Nr. 101 | Februar 2019
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Gemischte GefĂźhle Schatten und Licht Heimat und Hoffnung Arbeit und Leben
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Unter Druck Luft für Freiräume, mehr Bewegung oder um sich einfach mal treiben zu lassen? So präsent unsere Vorsätze im Januar noch waren, so sehr haben sie sich vielleicht bereits im Februar verflüchtigt – vergleichbar mit der Luft, die Otto von Guericke seinen Halbkugeln mit einer von ihm erfundenen Kolbenpumpe entzog. Mit dem Experiment bewies der Magdeburger Gelehrte 1657 die Existenz von Vakuum. Selbst zwei Gespannen, jedes bestehend aus acht Pferden, gelang es nicht, die aufeinanderliegenden Kugelhälften auseinanderzuziehen. Manchmal ist der Druck von außen eben doch stärker – wie bei unseren alljährlichen, wenn auch gut gemeinten Vorsätzen. Verteilt über das gesamte Magdeburger Stadtgebiet erinnern Kunstwerke an das Wirken Guerickes. Zwei der Halbkugelpaare – „Luft“ und „Leer“ – haben ein Plätzchen auf unserem Campus im Herrenkrug gefunden. Entdeckt und fotografiert von Katharina Remiorz
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Foto: Matthias Piekacz
Kein Grund zur Sorge Prof. Dr. Volker Wiedemer Prorektor für Hochschulsteuerung und -marketing sowie für den Standort Stendal Liebe Studierende, liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Leserinnen und Leser, die Mischung macht’s – heißt es etwas lapidar formuliert. Aber gemischte Gefühle beinhalten häufig auch Sorge oder Skepsis insbesondere mit Blick auf einen Neuanfang. Als ich letztes Jahr im April mein neues Amt als Prorektor für Hochsteuerung und -marketing sowie für den Standort Stendal antrat, ging es mir ähnlich. Allein der Titel des Amtes wirft schon so einige Fragen auf: Bekomme ich die verschiedenen Ressortaufgaben unter einen Hut? Wie kann ich in Magdeburg und Stendal gleichermaßen agieren? Schaffe ich das überhaupt? Gemischte Gefühle kennen auch unsere Studierenden vor oder auch nach ihrer Entscheidung für ein Studium an einem unserer beiden Standorte. Kann ich Freundschaften knüpfen? Komme ich mit den Lehrenden zurecht? Es sind letztlich Ängste vor etwas Ungewissem, insbesondere bei großen Entscheidungen. Diesen Ängsten können wir als Hochschule begegnen. Mich freut es daher ganz besonders, dass die Studieneingangsphase und die Begleitung der Bewerbungsphase an Bedeutung gewinnen. Alle Bemühungen dienen dazu, den Einstieg zu erleichtern, die angesprochenen Ängste abzu-
bauen und dabei persönliche Beziehungen (ganz wichtig!) sehr frühzeitig aufzubauen. Angesichts der Entwicklung der Studierendenzahlen soll dies für uns alle ein Ansporn sein, nicht allein an Bewährtem festzuhalten, sondern uns zu hinterfragen und auch neue Entscheidungen zu treffen. Aus wissenschaftlicher Sicht gibt es glücklicherweise wenig Grund für Sorge oder Skepsis; die harten Fakten sprechen für ein Studium an der Hochschule Magdeburg-Stendal: Die Zufriedenheit der Studierenden fällt im Vergleich zu anderen Hochschulen höher aus und laut Absolventenbefragung sagen auch unsere Ehemaligen rückblickend, dass sie die richtige Wahl getroffen haben – und das immerhin zu fünf Prozent höher als im Bundesdurchschnitt. Die guten beruflichen Erfolgschancen spielen hierfür sicher eine Rolle, aber es sind auch immer wieder die guten persönlichen Beziehungen, die benannt werden. Das kann ich auch in meiner Rolle als Prorektor bestätigen. In den Begegnungen, den inspirierenden Gesprächen liegt ein Mehrwert. Selbst bei meinen vielen Autofahrten zwischen Stendal und Magdeburg möchte ich einige Gespräche bei Fahrtunterbrechungen an der Feldküche nicht mehr missen. Denn Erbsensuppe mit oder ohne Knacker schmeckt in der Gemeinschaft irgendwie am besten. Wie gesagt: Die Mischung macht’s!
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Inhalt 6 14
Wovon träumst du? Forschung leicht(er) gemacht
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Nachgezählt Regionales Amazon
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Titelthema „Gemischte Gefühle“ Das Gehirn, Meister der Ablenkung
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Lehrende und ihre Studienanfänge „Danke, Jungs“: Prof. Kati Jagnow über das Studieren in einer Männerdomäne
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Ferndurst Bulgarische Botschafterin
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Titelbild Fotostory Unikate aus Licht und Schatten
Editorial Gemischte Gefühle – ein Hin und Her Untröstlich saßen sie auf ihren Plätzen am Rande der Arena im dänischen Herning. Dabei waren sie in diesem Moment Vizeweltmeister im Handball geworden – die Männer der norwegischen Nationalmannschaft. Vizeweltmeister, zum zweiten Mal, was für eine respektable Leistung! Aber sie hatten auch zum zweiten Mal in Folge das Finale verloren. Ein bitterer Moment, in dem der Stolz auf das Erreichte noch nicht an der Trauer vorbeikommt. Wie oft befinden wir uns selbst zwischen Baum und Borke, zwischen den Stühlen, wissen nicht, ob wir lachen oder weinen sollen? Wie ist es, wenn man in einem fremden Land Fuß fassen möchte oder besser gesagt: muss? Weil es keinen Weg zurück gibt. Schweren Herzens, getrennt von Heimat und Familie, und mit Zuversicht auf dem neuen Weg sein – wie geht das? Geflüchtete geben sachte Einblick in ihre Geschichten. Wie nah Licht und Schatten beieinander liegen, zeigt ein Fotografieprojekt, das sich dem Bauhaus widmet und in dieser Ausgabe vorgestellt wird. Vielleicht glückt es sogar, ein Beispiel daraus zur nächsten Langen Nacht der Wissenschaft am 25. Mai unter Laborbedingungen als Publikumsexperiment anzubieten. Wir arbeiten daran. Wir freuen uns jedenfalls rein und ungemischt, die nächste Ausgabe treffpunkt campus mit authentischen Geschichten über das Hin und Her im Leben vorlegen zu können und wünschen viel Freude beim Lesen und Entdecken! Norbert Doktor
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Hör mir auf mit Ost und West! Aufhören? Zuhören!
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Blick in die Redaktion Die Heimat bleibt unvergessenn
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Karrierewege Was die Welt so schön macht? Sie ist nicht perfekt!
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Forschungsgeist Wahrnehmung ohne Filter
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In Bewegung Jamaikanischer Reggae der anderen Art
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Campusgeflüster Was sind schon 28 Jahre?
Stellt euch vor, das Leben, das ihr einst geführt habt, gibt es auf einmal nicht mehr. Weder das Land, so wie ihr es kanntet, die Arbeit, der ihr nachgegangen seid, noch die Freunde, mit denen ihr zusammen gelacht habt. Es ist schwer, nachzuvollziehen, was es bedeutet, sein Heimatland von heute auf morgen zu verlassen. Sarah Krause traf drei Geflüchtete, die sich in Deutschland ein neues Leben aufgebaut haben. Ihr erzählen sie von ihren Eindrücken, von guten sowie schlechten Erfahrungen und Wünschen, die sie in die Heimat schicken. ab Seite
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Eine gute Portion Disziplin Kind, Karriere, Kind, Karriere? Frauen, die beruflich erfolgreich sein möchten, müssen häufig abwägen, was ihnen wichtiger ist. Studentin Judith Born möchte weder auf das eine noch auf das andere verzichten. „Beeindruckend, wie du das meisterst“, sagen die einen. „Rabenmutter“, tuscheln die anderen. Doch zwischen Zweifel und straffem Zeitplan findet sie die beste Motivation: Ihrer Tochter eine finanziell sichere Zukunft zu bereiten. Wie ihr das Studieren mit Kind gelingt, durfte Katharina Remiorz miterleben. ab Seite
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Hör mir auf mit Ost und West!
