Swaantje Güntzel Normalitätssimulation

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Normalitätssimulation

Swaantje Güntzel

Normalitätssimulation: Von scheinbaren Banalitäten im Werk Swaantje Güntzels [English translation see last page] von Anne Hemkendreis

Auf einem dunklen Holzbord an der Wand begegnen die Besucher:innen der Ausstellung ›Normalitätssimulation‹ in der Hamburger Galerie Holthoff einem kleinen und bezauberndem Pferd, das in Bronze gegossen auf einem Sockel steht. Streng genommen steht es nicht aus eigener Kraft, sondern es ist auf einer Stange befestigt, weil sein Körper mit den vier abgebrochenen Beinen in einem fragmentarischen Zustand ist. Wie schon Ruinen auf die deutschen Romantiker eine besondere Faszinationskraft ausübten, entfaltet das kleine Pferd gerade durch seinen versehrten Körper einen anziehenden Reiz. Es erinnert an antike Skulpturen und entspricht damit einem klassischen Schönheitsideal, das die Zeit überdauert hat.

Jedoch verbirgt sich hinter dem schönen Schein der Bronzeskulptur ein ungewöhnliches Vorbild, das betroffen macht. Die Künstlerin wählte als Vorlage ein Plastikpferd, also ein Kinderspielzeug, das irgendwann ins Meer gelangt ist und schließlich auf Midway Atoll – eine Inselgruppe im nördlichen Pazifik – angespült wurde. Midway Atoll gilt als wichtige Brutstätte diverser Seevogelarten. Trotz der Abgelegenheit des Atolls haben die Tiere zunehmend mit der Vermüllung der Ozeane und dem menschengemachten Klimawandel zu kämpfen. Güntzel ließ das Pferd in Bronze gießen und stellt damit zur Diskussion, welche heterogenen Wertigkeiten wir verschiedenen Materialien zuschreiben. Bei Plastik handelt es sich um ein Material, dass nur in einem geschlossenen Kreislauf wiederverwertet werden kann und damit Teil eines wachsenden Entsorgungsproblems ist. Aufgrund ihrer ständigen Ausdehnung hat die Plastikkrise zudem ein grundsätzliches Wahrnehmungsproblem. Das Eindringen von Plastik in jeden Lebensbereich – nicht zuletzt als Mikroplastik in tierische und menschliche Organismen – verursacht eine Krise, die das menschliche Maß und damit die menschliche Vorstellungskraft übersteigt. Das Bronzepferd fordert in seinem versehrten Zustand die Fantasie heraus. Das Fehlen seiner

Beine erweckt das Bedürfnis nach seiner imaginären Vervollständigung, wodurch die Historizität von Plastik als Material thematisch wird, das heute ein unverzichtbarer Bestandteil der menschlichen Lebenswelt ist. Plötzlich gewinnt das, was nicht gezeigt wird, an Relevanz. Das Unsichtbare betrifft jedoch nicht nur die formale Unvollständigkeit des Pferdes, sondern auf übertragener Ebene auch den Schrecken, der hinter dem Alltäglichen lauert. Ein ästhetischer Genuss verwandelt sich in das Bewusstsein einer wachsenden und menschengemachten Katastrophe, sobald das Vorbild des Bronzepferdes erkannt wird.

Güntzels Arbeit mit Plastik, die in vielen ihrer Werke eine zentrale Rolle spielt, ist beispielhaft für das Interesse der Künstlerin an ökologischen Fragestellungen. Mithilfe unterschiedlicher Medien und Materialien untersucht die Künstlerin die Fähigkeit einer ästhetischen Erfahrung als Mittel der Reflexion und Erkenntnis. Dabei interessiert sie auch die historischen Wurzeln aktueller Katastrophen.

