Zeitschrift für Klinische Psychologie und Psychotherapie

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Jahrgang 47 / Heft 1 / 2018

Zeitschrift für

Klinische Psychologie und Psychotherapie

Herausgeber Jürgen Hoyer Cornelia Exner Alexander L. Gerlach Tina In-Albon Angelika A. Schlarb Michael Witthöft

Forschung und Praxis


Unsere Buchtipps Verhaltenssüchte – Pathologisches Kaufen, Spielsucht und Internetsucht

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Verhaltenssüchte Pathologisches Kaufen, Spielsucht und Internetsucht

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Klinische Psychologie und Psychotherapie Forschung und Praxis

Jahrgang 47 / Heft 1 / 2018 Organ der Deutschen Gesellschaft für Psychologie (DGPs) zugleich Organ der Fachgruppe Klinische Psychologie und Psychotherapie in der Deutschen Gesellschaft für Psychologie (DGPs), der Fachsektion Klinische Psychologie im Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen (BDP), der Deutschen Gesellschaft für Verhaltenstherapie e.V. (DGVT), der Gesellschaft für Personzentrierte Psychotherapie und Beratung e.V. (GwG), der Fachsektion Klinische Psychologie (FSK-KP) im Berufsverband Österreichischer Psychologinnen und Psychologen (B.Ö.P.) und der Arbeitsgemeinschaft für VerhaltensModifikation e.V. (AVM)


Herausgeber

Prof. Dr. Jürgen Hoyer, Technische Universität Dresden, Institut für Klinische Psychologie und Psychotherapie, Hohe Str. 53, 01187 Dresden

Mitherausgeber

Prof. Dr. Cornelia Exner, Leipzig Prof. Dr. Alexander L. Gerlach, Köln Prof. Dr. phil. Tina In-Albon, Landau

Prof. Dr. Angelika A. Schlarb, Bielefeld Prof. Dr. Michael Witthöft, Mainz

Wissenschaftlicher Beirat

Prof. Dr. Harald Baumeister, Ulm Prof. Dr. Manfred Döpfner, Köln Prof. Dr. Dr. Katharina Domschke, Freiburg Prof. Dr. Anke Ehlers, Oxford Prof. Dr. Ulrike Ehlert, Zürich Prof. Dr. Thomas Ehring, München Prof. Dr. Tanja Endrass, Dresden Prof. Dr. Herta Flor, Mannheim Prof. Dr. med. J. Förstl, München Prof. Dr. med. H. J. Freyberger, Greifswald Prof. Dr. A. Hamm, Greifswald Prof. Dr. Kurt Hahlweg, Braunschweig Prof. Dr. Martin Hautzinger, Tübingen Prof. Dr. Tanja Hechler, Trier Prof. Dr. Nina Heinrichs, Braunschweig Prof. Dr. med. F. Hohagen, Lübeck

Prof. Dr. Norbert Kathmann, Berlin Prof. Dr. Bernd Leplow, Halle Prof. Dr. Roselind Lieb, Basel Prof. Dr. Sabine Löber, Bamberg Prof. Dr. Ulrike Lueken, Berlin Prof. Dr. Wolfgang Lutz, Trier Prof. Dr. Jürgen Margraf, Bochum Prof. Dr. Alexandra Martin, Wuppertal Prof. Dr. Wolfgang Miltner, Jena Prof. Dr. Nexhmedin Morina, Münster Prof. Dr. Franz Petermann, Bremen Prof. Dr. Reinhard Pietrowsky, Düsseldorf Prof. Dr. Brigitte Rockstroh, Konstanz Prof. Dr. Rolf-Dieter Stieglitz, Basel Prof. Dr. H.-U. Wittchen, Dresden Prof. Dr. Florian Weck, Potsdam

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Inhalt Originalarbeiten

Universelle Prävention kindlicher Verhaltensstörungen durch Elterntrainings. Wirksamkeit nach 10 Jahren aus Sicht der Mütter, Väter und Jugendlichen

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Universal Prevention of Child Behavioral Disorders by Parent Training: 10-Year Effectiveness From Mothers’, Fathers’, and Adolescents’ Perspectives Kurt Hahlweg und Wolfgang Schulz Weibliche Homosexualität, Maskulinität und Körperzufriedenheit

16

Female Homosexuality, Masculinity, and Body Satisfaction Christina Schütteler und Alexander L. Gerlach Eheglück durch „Wenn“ und „Aber“? Lassen sich anhand von Konjunktionen die Scheidungswahrscheinlichkeit und die Partnerschaftszufriedenheit nach fünf und 25 Jahren vorhersagen?

23

Marital Happiness Through “Ifs” and “Buts”? Are Divorce Probability and Marital Satisfaction after 5 and 25 Years Predictable on the Basis of Conjunction Usage in Marital Conflicts? Max Supke, Joachim Engl, Franz Thurmaier, Wolfgang Schulz und Kurt Hahlweg Die deutsche Version des „Driving Cognitions Questionnaire“ (DCQ). Übersetzung und psychometrische Validierung des DCQ zur Erfassung der Kognitionen bei Autofahrphobie

36

Translation and Validation of a German Version of the Driving Cognitions Questionnaire Jens Heider, Carolin Fischer und Annette Schröder Die Eltern-Kurzversion des Fragebogens zur Erhebung der Emotionsregulation bei Kindern und Jugendlichen (FEEL-KJ). Psychometrische Eigenschaften und Zusammenhänge mit soziodemographischen Variablen und psychopathologischen Symptomen

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The Parent Short Version of the Questionnaire to Assess Emotion Regulation in Children and Youths (FEEL-KJ): Psychometric Properties and Correlations With Sociodemographic Variables and Psychopathological Symptoms Jan Felix Greuel, Wolfgang Briegel und Nina Heinrichs Rezension

Psychopathologische Befunderhebung Franz Petermann

59

Nachrichten

Arbeitsgemeinschaft für VerhaltensModifikation e.V.

61

Deutsche Gesellschaft für Verhaltenstherapie (DGVT) e.V.

63

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Fachgruppe Klinische Psychologie und Psychotherapie in der Deutschen Gesellschaft für Psychologie (DGPs)

66

Fachsektion Klinische Psychologie (FSK-KP) im Berufsverband Österreichischer Psychologinnen und Psychologen (B.Ö.P.)

67

Sektion Klinische Psychologie im Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen e.V. (BDP)

69

Veranstaltungen und Ankündigungen

71

Gutachterliste der Zeitschrift für Klinische Psychologie und Psychotherapie 2017

73

Hinweise für Autorinnen und Autoren

Zeitschrift für Klinische Psychologie und Psychotherapie (2018), 47 (1)

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© 2018 Hogrefe Verlag


Originalarbeit

Universelle Prävention kindlicher Verhaltensstörungen durch Elterntrainings Wirksamkeit nach 10 Jahren aus Sicht der Mütter, Väter und Jugendlichen Kurt Hahlweg und Wolfgang Schulz Technische Universität Braunschweig Zusammenfassung: Theoretischer Hintergrund: Die Prävalenzrate kindlicher psychischer Störungen beträgt ca. 20 % und ist durch psychotherapeutische Interventionen alleine nicht zu reduzieren. Universelle präventive Interventionen sind daher dringend notwendig, allerdings ist unklar, ob solche Maßnahmen auch langfristig wirksam sind. Fragestellung: Ziel der vorliegenden Studie ist die Überprüfung der 10Jahres-Wirksamkeit des Triple P-Elterntrainingsprogramms als universelle Präventionsmaßnahme aus Mütter-, Väter- und Jugendlichensicht. Methode: Zum Prä-Zeitpunkt wurden N = 477 Familien über Kindertagesstätten in Braunschweig rekrutiert und zufällig der Kontrollgruppe (KG) oder dem Triple P-Elterntraining (TP) zugewiesen. 77 % der Familien nahmen das TP-Angebot an (T+), 23 % lehnten eine Teilnahme ab (T‐). Die 10-Jahres-Wirksamkeit konnte mit einer multimethodalen diagnostischen Batterie an N=361 Familien überprüft werden (Rücklauf: 76 %). Ergebnisse: Die „Intention to Treat“- Auswertung (Vergleich TP vs. KG) erbrachten keine bedeutsamen Unterschiede. Eine differentielle Analyse der T+, T- und KG-Gruppen ergab aus Sicht der T+ Mütter im Vergleich zur KG eine Reduktion des kindlichen Problemverhaltens (CBCL) und eine Steigerung ihrer Partnerschaftszufriedenheit auf niedrigem Effektstärke-Niveau. In Bezug auf die CBCLAuffälligkeitsraten zeigten sich im Vergleich zu Prä nach 10 Jahren bei der T+ Gruppe mit 5 % die geringsten, bei der T- Gruppe die stärksten Zuwächse (33 %). Entgegen der Erwartung ließen sich aus Sicht der Mütter keine Effekte hinsichtlich des elterlichen Erziehungsverhaltens nachweisen. Bei den T+ Vätern hingegen zeigte sich eine Verbesserung ihres Erziehungsverhaltens. Aus Jugendlichensicht ergaben sich keine bedeutsamen Effekte. Schlussfolgerungen: Die Ergebnisse unterstützen – allerdings nur aus Sicht der T+ Mütter – die langfristige Wirksamkeit des Triple P-Gruppenprogramms als universelle Maßnahme zur Prävention kindlicher Verhaltensprobleme. Zukünftig sollte der Ablehnenden-Gruppe T- mehr Aufmerksamkeit gewidmet werden, da diese Familien noch ungünstigere Ergebnisse als die Kontrollgruppe aufwiesen. Schlüsselwörter: Universelle Prävention, Elterntraining, Triple P, psychische Störungen, Jugendliche, Langzeitstudie

Universal Prevention of Child Behavioral Disorders by Parent Training: 10-Year Effectiveness From Mothers’, Fathers’, and Adolescents’ Perspectives Abstract: Background: Mental problems in children are widespread and cannot be reduced through treatment only. Prevention is therefore urgently needed although it is unclear how effective such strategies may be, particularly in the long term. Aim: Can a parent-centered universal prevention program that is effective in the short term also yield effects after 10 years? Method: According to their preschool location, N = 477 families were randomly assigned to the parent training prevention program (Triple P Positive Parenting Program, TP; Sanders, 2012) or the control group (CG). In all, 77 % accepted the TP offer (T+), while 23 % declined it (T‐). The 10-year effectiveness of the program was established with self-report measures of mothers, fathers, and adolescents from N = 361 families. Results: The intention-totreat analysis (comparison TP vs. CG) yielded negligible findings. By contrast, the differential analysis from the T+ mothers’ perspective found long-term improvements in Child Behavior Checklist (CBCL) internalizing and externalizing behavior and relationship satisfaction in comparison with CG and T- mothers. At 10 years, compared with preassessment, T+ mothers reported the smallest increase in the CBCL sum score of internalizing and externalizing behaviors, 5 %, while CG (20 %) and T- (33 %) mothers reported far higher rates. Contrary to the

Die Förderung der 10-Jahres-Katamnese erfolgte durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft DFG (HA 1400/17 – 1). Wir danken den Familien für ihre Mitarbeit und Tim Bothe, B.Sc. Psychologie, für seine Hilfe bei der statistischen Analyse. Interessenkonflikte: Kurt Hahlweg ist Mitglied des Triple P International Scientific Advisory Committee. Es bestehen für Kurt Hahlweg und Wolfgang Schulz keine finanziellen Interessenkonflikte. © 2018 Hogrefe Verlag

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K. Hahlweg und W. Schulz, Universelle Prävention kindlicher Verhaltensstörungen durch Elterntrainings

hypotheses, parenting behavior did not change over time. T+ fathers reported improvements in parenting behavior, while adolescents reported negligible outcomes. Conclusion: The results support the long-term effectiveness of the TP program as a universal prevention intervention, at least from the T+ mothers’ perspective. More research should be conducted with the T- families because they showed worse outcomes than the control group. Keywords: universal prevention, parent training, Triple P, behavior problems, adolescents, longitudinal study

In westlichen Industriegesellschaften leiden bis zu 20 % der Kinder und Jugendlichen unter psychischen Störungen und Verhaltensauffälligkeiten (Belfer, 2008; Kieling et al., 2011), die die Betroffenen, deren Familien und das soziale Umfeld belasten und somit eine hohe gesellschaftliche Relevanz besitzen. In Deutschland ergeben sich ähnliche Prävalenzen, wie die bevölkerungsrepräsentativen KIGGS-Studien des Kinder- und Jugendgesundheitssurvey des Robert-Koch-Instituts gezeigt haben (Ravens-Sieberer, Wille, Bettge & Erhart, 2007; Hölling, Schlack, Petermann, Ravens-Sieberer & Mauz, 2014). Diese Befunde deuten darauf hin, dass zur längerfristigen Reduktion der Prävalenzrate gezielte Präventionsmaßnahmen im Sinne eines Public-Health-Ansatzes notwendig sind. Für die Eltern stellen diese Auffälligkeiten oft eine erhebliche Belastung dar und führen häufig zu vermehrten partnerschaftlichen Konflikten und Trennungen (z. B. bei ADHS; Wymbs et al., 2008). Für die betroffenen Kinder und Jugendlichen geht eine psychische Erkrankung mit deutlichen Beeinträchtigungen in den Bereichen Schule, soziale Beziehungen und somatischer Gesundheit mit der Gefahr der Chronifizierung einher (O’Connell, Boat & Warner, 2009). Ökonomische Konsequenzen. Diese langfristigen negativen Konsequenzen bringen erhebliche gesellschaftliche Kosten mit sich (direkte Kosten für psychotherapeutische und psychiatrische Interventionen, indirekte Kosten für die oft verminderten Leistungen in Schule und Beruf). Dazu kommt die erhöhte Wahrscheinlichkeit von Delinquenz, Alkohol- und Drogenabhängigkeit und sexuellem Risikoverhalten (Caminis, Henrich, Ruchkin, SchwabStone & Martin, 2007; Englund, Egeland, Oliva & Collins, 2008; Farrington & Welsh, 2007; Gustavsson et al., 2011; O’Connell et al., 2009; Pingault et al., 2013). Viel zu oft erfolgt aufgrund unzureichender Versorgungsstrukturen keine adäquate Behandlung kindlicher psychischer Störungen. Die Vorbeugung langfristiger Beeinträchtigungen sowie die Etablierung entsprechender Präventionsprogramme wie z. B. Elternkurse oder Problemlösekurse bei Schulkindern, sollte aus den genannten Gründen jedoch Ziel eines jeden Gesundheitssystems sein. Risikofaktoren. Die Entstehung von psychischen Problemen im Kindesalter ist multifaktoriell bedingt, d. h., sowohl biologische als auch psychosoziale Risikofaktoren spielen eine wichtige Rolle (O’Connell et al., 2009).

Für die Prävention von Verhaltensstörungen im Kindesalter mit Hilfe von Elternkursen sind vor allem solche empirisch gesicherten psychologischen Faktoren von entscheidender Bedeutung, die prinzipiell zu verändern sind, wie inkonsistentes und bestrafendes Erziehungsverhalten, negative familiäre Kommunikationsmuster, Partnerschaftskonflikte und psychische Störungen der Eltern, z. B. depressive Störungen oder Alkoholabhängigkeit. Eine Reduktion zumindest der familiären Risikovariablen durch möglichst frühzeitige präventive Interventionen bereits im frühen Kindesalter erscheint dringend geboten: Je früher interveniert wird, desto größer ist auch die Chance, dass sich das Verhalten nicht bereits stabilisiert und chronifiziert hat (Hahlweg & Heinrichs, 2007; Heckman, 2008). Verunsicherung der Eltern. Ein weiterer wichtiger Grund für den verstärkten Einsatz von Elternkursen ist, dass viele Eltern hinsichtlich ihrer Erziehungskompetenz sehr verunsichert sind. So gaben z. B. 68 % von 850 Müttern von Kindergartenkindern an, dass sie nicht wussten, ob sie ihre Erziehungsaufgabe gut oder schlecht erfüllten (Braunschweiger Kindergartenstudie; Kuschel et al., 2004). Elternkompetenzkurse. Vor allem kognitiv-verhaltenstherapeutische Elternkompetenzkurse haben sich als wirksam erwiesen (Furlong et al., 2012; Nowak & Heinrichs, 2008; Piquero et al., 2016; Sandler, Schoenfelder, Wolchik & MacKinnon, 2011; Stattin, Enebrink, Özdemir & Giannotta, 2015; Weiss, Schmucker & Lösel, 2015; Weisz & Kazdin, 2010) und gelten als Goldstandard im Bereich der Prävention kindlicher Auffälligkeiten (United Nations Office on Drugs and Crime, 2009; World Health Organization, 2009). In einer Meta-Analyse, in die 77 Studien von Elterntrainings verschiedener theoretischer Orientierungen eingingen, berichteten Kaminski, Valle, Filene und Boyle (2008) eine niedrige Effektstärke (d) von 0.34 (95 % Konfidenzintervall [0.29; 0.39]). Interventionskomponenten, die mit einem größeren Effekt einhergingen, beinhalteten eine Steigerung der positiven Eltern-Kind-Interaktionen, der emotionalen Kommunikationsfertigkeiten und das Erlernen von Time-out als Erziehungsmaßnahme sowie konsistentem Erziehungsverhalten und dem praktischen Einüben der neuen Fertigkeiten während der Elterntrainingssitzungen mit dem eigenen Kind (Kaminski et al., 2008). Lundahl, Risser und Lovejoy (2006) schlossen 63 randomisierte, kontrollierte Studien ein und ermittelten niedrige bis mittlere Effektstärken für die Bereiche kindliches Problemverhalten (d = 0.42), Erziehungs-

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K. Hahlweg und W. Schulz, Universelle Prävention kindlicher Verhaltensstörungen durch Elterntrainings

verhalten (d = 0.47) und Einstellungen zum Erziehungsverhalten (d = 0.53). Zu den evidenzbasierten Programmen zählen nach O’Connell et al. (2009) neben dem Triple P-Programm (Sanders, 2012), das Incredible Years Program (IY, Webster-Stratton, 1998), die Parent-Child Interaction Therapy (PCIT, Fernandez & Eyberg, 2009) und das Parent Management Training – Oregon Model (PMTO, Forgatch & Patterson, 2010). Alle gehen von sozial-kognitiven Lernmodellen aus und verbinden diese mit entwicklungspsychologischen Theorien (Sanders, Kirby, Tellegen & Day, 2014). Ein zentrales Resultat aller dieser Sekundärarbeiten ist, dass Elternkompetenztrainings wirksam sind in der Veränderung von dysfunktionalem Erziehungsverhalten und oft auch in der Reduktion kindlicher Verhaltensauffälligkeiten. Die langfristige Wirksamkeit von Elterntrainings als universelle Präventionsmaßnahme, die sich an alle Eltern richtet und nicht nur an Eltern von bereits auffälligen Kindern (= indizierte Prävention), wurde bisher jedoch kaum untersucht, da die meisten Studien nur ein Followup von einem Jahr aufwiesen (Averdijk, Zirk-Sadowski, Ribeaud & Eisner, 2016; Hiscock et al., 2008). Eine Ausnahme bildet die „Erlangen-Nürnberger Entwicklungsund Präventionsstudie“ von Lösel, Stemmler und Bender (2013). In dieser Kontrollgruppenstudie mit N = 609 Familien mit einem 3 bis 5 Jahre alten Kind ergaben sich nach einem Follow-up nach 5 Jahren in Abhängigkeit von den untersuchten Outcome-Variablen Effektstärken zwischen d = 0.10 und 0.30.

Hintergrund der Studie Ziel der vorliegenden Studie ist es, erstmalig – auch international – die Ergebnisse einer elternzentrierten universellen Präventionsmaßnahme (Triple P) 10 Jahre nach ihrer Durchführung zu untersuchen. Grundlage der Katamnese waren zwei Studien (ZF I und ZF II), die in den Jahren 2000 – 2006 durchgeführt wurden. In den von unserer Arbeitsgruppe durchgeführten Studien kam das Triple P (Positive Parenting Program, Sanders, 2012, s. u.) zum Einsatz. Dieses Erziehungsprogramm ist international in mindestens 30 Ländern verbreitet und wurde bisher in über 100 Studien mit ca. 16.000 Familien überprüft. In einer Meta-Analyse von Sanders et al. (2014) zeigten sich signifikante, kurzfristige kleine bis mittlere (prä-post) Effektstärken für soziales, kognitives und emotionales kindliches Verhalten (d = 0.47), elterliches Erziehungsverhalten (d = 0.58), elterliche Zufriedenheit (d = 0.52), elterliche psychische Belastung (0.34) und partnerschaftliche Zufriedenheit (d = 0.23). Allerdings gibt es auch Studien, in denen Triple P-Interventionen © 2018 Hogrefe Verlag

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keine signifikanten Ergebnisse erzielten, wie z. B. Averdijk et al. (2016) oder Wilson et al. (2012). Triple P repräsentiert zum einen ein Elterntraining, zum anderen steht der Begriff gleichzeitig für ein gesamtes System an familiärer Unterstützung. Triple P als System umfasst fünf Ebenen der Intervention, auf denen Eltern sich Unterstützung suchen können (Heinrichs & Hahlweg, 2009; Sanders, 2012). Die Ebenen variieren in ihrer Intensität der Unterstützung, denn eine der Grundannahmen von Triple P ist, dass nicht jede Familie dasselbe Ausmaß an Unterstützungs- und Beratungsbedarf hat. In unseren Studien wurde das Elterntraining Triple P im Gruppenformat (Ebene 4; Sanders, 2012) durchgeführt. Den Eltern wird hier in vier je zweistündigen Sitzungen eine umfassende Palette von 17 Erziehungsstrategien in den folgenden Bereichen vermittelt: Grundlagen positiver Erziehung, mögliche Ursachen von Problemverhalten, weiterhin Erziehungsstrategien zur Förderung der kindlichen Entwicklung und zum Umgang mit Problemverhalten. Im Anschluss an die vier Gruppensitzungen hatten die Eltern die Möglichkeit zu drei bis vier wöchentlichen, individuellen Telefonkontakten (jeweils 15 – 20 Minuten), in denen Fortschritte, Fragen und auftretende Schwierigkeiten mit dem Triple P-Trainer diskutiert werden konnten. Dies dient der Stabilisierung der implementierten Strategien und unterstützt die Generalisierung auf zukünftig auftretende Probleme. In dieser Studie wurden Daten von zwei Längsschnittstudien ausgewertet. In der randomisierten Kontrollgruppenstudie Zukunft Familie I (ZFI, gefördert von der Deutschen Forschungsgemeinschaft DFG, HA 140/1 – 5) stand eine Evaluierung der 4-Jahres-Wirksamkeit des Elterntrainings Triple P zur universellen Prävention von kindlichen Verhaltensstörungen für Familien mit Kindern im Alter von 3 bis 6 Jahren im Vordergrund. N = 280 Familien wurden aus 17 zufällig ausgewählten Kitas in Braunschweig rekrutiert. N = 94 Familien wurden zur Kontrollgruppe (KG) zugewiesen, N = 186 wurde die Teilnahme an dem Triple P-Programm angeboten. N = 144 Familien (T+, 77,4 %) nahmen dieses Angebot an, N = 42 Familien (T-, 22,6 %) lehnten eine Teilnahme an dem Elterntraining ab. Die Ablehnenden unterschieden sich von den annehmenden Familien nicht in sozioökonomischen Variablen, jedoch im kindlichen Problemverhalten: Familien, die sich für eine Teilnahme an dem Elterntraining entschieden, berichteten von mehr Verhaltensproblemen als die Ablehnenden (Heinrichs, Hahlweg et al., 2006). Als abhängige Variablen wurde eine Kombination von Interviews und standardisierten Fragebögen gewählt. Die Datenerhebungen erfolgten zu fünf Messzeitpunkten: Prä, Post (direkt nach Beendigung des Trainings), Followup’s 1 bis 4 (nach 1, 2, 3 und 4 Jahren) nach der Ersterhebung (weitere Details s. Hahlweg, Heinrichs, Naumann,

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K. Hahlweg und W. Schulz, Universelle Prävention kindlicher Verhaltensstörungen durch Elterntrainings

Kuschel & Bertram, 2010; Heinrichs, Bertram, Kuschel & Hahlweg, 2005; Heinrichs, Hahlweg, Bertram, Kuschel & Naumann, 2006; Heinrichs et al., 2009; 2017). Von den TP+ Müttern nahmen 89 % an mindestens 3 der 4 Sitzungen teil. Fünf lizensierte Trainer führten insgesamt 28 Gruppen durch. Die Triple P-Kurse wurden von den Eltern als sehr hilfreich erlebt: 90 % der Eltern schätzten die Qualität des Kurses als gut bis hervorragend ein (Heinrichs, Hahlweg et al., 2006). In der nicht kontrollierten Studie Zukunft Familie II (ZFII, gefördert durch die Jacobs-Stiftung, Zürich; Heinrichs, Krüger & Guse, 2006) wurden 197 Familien aus sozial benachteiligten Braunschweiger Stadtgebieten das Triple-P Training angeboten. Die Erhebung der Daten erfolgte zu vier Messzeitpunkten (prä, post, FU 1 und 2 Jahre; s. Abb. 2). Ziel der Studie war zum einen zu prüfen, ob Familien durch unterschiedliche finanzielle Anreize zu einer höheren freiwilligen Teilnahme motiviert werden können, zum anderen, ob sich unterschiedliche Settings (Triple P Einzel- vs. Gruppentraining) auf die Wirksamkeit auswirken. Allen Teilnehmer_innen wurde ein kostenloses Triple P-Training angeboten, entweder bezahlt oder unbezahlt und als Gruppen- oder Einzeltraining. Insgesamt wurden von 6 lizensierten Trainern 17 Gruppen- und 113 Einzeltrainings durchgeführt. 85 % der Mütter nahmen an mindestens 3 der 4 Sitzungen teil. Der Elternkurs wurde von den Eltern als sehr hilfreich erlebt: Über 90 % der Eltern schätzten die Qualität des Kurses als gut bis hervorragend ein (Heinrichs, Krüger et al., 2006). Weitere Details zur Stichprobe und zur Datenerhebung sind Heinrichs, Krüger et al. (2006) zu entnehmen. Einschlusskriterien waren in beiden Studien das Alter des Kindes (2,6 bis 6,5 Jahre) und ein Grundverständnis der deutschen Sprache (z. B. Deutsch verstehen können und zumindest bruchstückhaft sprechen können). Die schriftliche Beherrschung der deutschen Sprache wurde nicht vorausgesetzt, da dies auch nicht bei allen deutschen Familien sichergestellt werden konnte.

Studie Zukunft Familie III (ZFIII) Zielsetzung und Fragestellungen Primäres Ziel der ZFIII-Studie war die Überprüfung der langfristigen Wirksamkeit des Triple P-Elterntrainings an Hand einer universellen Stichprobe über einen Katanamnesezeitraum von 10 Jahren (FU5). Die zentrale Fragestellung lautet: Zeigen sich auch noch 10 Jahre später positive Effekte des Triple P-Programms aus Sicht der Mütter, Väter und Jugendlichen? Erwartet wurden im Vergleich zur Kontrollgruppe und zu der T-Gruppe a) eine Verbesserung des elterlichen Erziehungsverhaltens und eine langfristige Reduktion externaler und internaler Stö-

rungen durch den universellen Einsatz des Elterntrainings (Hauptkriterien). Darüber hinaus wurde erwartet, dass sich die individuellen Belastungen der Eltern langfristig reduzieren und sich die partnerschaftliche Zufriedenheit langfristig verbessert (Nebenkriterien). Da es sich um eine Studie im Bereich universeller Prävention handelt, wurden geringe bis mittlere Effektstärken erwartet.

Methodisches Vorgehen Rekrutierung. Die zur Verfügung stehende Gesamtstichprobe umfasste 477 Familien (Studie ZFI: n = 280; Studie ZFII: n = 197; s. o.). Von n = 221 Familien (n = 63 ZFI, n = 158 ZFII) mussten die Kontaktdaten in den Einwohnermeldeämtern erfragt werden. Waren die Familien nicht hierüber auffindbar wurde versucht, die Kontaktdaten via Internetrecherchen zu erhalten. Hierzu wurden gängige Onlineportale sowie Online-Communities, wie z. B. Facebook, SchülerVZ und Sportvereine genutzt. Brachte auch dies keinen Erfolg, wurden sämtliche Familien mit gleichem Nachnamen aus dem Telefonbuch ermittelt und angerufen. Nach dem telefonischen Erstkontakt erhielten die Eltern vorab per Post ein Fragebogenpaket bestehend aus Child Behavior Checklist 4 – 18 (CBCL; Döpfner, Plück, Kinnen & Arbeitsgruppe Deutsche Child Behavior Checklist, 2014), Depression-Angst-Stress Skala (DASS; Köppe, 2001) und Erziehungsfragebogen (EFB; Naumann et al., 2010). Nach Einwilligung der Familie wurden während eines Hausbesuches der Jugendliche und ein Elternteil in parallel stattfindenden Gesprächen getrennt voneinander befragt. Als Datenerhebungsverfahren wurde eine Kombination aus Interview und elektronischer standardisierter Befragung gewählt, so dass eine sofortige Anonymisierung der Daten möglich war. Bei einer_einem der beiden Interviewer_innen handelte es sich in der Regel um Diplom- bzw. Master-Psycholog_innen, welche sich mindestens in der Ausbildung zu Psychologischen Psychotherapeut_innen befanden. Die studentischen Interviewer_innen, die das Interview mit dem Jugendlichen führten, entsprachen in der Regel jeweils dem Geschlecht der befragten Jugendlichen. Die Interviewer_innen wurden vorab durch ein intensives Training auf die Gespräche mit den Familien vorbereitet und in der Durchführung des Diagnostischen Interviews bei psychischen Störungen im Kindes- und Jugendalter (Kinder-DIPS; Schneider, Unnewehr & Margraf, 2009; Details siehe Propp et al., 2014) lizensiert. Für den Hausbesuch (inkl. Pausen) wurden pro Familie maximal 2.5 Stunden benötigt. Die Familien erhielten für die Teilnahme eine Vergütung von insgesamt 80 € (je 40 € für Jugendlichen und Elternteil).

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Abbildung 1. Studie Zukunft Familie 1: Flussdiagramm der Familien von der Rekrutierung bis zum 10-Jahres-Follow-up (FU5).

ZFI. Von den ursprünglich N = 280 ZFI-Familien konnten aktuell n = 249 befragt werden. Sieben Familien lehnten eine weitere Teilnahme ab, zwei Familien lebten zum Untersuchungszeitraum im Ausland und die Adressen von n = 22 Familien konnten nicht ermittelt werden. Die Responder-Rate betrug somit 89 % im Vergleich zur Ersterhebung 2001/2002 bzw. 99 % im Vergleich zur FU4 Erhebung 2006 (s. Abb. 1). ZFII. Die Rekrutierung zu FU5 begann ein Jahr nach der Rekrutierung der ZF I-Familien, um auch bei dieser Stichprobe einen vergleichbaren Zeitabstand zwischen der ersten und der aktuellen Erhebung zu ermöglichen. Von den ursprünglich N = 197 Familien konnten n = 112 Familien erfolgreich interviewt werden. Fünf Familien lehnten eine weitere Teilnahme ab und die Adressen von n = 80 Familien konnten nicht ermittelt werden. Die Responder-Rate betrug 57 % im Vergleich zur Ersterhebung 2003 und 64 % zur letzten Befragung 2005 (s. Abb. 2). Gründe für den erschwerten Zugang zu dieser Stichprobe im Vergleich zur Stichprobe aus ZFI sind in einem geringeren sozioökonomischen Status der Familien, vermehrtem Migrationshintergrund und häufigerem Wohnortwechsel zu vermuten (vgl. Lange et al., 2014). ZFIII. Von den 477 Familien der Erstuntersuchung nahmen somit an der Erhebung 10 Jahre später (FU 5) N=361 Familien teil. Die Ausschöpfungsquote der Gesamtstichprobe betrug 76 %. Die höchste Quote mit 95 % ergab sich für die T- Gruppe (s. Elektronisches Supplement [ESM] 1). Beim Vergleich der FU5-Teilnehmer_innen und Dropouts zeigten sich signifikante Unterschiede © 2018 Hogrefe Verlag

Abbildung 2. Studie Zukunft Familie 2: Flussdiagramm der Familien von der Rekrutierung bis zum 10-Jahres-Follow-up (FU5).

im Familienstand (p < .001) und in der sozialen Schicht (Schulabschluss Mutter und Vater, Kita-Sozialstrukturindex OKS, Einkommen, jeweils p < .001; siehe ESM 2). Die

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Dropouts waren häufiger alleinstehend und gehörten häufiger der unteren sozialen Schicht an. In den anderen überprüften soziodemographischen und den hier verwendeten Fragebögen zeigten sich keine signifikanten Unterschiede zwischen den Teilnehmern und den Dropouts zu FU5. Die Familien verteilten sich wie folgt auf die drei Gruppen: Teilnehmer_innen Triple P T+: N = 242; Ablehnende Triple P T-: N = 40 und Kontrollgruppe KG: N = 79). Soziodemographische Daten Stichprobe ZFIII. Das mittlere Alter der Mütter/ Väter betrug 45.0 (SD = 4.9) / 48.1 (SD = 5.5) Jahre, das der Jugendlichen (54 % Jungen) lag bei 14.1 Jahren (SD = 1.2). Die Hälfte der Jugendlichen (52 %) hatte ein Geschwisterkind, 34 % mehr als zwei Geschwister und 14 % waren Einzelkinder; 50 % besuchten ein Gymnasium, 44 % eine Haupt-, Real oder Gesamtschule, 4 % eine Sonder- oder Förderschule. Die Schulabschlüsse der Eltern verteilten sich wie folgt (Mutter/ Vater): kein Abschluss/ Hauptschulabschluss: 15 %/ 20 %, Realschulabschluss: 38 %/24 %, Abitur: 47 %/56 %. 19 % der Familien hatte einen Migrationshintergrund (einseitig: 9 %, beidseitig:10 %). In 94 % der Fälle (n = 337) gab die leibliche Mutter der Kinder Auskunft; 22 % der Mütter waren alleinerziehend. Geschieden waren 12 % der Familien (n = 41). Das familiäre monatliche Netto-Haushaltseinkommen war bei einem Fünftel der Familien (n = 86) geringer als 2 000 €. Fast die Hälfte (45 %) der Familien verdiente monatlich 2.000 € bis 4.000 €.

Instrumente Die Wirksamkeit (Haupt- und Nebenkriterien, s. o.) wurde mittels der folgenden Kriterien bzw. Messinstrumente erfasst. Eine ausführliche Beschreibung der Instrumente mit psychometrischen Kennwerten ist dem ESM 3 zu entnehmen: Erziehungsfragebogen (EFB, Arnold, O’Leary, Wolff & Acker, 1993; Naumann et al., 2010), Depressions-AngstStress-Fragebogen (DASS, Lovibond & Lovibond, 1995, Köppe, 2001), Fragebogen zur Beurteilung einer Zweierbeziehung – Kurzform (FBZ-K, Sharpley & Rogers, 1984, Köppe, 2001), Elternfragebogen über das Verhalten von Kleinund Vorschulkindern (CBCL 1½– 5) bzw. von Kindern und Jugendlichen (CBCL 4–16). Die CBCL 1½ – 5 und 4 – 18 (Döpfner et al., 2014), Fragebogen für Jugendliche (YSR, Achenbach, 1991, Döpfner et al., 2014). Zur Auswertung der CBCL 1½ – 5 und CBCL 4 – 16: Im Rahmen der prospektiven Studien ZFI und ZFII wurde zu den Messzeitpunkten Prä, Post und 1-Jahres-Follow-up die Vorschulversion der CBCL 1,5 – 5 (Arbeitsgruppe Deutsche Child Behavior Checklist, 2000) eingesetzt, für die es bis-

her keine repräsentativen deutschen Normen gibt. Ab dem 2-Jahres-Follow-up und mit dem Übergang vom Kindergarten in die Grundschule wurde die CBCL/4 – 18 verwendet. Die Unterschiede zwischen beiden CBCL-Versionen sind sehr groß und beziehen sich auf Itemanzahl und –formulierung: Die CBCL 1,5 – 5 enthält 100, die CBCL 4 – 18 hat 118 Items. Die Anzahl übereinstimmender Items beträgt 53. Für die übergeordneten Skalen Internale, Externale Störungen und Gesamtwert ergibt sich demzufolge eine unterschiedliche Skalenzuordnung und Itemanzahl. Sie können daher nicht direkt verglichen werden. Um die Prä- mit den FU5-Daten vergleichen zu können, wurde für diese Studie folgendes Vorgehen gewählt: 1) Ermittlung von T-Werten für die Deskription der psychischen Verhaltensauffälligkeiten zu Prä und FU5. Für die CBCL 1,5 – 5 wurde auf die amerikanische Normierung (Achenbach & Rescorla, 2000) zurückgegriffen, für die CBCL 4 – 18 auf die Normen aus dem deutschen Handbuch (Döpfner et al., 2014). 2) Ermittlung von z-Werten pro Messzeitpunkt über die jeweilige Gesamtstichprobe, um längsschnittliche Wirksamkeitsanalysen durchzuführen. Zum Prä-Zeitpunkt (CBCL 1,5 – 5) entsprachen die mütterlichen Gesamtstichproben-Mittelwerte der Skalen (T-Range 49,4 bis 51,0) den Erwartungen an eine universelle Präventionsstichprobe, in der sich T-Werte von ca. 50 ergeben sollten. Zum FU 5-Zeitpunkt lagen die Mittelwerte um ca. 0,4 Standardabweichungen höher (TRange 52,8 – 55,0; s. ESM 4). Es ist nicht zu klären, ob diese Erhöhung nach 10 Jahren an der Verwendung der US-Normen zu Prä liegt oder ob die in diesem Projekt rekrutierte Stichprobe sich nach 10 Jahren im Vergleich zur Normpopulation leicht verschlechterte.

Statistische Analyse Nicht von allen Probanden lagen vollständig ausgefüllte Fragebögen vor. Fehlten ganze Bögen, erfolgten die Auswertungen ohne diese Probanden, fehlten nur einzelne Itemangaben (max. 15 %), so wurden sie durch den Skalenmittelwert ersetzt. Aufgrund der unterschiedlichen Stichprobengrößen erfolgte bei der Berechnung der Effektstärke die Standardisierung der Mittelwertsdifferenz an der gepoolten Streuung beider Stichproben (gHedges). Hier wird die Abkürzung ES verwendet. Die Interpretation der Effektstärke orientiert sich an den üblichen Richtwerten: d > .20 kleiner Effekt, d > .50 mittlerer Effekt, d > .80 starker Effekt. Der Bestimmung des Vertrauensintervalls wurde eine Irrtumswahrscheinlichkeit von 5 % zugrunde gelegt. Bei universellen Präventionsstudien werden vor allem kleine Effekte erwartet. Daher werden große Stichproben

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benötigt, um solche Effekte auch signifikant nachweisen zu können: ca. 180 Familien pro Studienarm, um eine Reduktion um 0.3 Standardabweichungseinheiten detektieren zu können (Hiscock et al., 2008). Insbesondere bei Langzeitstudien erhöht sich durch mögliche Studienabbrecher die notwendige Stichprobengröße noch. In dieser Studie konnte die notwendige Gruppengröße nur in der T + Gruppe (N = 242) erreicht werden, nicht jedoch in der Kontrollgruppe (N = 79) und der T- Gruppe (N = 40). Da diese Untersuchung unseres Wissens bisher die einzige mit einem langfristen Follow-up ist (10 Jahre), erschien trotz der zu geringen Power eine Auswertung sinnvoll. Im Sinne einer explorativen Analyse werden für die Interpretationen die Effektstärken herangezogen und auf Signifikanztests verzichtet.

Ergebnisse Prävalenzen externaler und internaler Verhaltensauffälligkeiten Im ESM 5 sind die Auffälligkeitsraten der Kinder bzw. Jugendlichen zum 10-Jahres-Messzeitpunkt aufgeführt. Nach Einschätzung der Mütter anhand der CBCL wurden im Kindergartenalter der Teilstichprobe ZF I 17 % der Kinder als auffällig (Addition der Raten von grenzwertig und klinisch auffällig) im Bereich der internalen Verhaltensprobleme eingestuft, bei den externalen Problemen waren es 12 % (Heinrichs, Hahlweg et al., 2006). In der Teilstichprobe ZF II wiesen zu Prä 34 % der Kinder auffällige Werte in der Skala internale Störungen auf, bei externalen Verhaltensauffälligkeiten lag die Quote bei 18 % (Heinrichs, Kruse et al., 2006). Im Jugendalter war ein deutlicher Anstieg zu verzeichnen: In der Teilstichprobe ZF I zeigten nach Müttereinschätzung 28 % der Kinder auffällige internale sowie 24 % auffällige externale Verhaltensweisen. Die Selbstauskunft der Jugendlichen (YSR) wich nur geringfügig von der Fremdeinschätzung ab. In der Teilstichprobe ZF II fanden sich nach Müttereinschätzung 31 % auffällige internale sowie 28 % auffällige externale Verhaltensweisen. Die Selbstauskunft der Jugendlichen wich hier deutlich ab, wobei die Jugendlichen mit 17 % wesentlich seltener externale Verhaltensauffälligkeiten berichteten (s. ESM 5).

Langfristige Wirksamkeit des Triple P-Programms Die Auswertung wurde in zwei Schritten vorgenommen: A) Zu einen wurden im Sinne einer Intention to Treat© 2018 Hogrefe Verlag

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Auswertung, folgend der ursprünglichen Randomisierung und wie von den Gutachtern der Originalarbeiten gefordert (siehe Hahlweg et al., 2010; Heinrichs, Hahlweg et al., 2006, 2009, 2017) die TP- Familien zusammen mit den TP+-Familien ausgewertet. B) Zum anderen wurde eine differenzierte Analyse über die Gruppen T+ (n = 232), T- (n = 40) und Kontrollgruppe (n = 79) berechnet. A) Intention to Treat-Analyse. Verglichen wurden die Angaben der Mütter und Väter hinsichtlich der Triple P‐Wirksamkeit über 10 Jahre. Die Unterschiede in den elterlichen Differenzwerten Prä zu FU5 von Interventions- (T+ und TP‐) und Kontrollgruppe (KG) finden sich in der ESM 6 und ESM 7. Es zeigten sich sowohl bei den Müttern als auch bei den Vätern nur kleine Effektstärken (Mütter: ES < 0.23, Väter ES < 0.15). B) Differentielle Analyse. Die bisher durchgeführten Intention to Treat-Auswertungen (der ZFI-Stichprobe) waren sehr konservativ, da die 23 % Triple P-Ablehnende als Teilnehmer_innen gewertet wurden, obwohl sie an keiner Triple P-Sitzung teilgenommen hatten. In einer explorativen, differentiellen Analyse werden im Folgenden die drei Gruppen T+, T- und KG gegenübergestellt. In Tabelle 1 sind die mütterlichen Prä und FU 5-Mittelwerte, Standardabweichungen und die Intra-Gruppen Effektstärken für die beiden CBCL-Skalen internale und externale Störungen, den Depressions-Angst-Stress-Fragebogen DASS, den Erziehungsfragebogen EFB und den Fragebogen zur Beurteilung einer Zweierbeziehung FBZ-K aufgeführt, in der Tabelle 2 die entsprechenden Werte der Väter. Betrachtet man deskriptiv die mütterlichen Intra-Gruppen-Effektstärken in Tabelle 1, so verschlechterten sich hinsichtlich der CBCL-Skalen die Gruppen T- und KG geringfügig (d = -0.15 bis -0.31), während sich die T+ Gruppe von Prä zu FU5 praktisch nicht veränderte (d = 0.01, 0.07). In Bezug auf das dysfunktionale Erziehungsverhalten (EFB) und die psychische Belastung (DASS) verbesserten sich alle Gruppen in geringem Ausmaß, am ehesten aber noch die t+-Gruppe, bezüglich der Partnerschaftszufriedenheit (FBZ-K) verschlechtern sich alle Gruppen in moderatem Ausmaß (T-: d = -0.71, KG: d = -0.61), die Gruppe T+ jedoch deutlich geringer (d = -0.36). Die Ergebnisse für die Effektstärken der Väter (Tabelle 2): hinsichtlich der CBCL-Skalen verschlechterte sich die Gruppe T- leicht, bei den Gruppen KG und T+ sind keine nennenswerten Veränderungen von Prä zu FU5 zu erkennen. In Bezug auf das dysfunktionale Erziehungsverhalten (EFB) sind in allen drei Gruppen kleinere Verbesserungen zu verzeichnen. Die psychische Belastung (DASS) verbesserte sich in der T+-Gruppe, vor allem aber in der KG, die Gruppe T- verschlechterte sich leicht. Bezüglich der Partnerschaftszufriedenheit (FBZ-K) verschlechterten sich die T- Väter, während sich die T+ Väter leicht verbesserten und KG-Väter unverändert blieben.

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Tabelle 1. Gesamtstichprobe Mütter: Veränderung von Prä zu FU5 für die Substichproben T+, T- und KG. Mittelwert (M) und Standardabweichung (SD) und Intra-Gruppen-Effektstärken (Minus-Effektstärke: Verschlechterung). Prä Variable

N

M

FU5 SD

M

SD

Intra-Gruppen ES

T+ CBCL z-Werte Internal.

216

0.03

1.02

0.02

0.99

0.01

External.

218

0.08

1.01

0.02

1.04

0.07

EFB Gesamt

216

3.24

0.55

2.94

0.59

0.54

DASS Gesamt

215

25.5

17.9

21.4

17.5

0.22

FBZ-K

194

23.1

5.2

21.0

5.8

-0.36

TCBCL z-Werte Internal.

35

-0.12

0.87

0.22

1.24

-0.31

External.

35

-0.29

0.93

-0.01

0.78

-0.28

EFB Gesamt

35

3.27

0.57

3.11

0.67

0.29

DASS Gesamt

35

25.1

18.6

23.4

18.3

0.09

FBZ-K

25

25.3

4.9

21.1

5.1

-0.71

KG CBCL z-Werte Internal.

71

-0.32

0.74

-0.16

0.89

-0.15

External.