Aufhören? Zuhören! Ende dieses Jahres ist es 30 Jahre her, dass die Mauer fiel. Eigentlich Zeit genug, um Unterschiede aus- und Sichtweisen anzugleichen, gegenseitiges Verständnis zu erreichen. Oder? Wir widmen uns in dieser Kolumne ab jetzt regelmäßig dieser Thematik – und zwar aus ganz persönlicher Sicht. Geschrieben von Norbert Doktor Grafik: istock
Ich sehe eine Nachricht auf dem Smartphone. Einheimische haben in einem Anflug von Selbstjustiz gehandelt. Es ging um einen Asylbewerber. Ich ertappe mich dabei, was ich nach dem Lesen des Ortsnamens denke: Gut, dass es nicht wieder im Osten passiert ist. Die Bundeskanzlerin gibt in der ZEIT ein zweiseitiges Interview über Feminismus und Ostdeutsche. Darin sagt sie: „Ich finde es nicht so verwunderlich, dass es in Ostdeutschland Frustrationen gibt.“ Und: „Das Land war vielleicht nie so versöhnt, wie man dachte.“ In den Tagesthemen wird ein Blogger zu #DerAndereOsten und zu Positionspapieren von CDU und SPD für den Osten befragt. Klar, in den neuen Bundesländern gibt es 2019 drei Landtagswahlen, da gilt es, Farbe zu bekennen. Was es außerdem gibt: Vorschläge für OstdeutschenQuoten und wunderbare Glossen darüber. Es wird wieder mehr geredet über den Osten, es wird vorund nachgedacht. Ist das nötig? Genügt das? Ich halte es für angebracht, Unterschiede nicht zu negieren oder die Sache „endlich abzuschließen“. Ein anderes Wort für abschließen ist wegschließen. Das Weggeschlossene ist aber nicht weg. Es ist noch da. Es sind beispielsweise Erfahrungen eines Systemuntergangs, von unkritischen Medien, von Verletzungen in der Zeit vor und nach dem Mauerfall; es sind auch Geschich-
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ten von Aufstieg und neuer Freiheit, von Geld und Erfolg. Also müssen wir damit umgehen, indem wir davon erzählen. Doch wie lange heißt es schon, wir (Ostdeutschen) müssten unsere Geschichten erzählen? Erzählen ohne Auditorium, das sich auf die vielleicht ganz andere, im ersten Moment fremde Sicht einlässt, hat jedoch keinen Sinn. In jeder YouTube-Vorlesung wäre mehr Interaktion. Für wie viele, die gerade in den 1990er-Jahren Job und Mut verloren haben, könnte sich manch schubladenhaftes Statement heute noch recht oberlehrerhaft anfühlen: Ihr müsst Demokratie lernen! Hatten wir nicht mit beispielhaftem Verständnis derselben einen Staat zum Einsturz gebracht? Es ist noch gar nicht so lange her. Im März 2018 saß ich in Heidelberg (wie schön!) am Abend einer bundesweiten Tagung mit Ost- und Westdeutschen zusammen. Diese Unterteilung ist hier wichtig, denn es ging fast nur um Ost-Geschichten und West-Fragen – und um eine ernsthafte Wahrnehmung der jeweils anderen Perspektive. Ein erkenntnisreicher Abend, es hieß auf beiden Seiten nicht nur einmal: „Ach, so war das! Jetzt verstehe ich euch.“ Also, bitte nicht aufhören, sondern zuhören, wenn erzählt wird – vielleicht klappt es ja doch noch mit dem Zusammenwachsen. Auch was zu sagen? Schreib an: treffpunktcampus@hs-magdeburg.de
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Egal was die Zukunft bringt, die Erinnerungen bleiben…
Drei junge Menschen, keiner älter als 27, flüchten vor Krieg und Verfolgung aus ihrer Heimat. Ein fremdes Land wird plötzlich ihr zu Hause. Die Zeit während ihrer Flucht prägt sie. Der Autorin Sarah Krause berichten sie von Erinnerungen, die sie nie mehr vergessen werden. Drei Geflüchtete, drei Geschichten und die Hoffnung an ein neues und sicheres Leben. Geschrieben von Sarah Krause Fotos: Matthias Piekacz
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„Wir verdienen Respekt!“ Vor vier Jahren flüchtete Ali Al Hamwy von heute auf morgen aus seinem Heimatland. In Deutschland erhoffte sich der Syrer einen Neuanfang. Sein Weg zur Integration in die deutsche Gesellschaft war schwer. Dennoch verlor er nie den Glauben an das Gute.
Von 2015 bis 2016 durchlief Ali das Integrationsprogramm für Geflüchtete mit akademischen Ambitionen. Der Initiative ist er bis heute erhalten geblieben. Als Mentor kümmert er sich um Fragen und Probleme anderer Geflüchteter.
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Rastlos weiterziehen Ali und sein Cousin verbrachten eine lange Zeit auf der Flucht in das für beide völlig fremde Deutschland. Hier angekommen ging es von Hamburg über Berlin weiter bis nach Halberstadt, bis sie schließlich im Flüchtlingsheim Schönebeck unterkamen. Durch einen Tipp eines anderen Geflüchteten führt ihn sein Weg zufällig an die Hochschule Magdeburg-Stendal und der dort ansässigen Initiative zur Integration von politischen Flüchtlingen mit akademischen Hintergründen bzw. Ambitionen (IpFaH). Das 2015 ins Leben gerufene Projekt eröffnet Geflüchteten nach erfolgreicher Teilnahme die Möglichkeit, deutschlandweit studieren zu können. Keine Minute länger wollte Ali seine Chance verstreichen lassen. „Ich hatte in Syrien schon Maschinenbau im Bachelor studiert. In Deutschland wollte ich meinen Master anschließen, doch dafür mussten erst einmal Grundlagen her“, erzählt der 28-Jährige.
Ein Ziel vor Augen Ein gesamtes Jahr lief das Vollzeitprogramm. Neben einem Deutschsprachkurs standen Gasthörerschaften und RONDO-Veranstaltungen auf dem Stundenplan. Letztere dienen dem kulturellen Austausch zwischen Geflüchteten, ausländischen sowie deutschen Studierenden. Die Sprachvermittlung, aber auch die Weitergabe von Normen und Werten der deutschen Kultur stehen hierbei im Vordergrund. „Wir waren gemeinsam im Kino, sind feiern gegangen und haben kulturell viel unternommen“, erinnert sich Ali zurück. Sich in eine fremde Gesellschaft zu integrieren, ist keine leichte Aufgabe. Das empfand auch Ali so, als er 2015 hier ankam. Wie er es dennoch schaffte, diese Hürde zu überwinden, frage ich ihn neugierig. Seine Antwort ist einfach: „Ich folge meinem Lebensmotto, sich nicht von negativen Gefühlen leiten zu lassen. Ich sehe schwere Situationen als Herausforderung an und versuche, das Beste daraus zu machen.“ Zielstrebigkeit und Kampfgeist – beides zeichnet
den Syrer aus, der es sich zur Aufgabe gemacht hat, in Deutschland ein neues Leben zu beginnen. Heute studiert Ali im dritten Semester Maschinenbau. In seiner Masterarbeit widmet er sich dem Thema Investment-Tools und verfasst sie in deutscher Sprache. Leicht sind die fachspezifischen Begriffe des Maschinenbaus keinesfalls, doch sie halten ihn nicht auf. Daneben engagiert er sich in der IpFaH-Initiative, fungiert dort als Mentor und gibt neuen Teilnehmenden Rat und Unterstützung.
Respekt statt Mitleid Beeindruckt von der positiven Energie, die Ali versprüht, fällt mir dennoch auf, dass ihn etwas beschäftigt. Denn nicht alle sehen ihn als den integrationsbewussten Syrer. In vielen Augen bleibt er „der Fremde, der in unser Land kam“ – ein Leitgedanke, der mich persönlich jeden Tag aufs Neue erschüttert. Respektiert zu werden, das ist Alis Wunsch. Doch Respekt wird ihm nur selten entgegengebracht. Er erklärt sich: „Wir brauchen kein Mitleid, sondern lediglich Unterstützung und klare Anweisungen, beispielsweise wo wir zum
Sprachkurs gehen können oder wo wir Arbeit finden. Wir sind nicht die armen Flüchtlinge, wir sind wie alle anderen auch und wir verdienen Respekt!“
Was wir gemein haben Überrumpelt von einem unerklärlichen Gefühl steigt in mir das Bedürfnis auf, Ali zu fragen, was er sich für sein Heimatland wünscht. Überzeugt davon, dass seine Antwort dürftig ausfallen wird und er zu einem angenehmeren Thema überleitet, überrascht er mich: „Ich wünsche mir Liebe und Frieden“, sagt er und erklärt mir seinen Appell an einem einfachen Beispiel. „Syrien ist ein Land, in dem Integration großgeschrieben wird.“ Das scheint für viele eher abwegig und auch ich ertappe mich dabei, daran zu zweifeln. Aber Ali erzählt mir von einem Syrien, das aus der Zusammenkunft verschiedener Ethnizitäten und Religionen besteht, eine Heimat, in der die Menschen trotz Unterschiede, nicht nur zusammengelebt, sondern sich respektiert haben. „Pauschalisieren kann man das natürlich nicht, aber ich habe selbst miterlebt, wie Christen und Muslime gemeinsam das Zuckerfest oder auch Weihnachten feierten.“
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„Der Ort, der mein Leben veränderte“
Ahmad Samir Ehsem lebte in einem strukturierten Alltag. Nach seinem Studium im Bereich Bauwesen arbeitete er in der Staatsverwaltung in Aleppo, ging um acht Uhr morgens ins Büro und 17 Uhr nach Hause, ins Fitnessstudio oder zu Unternehmungen. Die Wochenenden verbrachte er meist mit Freunden – Menschen, die er 2013, als er mit seinem Vater die Heimat verließ, zurücklassen musste. 10
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Das alte Leben aufgeben Das Leben, welches Samir in Afghanistan führte, wird es hier in dieser Art und Weise nicht mehr geben. In Deutschland verwehrte ihm der Aufenthalt im Flüchtlingsheim jede Möglichkeit zur Integration. Auf engem Raum lebten dort Männer, Frauen und Kinder verschiedener Ethnizitäten und warteten auf ihr Asylverfahren. Dass es des Öfteren zu Missmut unter ihnen kam, versteht sich von selbst. Eine sehr unangenehme Zeit, auch für den 32-Jährigen, der durchaus gewillt ist, sich in die deutsche Gesellschaft einzubringen, wie er mir während unseres Gesprächs berichtet. Fast ein ganzes Jahr hielt sich Samir in Flüchtlingsheimen auf, bevor er schließlich in eine eigene Wohnung in Magdeburg zog.