Für eine ihrer Arbeiten ließ sich Güntzel beispielsweise von dem fotografischen Porträt der australischen Tänzerin Blanche Satchel inspirieren, das in den späten 1920er Jahren aufgenommen wurde. Satchel war ein begehrtes Fotomodel und eines der sog. Ziegfeld Follies, also eine Revuetänzerin am New Yorker Broadway. Auf der Fotografie trägt sie eine Kette in Eiszapfenform, die auf der Rückseite als Nordpolmode betitelt wird. Aufgrund der Eroberung des Nordpols durch Robert Edwin Peary im Jahre 1909 seien Amerikanerinnen so begeistert gewesen, dass sie sogar ihre Kleidung auf dieses heroische Ereignis abgestimmt hätten. Für den Niederschlag von Pionierleistungen in der Damenkleidung gibt es Vorläufer. Die frühen Heißluftballonfahrten, die als eine erste Eroberung des Luftraums galten, führten zu heute amüsanten Modephänomenen, wie ballonartigen Frisuren, Mützen, Kleidern und Schmuck. Im Archiv des Scott Polar Research Instituts in Cambridge findet sich zudem ein Vergleichsobjekt zur Eiszapfenkette. Vor einigen

Bronzepferd, 2021 Bronze, Edition 3/3 + 1 ap 10 × 10 × 2 cm

Bronzepferd, gegossen nach der Vorlage eines Plastikpferds, das auf Midway Atoll (Nordwestliche Hawaii-Inseln) angeschwemmt wurde.

Realisiert mit Hilfe von Kure Atoll Conservancy.

Jahren wurde dort ein Ballkostüm von 1923 wiederentdeckt, das durch die Südpoleroberung inspiriert wurde. Zentraler Bestandteil des Kostüms ist ein Hut in Form des Mount Erebus – einem Vulkan in der Antarktis – mitsamt einem Schiff und Pinguinen. Die Trägerin des Kostüms posierte für eine Weihnachtskarte gemeinsam mit einem Mann, der nach der damaligen Vorstellung eines unzivilisierten Wilden verkleidet war, was die koloniale und heroische Dimension dieser Form der Unterhaltungskultur verdeutlicht.

Güntzel entwarf eine echte Eiszapfenkette aus dem Material einer Bohrprobe, die die Expedition ›Polarstern‹

Nordpolmode / Blanche Satchel, 2024 Fotografie, 32,3 × 28 cm (Maß gerahmt)

Pressefoto ›Nordpolmode‹ das als Vorlage für das gleichnamige Video diente (Pressefoto Nachrichtendienst Berlin, ca. 1920er Jahre).

des Alfred-Wegener-Institut in der Arktis gesammelt hatte. Gemeinsam mit dem Fotoporträt der Tänzerin Satchel steht das Video mit der schmelzenden Kette für den sich ereignenden Klimawandel, der das Abschmelzen der Pole als eine ökologische Katastrophe zur Folge hat. Zudem verweist die Halskette als ein ästhetisch ansprechendes Objekt auf einen Zusammenhang zwischen dem aktuellen Klimawandel, alltäglichem Vergnügen und den imperialen Ambitionen des 19. Jahrhunderts. Diese Verbindung wird zwar nicht ausdekliniert, aber sie bietet sich den Betrachter:innen zur Kontemplation an.

Eine andere Arbeit der Künstlerin, die Fotografie ›Seestück IV‹, die in dem Archiv des Museums ›Kunst der Westküste‹ (Föhr) entstanden ist, befragt auf ähnliche Weise die Haltung des Menschen gegenüber der Natur, sowie ihre Ästhetisierung und anthropogene Veränderung. Als Rückenfigur posiert die Künstlerin vor dem Gemälde ›Hafeneinfahrt‹ des deutschen Malers Erich Heckel; entstanden zur Zeit des Ersten Weltkriegs 1916. Heckel blieb während des Krieges der Einsatz im Schützengraben erspart, da es dem Kunsthistoriker Walter Kaesbach gelang, verschiedene Künstler der abstrakten Moderne in seine Einheit zum Sanitätsdienst zu berufen. In Heckels Werk scheint der flammenrote Himmel

NORDPOLMODE Video, 2024

Video, inspiriert von einem Pressefoto (ca. späte 1920er Jahre) das die australische Schauspielerin und Tänzerin Blanche Satchel mit einer Eiszapfenkette zeigt.

Text Rückseite Pressefoto: »NORDPOLMODE IN AMERIKA. Durch die Eroberung des Nordpols sind die Amerikanerinnen so begeistert, dass sie sogar eine ›Nordpolmode‹ in ihrer Kleidung eingeführt haben. Blanche Satchel, eine amerikanische Aristokratin, trägt als Schmuck ein Halsband von goldenen Eiszapfen.« Im Video trägt die Assistentin der Künstlerin, Joana Luisa Lopes Bacelar, ein Halsband aus echten Eiszapfen. Die Eiszapfen wurden aus dem Schmelzwasser einer Bohrprobe hergestellt, die Wissenschaftler:innen des Alfred-Wegener-Instituts 2023 während einer Fahrt des Forschungsschiffs ›Polarstern‹ einer Eisscholle in der Arktis entnommen haben.

