrefe Tagungsplaner Alle Tagungen im Überblick Der Hogrefe Tagungsplaner bietet Ihnen ein umfassendes Verzeichnis von Tagungen, Kongressen und Symposien im Bereich der Psychologie und Psychiatrie. Sie können sich nach verschiedenen Suchkriterien die passende Tagung oder den passenden Kongress anzeigen lassen.
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Zeitschrift für Klinische Psychologie und Psychotherapie (2016), 45 (1), 66–82
© 2016 Hogrefe Verlag
Hinweise für Autoren Die Zeitschrift für Klinische Psychologie und Psychotherapie – Forschung und Praxis publiziert Beiträge, die sich – direkt oder indirekt – auf den mit Problemen behafteten, psychisch gestörten, psychisch kranken Menschen und die psychischen Aspekte somatisch Erkrankter sowie deren Behandlung beziehen. In Frage kommen vor allem Arbeiten aus der Psychologie und der Medizin, die aus dem Grundlagen- oder Anwendungsbereich stammen können. Die Zeitschrift für Klinische Psychologie und Psychotherapie ist dem Pluralismus in den Denk- und Arbeitsmethoden, der Interdisziplinarität, der Multimethodalität und der Heterogenität der Arbeitsfelder verpflichtet. Veröffentlicht werden in der Zeitschrift für Klinische Psychologie und Psychotherapie die Rubriken: Originalbeiträge, Kurzberichte, Kommentare, Rezensionen und Nachrichten. Einsendung von Manuskripten. Alle Manuskripte sind in elektronischer Form an den Herausgeber zu senden: Prof. Dr. Brunna Tuschen-Caffier, E-Mail: herausgeber.zkpp@psychologie.unifreiburg.de Detaillierte Hinweise für Autoren finden Sie unter http://www. hogrefe.de/zeitschriften/zeitschrift-fuer-klinische-psycholo gie-und-psychotherapie/autorenhinweise/ Urheber- und Nutzungsrechte. Der Autor bestätigt und garantiert, dass er uneingeschränkt über sämtliche Urheberrechte an seinem Beitrag einschließlich eventueller Bildvorlagen, Zeichnungen, Pläne, Karten, Skizzen und Tabellen verfügt, und dass der Beitrag keine Rechte Dritter verletzt. Der Autor räumt – und zwar auch zur Verwertung seines Beitrages außerhalb der ihn enthaltenen Zeitschrift und unabhängig von deren Veröffentlichung – dem Verlag räumlich und mengenmäßig unbeschränkt für die Dauer des gesetzlichen Urheberrechts das ausschließliche Recht der Vervielfältigung und Verbreitung bzw. der unkörperlichen Wiedergabe des Beitrags ein. Der Autor räumt dem Verlag ferner die folgenden ausschließlichen Nutzungsrechte am Beitrag ein:
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a) Das Recht zum ganzen oder teilweisen Vorabdruck oder Nachdruck – auch in Form eines Sonderdrucks, zur Übersetzung in andere Sprachen, zu sonstiger Bearbeitung und zur Erstellung von Zusammenfassungen (Abstracts); b) das Recht zur Veröffentlichung einer Mikrokopie-, Mikroficheund Mikroformausgabe, zur Nutzung im Weg von Bildschirmtext, Videotext und ähnlichen Verfahren, zur Aufzeichnung auf Bildund/ oder Tonträger und zu deren öffentlicher Wiedergabe – auch multimedial – sowie zur öffentlichen Wiedergabe durch Radio- und Fernsehsendungen; c) das Recht zur maschinenlesbaren Erfassung und elektronischen Speicherung auf einem Datenträger (z. B. Diskette, CDRom, Magnetband) und in einer eigenen oder fremden OnlineDatenbank, zum Download in einem eigenen oder fremden Rechner, zur Wiedergabe am Bildschirm – sei es unmittelbar oder im Wege der