Endlich angekommen Sein Leben sollte sich schlagartig ändern, als er 2015 den Weg an die Hochschule Magdeburg-Stendal fand. Seine Chance und sein lang ersehnter Wunsch zur Integration wurden mithilfe der IpFaH-Initiative Realität. Noch heute hat er ein Lächeln auf dem Gesicht, das bestätigt: Das war der richtige Weg. In seiner Freizeit lernte und recherchierte er, kam auf dem Magdeburger Campus mit den Studierenden ins Gespräch. Die lehrreichen Veranstaltungen an der Hochschule motivierten den Afghanen, seine Zeugnisse in Deutschland anerkennen zu lassen und sich um einen Job zu bewerben. Noch immer enttäuscht darüber erzählt mir Samir von der Situation, als all seine Versuche, eine Arbeit zu finden, im Sande verliefen. Doch er gab nicht auf, bildete sich auf dem Gebiet des Bauwesens weiter und startete einen neuen Bewerbungsmarathon, der schon bald zum Erfolg führte. Ende 2018 bat ihm ein Ingenieurbüro mit Hauptsitz in Weimar eine Stelle als Bauüberwacher an. Der Job ist vielseitig, findet Samir und erzählt mir von der Möglichkeit, deutschlandweit unterwegs sein zu können.
Menschen wie Samir haben in Deutschland keinen einfachen Start. Isoliert, abgeschnitten von der Außenwelt, auf sich allein gestellt. „Jeden Tag habe ich ein Stück Selbstbewusstsein und Selbstvertrauen verloren“, erzählt der Syrer. Die Hochschule habe ihm weit mehr ermöglicht, als nur die deutsche Sprache und Kultur kennenzulernen. Das Gleiche möchte er auch seiner Familie, die in Afghanistan lebt, ermöglichen.
Weder Krieg noch Vorurteile In diesen Tagen konzentriert er sich vor allem auf seinen Neuanfang, freut sich auf den Berufseinstieg und versucht, schlechte Gedanken von sich zu schieben: Erinnerungen an eine Flucht, die alles andere als leicht war. An ein Leben, das er hinter sich lassen musste. An Freunde, Familie und seine Heimat, die er nie vergessen wird. „Der Job ist für mich eine Herausforderung und eine Chance zugleich, denn ich kann Arbeitserfahrungen in einem für mich fremden Land sammeln, die mir später vielleicht einmal sehr nützlich sein könnten.“ Samir weiß nicht, ob er nach Afghanistan zurückkehren wird – vorstellen könnte er es sich.
Ein Land ohne Krieg, in dem jeder zur Schule gehen darf, das ist Samirs größter Wunsch. Dabei findet er den Zugang zur allgemeinen Bildung besonders wichtig, denn schließlich liegt die Zukunft in den Händen der Jüngeren. Zudem beschäftigt ihn die Tatsache, dass „ca. 80 Prozent der afghanischen Bevölkerung nicht lesen und schreiben kann.“ Folglich bedeutet das, dass genau diese Menschen leichter manipuliert werden, etwa durch terroristische Gruppierungen. Er wirkt traurig und frustriert über diese Gegebenheit. Ein Augenblick der Stille kehrt ein, bevor Samir ein weiteres Anliegen ausspricht, das insbesondere die deutsche Gesellschaft betrifft. „Die Leute sollten erst einmal mit mir ins Gespräch kommen, danach können sie immer noch darüber urteilen, ob ich ein guter oder ein schlechter Mensch bin.“
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„Ich hatte Glück, andere weniger“ Gemeinsam mit ihrem Ehemann lebt Hiba Mahmood heute in Magdeburg. Für sie erfüllte sich in Deutschland ein lang ersehnter Traum, der ihr in Syrien verwehrt blieb – ein Studium, in dem sie ihre Kreativität ausleben kann.
Willkommen in Deutschland Dass ich eine zielstrebige und aufgeschlossene junge Frau vor mir habe, war mir schon klar, als Hiba mich begrüßt. An
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einem ruhigen Ort auf dem Campus am Herrenkrug kommen wir ins Gespräch. Die heute 23-Jährige kam im Jahr 2015 nach Deutschland. Ihr Ehemann, der bereits in Magdeburg als Zahnarzt arbeitete, holte durch den Familiennachzug seine Frau zu sich. In Syrien studierte
Hiba zunächst Wirtschaft, merkte jedoch schnell, dass ihr der Studiengang nur wenig Freude bereitete. Kein Wunder, denke ich mir, ein solches Studium passt überhaupt nicht zu einer so energischen Person wie Hiba. Sie bestätigt meinen Gedanken und erzählt mir von
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einem mit Theorie vollgepackten Stundenplan, der kaum Praxisanteile lieferte. Das lag zum einen an der Fachrichtung, zum anderen aber auch am allgemeinen Hochschulsystem in ihrem Heimatland. Ein kreatives Studium entspricht dann doch eher den Leidenschaften der jungen Syrerin.
Das Glück auf ihrer Seite Durch den Familiennachzug konnte Hiba problemlos in Deutschland einreisen. Ein solches Erlebnis, wie es Ali und Samir während ihrer Flucht erfahren mussten, blieb ihr erspart. Als sie sich in Magdeburg eingelebt hatte, kam sie mit ihrem Nachbarn ins Gespräch. „Er verriet mir, dass die Hochschule einen Sprachintegrationskurs anbietet, bei dem die Möglichkeit besteht, nach erfolgreichem Abschluss studieren zu können“, erinnert sie sich und ergänzt euphorisch: „Das musste ich einfach probieren.“ Dass sie sich auch privat weiterbildete und in jeder freien Minute die deutsche Sprache und Kultur kennenlernen wollte, glaube ich ihr aufs Wort.
Design begeistert Schon während ihres Integrationskurses nahm Hiba Gasthörerschaften wahr und besuchte verschiedene Fächer, in denen sie sich kreativ ausleben konnte. Gefallen fand sie schließlich am Studiengang Industrial Design: „Ich zeichne gern und wollte eigentlich Architektur studieren. Industrial Design kam diesem Wunsch am nächsten“, sagt sie zufrieden mit ihrer Studienwahl. Inzwischen meistert sie das vierte Semester und verbindet mit dem Studium viele aufregende Erinnerungen. Hibas Zukunft steht nach wie vor in den Sternen. Wichtig erscheint der Syrerin vorerst, ihr Bachelorstudium erfolgreich zu beenden, bevor sie sich auf eine Fachrichtung spezialisiert. Ein wenig Unentschlossenheit spiegelt sich in ihrem Gesicht: „Mir gefallen viele
Bereiche wie zum Beispiel Typografie oder auch Werbung, aber vielleicht mache ich auch im Anschluss erst noch meinen Master“, zuckt Hiba mit den Schultern. Sie wirkt verwundert darüber, dass sich die Lehrenden an der Hochschule so viel Zeit für ihre Studierenden nehmen. „Fast schon ein freundschaftliches Verhältnis“, bemerkt sie lachend. Aus ihrer Heimat kennt sie das nicht und erklärt mir: „Die Dozenten dort sind sehr arrogant und haben auch nur wenig Zeit für Fragen.“
Hiba Mahmood hatte großes Glück, denn eine Flucht blieb ihr dank des Familiennachzugs erspart. Anders erging es dem Rest ihrer Familie, die über die Türkei, Griechenland und Rumänien nach Deutschland flüchtete und nun wieder nach Rumänien abgeschoben werden soll.
Auch aus familiärer Sicht fand sie an der Hochschule Unterstützung. Im dritten Semester bekam die junge Syrerin ein Kind und hatte zunächst Bedenken, ob das Studieren mit Kind hier so einfach werden würde. Doch ihre Zweifel verstummten schnell: „Während der Vorlesungen kann ich meinen Sohn im studentisch betreuten Kinderzimmer abgeben. Das ist wirklich großartig!“
erzählt sie von ihren Eltern und ihren drei Brüdern, der jüngste zwei Jahre alt, die ebenfalls nach Deutschland kamen. Zunächst in die Türkei, von dort aus durchquerten sie das Mittelmeer und standen in Griechenland vor einer geschlossenen Grenze. Ganze zwei Monate mussten sie dort ausharren. In einem kleinen Zelt, das kaum für alle Platz bot, und an einem Ort, an dem nur notdürftig sanitäre Anlagen errichtet worden waren. Heute leben sie in Potsdam, rechnen aber jederzeit mit einer Abschiebung. Ihre Schwester, die englische Literatur studierte und später nachkommen wollte, hat sie seit Jahren nicht gesehen. Hiba betont ihren Unmut: „Wir hatten in Syrien ein tolles, schönes Leben, nur leider war da der Krieg.“ Der Gedanke daran macht sie traurig. Doch Hiba, die zielstrebige und selbstbewusste Frau, lässt sich nicht unterkriegen und weiß, dass es auch dafür eine Lösung geben wird.
Jedes Schicksal ist anders Mit ernstem Blick bemerkt Hiba, dass es nicht bei allen so reibungslos verläuft wie bei ihr: „Ich hatte Glück, andere weniger.“ Ein kurzes Schmunzeln huscht über ihre Lippen, doch die Augen verraten mir etwas Anderes. Beispielhaft
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Wovon träumst du?