71

-0.24

0.94

-0.03

0.98

-0.21

EFB Gesamt

68

3.27

0.60

3.00

0.59

0.48

DASS Gesamt

70

21.8

13.0

18.7

14.8

0.17

FBZ-K

55

22.8

4.2

19.2

5.9

-0.61

Anmerkungen: Internal. = CBCL Skala Internalisierend, External. = CBCL Skala Externalisierend; EFB = Erziehungsfragebogen Gesamtwert: DASS = Depressions-Angst-Stress-Skala Gesamtwert; FBZ-K = Fragebogen zur Beziehungszufriedenheit-Kurzform. Intragruppen-Effektstärke: (Prä– FU5) / SD(Differenz).

In Tabelle 3 sind die mütterlichen Inter-Gruppen-Effektstärken (InterES; Differenzbildung der IntragruppenES aus Tabelle 1) aufgeführt. Im Vergleich zur Kontrollgruppe KG ergaben sich für T+ niedrige InterES für internale (0.16), externale Störungen (0.27) und Beziehungszufriedenheit (0.25). Gemittelt über alle Variablen zeigte sich für T+ Mütter eine mittlere InterES von 0.15 im Vergleich zur KG. Im Vergleich zu den Werten der Gruppe T- zeigten sich, bis auf die psychische Belastung der Mütter (DASS = 0.13), geringe InterES (CBCL-I = 0.32; CBCL-E = 0.21; EFB = 0.25, FBZ-K = 0.35). Im Mittel ergab sich eine InterES von .25, d. h. T- verschlechterte sich in geringem Ausmaß im Vergleich zur T+ Gruppe. Beim Vergleich Tmit der Kontrollgruppe zeigten sich sehr niedrige InterES, wobei die T- Gruppe im Mittel 0.12 Standardabweichungen schlechter abschnitt. In Tabelle 4 sind die väterlichen Inter-Gruppen-Effektstärken (InterES; Differenzbildung der Intragruppen-ES aus Tabelle 2) aufgeführt. Im Vergleich zur Kontrollgruppe KG ergab sich für T+ lediglich für die Beziehungszufriedenheit eine Verbesserung auf niedrigem Niveau gegenüber der KG (0.18). Gemittelt über alle Variablen zeigte sich für T+

Väter praktisch keine Veränderung (‐0.01) von Prä zu FU 10-Jahre im Vergleich zur KG. Im Vergleich zu den Werten der Gruppe T- zeigten sich für die Väter niedrige InterES für CBCL-E = 0.30 und die Beziehungszufriedenheit (FBZ-K = 0.43). Im Mittel ergab sich eine InterES von 0.23, d. h. T- verschlechterte sich in geringem Ausmaß im Vergleich zur T+ Gruppe. Beim Vergleich T- mit der Kontrollgruppe KG zeigten sich durchgängig Verschlechterungen auf sehr niedrigem Niveau für CBCL-I (‐0.12) und dem Erziehungsfragebogen EFB-Gesamt (‐0.05), während sich niedrige InterEs für CBCL-E (‐0.34) und die Beziehungszufriedenheit (‐0.26) und mittlere InterES für die psychische Belastung (DASS Gesamt = -0.45) ergaben. Insgesamt verschlechterte sich die T- Gruppe im Mittel um InterEs = 0.24 Standardabweichungen. In Tabelle 5 sind die mütterlichen CBCL-Auffälligkeitsraten (grenzwertig und klinisch auffällig) als Differenzwerte FU 5 minus Prä dargestellt. In Bezug auf internale Störungen ergeben sich zu FU 5 Zuwächse um 8 % (KG), 9 % (T+) und 18 % (T‐). Im Bereich externale Störungen verringerte sich die Auffälligkeitsrate bei T+ um 4 %, bei KG (13 %) und T- (15 %) zeigen sich hingegen

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Tabelle 2. Gesamtstichprobe Väter: Veränderung von Prä zu FU5 für die Substichproben T+, T- und KG. Mittelwert (M) und Standardabweichung (SD) und Intra-Gruppen-Effektstärken (Minus-Effektstärke: Verschlechterung) Prä Variable

N

M

FU5 SD

M

SD

Intra-Gruppen ES

T+ CBCL z-Werte Internal.

159

-0.10

0.79

0.01

0.97

-0.11

External.

161

0.00

0.98

0.02

1.04

-0.02

EFB Gesamt

160

3.16

0.50

2.98

0.60

0.34

DASS Gesamt

161

19.5

14.6

17.1

13.8

0.16

FBZ-K

153

23.6

5.2

24.6

5.6

0.18

TCBCL z-Werte Internal.

18

-0.13

0.75

0.04

1.07

-0.17

External.

18

-0.37

0.87

-0.06

0.87

-0.32

EFB Gesamt

17

3.14

0.46

2.98

0.50

0.32

DASS Gesamt

17

12.4

7.4

14.9

FBZ-K

16

24.7

4.9

23.5

6.00

16.0

-0.17 -0.25

KG CBCL z-Werte Internal.

47

-0.23

0.73

-0.18

0.81

0.05

External.

47

-0.16

0.84

-0.18

0.72

-0.02

EFB Gesamt

48

0.60

0.37

DASS Gesamt

47

19.9

12.6

15.9

14.1

0.28

FBZ-K

44

23.1

5.3

23.1

6.2

0.01

3.22

0.40

3.02

Anmerkungen: Internal. = CBCL Skala Internalisierend, External. = CBCL Skala Externalisierend; EFB = Erziehungsfragebogen Gesamtwert: DASS = Depressions-Angst-Stress-Skala Gesamtwert; FBZ-K = Fragebogen zur Beziehungszufriedenheit-Kurzform. Intragruppen-Effektstärke: (Prä – FU5) / SD(Differenz).

Tabelle 3. Gesamtstichprobe Mütter: Inter-Gruppen-Vergleiche für Intra-Gruppen-Effektstärken, für T+ vs. KG, T+ vs. T- und T- vs. KG. (MinusInter-Gruppen Effektstärke = Verschlechterung) Variable

T+ vs. KG

T+ vs. T-

T- vs. KG

d

95 % KI

D

95 % KI

d

95 % KI

Internal.

0.16

[‐.08; .39]

0.32

[‐.05; .70]

-0.16

[‐.52; .20]

External.

0.27

[.00; .55]

0.21

[‐.03; .71]

-0.07

[‐.41; .28]

CBCL z-Werte

EFB Gesamt

0.06

[‐.22; .33]

0.25

[‐.10; .60]

-0.19

[‐.63; .24]

DASS Gesamt

0.05

[‐.24; .35]

0.13

[‐.24; .51]

-0.08

[‐.50; .34]

FBZ-K

0.25

[‐.55; .05]

0.35

[‐.76; .06]

-0.10

[‐.38; .58]

Mittelwert

0.15

0.25

-0.12

Anmerkungen: EFB = Erziehungsfragebogen Gesamtwert, DASS = Depressions-Angst-Stress-Skala Gesamtwert, FBZ-K = Fragebogen zur Beziehungszufriedenheit-Kurzform.

Zuwächse. Bezogen auf die Summe von internalen und externalen Störungen ergibt sich folgende Rangreihe: T+: 5 %, KG: 20 % und T-: 33 %. Für die Jugendlichen ergaben sich beim 10-Jahres-FU im Fragebogen für Jugendliche (Youth Self Report YSR) und im Strength and Difficulties Questionnaire (SDQGesamt; s. ESM 8) nur sehr niedrige Effektstärken zwischen den Gruppen T+, T- und KG (im Mittel < 0.09). © 2018 Hogrefe Verlag

Diskussion In Deutschland wie auch in allen industrialisierten Ländern leiden ca. 20 % der Kinder und Jugendlichen an behandlungsbedürftigen psychischen Störungen und psychosozialen Belastungen (Belfer, 2008; Kieling et al., 2011), die die Betroffenen, deren Familien und ihr soziales Umfeld belasten, häufig chronisch verlaufen und somit eine hohe ge-

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K. Hahlweg und W. Schulz, Universelle Prävention kindlicher Verhaltensstörungen durch Elterntrainings

Tabelle 4. Gesamtstichprobe Väter: Inter-Gruppen-Vergleiche für Intra-Gruppen-Effektstärken, für T+ vs. KG, T+ vs. T- und T- vs. KG. (MinusInter-Gruppen Effektstärke = Verschlechterung) Variable

T+ vs. KG

T+ vs. T-

T- vs. KG

d

95 % KI

d

95 % KI

d

95 % KI

Internal.

-0.06

[‐.38; .25]

.06

[‐.45; .57]

-.12

[‐.68; .43]

External.

-0.04

[‐.30; .22]

.30

[‐.22; .83]

-.34

[‐.77; .08]

CBCL z-Werte

EFB Gesamt

-0.03

[‐.35; .29]

.02

[‐.50; .54]

-.05

[‐.60; .50]

DASS Gesamt

-0.11

[‐.44; .21]

.33

[‐.18; .84]

-.45

[‐1.02; .12]

.18

[‐.17; .52]

.43

[‐.09; .96]

-.26

[‐.79; .28]

FBZ-K Mittelwert

-.01

.23

-.24

Anmerkungen: EFB = Erziehungsfragebogen Gesamtwert, DASS = Depressions-Angst-Stress-Skala Gesamtwert, FBZ-K = Fragebogen zur Beziehungszufriedenheit-Kurzform.

Tabelle 5. Mütter: CBCL-Auffälligkeitsstatus (Summe grenzwertig (T-Werte 60 – 63) und klinisch auffällig (T-Wert> / = 64) in Prozent, Differenz zwischen Prä vs. FU 5: T + (n=238), T – (n = 39) und KG (n = 79) CBCL

Internalisierend

Externalisierend

Summe Zuwachs

Stichprobe T+

9

4

5

T–

18

15

33

KG

8

13

20

Anmerkungen: T + = Triple P-Annehmer, T- = Triple P-Ablehner, KG = unbehandelte Kontrollgruppe.

sellschaftliche Relevanz besitzen (O’Connell et al., 2009). In Deutschland sind mindestens 3 Millionen Kinder und Jugendliche betroffen. Diese langfristigen negativen Konsequenzen bringen erhebliche gesellschaftliche Kosten mit sich und deuten darauf hin, dass zur längerfristigen Reduktion der Prävalenz- und Inzidenzrate gezielte Präventionsmaßnahmen im Sinne eines Public-Health-Ansatzes notwendig sind. Vor allem kognitiv-verhaltenstherapeutische Elternkompetenztrainings haben sich mit Effektstärken um d = 0.35 als wirksam erwiesen (Weisz & Kazdin, 2010) und gelten als Goldstandard im Bereich der Prävention kindlicher Auffälligkeiten. Allerdings gibt es kaum Katamnesen, die die Nachhaltigkeit der Interventionen nachweisen. Vor allem fehlt es im Bereich universeller Prävention an Langzeitstudien, da meist nur Effekte über ein Jahr untersucht wurden (Hiscock et al., 2008). Ziel dieser Zukunft Familie III-Studie war es, die Ergebnisse einer elternzentrierten universellen Präventionsmaßnahme (Triple P) 10 Jahre nach ihrer Einführung zu untersuchen. Hauptkriterien waren die Reduktion von externalen und internalen kindlichen Störungen, des dysfunktionalen elterlichen Erziehungsverhaltens, der individuellen psychischen Belastungen der Eltern und die Verbesserung der partnerschaftlichen Zufriedenheit. Grundlage waren zwei Studien, die seit Anfang 2000 realisiert wur-

den: In der randomisierten Kontrollgruppenstudie Zukunft Familie I (ZFI) wurde die 4-Jahres-Wirksamkeit des Triple P zur universellen Prävention von kindlichen Verhaltensstörungen für Familien mit Kindern im Alter von 3 bis 6 Jahren evaluiert (Heinrichs et al., 2005). In der unkontrollierten Studie Zukunft Familie II ZFII (Heinrichs, Krüger et al., 2006) mit einem Follow-up von zwei Jahren wurde Familien aus sozial benachteiligten Braunschweiger Stadtgebieten das Triple-P-raining angeboten. Rekrutierungsraten. Rekrutiert wurden 10 Jahre später N = 361 Familien, dies entspricht einer Ausschöpfungsquote von 76 % (ZFI: 89 %, ZFII: 64 %). Gründe für den erschwerten Zugang zu der ZFII- im Vergleich zur ZFIStichprobe sind in einem geringeren sozioökonomischen Status der Familien, vermehrtem Migrationshintergrund und häufigerem Wohnortswechsel zu vermuten. Die Gesamtausschöpfungsquote ist jedoch insgesamt als gut einzuschätzen und vergleichbar mit den Responderraten der „Erlangen-Nürnberger Entwicklungs- und Präventionsstudie“ von Lösel et al. (2013) und der ersten KIGGS Folgebefragung, in der die Responderrate 73 % betrug (Hölling et al., 2014), wie auch vergleichbar hinsichtlich der Rate expliziter Ablehnende einer Wiederteilnahme (KIGGS 4 %; ZFIII 3 %).

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Wirksamkeit des Triple P-Gruppentrainings Bei der Beurteilung der Ergebnisse ist zu berücksichtigen, dass sich universelle Prävention auf alle Familien in einer Population bezieht unabhängig von dem elterlichen Erziehungsverhalten und den kindlichen Verhaltensstörungen. Universelle Interventionen führen daher in der Regel zu kleineren Effektstärken als zum Beispiel indizierte Prävention, bei der bereits Auffälligkeiten im kindlichen Verhalten und auch im Erziehungsverhalten vorliegen. Diese Überlegungen zeigen, dass es schwierig ist, vor allem langfristige Effekte von universellen Präventionsmaßnahmen nachzuweisen. Für gesundheitspolitische Zielsetzungen und tatsächliche Reduktionen der Inzidenz- und Prävalenzraten psychischer Störungen bei Kindern ist es jedoch unerlässlich nachzuweisen, dass kurze präventive Maßnahmen nicht nur ein „Strohfeuer“ sind, sondern nachhaltig Einfluss nehmen können auf die psychische Gesundheit von Kindern. Als Daumenregel gilt, dass kleine Effektstärken für universelle Prävention (0.20 – 0.49), moderate für selektive Prävention (0.50 – 0.80) und große für indizierte Prävention (> 0.80) als gut zu bewerten sind (Heinrichs & Hahlweg, 2009). Bei universellen Präventionsstudien werden daher ca. 180 Familien pro Studienarm benötigt, um solche geringen Effekte auch signifikant nachweisen zu können (Hiscock et al., 2008). In dieser Studie konnte die notwendige Gruppengröße nur in der T+ Gruppe erreicht werden, nicht jedoch in der Kontrollgruppe und der T- Gruppe. Hinzu kommt, dass nicht von allen Familien vollständig ausgefüllte Fragebögen vorlagen. Da unsere Studie neben der „Erlangen-Nürnberger Entwicklungs- und Präventionsstudie“ von Lösel et al. (2013) jedoch in Deutschland die einzige Untersuchung mit universellem Ansatz ist, erschien trotz der zu geringen Power eine explorative, deskriptive Auswertung sinnvoll. Intention to Treat-Analyse. Wie in den bisherigen Veröffentlichungen zu ZFI (Hahlweg et al., 2010; Heinrichs, Hahlweg et al., 2006, 2009, 2017) wurde im Sinne einer Intention to Treat-Analyse die ursprüngliche Randomisierung aufrechterhalten und die T+ und T- Familien gemeinsam ausgewertet. Diese Strategie ist sehr konservativ, da die 23 % Triple P-Ablehnende als Teilnehmer gewertet wurden, obwohl sie an keiner Triple-P-Gruppensitzung teilnahmen. Wie aus den obigen Überlegungen zu erwarten, zeigten sich bei Müttern und Vätern keine signifikanten Unterschiede und die Effektstärken waren sehr gering. Intra-Gruppen-Effektstärken. Deshalb wurde eine differentielle Analysestrategie über die drei Gruppen T+, Tund KG gewählt, um die „reinen“ Triple P Interventionseffekte zu bestimmen. Weiterhin kann so – unseres Wis© 2018 Hogrefe Verlag

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sens zum ersten Mal – eine langfristige Untersuchung von Ablehnenden eines Elterntrainings vorgenommen werden. Die Intra-Gruppen-Effektstärken der Mütter zeichneten ein im Wesentlichen einheitliches Bild: Die T+ Gruppe erzielte – auf niedrigem Niveau – die besten Ergebnisse, gefolgt von der Kontroll- und der T- Gruppe. In Bezug auf die CBCL-Maße verschlechterten sich die Gruppen Tund KG in geringem Maße, während sich die T+ Gruppe nicht von Prä zu FU5 veränderte. In Bezug auf das dysfunktionale Erziehungsverhalten (EFB) und die psychische Belastung (DASS) verbesserten sich alle Gruppen in geringem Ausmaß, bezüglich der Partnerschaftszufriedenheit (FBZ-K) verschlechtern sich alle Gruppen in moderatem Ausmaß, die Gruppe T+ jedoch in geringerem Maße. Die Ergebnisse für die Intra-Gruppen-Effektstärken der Väter sind auf dem Hintergrund ihrer sehr geringen Interventions-Teilnahme zu beurteilen, besuchten doch nur 6 % die Triple P-Gruppen. Diese geringe Väter-Teilnahmerate und die wenigen bedeutsamen Ergebnisse wurde schon seit dem 1-Jahres-FU berichtet (Heinrichs, Hahlweg et al., 2006) und auch in anderen Studien (Bodenmann, Cina, Ledermann & Sanders, 2008; Sanders, MarkieDadds, Tully & Bor, 2000). Bezüglich der Rangreihe der Gruppen ähneln die Ergebnisse der Väter denen der Mütter: T+/KG, gefolgt von T-, allerdings sind die Unterschiede weniger ausgeprägt. Inter-Gruppen-Effektstärken (InterES). Auf Grund der zu geringen Stichprobengrößen (und damit der zu geringen statistischen Power) wurde auf eine varianzanalytische Auswertung verzichtet und InterES berechnet (Differenzbildung über Intra-Gruppen-ES). Für die Jugendlichen lagen nur die 10-Jahres Follow-up Daten vor. Sowohl bei den Youth Self Report-Subskalen als bei der Strength and Difficulties Scale (SDQ) zeigten sich – im Gegensatz zu den Eltern – keine Unterschiede zwischen den T+, Tund KG-Gruppen. Vergleich T+ mit KG-Familien. Aus Sicht der T+ Mütter ergaben sich im Vergleich zur Kontrollgruppe KG kleine InterES (Verbesserungen) für internale (0.16), externale Störungen (0.27) und die Beziehungszufriedenheit (0.25). Gemittelt über alle Variablen zeigte sich für T+ Mütter eine mittlere InterES von d = 0.15. Während somit von den Hauptkriterien die CBCL-Variablen noch niedrige Effektstärken zeigten, die den Erwartungen für universelle Präventionsstudien entsprachen, ergaben sich für die Erziehungskompetenz keine nennenswerten InterEs mehr. Allerdings muss berücksichtigt werden, dass der Erziehungsfragebogen EFB vor allem für Kinder im Alter von 3 – 12 Jahren validiert wurde. Ob er auch für Jugendliche brauchbar ist, wurde bisher nicht überprüft. Für die DASS, die psychische Belastung erfasst, zeigten sich ebenfalls keine nennenswerten InterES. Zu betonen ist

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jedoch, dass sich die Beziehungsqualität der T+ Mütter in geringem Ausmaß verbesserte – dies, obwohl in den Triple P-Kursen keine Interventionen in dieser Richtung erfolgten. Es handelt sich hier möglicherweise um einen Effekt, der auf die Verbesserung des Verhaltens der Jugendlichen zurück zu führen sein könnte. Bei den Vätern ergaben sich keine Unterschiede zwischen T+ und KG. Vergleiche T- mit T+ und KG-Familien. Im Vergleich zu den Werten der Gruppe T- zeigten sich, bis auf die psychische Belastung der Mütter und Väter, geringe bis moderate InterES. Im Mittel ergab sich für die Mütter eine InterES von d = 0.25, für die Väter eine von 0.23, d. h. Tverschlechterte sich in geringem Ausmaß im Vergleich zu T+ Gruppe. Beim Vergleich T- mit der Kontrollgruppe zeigten sich für Mütter nicht-bedeutsame InterES (‐0.12), für die Väter niedrige InterES (‐0.24) wobei die T- Gruppe schlechter als die Kontrollgruppe abschnitt. Insgesamt heißt das, dass Triple P-Ablehnende im Vergleich zu Triple P- Teilnehmern aus Sicht von Müttern und Vätern deutliche Verschlechterungen nach 10 Jahren aufweisen. Dies zeigen auch die kategoriellen CBCL-Auffälligkeitsraten der Summe von internalen und externalen Störungen: hier gaben die T- Mütter nach 10 Jahren im Vergleich zu den Prä-Werten einen Zuwachs von 33 %, die KG-Mütter einen von 20 % und die T+ Mütter einen Zuwachs von nur 6 % an. T- Familien stellen somit eine Risiko-Gruppe dar, die zukünftig intensiver untersucht werden sollte. Interessant ist, dass die T- Familien nach 10-Jahren die höchste Retentionsrate von 95 % aufwiesen, gefolgt von den T+ Familien (90 %) und den Kontrollfamilien (84 %). Zu erwarten wäre eine Rate vergleichbar mit der Kontrollgruppe, da beide Gruppen keine Intervention erhielten. Nimmt man die höhere Rate von CBCL-auffälligen Jugendlichen zu FU5 hinzu, könnte die hohe Motivation der T- Familien, an der 10-Jahres-Katamnese teilzunehmen, durch den Wunsch der Eltern zu erklären sein, angesichts der beunruhigenden psychischen Störungen ihrer Angehörigen mehr professionelle Informationen und / oder Hilfe zu bekommen. Die Stärken der Studie liegen in der langen Katamnesedauer mit guten Retentionsraten, der Erhebung von drei Perspektiven: Mutter, Vater und Jugendliche und die erstmalige Untersuchung von Interventionsablehnern über einen langen Zeitraum von 10 Jahren. Die Ergebnisse unterliegen aber einigen wichtigen Einschränkungen. Vor allem die zu geringe Stichprobengröße in der T- und Kontrollgruppe, die eine sinnvolle Signifikanzprüfung nicht möglich machte. Dies hätte allerdings bedeutet, zum Prä-Zeitpunkt ca. 100 Familien für die Kontrollgruppe zusätzlich zu erheben – und für die TGruppe bei einer Interventionsablehnungsrate von ca. 25 %

insgesamt 600 weitere Familien, um ausreichende statistische Power zu haben. Die Langzeitstudie erforderte bei zentralen Messinstrumenten einen Wechsel der altersbegrenzten Versionen und damit einhergehend auch einen Wechsel der Normstichproben, wobei teilweise auf Normstichproben außerhalb von Deutschland zurückgegriffen werden musste. Daher ist bei der Darstellung der Verläufe insgesamt nicht bestimmbar, in welchem Maße die beobachteten Trends auch auf diese methodischen Ursachen zurückzuführen sind. Allerdings werden diese potentiellen Fehler beim Vergleich zwischen den verschiedenen Subgruppen nicht wirksam. Trotz der ermutigenden Ergebnisse zu der Wirksamkeit von Interventionen zur Steigerung der Erziehungskompetenz von Eltern ist weitere Forschung unerlässlich. Lösel und Runkel (2013) haben auf die Komplexität des Forschungsbereiches hingewiesen und in einem Modell die potentiellen Einflussfaktoren auf die Effekte von Präventionsprogrammen gelistet: Neben Teilnehmer_innenmerkmalen (wie Risikograd, Alter, Motivation), Kontextmerkmalen (Beziehungsqualität, Organisationsmerkmale), Programmmerkmalen (Programminhalte, Intensität / Dosierung) spielt die Evaluationsmethodik eine bedeutsame Rolle (Stichprobengröße, Praxisevaluation, Länge des Follow-up). Dieses Modell eignet sich als Konzept für zukünftige Forschung. Aus ihrer Sicht „…besteht kein dringlicher Bedarf an ständig neuen Präventionsprogrammen, sondern die empirisch fundierten Interventionen sollten systematisch implementiert und weiterentwickelt werden. Erforderlich sind mehr kontrollierte Langzeitevaluationen zur Wirksamkeit, sowie Prozessevaluationen, um die Zielgruppen besser zu erreichen und die Qualität der Implementierung besser zu sichern. In beiden Feldern muss verstärkt von kleinen Modellprojekten zu groß angelegten, multizentrischen Praxisevaluationen übergegangen werden“ (Lösel & Runkel, 2013, S. 234). Verstärkte Forschung zur Dissemination von evidenzbasierten Präventionsprogrammen in die Routineversorgung ist außerdem wichtig, um möglichst viele Familien mit wirksamen Angeboten versorgen zu können. Aus der Studie von Frantz und Heinrichs (2015) können wichtige Handlungsempfehlungen abgeleitet werden, die eine erfolgreiche Dissemination von evidenzbasierten Programmen in die Praxis erleichtern. Diese sind in einer Checkliste zusammengefasst, die der Veröffentlichung zu entnehmen ist und die wertvolle Hinweise für Entwickler und Anwender gibt. Grundsätzlich wäre es schon jetzt wünschenswert, wenn solche evidenzbasierten Interventionen möglichst vielen Familien zur Verfügung stehen würden. Zurzeit fallen familienorientierte Präventionsmaßnahmen leider

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nicht unter das am 10. 7. 2015 beschlossene Präventionsgesetz (PrävG), so dass Familien überwiegend selbst für die Kosten aufkommen müssen. Dies stellt sicherlich eine Barriere für die Teilnahme an entsprechenden Elternkursen dar, da es vor allem junge Familien betrifft, die finanziell durch Kinder belastet sind. Eine Gesetzesänderung, die zumindest eine Teilfinanzierung ermöglichen würde, erscheint dringend geboten, da frühe Interventionen die beste Kosten-Nutzen Relation versprechen (Cierpka, Stasch & Groß, 2007; Heckman, 2008; Lösel & Runkel, 2013). Hoffentlich hilft die hier vorliegende Arbeit zu den doch ermutigenden Langzeiteffekten, solche Initiativen anzustoßen. Die Ergebnisse dieser 10-Jahres-Katamnese bekräftigen die Befunde der bisherigen Wirksamkeitsstudien. Während bisher aber nur Katamnesezeiträume von bis zu drei Jahren untersucht wurden, liegen mit dieser explorativen Studie erstmals Ergebnisse nach 10 Jahren vor. Damit unterstützt die vorliegende Studie die aus der bisherigen Befundlage abgeleitete Empfehlung (z. B. United Nations Office on Drugs and Crime, 2009; World Health Organization, 2009), Elterntrainings möglichst frühzeitig anzubieten.

Elektronische Supplemente (ESM) Die elektronischen Supplemente sind mit der OnlineVersion dieses Artikels verfügbar unter https://doi.org/ 10.1026/1616-3443/a000462 ESM 1. Tabelle 1 (ESM Tabelle 1_09.02.18.pdf). Teilnahmeraten zum Zeitpunkt FU 5 (10-Jahres-Katamnese) für die Gesamtstichprobe (ZF I + ZF II) und die Teilstichproben ZF I (T+, T-, KG) und ZF II ESM 2. Tabelle 2 (ESM Tabelle 2_09.02.18.pdf). DropoutAnalyse, Gesamtstichprobe: Zukunft Familie I und II (DFG und Jacobs-Stiftung) ESM 3. Tabelle 3 (ESM Tabelle 3_09.02.18.pdf). Instrumente ESM 4. Tabelle 4 (ESM Tabelle 4_09.02.18.pdf). Mütter, nur Teilnehmerinnen an FU 5: CBCL T-Werte prä (CBCL 1,5 – 5) und FU5 (CBCL 4 – 18) für Gesamtstichprobe, Kontrollgruppe (KG), Triple P Annehmer (T+) und Triple P-Ablehner (T‐) ESM 5. Tabelle 5 (ESM Tabelle 5_09.02.18.pdf). Vergleich der Fremdeinschätzung der Mütter (CBCL 4 – 18) und Selbstauskunft der Jugendlichen (YSR) für die Teilstichproben ZF I (n = 249) und ZF II (n = 112) und die Gesamtstichprobe ZF III (N = 361) zu FU5 ESM 6. Tabelle 6 (ESM Tabelle 6_09.02.18.pdf). Mütter: Unterschiede der Intragruppen-Effektstärken Prä zu FU5 zwischen Interventions- und Kontrollgruppe © 2018 Hogrefe Verlag

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ESM 7. Tabelle 7 (ESM Tabelle 7_09.02.18.pdf). Väter: Unterschiede der Intragruppen-Effektstärken Prä zu FU5 zwischen Interventions- und Kontrollgruppe ESM 8. Tabelle 8 (ESM Tabelle 8_09.02.18.pdf). Gesamtstichprobe Jugendliche: Mittelwerte (M) und Standardabweichungen (SD) sowie Inter-Gruppen-Vergleiche mit gHedges Jugendliche, absolute Werte (T+ vs. KG, T+ vs. T- und T- vs. KG)

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Prof. Dr. Kurt Hahlweg Technische Universität Braunschweig Institut für Psychologie Abteilung für Klinische Psychologie, Psychotherapie und Diagnostik Humboldtstr. 33 38106 Braunschweig k.hahlweg@tu-bs.de

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Zeitschrift für Klinische Psychologie und Psychotherapie (2018), 47 (1), 1–15


Originalarbeit

Weibliche Homosexualität, Maskulinität und Körperzufriedenheit Christina Schütteler und Alexander L. Gerlach Universität zu Köln, Institut für Klinische Psychologie und Psychotherapie Zusammenfassung: Theoretischer Hintergrund: Homosexuelle Frauen sind zufriedener mit ihrem Körper als heterosexuelle Frauen. Homosexualität ist folglich möglicherweise ein Schutzfaktor vor Körperunzufriedenheit. Unklar bleibt der zugrundeliegende Mechanismus für diesen Schutzfaktor. Fragestellung: Es wird untersucht, ob die höhere Körperzufriedenheit auf unterschiedliche Geschlechtsrollen, insbesondere Maskulinität, rückführbar ist. Methode: Diese Frage wurde an einer Stichprobe von N = 478 Frauen mittels einer Mediatoranalyse beantwortet. Ergebnisse: Homosexuelle Frauen waren zufriedener mit ihrem Körper als Heterosexuelle und erreichten höhere Werte für Maskulinität. Maskulinitä t mediierte den Unterschied bezüglich Körperzufriedenheit. Schlussfolgerungen: Teilweise vermittelt über Maskulinität, kann weibliche Homosexualität als Schutzfaktor vor Körperunzufriedenheit angesehen werden. Schlüsselwörter: Homosexualität, Körperzufriedenheit, Maskulinität, Geschlechtsrolle, Schutzfaktor

Female Homosexuality, Masculinity, and Body Satisfaction Abstract: Background: Lesbian women tend to be more satisfied with their bodies compared with heterosexual women. Therefore, female homosexuality might protect from body dissatisfaction. The underlying mechanisms are yet unknown. Aim: This study examines whether higher body satisfaction is linked to gender role, more specifically to masculinity. Method: To address this issue, a mediation analysis was employed after conducting a survey on N = 478 women. Results: Lesbian women reported higher body satisfaction and higher masculinity than heterosexual women. Masculinity mediated the differences in body satisfaction. Conclusion: Partially mediated by masculinity, female homosexuality may be regarded as a protective factor against body dissatisfaction. Keywords: homosexuality, body satisfaction, masculinity, gender role, protective factor

Besonders für Frauen ist Körperzufriedenheit ein wichtiger Aspekt ihrer Lebensqualität (Cash & Fleming, 2002) und, wenn niedrig, einer der Hauptrisikofaktoren für die Entwicklung einer Essstörung (Stice & Shaw, 2002; Grabe, Hyde & Lindberg, 2007). Über die Hälfte der Frauen geben an, momentan unzufrieden mit ihrem Gewicht zu sein und mehr als ein Viertel bewerten ihren Körper als unattraktiv (Frederick, Peplau & Lever, 2006). Körperzufriedenheit bezeichnet, neben den perzeptuellen und Handlungs-Aspekten, die kognitiv-affektive Komponente des übergeordneten Konstrukts Körperbild. Während das Körperbild sich auf die Gesamtheit der Wahrnehmungen, Gedanken und Gefühle über den eigenen Körper bezieht, bezieht sich die Körperzufriedenheit auf die erlebte Eigenbewertung der eigenen äußeren Erscheinung (Grogan, 2008). Nach dem westlichen Schönheitsideal sollen Frauen vor allem schlank sein (Swami et al., 2010). Dieses Ideal wird über verschiedene Medien, Familie und Freunde vermittelt und internalisiert. Weicht die eigene Erscheinung von diesem Ideal ab, entsteht Körperunzufriedenheit (Frederickson & Roberts, 1997), weshalb das Gewicht, beziehungsweise der body

mass index (BMI, Gewicht / Grösse 2), die Körperzufriedenheit entscheidend beeinflusst (Tiggemann, 2011). Sowohl zwischen den Geschlechtern (Brennan, Lalonde & Bain, 2010) als auch zwischen sexuellen Orientierungen bestehen Unterschiede in Körperzufriedenheit. Innerhalb der Gruppe der Frauen wiederum legt die letzte Meta-Analyse vergleichender Studien zur Körperzufriedenheit hetero- und homosexueller Frauen nahe, dass homosexuelle Frauen mit ihrem Körper zufriedener sein könnten. Insgesamt ist die Befundlage aber widersprüchlich (Morrison, Morrison & Sager, 2004). Einerseits scheinen Körperzufriedenheit (Beren, Hayden, Wilfley & Grilo, 1996; Koff, Lucas, Migloirini & Grossmith, 2010; Peplau et al. 2009) und Körperideal (Koff et al., 2010) von Frauen verschiedener sexueller Orientierung vergleichbar. Andererseits sind homosexuelle Frauen, teilweise mit einem höheren BMI, zufriedener mit ihrem Körper (Alvy, 2013) und berichten weniger ungesunde Gewichtsreduktionsmethoden wie Rauchen, Mahlzeiten auslassen oder Abführen (Polimeni, Austin & Kavanagh, 2009). Dezidierte Befunde zur Körperzufriedenheit bisexueller Frauen stehen noch aus. Der Vergleich der Körperzufrieden-

Zeitschrift für Klinische Psychologie und Psychotherapie (2018), 47 (1), 16–22 https://doi.org/10.1026/1616-3443/a000460

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C. Schütteler und A. L. Gerlach, Weibliche Homosexualität, Maskulinität und Körperzufriedenheit

heit homo- und heterosexueller Männer ergab, dass in diesem Fall Heterosexuelle zufriedener mit ihrem Körper sind (Morrison et al., 2004). Ein Großteil bisheriger Studien beschäftigt sich fast ausschließlich mit Vulnerabilitäten, die durch Homosexualität entstehen. Dazu gehören im Vergleich zu heterosexuellen Stichproben vor allem ein erhöhtes Risiko für Substanzabhängigkeit, Depression, Angststörungen, selbstverletzendes Verhalten und Suizidgedanken (King, 2008; Wolf & Meyer, 2017). Der Zusammenhang von höherer Körperzufriedenheit mit gleichgeschlechtlicher sexueller Orientierung bei Frauen ist dagegen ein potentieller Resilienzfaktor mentaler Gesundheit bei homosexuell orientierten Frauen. Eine Erklärung für diese Unterschiede könnten unterschiedliche Geschlechtsrollen sein, die mit Körperbild und Körperzufriedenheit verknüpft sind (Jackson, Sullivan & Rostker, 1988). Geschlechtlichkeit kann als ein Konstrukt aus biologischem, psychologischem und sozialen Geschlecht, der Geschlechtsrolle, beschrieben werden (Fiedler, 2004). Im Gegensatz zum kulturunabhängigen biologischen Geschlecht ist die Geschlechtsrolle ein soziales Konstrukt aus verschiedenen Eigenschaften und Verhaltensweisen, die entweder als maskulin oder als feminin kategorisiert werden können. Biologische Männer schreiben sich demnach eher Eigenschaften zu, die als maskulin und biologische Frauen Eigenschaften, die eher als feminin kategorisiert werden. Dabei werden Maskulinität und Femininität nicht als gegensätzliche Pole, sondern als zwei unabhängige Merkmale konzeptualisiert (Eckloff, 2012). In einer Meta-Analyse beschrieben sich homosexuelle Frauen zwar als ähnlich weiblich, aber gleichzeitig – ähnlich wie heterosexuelle Männer – als deutlich männlicher als heterosexuelle Frauen. Homosexuelle Männer dagegen beschrieben sich – ähnlich wie heterosexuelle Frauen – als deutlich weiblicher als heterosexuelle Männer. Bisexuelle Männer und Frauen ordneten sich jeweils zwischen homosexuellen Männern und Frauen ein. (Lippa, 2008). Diese Befunde legen einen Zusammenhang von nicht nur Geschlecht, sondern auch sexueller Orientierung mit Geschlechtsrolle und Körperzufriedenheit nahe. Femininität geht traditionell mit Eigenschaften wie Passivität und Orientierung an sozialen Beziehungen einher, nach denen der Selbstwert aus Bestätigung und Anerkennung durch andere generiert wird. Um dies zu erreichen, streben Frauen mit hoher Femininität stärker nach einem gängigen (schlanken) Schönheitsideal, wodurch die Körperzufriedenheit häufig beeinträchtigt wird (Lakkis, Ricciardelli & Willliams, 1999). Tatsächlich steht hohe Femininität mit gestörtem Essverhalten in Verbindung (Lakkis et al., 1999; Ludwig & Brownell, 1999). Maskulinität geht traditionell mit Eigenschaften wie Aktivität und Orientierung an Handlungen einher, entsprechend wird Selbstwert unab© 2018 Hogrefe Verlag

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hängiger vom sozialen Kontext und eher aus eigenen Leistungen generiert (Flaherty & Dusek, 1980). So wird höhere Maskulinität mit weniger Schlankheitsstreben und höherer Körperzufriedenheit und niedrige Maskulinität mit gestörtem Essverhalten sowohl bei Männern als auch bei Frauen assoziiert (Hepp, Spindler & Milos, 2005; Lakkis et al. 1999; Jackson et al., 1988; Braitman & Ramanaiah, 1999; Lakkis et al., 1999, Jackson et al., 1988; Beren et al., 1996). Die vorliegende Querschnittsstudie untersucht vor diesem Hintergrund die folgenden Hypothesen. Es wird erwartet, dass homosexuelle Frauen sich als maskuliner erleben und mit ihrem Körper zufriedener sind als heterosexuelle Frauen und dass höhere Maskulinität generell mit höherer Körperzufriedenheit einhergeht. Weiter wird angenommen, dass die Körperzufriedenheit und Maskulinität bisexueller Frauen höher als die heterosexueller und niedriger als die homosexueller Frauen ist. Weiter soll mit Hilfe einer Mediatoranalyse untersucht werden, ob Unterschiede in Körperzufriedenheit zwischen homo- und heterosexuell orientierten Frauen auf Unterschiede in der Geschlechtsrolle zurückzuführen sind.

Methodik Studiendesign und -durchführung Die Onlinestudie richtete sich an Frauen zwischen 18 und 60 Jahren. Verbreitet wurde der Teilnahmelink über ein Internetforum (shoe.org) sowie von einer in den LGBTTIQ* bekannten DJane über soziale Netzwerke (facebook, Instagram) mit der Bitte um Weiterleitung an Freunde und Bekannte („Wir möchten die verschiedenen Einflüsse auf die Körperzufriedenheit von Frauen genauer kennenlernen und das bestehende Wissen darüber erweitern. Dazu suchen wir Frauen verschiedener sexueller Orientierung.“).

Stichprobe 478 von initial 1781 respondenten Teilnehmerinnen (27 %) beendeten die Umfrage (M = 23.18 J., SD = 6.29 J., Range: 18 – 57 J.). 279 Frauen (58 %) bezeichneten sich als heterosexuell, 54 (11 %) als bisexuell und 145 (30 %) als homosexuell. 52 % der hetero-, 36 % der bi- und 42 % der homosexuellen Probandinnen befanden sich in (Berufs‐) Ausbildung, während 26 % der hetero-, 43 % der bi- und 34 % der homosexuellen Probandinnen sich in einem Angestellten- oder Beamtenverhältnis befanden. 77 % der hetero-, 22 % der bi- und keine der homosexuellen Pro-

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C. Schütteler und A. L. Gerlach, Weibliche Homosexualität, Maskulinität und Körperzufriedenheit

bandinnen befanden sich in einer Beziehung zu einem Mann, keine der hetero-, 35 % der bi- und 59 % der homosexuellen Probandinnen in einer Beziehung zu einer Frau. Heterosexuelle Probandinnen berichteten M = 0.39 (SD = 0.65), Bisexuelle M = 0.17 (SD = 0.58) und Homosexuelle M = 0.14 (SD = 0.60) Kinder.

Messinstrumente Zur Angabe ihrer sexuellen Orientierung konnten die Probandinnen zwischen den Optionen „hetero-“, „bi-“ und „homosexuell“ wählen. Über selbstberichtete Größe und Gewicht sowie Wunschgewicht wurde der (gewünschte) body mass index berechnet (BMI = kg/m2). Die Körperzufriedenheit wurde über die Differenz zwischen aktuellem und gewünschtem BMI, und über die Female Photographic Figure Rating Scale (FPFRS) (Swami, Salem, Furnham, & Tovée, 2008) erfasst. Die FPFRS zeigt 10 Fotos gesichtsloser Frauenkörper von mager bis übergewichtig, die sich nur hinsichtlich ihres BMIs unterscheiden. Die Probandinnen wählen jeweils das Foto, das jeweils ihrer gegenwärtigen und ihrer Wunschfigur entspricht. Die Body-Esteem Scale for Adolescents and Adults (BESAA) als weiteres Maß für Körperzufriedenheit enthält 23 Aussagen über Zufriedenheit mit der eigenen Erscheinung, dem eigenen Gewicht und die Einschätzung der Beurteilung des eigenen Aussehens durch andere. Den Aussagen wird auf einer fünfstufigen Skala von nie bis immer mehr oder weniger zugestimmt. Die innere Konsistenz liegt bei α = .81-.94 (Mendelson, Mendelson & White, 2001). Der gekürzte, 8 Item lange Fragebogen zum Figurbewusstsein (FFB; Waadt, Laessle & Pirke, 1992) dreht sich um negative Emotionen und Kognitionen bezüglich der eigenen Figur. Die innere Konsistenz des Originals betrug α = .91 (Evans & Dolan, 1993). Der German Extended Personal Attributes Questionnaire (GEPAQ) enthält die „positive“ Maskulinitäts- und FemininitätsSkala mit je 8 Items, die mittels einer fünfstufigen Antwortskala eingeschätzt werden. Die jeweiligen Skalen enthalten üblicherweise als positiv eingeschätzte Eigenschaften und Verhaltensweisen, die in Voruntersuchungen als jeweils typisch männlich (wie „sehr wettbewerbsorientiert“) oder weiblich („sehr gefühlsbetont“) bewertet wurden. Maskulinität beschreibt damit Instrumentalität, Femininität sozial erwünschte expressive Eigenschaften. Für Frauen beträgt die innere Konsistenz α = .65 (Runge, Frey, Gollwitzer, Helmreich & Spence, 1981). In der vorliegenden Studie betrug die innere Konsistenz des BESAA α = .95, des FFB α = .91 und des GEPAQ α = .72.

Datenanalyse Die statistischen Analysen werden mit dem Programm IBM SPSS Statistics Version 23 durchgeführt. Die vermuteten Gruppenunterschiede werden mittels Kruskal-Wallis Test mit folgenden paarweisen Vergleichen mit adjustierten p-Werten und ANOVAs mit Generalized Tukey 2 nach Hochberg Post-Hoc Tests, die vermuteten Zusammenhänge mittels bivariater Korrelationen nach Pearson ausgewertet. Im Rahmen der Mediatoranalyse werden Regressionsanalysen eingesetzt.

Ergebnisse Tabelle 1 enthält deskriptive Informationen über die relevanten Maße insgesamt und nach sexueller Orientierung aufgeteilt. Die Probandinnen unterscheiden sich nicht in ihrem aktuellen BMI, aber in ihrem gewünschten BMI (H (2) = 12.80, p = .002), wobei sich heterosexuelle Probandinnen einen niedrigeren BMI wünschen als homosexuelle Probandinnen (p = .001, Effektstärke des KruskalWallis Tests: r = -.17). Bisexuelle Probandinnen unterschieden sich nicht von Homo- und Heterosexuellen. Die Probandinnen unterscheiden sich außerdem in Körperzufriedenheit (F (2, 475) = 5.68, p < .005, η = .02) und Unzufriedenheit mit ihrer Figur (F (2, 475) = 10.09, p < .001, η = .04). Post-Hoc Tests zeigen, dass homosexuelle Probandinnen wie erwartet zufriedener mit ihrem Körper (p = .003) und ihrer Figur (p < .001) sind als heterosexuelle Probandinnen. Die Probandinnen unterscheiden sich nicht in den Differenzmaßen von aktueller und gewünschter Figur und aktuellem und gewünschtem BMI. Maskulinität unterscheidet sich zwischen den Probandinnen (F (2, 475) = 5.38, p = .005, η = .02), Femininität nicht. Post-hoc Tests ergeben, dass homosexuelle Frauen, gemäß der zweiten Hypothese, höhere Werte für Maskulinität auf dem GEPAQ erreichen als heterosexuelle Frauen (p = .003). Maskulinität korreliert mit BESAA (r = .41, p < .01), FFB (r = -.41, p < .001) und der Differenz zwischen aktuellem und gewünschten BMI (r = -.16, p < .001) bzw. Figur (r = -.20, p < .001). Somit bedeutet höhere Maskulinität auch höhere Körperzufriedenheit und niedrigere Figurunzufriedenheit. Femininität korreliert mit keiner der Maße zu Körperzufriedenheit. Bisexuelle Probandinnen unterscheiden sich auf keiner der Skalen von hetero- oder homosexuellen Probandinnen, die Werte von Körperzufriedenheit und Maskulinität liegen aber zwischen denen hetero- und homosexueller Frauen. Um zu prüfen, ob die gefundenen Unterschiede auf der BESAA in der Körperzufriedenheit homo- und heterosexueller Frauen auf die Unterschiede in der Geschlechtsrolle

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C. Schütteler und A. L. Gerlach, Weibliche Homosexualität, Maskulinität und Körperzufriedenheit

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Tabelle 1. Zusammenfassung deskriptiver Statistiken Variable

M (SD)

p

Homosexuell (n = 279)

Bisexuell (n = 54)

Heterosexuell (n = 145)

Gesamt (n = 478)

Aktueller BMI

25.39 (5.65)

25.19 (6.35)

24.75 (5.45)

25.01 (5.61)

Gewünschter BMI

22.05 (2.75)

21.21 (2.37)

21.10 (2.49)

21.40 (2.59)

BESAA

72.74 (18.75)

69.20 (20.09)

66.43 (17.77)

68.65 (18.52)

< .005

FBB

n.s. .002

22.03 (9.61)

24.72 (10.40)

26.48 (9.59)

24.93 (9.87)

< .001

Differenz Figur

1.73 (1.50)

2.00 (1.70)

2.01 (1.51)

1.93 (1.53)

n.s.