Realisiert mit Hilfe des Alfred-Wegener-Instituts Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung. Swaantje Güntzel ist aktuell Art Fellow am Research Institute for Sustainability (RIFS ) Potsdam und forscht zur Wahrnehmung der Arktis. Das Werk ist im Kontext des Fellowships entstanden.

über der idyllischen Hafenszene allerdings den Schrecken des Krieges zu symbolisieren.

Als Rückenfigur vor einer (gemalten) Landschaft posierend, nimmt Güntzel in ihrer Fotografie auch Bezug auf eine romantische Bildformel – ihr berühmtestes Beispiel ist Caspar David Friedrichs ›Wanderer über dem Nebelmeer‹ (1818) – und unterbreitet damit ein Angebot zur Kontemplation und Reflexion. Die Frage ist jedoch, worüber die weibliche Figur im Anblick der Meereslandschaft nachdenkt. Einen Hinweis gibt das stählerne Objekt in ihren Händen, bei dem es sich um eine entschärfte Bombe aus dem zweiten Weltkrieg handelt. In der Nord- und Ostsee liegen bis heute zahllose Kampfmittel auf dem Meeresgrund und stellen eine Gefahr für Tiere und Menschen dar. Das häufig unberührt wirkende Meer trägt also in sich die materielle Erinnerung an vergangene Gewalt. Mit Blick auf den sich ereignenden Klimawandel ist das Meer zudem ein ökologisches System am Rande des Kollapses. Ebenso

Arctic Plastics / Svalbard AWI I, 2022

Div. Kunststoffe, Fotopapier, Karton 30,5 × 36 cm (Maß ungerahmt)

Eine Landschaftsansicht von 1900 (Fotograf unbekannt) wurde mit Kunststofffasern, die an einem Strand von Spitzbergen im Rahmen eines Citizen Science-Projekts gesammelt und dann am Alfred-Wegener-Institut untersucht wurden, durchwebt.

Realisiert mit Hilfe des Alfred-Wegener-Instituts HelmholtzZentrum für Polar- und Meeresforschung.

wie sich in Heckels Gemälde zur Idylle die Ahnung eines nahenden Schreckens gesellt, verbinden sich in Güntzels ›Seestück IV‹ eine romantische Szene mit einem unter der Oberfläche des Sichtbaren befindlichen Grauen.

Güntzels Arbeiten zeichnen sich insgesamt durch eine Auslotung der Grenze zwischen dem Sichtbaren und dem Unsichtbaren aus. Die Fotografien, Objekte und Installationen machen Gewalt und sich ereignende Katastrophen, die keine direkte Sichtbarkeit haben, spürbar. Damit widmet sich die Künstlerin einem Darstellungs- und Wahrnehmungsproblem von Krisen, die entweder eine komplexe Zeitlichkeit haben oder die die menschliche Vorstellungskraft übersteigen. Da jeder künstlerische Versuch der Sichtbarmachung dieser Art von Gewalt und Katastrophen einen Akt der Relativierung bedeuten würde, verbleibt der Schrecken jedoch im Unsichtbaren. Er wird erahnbar in dem Kontrast unterschiedlicher Materialien, im Gegensatz zwischen Idylle und Krieg und in der Thematisierung von Verlust und Vergänglichkeit. Eine ästhetische Erfahrung, so zeigen Güntzels Arbeiten, kann sensibilisieren für die Krisen und Herausforderungen der Gegenwart sowie für ihre historische Verankerung. Die Ausstellung ›Normalitätssimulation‹ in der Hamburger Galerie Holthoff verdeutlicht unseren Wunsch, die eigentliche (ökologische) Realität zu ignorieren und das eigene Leben unverändert, also ohne Verzicht und genaues Hinschauen, weiterführen zu können. Gerade hierin besteht die banale Abgründigkeit des Alltags.