Datenfernübertragung – sowie zur Bereithaltung in einer eigenen oder fremden Online-Datenbank zur Nutzung durch Dritte; d) das Recht zu sonstiger Vervielfältigung, insbesondere durch fotomechanische und ähnliche Verfahren (z. B. Fotokopie, Fernkopie) und zur Nutzung im Rahmen eines sogenannten Kopienversands auf Bestellung; e) das Recht zur Vergabe der vorgenannten Nutzungsrechte an Dritte in In- und Ausland sowie die von der Verwertungsgesellschaft WORT wahrgenommenen Rechte einschließlich der entsprechenden Vergütungsansprüche. Online-Rechte für Zeitschriftenbeiträge. Hinweise für Autoren zur Online-Archivierung einer elektronischen Version Ihres Manuskriptes finden Sie unter den Autorenhinweisen auf unserer Homepage www.hogrefe.de/zeitschriften. Januar 2016
Zeitschrift für Klinische Psychologie und Psychotherapie (2016), 45 (1), 83
Dorothe Verbeek / Franz Petermann
Essstörungen bei Jugendlichen vorbeugen Auffälliges Essverhalten erkennen und handeln
Dorothe Verbeek Franz Petermann
Essstörungen bei Jugendlichen vorbeugen Auffälliges Essverhalten erkennen und handeln
2015, 132 Seiten, Kleinformat, € 16,95 / CHF 21.90 ISBN 978-3-8017-2683-6 Auch als eBook erhältlich Anhaltende Gewichtssorgen und Unzufriedenheit mit der eigenen Figur, gezügeltes Essverhalten, exzessives Fitnesstraining mit Einnahme von Substanzen zum Muskelaufbau, Essanfälle mit und ohne Erbrechen und Hänseleien durch Gleichaltrige sind Phänomene, die im Jugendalter weit verbreitet sind. Auch wenn es sich bei diesen Auffälligkeiten nicht um psychische Störungen im engeren Sinne handelt, sollten sie unbe-
dingt beachtet werden, weil sich aus diesen ersten Anzeichen Essstörungen entwickeln können. Was steckt hinter den Essproblemen so vieler Jugendlicher? Woran kann man Essstörungen frühzeitig erkennen? Was können Erwachsene wie Eltern und Lehrkräfte tun, um der Entwicklung einer Essstörung vorzubeugen? Wo gibt es welche Unterstützungsangebote und wie sieht die Behandlung aus? Dieses Buch will informieren, aufklären und sensibilisieren. Es will Eltern, Lehrkräften und anderen Bezugspersonen Einblicke in die komplexe Innenwelt von Jugendlichen, ihre Nöte und Probleme ermöglichen, die sich hinter einer Essstörung verbergen können. Das Buch zeigt auf, wie Eltern und Lehrkräfte Jugendliche auf dem Weg hin zu einer gesunden, stabilen und selbstbewussten Person unterstützen und begleiten können.
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Umfassend und aktuell: das Wissen der Psychologie Markus Antonius Wirtz (Hrsg.)
Dorsch – Lexikon der Psychologie 17., überarb. Aufl. 2014. 2060 S., Gb € 74.95 / CHF 99.00 ISBN 978-3-456-85460-1
Der Dorsch ist seit vielen Studentengenerationen das Standardwerk, das eine umfassende Orientierung über Grundlagen, Konzepte und Begriffe der Psychologie ermöglicht. Das Lexikon der Psychologie wendet sich an Studierende der Psychologie, Psychiatrie und Pädagogik, Wissenschaftler und praktizierende
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Fachpersonen dieser und verwandter Fächer sowie an interessierte Laien. Der neue Dorsch bietet insgesamt 12'500 Stichwörter von rund 600 Fachautoren aus allen Bereichen der Psychologie.
Essentials für die Praxis Horst Dilling / Werner Mombour / Martin H. Schmidt / WHO (Hrsg.)
Horst Dilling / Harald J. Freyberger / WHO (Hrsg.)