Differenz BMI

3.63 (3.97)

4.12 (4.70)

3.74 (3.76)

3.75 (3.93)

n.s.

GEPAQ Maskulinität

26.70 (4.72)

25.52 (5.56)

25.11 (4.60)

25.64 (4.79)

.005

GEPAQ Femininität

32.39 (4.46)

31.94 (3.87)

33.16 (3.52)

32.79 (3.89)

n.s.

Anmerkung: BESAA = Body Esteem Scale for Adolescents and Adults; FBB = Fragebogen zum Figurbewusstsein; GEPAQ = German Extended Personality Questionnaire; Differenz Figur = Differenz von aktueller zu gewünschter Figur gemäß PFRS; Differenz BMI = Differenz von aktuellem zu gewünschtem BMI gemäß den Angaben zu Gewicht und Größe.

Tabelle 2. Mediatoranalyse mit Maskulinität als Mediator Prädiktoren

b

SE B

β

p

r

rpart

Sexuelle Orientierung

3.93

1.74

.10

< .024

.16

.11

Maskulinität (GEPAQ)

1.49

0.18

.38

< .001

.40

.38

Anmerkung: GEPAQ = German Extended Personality Attributes Questionnaire.

Abbildung 1. Standardisierte Regressionskoeffizienten für den Zusammenhang von sexueller Orientierung und Körperzufriedenheit teilweise mediiert durch Maskulinität. Der für Maskulinität kontrollierte standardisierte Regressionskoeffizient zwischen sexueller Orientierung und Körperzufriedenheit steht in Klammern. * p < .05; ** p < .01; *** p < .001.

zurückzuführen sind, wurde eine Mediatoranalyse durchgeführt (Baron & Kenny, 1986). Körperzufriedenheit korreliert jeweils signifikant mit sexueller Orientierung und Maskulinität. Wird das Kriterium Körperzufriedenheit gleichzeitig auf die Prädiktoren sexuelle Orientierung und Maskulinität regrediert, werden in der Regressionsanalyse sowohl der Prädiktor sexuelle Orientierung als auch der Mediator Maskulinität signifikant, wobei die Vorhersagekraft von sexueller Orientierung auf Körperzufriedenheit sinkt (s. Tabelle 2). In diesem Fall spricht man von einer partiellen Mediation (s. Abbildung 1).

Diskussion Die homosexuellen Frauen dieser Studie berichten maskuliner, zufriedener mit ihrem Körper und weniger unzu© 2018 Hogrefe Verlag

frieden mit ihrer Figur als heterosexuelle Frauen zu sein. Über die Probandinnen hinweg hängt Maskulinität auf zwei der vier Skalen mit höherer Körperzufriedenheit zusammen. Nach der Mediatoranalyse ist der Unterschied in Körperzufriedenheit zwischen homosexuellen und heterosexuellen Frauen teilweise auf Maskulinität zurückzuführen. Es besteht die Möglichkeit, dass die früheren, zum Teil widersprüchlichen, Befunde hinsichtlich der Körperzufriedenheit homo- und heterosexueller Frauen durch die Aggregation von Daten homosexueller Frauen mit verschiedenen Ausprägungen von Maskulinität und Femininität erklärbar sind. Maskulinität (GEPAQ) ist mit Eigenschaften wie Aktivität und Selbstständigkeit assoziiert (Runge et al., 1981). Homosexuelle Frauen mit hoher Maskulinität könnten dementsprechend ihren Selbstwert eher über Leistung definieren und weniger aus sozial wertgeschätzter Entsprechung eines bestimmten Schön-

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C. Schütteler und A. L. Gerlach, Weibliche Homosexualität, Maskulinität und Körperzufriedenheit

heitsideals schöpfen. Die wahrgenommene Diskrepanz zum herrschenden Schönheitsideal würde infolge an Bedeutung verlieren und weniger negativ bewertet. Möglicherweise sind hohe Werte für Maskulinität auch ein Indikator für weitere Persönlichkeitseigenschaften, die mit höherer Körperzufriedenheit zusammenhängen. Männer zeigen z. B. eine niedrigere Ausprägung von Neurotizismus und eine höhere Ausprägung von Extraversion (Costa, Terracciano & McCrae, 2001), gleichzeitig ist höhere Körperzufriedenheit ebenfalls mit einer niedrigeren Ausprägung von Neurotizismus und einer höheren Ausprägung von Extraversion assoziiert (Dalley, Buunk & Umit, 2009; Swami, Taylor & Carvalho, 2011). Wenn homosexuelle Frauen mit höheren Werten für Maskulinität auch eher typisch männliche Persönlichkeitseigenschaften verkörpern (Lippa, 2008), könnte dies den mediierenden Effekt von Maskulinität auf den Zusammenhang von sexueller Orientierung und Körperzufriedenheit erklären. Innerhalb der Gruppe der homosexuellen Frauen postulieren Lehavot, King und Simoni (2011) verschiedene Geschlechtsidentitäten mit unterschiedlichen Verortungen auf den Kontinuen Maskulinität und Femininität. Beispiele sind Kategorien wie „femme“ oder „butch“ mit jeweils deutlich unterschiedlichem Erscheinungsbild. Zumindest ein Teil der homosexuellen Frauen wird demnach mit einem eher maskulinen Erscheinungsbild assoziiert (Rothblum, 2010), möglicherweise reflektiert durch höhere Werte für Maskulinität (GEPAQ). Diese Frauen mit maskulinem Erscheinungsbild könnten seltener Ziel sexueller Objektivierung sein. Sexuelle Objektivierung geschieht immer dann, wenn Teile des Körpers, losgelöst von der Person, auf ihre sexuelle Funktion für das Vergnügen von anderen – traditionell Männern – reduziert werden (Fredrickson & Roberts, 1997). Sexualisierte Darstellungen in den Medien sind ein Beispiel dafür. Frauen mit maskulinem Erscheinungsbild („butch“) werden in Medien, im Gegensatz zu homosexuellen Frauen mit weiblichem Erscheinungsbild („femme“), kaum abgebildet oder sexuell objektiviert (Ciasullo, 2001). Auch diese Überlegung könnte die geringere Internalisierung des weiblichen Schönheitsideals erklären, besonders die homosexueller Frauen mit maskulinem Erscheinungsbild (Share & Mintz, 2002). Vermutlich streben besonders Frauen mit maskulinem Erscheinungsbild nach einem anderen, möglicherweise teils männlichen Schönheitsideal, dessen Fokus nicht auf Figur und Gewicht liegt (Tiggemann, 2011). Dies geht mit den Ergebnissen der vorliegenden Studie einher, nach denen homosexuelle Frauen bei vergleichbarem BMI zufriedener mit ihrem Körper sind und sich einen höheren BMI wünschen. Obwohl homosexuelle Frauen in einer heteronormativen Gesellschaft aufwachsen, die in westlichen Kulturen mit einem schlanken Schönheitsideal korrespondiert, bewegen sie sich meist

auch in Subkulturen mit alternativen Schönheitsidealen (Beren et al., 1996). Gemeinschaften von homosexuellen Frauen schätzen eine Variation verschiedener Figuren und gewichten die äußere Erscheinung weniger (Henrichs-Beck, Szymanski, Feltman & Batchelor, 2015). Sie bewerten einen höheren BMI (Connor, Johnson, Grogan, 2004) und breitere Figuren (Alvy, 2013) als attraktiver. Abhängig von der Einbindung in eine LGBTTIQ* Community könnte die Valenz dieses dem Mainstream Schönheitsideal entgegenstehenden anderen Schönheitsideal variieren. Einbindung in die LGBTTIQ* Community könnte den Zusammenhang von sexueller Orientierung und Körperzufriedenheit also ebenfalls teilweise mediieren oder den Einfluss von Maskulinität moderieren. Bisexuelle Frauen unterscheiden sich in der vorliegenden Studie in Körperzufriedenheit oder Geschlechtsrolle nicht von hetero- oder homosexuellen Frauen. Dies könnte an dem Wunsch liegen, gleichzeitig für Männer und für Frauen attraktiv zu wirken. Da sie nicht den Anforderungen beider Schönheitsideale gleichzeitig entsprechen können, entsteht zwangsläufig eine Diskrepanz zu mindestens einer der beiden Anforderungen (Huxley, Clarke & Halliwell, 2011). Längsschnittstudien könnten Aufschluss darüber geben, ob sich die Unterschiede in Körperzufriedenheit mit einem Wechsel des Geschlechts des Sexualpartners verändern und ob sie bereits vor der Entwicklung einer sexuellen Identität oder eines Coming-Outs bestehen. Die Entwicklung einer nicht-heterosexuellen Identität mit folgendem Coming-Out könnte dabei sich verändernde gesellschaftliche Anforderungen und eine mögliche Einbindung in eine nicht-heterosexuelle Gemeinschaft mit einem anderen Schönheitsideal bedeuten. Häufig veränderten Frauen nach ihrem Coming-Out ihr Aussehen und kleideten sich eher androgyn, schnitten ihr Haar kürzer und begannen, bequemere Schuhe zu tragen (Krakauer & Rose, 2002). Inwiefern sich das Schönheitsideal sowohl innerhalb als auch außerhalb nicht-heterosexueller Gemeinschaften verändert, könnte so ebenfalls erfasst werden. Grogan (2008) beschreibt über die Jahre hinweg einen Wandel von einem schlanken zu einem athletischen Schönheitsideal, das statt restriktivem Essverhalten eher exzessive sportliche Aktivitäten zur Folge hat (Homan, 2010). Diesen Trend beobachteten bereits Beren, Hayden, Wilfley und Striegel-Moore (1997), die in Interviews das lesbische Schönheitsideal als dünn, aber sportlich und nicht zu weiblich beschrieben. Ob sich das lesbische Schönheitsideal gemäß der aktuellen Veränderung des Schönheitsideals heterosexueller Frauen ebenfalls verändert, ist unklar. Da ein athletisches Schönheitsideal aber nur dann zu niedriger Körperunzufriedenheit führt, wenn es isoliert und nicht zusätzlich zu einem schlanken Schönheitsideal angestrebt wird (Uhlmann, Donovan, Zimmer-

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C. Schütteler und A. L. Gerlach, Weibliche Homosexualität, Maskulinität und Körperzufriedenheit

Gembeck, Bell & Ramme, 2018), sollte diese Entwicklung keinen Einfluss auf die Körperzufriedenheit homosexueller Frauen haben. Folgende Aspekte der Studie schränken ihre Aussagekraft ein. Zwar ist die Stichprobe relativ groß, allerdings besteht bei der online über einschlägige Plattformen gewonnenen Stichprobe die Gefahr einer ungewollten Selektion der Probandinnen. Konkret wurde nach Personen gesucht, welche bereit waren, an einer Studie bezüglich Körperzufriedenheit teilzunehmen. Aus der Information zur Suche konnte zudem entnommen werden, dass der Zusammenhang zwischen Körperzufriedenheit und sexueller Orientierung untersucht wurde. Da diese Suchinformation für alle Teilnehmerinnen identisch war, ist es aus unserer Sicht jedoch eher unwahrscheinlich, dass ausschließlich die homosexuell orientierten Teilnehmerinnen selektiv nur bei guter Körperzufriedenheit an der Studie teilgenommen haben. Insgesamt scheint vor diesem Hintergrund weibliche Homosexualität bzw. Maskulinität als Schutzfaktor vor Körperunzufriedenheit und damit verbundenen Essstörungen zu wirken. Inwiefern dies jedoch kausal zu interpretieren ist, oder ob ein weiteres Merkmal sowohl für höhere Körperzufriedenheit, als auch Homosexualität und erhöhte Maskulinität verantwortlich ist, kann aufgrund dieser Querschnittstudie nicht geklärt werden. Dennoch führen die vorliegenden Ergebnisse zu einem besseren Verständnis der mentalen Gesundheit homosexueller Frauen, der Entstehung von Körperunzufriedenheit und damit der möglichen Entwicklung einer Essstörung. Insbesondere wird mit dieser Studie deutlich, dass die einseitige Sicht, Homosexualität vor allem als Risikofaktor für eine Reihe von psychischen Störungen zu konzeptualisieren (King et al., 2008), nicht unwidersprochen bestehen kann. Vielmehr kann zumindest für den Bereich der Körperbildstörungen vorläufig angenommen werden, dass hier Homosexualität eher einen Resilienzfaktor darstellt. Zukünftige Studien werden prüfen müssen, wie genau diese erhöhte Resilienz realisiert wird und inwiefern sich möglicherweise auch heterosexuelle Frauen die Vorteile einer solchen erhöhten Resilienz nutzbar machen können.

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Zeitschrift für Klinische Psychologie und Psychotherapie (2018), 47 (1), 16–22


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Christina Schütteler Prof. Dr. Alexander L. Gerlach Klinische Psychologie und Psychotherapie Universität zu Köln Pohligstr. 1 50969 Köln c.schuetteler@uni-koeln.de

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Ralf Vogt (Hg.)

Helen Lindstrøm, Jutta Sniehotta

Täterbindung.

Abwegig.

Gruppentherapie und soziale Neurobiologie. 2016, 272 S., gebunden, 39.50 ISBN 978-3-89334-599-1

Überleben und Therapie bei ritueller Gewalt. 2016, 192 S., 24.50 ISBN 978-3-89334-601-1

Seit langem suchen Trauma- und Dissoziationsforscher zu ergründen, warum wir uns manchmal von anderen Menschen angezogen und an sie gebunden fühlen, obwohl sie uns schaden. Wie lässt sich erklären, dass wir zu Menschen zurückkehren, die uns geschlagen oder vergewaltigt haben? Und wie lassen sich solche traumatischen Täterbindungen therapieren?

Dieses Buch ist aus der gemeinsamen Arbeit von Klientin und Therapeutin entstanden. Die Klientin wurde von ihren Eltern von Geburt an mit in ihre Sekte genommen und darauf trainiert, starke psychische und körperliche Schmerzen auszuhalten.

„Genau darum bemüht sich Ralf Vogt als Herausgeber, die verschiedenen Strömungen vorzustellen, um sich scheinbar Ausschließendes in möglichst fruchtbaren Kontakt und Dialog zu bringen.“ (Harald Schickedanz in Trauma)

Alison Miller

Werde, wer Du wirklich bist.

„Es ist ein zutiefst erschütternder und höchst aufwühlender, anrührender Erfahrungsbericht über ein kaum zu fassendes Thema …“ (Claudia Mehlmann in socialnet) „Und so sei es allen empfohlen, die ihre Augen vor der hässlichen Seite menschlicher Abgründe und kollektiver gesellschaftlicher Leugnung nicht verschließen wollen.” (Dipl.Psych. Bernd Kuck in Politische Postkarten)

Alison Miller

Jenseits des Vorstellbaren.

Übersetzung von „Becoming yourself. Overcoming Mind Control and Ritual Abuse“. 2. Aufl. 2017, 568 S., gebunden, 34.50 ISBN 578-3-89334-597-7

Therapie bei Ritueller Gewalt und Mind Control. Übersetzung von „Healing the unimaginable: Treating Ritual Abuse and Mind Control.“ 3. Aufl. 2017, 464 S., gebunden, 49.ISBN 978-3-89334-579-3

Ein Selbsthilfebuch für Opfer extremer Gewalt, das eine Fülle von Informationen über die Folgen von Ritueller Gewalt und Mind Control bietet. Es gibt Überlebenden ganz konkrete Anleitungen, wie sie alleine und/oder mit Hilfe eines Therapeuten die an ihnen begangenen Verbrechen überwinden können. Das Buch ist eine Verneigung vor der Überlebensleistung dieser Menschen.

Alison Miller hat ein einzigartiges Handbuch über die Methoden und Folgen ritueller Gewalt und Mind Control verfasst. Sie beschreibt anhand erschütternder Beispiele, wie vor allem Kinder von religiösen Glaubensgemeinschaften und okkulten Sekten, von organisierten Tätergruppen und Geheimdiensten grauenvoll gequält und gefoltert und auf diese Weise gezielt konditioniert und systematisch programmiert werden.

„Miller ist das schier Unmögliche gelungen: respektvoll einen begehbaren Weg zu einem menschlicheren Leben und zur Verwirklichung des eigenen Wesens aufzuzeigen. Empfehlenswert auch für Therapeuten.“ (Katharina Drexler in Deutsches Ärzteblatt)

„Alison Miller gebührt der Verdienst, dass sie sachlich über ein fast unvorstellbares Maß gezielter Gewalt gegen Menschen berichtet und ihre alltägliche praktische Arbeit in verständlicher und klarer Sprache beschreibt.“ (Deutsches Ärzteblatt)


Vom Detail zum Gesamtbild: Die Plananalyse Franz Caspar

Beziehungen und Probleme verstehen Eine Einführung in die psychotherapeutische Plananalyse Mit einem Vorwort von Marvin R. Goldfried. 4., überarb. Aufl. 2018. 312 S., 45 Abb., Kt € 29,95 / CHF 39.90 ISBN 978-3-456-85625-4 Auch als eBook erhältlich Wie lassen sich die vielen Details, die der Therapeut über seinen Patienten erfährt, zu einem sinnvollen Gesamtbild zusammenfügen? Dieses Gesamtbild muss Beziehungsund Problemanalysen enthalten und als fundierte Basis für die Therapieplanung dienen. Die Plananalyse ist ein bewährter, therapieschulunabhängiger Ansatz zum Erarbeiten individueller Fallkonzeptionen in der Psychotherapie. Er besteht aus einer Reihe zentraler Annahmen zum menschlichen Funktionieren und zur Entstehung von Problemen sowie aus einem Bündel heuristischer Regeln und aus technischen Hinweisen.

www.hogrefe.com

Das Buch führt in die Praxis der Plananalyse ein und vermittelt alle wichtigen praktischen Konzepte und Techniken anhand illustrativer Beispiele. Zahlreiche Abbildungen und Grafiken erleichtern das Verständnis. In der vorliegenden vierten, überarbeiteten Auflage wurden unter anderem neuere Studienergebnisse und zusätzliche Heuristiken für die Praxis eingefügt. Zudem finden sich neu Hinweise zu Supervision und Selbsterfahrung.


Originalarbeit

Eheglück durch „Wenn“ und „Aber“? Lassen sich anhand von Konjunktionen die Scheidungswahrscheinlichkeit und die Partnerschaftszufriedenheit nach fünf und 25 Jahren vorhersagen? Max Supke1, Joachim Engl2, Franz Thurmaier2, Wolfgang Schulz1 und Kurt Hahlweg1 1

Technische Universität Braunschweig

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Institut für Kommunikationsforschung, München Zusammenfassung: Theoretischer Hintergrund: Die Qualität der partnerschaftlichen, verbalen Kommunikation ist ein entscheidender Faktor für Trennung und Scheidung. Durch Konjunktionen können Satzteile sinnvoll miteinander verknüpft und Beziehungen zwischen ihnen hergestellt werden. Fragestellung: Lässt sich anhand von in Konfliktgesprächen verwendeten Konjunktionen die Scheidungswahrscheinlichkeit und die Partnerschaftszufriedenheit von Ehepaaren nach fünf und 25 Jahren vorhersagen? Methode: Zur Untersuchung dieser Hypothesen wurden 172 Transkripte von N = 65 zufriedenen Ehepaaren linguistisch ausgewertet. Ergebnisse: Mithilfe von logistischen und linearen Regressionsmodellen konnte gezeigt werden, dass die verwendeten Konjunktionen einen signifikanten Prädiktor (Schutzfaktor) für die Vorhersage der Scheidungswahrscheinlichkeit darstellen. Zur Vorhersage der Partnerschaftszufriedenheit eigneten sie sich hingegen zu keinem der beiden Untersuchungszeitpunkte. Schlussfolgerungen: Insgesamt stellte der Konjunktionsgebrauch einen Indikator für komplexe soziale Interaktionsprozesse dar. Schlüsselwörter: Partnerschaftliche Zufriedenheit, Partnerschaftskonflikt, Ehescheidung, LIWC, Konjunktionen, Sprachgebrauch, Paarkommunikation

Marital Happiness Through “Ifs” and “Buts”?: Are Divorce Probability and Marital Satisfaction after 5 and 25 Years Predictable on the Basis of Conjunction Usage in Marital Conflicts? Abstract: Background: The quality of language communication between partners is a determining factor for separation and divorce. Conjunctions are used to connect sentences usefully and establish a relationship between them. Aim: This study examined whether divorce probability and marital satisfaction of a couple after 5 and 25 years of marriage could be predicted on the basis of the conjunctions used. Method: To investigate these hypotheses, 172 transcripts from N = 65 nondistressed couples (age: M = 27.4 years, SD = 4.5) were linguistically analyzed. Logistic and linear regression models were computed. Results: Conjunctions were a significant predictor of divorce probability (protective factor), while they were not a significant predictor of marital satisfaction. Conclusion: Conjunction usage represents an indicator of complex social interaction processes. Keywords: marital satisfaction, marital conflict, divorce, LIWC, conjunctions, language use, couple communication

„Ich will die Scheidung…“. Diese Aussage stellt einen erheblichen Einschnitt in das Leben einer Person dar, welche eine Vielzahl von Veränderungen in finanziellen, so-

zialen und gesundheitlichen Bereichen mit sich bringt (Sbarra, Law & Portley, 2011). Neben den höheren Risiken eines wirtschaftlichen Abstiegs nach einer Scheidung

Die Studie wurde finanziell unterstützt durch das Bayerische Staatsministerium für Arbeit und Soziales, Familie und Integration, München, die Erzdiözese München und Freising, und die Deutsche Bischofskonferenz, Bonn. Wir danken Frau Claudia Hauke-Schrag für Ihre Unterstützung bei der Durchführung der 25-Jahres-Nachuntersuchung. Interessenkonflikte: J. Engl, F. Thurmaier und K. Hahlweg sind die Entwickler des EPL und langjährig als EPL-Ausbilder tätig. © 2018 Hogrefe Verlag

Zeitschrift für Klinische Psychologie und Psychotherapie (2018), 47 (1), 23–35 https://doi.org/10.1026/1616-3443/a000461


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(Andreß & Lohmann, 1999) weisen Geschiedene beispielsweise signifikant mehr chronische somatische Beschwerden (z. B. Diabetes, Krebs, Herz-, Lungenerkrankungen), mehr Mobilitätseinschränkungen und eine erhöhte Wahrscheinlichkeit für Abhängigkeitserkrankungen sowie für affektive Störungen auf als Personen, die verheiratet waren und noch keine Scheidung erlebt hatten (Hughes & Waite, 2009). Während sich die meisten Erwachsenen (72 %) als resilient gegenüber den Belastungen der Scheidung erweisen (Mancini, Bonanno & Clark, 2011), wies Amato (2010) darauf hin, dass Kinder durch den auftretenden KurzzeitStress und die Langzeitbelastungen ein erhöhtes Risiko für Verhaltensauffälligkeiten, sowie für emotionale, interpersonelle und akademische Probleme besitzen. Allein aufgrund der o.g. Risiken und in Anbetracht der hohen deutschen Scheidungsrate (41 % im Jahr 2015, Statista – Das Statistik-Portal, 2017) ist die Prävention von Scheidungen von großer Bedeutsamkeit (Heinrichs, Bodenmann & Hahlweg, 2008). Der Frage nach dem Warum? („[…], weil ich unzufrieden mit dir und unserer Ehe bin.“) sollte infolgedessen besondere Beachtung geschenkt werden. Eine mögliche Antwort auf die Fragen „Wann sind Paare glücklich und ihre Partnerschaft stabil?“ kann mithilfe der Sozialen Austauschtheorie (Thibaut & Kelley, 1959) formuliert werden. Nach dieser Theorie interagieren Menschen selektiv und betreiben dabei eine ständige Evaluation der Kosten und Nutzen einer Beziehung. Kosten (bspw. Unannehmlichkeiten) stellen Faktoren dar, welche ein Weiterführen des Verhaltens hemmen. Als Nutzen (bspw. gegenseitige Unterstützung) werden hingegen Faktoren bezeichnet, welche Zufriedenheit hervorrufen und dadurch das Weiterführen des Verhaltens fördern. Folgende Annahmen können aufgrund dieser Theorie geschlussfolgert werden: Bringt auf längere Sicht eine Beziehung mehr Kosten als Nutzen, während gleichzeitig attraktive Alternativen vorliegen, so steigt die Wahrscheinlichkeit für eine Auflösung. Ist der Nutzen hingegen hoch, während die Kosten gering und die Alternativen unattraktiv sind, so sollte die Partnerschaft stabil und das Paar zufrieden sein (Bodenmann, 2016). In Bezug auf die Determinanten der Beziehungsqualität kommt Bodenmann (2001) zu der Schlussfolgerung, dass Persönlichkeitsmerkmale, wie beispielsweise die Intelligenz, kaum scheidungsrelevant sind. Vielmehr scheint die Kommunikationsqualität zwischen den Partnern ein ausschlaggebender Faktor für die Trennung zu sein. Diese Annahmen werden durch die Ergebnisse der Metaanalyse von Karney und Bradbury (1995) gestützt. Die Autoren konnten für Persönlichkeitsmerkmale (bspw. Extraversion: rMann = -.08, rFrau = -.05) als Prädiktoren für die Partnerschaftsstabilität nur sehr kleine Effekte finden. Für

M. Supke et al., Eheglück durch „Wenn“ und „Aber“?

die Variablen Positivität (rMann = .46, rFrau = .33) und Negativität (rMann = -.37, rFrau = -.34), welche sich vor allem in der Kommunikation widerspiegeln, fanden sie hingegen mittlere Effekte. Nach diesen Ergebnissen sollte der Fokus präventiver Interventionen auf der Veränderung partnerschaftlichen Kommunikationsverhalten liegen. In der Bundesrepublik Deutschland ist vor allem das EPL – Ein Partnerschaftliches Lernprogramm (Job, Engl, Thurmaier & Hahlweg, 2014) verbreitet, das Ende der achtziger Jahre in Anlehnung an das U.S.-amerikanische „Premarital Relationship Enhancement Program PREP” (Markman, Renick, Floyd, Stanley & Clements, 1993) entwickelt wurde. Während des EPL-Trainings lernen Paare aktiv anhand von Sprecher- und Zuhörer-Regeln Gefühle offen anzusprechen, Erwartungen verständlich auszudrücken, einander zuzuhören und sich zu verstehen. Kann anhand von in Konfliktgesprächen verwendeten Wörtern auf die Qualität einer Partnerschaft geschlossen werden? Zur Beantwortung dieser Frage wird eine Methode benötigt, mit deren Hilfe Konfliktgespräche analysiert werden können. Laut Pennebaker, Mehl und Niederhoffer (2003) können Texte sowohl qualitativ als auch quantitativ ausgewertet werden. Insbesondere die quantitative Methodik erfreut sich einer immer größeren Beliebtheit. Durch Anwendung dieser Methoden konnte gezeigt werden, dass ein hoher Gebrauch von Pronomen der ersten Person Singular im Zusammenhang mit Depression (Rude, Gortner & Pennebaker, 2004) und Selbstmordgedanken (Stirman & Pennebaker, 2001) steht. Die quantitative Textanalyse stellt damit eine mögliche Methode zur Erkenntnisgewinnung dar. Welche Wörter sollten bei der Analyse fokussiert werden? Im Hinblick auf die eingangs genannten Beispielsätze könnte vermutet werden, dass insbesondere Verben und Substantive (will, Scheidung, Ehe, bin) psychologische Informationen enthalten. Chung und Pennebaker (2007) bezeichneten diese Wortklassen als Inhaltswörter. Wörter dieser Art zeigen die primären Kategorien und Handlungen der Sprecher in ihrer Kommunikation auf. Würden im dargestellten Beispiel nur die Inhaltswörter betrachtet werden, so wären zwar das Thema und auch die Handlungen bekannt, aber in welcher Relation diese zu einander stehen, ist alleine durch diese Wörter noch nicht erkennbar. Der linguistische Stil, also wie die einzelnen Wörter miteinander verknüpft werden, spielt laut den Autoren deswegen eine entscheidende Rolle. Zu diesen Verknüpfern, den sogenannten Funktionswörtern, gehören Pronomen, Präpositionen, Artikel und Konjunktionen. Diese meist sehr kurzen Partikel der Sprache liefern Hinweise über den emotionalen Zustand, die soziale Identität und die kognitiven Stile einer Person (Pennebaker et al., 2003).

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M. Supke et al., Eheglück durch „Wenn“ und „Aber“?

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Pronomen und die Partnerschaftszufriedenheit. Weiterhin könnte im Hinblick auf den oben erwähnten Beispielsatz vermutet werden, dass die Pronomen (ich, dir, unser) eine tragende Bedeutung besitzen. Tatsächlich gehören sie zu den am meisten analysierten Funktionswörtern (bspw. Sillars, Shellen, McIntosh & Pomegranate, 1997; Simmons, Gordon & Chambless, 2005; Williams-Baucom, Atkins, Sevier, Eldridge & Christensen, 2010). Der partnerschaftliche Kontext wurde in Bezug auf den Pronomengebrauch bisher umfassender untersucht, lieferte jedoch heterogene Ergebnisse. Simmons et al. (2005) untersuchten bei 59 Paaren, inwiefern anhand des Gebrauchs von Pronomen in einer Konfliktdiskussion auf die Beziehungszufriedenheit geschlossen werden kann. Die Autoren kamen zu dem Ergebnis, dass Partner, die häufiger „Ich“ benutzten, eine größere Partnerschaftszufriedenheit berichteten (rPatient= .25, rEhepartner = .27). Sillars et al. (1997) konnten in ihrer Studie an 120 Paaren hingegen zeigen, dass Paare, die „Ich“ weniger gebrauchten, glücklicher mit ihrer Partnerschaft waren (r = -.36). Beim Vergleich dieser beiden Studien ist die unterschiedliche Methodik zu beachten, denn bei Simmons et al. wurden die Paare gebeten zu einer für beide Seiten befriedigenden Lösung zu kommen. Die Paare bei Sillars et al. sollten typische Partnerschaftsprobleme möglichst lange ausdiskutieren, ohne dabei zwangsweise zu einer Lösung zu kommen. Williams-Baucom et al. (2010) konnten jedoch zeigen, dass dieser Zusammenhang komplexer ist. Sie unterteilten die Paare zunächst in unzufriedene (n = 134) und zufriedene (n = 48) Paare. Es zeigte sich, dass unzufriedene Paare eine höhere Zufriedenheit mit der Partnerschaft aufwiesen, wenn „Ich“ häufig verwendet wurde (βactor = .16, βpartner = .14), wohingegen ein hoher Gebrauch von „Ich“ bei glücklichen Paaren negativ mit der Partnerschaftszufriedenheit (βactor = -.33, βpartner = -.20) zusammenhing. Die Bedeutung der Konjunktionen. Andere Funktionswörter weckten im partnerschaftlichen Kontext bisher weniger Interesse. Insbesondere Konjunktionen (weil, und), als die Bindewörter einer Sprache, wurden in Hinblick auf psychologische Funktionen bisher kaum oder nur als „Anhängsel“ zusätzlich untersucht (bspw. Decter-Frain & Frimer, 2016; Newman, Pennebaker, Berry & Richards, 2003; Pennebaker, Chung, Frazee, Lavergne & Beaver, 2014). Dabei scheinen sie doch gerade die Wörter zu sein, die die Beziehungen zwischen den Satzteilen herstellen und somit eine Sinnhaftigkeit der Aussagen erzeugen. Folgende Beispiele sollen dies verdeutlichen. Pennebaker et al. (2014) konnten bei der Analyse von über 50.000 Zulassungs-Essays von 25.975 Studienbewerbern zeigen, dass der Notendurchschnitt im Studium und der Gebrauch von Konjunktionen negativ zusammenhingen (r = -.06). Weiterhin konnte eine Analyse von © 2018 Hogrefe Verlag

206 transkribierten politischen Debatten (ca. 123 Millionen Wörter) zeigen, dass der Konjunktionsgebrauch der Abgeordneten und die öffentliche Zustimmung des amerikanischen Kongresses durch die Bürger_innen negativ korrelierten (r = -.33; Decter-Frain & Frimer, 2016). Bei der Unterscheidung zwischen Lügengeschichten und wahren Geschichten spielten Konjunktionen ebenfalls eine wichtige Rolle. So konnten Newman et al. (2003) zeigen, dass Lügner weniger ausschließende Wörter (d = 0.54), zu welchen auch eine Reihe von Konjunktionen gehören (z. B. aber, außer), benutzten. Diese Beobachtung könnte ein Hinweis dafür sein, dass das Entwickeln einer falschen Geschichte viele kognitive Ressourcen erfordert und dadurch mit Einbußen in der kognitiven Komplexität einhergeht. Insgesamt steht somit vielmehr im Vordergrund WIE etwas gesagt wurde und nicht was gesagt wurde. Konjunktionen weisen dabei je nach Kontext Effekte von keiner Relevanz bis hin zu mittleren Effekten auf. Die Semantiken der Konjunktionen. Bußmann (2008) beschrieb Konjunktionen als „nicht satzgliedfähige Wortart, deren Vertreter syntaktische Verbindungen zwischen Wörtern, Wortgruppen oder Sätzen herstellen und zugleich semantische Beziehungen zwischen diesen Elementen kennzeichnen“ (S. 364). Die morphologische Unveränderlichkeit stellt für Buscha (1995) ein weiteres wesentliches Merkmal dar. In der deutschen Sprache lassen sich Konjunktionen in koordinierende und subordinierende Konjunktionen unterteilen. Koordinierende Konjunktionen stehen zwischen Hauptsätzen, Nebensätzen oder Satzteilen. Subordinierende Konjunktionen leiten hingegen einen Nebensatz ein und verknüpfen ihn dadurch mit dem übergeordneten Satz. Da in dieser Arbeit nur die relative Häufigkeit der Konjunktionen betrachtet werden soll, wird diese Unterteilung vernachlässigt. Vielmehr wurden Konjunktionen, welche eine ähnliche Funktion erfüllen, zu einer Gruppe zusammengefasst. Durch eigene Überlegungen und die Einteilung von Buscha (1995) wurden ausgewählte Konjunktionsarten zu den vier Gruppen Alternativen, Einschränkungen, Gegensätze und Grund / Erklärungen zusammengefasst (siehe Tabelle 1). An dieser Stelle sei auf das Problem der Polysemie hingewiesen. Polyseme Konjunktionen besitzen je nach Kontext eine unterschiedliche Funktion. Die Konjunktion als kann sowohl eine komparative als auch eine restriktive Funktion besitzen. Zusätzlich kann das komparative als je nach Kontext entweder subordinierend oder koordinierend verwendet werden. Um dieser Problematik entgegenzuwirken, wurden bei den Analysen die polysemen Konjunktionen nur einmalig in jeder der gebildeten Gruppen berücksichtigt.

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M. Supke et al., Eheglück durch „Wenn“ und „Aber“?

Tabelle 1. Übersicht über die gebildeten Konjunktionsgruppen mit gleicher Funktionalität Bedeutung/ Funktion Alternativen

Einschränkungen

Gegensätze

subordinierende Konjunktion

koordinierende Konjunktion

Alternativ (Alternativen)

beziehungsweise, entweder oder, oder

Komparativ (Vergleiche)

als, als ob, als wenn, so, wie, wie wenn

als, denn, wie

Substitutiv (Alternativen)

als das/s, anstatt das/s, statt das/s, anstatt zu, statt zu, ehe

anstatt, statt

Restriktiv (Einschränkung)

als, außer das/s, insofern, insoweit, nur das/s, soviel, soweit

außer

Konditional (Bedingungen)

falls, sofern, wenn

Konsekutiv (Folgen)

das/s, so das/s, um zu

Adversativ (Gegensätze)

indes, während, wohingegen

Konzessiv (Einräumungen / Gegengründe)

obgleich, obschon, obwohl, obzwar, so, trotzdem, wenn, wenngleich, wennschon, wie, wiewohl

Grund / Erklärungen Kausal (Grund/Ursachen)

aber, allein, jedoch, sondern

als, da, denn, umso mehr als, umso weniger als, weil, zumal, zumal da

Explikativ (Erläuterungen)

Hypothesen Ziel der Studie war es zu untersuchen, ob anhand von in partnerschaftlichen Konfliktgesprächen verwendeten Konjunktionen die Partnerschaftszufriedenheit und die Scheidungswahrscheinlichkeit von Ehepaaren nach fünf und 25 Jahren vorhergesagt werden kann. Aus dieser übergeordneten Fragestellung und den gebildeten Konjunktionsgruppen (Tabelle 1) wurden vor dem Hintergrund der Sozialen Austauschtheorie folgende Hypothesen abgeleitet. Konjunktionen aus den Gruppen Gegensätze, Einschränkungen und Alternativen könnten dabei einen Hinweis für entsprechende Kosten in einer Partnerschaft liefern. Zum einen könnten viele gegensätzliche Konjunktionen eine konfliktreiche Kommunikation des Paares und die daraus resultierende Kompromisslosigkeit widerspiegeln. Des Weiteren könnte der Gebrauch vieler einschränkender Konjunktionen mit einer mangelnden Autonomie und Freiheit in der Partnerschaft einhergehen. Der Gebrauch von Konjunktionen aus der Gruppe Alternativen könnte ein Hinweis dafür sein, dass der_die jeweilige Partner_in das Abwägen verschiedener Möglichkeiten favorisiert. Unzufriedenheit mit der eigenen Partnerschaft und die daraus resultierende Suche nach Alternativen könnte eine mögliche Ursache dafür darstellen. H 1: Da Kostenfaktoren das Aufrechterhalten einer Beziehung erschweren, sollten Paare, die einen hohen Gebrauch von Konjunktionen aus diesen drei Gruppen zeig-

das/s heißt

ten, nach fünf (a) und 25 (b) Jahren höhere Scheidungswahrscheinlichkeiten aufweisen. H 2: Ein hoher Gebrauch dieser Konjunktionsgruppen sollte weiterhin mit einer niedrigeren Partnerschaftszufriedenheit nach fünf (a) und 25 (b) Jahren einhergehen. Konjunktionen aus der Gruppe Grund / Erklärungen stellen den genauen Gegensatz zu den vorherigen Konjunktionsgruppen dar und lassen sich den Nutzenfaktoren zuordnen. Ein hoher Gebrauch von Konjunktionen dieser Kategorie könnte ein Hinweis für eine deeskalative, sachliche, begründende Kommunikation zwischen den Partnern sein. H 3: Da Nutzenfaktoren das Aufrechterhalten einer Beziehung begünstigen, sollten Paare, die einen hohen Gebrauch von Konjunktionen aus der Gruppe Grund / Erklärungen zeigten, nach fünf (a) und 25 (b) Jahren niedrigere Scheidungswahrscheinlichkeiten aufweisen. H 4: Des Weiteren sollte ein hoher Gebrauch dieser Konjunktionen mit einer höheren Zufriedenheit mit der Partnerschaft nach fünf (a) und 25 (b) Jahren einhergehen. Weiterhin sollte untersucht werden, ob sich Männer und Frauen im Gebrauch der gebildeten Konjunktionsgruppen voneinander unterscheiden. H 5: Es wurde vermutet, dass Männer mehr einschränkende und alternative Konjunktionen verwenden, da ihr Sprachstil von Wettbewerb und Dominanz geprägt ist. Frauen sollten hingegen mehr erklärende und weniger ge-

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gensätzliche Konjunktionen als Männer gebrauchen, da ihr Sprachstil durch Unterstützung und Kooperation gekennzeichnet ist (Maltz & Borker, 1982). Zusätzlich wurde untersucht, welchen Einfluss der Konjunktionsgebrauch unter gleichzeitiger Berücksichtigung der Teilnahme am Kommunikationstraining „Ein Partnerschaftliches Lernprogramm“ (EPL; Thurmaier, Engl & Hahlweg, 1998), hat.

halb/ drei / fünf / 25 Jahren) untersucht. Insgesamt zeigten EPL-Paare signifikant mehr positive und signifikant weniger negative Gesprächsbeiträge. Des Weiteren war die Scheidungsrate bei EPL-Paaren nach fünf und 25 Jahren signifikant niedriger (detaillierte Darstellung der EPLStudien und Ergebnisse in Engl, Thurmaier & Hahlweg, 2018; Job et al., 2014).

Stichprobe

Methode Versuchsablauf Die Konfliktgespräche wurden während des Projekts „Ehevorbereitung – Ein Partnerschaftliches Lernprogramm“ (EPL; Thurmaier et al., 1998) in den Jahren von 1988 bis 1994 in München erhoben. Die kostenlosen EPLKurse wurden im Rahmen der kirchlichen Ehevorbereitung angeboten. Die Teilnehmer verfolgten das Ziel ihre interpersonelle Kommunikation und ihre Problemlösefähigkeit zu verbessern. Zwei Kursleiter betreuten dazu vier Paare, welche die sechs Themenblöcke entweder in wöchentlichen Sitzungen (zweieinhalb Stunden) oder an einem Wochenende bearbeiteten. Anfangs wurden N = 109 Paare (EPL n = 77, KG n = 32) aus dem Münchner Raum und angrenzenden Landkreisen in die quasi-experimentelle Langzeitstudie aufgenommen. Die Akquirierung der Teilnehmer erfolgte im kirchlichen Rahmen durch Plakate und Broschüren, sowie durch den Einsatz verschiedener Medien (Interviews im Radio/ Fernsehen; Artikel in Tageszeitungen / Journalen / Magazinen). Ein großer Anteil der Stichprobe wurde jedoch durch die Mund-zu-Mund-Propaganda ehemaliger Teilnehmer gewonnen. Die Paare der Kontrollgruppe nahmen größtenteils an einem anderen katholischen Ehevorbereitungskurs (Brautleutewochenenden) teil oder hatten keine Vorbereitung erhalten und wurden per Zeitungsannoncen gewonnen. Mithilfe des „Marital Adjustment Test“ (MAT; Locke & Wallace, 1959, s. u.) wurde die Beziehungsqualität von n = 13 Paaren als unbefriedigend eingestuft (beide Partner hatten einen MAT-Gesamtwert < 100). In den internationalen Präventionsstudien wurden vor allem Paare mit zufriedenstellender Partnerschaftsqualität eingeschlossen. Um unsere Stichprobe mit der Markman et al.-Studie (1993) vergleichbar zu halten, wurden deshalb die 13 unzufriedenen Paare aus den weiteren Analysen ausgeschlossen, so dass sich die EPL-Stichprobengröße zur PräMessung auf 64 Paare reduzierte. Die Effektivität des EPL-Kurses wurde kurzfristig (vor/ nach dem Training), aber auch langfristig (nach andert© 2018 Hogrefe Verlag

Von den N = 96 Paaren mussten n = 31 Paare von den Analysen ausgeschlossen werden, da entweder keine Informationen über den Beziehungsstatus nach fünf bzw. 25 Jahren vorlagen (n = 23) oder kein Post-Transkript vorhanden war (n = 8), sodass sich diese Studie auf die verbleibenden N = 65 (EPL n = 46, KG n = 19) heterosexuellen Ehepaare bezieht. Die ausgeschlossenen Paare unterschieden sich nicht signifikant im Alter und der Dauer des Kennens von den zu betrachtenden Ehepaaren. Im Hinblick auf die Partnerschaftszufriedenheit erzielten die Drop-Out-Paare zum Prä-Messzeitpunkt jedoch durchschnittlich signifikant mehr Punkte im MAT (t (121.8) = 2.12, p = .036). Bei der Untersuchungsstichprobe handelte es sich insgesamt um junge Erwachsene (M = 27.4 Jahre, SD = 4.5, R: 20 – 45 Jahre) mit Deutsch als Muttersprache. Zum PräMesszeitpunkt waren bereits n = 16 Paare (25 %) seit durchschnittlich viereinhalb Monaten (SD = 3.1) verheiratet. Des Weiteren gaben die Paare an, dass sie seit durchschnittlich 42.5 Monaten (SD = 26.1) ein Paar waren. Die Range reichte dabei von fünf bis zu 130 Monaten. Die Teilnehmer waren im Durchschnitt glücklich mit ihrer Partnerschaft (MAT-Score: M = 117.5, SD = 15.5). Die Art der Rekrutierung beeinflusste die Konfession der Stichprobe. So gehörten 82 % der Partner der Katholischen und 13 % der Evangelischen Kirche an. In Bezug auf den Bildungsstand hatten 37 % der Partner einen Universitäts- / Fachhochschulabschluss, 26 % Abitur, 9 % Fachhochschulreife, 21 % Mittlere Reife und 8 % einen Hauptschulabschluss.

Durchführung Zu jedem der fünf Messzeitpunkte (Prä / Post, sowie nach anderthalb/ drei / fünf Jahren) sollten die Teilnehmer mit ihrer_ihrem Partner_in über ein Problem ihrer Wahl sprechen. Dabei wurden Themen “mittlerer Schwierigkeit” anhand der Angaben des Paares aus einer Liste möglicher Konfliktbereiche ausgewählt. Während der zehnminütigen Diskussion sollten sie ihre Gedanken und Gefühle zum Thema äußern und versuchen, zu einer Lösung des

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Problems zu kommen. Diese Konfliktgespräche wurden videografiert. Folglich lagen bis zu fünf ca. zehnminütige Konfliktgespräche eines Paares vor. Als Erstes wurden zum Zweck der Anonymisierung die Videos zunächst in Audiodateien umgewandelt. Der nächste Schritt zur Auswertung war die Erstellung von Transkripten mithilfe der Software „f4transkript“ (Dresing & Pehl, 2016). In diesen Transkripten wurden die Konfliktgespräche Wort für Wort nach festgelegten Regeln niedergeschrieben. Aus Effizienzgründen arbeiteten drei Personen an der Transkription. Um die Einheitlichkeit bei der Erstellung der Transkripte zu überprüfen, wurden N = 10 Audiodateien von jedem Transkripteur bearbeitet. Anschließend wurden die Transkripte Wort für Wort miteinander verglichen. Sie unterschieden sich in nur 8 % aller Wörter voneinander. Dies sprach für eine einheitliche Transkription.