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SEESTÜCK IV / Museum Kunst der Westküste, Föhr, 2024 Diasec, Edition 1/5 + 1 ap 80 × 120 cm

Inszenierung vor dem Werk ›Hafeneinfahrt‹ (1916) von Erich Heckel (1883–1970). Die Künstlerin steht im Magazin des MKdW Föhr und hält eine 100-Pfund-US-Fliegerbombe unter dem Arm die aus der Nordsee geborgen wurde. Auf dem Boden liegt ein Zerscheller desselben Kalibers. In der deutschen Nord- und Ostsee lagern Altlasten von ca. 1,6 Millionen t konventioneller Munition und 5.000 t chemischer Kampfstoffe, die im Zweiten Weltkrieg durch Militäroperationen oder später durch Verklappung versenkt wurden (Quelle: Umweltbundesamt).

Realisiert mit Hilfe von SeaTerra GmbH Kampfmittelräumung.

Serie ›Crevasse‹

Abbildungen (found objects) von diversen Gletschern wurden bearbeitet, die Gletscher jeweils aus dem Bild entfernt und die Fragmente gerahmt.

[Abb. rechts]

Schüttel-Gletscher, 2022

Postkarten beschnitten, 27,2 × 21,2 cm (Maß gerahmt)

Die ausgeschnittenen Gletscher der Serie ›Crevasse‹ wurden gesammelt und lose in einem eigenen Rahmen präsentiert.

Rosenlaui / Schweiz, ca. 1965, 2024

Postkarte (beschrieben) 28,7 × 25,3 cm (Maß gerahmt)

Der handgeschriebene Text auf der Karte diente als Vorlage für die Lichtinstallation ›This glacier was very blue‹.

Pasterzengletscher (Großglockner) / Österreich, 1931, 2022

Foto beschnitten, 23,5 × 29 cm (Maß gerahmt)

Pasterzengletscher (Großglockner) / Österreich, ca. 1960er Jahre, 2022

Foto beschnitten, 25,6 × 20,8 cm (Maß gerahmt)

Hintertuxer Gletscher / Gletscherhütte

Österreich, ca. 1970er Jahre, 2024

Postkarte beschnitten, 31 × 26,6 cm (Maß gerahmt)

Brixsdalsbreen / Norwegen, ca. 1970erJahre, 2022

Postkarte beschnitten, 33,4 × 22,8 cm (Maß gerahmt)

Brixsdalsbreen / Norwegen, 1938, 2022

Postkarte (beschrieben) beschnitten, 30,5 × 25,5 cm (Maß gerahmt)

Svartisen Gletscher / Norwegen, 1910, 2022

Postkarte beschnitten

29,7 × 25,3 cm (Maß gerahmt)

Mer de Glace (Glacier Montanvert) / Frankreich, 1800, 2022

Kupferstich beschnitten, 30 × 34,5 cm (Maß gerahmt)

Pasterzengletscher (Großglockner) / Österreich, 1903, 2022

Panoramakarte beschnitten, 20 × 53 cm (Maß gerahmt)

Nördliches Breitmaulnashorn / Embryo, 2021 Stickgarn, Stickstoff, 24,3 × 22,7 cm

Stickbild, dass die Zellteilung eines im Labor hergestellten Embryos des Nördlichen Breitmaulnashorns zeigt. Aktuell gibt es nur noch zwei Weibchen dieser Tierart. Eizellen dieser Exemplare wurden mit den eingelagerten Samen eines verstorbenen männlichens Tiers in-vitro befruchtet. Die Embryonen werden in flüssigem Stickstoff gelagert, um in eine Leihmutter überführt zu werden.

Sessellift, 2024

Sessellift, Dekoartikel aus dem Gartenbereich, Pflanzen, Maße variabel

Eine ausrangierte Liftgondel, die auf der Ochsenkopfbahn (Nordseite) im Fichtelgebirge gelaufen ist wird als Dekorationsobjekt für den Garten hergerichtet und mit Pflanzen und Dekoartikeln aus dem Baumarkt geschmückt. Ausrangierte Sessellifte und Liftgondeln, vor allem aus Skigebieten die stark von der Klimakrise betroffen sind, werden seit mehreren Jahren als Gartensitzmöbel oder Gartendekoration angeboten.

Sessellift Detail, 2024

Die exemplarische Dekoration der ausrangierten Liftgondel wurde im Gartencenter eines Baumarkts ausgewählt.