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Forschung leicht(er) gemacht
„Es gibt viele Ideen, die sich als Forschungsprojekte umsetzen lassen. Im Arbeitsalltag bleibt uns für die Beantragung von Förder- und Drittmitteln jedoch nur wenig Zeit. Und wenn, dann ergeben sich häufig Fragen, bei deren Beantwortung wir Unterstützung benötigen. Ein Servicezentrum für die Forschung, das Professorinnen, Professoren und Beschäftigte unter die Arme greift, würde vieles erleichtern und helfen, sich auf die Projekte und Themen zu konzentrieren. So könnten wir die Forschung weiter vorantreiben und uns stärker mit regionalen Partnern vernetzen.“ Maria Schimmelpfennig und Tina Zeiler sind wissenschaftliche Mitarbeiterinnen im Projekt „GeWinn – gesund älter werden mitWirkung“ und entwickeln für das Land Sachsen-Anhalt eine Strategie im Bereich Gesundheitskompetenz. Notiert von Frederik Schiek Foto: Matthias Piekacz
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Nachgezählt
Regionales Amazon Gezählt von Katharina Remiorz Grafik: Carsten Boek/istock
Bekleidung 2 Buchhandel 1 Dekoration 2 Elektronik 1 Juwelier 2 Kinderspielwaren 2 Kunst 1 Lebensmittel 4 Schreibwaren 1
ROLAND Online-Marktplatz
Immer mehr Einzelhändler, vor allem im ländlichen Raum, plagen sich mit leeren Verkaufsräumen – die Regale sind dafür umso gefüllter. Dabei rücken bei all der Globalisierung verstärkt regionale Produkte in den Vordergrund. Der Online-Marktplatz www.halloaltmark.de will dem Einzelhandel unter die Arme greifen und schlägt dafür zwei Fliegen mit
einer Klappe: Bequem von der Couch und regional einkaufen. Konzipiert und realisiert wurde das Projekt vom vierköpfigen „ROLAND“-Team, das von Prof. Dr. Volker Wiedemer, Professor für Volkswirtschaftslehre, geleitet wird. Im März dieses Jahres gehen zunächst 16 Einzelhändler aus Stendal, Gardelegen und Tangermünde mit ihren Produkten online.
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Das Gehirn, Meister der Ablenkung Konzentriertes Arbeiten ist nicht immer einfach. Vor allem wenn es unerwartet laut wird – sei es durch einen Schrei oder das Bellen eines Hundes –, ist unser Fokus schnell woanders. Dabei fällt es Kindern deutlich schwerer, ihre Aufmerksamkeit zu kontrollieren, weiß Prof. Dr. Nicole Wetzel. Welche neuronalen Mechanismen dahinterstecken und wie wir Kindern das Lernen erleichtern können, untersucht die Psychologin am LeibnizInstitut für Neurobiologie. Interviewt von Katharina Remiorz Fotos: Matthias Piekacz
Frontal, temporal, zentral, parietal, okzipital – damit Ergebnisse auch international vergleichbar sind, hat jede der 32 in der EEG-Haube integrierten Elektroden einen festen Platz. Um die Hirnaktivitäten besser messen zu können, verstärkt eine Paste zwischen Kopfhaut und Elektrode das Signal.
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In ihrer seit 2017 vom Center for Behavioral Brain Sciences geförderten Forschungsgruppe Neurokognitive Entwicklung am Leibniz-Institut für Neurobiologie untersucht Prof. Dr. Nicole Wetzel, wie sich neuronale Mechanismen für Aufmerksamkeit, Wahrnehmung und das Gedächtnis bei Kindern entwickeln. Seit Oktober hat die Kinderpsychologin die Professur für Neurokognitive Entwicklung inne. Mit ihrer Berufung partizipieren auch Studierende der Rehabilitationspsychologie, Kindheitswissenschaften und künftige Kita-Leitungen an ihren Studien.
Sie erforschen, welche neuronalen Mechanismen in Kindern und Erwachsenen vorgehen, wenn diese aufmerksam sind oder sich einem anderen Reiz zuwenden. Inwieweit ist dieses Wissen darum so wertvoll? Bei vielen Lernprozessen ist es wichtig, sich auf das Relevante zu fokussieren und irrelevante Informationen zu ignorieren. Wenn wir das nicht können, haben wir Probleme beim
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Lernen, was sich wiederum auf die kognitive, soziale oder motorische Entwicklung auswirken kann. Wenn wir wissen, wie die neuronalen Mechanismen, die der Aufmerksamkeit zugrunde liegen, funktionieren und wie sie sich entwickeln, können wir beispielsweise Lernumgebungen und Aufgabenstrukturen entsprechend gestalten und dem individuellen Entwicklungsstand anpassen. Auch im klinischen Bereich,
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Was im Inneren des Gehirns geschieht, lässt sich unmittelbar am Monitor beobachten. Jede einzelne Elektrode sendet ein Signal, das je nach Störgeräusch mal mehr, mal weniger stark ausschlägt. Anhand des Differenzsignals kann das Forschungsteam Rückschlüsse auf die Aufmerksamkeitsprozesse im Gehirn ziehen. Die Schwierigkeit: Das EEG misst auch Muskelartefakte, die durch Spontanaktivitäten wie Zwinkern, Stirnrunzeln oder Lachen entstehen. Diese werden bei der Auswertung in sorgfältiger Kleinstarbeit extrahiert.
beispielsweise bei der Behandlung von ADHS, könnten unsere Forschungsergebnisse eine wichtige Rolle spielen. Was weiß man bisher über die Entwicklung kognitiver Aufmerksamkeit im Kindesalter? Die verschiedenen Gehirnareale entwickeln sich im Laufe der Kindheit unterschiedlich schnell. So reift der Präfrontallappen, der an vielen kognitiven Kontrollprozessen beteiligt ist, recht spät – er entwickelt sich bis ins junge Erwachsenenalter. Wir gehen davon aus, dass sich auch Aufmerksamkeitskontrollprozesse entsprechend langsam entwickeln könnten. Kinder können sich gegen Störgeräusche weniger gut abschirmen als Erwachsene. In einer aktuellen Studie, in der wir Kindergarten- und Grundschulkinder miteinander verglichen haben, konnten wir beobachten, dass im Alter zwischen vier und sechs Jahren eine massive Entwicklung der Aufmerksamkeitskontrolle stattfindet, die im Grundschulalter fortgeführt wird.
aktivität, die diese Geräusche auslösen. Hieraus können wir Schlussfolgerungen ziehen, in welchem Ausmaß und mit welcher Geschwindigkeit diese Störgeräusche verarbeitet werden und wie sie die aufgabenrelevanten Prozesse behindern. Daneben setzen wir auch psychologische Tests ein und arbeiten mit dem Eyetracker, ein Gerät, das Blickbewegungen und Veränderungen in der Pupille misst. Unsere Pupille reagiert nämlich nicht nur auf Lichteinflüsse, sondern reflektiert auch kognitive Prozesse.
Wie setzen Sie Ihre Studien praktisch um? Unterschiedliche Ereignisse können zu einer unterschiedlichen Ablenkung der Aufmerksamkeit führen. Wir vermuten, dass Faktoren wie Motivation, Emotion und der soziale Kontext dabei von besonderer Bedeutung sind. Der Einfluss dieser Faktoren auf Aufmerksamkeitsprozesse hängt vermutlich vom Entwicklungsstand ab. In unseren Studien variieren wir diese Einflussfaktoren. Eine aktuelle Studie zeigt beispielsweise, dass emotionale Störgeräusche wie ein Babyschreien Kinder stärker ablenkt als neutrale Störgeräusche.
Sie lehren seit Oktober letzten Jahres am Fachbereich Angewandte Humanwissenschaften. Wie profitieren die Studierenden von Ihrem Wissen? Dass eine außeruniversitäre Forschungseinrichtung und eine Hochschule eine gemeinsame Professur initiieren, ist etwas Besonderes und eine wunderbare Chance, grundlagenbezogene und anwendungsorientierte Forschung miteinander zu verbinden. Mir geht es vor allem um den Transfer in die Praxis und umgekehrt um die Entwicklung von Fragestellungen aus der Praxis heraus. Im Studiengang „Leitung von Kindertageseinrichtungen – Kindheitspädagogik“ haben wir uns beispielsweise Ursachenmodellen von ADHS gewidmet. Die Rückmeldung der Studierenden zeigte, dass solche Gespräche helfen, das Verhalten eines betroffenen Kindes in ihrer Gruppe noch besser zu verstehen und die Arbeit im Kindergarten oder Hort entsprechend zu gestalten. Daneben haben die Studierenden aber auch die Möglichkeit, die Wissenschaftspraxis in Form von Exkursionen, Praktika und im Rahmen von Abschlussarbeiten kennenzulernen.