Versuchsmaterial Die Partnerschaftszufriedenheit wurde zu jedem Messzeitpunkt mit dem „Marital Adjustment Test“ (MAT; Locke & Wallace, 1959; deutsch: Scholz, 1978) erhoben. Beim MAT handelt es sich um einen 15-Item-Fragebogen (bspw. „Kommt es vor, dass Sie sich wünschen, ihre_n Partner_in nicht zu heiraten bzw. nicht geheiratet zu haben?“). Die Bearbeitungszeit des Tests liegt bei fünf Minuten, wobei ein Gesamtwert zwischen 2 und 158 Punkten erreicht werden kann. Der Grenzwert für eine befriedigende Partnerschaftsqualität ist ein Gesamtwert von = / > 100 Punkten. Die interne Konsistenz beträgt α = .90.

Linguistische Datenanalyse Um die Hypothesen zu überprüfen, wurden die Transkripte der Post-Messzeitpunkte (Post / anderthalb/ drei / fünf Jahre) linguistisch analysiert. Demnach standen von jedem Paar zwischen einem und vier Transkripten zur Verfügung. Für die Vorgehensweise bei linguistischen Analysen beschreiben Pennebaker et al. (2003) die Wörterzählstrategien als eine mögliche Methodik. Mithilfe dieser Strategien können Texte sowohl inhaltlich als auch stilistisch analysiert werden. Dazu zählt die Analyse-Software aus, wie häufig ein Wort in einem Text verwendet wurde. Diese Art von Strategien beruht auf der Idee, dass verwendete Wörter, unabhängig von ihrer wörtlichen Bedeutung und ihrer kontextuellen Anwendung, psychologische Informationen enthalten. Zur Auswertung der Transkripte wurde die von Pennebaker, Boyd, Jordan und Blackburn (2015) entwickelte Analyse-Software „Linguistic Inquiry and Word Count 2015 (LIWC 2015)“ benutzt. Das Programm sucht in den zu analysierenden Texten

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nach Wörtern oder Wortstämmen und ordnet diese einer passenden Dimension zu (bspw. Verben). Anschließend wird die Anzahl an Wörtern pro Dimension ermittelt. Die Software stellt bereits bestimmte Dimensionen zur Verfügung, bietet jedoch gleichzeitig die Möglichkeit Dimensionen zu modifizieren oder neu zu erstellen. Für die linguistische Analyse der Transkripte wurden die Dimension Alle Deutschen Konjunktionen (nach Buscha, 1995) und die einzelnen Dimensionen für jede Konjunktionsgruppe, wie sie in Tabelle 1 beschrieben wurden, neu programmiert. Anschließend ermittelte die Software anhand der erstellten Dimensionen die relative Häufigkeit aller verwendeten Konjunktionen und der verwendeten Konjunktionsgruppen in Relation zur Gesamtwortzahl. Da für jedes Paar unterschiedlich viele Transkripte zur Verfügung standen, wurde über alle Transkripte eine mittlere relative Häufigkeit pro Dimension für jeden Teilnehmer errechnet und in die Datenanalyse einbezogen.

Statistische Datenanalyse Mithilfe von binären logistischen Regressionsmodellen wurde der Einfluss von Konjunktionen auf die Scheidungswahrscheinlichkeit betrachtet. Die Vermutung, dass sich die verwendeten Konjunktionen auch zur Vorhersage des Punktwertes im MAT und somit zur Vorhersage der Partnerschaftszufriedenheit eignen, wurde mittels linearer und multipler linearer Regressionsmodelle untersucht. Im ersten Schritt wurden Regressionsmodelle erstellt, welche alle verwendeten deutschen Konjunktionen als einen Prädiktor beinhalten. Anschließend wurden im zweiten Schritt Modelle konstruiert, in welchen alle verwendeten Konjunktionen und die Teilnahme am EPL als Prädiktoren enthalten sind. Im letzten Schritt wurden jeweils eine Konjunktionsgruppe (Tabelle 1) und die Teilnahme am EPL als Prädiktoren in ein Regressionsmodell aufgenommen. Aufgrund der theoretischen Überlegungen sollte das Geschlecht als weiterer Prädiktor in die Modelle einbezogen werden. Da es jedoch zu keiner Verbesserung der Vorhersage führte, wurde es entfernt. Die statistischen Voraussetzungen für die Anwendung der logistischen, linearen und multiplen linearen Regression wurden überprüft und konnten bestätigt werden. Lediglich die Gruppe Grund / Erklärungen konnte die logistische Linearitätsannahme nicht erfüllen. Um trotzdem Aussagen über die Richtung des Zusammenhangs treffen zu können, wurden punktbiseriale Korrelationen berechnet. Um die Interpretation der Ergebnisse der logistischen Regression zu erleichtern, werden die invertierten OR (= 1/OR) berichtet. Nimmt der Prädiktor eine Einheit ab, so steigen die Odds für das Ereignis entsprechend um den invertierten Faktor der OR.

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Nach einer Formel, abgeleitet aus der Studie von Peduzzi, Concato, Kemper, Holford und Feinstein (1996), und den Annahmen von Long (1997) sollten in die logistischen Regressionsmodelle mit den Daten nach fünf Jahren N1 Prädiktor= 100 bzw. N2 Prädiktoren = 119 Partner_innen und in die Modelle mit den Daten nach 25 Jahren N = 100 Partner_innen einbezogen werden. Die Mindeststichprobengröße für die multiplen linearen Regressionsmodelle sollte für beide Untersuchungszeitpunkte nach der Formel von Green (1991) N ≥ 66 Partner_innen betragen. Diese Anzahl von Teilnehmer_innen konnte nach 25 Jahren nicht erreicht werden. Da es sich bei dieser Studie jedoch international um die einzige Untersuchung mit Follow-ups über einen solch langen Zeitraum handelt, erschien eine Auswertung trotz der zu geringen Power als sinnvoll. Aus diesem Grund sollten die Ergebnisse im Sinne einer explorativen Analyse betrachtet werden.

Ergebnisse Deskriptive Statistik und Unterschiede im geschlechtsspezifischen Verhalten Insgesamt wurden 172 Post-Transkripte der N = 65 Paare linguistisch ausgewertet. Dabei standen pro Paar im Durchschnitt 2.7 Transkripte (SD = 1.1) zur Verfügung. Ein Transkript umfasste im Mittel 1.003 Wörter (SD = 267.3), wobei die Transkripte der Männer (M = 968.6, SD = 277.3) durchschnittlich kürzer als die Transkripte der Frauen (M = 1.038, SD = 254.3) waren, sich in Hinblick auf die Länge jedoch nur trendweise voneinander unterschieden (t (64) = -1.91, p = .060). Im Durchschnitt waren 14 % (SD = 2.1, R: 6 % – 18 %) aller Wörter Konjunktionen. In Bezug auf die erstellten Konjunktionsgruppen umfassten die Transkripte durchschnittlich 3 % (SD = 0.7) alternative, 5 % (SD = 1.3) einschränkende, 3 % (SD = 0.7) gegensätzliche und 2 % (SD = 0.4) erklärende Konjunktionen. Mithilfe von t-Tests für abhängige Stichproben konnte gezeigt werden, dass sich Frauen und Männer nicht signifikant in der Verwendung von Konjunktionen und in der Verwendung der einzelnen Konjunktionsgruppen voneinander unterschieden (detaillierte Darstellung dieser Ergebnisse im ESM 1, Tabellen 1 und 2). Konjunktionen und die Scheidungswahrscheinlichkeit nach fünf Jahren Nach fünf Jahren standen für alle N = 65 Ehepaare (EPL n = 46, KG n = 19) Informationen über den Beziehungsstatus zur Verfügung. N = 54 der Paare (83 %; EPL = 78 %, KG = 22 %) lebten noch zusammen, während n = 11 Paare (17 %; EPL = 36 %, KG = 64 %) geschieden waren. Nach © 2018 Hogrefe Verlag

Betrachtung der Residualplots erwies sich n = 1 Partner_in als Ausreißer, sodass das Paar von den Analysen ausgeschlossen wurde. Die Anzahl der verwendeten Konjunktionen stellten einen signifikanten Prädiktor (OR = 0.63, p < .001) für die Scheidungswahrscheinlichkeit dar. Das logistische Regressionsmodell (Tabelle 2, Modell 1) wurde signifikant (χ² (1) = 15.28, p < .001), erklärte 19 % der Varianz (Nagelkerke’s R²) und klassifizierte 87 % aller Fälle, mit einer Sensitivität von 20 % und einer Spezifität von 99 %, richtig. Mit jedem Prozent weniger verwendeten Konjunktionen stiegen die Odds einer Person für eine Scheidung um 59 % an. Die Teilnahme am EPL als zusätzlicher Prädiktor im Modell 2 führte zu einer Erhöhung der aufgeklärten Varianz (28 %). Beide Prädiktoren stellten signifikante Schutzfaktoren vor einer Trennung dar (ORKonj. = 0.73, p = .025; OREPL = 0.21, p = .008). Das Regressionsmodell wurde signifikant (χ² (2) = 22.53, p < .001) und klassifizierte 84 % aller Fälle, mit einer Sensitivität von 20 % und einer Spezifität von 96 %, richtig. Die drei Regressionsmodelle für die gebildeten Konjunktionsgruppen wurden ebenfalls signifikant. Die Teilnahme am EPL, sowie die einzelnen Konjunktionsgruppen erwiesen sich in jedem der Modelle als signifikante Schutzfaktoren vor einer Scheidung. Nahm ein Teilnehmer nicht am EPL teil, so stiegen seine Odds für eine Scheidung, je nach Modell, um einen Faktor zwischen 4.4 und 5.9. Mit jedem Prozent weniger verwendeten alternativen (OR = 0.43, p = .042), einschränkenden (OR = 0.51, p = .011) oder gegensätzlichen (OR = 0.12, p = .001) Konjunktionen stiegen die Odds für das Eintreten einer Scheidung entsprechend um 133 %, um 96 % oder um 733 % (detaillierte Darstellung dieser Ergebnisse im ESM 1, Tabelle 3). Die Konjunktionsgruppe Grund / Erklärungen zeigte keinen signifikanten Zusammenhang mit dem Beziehungsstatus nach fünf Jahren (r = -.08, p = .371). Konjunktionen und die Scheidungswahrscheinlichkeit nach 25 Jahren Informationen über den Beziehungsstatus standen nach 25 Jahren noch für n = 51 Paare (EPL n = 34, KG n = 17) zur Verfügung. Von diesen Paaren lebten n = 37 Paare (72 %; EPL = 76 %, KG = 24 %) zusammen, während n = 14 Paare (28 %; EPL = 43 %, KG = 57 %) geschieden waren. Auch nach 25 Jahren erwies sich die Anzahl der verwendeten Konjunktionen als ein signifikanter Prädiktor für die Scheidungswahrscheinlichkeit (OR = 0.75, p = .007). Das entsprechende logistische Regressionsmodell (Tabelle 2, Modell 3) wurde signifikant (χ²(1) = 8.26, p = .004). Es erklärte 11 % der Varianz und klassifizierte 75 % aller Fälle, mit einer Sensitivität von 14 % und einer Spezifität von 97 %, richtig. Mit jedem Prozent weniger verwendeten Konjunktionen stiegen die Odds für eine Scheidung um

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Tabelle 2. Darstellung der Ergebnisse der logistischen Regressionsanalysen zum Einfluss von Konjunktionen auf die Scheidungswahrscheinlichkeit nach fünf und 25 Jahren N

B

SE

Wald

df

p

OR

95 % KI für OR

OR □a

unten

oben

(inv.)

0.48

0.81

1.59

Modell 1 (5 Jahre) Konjunktionen

128

Konstante

-0.47

0.13

12.51

1

< .001

0.63

4.32

1.66

6.80

1

.009

75.21

Modell 2 (5 Jahre) Konjunktionen

-0.32

0.14

5.01

1

.025

0.73

0.55

0.96

1.37

Gruppe □b

128

-1.57

0.59

7.01

1

.008

0.21

0.07

0.67

4.76

Konstante

3.24

1.71

3.60

1

.058

25.48

-0.29

0.11

7.36

1

.007

0.75

0.61

0.92

1.33

2.88

1.42

4.15

1

.042

17.85

-0.19

0.12

2.73

1

.098

0.82

0.66

1.04

1.21

-1.05

0.52

4.14

1

.042

0.35

0.13

0.96

2.86

2.22

1.46

2.32

1

.127

9.23

Modell 3 (25 Jahre) Konjunktionen

102

Konstante Modell 4 (25 Jahre) Konjunktionen Gruppe Konstante

102

Anmerkungen: □a Angabe der invertierten Odds Ratio. □b Kodierung Gruppe: 0 (keine Teilnahme am EPL) bzw. 1 (Teilnahme am EPL). Modell 1: χ² (1) = 15.28, p < .001, Nagelkerke‘s R² = .194, richtige Klassifikation = 86.7 %, Sens. = 20 %, Spez. = 99.1 %, pos. präd. Wert = 80 %, neg. präd. Wert = 87 %. Modell 2: χ² (2) = 22.53, p < .001, Nagelkerkeˈs R² = .278, richtige Klassifikation = 84.4 %, Sens. = 20 %, Spez. = 96.3 %, pos. präd. Wert = 50 %, neg. präd. Wert = 86.7 %. Modell 3: χ² (1) = 8.26, p = .004, Nagelkerkeˈs R² = .112, richtige Klassifikation = 74.5 %, Sens. = 14.3 %, Spez. = 97.3 %, pos. präd. Wert = 66.7 %, neg. präd. Wert = 75 %. Modell 4: χ² (2) = 12.39, p = .002, Nagelkerkeˈs R² = .165, richtige Klassifikation = 72.5 %, Sens. = 21.4 %, Spez.= 91.9 %, pos. präd. Wert = 50 %, neg. präd. Wert = 75.6 %.

33 % an. In Modell 4 erwiesen sich die Konjunktionen nicht mehr als signifikanter Prädiktor (OR = 0.82, p = .098), die Teilnahme am EPL hingegen (OR = 0.35, p = .042) schon. Das Modell wurde signifikant (χ² (2) = 12.39, p = .002) und erklärte 17 % der Varianz. Nahm ein Teilnehmer nicht am EPL teil, so erhöhten sich seine Odds um den Faktor 2.9. Bei der Betrachtung der gebildeten Konjunktionsgruppen zeigten sich unterschiedliche Ergebnisse. Die Teilnahme am EPL erwies sich in zwei der drei Modelle als signifikanter Schutzfaktor. Weiterhin erwiesen sich die einschränkenden (OR = 0.63, p = .040) und gegensätzlichen (OR = 0.22, p = .002) Konjunktionen in den Modellen als signifikante Prädiktoren, die verwendeten alternativen Konjunktionen hingegen nicht (OR = 0.61, p = .153). Verwendete ein Teilnehmer einen Prozent weniger dieser beiden Konjunktionsgruppen, so stiegen seine Odds für eine Scheidung um 59 % bzw. um 355 % an (detaillierte Darstellung dieser Ergebnisse im ESM 1, Tabelle 4). Nach 25 Jahren zeigte die Konjunktionsgruppe Grund / Erklärungen erneut keinen signifikanten Zusammenhang mit dem Beziehungsstatus (r = -.09, p = .382). Konjunktionen und die Partnerschaftszufriedenheit nach fünf Jahren Für n = 54 Paare (EPL n = 42, KG n = 12) lagen nach fünf Jahren die MAT-Testwerte vor. Sie erreichten im Mittel

112.4 Punkte (SD = 18.2, R: 40 – 150). Nach Betrachtung der Residualplots wurden n = 2 Ausreißer-Paare von den Analysen ausgeschlossen. Alle verwendeten deutschen Konjunktionen (Tabelle 3, Modell 5) erwiesen sich nicht als signifikanter Prädiktor für die Partnerschaftszufriedenheit nach fünf Jahren (β = -.04, p = .683). Das Regressionsmodell wurde nicht signifikant (F (1, 102) = 0.17, p = .683). Auch nach dem Hinzufügen der Variable Gruppe (Modell 6) stellten weder die verwendeten Konjunktionen (β = -.01, p = .929) noch die EPL-Teilnahme (β = -.09, p = .387) signifikante Prädiktoren dar. Die vier Konjunktionsgruppen und die Teilnahme am EPL erwiesen sich ebenfalls nicht als signifikante Prädiktoren in den Regressionsmodellen. Keines der vier erstellten Modelle wurde signifikant (detaillierte Darstellung dieser Ergebnisse im ESM 1, Tabelle 5). Konjunktionen und die Partnerschaftszufriedenheit nach 25 Jahren Die MAT-Werte (M = 114.1 Punkte, SD = 20.1, R: 62 – 149) standen noch für n = 30 Paare (EPL n = 22, KG n = 8) zur Verfügung. Auch nach 25 Jahren erwiesen sich die in den Konfliktgesprächen verwendeten deutschen Konjunktionen nicht als signifikanter Prädiktor (β = .12, p = .376) für die Partnerschaftszufriedenheit. Das Regressionsmodell wurde nicht signifikant (F (1, 58) = 0.80, p = .376). Auch nach dem Hinzufügen der Variable Gruppe lag weder eine

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Tabelle 3. Darstellung der Ergebnisse der linearen Regressionsanalysen zum Einfluss von Konjunktionen auf die Partnerschaftszufriedenheit nach fünf und 25 Jahren N

B

SE(B)

β

p

95 % KI für B unten

oben

Modell 5 (5 Jahre) Konjunktionen

104

Konstante

-0.30

0.72

118.63

10.00

-.04

.683

-1.72

1.13

< .001

98.79

138.46

.002

Modell 6 (5 Jahre) Konjunktionen

-0.07

0.77

-.01

.929

-1.59

1.45

Gruppe □a

104

-3.19

3.68

-.09

.387

-10.49

4.10

Konstante

118.04

10.04

< .001

98.13

137.94

1.06

1.19

.376

-1.32

3.44

99.33

16.78

< .001

65.74

132.91

0.85

1.30

.09

.515

-1.75

3.45

2.69

6.43

.06

.677

-10.19

15.56

100.28

17.05

<.001

66.13

134.42

.009

Modell 7 (25 Jahre) Konjunktionen

60

Konstante

.12

.014

Modell 8 (25 Jahre) Konjunktionen Gruppe Konstante

60

.017

Anmerkungen: □a Kodierung Gruppe: 0 (keine Teilnahme am EPL) bzw. 1 (Teilnahme am EPL). Modell 5: F (1, 102) = 0.17, p = .683; Modell 6: F (2, 101) = 0.46, p = .632; Modell 7: F (1, 58) = 0.80, p = .376; Modell 8: F (2, 57) = 0.48, p = .622.

Signifikanz der Prädiktoren (βKonj. = .09, p = .515; βGruppe = .06, p = .677) noch eine Signifikanz des Modells (F (2, 57) = 0.48, p = .622) vor. Die einzelnen Konjunktionsgruppen und die Teilnahme am EPL erwiesen sich ebenfalls nicht als signifikante Prädiktoren in den vier Modellen. Keines der multiplen linearen Regressionsmodelle wurde signifikant (detaillierte Darstellung dieser Ergebnisse im ESM 1, Tabelle 6).

Diskussion Die in den partnerschaftlichen Konfliktgesprächen verwendeten Konjunktionen erwiesen sich als signifikanter Prädiktor für die Scheidungswahrscheinlichkeit nach fünf Jahren. Sie stellten dabei einen Schutzfaktor dar. Je mehr Konjunktionen insgesamt und je mehr alternative, einschränkende und gegensätzliche Konjunktionen in den Konfliktgesprächen verwendet wurden, desto geringer waren die Odds für das Eintreten einer Scheidung. Da vermutet wurde, dass ein hoher Gebrauch von Konjunktionen aus diesen Gruppen mit einer höheren Scheidungswahrscheinlichkeit einhergeht, konnte Hypothese 1a verworfen werden. In den Modellen, in welchen die Teilnahme am EPL berücksichtigt wurde, stellten die Konjunktionen und die EPL-Teilnahme signifikante Schutzfaktoren vor einer Scheidung dar. Bei der Betrachtung der Daten nach 25 Jahren konnten ähnliche Ergebnisse erzielt werden. Die Anzahl der ver© 2018 Hogrefe Verlag

wendeten Konjunktionen, sowie die einschränkenden und gegensätzlichen Konjunktionen stellten erneut signifikante Schutzfaktoren vor einer Scheidung dar. Alternative Konjunktionen eigneten sich hingegen nicht mehr für die Vorhersage der Scheidungswahrscheinlichkeit. Die Hypothese 1b konnte verworfen werden, da vermutet wurde, dass ein hoher Gebrauch dieser Konjunktionsgruppen mit höheren Scheidungsrisiken einhergeht. Die verwendeten Konjunktionen und die Teilnahme am EPL erwiesen sich abermals als Schutzfaktoren vor einer Scheidung. Aufgrund der nicht signifikanten Korrelation zwischen den erklärenden Konjunktionen und dem Beziehungsstatus nach fünf bzw. nach 25 Jahren, konnten die Hypothesen, dass ein hoher Gebrauch von erklärenden Konjunktionen mit einer niedrigeren Scheidungswahrscheinlichkeit einhergeht, verworfen werden (Verwerfung der Hypothesen 3a/b) Für die Vorhersage der Partnerschaftszufriedenheit nach fünf und nach 25 Jahren boten sich Konjunktionen hingegen nicht an. Keines der erstellten Regressionsmodelle wurde signifikant. Die Hypothesen, dass sich Konjunktionen als Prädiktoren eignen und die Verwendung der einzelnen Konjunktionsgruppen zu einer höheren oder niedrigeren Zufriedenheit führen, konnten demnach verworfen werden (Verwerfung von H 2a/b, H 4a/b). Diese Beobachtungen stimmen mit der Vermutung von Bodenmann (2001) überein, dass für die Vorhersage der Partnerschaftszufriedenheit und für die Vorhersage einer Scheidung unterschiedliche Variablen als Prädiktoren erforderlich sind.

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Weiterhin lässt sich aus den Ergebnissen schlussfolgern, dass sich einzelne Konjunktionsgruppen besser für die Vorhersage zu bestimmten Zeitpunkten eignen. Alternative Konjunktionen erwiesen sich nach fünf Jahren noch als signifikanter Prädiktor für die Scheidungswahrscheinlichkeit. Zur Vorhersage dieser Wahrscheinlichkeit nach 25 Jahren eigneten sie sich hingegen nicht mehr. Doch worin unterscheiden sich Paare, die viele Konjunktionen gebrauchen, von Paaren, welche wenige Konjunktionen verwenden? Vergleicht man die Gesprächsausschnitte von zwei diesbezüglich prototypischen Paaren, so lassen sich sowohl deutliche strukturelle, als auch inhaltliche Unterschiede erkennen. Die verschiedenen verwendeten Konjunktionen sind dabei wie folgt gekennzeichnet: alternative (1), gegensätzliche (2), einschränkende (3) und erklärende (4).

PAAR 1 (19 % Konjunktionen, EPL-Teilnahme, verheiratet) Frau: Also, ich finde es übrigens nicht gut, wenn (2, 3) wir später mal Kinder haben, dass (3) da (4) so (1,2) ein intensiver Kontakt zu unseren Müttern, insbesondere zu deiner besteht. Da (4) habe ich ein absolut schlechtes Gefühl, wenn (2, 3) ich mir das (3) so (1, 2) vorstelle, wie (1, 2) das (3) immer abläuft. Das (3) stört mich also wahnsinnig. Mann: Darf ich mal einhaken? Versuchen wir, dass (3) wir die zwei Punkte trennen. Zum einen mal die grundsätzliche Sache. Wenn (2, 3) ich dich richtig verstanden habe, dass (3) dich da (4) speziell meine Mutter stört und dass (3) andere ist mal so (1, 2) die prinzipielle Sache, welchen Kontakt man zu den Eltern hat. Frau: Ja gut, ich würde es überhaupt nicht gerne sehen, wenn (2, 3) das (3) Kind dann dauernd bei deiner oder (1) meiner Mutter ist. Da (4) ist kaum ein Unterschied und zwar insofern (3) als (1, 3, 4) dass (3) ich es schlecht finden würde, wenn (2, 3) die Kinder da (4) verhätschelt werden und dann kriegst du sie abends wieder zurück und kannst schauen, wie (1, 2) du wieder deine ganzen Erziehungsgrundsätze da (4) wieder versuchst anzubringen und für das (3) Kind finde ich es prinzipiell auch nicht gut.

PAAR 2 (7 % Konjunktionen, KG, geschieden) Mann: Ja, Mutter hat angerufen dieses Wochenende. Frau: Was hat sie dir denn (1, 4) erzählt? Mann: Mhm. Frau: Was hast du ihr denn (1, 4) erzählt? Du hast sie doch angerufen? Mann: Ja. Auch von dir hat sie geschwärmt.

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Frau: Ehrlich? Was hat sie denn (1, 4) gesagt? Mann: Dass (3) du eine gute Frau bist für mich. Frau: Ja? Mann: Ja. Vater und die Schwester genauso. Soll ich auch wiederbringen am Wochenende. Also können wir wieder über das (3) Haus reden. Dass (3) wir das (3) schön einrichten und so (1, 2). Schauen wir Möbel an? Frau: Ja. Gestern habe ich die Fragebögen vom Führerschein angeschaut. 36 Bögen. Aber (2) das (3) ist schwierig, da (4) weißt du nicht, was du ankreuzen sollst. Mann: Doch ich schon. Zum einen sind die Antworten des ersten Paares, welches viele Konjunktion gebrauchte, wesentlich komplexer. Die unterschiedlichen Standpunkte und Ansichten, sowie damit verbundene Gefühle der beiden Partner werden klar dargelegt und begründet. Das Thema bleibt über den gesamten Abschnitt gleich und Zusammenhänge werden verdeutlicht. Beim zweiten Paar, welches hingegen wenige Konjunktionen benutzte, sind die Antworten kurz und knapp. Die Partner legen ihre Ansichten in einer weniger komplexen Weise dar. Sie wechseln in diesem kurzen Abschnitt das Thema bereits mehrmals und äußern selten ihre Gefühle. Die Partner gehen an manchen Stellen nicht auf das zuvor Gesagte ein, sondern beginnen ein neues Thema oder unterbrechen ihre_n Partner_in. Ein Teil dieser unterschiedlichen Kommunikationsmuster könnten sich dadurch erklären lassen, dass das erste Paar am EPL teilgenommen hatte und die Partner somit ihr Kommunikationsverhalten entsprechend verbessert haben. Eine mögliche Erklärung, weshalb der Konjunktionsgebrauch einen Schutzfaktor vor einer Scheidung darstellt wäre, dass Konjunktionen einen Indikator für vernünftiges Diskutieren repräsentieren. Die Ehepartner besitzen die Kompetenz ihre Standpunkte in einer komplexen Weise darzustellen. Sie können ihre Gedankengänge dabei sinnvoll verknüpfen und die Kommunikation in den Konfliktgesprächen verläuft kohärenter. Dies hat zur Folge, dass beide Partner den Standpunkt des jeweils anderen insgesamt besser verstehen, wodurch auf längere Zeit ein verständnisvoller Diskussionsrahmen innerhalb der Beziehung geschaffen wird. Diese Vermutungen gehen mit der Literatur einher, in welcher ein signifikanter Zusammenhang zwischen Konjunktionen und der kognitiven Komplexität (Newman et al., 2003), sowie der Kohärenz (Graesser, McNamara & Louwerse, 2003) gezeigt wurde. Ehemänner und Ehefrauen unterschieden sich nicht im durchschnittlichen Gebrauch von Konjunktionen und der einzelnen Konjunktionsarten voneinander, somit konnte die Hypothese 5, dass Männer und Frauen unterschiedliche Konjunktionsarten häufiger verwenden, verworfen werden. Dies steht in Widerspruch zu einer Studie von

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Bell, McCarthy und McNamara (2011). Die Autoren analysierten 54 Texte, in welchen partnerschaftliche Probleme im Vordergrund standen, und konnten dabei zeigen, dass Männer signifikant mehr logische Konnektoren verwendeten als Frauen. Durch die Betrachtung von einzelnen Paaren zeigte sich, dass Ehepartner, die beispielsweise viele gegensätzliche Konjunktionen gebrauchten, auch Ehepartner geheiratet hatten, welche durchschnittlich ähnlich viele Konjunktionen aus dieser Gruppe in den Gesprächen benutzten. Insgesamt war diese Beobachtung im durchschnittlichen Gebrauch aller Konjunktionen und im Gebrauch der einzelnen Konjunktionsgruppen vorfindbar. Eine mögliche Erklärung für diesen Befund wäre, dass ein Individuum bei der Partnerwahl einen Gegenpart bevorzugt, welcher ähnliche Kommunikationsmuster aufweist. Auf der anderen Seite könnte vermutet werden, dass sich die Kommunikationsmuster im Verlauf der Partnerschaft aneinander anpassen und sich dadurch immer ähnlicher werden. Bei der Analyse von 1.296 Ehepaaren konnten Humbad, Donnellan, Iacono, McGue und Burt (2010) zeigen, dass sich die Ehepartner über die Jahre hinweg nicht immer ähnlicher werden. Die Personen bevorzugten bereits bei der Partnersuche eine_n Partner_in mit ähnlichen Persönlichkeitseigenschaften. Ob sich diese Erkenntnisse auch auf das Kommunikationsverhalten übertragen lassen, sollte zukünftig gezielter untersucht werden. Eine Limitation dieser Studie stellt die Videoaufzeichnung der Gespräche durch eine Kamera dar. Durch diese Form der Beobachtung könnten sich Paare sozial erwünscht verhalten und eher Themen diskutiert haben, welche weniger konfliktbelastet waren, sodass eine Eskalation vermieden wurde. Des Weiteren könnte diese Beobachtungssituation Stress bei den Paaren hervorgerufen haben. Stehen Paare unter Stress, so reduziert sich die Kommunikationsqualität von Paaren um rund 40 % (Bodenmann, 2000). Aus diesem Grund sollte in zukünftigen Studien zusätzlich erhoben werden, ob und mit welcher Intensität sich die Paare in einer solchen Situation gestresst fühlen. Weiterhin ist zu kritisieren, dass computergestützte Programme Ironie, Sarkasmus, Mehrdeutigkeit und Metaphern nicht richtig erkennen und auswerten können (Chung & Pennebaker, 2007; Pennebaker et al., 2003). Des Weiteren können einzelne Konjunktionen in der deutschen Sprache auch als Adverbien (deshalb) oder Präpositionen (ob) gebraucht werden. Die Analysesoftware besitzt nicht die Funktion, diese syntaktischen Besonderheiten zu erkennen und entsprechend auszulassen, was zu einer verzerrten Anzahl von tatsächlich verwendeten Konjunktionen geführt haben könnte. An der statistischen Methodik ist auf der einen Seite die geringe Spezifität der logistischen Regressionsmodelle © 2018 Hogrefe Verlag

zu kritisieren. Die einzelnen Modelle sagen lediglich 14 % – 35 % der Scheidungen richtig voraus. Auf der anderen Seite zeigen die Modelle jedoch gleichzeitig sehr hohe Sensitivitäten (92 % – 99 %). Dies könnte ein Hinweis dafür sein, dass Konjunktionen vielmehr einen Prädiktor für das Zusammenbleiben eines Paares darstellen. Unglückliche Ehepaare wurden von der EPL-Studie ausgeschlossen und somit auch in dieser Studie nicht betrachtet. Aus der Beschränktheit auf zufriedene Ehepaare und auf Paare, welche nach 25 Jahren noch verheiratet waren, resultierte eine verringerte Varianz der Partnerschaftszufriedenheit. Dies ist möglicherweise eine Erklärung dafür, dass keine signifikanten Effekte in Bezug auf den Zusammenhang zwischen dem Gebrauch der Konjunktionen und der Partnerschaftszufriedenheit gefunden werden konnten. Weiterhin lassen sich aufgrund dieser Besonderheiten der Stichprobe und den speziellen Untersuchungskontext die Ergebnisse insgesamt nur eingeschränkt generalisieren. Für die praktische Tätigkeit im Bereich der Scheidungsprävention bedeuten die Ergebnisse dieser Studie, dass der Konjunktionsgebrauch als ein Indikator für angemessene Diskussionen zwischen Ehepartnern verwendet werden kann. Die Partner sollten die Kompetenz erlernen, ihren eigenen Standpunkt komplex, begründend und kohärent darzustellen, denn dadurch werden sie besser verstanden und ihr Scheidungsrisiko sinkt. Konjunktionen leiteten nur sporadisch die Kosten und Nutzen einer Partnerschaft ein, sodass die theoretische Fundierung mithilfe der Sozialen Austauschtheorie nur als erster Schritt zu betrachten ist. Aus diesem Grund sollten in zukünftigen Studien neuere komplexere Theorien für die theoretische Fundierung verwendet werden (bspw. Das Stresstheoretische Scheidungsmodell, Bodenmann, 2016). Weiterhin sollte untersucht werden, ob ähnliche Kommunikationsmuster auch in homosexuellen Partnerschaften oder bei Ehepaaren aus anderen Kulturen vorfindbar sind. Abschließend lässt sich sagen, dass auch diese Studie weitere Hinweise dafür liefert, dass es tatsächlich die „kleinen“ Wortarten sind, welche psychologische Informationen enthalten. Konjunktionen, als ein unerlässlicher Bestandteil der deutschen Sprache, dürfen demnach bei zukünftigen linguistischen Analysen nicht in Vergessenheit geraten.

Elektronische Supplemente Die elektronischen Supplemente sind mit der OnlineVersion dieses Artikels verfügbar unter https://doi.org/ 10.1026/1616-3443/a000461

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ESM 1. MS 312_oN_ESM Tabellen.docx Detaillierte Darstellung der Ergebnisse der t-Tests für abhängige Stichproben, der logistischen und der multiplen linearen Regressionsanalysen.

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Max Supke, B.Sc. Prof. Dr. Kurt Hahlweg Prof. Dr. Wolfgang Schulz TU Braunschweig Institut für Psychologie Abteilung für Klinische Psychologie, Psychotherapie und Diagnostik Humboldtstraße 33 38106 Braunschweig k.hahlweg@tu-bs.de Dr. Joachim Engl Dr. Franz Thurmaier Institut für Forschung und Ausbildung in Kommunikationstherapie e.V. Rückertstraße 9 80336 München JEngl@institutkom.de

Lehrkräfte im Umgang mit expansiv-auffälligen Grundschulkindern coachen Charlotte Hanisch / Stefanie Richard / Ilka Eichelberger / Lisa Greimel / Manfred Döpfner

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Das verhaltenstherapeutische Schulcoaching SCEP richtet sich an Fachkräfte, die Lehrpersonen im Umgang mit Grundschülern fortbilden möchten, die aggressives, oppositionelles, unaufmerksames, impulsives oder hyperaktives Problemverhalten zeigen. Neben einer eintägigen präventiven Fortbildung für ein Schulkollegium umfasst es ein etwa 12-wöchiges Einzelcoaching für die individuelle Weiterbildung einzelner Lehrkräfte. Das Einzelcoaching besteht aus 12 variablen Bausteinen, die individuell zusammengestellt werden können. Alle Materialien (z.B. Arbeitsblätter) sind auf einer beiliegenden CD-ROM enthalten.

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Originalarbeit

Die deutsche Version des „Driving Cognitions Questionnaire“ (DCQ) Übersetzung und psychometrische Validierung des DCQ zur Erfassung der Kognitionen bei Autofahrphobie Jens Heider1, Carolin Fischer1,2 und Annette Schröder2 1

Universität Koblenz-Landau, Campus Landau, Psychotherapeutische Universitätsambulanz1

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Universität Koblenz-Landau, AE Klinische Psychologie und Psychotherapie des Erwachsenenalters Zusammenfassung: Theoretischer Hintergrund: Die Kenntnis spezifischer Kognitionen autofahrphobischer Patient_innen kann zum Verständnis der Ätiologie der Autofahrphobie sowie deren differentialdiagnostischer Abgrenzung beitragen. Die Modifikation dysfunktionaler Kognitionen bei Autofahrphobie ist zudem Ziel kognitiv-behavioraler Therapien. Bisher liegt jedoch kein deutschsprachiges Messinstrument vor, um spezifische Kognitionen bei Autofahrphobie zu erfassen, sodass die Skala „Driving Cognitions Questionnaire“ (DCQ) von Ehlers et al. (2007) ins Deutsche übersetzt wurde. Erfasst werden panikbezogene Sorgen, unfallbezogene Sorgen und Sorgen über die Bewertung durch Andere. Ziel ist eine psychometrische Validierung der deutschen Übersetzung des DCQ. Methode: Der DCQ wurde 98 ambulanten Psychotherapiepatient_innen sowie 843 Personen im Rahmen einer Online-Erhebung vorgelegt. Zur Validierung des deutschsprachigen Messinstruments wurde eine gekürzte Adaptation des „Driving Situations Questionnaire“ (DSQ) von Ehlers, Hofmann, Herda & Roth (1994) sowie das „Brief Symptom Inventory 18“ (BSI-18) von Franke et al. (2011) herangezogen. Dargestellt werden sowohl item- und skalentheoretische Befunde als auch faktorenanalytische Ergebnisse. Ergebnis: Die exploratorische Faktorenanalyse bestätigt die dreifaktorielle Struktur der Originalversion und konfirmatorisch führt ein bifaktorielles Modell zu einem guten Fit. Es liegen Belege für eine gute Reliabilität (.86 ≤ α ≤ .89) und Validität vor. Schlussfolgerung: Die deutsche Version des DCQ ist sowohl für Forschung als auch für die klinische Praxis einsetzbar und kann als Grundlage für weitere Untersuchungen in Bereichen der Klassifikation, Ätiologie und der Entwicklung von Behandlungsansätzen genutzt werden. Schlüsselwörter: Autofahrphobie, spezifische Phobie, situativer Typus, Faktorstruktur

Translation and Validation of a German Version of the Driving Cognitions Questionnaire Abstract: Background: Knowledge about specific cognitions in driving-phobic patients can contribute toward our understanding of the etiology as well as the differential diagnoses of driving phobia. The modification of dysfunctional cognitions in the case of driving phobia is a goal of cognitive-behavioral therapies. Aim: To date, there is no German questionnaire to measure specific cognitions in driving phobia, thus necessitating a translation of the Driving Cognitions Questionnaire (DCQ) by Ehlers et al. (2007). It covers panic-related, accident-related, and social concerns. Our goal was the psychometric validation of the German translation of the DCQ. Method: The DCQ was presented to 98 patients of an outpatient clinic for psychotherapy as well as to 843 individuals through an online survey. For validation purposes of the German questionnaire, a shortened adaptation of the Driving Situations Questionnaire (DSQ) by Ehlers et al. (1994) and the Brief Symptom Inventory 18 (BSI-18) by Franke et al. (2011) were used. Values of items and scales and the results of factor analyses are presented. Results: Findings of an exploratory factor analysis confirmed the three-factor structure of the original scale, and in a confirmatory factor analysis, a bifactor model led to a good fit. Evidence for good reliability (.86 ≤ α ≤ .89) and validity was found. Conclusion: The German version of the DCQ can be used for further research as well as for clinical practice and can serve as a basis for future studies concerning the classification, etiology, and development of treatment approaches. Keywords: driving phobia, specific phobia, situational subtype, factor structure

Jens Heider und Carolin Fischer teilen sich die Erstautorschaft. Zeitschrift für Klinische Psychologie und Psychotherapie (2018), 47 (1), 36–47 https://doi.org/10.1026/1616-3443/a000459

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J. Heider et al., Die deutsche Version des „Driving Cognitions Questionnaire“ (DCQ)

Die Autofahrphobie ist charakterisiert durch eine intensive und beständige Furcht vor dem Fahren eines Autos1, welche bei der Antizipation des Autofahrens oder während des tatsächlichen Fahrens erlebt wird. Betroffene Personen fürchten, die Kontrolle über das Auto zu verlieren und sich und andere durch Unfälle zu verletzen oder sogar zu töten (Costa, Carvalho & Nardi, 2010). Für die Betroffenen ist das Fahren entweder nur unter großem Stresserleben und Unwohlsein möglich oder es wird vermieden. Infolge der Vermeidung kommt es zu einer massiven Beeinträchtigung der Unabhängigkeit und Eigenständigkeit im Alltag sowie zu einer Beschneidung der Möglichkeit, sozialen, beruflichen und persönlichen Interessen nachzugehen (Costa et al., 2010; Taylor, Deane & Podd, 2002). Klassifikatorisch wird die Autofahrphobie nach DSM-5 (Falkai, Wittchen & Döpfner, 2015) zu den spezifischen Phobien des situativen Typus gezählt. Mit einer Lebenszeitprävalenz von 1.1 % ist die Autofahrphobie eine der häufigsten situativen spezifischen Phobien (Becker et al., 2007). Zur Diagnosestellung ist erforderlich, dass die Autofahrangst und die Vermeidung des Autofahrens in klinisch bedeutsamer Weise zu Leid oder Beeinträchtigung im Alltag führt und bereits mindestens sechs Monate anhält. Autofahrängste sind jedoch ein komplexes Phänomen und lassen sich nicht immer einfach nur zu einer diagnostischen Kategorie zuordnen. Personen mit Autofahrängsten unterscheiden sich beispielsweise hinsichtlich des Ausmaßes der Vermeidung. Diese variiert von gelegentlicher Fahrverweigerung in spezifischen Situationen, die besonders gefürchtet werden bis hin zu globaler Vermeidung des Autofahrens (Taylor, Deane & Podd, 2007a; Taylor, Deane & Podd, 2007b; Wald & Taylor, 2000). Unterschiede bestehen auch hinsichtlich der im Einzelfall relevanten, unmittelbar angstauslösender oder -verstärkender Fahrsituationen wie Überholen auf der Autobahn vs. Tunnelfahrten vs. Fahren in der Dunkelheit (Taylor, Alpass, Stephens & Towers, 2011). Des Weiteren können diverse Faktoren die Auslösung von Autofahrängsten bedingen: So entstehen Autofahrängste bei manchen Personen in direkter Folge eines Autounfalls; andere Personen berichten hingegen von unerwarteten Panikattacken beim Autofahren, die ihre phobischen Ängste begründen (Munjack, 1984; Taylor & Dean, 1999). Schließlich unterscheiden sich Autofahrängstliche hinsichtlich des Inhaltes ihrer Erwartungen. Taylor, Deane & Podd (2000) konnten clusteranalytisch zwei Hauptfoki identifizieren: Zum einem die Erwartung von Gefahr, d. h. in einen Unfall verwickelt zu werden, verletzt zu werden oder die Kontrolle über das Fahrzeug zu verlieren und

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zum anderen die Erwartung von Angst und der damit verbundenen unangenehmen Körpersymptomen. Aufgrund der Heterogenität der Symptomatik muss differentialdiagnostisch zur Klassifikation der Autofahrangst als spezifische Phobie geprüft werden, ob diese nicht besser durch eine andere (Angst)-störung z. B. eine Agoraphobie bzw. eine soziale Phobie oder eine posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) erklärt werden kann. Zur Klassifikation der Autofahrangst im Rahmen der Agoraphobie ist nach DSM-5 erforderlich, dass zusätzlich zur Situationsart „öffentliche Verkehrsmittel“ (zu welcher die Angst vor dem Autofahren zählt) noch mindestens Ängste oder Vermeidung bzgl. einer weiteren der fünf im DSM genannten Situationsarten vorliegt. Zudem sollte bei den autofahr- und agoraphobischen Patient_innen primär die Erwartung im Vordergrund stehen, im Auto eine Panikattacke zu erleiden und die Situation nicht verlassen zu können oder keine Hilfe zu bekommen. Infolge dessen sollten insbesondere Fahrten durch Tunnel, über Brücken oder auf Autobahnen Angst evozieren oder vermieden werden. Steht bei Personen überwiegend die Erwartung im Vordergrund, sich im Straßenverkehr unbeholfen oder „falsch“ zu verhalten und dafür von anderen kritisiert zu werden kann auch die Diagnose einer Sozialen Angststörung erwogen werden. Erwartbar wäre, wenn auch nach DSM-5 nicht zwingend erforderlich, dass die Person auch andere soziale Situationen fürchtet oder vermeidet und beim Autofahren hauptsächlich Situationen fürchtet, in denen sie der Bewertung anderer ausgesetzt ist, wie z. B. im Stadtverkehr beim Einparken oder beim Anfahren (Ehlers et al., 2007). Autofahrängste und phobisches Vermeidungsverhalten können auch Symptome einer PTBS sein. Die Autofahrängste müssen dann in Folge des eigenen Erlebens oder Beobachtens eines schweren Verkehrsunfalls aufgetreten sein und mit weiteren Symptomen einhergehen. Hierzu zählen Symptome des Wiedererlebens wie Intrusionen, (Alp‐)träume oder Flashbacks, Symptome der Reizbarkeit, Übererregung und Hypervigilanz sowie negative Veränderung von Kognitionen und Stimmung im Zusammenhang mit dem Unfallereignis. Patient_innen mit Autofahrängsten im Rahmen einer PTBS befürchten primär zu verunfallen und den Verlust ihrer körperlichen und emotionalen Unversehrtheit. Sie vermeiden v. a. Fahrsituationen, die mit ihrem Unfall assoziiert sind oder potentielle Trigger für das aversive Wiedererleben des Unfalls darstellen können (Taylor et al., 2002). Erwartungen und Kognitionen bei Autofahrängsten sind neben ihrer differentialdiagnostischen Relevanz auch zur Erklärung der Entstehung von Autofahrängsten bedeut-

Davon abzugrenzen ist die (phobische) Angst von Bei- bzw. Mitfahrern im Auto. Diese wird in der hier vorgestellten Studie nicht untersucht.