Taschenführer zur ICD-10Klassifikation psychischer Störungen
Internationale Klassifikation psychischer Störungen
ICD-10 Kapitel V (F) – Klinisch-diagnostische Leitlinien
Mit Glossar und Diagnostischen Kriterien sowie Referenztabellen ICD-10 vs. ICD-9 und ICD-10 vs. DSM-IV-TR
10., überarb. Aufl. 2016. 456 S., Kt € 36.95 / CHF 45.90 ISBN 978-3-456-85560-8
8., überarb. Aufl. entsprechend ICD-10-GM 2016. 528 S., Gb € 36.95 / CHF 45.90 ISBN 978-3-456-85595-0
Die Einführung für praktisch tätige Psychiater und
Der «Taschenführer» enthält die diagnostischen
Psychotherapeuten – Neuauflage entsprechend
Kriterien für die einzelnen psychischen Störun-
der ICD-10-GM 2015.
gen und Störungsgruppen in kommentierter Form. Nach einem kurzen Einführungsabschnitt zu je-
Im Gesamtwerk der Internationalen Klassifikation
der Störung werden die für die Diagnose relevan-
der Krankheiten (ICD) der WHO kommt den psychi-
ten Kriterien aufgeführt und mit Hinweisen zur
schen Störungen eine Sonderstellung zu. Aufgrund
Differenzial- und Ausschlussdiagnostik ergänzt.
der besonderen Anforderungen bei der Klassifika-
Damit umfasst dieser Ansatz sowohl die pragma-
tion psychischer und Verhaltensstörungen gibt die
tische Darstellung der Diagnosen entsprechend
WHO diese offizielle Publikation heraus, mit den
den ICD-10-Forschungskriterien als auch, anstelle
für die praktische Arbeit notwendigen klinischen
der ausführlicheren diagnostischen Leitlinien, die
Beschreibungen und diagnostischen Leitlinien.
kompakte Definition und Beschreibung der einzelnen Störungen.
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MZI
PAS
Multidimensionales Zwangsstörungsinventar
Panik- und Agoraphobie-Skala 2., aktualisierte Auflage
Deutsche Revision des Vancouver Obsessional-Compulsive Inventory
Einsatzbereich: Ab 15 Jahre.
S. Gönner / W. Ecker / R. Leonhart / K. Limbacher Einsatzbereich: Das MZI wird bei Erwachsenen eingesetzt. Es kann individuell und in der Gruppe durchgeführt werden. Das Verfahren: Das MZI ist ein mehrdimensionales Selbstbeurteilungsinstrument zur Erfassung der Schwere von Zwangssymptomen. Die wichtigsten Dimensionen der Zwangsstörung werden durch das Verfahren erfasst: Kontaminationsbefürchtungen/Waschzwänge,Kontrollzwänge, Symmetriepräferenzen/ Ordnungszwänge und Zwangsgedanken mit den beiden Subskalen Aggressive Zwangsgedanken und Unmoralische Zwangsgedanken. Zusätzlich kann auf einer Dimension Zwanghaftes Horten gemessen werden. Das MZI eignet sich für den Einsatz in der klinischen Praxis und Forschung. Anwendungsgebiete sind Diagnostik, Differentialdiagnostik, Schweregradeinschätzung, Identifikation von Hauptsymptombereichen/ Subtypen, Therapieplanung, Verlaufs- und Therapieerfolgsmessung, Evaluation und Qualitätssicherung. Das MZI besteht aus 30 Items, die Zwangssymptome in Form von Selbstaussagen beschreiben. Für die einzelnen Items wird auf fünfstufigen Antwortskalen (von „gar nicht“ bis „sehr stark“) eingeschätzt, in welchem Ausmaß die Selbstaussagen zutreffen. Das MZI ist ein zuverlässiges, diagnostisches ScreeningInstrument, um zu einer ersten Einschätzung zu kommen, ob eine Zwangsstörung bzw. ein bestimmter Subtyp vorliegt oder nicht. Bearbeitungsdauer: Die Bearbeitungsdauer liegt bei ca. 10 Minuten.