This glacier was very blue, 2024 LED Laufschrift, Edition 1/3 62 × 99 cm

Wiedergabe des Satzes »This glacier was very blue«, der als Bleistiftnotiz auf der Rückseite einer historischen Postkarte (found object) die den Rosenlauigletscher zeigt, notiert wurde.

Serie ›Sekundenkleber‹

Naiv gemalte Bilder angefertigt mit Sekundenkleber und Glitter. Der Sekundenkleber stammt von der Widerstandsgruppe Potsdam der Letzten Generation.

Sekundenkleber / Berge, 2024

Sekundenkleber, Glitter, Papier 21 × 29,7 cm (Maß ungerahmt)

Sekundenkleber / Sonne, 2024

Sekundenkleber, Glitter, Papier 21 × 29,7 cm (Maß ungerahmt)

Sekundenkleber / Schmetterling, 2024

Sekundenkleber, Glitter, Papier 21 × 29,7 cm (Maß ungerahmt)

Sekundenkleber / Bäume, 2024

Sekundenkleber, Glitter, Papier 21 × 29,7 cm (Maß ungerahmt)

Eisbär / Malen nach Zahlen, 2024

Acryl auf Leinwand, 50,5 × 50,5 cm (Maß gerahmt)

Bild eines Eisbären in einem Zoogehege, das als Malen-nach-Zahlen-Motiv aufbereitet wurde. Das Bild wurde von der K.I. DALL.E 2 erstellt nachdem der Begriff ›polar bear‹ gesucht wurde. Von der K.I. wurden ausschließlich Bilder von Eisbären im Zoo und kein Bild von einem Eisbären in freier Wildbahn generiert.

Das Werk entstand während des Fellowships der Künstlerin am Research Institute for Sustainability (RIFS ) Potsdam.

Simulation of Normality: Seeming Banalities in the Work of Swaantje Güntzel

Visitors to the exhibition ‘Simulation of Normality’ at Galerie Holthoff in Hamburg are greeted by a small, enchanting horse, cast in bronze and standing on a dark wooden wall shelf. Strictly spea king, it does not stand on its own but is attached to a pole because its body, with its four broken legs, is in a fragmentary state. Just as ruins held a special fascination for the German Romantics, the little horse‘s broken body makes it particularly attractive. Reminiscent of ancient sculptures, it corresponds to a classical ideal of beauty that has stood the test of time.

However, behind the beautiful appearance of the bronze sculpture lies an unusual and disturbing model. The artist chose a plastic horse as her inspiration, a children‘s toy that at some point ended up in the ocean and washed up on Midway Atoll – a group of islands in the northern Pacific. Midway Atoll is considered an important breeding ground for several species of seabirds. Despite the atoll‘s remoteness, the animals are increasingly struggling with ocean pollution and anthropogenic climate change. Güntzel had the horse cast in bronze, raising questions about the heterogeneous values we ascribe to different materials. Plastic is a material that can only be recycled in a closed cycle and is therefore part of a growing waste problem. Due to its constant expansion, the plastic crisis also has a fundamental perception problem. The infiltration of plastic into all areas of life - not least as microplastics in animal and human organisms – is causing a crisis that is beyond human scale and therefore beyond human imagination.

The bronze horse in its damaged state challenges the imagination. The absence of its legs awakens the desire for its imaginary completion, which thematises the historicity of sculpture as a material that is now an indispensable part of the human world. Suddenly, what is not shown gains relevance. The invisible is not only the formal incompleteness of the horse, but also, on a figurative level, the horror that lurks behind the everyday. Aesthetic pleasure is transformed into an awareness of a growing and human-made catastrophe as soon as the plastic model of the bronze horse is recognised.

Güntzel‘s work with sculpture, which plays a central role in many of her works, is exemplary of the artist‘s interest in ecological issues. Using a variety of media and materials, the artist explores the capacity of aesthetic experience as a means of re -

flection and cognition. She is also interested in the historical roots of contemporary disasters.