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J. Heider et al., Die deutsche Version des „Driving Cognitions Questionnaire“ (DCQ)

sam. Insbesondere im kognitiv-behavioralen Ansatz sind sie ein zentrales Element zur Erklärung der Entstehung und Aufrechterhaltung von Ängsten (Beck, Rush, Shaw Emery, 1979; Clark, 1999; Townend, 2003). Aus therapeutischer Sicht ist die Modifikation dysfunktionaler Kognitionen ein zentrales Ziel in der Behandlung und deren Veränderung ein Indikator für den Therapieerfolg. Zudem kann das Wissen um spezifische Kognitionen bei Autofahrängsten im Einzelfall von Psychotherapeut_innen zur differentiellen Indikationsstellung und Therapieplanung genutzt werden. Beispielsweise können Verhaltensexperimente und Expositionsübungen gezielt danach gestaltet werden, dass die zentralen Befürchtungen der Patient_innen widerlegt werden können. Zur Erfassung spezifischer Kognitionen bei autofahrphobischen Personen liegt unseres Wissens bisher nur ein englischsprachiger Fragebogen von Ehlers und Kollegen vor, der „Driving Cognitions Questionnaire“ (DCQ) (Ehlers et al., 2007). Der DCQ besteht aus 20 Items und schildert Gedanken und Befürchtungen, die Personen während des Autofahrens durch den Kopf gehen können. Die Proband_innen sollen auf einer fünfstufigen LikertSkala angeben, wie oft sie diese Gedanken haben. Empirisch konnte eine dreifaktorielle Substruktur des Fragebogens identifiziert werden. Sieben Items des DCQ erfragen panikbezogenen Ängste (z. B. „I will be unable to catch my breath.“), weitere sieben Items unfallbezogenen Ängste (z. B. „I will die in an accident.“) und sechs Items Ängste vor der Bewertung durch Andere (z. B. „People will think I am a bad driver.“). Sowohl die Gesamtskala (α = 0.96) als auch die drei Subskalen (α = 0.93 für panikbezogene Sorgen, α = 0.92 für unfallbezogene Sorgen und α = 0.89 für Sorgen über der Bewertung durch Andere) zeigen hohe interne Konsistenzen (Ehlers et al., 2007). Der DCQ diskriminiert zwischen Personen mit und ohne Autofahrphobie und weist eine gute konvergente Validität auf (Ehlers et al., 2007). Entwickelt wurde der englischsprachige Fragebogen durch die Generierung eines Item-Pools bestehend aus ursprünglich 49 Items anhand von strukturierten klinischen Interviews mit Patient_innen mit Autofahrangst. Der Item-Pool bestand aus den a-priori festgelegten Kategorien der a) panikbezogenen Sorgen während des Autofahrens, die durch Patient_innen mit Panikstörung oder Agoraphobie beschrieben wurden (z. B. „My heart will stop beating“), der b) unfallbezogenen Sorgen (z. B. „I will die in an accident“), der c) Sorgen über widrige Umstände während des Fahrens (z. B. „The engine will break down“) und d) der sozialen Sorgen (z. B. „People I care about will criticize me“). Es schloss sich eine stufenweise Evaluation der entstandenen Items an, bei der zunächst die Items entfernt wurden, die keine signifikante Unterscheidung zwischen Autofahrphobikern und Nicht-Phobikern erbrachten. Nach

einer sich anschließenden Faktorenanalyse, die zu einer dreifaktoriellen Struktur führte, wurde in mehreren Arbeitsschritten eine Itemreduktion anhand von Kennwerten wie unter anderem der internen Konsistenz vorgenommen, sodass eine 20-Item-Version entstand, die in zwei weiteren Studien psychometrisch überprüft wurde. Ziel der vorliegenden Arbeit ist die mehrstufige Übersetzung des DCQ in die deutsche Sprache und anschließende psychometrische Untersuchung und Validierung des deutschen Messinstruments. Neben der Betrachtung von Item- und Skalenkennwerten sollen konfirmatorische Faktorenanalysen über die Faktorstruktur der deutschen Version des DCQ Auskunft geben. Zur Bestimmung der Reliabilität soll neben der internen Konsistenz auch die Retest-Reliabilität untersucht werden. Anschließend wird die Konstrukt- und Kriteriumsvalidität bestimmt. Es wird erwartet, dass sowohl das Ausmaß der Angst beim Autofahren als auch das Vermeidungsverhalten hoch mit den Skalen des DCQ korrelieren. Zudem erwarten wir hohe Korrelationen zur allgemeinen Ängstlichkeit und mittlere Korrelationen zur Depressivität und Somatisierungsneigung. Abschließend wird zur Testung der Kriteriumsvalidität die Gesamtstichprobe in autofahrängstliche, subklinische autofahrängstliche und nicht-autofahrängstliche Probanden aufgeteilt. Wir erwarten, dass sich die Teilstichproben hinsichtlich der Skalenausprägungen im DCQ signifikant unterscheiden, sodass das deutschsprachige Messinstrument die extrapolierende Funktion besitzt, das Vorliegen einer Autofahrphobie vorherzusagen und verlässlich zwischen Autofahrängstlichen, Nicht-Ängstlichen und subklinisch Auffälligen zu unterscheiden.

Methode Untersuchungsablauf Die Erhebung der Daten fand an ambulanten Psychotherapiepatient_innen (Stichprobe I) sowie an Personen der Allgemeinbevölkerung (Stichprobe II) im Zeitraum zwischen Mitte Oktober 2015 und Ende Dezember 2015 statt. Auf Grund des Gegenstandes der Untersuchung wurden volljährige Personen eingeschlossen, die Auto fahren bzw. zu einem früheren Zeitpunkt Auto gefahren sind. Die Befragung erfolgte in Abhängigkeit von der Erreichbarkeit der jeweiligen Stichprobe entweder per Online-Befragung unter Nutzung des Umfrage-Tools Limesurvey oder per Paper-Pencil-Fragebogen. Die Proband_innen der Stichprobe I wurden vor der Teilnahme an der Untersuchung schriftlich und mündlich, die Teilnehmer der Stichprobe II nur schriftlich über Ziele und Ablauf der Befragung informiert und ihre Einwilligung wurde eingeholt. Teil-

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nehmende der Befragung, die zusätzlich ihr Einverständnis dazu gegeben hatten, wurden zur Bestimmung der Retest-Reliabilität zwei Wochen nach der ersten Erhebung erneut kontaktiert. Um eine Zuordnung der Daten der beiden Messzeitpunkte zu ermöglichen, gaben die Proband_innen einen Zuordnungscode an, der nur ihnen selbst bekannt war. Zum hier beschriebenen Vorgehen liegt ein positives Votum der lokalen Ethikkommission des Fachbereichs Psychologie der Universität KoblenzLandau vor.

Stichprobe Stichprobe I: Es wurden N = 98 ambulante Psychotherapiepatient_innen einer Hochschulambulanz, unabhängig von ihren Behandlungsdiagnosen und der aktuellen Therapiephase, mittels eines Paper-Pencil-Fragebogens befragt. Die Patient_innen waren durchschnittlich 42 Jahre alt (SD = 11.53, Range: 18 bis 66 Jahre). Dreiviertel aller Befragten war weiblich (74 Frauen, 75.5 %). Stichprobe II: Im Rahmen einer Online-Erhebung wurden Angaben von 843 Personen erhoben. Die Stichprobe II setzt sich aus 641 Frauen (76 %) und 202 Männern (24 %) im Alter von 18 bis 72 Jahren (M = 27, SD = 10.52) zusammen. Rekrutiert wurden die Teilnehmenden der Online-Erhebung über Emailverteiler der Universität Koblenz-Landau, über soziale Netzwerke und (Selbsthilfe‐) Foren im Internet sowie durch Berichte in lokalen Zeitungen. Es wurde Kontakt mit diversen Fahrschulen, Institutionen und Verbänden aus den Bereichen Verkehr und Verkehrssicherheit aufgenommen, mit Bitte um Unterstützung bei der Rekrutierung. Alle Untersuchungsteilnehmer wurden nach der ersten Befragung gebeten, an einer Retestung nach 14 Tagen teilzunehmen. Diese wurde in beiden Teilstichproben per Online-Erhebung realisiert. Mehr als ein Drittel der Stichproben I und II (N = 370) nahm an der Erhebung zum zweiten Messzeitpunkt teil (Rücklaufquote 39.3 %). Diese Personengruppe unterscheidet sich in Alter und Geschlecht nicht von der Gesamtstichprobe.

Instrumente Deutsche Version des „Driving Cognitions Questionnaire“: Die Übersetzung Es fand ein mehrstufiges Übersetzungsvorgehen unter Anwendung wissenschaftlich anerkannter Empfehlungen

2 3

39

statt (Schmitt & Eid, 2007; Wild et al., 2005). In einem ersten Schritt wurde eine Übersetzung des englischen Originalfragebogens in die deutsche Sprache vorgenommen. Es schloss sich schließlich eine Rückübersetzung an, bei der zwei unabhängige englische Muttersprachlerinnen die Version von der deutschen Sprache zurück ins Englische übersetzten. Es folgte ein Vergleich der beiden rückübersetzten Versionen mit der Originalskala, woraufhin Abweichungen mit den Übersetzerinnen diskutiert und angeglichen wurden (Cha, Kim & Erlen, 2007; Sousa & Rojjanasrirat, 2011). Die dann vorläufige deutsche Version wurde an N = 12 Personen überprüft. Auf diese Weise sollte die Verständlichkeit und Angemessenheit der deutschen Formulierungen gesichert werden. Die übersetzten Items wurden der bilingualen Erstautorin2 des englischen Originalfragebogens vorgelegt, um nochmals sicherzustellen, dass keine inhaltlichen Abweichungen auftraten. Unter Berücksichtigung aller in dem geschilderten mehrstufigen Übersetzungsprozess gewonnenen Erkenntnisse konnte eine endgültige Version für die beabsichtigte Validierung der Skala erstellt werden (Items vgl. Tabelle 1). Zur Bestimmung der Konstrukt- und Kriteriumsvalidität wurden weitere Untersuchungsinstrumente eingesetzt. Zur Erfassung des Ausmaßes erlebter Angst in spezifischen Fahrsituationen wurde mangels nicht vorhandener deutscher Instrumente eine deutschsprachige Adaptation des „Driving Situations Questionnaire (DSQ)“3 von Ehlers et al. (1994) erstellt, anschließend auf 21 Items gekürzt und auf die deutschen Straßenverhältnisse adaptiert. Der DSQ erfasst für spezifische Autofahrsituationen (z. B. unterschiedliche Straßentypen oder Witterungsverhältnisse) jeweils das Ausmaß der erlebten Angst (0 = keine Angst, 1 = ein wenig Angst, 2 = moderate Angst und 3 = starke Angst) und die Häufigkeit der Vermeidung (0 = niemals vermieden, 1 = selten vermieden, 2 = in ca. 50 % der Fälle vermieden und 3 = meistens vermieden). Die beide Skalen verfügen in der vorliegenden Stichprobe über eine sehr gut interne Konsistenz (Cronbach’s α jeweils .95) und korrelieren stark miteinander (r = .85). Brief Symptom Inventory 18: Die psychische Befindlichkeit wurde mit der 18-Item-Version des „Brief Symptom Inventory“ (BSI-18) von Franke et al. (2011) erhoben. Der BSI-18 erfasst mit drei Skalen Depressivität, Ängstlichkeit und Somatisierung. Auf einer fünfstufigen Likertskala werden die Personen gebeten anzugeben, wie stark sie während der vergangenen sieben Tage durch diese Beschwerden beeinträchtigt worden sind. Im Rahmen der Konstruktvalidierung wird eine hohe Korrelationen zwischen Autofahrangst und der allgemeinen Ängstlichkeit

Wir danken Frau Prof. Dr. Anke Ehlers für ihre freundliche Unterstützung und Kooperation Die Skalen können bei den Autoren angefordert werden.

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Tabelle 1. Rotierte Faktorladungen Item

λ1

λ2

λ3

Item 3: Ich werde Schwierigkeiten haben zu atmen. Item 16: Mein Herz wird aufhören zu schlagen.

.90

.09

-.16

.77

-.13

.00

Item 18: Ich werde unfähig sein, mich zu bewegen.

.75

.01

.07

Item 6: Ich werde zittern und unfähig sein zu lenken.

.72

.21

-.01

Item 14: Ich werde nicht zurückkommen können.

.54

-.02

.29

Item 10: Ich werde nicht klar denken können.

.54

.26

.22

Item 12: Ich werde im Verkehr/Auto festsitzen.

.49

-.04

.18

Item 20: Ich werde die Kontrolle über mich verlieren und mich dumm oder gefährlich verhalten.

.34

.30

.34

Item 19: Menschen, die mit mir mitfahren, werden verletzt werden.

.03

.82

-.04

Item 9: Ich werde jemanden verletzen.

.01

.77

.10

Item 11: Ich werde durch einen Unfall sterben.

.02

.76

-.12

Item 7: Ich werde verletzt werden.

.08

.72

-.05

Item 13: Ich werde einen Unfall verursachen.

.02

.63

.29

-.02

.56

.08

.05

.51

.27

Item 4: Ich habe keinen Einfluss darauf, ob andere Autos mich rammen. Item 1: Ich werde nicht schnell genug reagieren können. Item 8: Menschen werden denken, dass ich ein schlechter Autofahrer/eine schlechte Autofahrerin bin.

-.11

.06

.90

Item 5: Andere Menschen werden merken, dass ich ängstlich bin.

.29

-.08

.72

Item 2: Menschen, die mir wichtig sind, werden mich kritisieren.

.01

-.05

.72

Item 17: Menschen werden über mich lachen.

.05

.04

.71

-.02

.17

.71

Item 15: Ich werde den Verkehr aufhalten und andere Menschen werden verärgert sein. Anmerkung: Hauptachsen-Faktorenanalyse, Rotationsmethode: oblimin.

und mittlere Korrelationen zu Depressivität und Somatisierungsneigung erwartet. Die Skalen zeigen gute Reliabilitätskoeffizienten (α = 0.79 für Somatisierung, α = 0.84 für Depressivität, α = 0.84 für Ängstlichkeit) und sind für den Einsatz in großen Stichproben geeignet (Franke et al., 2011; Spitzer et al., 2011). Autofahrangst-Screening: Zur Bestimmung der Kriteriumsvalidität soll die Stichprobe in autofahrängstliche, subklinisch ängstliche und nicht ängstliche Personen aufgeteilt werden. Hierzu wurden, in Anlehnung an das „Spinnenangst-Screening“ (SAS) von Rinck et al. (2002), vier auf den DSM-5-Kriterien der spezifischen Phobie basierende Items in die Befragung aufgenommen (Falkai et al., 2015). Das erste Item bezieht sich auf das Angstempfinden („Ich habe Angst vor dem Autofahren“), während das zweite Item die damit einhergehende physiologische Erregung und Angstreaktion anspricht („Wenn ich daran denke Auto zu fahren werde ich aufgeregt und bekomme Herzklopfen“). Das dritte Item erfasst das Vermeidungsverhalten („Oft vermeide ich das Autofahren“); die Belastung durch die Autofahrangst wird durch das vierte Item erfragt („Meine Angst vor dem Autofahren belastet mich“). Auf einer vierstufigen Antwortskala soll der Proband einschätzen, wie oft die Aussage auf ihn persönlich zutrifft, wobei gilt: 0 = trifft überhaupt nicht zu, 1 = trifft manchmal zu, 2 = trifft oft zu und 3 = trifft voll und ganz zu. An-

schließend wird ein Summenwert über die vier Items gebildet, der minimal den Wert null und maximal zwölf annehmen kann. Die Skala weist eine sehr gute interne Konsistenz von α = .91 auf. Aus inhaltlichen Erwägungen wurden Personen mit Summenwerten ≥ 8 als autofahrängstlich definiert. Ein Summenscore von acht Punkten entspricht einer durchschnittlichen Itemantwort von „trifft oft zu“. Individuen mit Summenwerten zwischen vier und sieben wurden der Gruppe der subklinisch ängstlichen Personen zugeordnet. Personen mit Summenscores ≤ 3 wurden als nicht-ängstlich klassifiziert.

Auswertung Die Berechnung der konfirmatorischen Faktorenanalysen wurde mit der Software R (Paket lavaan 0.5 – 21) durchgeführt, alle anderen Analysen mit der Statistiksoftware SPSS 22. Nach der deskriptiven Analyse der Itemkennwerte wurde zunächst geprüft, ob die in exploratorischen Faktorenanalysen gefundene dreifaktorielle Struktur der englischen Originalversion des DCQ auch im deutschen DCQ bestätigt werden kann. An dieses hypothesenentdeckende Verfahren schloss sich mit Hilfe der konfirmatorischen Faktorenanalyse ein hypothesenprüfendes Verfahren an, um den Modellfit bestimmen zu können. Um

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Tabelle 2. Itemkennwerte der Gesamtstichprobe Item

M

Med

Mod

Kurtosis

Schiefe

SD

Schwierigkeit (Dahl)

rit

1

0.97

1.00

1

1.57

1.15

0.88

24.34

.67

2

0.69

0.00

0

1.75

1.43

0.92

17.22

.61

3

0.17

0.00

0

16.46

3.81

0.54

4.30

.71

4

1.06

1.00

1

0.76

1.05

1.02

26.57

.57

5

0.47

0.00

0

4.10

2.14

0.90

11.82

.74

6

0.22

0.00

0

12.95

3.49

0.65

5.61

.73

7

0.53

0.00

0

2.91

1.69

0.80

13.23

.70

8

0.78

0.00

0

1.73

1.48

1.03

19.45

.78

9

0.64

0.00

0

2.80

1.66

0.90

15.91

.75

10

0.41

0.00

0

4.84

2.32

0.88

10.36

.70

11

0.56

0.00

0

3.43

1.72

0.79

14.00

.61

12

0.57

0.00

0

2.71

1.69

0.88

14.32

.51

13

0.75

1.00

0

2.12

1.49

0.94

18.65

.72

14

0.30

0.00

0

8.38

2.84

0.71

7.52

.66

15

0.76

0.00

0

1.57

1.51

1.07

18.94

.74

16

0.11

0.00

0

32.29

5.36

0.47

2.71

.56

17

0.38

0.00

0

5.72

2.39

0.78

9.51

.72

18

0.15

0.00

0

20.85

4.22

0.49

3.67

.72

19

0.72

0.00

0

1.49

1.39

0.94

17.93

.74

20

0.51

0.00

0

3.90

2.11

0.96

12.73

.58

Anmerkung: Werte berechnet mit N = 941.

dieses zweistufige Vorgehen anhand der einen erhobenen Stichprobe umsetzen zu können, wurde die Gesamtstichprobe von N = 941 in zwei zufällige Hälften geteilt, sodass anhand der einen Hälfte eine exploratorische Faktorenanalyse und anhand der anderen Hälfte eine konfirmatorische Faktorenanalyse durchgeführt werden konnte. Anschließend wurden die Kennwerte und Reliabilitäten der gebildeten Skalen bestimmt. Zur Prüfung der Konstruktvalidität wurden Korrelationen berechnet. Zur Bestimmung der Kriteriumsvalidität wurde analysiert, ob auf Grund der DCQ-Skalenwerte auf das Vorliegen einer Autofahrphobie geschlossen werden konnte und ob die Skalen in der Lage sind, adäquat zwischen den Gruppen der Phobiker und Nicht-Phobiker zu diskriminieren. Hierzu wurde eine Diskriminanzanalyse berechnet.

Ergebnisse Itemkennwerte Die Kennwerte Mittelwert, Modus, Median, Schiefe und Kurtosis sowie Schwierigkeit und Trennschärfe wurden für jedes Item ermittelt und werden in Tabelle 2 dargestellt. Sie sind insgesamt als zufriedenstellend einzustufen. © 2018 Hogrefe Verlag

Überprüfung der dreifaktoriellen Struktur Exploratorische Faktorenanalyse: Für die exploratorischen Faktorenanalysen zur Generierung von Hypothesen bezüglich der Beschaffenheit und Anzahl der vorliegenden Faktoren wurde als Extraktionsmethode die Hauptachsenanalyse und oblimin-Rotationsmethode gewählt. In der Gesamtstichprobe deutete das Kaiserkriterium auf drei Faktoren hin. Durch diese drei Faktoren konnte eine Varianz von 59.65 % aufgeklärt werden. Der Screetest nach Cattell sprach ebenfalls für drei zu extrahierende Faktoren (Cattell, 1966). Ein sich anschließender Paralleltest nach Horn ergab ebenfalls eine dreifaktorielle Lösung (Eigenwerte von 9.20, 2.12, 1.77, 0.84 usw.; Horn, 1965). Tabelle 1 stellt die rotierten Faktorladungen der drei extrahierten Faktoren dar. Alle Items, die in der englischen Originalversion des DCQ auf dem Faktor der panikbezogenen Sorgen laden, wiesen ihre höchsten Ladungen auch auf dem ersten Faktor auf, während der zweite Faktor die unfallbezogenen Sorgen repräsentierte und der dritte Faktor die Sorgen vor der Bewertung durch Andere abbildete. Eine Ausnahme bildete Item 20, welches auf allen drei Faktoren ähnlich hohe Ladungen vorwies.

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Anmerkung: DCQ = „Driving Cognitions Questionnaire“.

Abbildung 1. Unstandardisierte Faktorladungen des bifaktoriellen DCQ Messmodell.

Konfirmatorische Faktorenanalyse Anhand der zweiten Hälfte der Stichprobe wurde die gefundene dreifaktorielle Struktur durch eine konfirmatorische Faktorenanalyse überprüft. Es lagen nicht-normalverteilte Daten vor, sodass der Schätzer DWLS (diagonally weighted least squares) gewählt wurde (Beauducel & Herzberg, 2006; Curran, West & Finch, 1996; Eid, Gollwitzer & Schmitt, 2011; Hox, Maas & Brinkhuis, 2010). Zunächst wurde die dreifaktorielle Struktur mit den korrelierten Faktoren geprüft, wobei Item 20 („Ich werde die Kontrolle über mich verlieren und mich dumm oder gefährlich verhalten.“) seinem in der englischen Originalversion ursprünglichen Faktor (Sorgen vor der Bewertung durch Andere) zugeordnet wurde. Dieses Modell führte nur teilweise zu einem akzeptablen Modellfit (CFI = .98; TLI = .98; χ2 / df = 4.55; RMSEA = .09; Schermelleh-Engel, Moosbrugger & Müller, 2003). Weder das Modellieren eines hierarchischen Modells noch eine veränderte Zuordnung der Items zu Faktoren oder das Verwenden anderer Schätzer führte zu Verbesserungen des Modellfits. Anhand theoretischer Überlegungen und der Betrachtung der Modifikationsindices wurde ein Bifaktormodell konfirmatorisch geprüft, sodass das Modell um einen zusätzlichen Generalfaktor ergänzt wurde, auf dem alle

Items laden (siehe Abbildung 1). Dieser repräsentiert eine weitere Gemeinsamkeit und systematische Varianzquelle aller Items, wie beispielsweise eine Grundängstlichkeit während des Autofahrens, unabhängig von möglicherweise dominierenden Sorgen und Kognitionen in einem oder mehreren der drei Bereiche. Der Faktor kann somit ganz allgemein mit Autofahrangst betitelt werden. Dieses Messmodell führte zu einem guten Modellfit (CFI = 1; TLI = 1; χ2 / df = 1.60; RMSEA = .04).

Skalenkennwerte Die Mittelwerte der Subskalen in der Gesamtstichprobe lagen zwischen 0.28 und 0.75 (SD von 0.50 bis 0.75). In der Gesamtstichprobe schwankte die Kurtosis der Subskalen zwischen 2.24 (unfallbezogene Sorgen) und 13.05 (panikbezogene Sorgen), sodass die Verteilung der panikbezogenen Items schmaler war als die Verteilung der unfallbezogenen Items. Die Schiefe variierte zwischen 1.47 (unfallbezogene Sorgen) und 3.19 (panikbezogene Sorgen), woraus jeweils eine linkssteile und rechtsschiefe Verteilung resultiert.

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Tabelle 3. Korrelationen, Mittelwerte und Standardabweichungen für die drei Subskalen des DCQ und ihrer Korrelate für die Gesamtstichprobe 1)

2)

3)

4)

5)

6)

7)

1)

Panikbezogene Sorgen

2)

Unfallbezogene Sorgen

.63**

3)

Auf Bewertung durch Andere bezogene Sorgen

.58**

.62**

4)

DCQ_Gesamt

.83**

.89**

.86**

5)

DSQ_Angst

.66**

.70**

.69**

.80**

6)

DSQ_Vermeidung

.62**

.64**

.61**

.72**

.85**

7)

BSI_Ängstlichkeit

.54**

.45**

.47**

.56**

.59**

.52**

8)

BSI_Depressivität

.34**

.30**

.36*

.38**

.34**

.32**

.57**

9)

BSI_Somatisierung M SD

.50** 0.28 0.50

.36** 0.75 0.69

.36** 0.60 0.75

.46** 0.54 0.55

.47** 0.67 0.58

.41** 0.55 0.62

.72** 3.04 3.60

8)

9)

– .49** 3.06 4.08

– 2.05 3.16

Anmerkungen: DCQ = „Driving Cognitions Questionnaire“, DSQ = „Driving Situations Questionnaire“, BSI = „Brief Symptom Inventory“. Werte berechnet mit N = 941, wobei DSQ_Vermeidung mit N = 936, BSI_Ängstlichkeit mit N = 940 und BSI_Depressivität mit N = 939. *p < .05. **p < .01.

Reliabilität Die Subskalen zeigten sehr zufriedenstellende Werte bzgl. ihrer internen Konsistenzen und ihrer Retest-Reliabilitäten von α = .89 und rtt = .89 für die Subskala unfallbezogene Sorgen, von α = .88 und rtt = .92 für die Subskala Bewertung durch Andere und von α = .86 und rtt = .86 für die Subskala panikbezogene Sorgen. Für die drei Subskalen streuten die Werte der Splithalf-Reliabilitäten zwischen .73 und .81, wobei nach Spearman-Brown-Korrektur sogar Werte zwischen .85 und .90 erreicht werden konnten.

Konstruktvalidität Hypothesenkonform korrelierten der Gesamtwert sowie die drei Subskalen des DCQ sehr hoch mit der erlebten Angst beim Autofahren sowie dem Vermeidungsverhalten im DSQ (r = .61** bis r = .80**). Zudem zeigten sich signifikant positive Korrelationen zwischen den Skalen des DCQ und der Subskala Ängstlichkeit des BSI (r = .45** bis r = .56**). Erwartungsgemäß waren die Zusammenhänge zwischen dem DCQ und den Skalen Somatisierung und Depressivität des BSI zwar signifikant, korrelierten aber, mit zwei Ausnahmen, etwas geringer (r = .30** bis r = .38**) als mit der Subskala Ängstlichkeit des BSI (vgl. Tabelle 3).

Kriteriumsvalidität Die Gesamtstichprobe wurde zunächst in autofahrängstliche, subklinisch ängstliche und nicht ängstliche Personen aufgeteilt und im Hinblick auf ihre Ausprägung auf © 2018 Hogrefe Verlag

dem DCQ verglichen. Auf Grund unterschiedlicher Varianzen wurde ein Kruskal-Wallis-Test vorgenommen, woraus sich ergab, dass sich die Mittelwerte der Skalenwerte der drei Subgruppen jeweils signifikant voneinander unterscheiden. Dabei zeigten sich Effektstärken zwischen .21 ≤ ƞ2 ≤ .29 (vgl. Tabelle 4). Um zu überprüfen, ob die Subskalen zur Erfassung autofahrphobischer Kognitionen im Rahmen der Kriteriumsvalidität eine extrapolierende Funktion erfüllen, wurde eine Diskriminanzanalyse durchgeführt. Dadurch wurde der Zusammenhang zwischen den metrischen unabhängigen Variablen, den DCQ-Werten, und den nominalen abhängigen Variablen, der Gruppenzugehörigkeit, exploriert. Es zeigte sich, dass circa 50.7 % der Gesamtvariation durch die Gruppenunterschiede erklärt wurden. Die Vorhersage der Gruppenzugehörigkeit durch die Diskriminanzfunktion war möglich; für rund 80.1 % der Fälle konnte auf Grund des erreichten DCQ-Wertes eine korrekte Zuordnung zu den Gruppen der Autofahrängstlichen, subklinischen oder unauffälligen Individuen vorgenommen werden. Es ließ sich somit zeigen, dass das Instrument verlässlich zwischen den drei Gruppen diskriminieren kann.

Diskussion Ziel der Arbeit war es, eine deutschsprachige Version des DCQ zu erstellen und hinsichtlich seiner psychometrischen Güte zu untersuchen. In einer heterogenen Stichprobe wurden zufriedenstellende Item- und Skalenkennwerte gefunden, was als ein Indiz für eine gelungene Übersetzung des deutschen DCQ gewertet werden kann. Die dreifaktorielle Struktur, stehend für drei Facetten der

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Tabelle 4. Deskriptive Darstellung der Subgruppen Gesamtstichprobe (N = 941)

Klinische Subklinische Unauffällige Prüfgröße1 Teilstichprobe Teilstichprobe Teilstichprobe (N = 85) (N = 118) (N = 738)

Geschlecht weiblich (%) männlich (%)

715 (76.0 %) 226 (24.0 %)

83 (97.6 %) 2 (2.4 %)

Alter

M (SD) Minimum Maximum

28.94 (11.47) 31 (11.81) 18 19 72 66

Skala (M, SD)

Panikbezogene Sorgen 0.28 (0.50) Unfallbezogene Sorgen 0.75 (0.69) Auf Bewertung durch Andere 0.60 (0.75) bezogene Sorgen

1.14 (0.92) 1.79 (0.93) 2.03 (0.90)

103 (87.3 %) 15 ( 12.7 %)

529 (71.7 %) 209 (28.3 %)

32 (13.90) 18 67

28 (10.86) 18 72

0.55 (0.55) 1.18 (0.73) 1.07 (0.79)

0.13 (0.24) 0.56 (0.48) 0.36 (0.44)

Signifikanz

χ2 (2, N = 941) = 235.39 p < .01 χ2 (2, N = 941) = 194.01 p < .01 χ2 (2, N = 941) = 274.62 p < .01

Anmerkung: 1Kruskal-Wallis-Test zum Vergleich der Teilstichproben hinsichtlich ihrer Ausprägungen in den Skalen des Driving Cognitions Questionnaire (DCQ).

autofahrphobischen Kognitionen, konnte exploratorisch repliziert werden. Lediglich Item 20 („Ich werde die Kontrolle über mich verlieren und mich dumm oder gefährlich verhalten“) zeigte, wie auch in der Originalversion, substantielle Mehrfachladungen und sollte in zukünftigen Untersuchungen mit Vorbehalt behandelt werden (Ehlers et al., 2007). Ursächlich hierfür könnte sein, dass das Item semantisch unterschiedliche Aspekte beinhaltet und so als Stimulus uneindeutig ist: Der Aspekt des Kontrollverlusts ist inhaltlich mit Panik und das Wort „gefährlich“ mit risikoreichem Fahrverhalten assoziiert, welches wiederum mit unfallbezogenen Sorgen zusammenhängen könnte. Schließlich könnte die Formulierung „dumm verhalten“ eine mögliche Bewertung durch andere nahelegen, was wiederum Bezug zu der Angst vor der Bewertung durch Andere herstellt. Um mehr Eindeutigkeit zu erzeugen, wird folgende Revision vorgeschlagen: „Ich werde die Kontrolle über das Auto verlieren und eine Gefahr für andere Menschen darstellen.“ Neben Item 20 scheinen einzelne Items trotz des sorgfältigen Übersetzungsprozesses zu nicht eindeutigen Formulierungen geführt zu haben. Bei Item 14 („Ich werde nicht zurückkommen können“) bleibt unklar, ob sich die beschriebene Angst auf die Gefahr eines Unfalls mit möglicherweise sogar Todesfolge oder auf eine durch die Angst verursachte Einschränkung des Denkvermögens und des Orientierungssinnes bezieht. Eine mögliche Revision könnte „Ich werde hilflos und aufgeschmissen sein“ lauten, da diese Formulierung den Bezug zum Faktor der panikbezogenen Sorgen deutlich macht und im Übersetzungsprozess von beiden muttersprachlichen Übersetzerinnen vorgeschlagen wurde. Bei Item 2 („Menschen, die mir wichtig sind, werden mich kritisieren“) bleibt der Ausdruck „Menschen, die mir wichtig sind…“ unklar, sodass das Item umformuliert werden könnte in „Ich könnte durch Mitmenschen Kritik erfahren“. Außerdem legt Item 18 („Ich werde unfähig sein, mich zu bewegen“) unterschiedliche Assoziationen nahe; zum einen könnte ei-

ne Bewegungsunfähigkeit als Unfallfolge verstanden werden, zum anderen könnte eine Bewegungsstarre auf Grund von intensiver Angst assoziiert werden. Um auch hier den Bezug zum Faktor der panikbezogenen Sorgen klarer herauszustellen, könnte eine hinsichtlich des Originals freiere, jedoch inhaltlich verständlichere alternative Formulierung lauten „Ich werde mich vor lauter Angst angespannt und wie erstarrt fühlen“. Item 17 („Menschen werden über mich lachen“) führt zu einem Revisionsvorschlag, der lauten könnte: „Ich könnte mich lächerlich machen“. Auch hierbei führt eine vom Original eher losgelöste, freiere Übersetzung zu einer Alternativformulierung, die den Bezug zum Faktor, der die Sorge vor der Bewertung durch Andere darstellt, präzisiert. Um bei Item 6 („Ich werde zittern und unfähig sein zu lenken“) und 15 („Ich werde den Verkehr aufhalten und andere Menschen werden verärgert sein“) der Erfassung zweier unterschiedlicher Aspekte Einhalt zu gebieten, könnte eine Revision bei Item 6 zu „Das Lenken wird mir auf Grund meiner Zittrigkeit schwerfallen“ und bei Item 15 zu „Andere Verkehrsteilnehmer werden sich über mich ärgern, da ich den Verkehr behindere“ führen. Konfirmatorisch konnte erst durch die Hinzunahme eines zusätzlichen Generalfaktors (Bifaktormodell) ein sehr guter Fit erreicht werden. Die Sinnhaftigkeit dieses Generalfaktors ergibt sich zum einen aus den hohen substantiellen Korrelationen der drei Subskalen des DCQ untereinander und zum anderen aus den hohen Korrelationen der Subskalen mit dem DCQ-Gesamtwert. Die bifaktorielle Struktur impliziert, dass zwei Quellen systematischer Varianz die Ausprägung auf jedem Item bestimmen, wobei einerseits die drei spezifischen Kognitionsfaktoren und andererseits der gemeinsame Autofahrangstfaktor Einfluss ausüben. Möglicherweise repräsentiert Letzterer primär affektive Anteile der Autofahrangst (siehe auch Witthöft, Hiller, Loch & Jasper, 2013). Denkbar wären aber auch andere Gemeinsamkeiten aller Items, die

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sich im Generalfaktor repräsentieren wie eine grundsätzliche Angst vor Schnelligkeit, vor Kontrollverlust im Auto oder vor dem Bedienen eines als möglicherweise unberechenbar erlebten Fahrzeugs. Es gilt daher in Anschlussuntersuchungen weiter zu ergründen, welche Rollen kognitive und affektive Anteile einer Autofahrphobie einnehmen und in welcher Beziehung sie zueinander stehen, um den Generalfaktor inhaltlich interpretieren und benennen zu können. Kritisch betrachtet werden muss die gewählte Methode der Faktorenanalyse, bei der es bei der Zuordnung des Items 20 zu einem Faktor trotz Doppelladungen zu einer subjektiven Entscheidung kommen musste. Bei Extraktion der Faktorenanzahl jedoch wurde Wert darauf gelegt, objektive Kriterien wie den Paralleltest nach Horn und den Screetest nach Cattell zu Grunde zu legen. Weitergehende Prüfung verlangt außerdem die Verwendung des DWLS-Schätzers bei gegebener Datenlange. Es gilt in Folgestudien zu beachten, dass bei Vorliegen einer Normalverteilung und unter Benutzung andere Schätzer möglicherweise hier nicht passende Modelle Geltung finden können, sodass sowohl das dreifaktorielle Modelle als auch das Bifaktormodell und ein hierarchisches Modell geprüft werden sollten. Die Reliabilität der Skalen kann als sehr gut bezeichnet werden. Die internen Konsistenzen liegen auf gleicher Höhe wie die Werte des englischen Originals. Erstmals wurde in unserer Studie auch die Retest-Reliabilität bestimmt, die ebenfalls sehr zufriedenstellend ist. Einschränkend ist jedoch zu bemerken, dass die Rücklaufquote der Retestung bei lediglich 39 % lag und zudem nicht gänzlich ausgeschlossen werden kann, dass in der Substichprobe der Ambulanzpatient_innen eine Veränderung der Kognition durch die Therapie stattgefunden hat. Die Befunde zur Konstruktvalidierung sprechen dafür, dass die konvergente Validität des Fragebogens als gegeben angesehen werden kann. Hypothesenkonform korrelierten alle drei Subskalen des DCQ in der Gesamtstichprobe signifikant positiv mit dem Ausmaß an Angst in und der Vermeidung von spezifischen Autofahrsituationen im DSQ. Zudem zeigte sich ein bedeutsamer Zusammenhang zwischen den Subskalen des DCQ und der Skala Ängstlichkeit des BSI. Diese Korrelationen scheinen ein Indiz dafür zu sein, dass autofahrphobische Individuen eine erhöhte Ängstlichkeit verspüren, die unspezifisch ist. Möglicherweise neigen diese Personen zu einer erhöhten Grundängstlichkeit, was sich ebenfalls in der Originalstudie von Ehlers et al. zeigte, in der die DCQSubskalen mit trait-Angst, erfasst durch das State-TraitAngstinventar, signifikant positiv korrelierten. Herauszustellen gilt, dass die Subskala Ängstlichkeit des BSI stets am höchsten mit den panikbezogenen Sorgen korrelierte. Dies deutet ebenfalls erwartungskonform auf die konver© 2018 Hogrefe Verlag

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gente Beziehung zwischen allgemeiner Ängstlichkeit und panikbezogenen Sorgen hin. Die lediglich geringfügig geringere Korrelation der Autofahrangst mit der Facette der Depressivität im BSI kann vorsichtig als erster Hinweis für die Verschiedenheit der Konstrukte Autofahrphobie und Depressivität interpretiert werden. Zu einem vergleichbaren Befund kommen auch die Autoren des englischen Originalfragebogen (Ehlers et al., 2007). Die Facette der Somatisierung korrelierte in der Gesamtstichprobe höher mit den panikbezogenen Sorgen (r = .50) als mit unfallbezogenen (r = .36) oder sozialen Sorgen (r = .36). Dieser Befund kann dahingehend interpretiert werden, dass Personen mit starkem Fokus auf körperlichen Vorgängen, wie bei somatoformen Störungen, ebenfalls sensibel auf physiologische Veränderungen reagieren, die eine Panikattacke begleiten. Die Befunde zur Kriteriumsvalidität deuten darauf hin, dass der deutsche DCQ in der Lage ist, das Vorhandensein einer Autofahrphobie vorherzusagen. Durch die Ausprägung auf dem DCQ konnte erfolgreich auf die Zugehörigkeit zu einer der eingeteilten Subgruppen geschlossen werden – die Zuteilung war in rund 80 % der Fälle korrekt. Wie die englische Originalversion auch, ist der deutsche DCQ damit in der Lage, gut zwischen Personen mit und ohne Autofahrphobie zu diskriminieren. Limitierend anzumerken ist jedoch, dass die Diagnose bzw. die Intensität der Autofahrangst lediglich über eine noch nicht validierte Selbstauskunftsskala gestellt wurde. Zur Bestimmung der Kriteriumsvalidität sind zukünftig dringend Studien erforderlich, in der die Diagnosestellung mittels Fremdbeurteilung unter Anwendung von strukturierten Interviews erfolgt. Insbesondere das Kriterium des Leidensdruck und der Beeinträchtigung im Alltag kann so valider bestimmt werden. Des Weiteren kam zur Konstruktvalidierung eine gekürzte und adaptierte, jedoch ebenfalls psychometrisch noch nicht validierte Version des „Driving Situations Questionnaire“ zum Einsatz. Mangels validierter deutscher Messinstrumente zur Erfassung der Angst beim Autofahren und der Vermeidung von spezifischen Fahrsituationen musste in dieser Untersuchung jedoch auf dieses Vorgehen zurückgegriffen werden. Dennoch sehen wir die Validierung des DCQ mit nichtvalidierten Instrumenten als eine Hauptschwäche unserer Arbeit an. Die Befunde zu Validität des DCQ sind daher als sehr vorläufig zu betrachten und bedürfen weiterer Untersuchungen. Des Weiteren muss ein kritisches Augenmerk auf die unterschiedlichen Befragungsformen gelegt werden. Die Befragung der Patient_innen in der Universitätsambulanz erfolgte an Hand eines Paper-Pencil-Fragebogens, während die restlichen Befragten eine Online-Version des Messinstruments bearbeiteten. Aus praktischen Gründen

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wurden diesen unterschiedlichen Verfahren gewählt, es muss jedoch beachtet werden, dass daraus möglicherweise unterschiedliche Antworttendenzen und abweichende Datenmuster resultieren können. Hinzu kommt der große Anteil von weiblichen Personen unter den Befragten. In Folgestudien sollte eine Ausgewogenheit der Stichprobenzusammensetzung angestrebt werden. Zukünftige Studien sollten eine Revision der Itemformulierungen in Betracht ziehen und weitere Zusammenhänge zur Konstruktvalidierung prüfen. So könnten weitere Zusammenhänge zwischen (I) der Subskala „Bewertung durch Andere“ und der Ausprägung sozialer Ängste, (II) der Subskala „panikbezogene Sorgen“ mit dem Ausmaß agoraphobischer und körpersymptombezogener Ängste und (III) der Subskala „unfallbezogener Sorgen“ mit posttraumatischen Belastungssymptomen, generalisierten Ängsten und dem Ausmaß an Unfallerfahrungen exploriert werden. Nach der weiteren Validierung des DCQ sollte darauf aufbauend die Nützlichkeit des DCQ im Einzelfall zur differentialdiagnostischen Zuordnung der Autofahrangst zu unterschiedlichen Angststörungen untersucht werden. Hierzu sind Studien an klinischen Stichproben mit autofahrphobischen Patient_innen notwendig, in denen mit strukturierten Interviews sehr exakt die Klassifikation der Autofahrangst als spezifische Phobie, Agoraphobie, soziale Phobie oder PTSB vorgenommen wird. Zusammenfassend lässt sich konstatieren, dass der deutschsprachige DCQ exploratorisch eine klare dreifaktorielle Struktur aufweist. Konfirmatorische Faktorenanalysen deuten auf ein Bifaktormodell hin, welches neben den drei Faktoren, die die unterschiedlichen Sorgenbereiche abbilden, einen zusätzlichen Generalfaktor annimmt, auf dem alle Items laden. Die Untersuchung belegt die Reliabilität des deutschen DCQ und gibt erste Hinweise auf die Konstrukt- und Kriteriumsvalidität. Eine Anwendung des deutschen DCQ im Forschungskontext kann daher empfohlen werden.

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J. Heider et al., Die deutsche Version des „Driving Cognitions Questionnaire“ (DCQ)

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for translation and cultural adaptation. Value in Health, 8, 94 – 104. Witthöft, M., Hiller, W., Loch, N. & Jasper, F. (2013). The latent structur of medically unexplained symptoms and its relation to functional somatic syndromes. International Journal of Behavioral Medicine, 20, 172 – 183. Dr. Jens Heider Universität Koblenz-Landau, Campus Landau Psychotherapeutische Universitätsambulanz Ostbahnstraße 10 76829 Landau heider@uni-landau.de

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Originalarbeit

Die Eltern-Kurzversion des Fragebogens zur Erhebung der Emotionsregulation bei Kindern und Jugendlichen (FEEL-KJ) Psychometrische Eigenschaften und Zusammenhänge mit soziodemographischen Variablen und psychopathologischen Symptomen Jan Felix Greuel1, Wolfgang Briegel2 und Nina Heinrichs1 1

Technische Universität Braunschweig, Abteilung für Klinische Psychologie, Psychotherapie und Diagnostik

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Leopoldina Krankenhaus Schweinfurt, Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie Zusammenfassung: Theoretischer Hintergrund: Das Konzept der Emotionsregulation (ER) hat große Bedeutung für die Klinische Psychologie und Psychotherapie. Gleichzeitig liegen besonders im Kindes- und Jugendalter kaum zuverlässig evaluierte und normierte Verfahren zur Messung von ER vor. Fragestellung: Es soll geprüft werden, ob eine Eltern-Kurzversion des Fragebogens zur Erhebung der Emotionsregulation bei Kindern und Jugendlichen (FEEL-KJ) über ausreichende psychometrische Qualität verfügt, um diese Lücke zumindest teilweise zu schließen. Außerdem sollen erste Hinweise auf die Validität der Testwerte und deren Abhängigkeit von soziodemographischen Variablen untersucht werden. Es wurde insbesondere eine mit dem Alter zunehmend häufige Verwendung von ER-Strategien erwartet. Ebenso wurden positive Zusammenhänge maladaptiver und negative Zusammenhänge adaptiver ER mit psychischen Beschwerden angenommen. Methode: Die Eltern-Kurzversion des FEEL-KJ und weitere Fragebogenverfahren wurden bei einer Elternstichprobe von 1638 Kindern im Alter von 2 – 10 Jahren eingesetzt (958 Datensätze von beiden Elternteilen, 605 nur Mütter und 75 nur Väter). Ergebnisse: Die Ergebnisse für Mütter und Väter stimmten weitgehend überein und die internen Konsistenzen der Testwerte lagen im guten bis sehr guten Bereich. Mit zunehmendem Alter wurden adaptive wie maladaptive ER-Strategien häufiger angewandt und die Zusammenhänge der Testwerte mit internalisierender wie externalisierender Psychopathologie waren deutlich. Es zeigten sich kaum bedeutsame Unterschiede in Abhängigkeit vom Geschlecht des Kindes und weiteren soziodemographischen Variablen. Schlussfolgerung: Die Eltern-Kurzversion des FEEL-KJ scheint zumindest als Ergänzung der bestehenden Diagnostik in Forschung und Praxis gut geeignet. Auf Basis der vorhandenen großen Stichprobe werden Normwerte bereitgestellt. Dennoch werden multimethodal angelegte Validierungsstudien notwendig sein, um die Validität der Testwerte weiter abzuklären. Normierung: Die ermittelten T-Wert- sowie Prozentrangnormen sind unter https://doi.org/10.24355/dbbs.084201803050916 (Greuel, Briegel & Heinrichs, 2018) oder über eine Anfrage bei den Autoren kostenfrei erhältlich.1 Schlüsselwörter: FEEL-KJ, Emotionsregualtion, Elternbericht, Kindesalter, Psychopathologie

The Parent Short Version of the Questionnaire to Assess Emotion Regulation in Children and Youths (FEEL-KJ): Psychometric Properties and Correlations With Sociodemographic Variables and Psychopathological Symptoms Abstract: Background: The concept of emotion regulation (ER) is of great importance to the field of clinical psychology and psychotherapy. However, there are only few validated instruments available to measure ER in children and adolescents. Aims: The aim of this study was to investigate whether the parent short version of the Questionnaire to Asses Children’s and Adolescents’ Emotion Regulation Strategies (FEEL-KJ) has enough psychometric quality to fill this gap at least in part. Additionally, to examine indicators for the validity of the instrument and its dependency on sociodemographic parameters. With increasing age, an increase in the use of ER strategies was expected.