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B. Bandelow
Das Verfahren: Mit der PAS wird der Schweregrad der Symptome bei Patienten mit Panikstörung mit oder ohne Agoraphobie innerhalb der vergangenen Woche erfasst. Es sind zwei verschiedene Versionen für die Selbstund Fremdbeurteilung mit identischen Iteminhalten verfügbar. Die Selbstbeurteilungsversion (Patientenfragebogen) wird vom Patienten ausgefüllt. Die Fremdbeurteilungsversion wird vom Untersucher nach Befragung des Patienten ausgefüllt. In beiden Versionen werden anhand von dreizehn Items fünf Bereiche erfasst, die die Lebensqualität bei Patienten mit Panikstörung einschränken: Panikattacken, agoraphobische Vermeidung, antizipatorische Angst, Einschränkung sowie Gesundheitsbefürchtungen. Bei der Auswertung wird für jeden Bereich ein eigener Subscore gebildet. Anhand der Subscores der PAS können differentielle Wirkungen verschiedener Behandlungsformen getrennt betrachtet werden. Der Gesamtwert, der durch Addieren aller Items entsteht, kann als Haupteffizienzkriterium eines Wirksamkeitsnachweises verwendet werden. Mit der vorliegenden 2. Auflage wurde das Handbuch an das DSM-5 angepasst. Es wurde überprüft, ob die Skala im Hinblick auf das DSM-5 nach wie vor Gültigkeit besitzt, was bestätigt werden konnte. Die Items konnten daher beibehalten werden. Neu hinzugekommen ist in der 2. Auflage ein Auswertungsbogen, der die Auswertung der Skala erleichtert. Bearbeitungsdauer: Die Fremdbeurteilungsversion kann vom Untersucher in 5 bis 10 Minuten ausgefüllt werden. Die Selbstbeurteilungsversion kann vom Patienten in 10 bis 15 Minuten ausgefüllt werden. Die Auswertung durch den Untersucher erfordert jeweils ca. 5 Minuten.
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Franz Petermann / Manfred Döpfner / Anja Görtz-Dorten
Franz Petermann Manfred Döpfner Anja Görtz-Dorten
Ratgeber aggressives und oppositionelles Verhalten bei Kindern Informationen für Betroffene, Eltern, Lehrer und Erzieher 3., überarbeitete Auflage
Ratgeber aggressives und oppositionelles Verhalten bei Kindern Informationen für Betroffene, Eltern, Lehrer und Erzieher
Aggressivoppositionelles Verhalten im Kindesalter
Franz Petermann Manfred Döpfner Anja Görtz-Dorten
3., überarbeitete Auflage
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Leitfaden Kinder- und Jugendpsychotherapie
(Ratgeber zur Reihe: „Ratgeber Kinder- und Jugendpsychotherapie“, Band 3) 3., überarb. Auflage 2016, 47 Seiten, Kleinformat, € 8,95 / CHF 11.90 ISBN 978-3-8017-2649-2 / Auch als eBook erhältlich
(Reihe: „Leitfaden Kinder- und Jugendpsychotherapie“, Band 1) 3., überarb. Auflage 2016, X/181 Seiten, € 24,95 / CHF 32.50 ISBN 978-3-8017-2648-5 / Auch als eBook erhältlich
Der Ratgeber informiert über aggressives Verhalten bei Kindern und gibt Hinweise, wie man in Familie, Schule oder Kindergarten mit dieser Problematik besser klarkommen kann.
Der Band beschreibt Leitlinien zur Diagnostik und Therapie aggressiv-oppositioneller Störungen bei Kindern.