Wie kann man sich ein typisches Setting vorstellen? Um die neuronalen Mechanismen zu erfassen, nutzen wir eine Haube mit EEG-Elektroden, die die Gehirnaktivität misst. Wir lenken die Aufmerksamkeit der Kinder auf eine Aufgabe, das kann beispielsweise ein Film sein. Zusätzlich spielen wir unerwartete Geräusche ein und messen die Hirn-
Kinderstudien am LIN Eltern, Kindertageseinrichtungen und Schulen, die die Forschung gern unterstützen möchten, können sich an das Leibniz-Institut für Neurobiologie wenden: kinderstudien@lin-magdeburg.de
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Lehrende und ihre Studienanfänge
„Danke, Jungs!“: Studieren in einer Männerdomäne Weibliche Ingenieure sind, auch wenn die Zahl in jüngster Zeit gestiegen ist, nach wie vor eine Rarität. Dabei spielt das Geschlecht, zum Beispiel bei der Lösung von Klimaproblemen, gar keine Rolle, weiß Prof. Dr.-Ing. Kati Jagnow. Für treffpunkt campus blickt die Professorin für Energiekonzepte und Anlagenoptimierung zurück auf ihre Studienzeit und macht Abiturientinnen Mut für ein Technikstudium. Erzählt von Prof. Dr.-Ing. Kati Jagnow Fotos: privat
Mein Berufswunsch war lange unklar. Ich hatte diverse Interessen, aber nichts Konkretes im Kopf. In der Nachwendezeit herrschte in meiner Heimatstadt Potsdam einerseits Aufbruchstimmung, andererseits auch große Verunsicherung. Unsere Eltern waren zurückhaltende Ratgeber, was das Finden eines zukunftssichereren Jobs anging – sie kitteten gerade die Brüche in ihren eigenen Biografien. Glücklicherweise bin ich mit Zielstrebigkeit und Selbstvertrauen gesegnet. Also lief die Sache pragmatisch ab, wie noch oft in meinem Leben. Der Autor K. H. Bock half mir dabei. Sein Buch „Studien- und Berufswahl“ hatten wir in der zwölften Klasse geschenkt bekommen. Ich las es mir durch und strich nach und nach alles, was gar nicht ging. Es blieb eine ingenieurlastige Mischung von etwa zehn Berufen übrig. Nach einem klärenden Besuch beim Arbeitsamt war die Entscheidung gefallen: Krankenhausbetriebstechnik an einer Fachhochschule sollte es sein. Da gab es 1996 gute Perspektiven. Das Berufsbild sah mich an der Schnittstelle zwischen Technik und Gesundheits-
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wesen. Das konnte ich mir gut vorstellen. Danach wurde alles leichter, weil mein Weg klar war und sich die nächsten Schritte abzeichneten. Studienort aussuchen – die Wahl fiel auf die Fachhochschule Braunschweig-Wolfenbüttel im östlichen Niedersachsen – Bewerbungsunterlagen anfordern, Wohnheimplatz anmelden und einen Praktikumsplatz finden. Mit dem Abi in der Tasche fingen meine Freunde im Herbst '96 an der Uni an. Ich trieb mich stattdessen auf Baustellen herum, denn das Studium verlangte 26 Wochen Vorpraktikum für alle ohne Berufserfahrung. Den größten Teil davon absolvierte ich bei der Haus- und Versorgungstechnik GmbH in Potsdam. Ich installierte WCs, zog Kabel und schnitt bei knackigem Frost auf dem Hof Edelstahlrohre auf Länge. Dass ich eine Frau war, war kein Thema, solange ich anpackte und der Laden lief. Nach vier Wochen Installation ließ man mich – das Küken – den Druck auf die Wasserinstallation geben. Und ich war stolz wie Oskar, weil alles dicht war.
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Unendliche Welten und lebenslange Freundschaften: 1997 zog Prof. Dr.-Ing. Kati Jagnow ins Studentenheim nach Wolfenbüttel und lernte dort ihre Freunde Matthias und Ralph kennen. Mit ihnen konnte sie nicht nur schrauben, sondern auch in fremde Galaxien reisen.
Im Februar 1997 zog ich nach Wolfenbüttel ins Studentenwohnheim. Es war großartig! Ich traf auf 18 Jungs und zwei Mädels, mit denen man über die Reparatur von Fahrrädern und Wasserkochern philosophierte, vor der Glotze Nudeln aß, Dart spielte oder über den Warp-Antrieb bei Raumschiff Enterprise quatschen konnte, ohne schief angeguckt zu werden. Ruckzuck hatte ich Freunde fürs Leben. Sie heißen Matthias und Ralph, Christina und Rainer. Unser Sommersemester startete mit 21 Erstis, fast alle älter als ich und außer mir ausnahmslos männlich. Das waren mehrheitlich gestandene Schornsteinfeger, Heizungsbauer, Kältetechniker und technische Zeichner. Wir lernten gemeinsam, Heizkörper und Gasnetze zu dimensionieren und quälten uns durch Strömungsmechanik. Von außen betrachtet fiel die Quote 1:20 bestimmt auf, von meiner Innensicht her nicht. Es zählte, was in allen technischen Studienrichtungen wichtig ist: Du brauchst einen Plan, ein gutes Maß Ingenieursverstand, eine Menge Durchhaltevermögen und gute Freunde. Besonders mit einem, György aus Hamburg, habe ich vom ersten bis zum letzten Tag des Studiums zusammengeklebt – in allen Projekten, Laboren und Vorlesungen. Wir organisierten auch gemeinsam unser Praxissemester, welches uns 1999 nach Maryland führte. Getrennte Jobs, aber eine gemeinsame WG mit drei werdenden Ingenieuren aus Mannheim und einem Schrottauto, das uns dennoch überall hinbrachte: von
Toronto bis Miami. Die Weltsicht erweiterte sich, das Wissen und der Freundeskreis ebenso – die Frauenquote blieb. 2001 habe ich nach einem Studienfachwechsel meinen Abschluss als Ingenieurin für Technische Gebäudeausrüstung gemacht, später an der Uni Dortmund zur Optimierung von Heizungsanlagen promoviert und bin vor ein paar Jahren an die Hochschule Magdeburg-Stendal gekommen. Mein Arbeitsumfeld ist mehrheitlich männlich geblieben. Und das stört mich genauso wenig wie am ersten Tag. Es ist zweitrangig, weil es unsere Aufgabe ist, gemeinsam Probleme zu lösen, wie beispielsweise die Erreichung der Klimaziele.
„Ich liebe meinen Beruf und habe es bis heute nie bereut, Ingenieurin geworden zu sein.“ Erst heute denke ich über das Verhältnis von Männern und Frauen im Berufsleben nach. Vor allem, weil mir oft die Frage gestellt wird, ob das Studium nicht schwer war als Frau in einer Männerdomäne. Und ich kann positiv reflektieren: Nein, das war es nicht. Danke dafür, Jungs! Mehr Erinnerungen an ihre Studienzeit teilen Lehrende unter www.hs-magdeburg.de/treffpunktcampus.
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Ferndurst
Bulgarische Botschafterin Ein Studium in einem fremden Land? Für viele ein Traum – für die Bulgarin Siyana Dimitrova Realität. Die Ausbildung an einem Fremdsprachengymnasium ermöglichte ihr ein Studium in Deutschland. Nun will sie andere motivieren, ebenfalls diesen Weg zu gehen und tourt deshalb zusammen mit anderen Studierenden als Studienbotschafterin durch ihr Heimatland. Geschrieben von Sarah Krause und Katharina Remiorz Fotos: Matthias Piekacz
Das erste Semester ist für viele eine große Umstellung, insbesondere für ausländische Studierende, die sich an einer deutschen Hochschule beworben haben. Auch für Siyana Dimitrova stellte der Beginn ihres Journalistik/Medienmanagement-Studiums an der Hochschule Magdeburg-Stendal einen ganz besonderen Lebensabschnitt dar.
Aller Anfang ist schwer
Für ihr Studium zog Bulgarin Siyana Dimitrova 2012 von Berkovitsa in die 1.700 Kilometer entfernte Landeshauptstadt Magdeburg. Ihre Entscheidung, an der Hochschule Magdeburg-Stendal zu studieren, hat sie bis heute nicht bereut. Im Gegenteil: Inzwischen wirbt sie zusammen mit anderen Studierenden und dem Team des International Office in ihrer Heimat für das Studium mit viel Praxisbezug.
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„Ich wollte schon immer in Deutschland studieren, lernte deshalb vier Jahre lang die Sprache und war bereits vor meinem Studium mehrmals für verschiedene Projekte hier“, erzählt die Bulgarin, die mit 19 Jahren nach Magdeburg zog. Trotz aller Sehnsucht in die Ferne fiel ihr der Studienstart alles andere als leicht. „In den ersten Wochen habe ich viel geweint und war kurz davor, meine Sachen zu packen und zu meiner Familie zu fahren.“ Doch nach anfänglichen Schwierigkeiten fand sie an der Hochschule schnell Anschluss. Auch ihre Gasteltern, ihre bulgarische Tanzgruppe und nicht zuletzt die Unterstützung ihrer Familie sorgten dafür, dass sie sich in Deutschland wohlfühlt. Drei Jahre später, im Oktober 2015, erhielt die Alumna für ihre hervorragenden Leistungen den Preis des Deutschen Akademischen Austauschdienstes. Ihr außergewöhnliches Engagement, unter anderem für ausländische Studierende, war hierfür maßgebend: „Ich habe mich für verschiedene Projekte und Initiativen engagiert, die
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Im Rahmen des Studienbotschafterprogramms verbringen ausländische Schülerinnen und Schüler zwei Wochen lang den Sommer auf den Campus in Magdeburg und Stendal.
mir nicht nur Erfahrung, sondern auch viele Freundschaften beschert haben. Heute kann ich mit Sicherheit sagen, dass die Hochschule Magdeburg-Stendal die beste Wahl war.“
Aktiv für das Studium werben Mittlerweile überzeugt sie auch andere bulgarische Schülerinnen und Schüler vom praxisnahen Studieren im Grünen. Zusammen mit Sandra Goltz-Dangler, Mitarbeiterin im International Office, entwickelte sie 2017 das Studienbotschafterprogramm, das 2018 als Pilotprojekt startete und inzwischen Teil der Internationalisierungsstrategie geworden ist. Ziel ist es, Partnerschaften zu sogenannten PASCH-Schulen in Bulgarien aufzubauen und dort für das Studium in Magdeburg und Stendal zu werben. Die Initiative „Schulen: Partner der Zukunft“, kurz PASCH, wurde 2008 vom damaligen Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier gegründet und soll jungen Menschen im Ausland ermöglichen, die deutsche Sprache zu lernen, und zugleich ihr Interesse für die deutsche Kultur und Gesellschaft wecken. Auch das Fremdsprachengymnasium in Montana, an dem die heute 25-jährige Siyana ihr deutsches Sprachdiplom erhielt, gehört zu dem Netzwerk mit über 1.800 Bildungseinrichtungen weltweit. Deren Abschlüsse wie beispielsweise das Abitur, das bilinguale Abiturplus und das International Baccalaureate sind international anerkannt.