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J. F. Greuel et al., Die Eltern-Kurzversion des Fragebogens zur Erhebung der Emotionsregulation bei Kindern und Jugendlichen

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Also, positive correlations of maladaptive ER and negative correlations of adaptive ER with symptoms of psychological disorders were assumed. Method: The parent short version of the FEEL-KJ and additional parent report questionnaires were used in a sample of 1,638 children aged 2 – 10 years (reports of both parents: n = 958 children, mothers report only: n = 605, fathers report only: n = 75). Results: Results for mothers and fathers were mostly congruent. Internal consistency values of the parent short version of the FEEL-KJ were in the range of good to very good. With increasing age, adaptive and maladaptive ER-strategies were used more frequently and correlations of ER strategies with internalizing and externalizing psychopathological symptoms were notable. Only few significant differences dependent on the sex of the child and other sociodemographic variables were found. Conclusion: The parent short version of the FEEL-KJ seems to be appropriate to extend the existing assessment of ER in science and practice. However, a multimethod validation study is still necessary to further investigate the instrument’s validity. Norms: The generated norms (T values and percentile ranks) are available at https://doi.org/10. 24355/dbbs.084-201803050916 (Greuel, Briegel, & Heinrichs, 2018) or can be requested from the authors directly.2 Keywords: FEEL-KJ, emotion regulation, parent report, childhood, psychopathology

Die Emotionsregulation (ER) entwickelte sich in den zurückliegenden Dekaden zu einem wichtigen Konzept für die klinische Psychologie und Psychotherapie und die Zahl der Publikationen zu diesem Thema stieg sprunghaft an (Petermann, 2017). Zentral für das starke Interesse sind der transdiagnostische Charakter des Konzeptes (Chu, Chen, Mele, Temkin & Xue, 2017) und die hohe Bedeutung bei Genese und Aufrechterhaltung, sowohl internalisierender als auch externalisierender Störungen (Eisenberg, Hernández & Spinrad, 2017). In der Literatur liegen verschiedene Definitionen von ER vor (LeBlanc, Essau & Ollendick, 2017). Die für diese Arbeit verwendete Definition von Gross (z. B. Gross & Thompson, 2007) orientiert sich stark am emotionalen Erleben. Sie beschreibt ER als kontrollierte oder unkontrollierte, bewusste oder unbewusste Einflussnahme auf die Frequenz, Intensität, Dauer oder den Ausdruck einer Emotion. Einige ER-Strategien werden antizipatorisch (vor dem Erleben der Emotion) und andere eher reaktiv (nach dem bzw. während des Erlebens einer Emotion) eingesetzt (vergleiche modal model of emotion regulation, vgl. Gross & Thompson, 2007). Die Fähigkeit Emotionen selbstständig angemessen zu regulieren, wird über die Entwicklung hinweg erworben. Insbesondere dem Temperament, jedoch auch Umgebungs- und Erfahrungsfaktoren, wird hoher Einfluss zugesprochen (LeBlanc et al., 2017). Ein besonderer Fokus liegt auf der Eltern-KindInteraktion und der familiären Umgebung (z. B. „Tripartite-Modell“, Morris, Silk, Steinberg, Myers & Robinson, 2007). Insgesamt erfolgt bei zunehmender physiologischer Reifung und wachsenden kognitiven und sprachlichen Fähigkeiten über die kindliche Entwicklung hinweg ein Wechsel von einer eher interpersonellen ER zu einer eher intrapersonellen ER (z. B. LeBlanc et al., 2017). Diese zeichnet sich durch zunehmende Variabilität, d. h., eine höhere Anzahl möglicher Strategien und erhöhte Selbstständigkeit und Effizienz aus. Gleichzeitig wächst die Er-

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fahrung des Kindes im Bereich der ER, sodass die Verwendung intrapersoneller ER-Strategien insgesamt kontinuierlich zunehmen sollte („maturation model“; z. B. Compas et al. 2017; Cracco, Goossens & Braet, 2017; vgl. auch Feldman, 2015). Cracco et al. (2017) fanden später im Entwicklungsverlauf Hinweise auf einen „maladaptive shift“. Dieser beschreibt die häufigere Nutzung maladaptiver und die seltenere Nutzung adaptiver Strategien, werde jedoch erst zu Beginn des Jugendalters (ca. 12 – 15 Jahre) relevant. Zur Messung von ER werden verschiedene methodische Zugänge gewählt. Dazu gehören computergestützte Verfahren, z. B. die Go-Nogo Aufgabe (Tottenham, Hare & Casey, 2011). Außerdem werden Verhaltenstests, z. B. der Marshmallow Test (Mischel, Shoda & Rodriguez, 1989) oder Wissenstests, z. B. die Subtests zur Emotionalen Kompetenz der Intelligence and Developmental Scales (IDS; Grob, Meyer & Hagmann-von Arx, 2009) eingesetzt. Eine weitere Möglichkeit sind Fragebogenverfahren z. B. der Emotion Regulation Questionnaire for Children and Adolescents (ERQ; Gullone & Taffe, 2012) oder die Difficulties in Emotion Regulation Scale (DERS; Gratz & Roemer, 2004). Problematisch ist jedoch, dass die Kennwerte aus Messungen der ER mit verschiedenen Methoden häufig nur gering oder gar nicht zusammenhängen und folglich ggf. verschiedene Teilaspekte des Konstruktes messen (z. B. Reindl, Job, Heinrichs, Lohaus & Konrad, 2017). Ein weiteres Problem ist, dass mit verschiedenen Instrumenten und Methoden unterschiedliche Strategien erfasst werden und dass gleichzeitig vergleichsweise wenig untersucht wird, wie diese unterschiedlichen Strategien zusammenhängen (NaragonGainey, McMahon & Chacko, 2017). Darüber hinaus existieren, trotz eines starken Forschungs- und klinischen Interesses, methodenübergreifend vor allem für das Kindesund Jugendalter kaum zuverlässig evaluierte und normierte Verfahren im deutschen Sprachraum. Eine Ausnahme

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J. F. Greuel et al., Die Eltern-Kurzversion des Fragebogens zur Erhebung der Emotionsregulation bei Kindern und Jugendlichen

stellt der Fragebogen zur Erhebung der Emotionsregulation bei Kindern und Jugendlichen (FEEL-KJ; Grob & Smolenski, 2009) dar. Dieser ist als Selbstbericht ab einem Alter von zehn Jahren normiert. Mit dem FEEL-KJ werden die Häufigkeit der Anwendung sieben adaptiver und fünf maladaptiver intrapersoneller ER-Strategien erfasst, zu denen auch übergeordnete Skalenwerte (Adaptive vs. Maladaptive Strategien) gebildet werden. Das Antwortformat ist fünfstufig (niefast immer). Zusätzlich werden drei Strategien erhoben, die keiner der übergeordneten Skalen (Adaptive vs. Maladaptive Strategien) zugeordnet werden. Jede der Strategien wird mit zwei Items in Bezug auf die Emotionen Wut, Angst und Trauer dargeboten, sodass sich insgesamt 90 Items ergeben. Die Auswertung kann emotions- oder strategiebezogen sowie global erfolgen. Eine genaue Beschreibung der Konstruktion des FEEL-KJ findet sich bei Grob und Smolenski (2009). In einer ausführlichen Rezension bewerteten Freudenthaler und Wettstein (2016) den FEEL-KJ als wichtige Ergänzung der psychologischen Diagnostik, kritisierten jedoch eine unzureichende Modellprüfung auf Ebene der Strategieskalen. Aus unserer Sicht besteht ein weiteres Problem darin, dass der Selbstbericht erst ab einem Alter von zehn Jahren eingesetzt werden kann. Jüngere Kinder verfügen noch nicht über ausreichende Lese- (Döpfner & Petermann, 2012) und möglicherweise auch nicht über ausreichende Introspektionsfähigkeiten, um eigenständig Angaben im Selbstbericht zu machen. Unabhängig davon führten Versuche, ER auch bei sehr jungen Kindern mit einer Variante des FEEL-KJ im Selbstbericht zu erheben, insbesondere bei Maladaptiven Strategien, zu unzureichenden Reliabilitäten und fraglicher Validität (Otterpohl, Imort, Lohaus & Heinrichs, 2012). Eine zuverlässige Messung von ER wäre jedoch gerade vor dem Alter von zehn Jahren besonders wichtig, um Probleme bereits während der zentralen Entwicklungen, die in diesem Altersabschnitt stattfinden, zu erkennen und ggf. beeinflussen zu können. Bei der Konstruktion der Eltern-Kurzversion des FEELKJ (E-FEEL-KJ; Greuel & Heinrichs, 2014) wurde das theoretische Konzept des FEEL-KJ und damit einhergehende Annahmen übernommen. Dazu zählen ein traitorientiertes und situationsübergreifendes ER-Konzept sowie eine globale Einteilung in adaptive vs. maladaptive ER-Strategien. Die Items des Selbstberichtes (Grob & Smolenski, 2009) wurden an Eltern als Beurteiler angepasst. So soll ER auch bei sehr jungen Kindern reliabel (2 – 10 Jahre) erfasst werden und bei älteren Kindern und Jugendlichen eine weitere Informationsquelle angesprochen werden können. Damit werden auch direkt vergleichbare Messungen bei mehreren Informanten möglich, die Compas und Kollegen in ihrer Metaanalyse (2017) nachdrücklich fordern. Direkt mit Selbstberichten

vergleichbare Fremdberichte zur Erfassung von ER sind bislang nur vereinzelt verfügbar (Compas et al., 2017; z. B. RSQ, Connor-Smith, Compas, Wadsworth, Thomsen & Saltzman, 2000). Empirische Befunde zum Selbstbericht des FEEL-KJ bei älteren Kindern weisen hohe korrelative Zusammenhänge zwischen den emotionsspezifischen übergeordneten Skalenwerten auf (Grob & Smolenski, 2009: mittlere Korrelation: adaptiv(Wut, Angst, Trauer): r = .66, maladaptiv(Wut, Angst, Trauer): r = .57; ähnliche Effekte z. B. in Lange & Tröster, 2015). Gleiches galt in einer Schülerstichprobe bei Verwendung aller Items des FEEL-KJ als Elternbericht (Greuel & Heinrichs, 2016: 1. und 2. Klasse, N = 163, mittlere Korrelation: adaptiv(Wut, Angst, Trauer): r = .66, maladaptiv(Wut, Angst, Trauer): r = .53). Auch bei der Analyse einer klinischen Stichprobe wurden ähnliche hohe Interkorrelationen über Skalen zur Regulation verschiedener Gefühle gefunden (Greuel, Reinhold, Wenglorz & Heinrichs, 2015). Zusätzlich ergaben sich für die emotionsbezogenen Skalenwerte Maladaptiver Strategien im Selbstbericht eingeschränkte Reliabilitäten (α < .70; Grob & Smolenski, 2009 und z. B. Lange & Tröster, 2015), sodass eine Verwendung dieser Werte in der klinisch-psychologischen Einzelfalldiagnostik nicht oder nur eingeschränkt möglich ist. Somit weisen sowohl Selbst- als auch Fremdberichte bei älteren Kindern darauf hin, dass es deutliche Zusammenhänge bei der Regulation verschiedener Gefühle gibt. Die wenig trennscharfe Itemformulierung und die unzureichende Modellprüfung auf dieser Ebene werden als weitere Schwachpunkte des FEEL-KJ (Freudenthaler & Wettstein, 2016) betrachtet. Zusätzlich ergaben sich im Selbstbericht auch auf dieser Ebene Reliabilitätsprobleme (Grob & Smolenski, 2009). In der Konsequenz wurden für die vorliegende Version des Instruments (1) die Emotionen Wut, Angst und Trauer zu unangenehmen Gefühlen zusammengefasst. Die Darbietung jeden Items erfolgt somit nur einmal, und es ergibt sich eine reduzierte Anzahl von notwendigen Aussagen (30 Items, z. B. Item aus der Originalversion: „Wenn ich wütend / ängstlich / traurig bin, erzähle ich jemandem wie es mir geht.“ vs. emotionsübergreifendes Item der vorliegenden Eltern-Kurzversion: „Wenn mein Kind unglücklich ist, erzählt es jemandem, wie es ihm geht.“). Es wurde außerdem (2) auf eine Auswertungsmöglichkeit auf Einzelstrategieebene verzichtet und eine Konzentration auf die übergeordneten Skalen („adaptiv“ / „maladaptiv“) vorgenommen. Auf diese Weise konnte der Aufwand für befragte Eltern auf ein Drittel der ursprünglichen Bearbeitungszeit reduziert werden. Die vorliegende Arbeit verfolgt verschiedene Ziele. Diese sind: (1) Eine Analyse psychometrischer Eigenschaften des E-FEEL-KJ (1a: Itemgütekriterien, 1b: Reliabilität, 1c: Übereinstimmung von Müttern und Vätern), (2) eine Prüfung von (2a) Alters- und (2b) Geschlechtseffekten sowie

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deren (2c) Interaktionseffekt (Alter* Geschlecht) auf die Skalen (adaptiv/ maladaptiv) des E-FEEL-KJ. Während für eine Vorhersage des Alterseffekts in der Stichprobe auf das „maturation model“ zurückgegriffen werden kann („je älter die Kinder sind, desto mehr ER-Strategien werden angewandt“), gibt es bei dem untersuchten Altersbereich keine Hinweise, die Hypothesen zum Geschlecht oder einer möglichen Interaktion erlauben. Die Zusammenhänge von (2b) Geschlecht und der (2c) Interaktion aus Alter und Geschlecht werden daher explorativ untersucht. Ein signifikanter positiver Alterseffekt wäre ein erster Hinweis auf die Gültigkeit des Fremdberichts. Um weitere Schätzungen für die Validität des Instrumentes zu erhalten, werden auch (3) Zusammenhänge mit internalisierenden und externalisierenden psychopathologischen Symptomen untersucht. Compas und Kollegen (2017) sowie Schäfer, Naumann, Holmes, TuschenCaffier und Samson (2017) fanden in ihrer internationalen Metaanalyse jeweils positive Zusammenhänge zwischen psychopathologischen Symptomen und maladaptiver ER sowie negative Zusammenhänge zwischen adaptiver ER und psychopathologischen Symptomen. Auch in deutschen Studien mit dem FEEL-KJ konnten diese Zusammenhänge (z. B. Greuel et al., 2015; Lange & Tröster, 2015) konsistent gezeigt werden, sodass wir davon ausgehen, sie auch in dieser Studie finden zu können. Darüber hinaus sollen auch (4) Unterschiede zwischen psychopathologisch belasteten und unbelasteten Kindern berechnet werden. Vor dem Hintergrund der dargestellten Literatur werden Nachteile in der ER (seltenere Nutzung adaptiver Strategien; häufigere Nutzung maladaptiver Strategien) bei psychopathologisch Belasteten angenommen. Abschließend werden (5) Unterschiede in Abhängigkeit von (5a) sozialem Status, (5b) Familienzusammensetzung und (5c) Migrationsstatus untersucht. Hier könnte man annehmen, dass aufgrund der konsistenten Zusammenhänge zwischen psychischen Auffälligkeiten und diesen soziodemographischen Merkmalen im Kindesalter (Ravens-Sieberer, Wille, Bettge & Erhart, 2007; Hölling, Erhart, Ravens-Sieberer & Schlack, 2007) in diesen Gruppen (z. B. Ein-Eltern Familien, Kinder aus sozial belasteten Familien) auch Nachteile in der ER (seltenere Nutzung adaptiver Strategien; häufigere Nutzung maladaptiver Strategien) sichtbar würden.

Methode Die verwendete Stichprobe wurde im Rahmen der Normierung verschiedener Elternberichtsverfahren rekrutiert. Bei der Befragung standen Verfahren im Vordergrund, die © 2018 Hogrefe Verlag

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überwiegend bei Vorschulkindern angewendet werden sollen. Auf die Durchführung von Selbstberichten wurden daher verzichtet, obwohl dies für den älteren Teil der Stichprobe denkbar gewesen wäre. Die Rekrutierung erfolgte über Kindertagesstätten und Grundschulen (detaillierte Darstellung in Briegel, Greuel & Heinrichs, in Vorbereitung). Von 5.356 kontaktierten Familien nahmen 1.799 (34 %) teil. Nach Ausschluss unzureichender Daten (keine Alters- oder Geschlechtsangabe für das Kind: n = 20; kein gültiger Beurteiler: n = 9; Kind jünger als 2 oder älter als 10 Jahre: n = 21; keine gültigen E-FEEL-KJ-Werte für Mutter oder Vater: n = 111) verblieben 1.638 Fälle (gültige Daten von 31 % der angefragten Grundgesamtheit). Fehlende Werte wurden durch den Mittelwert der übrigen Items der Skala ersetzt. Bei mehr als drei fehlenden Werten pro Skala wurde kein Skalenwert mehr gebildet (jeweils entsprechend den Vorgaben des Selbstberichtes; Grob & Smolenski, 2009). Die verbleibende Stichprobe (Tabelle 1) setzt sich aus 1.638 Kindern (49 % Mädchen) im Alter zwischen zwei und zehn Jahren (M = 6.64 Jahre; SD = 2.30 Jahre) zusammen. Bei n = 958 Kindern liegen E-FEEL-KJ-Daten von beiden Eltern vor, bei n = 605 ausschließlich von Müttern, bei n = 75 Kindern ausschließlich von Vätern. Bei 82 (5 %) Kindern wurde von den Eltern eine diagnostizierte, psychische Störung angegeben. Aktivitäts- und Aufmerksamkeitsstörungen (n = 76; 5 %) und Störungen des Sozialverhaltens (n = 11; 1 %) waren dabei die häufigsten Diagnosen. Darüber hinaus wurde bei fünf Kindern eine Bindungsstörung (< 1 %) und bei vier Kindern eine Angststörung (< 1 %) angegeben. Weitere Diagnosen waren jeweils nicht häufiger als zweimal vertreten. Bei 86 Kindern (5 %) erfolgte laut Angabe der Eltern eine psychologische oder psychiatrische Beratung oder Behandlung und 53 Kinder (3 %) wurden medikamentös behandelt. Achtzehn Prozent der Mütter und 19 Prozent der Väter gaben einen Migrationshintergrund an (KiGGS-Studie: 15 %; Ravens-Sieberer et al., 2007). Der überwiegende Teil der Kinder lebte bei den leiblichen Eltern (83 %), kleinere Anteile bei einem leiblichen Elternteil und dessen Partner (6 %) oder bei einem alleinerziehenden, leiblichen Elternteil (10 %). Nur ein kleiner Anteil lebte in Adoptivoder Pflegefamilien (1 %). Bei keinem der untersuchten Stichprobenmerkmale traten Unterschiede zwischen den Geschlechtern auf. Der soziale Status wurde äquivalent zur KiGGS-Studie mit dem Winkler-Index (vergleiche Lange et al., 2007) erhoben. Es erfolgte eine Einteilung in die Statusgruppen niedrig (17 %), mittel (47 %) und hoch (25 %). Bei 12 % der Stichprobe konnte der soziale Status aufgrund fehlender Angaben nicht berechnet werden. Es ergab sich eine ähnliche Verteilung auf die Statusgruppen wie in der KiGGS-Studie (niedrig: 27 %, mittel: 45 %, hoch: 25 %, feh-

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Tabelle 1. Soziodemographische Charakteristika der Normierungsstichprobe Jungen

Mädchen

n

841

797

M (SD)

6.68 (2.30)

6.59 (2.31)

T (1639) = .79, p = .43

Psychische Störung angegeben

n

47 (6 %)

36 (5 %)

Χ2 (1) = 2.37, p = .12

Behandlung oder Beratung angegeben

n

53 (6 %)

33 (4 %)

Χ2 (1) = 1.13, p = .29

Medikamentöse Behandlung angeben

n

34 (4 %)

19 (2 %)

Χ2 (1) = 1.41, p = .24

früh KiGa (2 – 4 Jahre)

n

180 (21 %)

179 (23 %)

spät KiGa (5 – 6 Jahre)

n

172 (21 %)

161 (20 %)

früh GS (7 – 8 Jahre)

n

261 (31 %)

265 (33 %)

spät GS (9 – 10 Jahre)

n

228 (27 %)

192 (24 %)

niedrig

n

128 (15 %)

144 (18 %)

mittel

n

390 (47 %)

371 (46 %)

hoch

n

228 (27 %)

180 (23 %)

Unzureichende Angaben

n

95 (11 %)

102 (13 %)

n

695 (83 %)

658 (83 %)

leibliches Elternteil und Partner

n

44 (5 %)

51 (6 %)

alleinerziehendes, leibliches Elternteil

n

91 (11 %)

78 (10 %)

Pflege- oder Adoptivfamilie

n

9 (1 %)

9 (1 %)

fehlend

n

2 (< 1 %)

1 (< 1 %)

Kein Elternteil ist Migrant

n

643 (77 %)

583 (73 %)

Ein Elternteil ist Migrant

n

84 (10 %)

101 (13 %)

Beide Elternteile sind Migranten

n

91 (11 %)

92 (11 %)

Alter des Kindes

Teststatistik (Freiheitsgrade)

Verteilung Altersgruppen

Χ2 (3) = 2.30, p = .51

Verteilung sozialer Status

Χ2 (2) = 5.26, p = .07

Verteilung Familienzusammensetzung Leibliche Eltern

Χ2 (3) = 1.40, p = .71

Verteilung Migrationsstatus

Fehlend

n

23 (2 %)

Χ2 (2) = 3.40, p = .18

21 (3 %)

Alter Mütter

M (SD)

37.27 (5.59)

37.11 (5.60)

T (1618) = .60, p = .55

Alter Väter

M (SD)

40.29 (6.41)

40.51 (6.58)

T (1418) = .64, p = .52

Anzahl Geschwister

M (SD)

1.17 (.99)

1.17 (1.02)

T (1621) = .18, p = .86

Anmerkungen: GS = Grundschule, KiGa = Kindergarten, KIGGS = Studie zur Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in Deutschland, M = Mittelwert, N = Stichprobengröße, n = Größe einer Teilgruppe, p = Signifikanzwert, SD = Standardabweichung, T (Freiheitsgrade) = Teststatistik, Χ2 (Freiheitsgrade) = Teststatistik.

lend: 2 %). Dort lag der Anteil niedrigen Status jedoch etwas höher, der Anteil fehlender Werte niedriger. Auch in den Verteilungen auf Alters- und Statuskategorien unterschieden sich Mädchen und Jungen nicht. Eyberg Child Behavior Inventory (ECBI; Eyberg & Pincus, 1999; deutsche Version Bussing, Briegel & Walter, 2008). Mithilfe des ECBI wurden externalisierende Probleme erfasst. In der vorliegenden Studie wird ausschließlich der über alle 36 Items gebildete Intensitätswert verwendet. Es

ergab sich eine interne Konsistenz von α = .93 bei Müttern und Vätern. Diese sind mit den Angaben aus der Normierungsstudie der deutschen ECBI-Version vergleichbar (Heinrichs, Bussing, Henrich, Schwarzer & Briegel, 2014). Elternfragebogen zur Erfassung kindlicher Gefühle (EFkG, Greuel, Job & Heinrichs, 2014). Der EFkG ist ein selbst entwickeltes Verfahren zur Erfassung typischer internalisierender Probleme aus den Bereichen Angst (z. B. Mein Kind ist ängstlich.), Depressivität (z. B. Mein Kind ist trau-

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rig oder niedergeschlagen.) und Körperliche Symptome (z. B. Mein Kind hat Kopfschmerzen, ohne dass es dafür eine körperliche Ursache gibt.) im Forschungskontext. Das Antwortformat wurde äquivalent zum ECBI gestaltet (Intensitätswerte: 7-stufig: nie – immer). Im Rahmen dieser Arbeit wird der über alle 15 Items gebildete Intensitäts-Gesamtwert des EFkG verwendet. Hier ergab sich eine interne Konsistenz von α = .80 bei Müttern und α = .81 bei Vätern. Erste Analysen geben deutliche Hinweise für die Validität der Skala (Dombert, 2016). In der Analyse der Daten wurden jeweils die E-FEELKJ-Werte für Adaptive (14 Items) und Maladaptive Strategien (10 Items) in der Bewertung durch Mütter bzw. Väter als abhängige Variablen verwendet. Um diese, trotz der unterschiedlichen Itemzahl, direkt vergleichen zu können, wurden Mittelwerte gebildet. Zur Bestimmung der (1a) Itemeigenschaften wurden die folgenden Kennwerte zu jedem der Items bei Müttern bzw. Vätern berechnet: Minimum, Maximum, Mittelwert, Standardabweichung, part-whole-korrigierte Itemtrennschärfe (in Bezug auf die jeweilige Skala). Zur Schätzung der (1b) Reliabilität wurden interne Konsistenzen (Cronbach’s α) verwendet. Die (1c) Übereinstimmung zwischen Müttern und Vätern wurde mittels Intraclass-Koeffizienten (ICC; zweifach-gemischtes Modell, absolute Übereinstimmung) ermittelt. Zur Interpretation galten folgende Richtwerte: niedrig: ICC < .40, akzeptabel: ICC = .40 – .59, gut: ICC = .60 – .74, exzellent: ICC > .74 (Cicchetti, 1994). (2a) Alters- und (2b) Geschlechtseffekte sowie (2c) der Einfluss der Interaktionen beider Effekte wurden mit zweifaktoriellen Varianzanalysen untersucht. Als Effektstärkemaß wurde Eta2, das als Maß der Varianzaufklärung interpretiert werden kann, verwendet (Interpretation entsprechend r² bzw. r, siehe unten). Als Hinweise auf die Validität des Verfahrens wurden mit Pearson-Korrelationen (3) Zusammenhänge mit Maßen für psychische Beschwerden berechnet. Die Effektstärken wurden entsprechend der folgenden Richtwerte interpretiert: klein: r = .10, mittel: r = .30, groß: r > .50 (Cohen, 1992). Zusätzlich wurden (4) Unterschiede zwischen Kindern, deren Eltern eine klinisch-psychologische bzw. psychiatrische Diagnose angegeben hatten (5 %) und Kindern, deren Eltern keine solche Diagnose angegeben hatten, berechnet. Um diese Unterschiede berechnen zu können, wurde zu jedem Kind mit einer angegebenen psychischen Störung (aus der Gruppe der Kinder ohne Angabe einer Störung) zufällig ein Vergleichsfall ausgewählt. Alter und Geschlecht wurden dabei konstant gehalten (Matching). Der Vergleich der Testwerte erfolgte mittels t-Test, die Einschätzung der Effektstärken mit Cohens d (Richtwerte: kleiner Effekt: d = .20, mittlerer Effekt: d = .50, großer Effekt: d = .80; Cohen, 1992). Zur Analyse der Unterschiede in Abhängigkeit vom (5a) sozioökonomischen Status, (5b) © 2018 Hogrefe Verlag

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der Familienzusammensetzung und (5c) dem Migrationsstatus wurden univariate Kovarianzanalysen unter Berücksichtigung des Alters (ANCOVA) berechnet. Für den Fall signifikanter Ergebnisse in diesen Analysen wurden jeweils Post-hoc-Tests mit Bonferroni-Korrektur eingesetzt (Effektstärken: Cohen’s d; siehe oben). Alle statistischen Verfahren wurden nach Field (2013) ausgewählt und mit dem Programm IBM SPSS Statistics Version 24 durchgeführt.

Ergebnisse Feststellung der Itemgütekriterien (1a) Die Ergebnisse zu den Itemstatistiken werden nicht weiter beschrieben, sind jedoch in den Tabellen S1 und S2 des elektronischen Supplements enthalten.

Schätzungen der Reliabilität (1b) Die Skalenwerte der Eltern-Kurzversion des FEEL-KJ wiesen in der gesamten Stichprobe folgende interne Konsistenzen auf: Adaptive Strategien (Mutter /Vater): α = .90/.89; Maladaptive Strategien (Mutter /Vater): α = .78/.79. Diese Angaben waren in verschiedenen Altersstufen und über Jungen und Mädchen hinweg vergleichsweise stabil (α(Adaptiv) = .83 – .91; α(Maladaptiv) = .74 – 84; elektronisches Supplement, Tabelle S3).

Beurteiler- (Eltern‐) Übereinstimmung (1c) Für die gesamte Stichprobe wurden folgende IntraclassKoeffizienten für die Übereinstimmung der Ratings von Müttern und Vätern, auf den Skalen des E-FEEL-KJ, berechnet: Adaptive Strategien: ICC = .75; Maladaptive Strategien: ICC = .69. Tabelle S4 des elektronischen Supplements zeigt, dass diese Ergebnisse über die Geschlechtergruppen und in verschiedenen Altersstufen vergleichsweise stabil waren (ICC(adaptiv) = .62-.80; ICC(maladaptiv) = .47 – .75).

Alters- und Geschlechtseffekte (2a, 2b, 2c) Tabelle 2 zeigt die Ergebnisse der zweifaktoriellen Varianzanalysen zum Einfluss von Alter und Geschlecht bzw. deren Interaktion. Es traten über alle Skalen hinweg (2a) signifikante, kleine Alterseffekte auf. Mütter und Väter gaben bei älteren Kindern jeweils häufigere Nutzungen

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Tabelle 2. Ergebnisse der zweifaktoriellen Varianzanalyse (ANOVA) zum Einfluss des Geschlechtes und des Alters sowie deren Interaktion auf die Skalenwerte der Eltern-Kurzversion des FEEL-KJ Abhängige Variablen

Unabhängige Variable (2a)

Unabhängige Variable (2b)

Interaktion (2c)

Haupteffekt Alter

Haupteffekt Geschlecht

Interaktionseffekt Geschlecht*Alter

N

F (8)

p

Eta²

F (1)

p

Eta²

F (8)

p

Eta²

Adaptiv Mutter

1563

6.79

< .01

.03

3.02

.08

< .01

.84

.57

< .01

Adaptiv Vater

1033

7.90

< .01

.06

5.22

.02

.01

.30

.97

< .01

Maladaptiv Mutter

1561

7.05

< .01

.04

2.02

.16

< .01

1.89

.06

.01

Maladaptiv Vater

1028

4.98

< .01

.04

.76

.38

< .01

.69

.70

< .01

Anmerkungen: N = Stichprobengröße, F (Freiheitsgrade) = Teststatistik, p = Signifikanzwert, Eta² = partielles Eta² (Effektstärkemaß), kursiv = signifikante Ergebnisse (p < .05).

Tabelle 3. Korrelationen der Skalenwerte der Eltern-Kurzversion des FEEL-KJ und der weiteren verwendeten Maße (EFkG und ECBI)

Adaptiv Mutter Adaptiv Vater Maladaptiv Mutter

Adaptiv Vater

Maladaptiv Mutter

Maladaptiv Vater

Int. Mutter EFkG

Int. Vater EFkG

Int. Mutter ECBI

Int. Vater ECBI

.60

-.28

-.20

-.22

-.15

-.37

-.34

-.18

-.16

-.15

-.18

-.32

-.36

.53

.42

.32

.44

.33

.32

.42

.34

.45

.61

.48

.34

.38

.50

Maladaptiv Vater EFkG Int. Mutter EFkG Int. Vater ECBI Int. Mutter

.73

Anmerkungen: EFkG = Elternfragebogen zur Erfassung kindlicher Gefühle/internalisierende Probleme, ECBI = Eyberg Child Behavior Inventory / externalisierende Probleme, kursiv = signifikante Ergebnisse (p < .05), Stichprobengröße: N = 795 – 1557.

adaptiver und maladaptiver Strategien an. Es zeigten sich (2b) keine signifikanten Geschlechtseffekte. Die einzige Ausnahme stellt die Skala Adaptive Strategien im Urteil der Väter dar, auf der sich ein signifikanter, kleiner Effekt ergab. (2c) Signifikante Interaktionseffekte aus Geschlecht und Alter traten nicht auf. Zur Orientierung wurden die Mittelwerte und Standardabweichungen von Jungen und Mädchen in verschiedenen Altersstufen in Tabelle S5 des elektronischen Supplements abgebildet.

Validität (3 und 4) Tabelle 3 beinhaltet die (3) Korrelationen der verwendeten Konstrukte untereinander. Darin zeigten sich sowohl bei Müttern, als auch Vätern, signifikante, kleine bis mittlere, negative Zusammenhänge zwischen der Häufigkeit der Anwendung Adaptiver Strategien und internalisierenden

3

(EFkG) wie externalisierenden Symptomen (ECBI). Die Zusammenhänge mit externalisierenden Symptomen fielen höher aus (Mütter: z = 5.91, p < .01; Väter: z = 5.55, p < .01). Die Häufigkeit der Anwendung Maladaptiver Strategien wies beurteilerübergreifend signifikante, mittlere, positive Zusammenhänge mit internalisierenden wie externalisierenden Symptomen auf. Unterschiede in den Zusammenhängen mit beiden Symptomgruppen (internalisierend vs. externalisierend) bestanden nicht (Mütter: z = .86, p = .20; Väter: z = 1.00, p = .16). Zusätzlich wurden (4) Unterschiede zwischen Kindern, bei denen eine psychische Störung angegeben war und Kindern, bei denen keine solche Störung angegeben wurde (Matching), berechnet (Tabelle 4). Beurteilerübergreifend zeigte sich eine seltenere Verwendung adaptiver und eine häufigere Anwendung maladaptiver Strategien bei Kindern mit angegebenen psychischen Störungen. Die Effektstärken lagen im großen Bereich.3

Ein weiterer Vergleich wurde vorgenommen, bei dem die psychopathologische Belastung als Auffälligkeit im ECBI operationalisiert und als Kriterium der Gruppenbildung verwendet wurde (Grenzwert: ECBI=111, siehe Heinrichs et al., 2014). Es zeigten sich vergleichbare Ergebnisse wie in der beschriebenen Analyse (elektronisches Supplement, Tabelle 9).

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Tabelle 4. Mittelwertunterschiede (t-Test) zwischen Kindern ohne bzw. mit Angabe einer psychischen Störung (Elternangaben) auf den Skalen der Eltern-Kurzversion des FEEL-KJ Abhängige Variablen

Unabhängige Variable

Effekt psychische Störung

keine psychische Störung M (SD)

psychische Störung M (SD)

T

p

d

Adaptiv Mutter

3.34 (.63)

2.83 (.56)

5.38

< .01

.86

Adaptiv Vater

3.57 (.58)

2.98 (.52)

5.17

< .01

1.07

Maladaptiv Mutter

1.98 (.56)

2.58 (.63)

6.24

< .01

1.01

Maladaptiv Vater

1.90 (.50)

2.54 (.52)

5.96

< .01

1.26

Anmerkungen: M = Mittelwert, SD = Standardabweichung, T = Teststatistik, p = Signifikanzwert, d = Cohens d (Effektstärkemaß), kursiv = signifikante Ergebnisse (p < .05), Stichprobengrößen: N(Mutter) = 78 pro Gruppe, N(Vater) = 45 pro Gruppe.

Sozioökonomischer Status (5a)

Migrationsstatus (5c)

Tabelle S6 des elektronischen Supplements zeigt die deskriptiven Statistiken der Statusgruppen (1) niedrig, (2) mittel und (3) hoch und die Teststatistiken der Vergleiche. Entgegen der Hypothese ergaben sich bei den Adaptiven Strategien bei zunehmendem Status abnehmende Werte in den Urteilen der Mütter und Väter. Die Effektstärken fielen klein aus. Signifikante Unterschiede ergaben sich zwischen den Gruppen (1) niedrig und (3) hoch sowie zwischen (2) mittel und (3) hoch. Im Gegensatz dazu zeigten sich keine Effekte bei den Maladaptiven Strategien, obwohl bei abnehmendem Status zunehmende Werte erwartet worden waren.

Tabelle S8 des elektronischen Supplements zeigt die deskriptiven Statistiken der Gruppen des Migrationsstatus (0) kein Elternteil mit Migrationshintergrund, (1) ein Elternteil mit Migrationshintergrund und (2) beide Elternteile mit Migrationshintergrund und die Teststatistiken der Vergleiche. Es ergaben sich signifikante, kleine Einflüsse des Migrationsstatus der Familie auf die Urteile der Mütter und Väter in Bezug auf Adaptive Strategien. In den anschließenden post-hoc Tests war jedoch nur der Vergleich (0) kein Elternteil mit Migrationshintergrund vs. (2) beide Elternteile mit Migrationshintergrund im Urteil der Väter signifikant. Für Kinder, deren Mutter und Vater Migranten sind, wurde die Verwendung adaptiver Strategien etwas häufiger angegeben. Im Unterschied dazu zeigten sich keine Effekte bei den Maladaptiven Strategien.

Familienzusammensetzung (5b) Tabelle S7 des elektronischen Supplements zeigt die deskriptiven Statistiken der Familienzusammensetzungen (1) Familie mit beiden leiblichen Elternteilen, (2) ein leibliches Elternteil und dessen Partner, (3) alleinerziehendes leibliches Elternteil und (4) Pflege- oder Adoptivfamilie sowie die Teststatistiken der Vergleiche. Beurteilerübergreifende Unterschiede zwischen den Gruppen zeigten sich bei den Adaptiven Strategien. Für Pflege- oder Adoptivkinder wurden in den Urteilen der Mütter und Väter durchgehend niedrigere Werte angegeben als für Kinder aus anderen Familienzusammensetzungen (Ausnahme: Väter: (3) alleinerziehendes leibliches Elternteil vs. (4) Pflege- oder Adoptivfamilie nicht signifikant). Die Effektstärken lagen im niedrigen bis mittleren Bereich. Bei den Maladaptiven Strategien ergab sich kein signifikanter Unterschied zwischen Kindern aus den verschiedenen Familienzusammensetzungen.

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Diskussion Mit der Elternkurzversion des FEEL-KJ wurde ein Verfahren vorgelegt, mit dem emotionsübergreifend adaptive und maladaptive ER-Strategien erfasst werden können. Es wurden einerseits psychometrische Eigenschaften untersucht, andererseits Bezüge zu Symptomen psychischer Störungen und soziodemografischen Variablen hergestellt. Es zeigte sich ausreichende bis gute psychometrische Qualität. Außerdem konnte eine mit dem Alter ansteigende Verwendung von ER-Strategien und Zusammenhänge dieser mit Symptomen psychischer Störungen gefunden werden. Kinder mit angegebenen Diagnosen psychischer Störungen wiesen starke Nachteile in den Testwerten auf. Es zeigten sich allenfalls kleine Einflüsse soziodemographischer Variablen auf die Testwerte. In der (1b) Reliabilitätsanalyse konnten besonders gute Werte für Adaptive Strategien gefunden werden, wobei auch die Werte für Maladaptive Strategien in jeder unter-

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suchten Teilstichprobe über dem kritischen Wert von .70 lagen. Geringere Reliabilitäten für Maladaptive Strategien hatten sich auch im Selbstbericht gezeigt. Dort wurden im Bereich Maladaptiver Strategien teilweise Werte unterhalb von .70 berichtet (Grob & Smolenski, 2009). Wahrscheinlich gehen diese auf die geringere Itemzahl der Skala (10 vs. 14 Items) und das vergleichsweise breite / inhomogene Spektrum an Strategien, die als maladaptiv zusammengefasst werden, zurück. Eine Überprüfung der Retest-Reliabilität, um die Stabilität der erhobenen Messwerte einschätzen zu können, steht noch aus. Die (1c) Übereinstimmungen zwischen Müttern und Vätern lag im guten Bereich und ist mindestens vergleichbar mit anderen klinisch-psychologischen Fragebogenverfahren (vergleiche z. B. Schroeder, Hood & Hughes, 2010). Es fanden sich (2a) systematische Einflüsse des Alters. Beide untersuchten Strategiegruppen wurden mit zunehmendem Alter häufiger eingesetzt. Vor dem Hintergrund zunehmender physiologischer Reife und anwachsender sprachlicher wie kognitiver Fähigkeiten der Kinder war diese Entwicklung zu erwarten (LeBlanc et al., 2017). Aufgrund der gefundenen Effektstärken sind altersspezifische Normen sinnvoll. Die hier gefundenen Alterseffekte sprechen für eine kontinuierliche Zunahme intrapersoneller ER im Kindesalter, während z. B. im Jugendalter durchaus andere Verläufe gezeigt werden konnten (z. B. „maladaptive shift“, Cracco et al., 2017). In den durchgeführten Analysen konnten mit Ausnahme eines sehr kleinen Effektes bei den adaptiven Strategien im Urteil der Väter (2b) keine Geschlechtseffekte gefunden werden. Dies könnte bedeuten, dass Geschlechterstereotypen in Bezug auf ER im untersuchten Altersbereich insgesamt noch wenig wirksam sind. Obwohl auch Grob und Smolenski (2009) in der deutlich älteren Normierungsstichprobe des Selbstberichts nahezu keine relevanten Geschlechtseffekte fanden, wiesen Cracco und Kollegen (2017) in einer größeren Stichprobe sowie Lange und Tröster (2015) deutliche Geschlechterunterschiede im Selbstbericht nach. (2c) Interaktionseffekte aus Alter und Geschlecht wurden im untersuchten Altersabschnitt nicht gefunden, was ein Hinweis auf geschlechtsunabhängige Entwicklungen der ER während der Kindheit sein könnte. Im Jugendalter konnten Cracco und Kollegen (2017) dagegen auch geschlechterspezifische Verläufe zeigen. Studien, die insbesondere den Übergang vom Kindes- zum Jugendalter abdecken, könnten dazu genutzt werden, festzustellen, wann geschlechterspezifische Entwicklungen beginnen. (3) Zusammenhänge mit Maßen internalisierender wie externalisierender Psychopathologie konnten für beide Strategiegruppen gezeigt werden, sodass die Befunde dazu in Richtung und Intensität mit dem aktuellen Forschungsstand übereinstimmen (vergleiche z. B. Compas et al., 2017). Die seltenere Nutzung adaptiver Strategien

scheint im untersuchten Altersbereich enger mit externalisierender, als mit internalisierender Psychopathologie verknüpft zu sein. Dennoch zeigen die Ergebnisse, wie wichtig die Erhebung beider Strategiegruppen ist (vgl. auch Schäfer et al., 2017). Aufgrund des querschnittlichen Designs können hier, wie im überwiegenden Teil der Studien, die diese Zusammenhänge bislang untersuchten (Compas et al., 2017), keine kausalen Beziehungen hergestellt werden. So könnten Schwierigkeiten in der ER nicht nur Ursache, sondern auch Folge kindlicher seelischer Beschwerden sein. Längsschnittstudien weisen (im Vergleich zu querschnittlichen Untersuchungen) insgesamt deutlich niedrigere Zusammenhänge von ER und Psychopathologie auf (Compas et al., 2017). Auch der (4) Vergleich der Kinder, deren Eltern eine psychische Störung des Kindes angegeben hatten, mit denen, ohne angegebene Störung (zufällig ausgewählte Vergleichsgruppe), zeigt, bei angegebener Diagnose, starke Nachteile bei adaptiven sowie maladaptiven Strategien. Hierbei sollte jedoch berücksichtigt werden, dass nur 5 % aller Eltern eine Diagnose angaben. Gleichzeitig liegt die Prävalenz für die Gesamtheit der psychischen Störungen im Kindergartenalter (5 – 13 %; Kuschel, Heinrichs, Bertram, Naumann & Hahlweg, 2008) und im Grundschulalter (7 – 12 %; Ravens-Sieberer et al., 2007) eher höher (Beurteilungszeitraum waren jeweils die letzten sechs Monate). Somit kann davon ausgegangen werden, dass mehr Kinder aus der Stichprobe tatsächlich psychische Störungen aufweisen oder zumindest auffällig sind. Daher wurde zusätzlich eine Gruppenteilung anhand des ECBI-Cut-Offs vorgenommen (Beurteilung der Verhaltensprobleme im aktuellen Zeitraum). Es ergaben sich vergleichbare Befunde wie bei der Gruppenaufteilung nach angegebener Diagnose (siehe elektronisches Supplement, Tabelle 9). Die Werte für die Verwendung adaptiver Strategien wiesen (5a, 5b, 5c) in Abhängigkeit von der Soziodemographie der Familie Unterschiede auf. Diese fielen jedoch klein aus. Dennoch war die Richtung der Effekte zumindest teilweise konträr zu unserer Erwartung. Die Ergebnisse wiesen auf signifikant häufigere Nutzungen adaptiver Strategien in eher benachteiligten Gruppen (niedrigere soziale Schicht, Migrantenstatus beider Eltern) hin, obwohl diese mit tendenziell höheren psychopathologischen Belastungen assoziiert werden (Hölling et al., 2007; RavensSieberer et al., 2007). Eine mögliche Erklärung könnten z. B. hohe Elternerwartungen bei hohem sozialem Status sein. In der Folge könnten Bewertungen der Kinder kritischer ausfallen. Bei der Analyse der Familienzusammensetzungen zeigten sich deutliche Nachteile bei Pflege- und Adoptivkindern, die aufgrund tendenziell erhöhter Psychopathologie zu erwarten waren. Hier ist jedoch zu berücksichtigen, dass nur eine vergleichsweise kleine Stichprobe von Pflege- und Adoptivkindern vorlag.