Verlängerte Konfrontationstherapie für Jugendliche mit einer Posttraumatischen Belastungsstörung
Edna B. Foa Kelly R. Chrestman Eva Gilboa-Schechtmann
Die emotionale Verarbeitung traumatischer Erfahrungen Deutsche Übersetzung und Bearbeitung von Anne Boos, Theres Gläser und Sabine Schönfeld
Edna B. Foa / Kelly R. Chrestman / Eva Gilboa-Schechtman
Verlängerte Konfrontationstherapie für Jugendliche mit einer Posttraumatischen Belastungsstörung
Störung des Sozialverhaltens bei Jugendlichen
Rudolf Eigenheer Bruno Rhiner Marc Schmid Edith Schramm
Die Multisystemische Therapie in der Praxis
Rudolf Eigenheer / Bruno Rhiner / Marc Schmid / Edith Schramm
Störung des Sozialverhaltens bei Jugendlichen Die Multisystemische Therapie in der Praxis
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Therapeutische Praxis
Praxis der Paarund Familientherapie
(Reihe: „Therapeutische Praxis“) 2016, 142 Seiten, Großformat, inkl. CD-ROM, € 44,95 / CHF 55.90 ISBN 978-3-8017-2630-0 Auch als eBook erhältlich
(Reihe: „Praxis der Paar- und Familientherapie“, Band 10) 2016, X/289 Seiten, € 29,95 / CHF 39.90 ISBN 978-3-8017-2528-0 Auch als eBook erhältlich
Das Manual beschreibt die Durchführung der Verlängerten Konfrontationstherapie nach Edna Foa für traumatisierte Jugendliche zwischen 13 und 18 Jahren.
Der Band stellt ein Therapieverfahren zur Behandlung der Störung des Sozialverhaltens bei Jugendlichen, die Multisystemische Therapie, vor.
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Christine Knaevelsrud / Birgit Wagner / Maria Böttche
Online-Therapie und -Beratung
Dieter Riemann
Ratgeber Schlafstörungen
Online-Therapie und -Beratung Ein Praxisleitfaden zur onlinebasierten Behandlung psychischer Störungen
Informationen für Betroffene und Angehörige Dieter Riemann
Ratgeber Schlafstörungen Informationen für Betroffene und Angehörige
Christine Knaevelsrud Ein Praxisleitfaden zur onlinebasierten Birgit Wagner Behandlung psychischer Störungen Maria Böttche
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Therapeutische Praxis
(Reihe: „Therapeutische Praxis“) 2016, 88 Seiten, Großformat, inkl. CD-ROM, € 29,95 / CHF 39.90 ISBN 978-3-8017-2562-4 Auch als eBook erhältlich
(Ratgeber zur Reihe: „Fortschritte der Psychotherapie“, Band 2). 2., akt. Auflage 2016, 71 Seiten, Kleinformat, € 9,95 / CHF 13.50 ISBN 978-3-8017-2745-1 Auch als eBook erhältlich
Das Buch liefert eine praxisorientierte Darstellung kognitiv-verhaltenstherapeutischer Methoden sowie störungsübergreifender Ansätze im internetbasierten Setting.
Die Neuauflage des Ratgebers stellt wirkungsvolle verhaltenstherapeutisch orientierte Maßnahmen zur Reduktion von Schlafstörungen dar.
Georg H. Eifert / Andrew T. Gloster
ACT bei Angststörungen
Georg H. Eifert Andrew T. Gloster
ACT bei Angststörungen Ein praktisch bewährtes Therapiemanual
Ein praktisch bewährtes Therapiemanual
Therapeutische Praxis
Psychotherapie suizidaler Patienten
Tobias Teismann Christoph Koban Franciska Illes Angela Oermann
Therapeutischer Umgang mit Suizidgedanken, Suizidversuchen und Suiziden
Tobias Teismann / Christoph Koban / Franciska Illes / Angela Oermann
Psychotherapie suizidaler Patienten Therapeutischer Umgang mit Suizidgedanken, Suizidversuchen und Suiziden
Therapeutische Praxis
(Reihe: „Therapeutische Praxis“). 2016, 146 Seiten, Großformat, inkl. CD-ROM, € 36,95 / CHF 45.90 ISBN 978-3-8017-2729-1 Auch als eBook erhältlich
(Reihe: „Therapeutische Praxis“) 2016, 206 Seiten, Großformat, € 39,95 / CHF 48.50 ISBN 978-3-8017-2584-6 Auch als eBook erhältlich
Das Manual beschreibt ein empirisch überprüftes und klinisch bewährtes Programm zur Behandlung von Angststörungen mithilfe der Akzeptanz- und CommitmentTherapie (ACT).
Das Buch informiert praxisorientiert über Methoden der Risikoabschätzung, Krisenintervention und Psychotherapie bei suizidalen Erwachsenen, Kindern, Jugendlichen und alten Menschen.
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