Das Programm mit Projektarbeiten, Laborrundgängen und Ausflügen in die Kulturszene animiert zum gegenseitigen Kennenlernen und Entdecken des Hochschulangebots.
Ängste und Sorgen nehmen Das neue Studienbotschafterprogramm sieht jedoch nicht nur Besuche an ausländischen Schulen, sondern auch Teilnahmen an Bildungsmessen wie der World Education Fair im Februar in Sofia vor. Darüber hinaus ermöglicht es ausländischen Schülerinnen und Schülern einen Schnupperstudienaufenthalt auf den hiesigen Campus. So verbrachten bereits im Sommer 2018 24 Interessierte der zehnten und elften Klasse aus Bulgarien, Ägypten und Rumänien zwei Wochen in Magdeburg, um den Studienstandort sowie die Kulturszene intensiv kennenzulernen. Neben Siyana reisen auch die Studentinnen Julia Wolter und Angelika Kaufman sowie die Absolventinnen und Hochschulmitarbeiterinnen Sandra Goltz-Dangler und Anika Stiawa in Länder wie Bulgarien, Slowenien und die Ukraine. Ihre Aufgabe sehen sie vor allem auch darin, Ängste zu nehmen. „Insbesondere die Eltern sind besorgt, wenn ihr Kind in einem fremden Land studieren möchte. Auch die Frage nach der finanziellen Unterstützung stellt sich“, erklärt Projektkoordinatorin Anika Stiawa. Wenn Studierende und Alumni von ihren eigenen Erfahrungen berichten, helfe dies jedoch dabei, Zweifel abzubauen. Siyana weiß, sie zu ermuntern: „Ich bin sehr dankbar, dass ich ein Land gefunden habe, das für immer ein untrennbarer Teil meines Lebens bleiben wird. Ein Land, das mich, meine Ziele und meine Lebensweise geändert hat.“
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Unikate aus Licht und Schatten Es ist das Kunstjubiläum des Jahres. Vor 100 Jahren gründete Walter Gropius die Bauhaus-Designschule für all jene, die mutig experimentieren und mit ihren Ideen die Welt verändern wollten. Vier Fotografien im Bauhäusler-Stil in neues Licht gesetzt. Geschrieben von Katharina Remiorz Fotos: Elisa Georgi, Felix Ernemann, Raul Llamas Schimpel
Die Kamera als experimentelles Werkzeug: In Uwe Manns Studienprojekt „Lichtgestaltung“ ließen sich die Studierenden Raul Llamas Schimpel, Elisa Georgi und Felix Ernemann (v. l.) von Motiven im Bauhaus-Stil inspirieren und hüllten Werke der Künstler Andreas Feininger, Hannes Meyer, František Drtikol und André Kertész erneut in Licht und Schatten. „Im Prozess hat mich vor allem der Forschungsgeist getrieben, dem Damals auf den Grund zu gehen und ins Heute zu übertragen“, beschreibt Studentin Elisa, die seit über zehn Jahren ihrer Leidenschaft, der analogen Fotografie, nachgeht und selbst hohen Wert auf Authentizität legt: „Ich fotografiere am liebsten Menschen, nah und ohne viel Tamtam, um den Moment festzuhalten, wenn die Unsicherheit oder Schüchternheit abfällt und das unverstellte Ich im Menschen zum Vorschein kommt.“ Im Projekt arbeiteten die Studierenden nach der Methode von Stanley Kubrick, in der jede Person – von der Planung und Logistik, der Szenografie, Kostüm, Kamera, Licht und Postproduktion – sich einem Hauptgebiet widmete und kleinere Nebenaufgaben übernahm.
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Die Bildsprache ist die einzige Sprache, die überall in der Welt verstanden wird, war sich Andreas Feininger sicher. Für das LIFE-Magazin erzählte er 20 Jahre lang Geschichten in Bildern. Anfang der 1950er-Jahre erschien hier auch „The Photojournalist“. Das Bild zeigt ein Portrait des Magnum-Fotografen Dennis Stock, in dessen Rolle Studentin Katharina Vorndran geschlüpft ist. „Es war gar nicht so leicht, die richtige Apparatur zu finden“, erinnert sich Elisa Georgi. Uwe Mann ergänzt: „Die Kamera ist im Original eine Leica mit einem 2.0-Objektiv. Der Sucher, den wir letztlich in einem Leitz-Laden in Charlottenburg ausfindig machen konnten, musste so leicht versetzt sein, dass er tatsächlich die Augen des Menschen mimt.“ Andreas Feininger war ein begeisterter Autodidakt, der während seines Architekturstudiums am Bauhaus viel in der Dunkelkammer experimentierte und eigene Kameras mit enormer Teleoptik baute. So entstanden beispielsweise seine bekannten Bilder von der New Yorker Skyline. Die für ihn wichtigste Voraussetzung für ein gutes Foto: ein wahrhaftiges Interesse am Motiv.
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Eine gute Fotografin hat ihr Motiv genau im Blick, weiß Studentin Diana Elschner, die bereits bewegende Bildserien im Rotlichtviertel Indiens geschossen hat (treffpunkt campus Nr. 98). Im Projekt „Lichtgestaltung“ verkörpert sie die Figur der „nackten“ Protagonistin von František Drtikol, die sich harmonisch in Licht und Schatten einfügt. Der Tscheche erlangte mit seiner Aktfotografie – zu seiner Zeit ein Tabu – international Anerkennung. Dabei die exakte Position zu finden, in der Licht, Perspektive, Requisiten und Haltung dem Original am nächsten kommen, ist eine Herausforderung. Eines der
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besten Nachbildungen entstand mit einer Corki, eine Leica-Replik, mit 50-MillimeterFestbrennweite. Die Wahl der Kameraapparatur ist wie die Besetzung der Protagonistin ein sensibles Thema. „Erst wenn diese einzelnen Aspekte optimal vorbereitet sind, lohnt es sich, das Licht einzurichten“, erklärt Uwe Mann. Noch vor dem Zweiten Weltkrieg gab František Drtikol die Fotografie auf und widmete sich fortan der Malerei. Nach seinem Tod geriet sein fotografisches Werk in Vergessenheit. Erst eine Ausstellung von Kunsthistorikerin Anna Fárová im Jahr 1972 widmete sich wieder seinem Schaffen.
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Ein flüchtiger Augenblick „Liebe Leser, liebe Leserin! Sie mögen sich zu Recht fragen, ob man wirklich ein so umfangreiches Buch wie dieses braucht, um gute Fotos zu machen“, hinterfragt Andreas Feininger in seinem 480 Seiten umfassenden Werk „Andreas Feiningers große Fotolehre“. 40 Jahre ist es her, dass der Autodidakt und Weltfotograf diese Zeilen auf der Schreibmaschine in seinem New Yorker Appartement tippte. Auch heute empört sich noch so mancher Zeitgenosse darüber, was all dieser Aufwand eigentlich soll und versteht dabei nicht: Fotos sind – auch bei all der technischen Raffinesse – eben nicht immer gleich gute Fotos. Die Kunst ist es vielmehr, den flüchtigen Moment eines Lebens einzufangen und dabei zu erzählen, was eine Bildunterschrift selbst zwischen den Zeilen nicht in Worte fassen könnte. Andreas Feininger wusste diese Erkenntnis kreativ und inspirierend in Worte (und in Bilder) zu fassen – mehr als 50 Lehrbücher und Bildbände stammen aus seiner Feder. Gekonnt machte er sich lange Belichtungszeiten zu eigen, gab sich Gebäuden und Geschichten seiner Wahlheimat New York hin und betrachtete die Fotografie nahezu wissenschaftlich – alles um den perfekten Augenblick, mag dieser noch so kurz sein, festzuhalten. Betrachtet man seine Bilder, meist Panoramen, spürt man beinahe die Energie, die den Big Apple umtreibt, aber auch die Feinmechanik, die durch den Druck auf den Auslöser in der Kamera in Bewegung gesetzt wird. Dabei wollte der Fotojournalist, der 20 Jahre lang für das amerikanische LIFEMagazin arbeitete, eigentlich Architekt werden: Von 1922 bis 1928 studierte er an der Bauhaus-Universität erst Kunstschreinerei, dann Architektur,
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entwarf einige Bauten, experimentierte aber schon während des Studiums in seiner Dunkelkammer, um später einer der renommiertesten Fotografen des 20. Jahrhunderts zu werden.
Schattenspiel der Avantgarde Die im Bauhaus gelebte Neue Sachlichkeit mit ihrem kühlen, analysierenden Blick sollte seine Werke dabei spürbar prägen. Das und die Leidenschaft zum damals noch jungen Medium Fotografie verbindet Feininger mit Künstlern wie Hannes Meyer, František Drtikol oder André Kertész. Unter Anleitung von Uwe Mann, Professor für Bildgestaltung im Studiengang Journalismus, nahmen Studierende der Hochschule und der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg das Bauhausjubiläum zum Anlass, sich selbst am Licht- und Schattenspiel der Macher zu versuchen und deren Werke „The Photojournalist“, „Construction“, „Nude“ und „Fork“ detailgetreu nachzustellen. „Die Herausforderung besteht darin, so dicht wie möglich an der Vorlage zu sein, um zu einem authentischen Ergebnis zu kommen“, weiß Uwe Mann. In den vergangenen Jahren entstanden in seinem Projekt „Lichtgestaltung“ bereits etwa 30 fotografische und kinematografische Nachbildungen historischer Gemälde – vom „Mädchen mit den Perlohringen“ bis hin zum Portrait von Frida Kahlo, analog wie digital. Mit dem sogenannten Reenactment, das auch in Dokumentationen von Sendern wie arte, 3sat oder dem ZDF Verwendung findet, greift er ein immer häufiger anzutreffendes Gestaltungsmittel auf. Gründe hierfür sieht der Grimme-Preisträger, der selbst im Dokumentarfilm zu Hause ist, nicht nur im Mangel an
Originalmaterial, sondern auch in der Möglichkeit, historischen Kontext erzählerisch neu zu inszenieren.