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Die Werte für maladaptive Strategien zeigten sich (5a, 5b, 5c) durchgehend unabhängig von sozioökonomischen Variablen wie sozialer Schicht, Familienzusammensetzung und Migrationsstatus. Vor dem Hintergrund, dass diese häufig mit Psychopathologie assoziiert werden (Hölling et al., 2007; Ravens-Sieberer et al., 2007), überrascht auch dieser Befund. Es wäre jedoch möglich, dass sich entsprechende Effekte erst später im Entwicklungsverlauf niederschlagen. Das Ergebnis könnte auch ein Hinweis darauf sein, dass emotionale Dysregulation und psychische Auffälligkeiten unterschiedliche Konstrukte darstellen, die mit externen Kriterien unterschiedlich stark zusammenhängen. Als Stärke der Studie ist zu nennen, dass eine vergleichsweise sehr große Stichprobe rekrutiert werden konnte, die in Bezug auf die Merkmale Geschlecht der Kinder, Familienstatus, Migrationshintergrund und sozialer Status hohe Ähnlichkeit mit repräsentativen, deutschen Stichproben zeigt (vgl. Ravens-Sieberer et al., 2007) und einen vergleichsweise großen Altersbereich abdecken kann. Zusätzlich nahm ein erheblicher Anteil angefragter Väter parallel zu Müttern an der Erhebung teil, sodass die Einschätzungen aussagekräftig zwischen den Beurteilern verglichen werden konnten. Insgesamt erlaubt die Stichprobe dementsprechend die Bereitstellung von angenäherten Norm- bzw. Vergleichswerten (zum Download kostenfrei verfügbar unter https://doi.org/10.24355/dbbs. 084-201803050916; Greuel, Briegel & Heinrichs, 2018).4 Als eine der wichtigsten Limitationen muss die Reduktion auf Eltern als alleinige Informationsquelle und die damit nicht abschließend zu bewertende Validität des Fragebogens angesehen werden. Fraglich ist hier vor allem, ob Eltern die entscheidenden, intrapsychischen Prozesse objektiv und valide bewerten können. Dennoch werden Elternberichte in der Literatur gefordert (Compas et al., 2017). Auch die im Konzept des FEEL-KJ verankerte Annahme einer traitorientierten, situationsübergreifenden ER und die situationsunabhängige Unterscheidung in adaptive vs. maladaptive Strategien können kritisiert werden (z. B. Freudenthaler & Wettgenstein, 2016). Darüber hinaus ist der methodische Zugang auf Fragebogenverfahren reduziert, und es ist bislang unzureichend untersucht, wie die erhobenen Messwerte mit anderen Maßen für ER zusammenhängen. Vor dem Hintergrund des generellen Mangels an Messinstrumenten für ER und den begrenzten Messzugängen bei sehr jungen Kindern, kann die Eltern-Kurzversion des FEEL-KJ nach unserer Einschätzung dennoch helfen, eine Lücke zu schließen bzw. das vorhandene diagnostische Repertoire sinnvoll zu erweitern. Insbesondere die kurze Bearbeitungszeit und die

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damit überschaubare Elternbelastung könnten die ElternKurzversion des FEEL-KJ attraktiv für die Forschung und möglicherweise auch für die klinische Anwendung machen. Im Rahmen zukünftiger Forschung sollten vor allem die Zusammenhänge der erhobenen Messwerte mit anderen, multimethodal erfassten Maßen für ER untersucht werden, um die Validität des E-FEEL-KJ besser einschätzen zu können. Zusätzlich sollte die diskriminante Validität weiter untersucht werden, indem der Fragebogen bei Stichproben mit unterschiedlichen psychischen Störungen eingesetzt wird. Im Rahmen klinisch-psychologischer Forschung und Diagnostik könnte die Eltern-Kurzversion des FEEL-KJ eingesetzt werden, um Hinweise auf das Vorliegen ungünstiger ER zu erhalten (zu seltene Nutzung adaptiver und / oder zu häufige Nutzung maladaptiver Strategien). Im Falle individueller Diagnostik und möglicher abgeleiteter Therapieindikationen sollten diese Hinweise jedoch durch den Einsatz zusätzlicher Methoden und Beurteiler abgesichert werden.

Elektronische Supplemente (ESM) Die elektronischen Supplemente sind mit der OnlineVersion dieses Artikels verfügbar unter https://doi.org/ 10.1026/1616-3443/a000463 ESM 1. MS 315_ESM.docx

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Rezension Psychopathologische Befunderhebung Franz Petermann Herausgeber: Rolf-Dieter Stieglitz, Achim Haug, Bernhard Kis, Silke Kleinschmidt und Andreas Thiel (2018). Praxisbuch AMDP. Psychopathologische Befunderhebung – Grundlagen und Anwendungsbeispiele. Göttingen: Hogrefe, 316 Seiten, € 34,95, ISBN 978-3-8017-2852-6 Das vorliegende Praxishandbuch AMDP ergänzt das 2016 in neunter Auflage erschienene AMDP-System (= Manual zur Dokumentation psychiatrischer Befunde) und den ebenfalls 2016 erschienenen Interviewleitfaden zur Erfassung des psychopathologischen Befundes. Das AMDP-System weist eine mehr als 50-jährige Geschichte auf und hat in dieser Zeit entscheidend dazu beigetragen, dass diagnostisches Urteilen in der Psychiatrie und Psychotherapie standardisiert wurde. Die Abkürzung AMDP steht für Arbeitsgemeinschaft für Methodik und Dokumentation in der Psychiatrie. Das Erhebungsverfahren stellt ein Fremdbeurteilungssystem mit einem Anamneseteil, einem psychischen und somatischen Befund dar. Der psychische Befund umfasst 100 Symptome, die sich verschiedenen Merkmalsbereichen zuordnen lassen. Wichtige Merkmalsbereiche sind zum Beispiel: Bewusstseinsstörung, Orientierungsstörung, Aufmerksamkeitsstörung, Gedächtnisstörung, formale Denkstörungen, Zwänge, Wahn, Sinnestäuschung, Antriebsmangel und Antriebsstörungen. Das vorliegende Praxisbuch fasst in vier Hauptteilen wichtige Grundlagen zusammen und liefert Beispiele für die Anwendung des AMDP-Systems. Im ersten Teil werden die Grundlagen der klinischen Anwendung ausgeführt. Teil 2 illustriert die Anwendungsbereiche (Begutachtung, Psychiatrie, Therapieevaluation, Erfassung von Nebenwirkungen). Im dritten Teil werden Möglichkeiten und Qualitätsstandards in Aus-, Fort- und Weiterbildung erläutert. Der vierte Teil bildet mit 15 Fallbeispielen das Kernstück des Praxisbuches. Anhand ausgewählter Störungen aus den verschiedenen Bereichen der ICD-10 werden Vorschläge zur Gestaltung des psychopathologischen Befundes formuliert. In der aktuellen, neunten Auflage des AMDP-Systems sind folgende Aspekte kennzeichnend: · Anamnese: Minimalkatalog von 12 Merkmalen, die allgemeine Variablen (u. a. soziale, berufliche) und krank© 2018 Hogrefe Verlag

heitsbezogene Aspekte (incl. ICD-10-Diagnose) umfassen. · Psychischer Befund: 100 Symptome und 11 Zusatzsymptome, die nach den Kriterien „nicht vorhanden“, „leicht“, „mittel“, „schwer“ und „keine Aussage“ bewertet werden. · Somatischer Befund: 40 Symptome und drei Zusatzsymptome, die sieben Merkmalsgruppen zugeordnet werden können. Diese Informationen werden im ersten Teil auf 73 Seiten ausführlich von verschiedenen Autoren referiert. Im zweiten Teil des Praxisbuches werden in sieben Kapiteln verschiedene Anwendungsbereiche skizziert. Diese Übersicht reicht von der Begutachtung, über verschiedene Einsatzbereiche der psychiatrischen Versorgung bis zur Therapieevaluation. Auch der Forschungsbereich wird knapp aufgelistet (vgl. Studien zur Psychopathologie, Pharma-Studien, klinische Studien). Im Kapitel „AMDP im Kontext anderer Verfahren“ wird auf korrespondierende Verfahren (z. B. BPRS, CPRS) und auf Selbstbeurteilungsverfahren zur Ergänzung des AMDP-Systems (z. B. BDI-II, SCL-90-R) eingegangen. Darüber hinaus erfolgen Hinweise auf die Operationalisierte Psychodynamische Diagnostik (OPD) und die Internationale Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit der WHO (ICF). In einem kurzgefassten dritten Teil des Praxisbuches (= 31 Seiten) werden unter dem Blickwinkel der Aus-, Fort- und Weiterbildung zum AMDP-System die Formen und Möglichkeiten des Trainings und der Wissensvermittlung behandelt. Es kommen dabei Angebote in verschiedenen klinischen Kontexten (u. a. in der Pflegeausbildung) zur Sprache. Zu vermittelnde Tätigkeiten sind (vgl. S. 156 des Praxisbuches): · Kenntnis und Verständnis der Fachbegriffe, · Gesprächsführung (incl. Video-Schulung),

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· Anwendung der Fachbegriffe auf individuelle Patienten, · Erstellung eines frei formulierten Befundes für den Arztbericht, · Ableitung der syndromalen Diagnostik aus dem psychopathologischen Befund, · Ableitung der klassifikatorischen Diagnostik aus dem psychopathologischen Befund und · therapiebegleitende Verlaufsüberprüfung. In diesem Hauptkapitel, das ca. 100 Druckseiten umfasst, werden 15 Fallbeispiele nach einem praxisnahen und einheitlichen Schema präsentiert. Dabei werden alle Fallbeispiele in drei Abschnitte untergliedert: (1) Patientenvorstellung und Untersuchungsanlass, (2) ausformulierter psychopathologischer Befund (z. B. als Teil des Arztberichtes) und (3) Diskussion des Befundes und der Diagnose nach ICD-10. Für jeden Fall ist am Ende des jeweiligen Kapitels der ausgefüllte Dokumentationsbogen des psychischen Befundes abgedruckt. Die ausgewählten Fälle reichen von der Demenz vom Alzheimer-Typ, verschiedene Formen der Alkoholabhän-

gigkeit, Formen der Schizophrenie, depressive Episoden mit verschiedenen komorbiden Störungen, Borderline-Persönlichkeitsstörung, Autismus-Spektrums-Störung, Angstund Zwangsstörung und ADHS im Erwachsenenalter. Bewertung: Das vorliegende Praxisbuch ist sehr gut lesbar und sehr gut gegliedert; im Anhang wird u. a. der Befundbogen des AMDP-Systems abgedruckt; weiterhin wurden die AMDP-Merkmale in den deutsch-, englischund französischsprachigen Bezeichnungen aufgelistet. Zudem werden im Anhang auch die AMDP-Syndrome, das heißt die neun Primärskalen und drei übergeordneten Skalen zum AMDP-System wiedergegeben. Die Sammlung stellt in ihrer Systematik eine wichtige Hilfe für die klinische Praxis dar. Rezensent: Prof. Dr. Franz Petermann, Zentrum für Klinische Psychologie und Rehabilitation der Universität Bremen, Grazer Straße 6, 28359 Bremen, fpeterm@uni-bremen.de

https://doi.org/10.1026/1616-3443/a000465

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Das Handbuch gibt einen Überblick über die Testverfahren, die derzeit für Personen mit Migrationshintergrund in Deutschland vorliegen. Dabei finden neben Instrumenten aus dem Bereich der Pädagogischen und Klinischen Psychologie auch Verfahren Berücksichtigung, die für die Platzierung von Migrantinnen und Migranten auf dem Arbeitsmarkt von Bedeutung sind. Darüber hinaus beinhaltet das Werk Einführungen in testdiagnostische Grundlagen und in die Übersetzung und Adaptation von Messinstrumenten.

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FRT-KJ

PoKI

Family Relations Test

Potsdamer Kinder-Interview für 6- bis 12-Jährige

Deutschsprachige Adaptation für Kinder und Jugendliche des Family Relations Test: Children’s Version (FRT-C) von Eva Bene und James Anthony S. Schürmann / M. Döpfner Einsatzbereich: Diagnostik familiärer Beziehungen aus der Perspektive von Kindern und Jugendlichen in Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie und -psychiatrie, Familienberatung, SPZ sowie im Rahmen der familiengerichtlichen Begutachtung. Das Verfahren: Der FRT-KJ ist die deutschsprachige Adaptation des im Original englischsprachigen FRT-C. Der Test gibt Auskunft über die vom Kind bzw. dem Jugendlichen erlebten Familienbeziehungen. Während der Auswertung können für jedes Familienmitglied jeweils vier Hauptkennwerte gebildet werden: ausgehende positive Gefühle, empfangene positive Gefühle, ausgehende negative Gefühle, empfangene negative Gefühle. Aus diesen vier Hauptkennwerten werden zwei übergeordnete Hauptskalen (Positive Gefühle, Negative Gefühle) berechnet, welche die Sicht des Kindes/Jugendlichen auf ein Familienmitglied repräsentieren. Während der Testuntersuchung ordnet das Kind/der Jugendliche den einzelnen Familienmitgliedern Itemkärtchen („Briefe“) zu. Dafür steckt es die Itemkärtchen in verschiedene Faltkästchen („Briefkästen“) mit Figurenzeichnungen. Jede Figur symbolisiert ein Familienmitglied. Auf jedem Itemkärtchen ist eine Aussage abgedruckt, die ein positives oder negatives Gefühl gegenüber einer Person beschreibt. Im Vergleich zur Originalfassung wurden alle Materialien (Itemsets, Figurenset und Auswertungsbögen) überarbeitet und neugestaltet. Es steht ein Itemset für Kinder mit 87 Items und ein Itemset für Jugendliche mit 94 Items zur Verfügung. Als zusätzliche Bestandteile wurden zwei Dokumentationsbögen ergänzt. Sie erlauben es, die Itemzuordnungen für Kinder oder für Jugendliche zu protokollieren. Bearbeitungsdauer: Die Durchführung dauert etwa 30 min und die Auswertung etwa 20 min.

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G. Esser / S. Reich / N. Wagener / I. Hösch / W. Ihle / M. Laucht Einsatzbereich: Teilstandardisiertes klinisches Interview für die kinder- und jugendpsychotherapeutische sowie -psychiatrische Versorgung (ambulant und stationär). Das Verfahren: Ziel des PoKI ist die kindgerechte, ökonomische und zugleich breite Erfassung des Vorhandenseins und der Ausprägung der häufigsten psychischen Auffälligkeiten 6- bis 12-jähriger Kinder gemäß Achse I des MAS. Zudem lassen sich anhand der ermittelten Symptome spezifische Ansatzpunkte für therapeutische Interventionen ableiten. Er wurde als Kindversion des Mannheimer Elterninterviews (MEI) wurde das Selbstberichtverfahren im Rahmen der Mannheimer Risikokinderstudie (Laucht, Esser & Schmidt, 2000) entwickelt, praktisch erprobt und evaluiert. Auf Grundlage dieser Datenbasis erfolgte in den Jahren 2014 und 2015 eine Aktualisierung und Erweiterung der Symptombereiche entsprechend der aktuellen Klassifikationssysteme (ICD-10, DSM-5) sowie eine erneute, umfassende Evaluation. Der themenspezifische Aufbau, der Einsatz ansprechender Bilder und altersangemessene Fragen schaffen eine angenehme Untersuchungsatmosphäre und erleichtern den Kindern die Selbsteinschätzung. Weitere Vorteile liegen in der einfachen Durchführung und Auswertung, welche insbesondere durch das übersichtlich gestaltete Interviewheft, konkrete Instruktionen, klar operationalisierte Bewertungskriterien sowie detaillierte Anwendungshinweise gewährleistet werden. Bearbeitungsdauer: Die Durchführungsdauer des PoKI beträgt durchschnittlich etwa 45 Minuten. Die Auswertung nimmt etwa 5-15 Minuten in Anspruch. 01 529 01 Test komplett www.hogrefe.com

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Nachrichten Arbeitsgemeinschaft für VerhaltensModifikation e.V.

Ab Herbst 2018 Start der Ausbildungen zu Psychologischen Psychotherapeut_innen und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut_innen Im Oktober 2018 starten unsere neuen Ausbildungsgänge für Psychologische Psychotherapeut_innen (PP) und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut_innen (KJP) an diesen AVM-Ausbildungsstandorten: · Bamberg · München · Nürnberg · Neu-Ulm · Regensburg · Stuttgart · Würzburg. Bewerbungen sind ab sofort möglich. Weitere Informationen sowie die Termine für unsere Infoveranstaltungen finden Sie auf unserer Homepage: www.avm-institute. de oder auf facebook: www.facebook.com/avm.deutsch land.

Fort- und Weiterbildung

Termin & Ort Regensburg: 27./28. Oktober, 17./18. November und 08./ 09. Dezember 2018 München: 10./11. November, 15./16. Dezember 2018 und 19./20. Januar 2019

Psychoonkologie

Training Sozialer Kompetenzen (TSK) Mehr Selbstsicherheit und soziale Kompetenz – Workshopreihe mit DP Erika Güroff Schwierigkeiten im Umgang mit anderen Menschen sind weit verbreitet und breit gefächert. Viele Ängste kennen wir alle. Wenn Ängste aber das Erleben dominieren und das Lebensgefühl verdüstern, sind sie immer gekoppelt mit sehr typischen Verhaltensunsicherheiten, die wir Stö© 2018 Hogrefe Verlag

rungen der sozialen Kompetenz nennen. In der psychotherapeutischen Praxis ist die Diagnose bei solchen Ängsten und Unsicherheiten häufig eine soziale Phobie oder in schweren Fällen die ängstlich vermeidende Persönlichkeitsstörung. Aber auch bei vielen anderen psychischen Störungen sind soziale Ängste und Verhaltensunsicherheiten ein wesentliches, wenn auch oft verdecktes Element, z. B. bei Depression, Burnout oder der Panikstörung. Aufgabe der Psychotherapeut_innen ist, Vermeidungsund Ausweichstrategien herauszuarbeiten und in das Behandlungssetting aufzunehmen. Ziel des TSK ist es, den Patient_innen mit klassischen VT-Methoden wie z. B. hierarchisch aufgebauten Rollenspielen, Modell-Lernen, Videotraining, Feedback oder Hausaufgaben Selbstsicherheit und soziale Kompetenz zu vermitteln. Als Workshopmaterial erhalten Sie das Trainingsprogramm Selbstsicherheit und soziale Kompetenz mit beiliegender DVD von Frau Güroff.

Menschen mit Krebs begleiten – Workshop mit DP Claudia Erzberger Die Psychotherapie bei Menschen mit Krebserkrankung bringt vielseitige Fragen und Herausforderungen mit sich. Betroffene und Angehörige suchen nach einem erträglichen Umgang mit Schmerz, Abschiednehmen, Sterben und Tod. Langanhaltende Ängste bedürfen häufig der therapeutischen Aufarbeitung in dieser besonderen Belastungs-

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situation. Dipl.-Psych. Claudia Erzberger, die den Psychoonkologischen Konsiliardienst am Klinikum Bogenhausen (StKM) leitet, geht in diesem Workshop intensiv auf Besonderheiten in der Arbeit mit krebskranken Menschen ein und zeigt konkrete Herangehensweisen für die therapeutische Begleitung. Fallbeispiele und konkrete Anregungen für die eigene Arbeit sollen die TeilnehmerInnen dabei unterstützen, sich für die Behandlung krebskranker Menschen gut gerüstet zu fühlen. Termin & Ort München: 14. Juli 2018

„Ich packe meinen (Methoden) Koffer…“ Systemische Methoden erleben und erleben lassen – Workshopreihe mit Katja Zenz, Pädagogin M.A. Die Systemische Therapie hat viele Wurzeln und präsentiert sich zwischenzeitlich in verschiedensten Ansätzen, wie z. B. dem strukturellen, narrativen, lösungsorientierten oder generationalen uvm. Einheitlichkeit zeigt sich meist dort, wo es um das Verständnis von Krankheit und Methodenvielfalt geht: Die Symptomatik wird als Lösungsansatz verstanden, wenn auch als langfristig dysfunktionalen. Es geht nicht um eine Diagnose, sondern um das Verständnis des Symptoms in dem jeweiligen Kontext. Dabei wird als Methode eingesetzt, was hilft. An den beiden voneinander unabhängigen Wochenenden bietet Ihnen Katja Zenz an, ganz praxisnah und mit einem gewissen Maß an Selbsterfahrung verschiedene systemische Methoden wie z. B. zirkuläres Fragen, Wunderfrage, Aufstellungsarbeit, Reframing, paradoxe Intervention uvm. kennenzulernen. Dabei wird Ihnen neben der technischen Anwendung vor allem die Möglichkeit gegeben, sich eigener Fragestellungen mithilfe dieser Methoden anzunähern. Termin & Ort München: 22./23. 09. 2018 Würzburg: 20./21. 10. 2018

Bewusstheit, Mut und therapeutische Liebe Die Funktional Analytische Psychotherapie (FAP) – Workshopwochenende mit DP Norbert Schneider Die Funktional-Analytische Psychotherapie (FAP) ist eine intime, emotional intensive kontextuelle Verhaltenstherapie, in der die therapeutische Beziehung als zentrales Vehikel für Veränderung dient. FAP-Therapeut_innen achten darauf, wie die sozialen und emotionalen Probleme und Fortschritte ihrer Klienten im Hier und Jetzt der therapeutischen Begegnung in Erscheinung treten (Bewusst-

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heit). Sie versuchen, sozial und emotional herausfordernde Situationen in der Therapiesitzung zu aktualisieren, an denen ihre Klient_innen (und auch sie selbst) wachsen können (Mut). Sie bemühen sich, authentische und intensive therapeutische Beziehungen zu entwickeln (therapeutische Liebe), um ihre Klient_innen zu befähigen, auch jenseits des Therapieraums erfüllende und intime Beziehungen zu entwickeln. In praxisnahen Reflexionen sowie über das eigene Erleben werden Antworten gesucht auf Fragen wie: Wie gehen wir damit um, wenn sich das „Problemverhalten“ der Klienten auch in der Therapiesitzung zeigt? Wie können wir herausfordernde Situationen in der Therapie herstellen, an denen unsere Klient_innen (und auch wir selbst) wachsen? Wie können wir offene, authentische und „reale“ Beziehungen mit unseren Klienten entwickeln? Wie viel dürfen wir von uns selbst in der Therapiebeziehung zeigen? Wie gehen wir als Therapeuten mit unserer eigenen Verletzlichkeit um? Termin & Ort München: 1./2. Dezember 2018

ACT – Acceptance and Commitment Therapy Workshopreihe mit Dr. Natali Klingen ACT – eine Therapieform, die ganz neue Wege einschlägt. Das Ziel: Ein zufriedenes und erfülltes Leben, trotz und mit bestehenden psychischen (und anderen) Problemen. Nicht die Überwindung der Symptome steht im Vordergrund, sondern die persönlichen Werte und Ziele des Patienten. Mit verschiedenen erlebnisorientierten Techniken, Metaphern und einer intensiven therapeutischen Beziehung wird der_die Patient_in befähigt, psychisch flexibler zu werden und ein werteorientiertes Leben zu führen ‒ unabhängig von seiner derzeitigen Symptomatik. Die ACT gehört zu den führenden Therapieansätzen aus der „dritten Welle‟ der Verhaltenstherapie, sie ist bei unterschiedlichsten Krankheiten einsetzbar und hat sich ‒ mittlerweile in zahlreichen Studien überprüft ‒ als äußerst wirksam erwiesen. An den drei Workshoptagen stellt Dr. Nathali Kleingen Grundlagen und Anwendungen der ACT dar. Sie erläutert zuerst das Modell der sechs Kernprozesse (Hexaflex) und vermittelt zentrale ACT-Strategien und Metaphern. In praktischen Übungen wird die Wirkung dieser Achtsamkeits- und Akzeptanzfertigkeiten selbst erlebt. Termin & Ort München: 12. Oktober, 09. November und 07. Dezember 2018

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Weitere Informationen Für unsere Fort- und Weiterbildungen werden PTK-Punkte beantragt, Sie erhalten außerdem ein AVM-Zertifikat. Für AVM-Mitglieder gelten ermäßigte Workshoppreise. Mehr zu unserem Fortbildungsprogramm und den Inhalten finden Sie auf unserer Homepage: www.avm-insti tute.de/fortbildung Sie haben weitere Fragen zu unseren Fort- und Weiterbildungen oder Interesse an einem speziell auf Sie zugeschnittenen Inhouse-Seminar in Ihrer Einrichtung? Rufen Sie uns an – Telefon: 0941 5993599-20 – oder schreiben Sie uns an fortbildung@avm-d.de

AK LT – Konferenz und Mitgliederversammlung und 2018 Die nächste AK-LT-Konferenz startet am 23. November und findet in Würzburg statt. Allen AK-Leitern und Supervisoren geht hierzu eine gesonderte Einladung zu. Ebenfalls an diesem Wochenende, und zwar am Samstag, 24. November 2018 findet auch die nächste Mitgliederversammlung des AVM e.V. in Würzburg statt – eine Einladung und weitere Informationen gehen allen Mitgliedern noch gesondert zu. Bitte stellen Sie Anträge schriftlich bis 6 Wochen vor der Mitgliederversammlung an den Vorstand. Kontakt: Arbeitsgemeinschaft für VerhaltensModifikation e.V. (AVM-D), Bundesgeschäftsstelle, Postfach 110163, 96029 Bamberg, Tel. 0951 2805211, info@avm-d.de, www.avm-d.de https://doi.org/10.1026/1616-3443/a000470

Deutsche Gesellschaft für Verhaltenstherapie (DGVT) e.V. Expertinnen-Interview mit Dr. Silja Samerski, Universität Bremen: Nutzen und Risiken von psychotherapeutischen E-Health-Angeboten Anbei in Auszügen ein Interview mit Dr. Silja Samerski, Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Ethnologie und Kulturwissenschaft an der Universität Bremen (internationales Forschungsprojekt zu Gesundheit, Wohlfahrt und Superdiversity). Das schriftliche Interview für den DGVT-Berufsverband führte Dr. Pia Beiderwellen, Psychologische Psychotherapeutin aus Dortmund. 12. Februar 2018 1. Die zunehmende Digitalisierung des Gesundheitswesens ist nicht nur in technischer Hinsicht ein komplexes Geschehen, sondern erfordert auch eine Auseinandersetzung mit den damit verbundenen rechtlichen Aspekten. Könnten Sie uns über die aktuelle Debatte einen kurzen Überblick geben? Im Zentrum der aktuellen rechtlichen Debatte steht der Schutz der Persönlichkeit bzw. der Datenschutz. Das © 2018 Hogrefe Verlag

deutsche Datenschutzrecht erlaubt das zweckfreie Sammeln von Daten eigentlich nicht – und steht damit im Widerspruch zu den heutigen Praktiken des Datensammelns. Vor fast 35 Jahren hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) das Recht auf informationelle Selbstbestimmung formuliert, also das Recht, selbst über die Preisgabe von persönlichen Daten bestimmen zu können. Die Formulierungen sind heute aktueller denn je: Das BVerfG stellte fest, dass „mit dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung (…) eine Gesellschaftsordnung nicht vereinbar (wäre), in der Bürger nicht mehr wissen können, wer was wann und bei welcher Gelegenheit über sie weiß.“ Sich frei entfalten und frei mitwirken im demokratischen Gemeinwesen können nur diejenigen, die nicht davon ausgehen müssen, dass ihr Tun überwacht und gespeichert wird, so das BVerfG. Heute passiert jedoch genau das, immer mehr Lebensäußerungen werden registriert und gespeichert. Die größten Datensammler sind jedoch in Deutschland nicht staatliche Institutionen, sondern die großen Konzerne. Verfechter von Big Data versuchen nun, das Recht auf informationelle Selbstbestimmung „weiterzuentwickeln“, wie der Deutsche Ethikrat es formuliert – aufzuweichen, wäre wohl treffender. Meist wird leider die informationelle Selbstbestimmung

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durchlöchert, um Big Data und Digitalisierung nicht zu behindern – und nicht umgekehrt. Die Europäische Datenschutz-Grundverordnung, die im Mai 2018 in Kraft tritt, versucht ja, die informationelle Selbstbestimmung gegenüber den allgegenwärtigen Datenkraken zu verteidigen. Soweit ich gehört habe, wird das Gesetz bereits jetzt schon ausgehöhlt. Daten sind das Öl des 21. Jahrhunderts, das muss man sich klarmachen. 2. In Deutschland ist die Online-Psychotherapie unter anderem wegen der rechtlichen Bedenken (vgl. u. a. die Berufsordnungen der Psychotherapeutenkammern) noch nicht Bestandteil der Regelversorgung, sondern wird derzeit lediglich im Rahmen von Forschungsprojekten angeboten. Gibt es Erfahrungswerte aus der Regelversorgung in anderen Ländern, die auf unsere Versorgungsstruktur übertragbar sind? Ich weiß, dass in vielen anderen Ländern, z. B. in den USA oder in Großbritannien, Online-Psychotherapien bereits im Einsatz sind. Die Gesundheitssysteme sind dort aber völlig anders; Großbritannien hat eine zentrale staatliche Gesundheitsversorgung, den NHS, und „Psychotherapeut“ ist z. B. keine geschützte Bezeichnung. OnlinePsychotherapien werden sowohl in Großbritannien als auch in den USA offenbar in wachsendem Maße nachgefragt. Ein Grund dafür sind auch dort die langen Wartezeiten für eine herkömmliche Psychotherapie. Was aus den dortigen Berichten deutlich wird ist erstens, dass Therapeuten für textbasierte Online-Therapien unbedingt geschult werden müssen. Das Schreiben erfordert andere Umgangsweisen und Sensibilitäten und führt schnell zu Missverständnissen. Daher gibt es in Großbritannien schon das Zertifikat zum „Certified Cyber Therapist“. Zweitens wird immer wieder betont, dass reine Online-Therapien eigentlich nicht erstrebenswert sind. Es ist wichtig, dass ein Arzt oder Therapeut den Patienten auch zu Gesicht bekommt. In einem Artikel merkt ein Patient – eigentlich ein Technik-Fan – an, dass ihm erst die Online-Sitzung deutlich gemacht habe, wie wichtig die zwischenmenschliche Begegnung ist. 3. Wenn die Datensicherheit der patientenbezogenen Informationen auch in einer digitalen Gesundheitsbranche gewährleistet wäre, welche weiterführenden ethischen und sozialen Belange sind bei der Digitalisierung zu benennen und zu berücksichtigen? Unterscheidet sich das psychotherapeutische Handlungsfeld hierbei von anderen heilkundlichen Bereichen? Ich will vor allem einen Aspekt nennen, der in der herrschenden Diskussion oft untergeht: Die Frage, wie sich unser Gesundheitswesen und letztlich unser soziales Miteinander durch die Digitalisierung ändert. Die Psychotherapie ist ja weitgehend eine sprechende Profession; der Patient spricht von sich, und die Psychotherapeutin hört zu. Die beiden gehen eine Beziehung miteinander ein, in der es um viel mehr geht als um die Anwendung von Techni-

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ken. Der Sinn dafür, dass ein solches Gespräch, in dem zwei Menschen leiblich gegenwärtig sind, etwas völlig anderes ist als die Kommunikation von Information – Information austauschen kann auch ein Computer – geht in unserer Gesellschaft zunehmend verloren. Bis zum Anfang des 18. Jahrhunderts war jede Begegnung zwischen Arzt und Patient eine Konversation. Patienten erzählten von ihren Leiden und vertrauten darauf, dass ihre Erzählungen im Arzt einen Widerhall fanden. Die medizinische Kunst bestand vornehmlich im Zuhören. Die Verwissenschaftlichung der Medizin und Objektivierung des menschlichen Körpers haben den Patienten in der Medizin jedoch zum Verstummen gebracht. Das Anhören wurde sozusagen durch das Abhorchen abgelöst. In einer datengetriebenen Medizin verschwindet nun auch der individuelle Körper und wird durch ein Datenprofil ersetzt. Was als normal und was als auffällig bzw. behandlungsbedürftig gilt, bestimmen Daten, Normwerte und statistische Korrelationen – ganz gleich, wie sich der leibhaftige Mensch fühlt und woran er leidet. Vor ein paar Jahren beklagte ein Teilnehmer auf einem Ärztekongress, dass die Medizin anfange, nicht mehr Menschen zu behandeln, sondern die „Graphiken“. Für mich ist die zentrale Frage angesichts der Digitalisierung, ob es gelingen kann, das Bewusstsein für die Kluft zwischen virtueller und realer Welt zu kultivieren: die Kluft zwischen gesichtslosem Datenprofil und leibhaftiger Person, zwischen Risikokalkulation und unvorhersehbarer Zukunft, zwischen Statistik und unberechenbarem Individuum, zwischen technisch vermittelter Kommunikation und zugewandtem Gespräch. Vielleicht können Psychotherapeuten hier Vorreiter sein, weil sie noch wissen, wie wichtig Gegenwart, Zuhören und Verstehen für eine menschliche Begegnung und Heilkunst sind. (…) 6. Ein weiteres ethisches Prinzip, welches sich in verschiedenen ethischen Richtlinien findet ist das Prinzip der Verantwortung. Der Verbraucherzentrale Bundesverband e.V. appelliert in Bezug auf die Einrichtung einer OnlineSprechstunde an die Patientinnen und Patienten bei ihrem Arzt Druck zu machen. Wer trägt Ihrer Meinung nach die Verantwortung für die Etablierung von Online-Angeboten? Verantwortung ist heute ein großes und zugleich leeres Wort; es ist höchst aufgeladen ohne etwas Konkretes zu bedeuten. Meist wird es appellativ gebraucht, es hat vor allem eine soziale Funktion. Ich erinnere mich beispielsweise noch, dass mich Genetiker für den Tod von Kranken verantwortlich machen wollten, weil ich die Gentechnik kritisierte. Letztlich kann ich ja nur für das Verantwortung übernehmen, was in meinem Einflussbereich liegt. Wie gesagt, Online-Angebote müssen geprüft und zertifiziert werden, und hierfür sind dann die ent-

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sprechenden deutschen Behörden verantwortlich, z. B. das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte sowie die Datenschutzbeauftragten. Ansonsten würde ich nicht von Verantwortung sprechen, sondern die Etablierung von Online-Angeboten – idealerweise – als gesellschaftlichen Aushandlungsprozess verstehen, bei dem verschiedene Gruppen, Interessen, Vorstellungen und Perspektiven sich miteinander sowie mit den technologischen Entwicklungen und ihren Folgen auseinandersetzen. Das braucht seine Zeit, aber so ist das eben mit demokratischen Vorgängen.

Rückblick auf den 30. Kongress für Klinische Psychologie, Psychotherapie und Beratung 2018 vom 28. 02. – 04. 03. 2018 in Berlin Zwei Jubiläen konnten mit dem DGVT-Kongress 2018 gefeiert werden. Die Deutsche Gesellschaft für Verhaltenstherapie wurde 50 Jahre alt und es konnte der 30. Kongress für Klinische Psychologie, Psychotherapie und Beratung in diesem Jahr in Berlin gefeiert werden. Und die DGVT tat dies ausgiebig und mit viel guter Laune. Dies zeigte sich bereits in der gelungenen und gut besuchten Eröffnungsveranstaltung, in der Rudi Merod als DGVT-Vorstand die Teilnehmer_innen begrüßte. „Free Your Mind – Psychotherapie im Wandel“ lautete das Rahmenthema, das Nina Romanczuk-Seifert als Sprecherin der Inhaltlichen Planungsgruppe in ihrer Einführung ins Thema am Eröffnungsabend sehr frei mit „Macht euch frei“ übersetzte und damit die ersten Lacher erntete. Klaus Hoffmann-Holland, Vizepräsident der Freien Universität Berlin begrüßte als Hausherr die Kongressteilnehmerinnen und -teilnehmer mit einer amüsanten Rede, in der er 50 Jahre DGVT anhand von Popsongs zum Thema „Mind“ skizzierte. Nach dem Grußwort von Dietrich Munz, dem Präsidenten der Bundespsychotherapeutenkammer, zur Ausbildungsreform, referierte Leslie Greenberg zu „Emotions in Process of Change“. Unser Resümee dieses 30. Kongresses für Klinische Psychologie, Psychotherapie und Beratung fällt positiv aus: Es hat sich gelohnt, diesen Kongress vorzubereiten und durchzuführen. Mit ca. 1.300 Teilnehmer_innen waren die Veranstaltungen bis einschließlich Sonntagvormittag gut besucht. Das ist eine Anerkennung, die eine inhaltliche Planungsgruppe braucht, um mit Lust und Engagement den 31. Kongress vorzubereiten, der allerdings erst 2021 stattfinden wird. 2019 laden wir Sie ein, den Weltkongress vom 17. bis 20. Juli in Berlin zu besuchen, den die DGVT mit vorbereitet. Weitere Informatio© 2018 Hogrefe Verlag

nen zum EABCT-Weltkongress finden Sie unter http:// wcbct2019.org/ Berichte zum DGVT-Kongress 2018 sowie Präsentationen der Symposien finden Sie unter Rückblick auf der Homepage des DGVT-Kongresses https://www.dgvt-kon gress.de/.

Fort- und Weiterbildung Vom 15. – 16. September 2018 findet die 6. Tagung Psychotherapie-State-of-the-Art in Potsdam am Neuen Palais statt. Thema der Tagung lautet dieses Jahr „Aktuelle Ansätze der Traumatherapie“. Prof. Dr. med. Ingo Schäfer wird in seinem Eröffnungsvortrag einen aktuellen Stand zur Evidenzbasierten Behandlung von Traumastörungen geben. Die zweitägigen Workshops befassen sich mit den Themen „STAIR/NT – ein Therapieprogramm zur Behandlung der Folgen von sexueller und körperlicher Gewalt in der Kindheit“ (Janine Borowski); „Dialektisch Behaviorale Therapie der Posttraumatischen Belastungsstörung nach interpersoneller Gewalt in der Kindheit“ (DBT-PTSD) (Anne Dyer); „Cognitive Processing Therapy“ (CPT) (Julia König); und „Einführung in die Narrative Expositionstherapie“ (NET) (Maggie Schauer). Die 17. Praxistage der Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie werden vom 03. – 04. November 2018 in Münster stattfinden. Zahlreiche Workshops werden sich dort mit dem Thema „Am Limit – Therapeutische Grenzsituationen“ auseinandersetzen. Dr. Wilhelm Rotthaus gibt in seinem Eröffnungsvortrag einen Überblick zum Thema „Jugendliche und Therapeut_innen am Limit“. Geschlechtsidentitätsstörung, Suizidhandlungen bei Kindern und Jugendlichen, Fetales Alkoholsyndrom, selbstund fremdverletzendes Verhalten und Modulare Therapie bei Cannabisstörungen sind nur einige Beispiele für das umfangreiche Angebot an Workshops. Auch für den psychotherapeutischen Nachwuchs wird gesorgt. Eine Veranstaltung für Studierende informiert über die Ausbildung zum_zur Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut_in. Ausführliche Informationen zu diesen und weiteren Angeboten erhalten Sie unter www.dgvt-fortbildung.de oder über die DGVT-Bundesgeschäftsstelle in Tübingen, Tel.: 07071 943434, Fax: 07071 943435, E-Mail: fortbildung@ dgvt.de. Sprechzeiten: Di und Do 9:00 – 12:00 Uhr; Di und Mi 14:00 – 15:30 Uhr. Kontakt: Deutsche Gesellschaft für Verhaltenstherapie (DGVT) e.V., Bundesgeschäftsstelle, Corrensstraße 44 – 46, 72076 Tübingen, dgvt@dgvt.de, www.dgvt.de https://doi.org/10.1026/1616-3443/a000469

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Fachgruppe Klinische Psychologie und Psychotherapie in der Deutschen Gesellschaft für Psychologie (DGPs) Wahl der Sprechergruppe der Fachgruppe Klinische Psychologie und Psychotherapie der DGPs 2018 – 2020 Im Frühjahr fand die Wahl der Fachgruppenleitung für die Amtsperiode 2018 bis 2020 statt. Gewählt wurden als Sprecherin Prof. Dr. Silvia Schneider (Bochum), für das Amt des Beisitzers/Schriftführers Dr. Jan Richter (Greifswald), für das Amt der Kassenwartin Prof. Dr. Hanna Christiansen (Marburg) und für das Amt als Jungmitgliedervertreterin Dr. Lena Krämer (Freiburg). Die Zustimmung lag bei mindestens 87 %. Wir bedanken uns bei dem Wahlleiter Prof. Dr. Peter Kirsch (Mannheim) für die Durchführung der Wahl.

Förderpreis der Fachgruppe Klinische Psychologie und Psychotherapie 2018 Zum siebzehnten Mal schrieb die Fachgruppe Klinische Psychologie und Psychotherapie der DGPs den Förderpreis für jüngere Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler im

Bereich der Klinischen Psychologie und Psychotherapie aus. Preisträgerin in diesem Jahr ist Dr. Vera Zamoscik (Mannheim) für ihre Arbeit „ Respiration pattern variability and related default mode network connectivity are altered in remitted depression“. Die Arbeit wurde in der Zeitschrift Psychological Medicine (2018) veröffentlicht.

Weitere Auszeichnungen im Rahmen des 36. Fachgruppensymposiums in Landau Bei den Auszeichnungen der Posterpräsentationen gratulieren wir Jennifer Schmidt (Bergische Universität Wuppertal) zum 1. Platz, Inga Frantz (Universität Hamburg, TU Braunschweig) zum 2. Platz sowie Christian Paret (Universität Heidelberg) und Caroline Wüsten (Universität Hamburg) zum geteilten 3. Platz. Der Betreuerpreis für den_die beste_n Doktormutter bzw. -vater wurde von den Jungwissenschaftler_innen an Prof. Dr. Christine Knaevelsrud (Freie Universität Berlin) verliehen. Wir gratulieren an dieser Stelle nochmal sehr herzlich allen Preisträgerinnen und bedanken uns bei allen Gutachterinnen und Gutachtern! https://doi.org/10.1026/1616-3443/a000472

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Fachsektion Klinische Psychologie (FSK-KP) im Berufsverband Österreichischer Psychologinnen und Psychologen (B.Ö.P.) Aktuelle Themen der Berufspolitik

heitspsychologie im ASVG notwendig – dies ist ein sinnvoller Schritt zur Stärkung einer hochqualitativen Patientenversorgung in den Primärversorgungszentren.

Klinische Psychologie in die Primärversorgung Der Fachsektion ist es ein großes Anliegen die Klinische Psychologie und die Gesundheitspsychologie in die in der Gesundheitsreform beschlossenen Primärversorgungszentren (PVZ) zu integrieren und sie auch in den „Gesundheitszielen Österreich“ zu verankern. Die Fachsektion vertritt die Auffassung, dass Klinische und Gesundheitspsycholog_innen entsprechend ihrer Ausbildung und den im Psychologengesetz von 2013 definierten Leistungsprofilen grundsätzlich starke Kooperationspartner für die Primärversorgung und für die diese betreibenden PVZ sind. So sind die klinisch-psychologische und die gesundheitspsychologische Diagnostik besonders gut in der Risiko- und Ressourcendiagnostik einsetzbar, ebenso wie in der Erfassung gesundheitsrelevanter Größen, wie Gesundheitsverhalten, Gesundheitskompetenzen und präventionsrelevanten Risikopotenzialen. Für die klinisch-psychologische Diagnostik (Störungsdiagnostik, klinisch relevante Merkmale, Prognosen etc.) besteht sogar ein Tätigkeitsvorbehalt. Darauf aufbauend kann vor allem die Gesundheitspsychologie maßgeschneiderte Interventionen der Prävention und Gesundheitsförderung entwickeln und die Klinische Psychologie evidenzbasierte psychologische Programme zur Behandlung psychischer Störungen und psychosomatischer Erkrankungen. Bereits in der Ausbildung wird Klinischen und Gesundheitspsycholog_innen die Kompetenz der interdisziplinären Kooperation mit allen im Gesundheitswesen operierenden Berufsgruppen vermittelt. Entsprechend vertreten wir die Auffassung, dass nicht in der monoprofessionellen Arbeit im Gesundheitswesen die Zukunft liegt, sondern in der interdisziplinären Kooperation. Die Integration der Psychologie in die Primärversorgung gestaltet sich allerdings nicht so einfach, da diese gegenwärtig nur im Bereich der Diagnostik im Sozialversicherungsrecht verankert ist. Entsprechend können daher aktuell in den PVZ nur klinisch-psychologische Diagnostik sowie evidenzbasierte gesundheitspsychologische und klinisch-psychologische Behandlungen nur in Form von (speziell geförderten) Projekten angeboten werden. Um unsere Expertise stärker einzubinden, ist daher eine Verankerung der Klinischen und Gesund© 2018 Hogrefe Verlag

Neuerungen im Bereich Psycho-Rheumatologie Seit Februar 2016 läuft in der Fachsektion – in Kooperation mit einer Pharmafirma – ein Pilotprojekt zur klinischpsychologischen Behandlung von Rheumapatient_innen. Bisher waren vier Bundesländer darin involviert: Wien, Niederösterreich, Steiermark und Oberösterreich. Es wurden von der Pharmafirma bezahlte psychologische Therapien gratis durchgeführt. Aufgrund des Erfolgs wird dieses Projekt nun auf ganz Österreich ausgedehnt. Psychologische Therapien in einem indizierten Ausmaß können nun österreichweit von Menschen mit Rheumatoider Arthritis (RA), Spondyloarthritis (SpA) sowie Psoriasisarthritis (PsA), in Anspruch genommen werden.

Arbeitsgruppe Psycho-Diabetologie Die Diagnosen Diabetes mellitus Typ 1 (T1DM) und Diabetes mellitus Typ 2 (T2DM) erfordern neben der medizinischen Behandlung auch ein umfassendes psychologisches Unterstützungsangebot. Die Arbeitsgruppe Psychodiabetologie wurde – basierend auf der Grundlage der deutschen Arbeitsgemeinschaft Diabetes und Psychologie (Deutsche Diabetes Gesellschaft, DDG, http://www. diabetes-psychologie.de) – 2014 gegründet und ist Teil der Fachsektion Klinische Psychologie im Berufsverband Österreichischer PsychologInnen (BÖP) https://www.boep. or.at/berufsverband/fachsektionen/klinische-psychologie/ ag-psychodiabetologie. Der AG ist es gelungen die Jahrestagung 2018 der Arbeitsgemeinschaft Diabetes und Psychologie der Deutschen Diabetesgesellschaft (DDG) nach Österreich zu holen. Entsprechend wird die 33. Jahrestagung der DDG unter dem Titel „Psychische Aspekte bei Diabetes über die Lebensspanne“ vom 07. bis 09. 09. 2018 im SKZ-Radegund, in St. Radegund bei Graz, stattfinden. Für diese Fachtagung konnten namhafte Expert_innen aus Diabetologie und Psychodiabetologie für Vorträge und Work-

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shops gewonnen werden. Die Veranstaltung richtet sich an Klinische Psycholog_innen, aber auch an Kolleg_innen aus der Kinder- und Jugendpsychologie, Gerontopsychologie, der Gesundheits- und der Sportpsychologie.