For one of her works, for example, Güntzel was inspired by a photographic portrait of the Australian dancer Blanche Satchel from the late 1920s. Satchel was a popular model and dancer in the Ziegfeld Follies, a revue on New York‘s Broadway. In the photograph she is wearing an icicle-shaped necklace with the words North Pole Fashion written on the back. American women were so enthusiastic about Robert Edwin Peary‘s conquest of the North Pole in 1909 that they even adapted their clothing to the heroic event. There are precursors to the reflection of pioneering achievements in women‘s clothing. Early hot-air ballooning, considered the first conquest of the air, led to amusing fashion phenomena such as balloon hairstyles, caps, dresses, and jewellery. The archives of the Scott Polar Research Institute in Cambridge also contain a comparable object to the icicle necklace. A few years ago, a 1923 ball costume was rediscovered, inspired by the conquest of the South Pole. The centrepiece of the costume is a hat in the shape of Mount Erebus – a volcano in Antarctica – complete with a ship and penguins. The wearer of the costume posed for a Christmas card with a man dressed in the then-current image of the uncivilised savage, illustrating the colonial and heroic dimensions of this form of entertainment culture.

Güntzel created a real icicle necklace from the material of a drilling sample collected by The Alfred Wegener Institute‘s Polarstern expedition in the Arctic. Together with the filmed photo portrait of the dancer Satchel as a moving image, the melting necklace refers to the ongoing climate change, which is leading to the melting of the poles as an ecological catastrophe. As an aesthetically pleasing object, the necklace also points to a link between current climate change, everyday pleasure, and the imperial ambitions of the 19th century. Although this connection is not explored, it offers the viewer something to ponder.

Another of the artist‘s works, the photograph ‘Seestück IV’ taken from the archives of the Museum ‘ Kunst der Westküste ’ (Föhr, Germany), also questions man‘s attitude to nature, its aestheticization, and anthropogenic change. The artist poses as a figure in the background of the painting Hafeneinfahrt by the German painter Erich Heckel, created during the First

World War in 1916. Heckel was spared deployment in the trenches during the war because the art historian Walter Kaesbach managed to recruit several abstract modernist artists to his unit for medical service. In Heckel‘s work, however, the flaming red sky above the idyllic harbour scene seems to symbolise the horrors of war.

Güntzel‘s photograph of a figure posing in the background against a (painted) landscape also refers to a Romantic pictorial formula – the most famous example being Caspar David Friedrich‘s ‘Wanderer über dem Nebelmeer’ (1818) – and thus offers an opportunity for contemplation and reflection. The question, however, is what the female figure is thinking about as she contemplates the seascape. The steel object in her hands, a defused bomb from the Second World War, provides a clue. To this day, countless munitions lie on the seabed of the North and Baltic Seas, posing a threat to animals and humans. The sea, which often appears untouched, thus bears the material memory of past violence. In the face of climate change, the sea is also an ecological system on the verge of collapse. Just as the idyll in Heckel‘s painting is accompanied by a sense of impending horror, Güntzel‘s ‘ Seestück IV ’ combines a romantic scene with a fear that lies beneath the surface of the visible.

Güntzel‘s work as a whole is characterised by an exploration of the boundary between the visible and the invisible. The photographs, objects, and installations make tangible violence and catastrophes that are not directly visible. In doing so, the artist addresses a problem of representation and perception of crises that either have a complex temporality or are beyond human imagination. Since any artistic attempt to visualise this kind of violation and catastrophe would be an act of relativisation, the horror remains invisible. It becomes perceptible in the juxtaposition of different materials, in the contrast between idyll and war, and in the theme of loss and transience. Güntzel‘s works show that an aesthetic experience can sensitise us to the crises and challenges of the present as well as to their historical roots. The exhibition ‘Normalitätssimulation’ at the Holthoff Gallery in Hamburg illustrates our desire to ignore the actual (ecological) reality and to continue our own lives unchanged, i.e. without renunciation and without taking a closer look. Therein lies the banal inscrutability of everyday life.

GALERIE HOLTHOFF

Fischers Allee 70 22763 Hamburg www.galerie-holthoff.de mail@galerie-holthoff.de

Impressum

Text: Anne Hemkendreis, Swaantje Güntzel

Abbildungen: Tobias Hübel; ›Seestück IV‹, Henriette Pogoda; Videostills ›Nordpolmode‹, 18 frames

Gestaltung: Büro für Belange und Angelegenheiten, Hamburg

Druck: RESET ST. PAULI Druckerei GmbH, Hamburg

Auflage: 250 Hamburg, Mai 2024

Unerstützt und gefördert durch:

by Taylor Wessing and Holthoff-Mokross entals 18FRAMES

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