The perfect Match Während sich die Malerei nur selten mit fotografischer Genauigkeit widerspiegeln lässt, hielten die Nachbildungen im Bauhäusler-Stil ganz eigene Überraschungen bereit, erzählt Studentin Elisa Georgi. „Die Fotografien sehen so federleicht aus, als hätten die Fotografen nur fix zur Kamera gegriffen“, zeigt sie sich beeindruckt. „Uns ist bei dem Versuch, die Bilder nachzustellen, allerdings recht schnell klar geworden, dass es sich oft um überaus komplexe Situationen handelt.“ Von der Wahl über die Kameraapparaturen – sechs analog, sieben digital, davon drei kinematografisch – und geeigneten Leuchtmittel, deren genaue Positionierung bis hin zur Suche nach authentischen Gesichtern und Requisiten galt es, bis ins kleinste Detail penibel zu arbeiten. „Gerade was die Gabel in André Kertész’ ‚Fork‘ betrifft, findet man im Internet etliche Versuche, die nicht gut gelungen sind“, so Uwe Mann, dessen Anspruch höher war. „Unsere Gabel haben wir dann nach einer sehr langen Recherche in einem Laden in Charlottenburg gefunden.“ Aus dem wochenlangen Recherchieren, Experimentieren, Verwerfen und Neuplanen gingen letztlich je Motiv zehn Fotografien und drei Kurzfilme hervor, die den Originalen annähernd gleichen. Zusammen mit der Abteilung für Kommunikation und Marketing der Hochschule Magdeburg-Stendal arbeitet das Team daran, die Bilder in die Innenstadt zu bringen. „Mit den Ergebnissen wollen wir eine Plakatkampagne zum Bauhausjahr initiieren und auf diese Weise zum 100-jährigen Jubiläum gratulieren.“
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Das Credo des Bauhauses, das 1919 vom Architekten Walter Gropius gegründet wurde, war es, Kunst und Handwerk in den Dialog zu bringen und Produkte für das Volk zu gestalten. Sein Nachfolger Hannes Meyer, der 1926 das Foto „Construction“ aufnahm, reformierte die Lehre und führte u. a. neue technische, natur- und geisteswissenschaftliche Fächer wie die Fotografie ein. Diese galt zuvor lediglich als Mittel für Dokumentationen und Publikationen, nicht jedoch als eigenständiges Experimentierfeld. Unter dem Fotografen Walter Peterhans entstanden an der Kunstschule vor allem Stillleben und Porträts, abstrakt, dynamisch, aus interessanten Blickwinkeln. Meyer vertrat zudem die Ansicht, das Bauhaus sei von seiner Vision abgekommen und warb von nun an mit dem Slogan: „Volksbedarf statt Luxusbedarf!“ Mit dem Aufkommen des Nationalsozialismus wurde das Bauhaus geschlossen. Seine Künstler hinterließen dennoch weltweit Spuren.
Ein ungewöhnlicher, fotografischer Blick war das Markenzeichen von André Kertész. Die Nachbildung des Fotos „Fork“, zu deutsch „Gabel“, stellte die Studierenden vor eine besondere Herausforderung. Da die Form der Gabel maßgebend das Wirken des Bildes beeinflusst, galt es, so nah wie möglich am Original zu bleiben. Der aus Ungarn stammende André Kertész zog 1925 nach Paris, wo er drei Jahre später die Gabel mit seiner klaren Einfachheit fotografierte. Seine Bilder bewegen sich zwischen Surrealismus, Neuer Sachlichkeit und intuitiver Momentaufnahme. So gehören nicht nur Straßenszenen und Porträts zu seinen Werken, sondern auch Aktfotografien, auf denen er seine Modelle mithilfe von Zerrspiegeln außergewöhnlich inszenierte.
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Karrierewege
Was die Welt so schön macht? Sie ist nicht perfekt!
Keine Chance verpassen – das ist das Credo von Wasserwirtschaft-Absolvent Helge Reymann. Geboren und aufgewachsen in Magdeburg wollte er auch sein Studium in der Landeshauptstadt absolvieren – am liebsten Technik verbunden mit Umweltwissenschaften. Im Studiengang Wasserwirtschaft fand der 34-Jährige das Gesamtpaket und verantwortet inzwischen Sachsen-Anhalts Deichbaumaßnahmen. Von Traumjobs, Naturgewalten und einem klaren Ziel vor Augen. Interviewt von Olga Kruse Fotos: Matthias Piekacz
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Mit Ihrem Mechatronik-Studium an der Otto-vonGuericke-Universität haben Sie zunächst einen völlig anderen Weg eingeschlagen. Wie sind Sie letztlich doch noch zur Wasserwirtschaft gekommen? Ich bin zuerst dem großen Jungentraum nachgegangen und habe 2005 angefangen, Mechatronik zu studieren, um später einmal Testfahrer zu werden. Leider hat es an der relativ komplexen Mikroprozessorprogrammierung gehapert. So habe ich mich nach meinem jetzigen Traumjob umgesehen: Umweltingenieur im öffentlichen Dienst. Ich bin sehr gern in der Natur und wollte mich praxisnah mit der Umwelt beschäftigen. Der Studiengang Wasserwirtschaft war also ideal. Warum hat es Ihnen gerade dieses Studium angetan? Vor allem das Interdisziplinäre hat mich gereizt, und dass man am Ende kein Spezialist wird, sondern ein Ingenieur
in einem generalistischen Studienfach. Es geht darum, technisches Grundwissen zu erlangen und insbesondere die Methodik zu erlernen, sich selbst Kenntnisse zu erarbeiten. Auch im Berufsleben hört das Lernen nie auf. Mit dieser Kombination werden einem Tür und Tor geöffnet. Welche waren das denn konkret für Sie im Studium? Während des Bachelors war ich als studentische und im Master als wissenschaftliche Hilfskraft im wasserbaulichen Versuchswesen tätig. Dort konnte ich hervorragend die theoretische Arbeit mit der Praxis verknüpfen. So war ich zum Beispiel an Modellversuchen für den Wehrumbau beteiligt. Wir hatten ein Modell der Wehranlage Quakenbrück in einem Maßstab von 1:30 und konnten diese wasserbaulich gestalten. Wir haben also etwas konstruiert, das wirklich realisiert wurde. Das war ein Highlight.
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Klingt, als lief alles nach Plan? Na ja, der Master hat sich dann doch etwas hingezogen. Meine jetzige Ehefrau wurde schwanger und da ich kein Mensch bin, der sich darauf verlässt, von „Luft und Liebe“ zu leben, habe ich parallel in einem Ingenieurbüro in der freien Wirtschaft in Halle gearbeitet. Das war eine enorm anstrengende Phase. Sie haben es aber dennoch gemeistert? Es war gut, dass wir räumlich getrennt waren. Ein junges Kind, eine Frau, die Arbeit und dann muss man(n) nebenbei noch die Masterarbeit schreiben. Dazu braucht man einen 48-Stunden-Tag. Meine bestandene Verteidigung haben wir bei einem Abendessen gefeiert, nach dem ich meine Frau gefragt habe, ob sie mich heiraten will. Das war für mich eine sehr erfolgreiche Woche (lacht). Welchen Einfluss hatte das Hochwasser 2013 auf Ihr Leben und Ihre Arbeit? Einen erheblichen! Ich war stellvertretender Geschäftsführer eines Ingenieurbüros in Leipzig und meine Familie immer noch in Magdeburg. Die A14 war damals schon ein totales Chaos. Nach dem Hochwasser habe ich drei Monate lang täglich fast 14 Stunden gearbeitet. Ein Freund brachte mich dann auf die Idee, beim Landesbetrieb für Hochwasserschutz und Wasserwirtschaft (LHW) in Magdeburg nach freien Stellen zu schauen. Und tatsächlich wurde ich
Der Deich in Schönebeck-Grünewalde: Während des Hochwassers im Juni 2013 mit einem in Barby gemessenen Rekordpegel von 7,61 Metern mussten 500 Menschen des Ortsteils evakuiert werden.
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fündig. Der zweite Traumjob vom Umweltingenieur im öffentlichen Dienst wurde Realität! Hinzu kam, dass ich meine Frau und mein Kind seither jeden Tag sehen darf. Womit beschäftigen Sie sich beim LHW? Ich verantworte die Investitionsmaßnahmen des Landes Sachsen-Anhalt im Bereich des Hochwasserschutzes und des Gewässerausbaus und kümmere mich hauptsächlich um die Sanierung von bestehenden Hochwasserschutzanlagen sowie deren Neubau im Bereich von Deichlücken. Als Projektverantwortlicher schreibe ich die Aufgabenstellungen, ermittle den Bedarf an Dienstleistungen und kümmere mich darum, dass diese den Gesetzen entsprechend ausgeschrieben und erbracht werden. Hinzu kommt die Budgetierung. Die Handhabung von Gesetzen und Verordnungen ist hier wirklich das A und O und das ist ein riesiges Feld. Können Sie auch hier generalistisch tätig sein? Ich habe wirklich mit allem zu tun, sei es beispielsweise der Hochbau, Leitungen, die den Deich kreuzen oder das gigantische Thema Naturschutz. Man beginnt irgendwann, Wissen anzuhäufen. Eine einzelne Person kann dies gar nicht bewältigen, weshalb wir mit mehreren Fachleuten zusammenarbeiten. Ich bin derjenige, der alles im Blick behält. Das bedeutet eine Menge Spaß, aber auch enorm viel Arbeit und vor allem Verantwortung.