Arbeitsgruppe „Kinderwunsch“ in der FSK Klinische Psychologie Die Arbeitsgruppe „Kinderwunsch“ der Fachsektion Klinische Psychologie wurde Anfang 2017 ins Leben gerufen. Ihr Ziel ist es, psychologische Bedürfnisse von Einzelpersonen, Paaren und Familien aufzuzeigen, deren Wunsch nach einem (weiteren) Kind nicht so in Erfüllung geht, wie man es sich erhofft hat. Es ist das Ziel dieser AG qualitativ hochwertige, den internationalen Standards entsprechende evidenzbasierte psychologische Beratung und Therapie zu schaffen und bereits bestehende Angebote zu bündeln. Obwohl unerfüllter Kinderwunsch ein klassisches biopsycho-soziales Problem mit starken psychologischen Komponenten darstellt, wird deren Behandlung und die dazugehörige Beratung fast ausschließlich von medizinischen Angeboten abgedeckt. In Österreich fehlen weitgehend unabhängige Beratungsangebote. Das Anliegen der AG ist daher eine adäquate und gut sichtbare Positionierung von Klinischen und Gesundheitspsycholog_innen als kompetente Ansprechpartner_innen für die psychosozialen Bedürfnisse von Menschen mit (unerfülltem) Kinderwunsch.

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lehrgang für Klinische Psychologie eingerichtet. Dieser Lehrgang stellt eine Erweiterung der postgradualen theoretischen und wissenschaftlichen Ausbildung in Klinischer Psychologie dar und kann aufbauend auf die postgraduale Ausbildung in Klinischer Psychologie absolviert werden. Nach erfolgreicher Absolvierung dieses Lehrgangs wird von der Universität der Titel „Master of Science, Clinical Psychology“ verliehen. Damit soll der wissenschaftliche Status der Klinischen Psychologie auch postgradual und in der Praxis dokumentiert werden.

European Association of Clinical Psychology and Psychological Treatment (EACLIPT) gegründet Wie angekündigt wurde auf Europäischer Ebene die EACLIPT (European Association of Clinical Psychology and Psychological Treatment) gegründet und die Aufnahme von Mitgliedern gestartet. Die Mitgliedschaft kann über Internet beantragt werden (http://eaclipt.com/). Die Leitung der Fachsektion KP im BÖP Anton-Rupert Laireiter, Doris Wolf, Andrea Engleder, Vera Klein & Cornelia Steflitsch Kontakt: Fachsektion Klinische Psychologie (FSK) im Berufsverband Österreichischer Psychologinnen und Psychologen (B.Ö.P.), Dietrichgasse 25, 1030 Wien, Österreich, leitung.klinpsy@boep.or. at, http://www.boep.or.at/berufsverband/fachsektionen/klinische psychologie https://doi.org/10.1026/1616-3443/a000471

Universitätslehrgang „Master of Science in Clinical Psychology“ an der Universität Salzburg in Kooperation mit dem BÖP eingerichtet In Kooperation mit der Ausbildungsakademie des BÖP (ÖAP) wurde an der Universität Salzburg ein Universitäts-

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Sektion Klinische Psychologie im Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen e.V. (BDP) Am 6. Febr. 2018 fand in der Geschäftsstelle der Deutschen Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie e.V. (DGPP) in Göttingen ein Treffen der Konsensusgruppe AWMF-Leitlinie (LL) „Therapie von Sprachentwicklungsstörungen“ statt. Mit dem Treffen wurde nach Beendigung der Arbeit an der LL „Redeflussstörungen“ (die inzwischen auch in Buchform, im Peter Lang Verlag publiziert, vorliegt) die Fortsetzung der Arbeit in Kleingruppen für die einzelnen Kapitel an der o.g. Therapie- LL wieder aufgenommen. Zur Diskussion stand u. a. die Frage, ob aus der ursprünglich intendierten Sk2-LL nicht eine hochwertige S3LL realisiert werden sollte, was die Mehrheit der Anwesenden begrüßte. Für eine endgültige Entscheidung muss diese Frage jedoch offiziell von der Fachgesellschaft, die die LL bei der AWMF anmeldet – der DGPP – an die Präsidien aller beteiligten Fachgesellschaften und Verbände gerichtet werden. Dies wird in Bälde erfolgen. Unabhängig davon wurde das weitere inhaltliche Vorgehen projektiert, speziell die Arbeit an vier Kapiteln festgelegt sowie die Notwendigkeit erkannt, in einem weiteren Kapitel Schnittstellen von sprachlicher Bildung, Sprachförderung und Sprachtherapie zu berücksichtigen. Die Gliederung zu den Kapiteln für die “Therapie von Sprachentwicklungsstörungen bei Komorbidität“ wird primär von den ärztlichen Delegierten noch einmal geprüft und möglicherweise verändert. C. Kiese-Himmel

Fachgruppe „Klinische Psycholog_innen in der Arbeit mit älteren Menschen“ Arbeitsgruppentreffen am 14. 03. 2018 in Berlin Nach einer kurzen Nachlese zum Artikel von Herrn Wegner „Zur Bedeutung des höheren Alters“ – erschienen im „Report 2/18“, der ein uneingeschränkt positives Echo („Bergführer auf dem Weg zum Altersgipfel“) gefunden hatte – widmete sich die Arbeitsgruppe einer Reflexion © 2018 Hogrefe Verlag

der jeweils aktuellen Arbeitsschwerpunkte. Herr Rippe berichtete u. a. von einem Projekt, der Gerontologie der Charité zum gezielten Einsatz von Bewegungstherapien. Diese würden nicht nur zu einer Verbesserung der Alltagsbewältigung beitragen, sondern auch zu einer Senkung der Pflegestufe führen können. Die Universität Bielefeld kooperiere hier zu entwicklungspsychologischen Aspekten des Alterns. Frau Gümmer erläuterte Probleme bei der Pflege von an Demenz Erkrankten: sich nur unzureichend mit der eigenen Situation auseinandersetzen zu können, verändert u. a. die Beziehung zu Familienmitgliedern – speziell zu den eigenen Kindern –, und erschwert eine einvernehmliche Verständigung. Es verändert sich die Fähigkeit zu vertrauen, Kontrolle über die eigene Situation zu haben, Bedürfnisse realitätsnah zu äußern oder zuzulassen. Herr Wegner arbeitet weiter zum Defizitmodell flüssiger und kristalliner Intelligenz u. a. dazu, welche Anteile mit zunehmendem Alter in welcher Weise betroffen sind und das Verhalten und die Kommunikation im sozialen Kontext wesentlich beeinflussen. Frau Wolff brachte den Begriff der „präsenilen Eidechse“ ein: der Sozialpsychologe Willy Hellpach beschreibt damit den Umstand, dass ab der Mitte des Lebens die Eindrücke aus früheren Lebensabschnitten, besonders der Kindheit und Jugend, in der Erinnerung in kompakten Bildern lebhafter hervortreten als vorher. Im Magazin „ZEIT“ vom 01.03.18 wird auf eine App aufmerksam gemacht (WeCroak), die mehrmals täglich die Erinnerung schickt: „Vergiss nicht, Du musst sterben!“, um so auf eine bewusste Lebensgestaltung im Umgang mit der (Lebens‐)Zeit aufmerksam zu machen. Frau Kaul sieht die Klärung von neuen Bedingungen beim Eintritt in den Ruhestand und die Würdigung des Erreichten als wesentliche Aspekte, um die neue Lebensphase positiv zu gestalten. Als weiteren TOP fokussierte die Arbeitsgruppe inhaltlich auf ein „Agiles Arbeiten“ mit der Frage nach Anforderungen in der modernen Arbeitswelt: „Ist da noch Platz für Ältere?“. Frau Wolff stellte das Konzept der VUCA-Welt vor, das auf das Bewältigen von schwierigen und sich rasch wandelnden Arbeitsbedingungen orientiert ist und für eine zeitgemäße Unternehmensführung unabdingbar wird. Dabei steht das Akronym VUCA für Volatility (Schwankung von Auftrittshäufigkeiten), Uncertainty (Unsicherheit), Complexity (Komplexität der Abhängigkeiten / Bedingungen zueinander) und Ambiguity (Mehr-

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deutigkeit). Eine Technik bzw. ein Werkzeug dafür ist die in Japan entwickelte KAN BAN -Tafel, die den Fortgang eines komplexen Herstellungsprozesses (Projektes) in Phasen von „to do“ – „doing“ – „done“ (Was ist zu tun?, Was ist in Arbeit?, Was ist fertig?) unterteilt. Die Inhalte werden von allen Akteuren kontinuierlich in kurzen Stand Up Meetings abgeglichen bzw. neu aufgestellt. Im Rahmen des „doing“ kann ein flexibles Arbeitsplatzmodell relevant werden, das sich mit dem Begriff „flex@work“ verbindet. Es unterstützt flexibles Arbeiten, das mit abwechselnd festen Arbeitsplätzen, variabel nutzbaren freien Plätzen in einem Unternehmensbereich oder mobilem Arbeiten von wechselnden Orten aus möglich ist. Das verlangt von den Beschäftigten eine hohe Bereitschaft zur Flexibilität und eine Affinität für die IT-Technik sowie Fertigkeiten zur Organisation des Büroalltags per IT-Kommunikation. Problematisch könnte sich die Situation für ältere Beschäftigte entwickeln, die die klassische Arbeitssituation präferieren oder sich den gestiegenen Anforderungen an eine solche Flexibilität und Mobilität nicht anpassen können. Daneben ist es für sie schwierig, sich für solche Arbeitssituationen zu bewerben, da andere Fähigkeiten / Skills in den Vordergrund rücken, um bei der Personalauswahl gegenüber jüngeren Bewerbern punkten zu können. Unübersehbar jedoch ist die Tatsache, dass wir bereits alle in der VUCA-Welt angekommen sind. Das nächste Treffen der AG findet am 7. November 2018 in Frankfurt / Main statt. Mögliche Themen, die in den vorherigen Treffen nicht berücksichtigt werden konnten, könnten sein: Information zu „Karrierewerkstatt 50 plus“ oder ethische Aspekte des Alter(n)s im Kontext von Medizin und Gesundheitsversorgung. Dr. Gerlinde Kaul

Fachgruppe „Klinische Kinderund Jugendlichenpsychologie“ S3-Leitlinie „BorderlinePersönlichkeitsstörung“ – Update Die ersten beiden Treffen der Gesamtgruppe haben nun stattgefunden. Erfreulicherweise konnte festgestellt werden, dass die Interessen der teilnehmenden Fachgesellschaften und Organisationen untereinander ausgeglichen sind und daher einer Konsensfindung optimistisch entgegengesehen werden kann. Ebenso erfreulich kann berichtet werden, dass der Prävention ein großes Augenmerk geschenkt werden soll. Dementsprechend erhält die Altersgruppe der Jugendlichen ab eintretender Puber-

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tät eigene Fragestellungen, die mithilfe der Leitlinie gewissenhaft beantwortet werden sollen. Aufgrund unzureichender Evidenz wird es hier stark auf das Expertenwissen der Mandatsträger_innen ankommen. Neben dem Berufsverband der Kinder- und Jugendpsychiater_innen repräsentiert Ralph Schliewenz als Mandatsträger des BDP e.V. auch mit seinem Tätigkeitsschwerpunkt als Kinderund Jugendlichenpsychotherapeut genau diese Altersgruppe und wird seine Expertise entsprechend weiter einbringen. Als bereits veröffentlichte Referenz dient der Leitliniengruppe die australische Version aus dem Jahr 2014.

Workshop „Versorgung psychisch kranker Kinder und Jugendlicher in Deutschland“ Das Projekt der „Aktion Psychisch Kranke e.V.“, welches vom Bundesministerium für Gesundheit gefördert wurde, untersuchte die Versorgungssituation der Betroffenen. Professor Fegert wies bereits mit seiner Einführung in die Thematik darauf hin, dass eine Verzahnung der gesetzlichen Rahmenbedingungen des SGB V sowie des SGB VIII unabdingbar ist. Die Untersuchung stellte große regionale Unterschiede fest. Erstmanifestationen bestimmter Störungsbilder erscheinen zudem altersbedingt zu sein. Während Störungen der Impulskontrolle bereits im Durchschnitt mit sechs Jahren diagnostiziert werden, treten Ängste, Schizophrenie und Drogenmissbrauch erst später im Verlauf auf. Spätestens mit durchschnittlich 13 Jahren werden dann auch Stimmungsschwankungen erstmals diagnostisch klassifiziert. Etwa 60 % der Erstdiagnosen werden durch Kinderärzt_innen gestellt. In kinder- und jugendpsychotherapeutischen Praxen hingegen treten nur noch rund zehn Prozent erstmals in Erscheinung. Wie mit der Studie erneut nachgewiesen werden konnte, zeigen rund 20 % aller Kinder und Jugendlichen Auffälligkeiten. Sechs Prozent sind behandlungsbedürftig, wovon etwa die Hälfte unversorgt bleibt. Neben dem frühen Auftreten von Störungsbildern zeigten sich im Rahmen der Untersuchung auch Hinweise auf eine prolongierte Adoleszenz. Rund drei Viertel der 25-jährigen Personen leben noch im Haushalt ihrer Eltern. Gegenwärtig stellt die Transitionsphase (Altersspanne von 15 bis 25 Jahren) einen Versorgungsschwerpunkt dar. Ein besonderer Fokus sollte zukünftig in der Verbesserung der Kooperation mit den Schulen liegen. Hier laufen qua Gesetz alle Fäden zusammen. Die einzelnen Sektoren (ambulant, teil-, stationär) wurden durch Professorin Schepker und Doktor Berg genauer unter die Lupe genommen. Plakativ ließ sich veranschaulichen, dass in kinder- und jugendpsychiatrischen Praxen eher Jungen und in kinder- und jugendpsychotherapeutischen Praxen eher Mädchen behandelt werden.

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Expansive Störungsbilder führen in der Regel zu stationären Behandlungen, wobei in SPZs vor allem Entwicklungsdiagnosen (ICD 10; F8) gestellt werden. Selektivverträge mit Krankenkassen haben sich als nicht praktikabel erwiesen. Der sogenannten STations-EquivalentenBehandlung sollte die Zukunft gehören. Bevor in einzelnen Panels die Inhalte vertieft wurden, berichtete Professor Kölch zum Aspekt der Teilhabe (Eingliederungshilfe), welcher sowohl nach § 35a SGB VIII als auch nach § 7 SGB IX gesetzlich geregelt ist. Das Achte Buch des Sozialgesetzes wird aktuell umgeschrieben und soll zum 1. 1. 2020 in Kraft treten können. Das Neunte Buch ist seit dem 1. 1. 2018 gültig. Aufgrund psychischer Erkrankungen fallen in diesen Teilbereich insgesamt 1,4 % aller minderjährigen Personen in Deutschland. Die Gesetzbücher finden aber auch Anwendung bei anderen Behinderungsformen, z. B. geistige oder körperliche. Formaljuristisch ergeben sich nicht selten Schnittstellenprobleme. Vor der Jugendhilfe, die in erster Linie als Träger aller Eingliederungsmaßnahmen zuständig ist, haben zunächst die Schulen und nachrangig die Sozialhilfe die Hoheit.

Kooperation mit DGPs-Interessengruppe „Kinder- und Jugendlichenpsychologie und Psychotherapie“ Auch ohne den weiten Weg nach Landau auf sich nehmen zu müssen, wurde Ralph Schliewenz als Vertreter der entsprechenden Fachgruppe innerhalb des BDP über den E-Mail-Verteiler ausreichend über das Treffen am Rande des Symposiums der Fachgruppe „Klinische Psychologie“ informiert. Hierfür ein herzliches Dankeschön! Bereits in Bonn (Workshop zur Versorgungslage) lernte er Stefan Lüttke als Vertreter der Interessengruppe auch persönlich kennen. Auf weitere gute Zusammenarbeit im Sinne unserer Klientel! Ralph Schliewenz Kontakt: Sektion Klinische Psychologie im Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen e.V. (BDP), Geschäftsstelle: Kirchstr. 3b, 56203 Höhr-Grenzhausen, www.bdp-klinische-psycho logie.de, info@bdp-klinische-psychologie.de https://doi.org/10.1026/1616-3443/a000468

Veranstaltungen und Ankündigungen Bitte reichen Sie Ihre Angaben online im Hogrefe Tagungsplaner ein: http://www.hogrefe.de/veranstal tungen/tagungen-und-kongresse 09. 08. – 12. 08. 2018. 126th APA Annual Convention, in San Francisco, United States. Auskünfte: American Psychological Association, 750 First Street, United States, http://www.apa.org/convention/ 21. 08. – 25. 08. 2018. EHPS Conference 2018, in Galway, Ireland. Auskünfte: Easy Conferences, Cyprus, Tel. +357 22591900, info@easyconferences.eu, https://www.ehps. net 27. 08. – 01. 09. 2018. Berliner Fortbildungswoche Psychotherapie, in Berlin, Germany. Thema: Emotionen und Psychotherapie. Auskünfte über: Tel. +49 30 20 91 66 314, Fax +49 30 20 91 66 316, s.baumgarten@psycholo genakademie.de, http://www.psychologenakademie.de/ produktansicht/cat/73/veranstaltung/1834/ 28. 08. – 31. 08. 2018. 15th Conference of the International Association for the Treatment of Sexual Offenders (IATSO), in Vilnius, Lithuania. Thema: Successfully Implementing Sexual Offender Treatment and Management: What is Helping and what is Hindering? Auskünf© 2018 Hogrefe Verlag

te: International Association for the Treatment of Sexual Offenders (IATSO), Gerichtsgasse 4/5, 1210 Wien, Austria, Tel. +43 1 2706553, Fax +43 1 2706553, office@iatso. org, http://www.iatso.org 06. 09. – 09. 09. 2018. 16. Europäischer Kongress für Körperpsychotherapie, in Berlin, Germany. Thema: Entfremdung-Vitalität-Flow. Auskünfte über: info@congress.eabp. org, https://congress.eabp.org/2018/site/de/welcome/ 07. 09. – 09. 09. 2018. Fachtagung: Psychische Aspekte bei Diabetes über die Lebensspanne, in St. Radegund bei Graz, Austria. Auskünfte: Berufsverband Österreichischer PsychologInnen (BÖP), Dietrichgasse 25, 1030 Wien, Austria, Tel. +43 1 40726710, buero@boep.or.at, https:// www.boep.or.at/veranstaltungen/boep-veranstaltungen/ fachtagung-diabetes 08. 09. – 12. 09. 2018. 26. Erfurter Psychotherapiewoche, in Erfurt, Germany. Thema: Vertrauenskrisen in Psychotherapie und Gesellschaft. Auskünfte: Christian Geyer, Erfurter Psychotherapiewoche e.K., Fischmarkt 5, 99084 Erfurt, Tel. +49 361 6422448, Fax +49 361 6422449, kon takt@psychotherapiewoche.de, http://www.psychothera piewoche.de/

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14. 09. – 15. 09. 2018. Tagung der Deutschen Gesellschaft für Trauma und Dissoziation, in Mainz, Germany. Thema: Aus vielen Ichs ein Selbst? Trauma, Dissoziation und Identität. Auskünfte: Sabine Schröder, DGTD e.V., Am Born 19, 22765 Hamburg, Tel. +49 40 325 227 86, Fax +49 40 325 227 87, info@dgtd.de, http://www.dgtd.de/ta gung-2018/einfuehrung/ 14. 09. – 16. 09. 2018. 2. Psychoneuroimmunologie Kongress, in Innsbruck, Austria. Thema: Das Unsichtbare hinter dem Sichtbaren. Auskünfte: PCO Tyrol Congress, Austria, pni2018@cmi.at, http://www.psychoneuroimmu nologie-kongress.at/ 15. 09. – 20. 09. 2018. 51. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Psychologie, in Frankfurt am Main, Germany. Thema: Psychologie gestaltet. Auskünfte: Deutsche Gesellschaft für Psychologie, Marienstraße 30, 10117 Berlin, referentin@dgps.de, www.dgpskongress.de 17. 09. – 19. 09. 2018. Deutscher Suchtkongress 2018, in Hamburg, Germany. Auskünfte über: Tel. +49 040 6708820, sucht2018@cpo-hanser.de, http://demo.deutsch ersuchtkongress.de/kongressorganisation/programm-undorganisationskomitee.html 20. 09. – 22. 09. 2018. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Systemische Therapie, Beratung und Familientherapie e.V., in Oldenburg, Germany. Thema: Selbstorganisation – Selbststeuerung und die Frage nach dem Sinn. Auskünfte über: Tel. +49 441 798 4425, tagung2018 @uni-oldenburg.de, https://www.dgsf.org/aktuell/termi ne/termine/18-dgsf-jahrestagung 21. 09. – 22. 09. 2018. Männerkongress 2018 – MÄNNER. MACHT. THERAPIE., in Düsseldorf, Germany. Auskünfte: Lotte Wagner-Douglas, Klinisches Institut für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie des Universitätsklinikum Düsseldorf, lotte.wagner-douglas@med.uni-duessel dorf.de, http://www.maennerkongress-duesseldorf.de 21. 09. – 24. 09. 2018. 132. Verhaltenstherapiewoche, in Freiburg, Germany. Thema: Scham, die tabuisierte Emotion. Auskünfte: Ina Lizon, IFT-Gesundheitsförderung, Leopoldstraße 175, 80804 München, Tel. +49 89 36080494, lizon@ift-gesundheit.de, http.//www.vtwoche.de 22. 09. – 23. 09. 2018. 2. Kongress des Deutschsprachigen Dachverbands für Positive Psychologie, in Nürnberg, Germany. Auskünfte: DACH-PP e.V., Asternweg 10a, 83109 Großkarolinenfeld, Tel. +49 8031 599 249, Fax +49 8031 50409, https://www.dach-pp.eu/event/2-kon gress-des-dach-pp-nuernberg 30. 09. – 04. 10. 2018. 47. Lübecker Psychotherapietage, in Lübeck, Germany. Thema: Das sogenannte Gute. Auskünfte: Norddeutsche Arbeitsgemeinschaft für Psychiatrie und Psychosomatik e.V., c/o LTM GmbH Holstentorplatz 1, 23564 Lübeck, Tel. +49 451 4091969, Fax +49 451

Nachrichten

4091991, kongress@luebeck-tourismus.de, https://www. luebecker-psychotherapietage.de 05. 10. – 07. 10. 2018. 17. Internationale Bindungskonferenz, in Ulm, Germany. Thema: Bindung und Scheidung. Auskünfte: Interplan, Landsberger Straße 155, 80687 München, Tel. +49 89 54823473, ibk@interplan.de, www. bindungskonferenz.de 10. 10. – 12. 10. 2018. 17. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung, in Berlin, Germany. Thema: „Personenzentriert forschen, gestalten und versorgen“. Auskünfte: Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e.V., Eupener Straße 129, 50933 Köln, Tel. +49 221 47897115, dnvf@ukkoeln.de, http://www.netzwerk-versorgungsforschung.de/ uploads/DKVF%202018/2018_DKVF_Flyer_RZ_2017_09_ 25_web.pdf 11. 10. – 13. 10. 2018. 26. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizion (DGSM) e.V., in Nürnberg, Germany. Auskünfte: Conventus Congressmanagement & Marketing GmbH, Carl-Pulfrich-Straße 1, 07745 Jena, post@conventus.de, http://www.dgsmkongress.de/ 11. 10. – 13. 10. 2018. 33. Jahrestagung der Gesellschaft für Neuropsychologie, in Bielefeld, Germany. Thema: Neuropsychologie und psychische Störungen. Auskünfte: Sabine Urban, Germany, Tel. +49 521 77278510, sabine.urban@ evkb.de, http://evkb.de/ueber-das-evkb/terminkalender/ termine/artikel//jahrestagung-der-gesellschaft-fuer-neuro psychologie.html 18. 10. – 20. 10. 2018. Kongress Essstörungen 2018 – 26. Internationale Wissenschaftliche Tagung, in Alpach, Tyrol, Austria. Thema: Anorexia, Bulimia nervosa, Binge Eating Disorder, Adipositas/ Obesity. Auskünfte: Netzwerk Essstoerungen, Templstrasse 22, 6020 Innsbruck, Austria, Tel. +43 512 576026, Fax +43 512 583654, info@netzwerkessstoerungen.at, www.netzwerk-essstoerungen.at 22. 10. – 27. 10. 2018. AACAP’s 65th Annual Meeting, in Seattle, United States. Auskünfte über: lflowers@aacap. org, http://www.aacap.org/AACAP/CME_and_Meetings/ AACAP_s_65th_Annual_Meeting/AACAP/CME_and_Mee tings/Annual_Meeting/65th_Annual_Meeting/65th_AM_ Home.aspx?hkey=d98b8086-18c2-42a6-8e6a-57148f7ba 92f 25. 10. – 26. 10. 2018. Missbrauch und Zwang im institutionellem Kontext, in Wiesbaden, Germany. Auskünfte: Martin Rettenberger, Kriminologische Zentralstelle (KrimZ), Viktoriastraße 35, 65189 Wiesbaden, Tel. +49 661 157580, Fax +49 661 1575810, sekretariat@krimz.de, http://www.krimz.de 31. 10. – 04. 11. 2018. 25. Psychotherapietage NRW, in Bad Salzuflen, Germany. Thema: Familie – Bindung – Sexualität. Auskünfte: Susanne Berger, Berger Congress, Brun-

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nenstr. 38, 40223 Düsseldorf, Tel. +49 211 2295389, Fax +49 211 2295489, sberger@bergercongress.de, https:// www.psychotherapietage-nrw.de/ 02. 11. – 04. 11. 2018. 37. Jahrestagung der Fachgruppe Klinische Psychologie in der Rehabilitation, in Erkner, Germany. Auskünfte: BDP Sektion Klinische Psychologie, Kirchstr. 3b, 56203 Höhr-Grenzhausen, Tel. +49 262 49427740, info@bdp-klinische-psychologie.de, http:// bdp-klinische-psychologie.de/fachgruppen/gruppe2.shtml 09. 11. – 10. 11. 2018. 33. Jahrestagung der Arbeitsgemeinschaft Funktionelle Entspannung (A.F.E.), in Berlin, Germany. Thema: Selbstoptimierung- Über den Umgang mit dem Körper in Zeiten der Effizienzsteigerung. Auskünfte: Regine Wosnitza, Arbeitsgemeinschaft Funktionelle Entspannung, Bülowstr. 52/A6, 10783 Berlin, Tel. +49 30 38106556, info@afe-deutschland.de, http://afe-deutsch land.de/jahrestagung-der-a-f-e-2018/ 09. 11. – 10. 11. 2018. 20. Jahrestagung der Gesellschaft für Angstforschung (GAF), in Freiburg, Germany. Auskünfte: Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Universitätsklinikum Freiburg, Hauptstraße 5, 79104 Freiburg, psy. gaf2018@uniklinik-freiburg.de, https://www.uniklinikfreiburg.de/psych/gaf-2018.html

Lippspringe, Germany. Thema: HYPNOSE – Impulse in Trance. Auskünfte: Deutsche Gesellschaft für Hypnose und Hypnotherapie e.V., Daruper Straße 14, 48653 Coesfeld, Tel. +49 2541 880760, DGH-Geschaeftsstelle@t-on line.de, http://dgh-hypnose.de/jahreskongress 15. 11. – 17. 11. 2018. Jahrestagung des BKJPP 2018, in Magdeburg, Germany. Thema: Geschwister. Auskünfte: Sara Joachim-Meyer, KelCon GmbH, Tauentzienstr. 1, 10789 Berlin, Tel. +49 30 679668857, Fax +49 30 679668855, bkjpp@kelcon.de, http://www.bkjpp-jahrestagung.de/de/ Home/index.html 28. 11. – 01. 12. 2018. DGPPN Kongress 2018, in Berlin, Germany. Auskünfte: DGPPN-Geschäftsstelle, Tel. +49 30 240477219, programm@dgppn.de, http://www.dgppn kongress.de/ 28. 11. – 01. 12. 2018. Kongress Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Nervenheilkunde, in Berlin, Germany. Auskünfte: DGPPN e.V., Reinhardtstraße 27B, 10117 Berlin, Tel. +49 30 24047720, sekretariat@ dgppn.de, http://www.messe-berlin.de/Veranstalter/Ver anstaltungskalender/Event_22976.html

09. 11. – 11. 11. 2018. 133. Verhaltenstherapiewoche, in München, Germany. Thema: Nutzen und Schaden von psychotropen Substanzen in der Psychotherapie. Auskünfte: Ina Lizon, IFT-Gesundheitsförderung, Leopoldstraße 175, 80804 München, Tel. +49 89 36080494, li zon@ift-gesundheit.de, http.//www.vtwoche.de

30. 11. – 01. 12. 2018. Kongress Meditation & Wissenschaft 2018, in Berlin, Germany. Auskünfte: Rosmann Nadja, Hofheimerstraße 21 A, 65719 Hofheim, Tel. +49 6192 2068258, Fax +49 3222 9986691, Nadja.Rosmann@me ditation-wissenschaft.org, http://www.meditation-wissen schaft.org/

15. 11. – 18. 11. 2018. Jahreskongress der Deutschen Gesellschaft für Hypnose und Hypnotherapie 2018, in Bad

https//doi.org/10.1026/1616-3443/a000473

Gutachterliste der Zeitschrift für Klinische Psychologie und Psychotherapie 2017 Außer den Mitgliedern des wissenschaftlichen Beirats waren im Jahr 2017 folgende Personen als Gutachter für die Zeitschrift tätig: Prof. Dr. Georg W. Alpers, Mannheim Dr. Julia Asbrand, Freiburg Prof. Dr. Josef Bailer, Mannheim Mona Bünnemann, M. Sc. Psych., Bielefeld Dr. Annette Cina, Fribourg Dr. Jan Christopher Cwik, Köln Prof. Dr. Judith K. Daniels, Groningen Prof. Dr. Thomas Ehring, München © 2018 Hogrefe Verlag

Prof. Dr. Lydia Fehm, Berlin Dr. Heike Gerger, Basel PD Dr. Heide Glaesmer, Leipzig Prof. Dr. Julia Anna Glombiewski, Koblenz-Landau Dr. Anja Grocholewski, Braunschweig Dr. Jana Hansmeier, Zürich Dr. Andrea Hartmann Firnkorn, Osnabrück Prof. Dr. Thomas Heidenreich, Esslingen Zeitschrift für Klinische Psychologie und Psychotherapie (2018), 47 (1), 61–74


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Dr. Kevin Hilbert, Berlin Prof. Dr. Philipp Kanske, Dresden Dr. Timo Klan, Mainz Prof. Dr. Michael Klein, Köln PD Dr. Susanne Knappe, Dresden Dr. Ines Kollei, Bamberg Dr. Johannes A. C. Laferton, Berlin Prof. Dr. Ulrike Lüken, Berlin Prof. Dr. Wolfgang Lutz, Trier PD Dr. Johannes Mander, Heidelberg PD Dr. Siebke Melfsen, Zürich und Würzburg Prof. Dr. Johannes Michalak, Witten/Herdecke Prof. Dr. Nexhmedin Morina, Münster

Dr. Mona Neysari, Zürich Prof. Dr. Paul Pauli, Würzburg Dr. Mario Pfammatter, Bern Simone Pfeiffer, M. Sc. Psych., Koblenz-Landau Dr. Andre Pittig, Dresden Prof. Dr. Rita Rosner, Eichstätt-Ingolstadt Prof. Dr. Julian Schmitz, Leipzig Prof. Dr. Torsten Schubert, Halle-Wittenberg Dipl.-Psych. Michael Simon, Dachau Dr. Tobias Stächele, Freiburg Prof. Dr. Silja Vocks, Osnabrück Dr. André Wannemüller, Bochum Dipl.-Psych. Andreas Witt, Ulm

An dieser Stelle sei den Gutachterinnen und Gutachtern für Ihre Unterstützung gedankt. https://doi.org/10.1026/1616-3443/a000464

Realitätsbezug und intensive Erfahrungen! Tim Peters / Christian Thrien (Hrsg.)

Simulationspatienten Handbuch für die Aus- und Weiterbildung in medizinischen und Gesundheitsberufen 2018. 288 S., 21 Abb., 9 Tab., Gb € 69,95 / CHF 89.00 ISBN 978-3-456-85756-5 Auch als eBook erhältlich Für die Kommunikation mit Patienten, Angehörigen oder interprofessionellen Kollegen im Bereich Ethik, Psychologie sowie für das Training von körperlichen Untersuchungen ermöglichen professionelle Simulationspatienten sowohl für die Lehre als auch für Prü-

fungen eine hohe Authentizität und intensive Erfahrungen. Praktische Themen (z. B. Lehrund Prüfungsszenarien, rechtliche Rahmen) als auch aktuelle Forschungsergebnisse (z. B. Glaubwürdigkeit von Schauspielerdarstellungen) werden hier beleuchtet.

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Hinweise für Autorinnen und Autoren Die Zeitschrift für Klinische Psychologie und Psychotherapie – Forschung und Praxis publiziert Beiträge, die sich – direkt oder indirekt – auf den mit Problemen behafteten, psychisch gestörten, psychisch kranken Menschen und die psychischen Aspekte somatisch Erkrankter sowie deren Behandlung beziehen. In Frage kommen vor allem Arbeiten aus der Psychologie und der Medizin, die aus dem Grundlagen- oder Anwendungsbereich stammen können. Die Zeitschrift für Klinische Psychologie und Psychotherapie ist dem Pluralismus in den Denk- und Arbeitsmethoden, der Interdisziplinarität, der Multimethodalität und der Heterogenität der Arbeitsfelder verpflichtet. Veröffentlicht werden in der Zeitschrift für Klinische Psychologie und Psychotherapie die Rubriken: Originalbeiträge, Kurzberichte, Kommentare, Rezensionen und Nachrichten. Einsendung von Manuskripten. Alle Manuskripte sind in elektronischer Form an den Herausgeber zu senden: Prof. Dr. Jürgen Hoyer, E-Mail: herausgeber.zkpp@mailbox.tu-dresden.de Detaillierte Hinweise für Autoren finden Sie unter http://www. hogrefe.com/j/zkp Urheber- und Nutzungsrechte. Der Autor bestätigt und garantiert, dass er uneingeschränkt über sämtliche Urheberrechte an seinem Beitrag einschließlich eventueller Bildvorlagen, Zeichnungen, Pläne, Karten, Skizzen und Tabellen verfügt, und dass der Beitrag keine Rechte Dritter verletzt. Der Autor räumt – und zwar auch zur Verwertung seines Beitrages außerhalb der ihn enthaltenen Zeitschrift und unabhängig von deren Veröffentlichung – dem Verlag räumlich und mengenmäßig unbeschränkt für die Dauer des gesetzlichen Urheberrechts das ausschließliche Recht der Vervielfältigung und Verbreitung bzw. der unkörperlichen Wiedergabe des Beitrags ein. Der Autor räumt dem Verlag ferner die folgenden ausschließlichen Nutzungsrechte am Beitrag ein:

Jahrgang 46 / Heft 1 / 2017

Zeitschrift für

Herausgeber Jürgen Hoyer Cornelia Exner Alexander L. Gerlach Tina In-Albon Angelika Schlarb Michael Witthöft

Forschung und Praxis

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Klinische Psychologie und Psychotherapie

a) Das Recht zum ganzen oder teilweisen Vorabdruck oder Nachdruck – auch in Form eines Sonderdrucks, zur Übersetzung in andere Sprachen, zu sonstiger Bearbeitung und zur Erstellung von Zusammenfassungen (Abstracts); b) das Recht zur Veröffentlichung einer Mikrokopie-, Mikroficheund Mikroformausgabe, zur Nutzung im Weg von Bildschirmtext, Videotext und ähnlichen Verfahren, zur Aufzeichnung auf Bildund/ oder Tonträger und zu deren öffentlicher Wiedergabe – auch multimedial – sowie zur öffentlichen Wiedergabe durch Radio- und Fernsehsendungen; c) das Recht zur maschinenlesbaren Erfassung und elektronischen Speicherung auf einem Datenträger (z. B. Diskette, CDRom, Magnetband) und in einer eigenen oder fremden OnlineDatenbank, zum Download in einem eigenen oder fremden Rechner, zur Wiedergabe am Bildschirm – sei es unmittelbar oder im Wege der Datenfernübertragung – sowie zur Bereithaltung in einer eigenen oder fremden Online-Datenbank zur Nutzung durch Dritte; d) das Recht zu sonstiger Vervielfältigung, insbesondere durch fotomechanische und ähnliche Verfahren (z. B. Fotokopie, Fernkopie) und zur Nutzung im Rahmen eines sogenannten Kopienversands auf Bestellung; e) das Recht zur Vergabe der vorgenannten Nutzungsrechte an Dritte in In- und Ausland sowie die von der Verwertungsgesellschaft WORT wahrgenommenen Rechte einschließlich der entsprechenden Vergütungsansprüche. Nutzungsrichtlinien für Hogrefe Zeitschriftenartikel. Hinweise für Autoren zur Online-Archivierung einer elektronischen Version Ihres Manuskriptes finden Sie auf unserer Homepage unter http://hgf.io/nutzungsrichtlinien. September 2016

Zeitschrift für Klinische Psychologie und Psychotherapie Forschung und Praxis Wir freuen uns über die Einreichung von Beiträgen für unsere Zeitschrift. Weitere Informationen zur Zeitschrift sowie alle notwendigen Hinweise für die Einreichung von Manuskripten (Autorenhinweise) finden Sie auf unserer Homepage.

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© 2018 Hogrefe Verlag

Zeitschrift für Klinische Psychologie und Psychotherapie (2018), 47 (1), 75


FESKA

VBV 3-6

Fragebogen zur Erfassung störungsaufrechterhaltender Komponenten sozialer Angst bei Kindern und Jugendlichen

Verhaltensbeurteilungsbogen für Vorschulkinder

A. Görtz-Dorten / D. Perri / M. Döpfner

M. Döpfner / W. Berner / T. Fleischmann / M. Schmidt

Einsatzbereich: Der FESKA erfasst aufrechterhaltende Komponenten sozial ängstlichen Verhaltens bei Kindern und Jugendlichen im Alter von 9;0 bis 14;11 Jahren (Selbstbeurteilungsversion) bzw. im Alter von 4;0 bis 14;11 Jahren (Fremdbeurteilungsversion für Eltern, Lehrer oder Erzieher). Einsatzgebiete sind die Kinder- und Jugendpsychotherapie, die Kinder-und Jugendpsychiatrie, die Erziehungsberatung und die Schulpsychologie. Das Verfahren: Mit Hilfe des FESKA werden mögliche aufrechterhaltende Komponenten von sozial ängstlichen Verhaltensweisen erfasst, die ein Kind oder Jugendlicher in Interaktionen mit Gleichaltrigen oder mit Erwachsenen zeigt. Der Fragebogen besteht aus insgesamt 23 Items. Auf der Grundlage eines theoretischen Bedingungsmodells werden mit je einer Komponentenskala eine Störung sozialer Kognitionen (10 Items), Störung sozialer Fertigkeiten (7 Items) und Störung sozialer Interaktionen (6 Items) erhoben. Bei jedem Item wird zwischen vier möglichen Interaktionspartnern unterschieden (fremde Gleichaltrige, bekannte Gleichaltrige, fremde Erwachsene, bekannte Erwachsene). Bei der Auswertung werden die drei Komponentenskalen und zugehörigen Gesamtskalen zunächst getrennt für jeden erfragten Interaktionspartner gebildet (Skalen 1. Ordnung), dann übergeordnet für die Interaktion mit Fremden, Bekannten, Gleichaltrigen und Erwachsenen (Skalen 2. Ordnung) sowie global für die Interaktion mit allen Interaktionspartnern (Skalen 3. Ordnung). Es liegen zwei Versionen des FESKA (Selbstbeurteilung, Fremdbeurteilung) mit identischen Iteminhalten vor. Der Fragebogen wird zur Diagnostik und Verlaufskontrolle störungsaufrechterhaltender Komponenten sowie zur differenziellen Indikationsstellung und Therapieplanung eingesetzt Bearbeitungsdauer: Die Bearbeitungs- und die Auswertungszeit beträgt durchschnittlich je 15 Minuten. 01 529 01

Test komplett

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98,00 €

2., überarbeitete und erweiterte Auflage mit Kurzformen

Reihe: Treatmentorientierte Diagnostik Hrsg. von F. Petermann / E. Brähler Einsatzbereich: Kinder im Alter von 3 bis 6 Jahren. Das Verfahren: Der VBV 3-6 dient der differenzierten Erfassung von Verhaltensauffälligkeiten und Kompetenzen aus der Sicht von Eltern und Kindergartenerzieherinnen. Es liegt ein Elternfragebogen (VBV-EL) mit 53 Items und ein Erzieherfragebogen (VBV-ER) mit 93 Items vor. Die Fragebogen können einzeln oder in Kombination eingesetzt werden. Jede Fragebogenform besteht aus den folgenden Dimensionen: (1) sozial-emotionale Kompetenzen, (2) oppositionell-aggressives Verhalten, (3) Unaufmerksamkeit und Hyperaktivität versus Spielausdauer sowie (4) emotionale Auffälligkeiten. Darüber hinaus ist in beiden Fragebogenformen eine Symptomliste mit 17 Items enthalten. Mit der 2. Auflage liegen erstmal auch zwei Kurzformen vor, die von Eltern (VBV-K-EL, 35 Items) und Erzieherinnen (VBV-K-ER, 44 Items) beantwortet werden. Normen: Für alle Fragebogenformen liegen Gesamtnormen (Stanine-Werte) für eine repräsentative Stichprobe (N = 241-405) sowie für umschriebene Diagnosegruppen (Kinder mit internalen bzw. externalen Störungen; N = 151-304) vor. Bearbeitungsdauer: Langformen: ca. 20 bis 30 Minuten (Elternfragebogen). 30 bis 40 Minuten (Erzieherfragebogen). Kurzformen: jeweils ca. 10 bis 15 Minuten 04 129 01 Test komplett

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Genesung durch Betätigung mit dem Recovery-Modell

Catana Brown

Menschen mit schweren psychischen Erkrankungen

Catana Brown

Menschen mit schweren psychischen Erkrankungen

Leitlinien der Ergotherapie, Band 4 Deutsche Ausgabe herausgegeben von Mieke le Granse. Übersetzt von Kim Roos. 2017. 136 S., 2 Abb., 11 Tab., Kt € 34,95 / CHF 45.50 ISBN 978-3-456-85782-4 Auch als eBook erhältlich

Deutschsprachige Ausgabe herausgegeben von Mieke le Granse

Leitlinien der Ergotherapie

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Diagnose, Funktionsbeeinträchtigungen und Krankheitsdauer sind typischerweise die Elemente, um den Begriff einer „schweren psychischen Erkrankung“ zu klären. Klassisch werden folgende psychische Erkrankungen als schwer eingestuft: Schizophrenie und schizoaffektive Erkrankungen, bipolare Störungen und schwere (unipolare) Depression.

Für Menschen mit einer schweren psychischen Erkrankung sind jene Methoden geeignet, die vom Ansatz des Recovery-Modells ausgehen. Das ergotherapeutische Handeln steht im Einklang mit dem Fokus des Recovery-Modells – der Teilhabe des Klienten. Dieser Band ist aus der neuen Buchreihe Leitlinien der Ergotherapie als Übersetzungen der amerikanischen Guidelines der American Occupational Therapy Association (AOTA).


Unsere Buchtipps Mark Stemmler / Johannes Kornhuber Demenzdiagnostik

Demenzdiagnostik

Mark Stemmler Johannes Kornhuber

Persönlichkeits- und Verhaltensstörungen nach Hirnschädigung

Angelika Thöne-Otto / Anne Schellhorn / Conny Wenz

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Kompendien Psychologische Diagnostik

Fortschritte der Neuropsychologie

(Reihe: „Kompendien Psychologische Diagnostik“, Band 16). 2018, 186 Seiten, € 24,95 / CHF 32.50 ISBN 978-3-8017-2760-4 Auch als eBook erhältlich Ein Psychologe und Mediziner geben in dem sich rasant entwickelnden Umfeld der Demenzforschung eine Orientierung über die Ursachen, Ätiologie, Prävention und die notwendigen Schritte einer umfassenden Demenzdiagnostik.

(Reihe: „Fortschritte der Neuropsychologie“, Band 18) 2018, ca. 80 Seiten, ca. € 22,95 / CHF 29.90 (Im Reihenabonnement ca. € 15,95 / CHF 21.50) ISBN 978-3-8017-2335-4 Auch als eBook erhältlich Souverän mit Verhaltensstörungen nach Hirnschädigung umgehen.

Michael B. First

Handbuch der Differenzialdiagnosen – DSM-5®

Handbuch der Differenzialdiagnosen – DSM-5®

Deutsche Ausgabe herausgegeben von Winfried Rief

Michael B. First

Leitfaden zur Erfassung des psychopathologischen Befundes

Erdmann Fähndrich Rolf-Dieter Stieglitz

Halbstrukturiertes Interview anhand des AMDP-Systems 5., korrigierte Auflage

Erdmann Fähndrich/ Rolf-Dieter Stieglitz

Leitfaden zur Erfassung des psychopathologischen Befundes

Halbstrukturiertes Interview anhand des AMDP-Systems

Deutsche Ausgabe Winfried Rief (Hrsg.)

2017, XVIII/391 Seiten, € 59,95 / CHF 75.00 ISBN 978-3-8017-2757-4 Auch als eBook erhältlich

5., korrigierte Auflage 2018, 137 Seiten, Kleinformat, € 24,95/CHF 32.50 ISBN 978-3-8017-2930-1 Auch als eBook erhältlich

Das Handbuch bietet klare Hilfen bei der differenziellen Diagnostik psychischer Störungen auf der Grundlage der DSM-5-Klassifikation.

Der Interviewleitfaden ist für die Arbeit mit dem AMDP-System entwickelt worden und dient der Erfassung des psychopathologischen Befundes. Bei der nun vorliegenden 5. Auflage handelt es sich um eine korrigierte Ausgabe der 4. Auflage, in der alle aktuellen Veränderungen im AMDP-System berücksichtigt wurden.

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