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70 Prozent im Büro, 30 Prozent outside – für Helge Reymann ist es der Traumjob!
Erinnern Sie sich noch an Ihr erstes Projekt? Schönebeck-Grünewalde war die erste große Maßnahme, bei der ich 2015 die Bauleistung für den Deich abgenommen habe. Er ist nun DIN-gerecht saniert. Die Baukosten und alles Drum und Dran betrugen ca. dreieinhalb Millionen Euro. Kleingärten mussten dafür geräumt sowie Erd- und Straßenbauarbeiten durchgeführt werden. Da merkt man, wie viel Arbeit in so einem „trivialen Deichbau“ wirklich steckt. Was ist das für ein Gefühl, auf diesem Deich zu stehen und auf sein Werk zu blicken? Das ist mordsmäßig geil! Was für Bauingenieure der Wolkenkratzer in Abu Dhabi ist, ist für mich dieser Deich, bei dem ich nicht aufhören kann, zu lächeln. Gut, der Wolkenkratzer ist vielleicht etwas teurer gewesen, aber von der Bauwerksausdehnung vergleichbar. Natürlich habe ich diese Leistung nicht allein vollbracht, aber ich bin derjenige, der das alles gesteuert hat. Und das ist cool! Die hohe Verantwortung bei derartigen Projekten bereitet Ihnen nie Bauchschmerzen? Nein, ich habe hier meine Berufung gefunden. Unser Arbeitsleitspruch ist, stets nach bestem Wissen und Gewissen zu handeln und so gehe ich jeden Tag nach Hause, ohne mir etwas vorzuwerfen. Nichts ist perfekt – auch nicht der Deich, der am Ende gebaut wird. Wenn wir von Perfektion
reden, dann bedeutet es, dass dort auch das letzte Sandkorn perfekt liegen müsste und das ist unerreichbar. Ein Credo von mir ist, dass es nichts Perfektes auf der Welt gibt und gerade das macht die Welt perfekt. Hin und wieder fallen private und Nutzflächen Baustellen zum Opfer. Wie gehen Sie damit um? Sachsen-Anhalt ist ein agrarstrukturell geprägtes Land. Da wir viel aus diesem Wirtschaftszweig beziehen, muss ich darauf auch sehr viel Rücksicht nehmen. Das ist eine große Herausforderung, denn Maßnahmen sollten so entwickelt werden, dass Landwirte möglichst nicht zu Schaden kommen. Das fängt schon damit an, Baustraßen zu wässern, damit der Staub nicht auf die Pflanzen fliegt und diese somit am Wachstum gehindert werden. Welchen Tipp können Sie denjenigen geben, die sich für den gleichen Berufsweg interessieren? Nie aufgeben! Ich würde lieber in der Freizeit auf ein paar Sachen verzichten und dafür meinen Traum verwirklichen. Selbst unliebsamen Kompromissen kann man etwas abgewinnen, denn sie bringen einen immer irgendwie voran. Das Allerschlimmste sind verpasste Chancen.
Weitere Interviews aus unserer Reihe „Karrierewege“ unter: www.hs-magdeburg.de/treffpunktcampus
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Gute Mutter, gute Studentin
Kita, Hörsaal, Arbeit, Spielplatz – Judith Borns Studienalltag ist strikt getaktet. „Beeindruckend, wie du das meisterst“, sagen die einen. „Rabenmutter“, tuscheln die anderen. Doch die angehende Bauingenieurin hat ein Geheimrezept, das lautet: Charlotte. Ihr will sie eine finanziell sichere Zukunft bereiten. Aufgeschrieben von Katharina Remiorz Fotos: Matthias Piekacz
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Familienservice, Kinderzimmer und flexible Stundenpläne: Auch wenn viele Akademikerinnen die Familienplanung nach hinten schieben, Judith Born fallen genügend Argumente ein, bereits während des Studiums Mutter zu werden.
(K)ein Kinderspiel „Auf die Plätze – feeertig – los!“ Ein Klatschen hallt durch den Raum. Schon mit einem Fuß halb auf der ersten Stufe stürmt das kleine, blonde Mädchen die Treppe des Hörsaals hinauf. An dem Spiel findet sie offensichtlich Gefallen. „Noch mal, noch mal!“, ruft sie und versucht noch ein Fünkchen schneller zu werden. In der obersten Reihe gönnt sie sich schließlich ein Päuschen. „Hier sitze ich am liebsten“, schallt es lachend von hinten. Charlotte ist sechs Jahre alt, ihre Mama 29 und Studentin. Seit Dezember 2012 stellt das aufgeschlossene Mädchen mit den strahlend blauen Augen und dem breiten Lächeln Judiths Leben völlig auf den Kopf. Vor vier Jahren entschied sie sich für ein Studium an der Hochschule. Sie selbst stammt aus einer klassischen Arbeiterfamilie. Ihre Mutter hat technische Zeichnerin gelernt, ihr Vater ist Paketzusteller. Dass sie studieren wollte – noch dazu in einer Männerdomäne wie dem Bauingenieurwesen und einem damals dreijährigen Kind – löste bei ihrer Familie einige Zweifel und Skepsis hervor. An ihrer Entscheidung war dennoch nichts zu rütteln. „Ich habe nach meiner Ausbildung zur Bürokauffrau
als Sekretärin gearbeitet und mich gefragt: Das soll es jetzt gewesen sein?“ Kinder brauchen Essen, Kleidung, Spielzeug, Bildung. Judith wünschte sich mehr finanzielle Sicherheit und sah ihre Chance im Hochschulstudium.
Spielen, arbeiten, lernen Ausschlafen ist wohl – neben dem Prokrastinieren – eine der beliebtesten Tätigkeiten im Studium. Judith hingegen zeigt sich begeistert, wenn ihre Seminare zeitig beginnen. Aufstehen um fünf Uhr morgens, schnell ins Bad, duschen, Zähne putzen, ehe Charlotte geweckt und für die Kita fertiggemacht wird. Gegen acht Uhr fährt die angehende Bauingenieurin von Groß Rodensleben zum Campus im Herrenkrug, besucht zwei, drei Seminare, in der Hoffnung, pünktlich Schluss zu haben. „Um 16 Uhr muss ich wieder zu Hause sein“, zählt sie auf, „sonst bekomme ich Probleme mit der Kita.“ An zwei Nachmittagen die Woche arbeitet Judith für die sächsische Firma KAFRIL und verantwortet die Bilanzierung des Rückbaus am Damaschkeplatz. Jeder Tag ist streng getaktet – mit einer Ausnahme: „Freitags ist Familientag – der ist mir heilig!“
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Judith hat das Glück, dass ihre Eltern in der Region zu Hause sind. Vor allem durch ihre Mutter Andrea und Charlottes Papa Thomas erfährt sie viel Unterstützung. Anderenfalls würden sich Belegarbeiten und Studienprojekte neben bunten Stiften und Zeichnungen ihrer Tochter auf dem Schreibtisch türmen. „Was machen nur alleinerziehende Studentinnen, deren Familien Stunden entfernt leben?“, wirft sie kopfschüttelnd ein. Im Studium erleichtern ihr ihre Kommilitonen den Alltag, schicken ihr Mitschriften, wenn Charlotte einmal krank ist, und nehmen Rücksicht bei Gruppenarbeiten. „Ich habe mir häufig gedacht: ‚Wer will schon mit dir zusammenarbeiten‘, aber tatsächlich sind die meisten sehr verständnisvoll“, sagt Judith, die von Anfang an auf Offenheit setzte. Das gilt auch für ihren Nebenjob: „Wenn man ein gutes Team hat, dann klappt das alles“, sagt sie wie selbstverständlich über ihren Arbeitgeber, der vor allem in Sachen Familienfreundlichkeit punktet. „Ich muss nicht immer im Büro sein, sondern kann auch mal von zu Hause arbeiten.“ Ab und an kommt Charlotte mit und darf – ganz zur Freude ihrer Mutter – bei den Kollegen im Bagger mitfahren. Für die Sechsjährige, die aktuell selbst lieber einmal Reiterin werden möchte, immer wieder ein kleines Abenteuer. „Das Team ist meine zweite Familie, die mir auch in schlechten Zeiten beisteht und Mut macht.“ Ihre Arbeit – sei es in der Theorie an der Hochschule oder in der Praxis auf der Baustelle – bedeutet der jungen Mutter viel. Der Alltag ist anstrengend – vor allem wenn ihr unflexible Betreuungszeiten Steine in den Weg legen. Trotzdem wirkt
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Judith zufrieden. „Ich brauche eine Aufgabe und freue mich, wenn ich mich weiterentwickeln kann.“ Kein Wunder also, dass sie sich trotz ihres straffen Zeitplans auch nach den Vorlesungen engagiert. 2018 organisierte sie zusammen mit den Studierenden Meike Wille und Christian Moser sowie Wasserwirtschaft-Studentin Theresa Schiffl die First International Students Conference, die im Oktober an der Universität Qingdao stattfand. Die Erfahrung lässt sie heute noch strahlen: „Es war spannend, die chinesische Kultur und die Sicherheitsstandards auf chinesischen Baustellen kennenzulernen, die sich sehr von unseren unterscheiden“, berichtet sie über den Austausch, der ihr Interesse für Studiengänge wie Recycling und Entsorgungsmanagement oder Wasserwirtschaft weckte.
Kind oder Karriere? Dass Frauen durchaus in der Lage sind, sich beruflich zu verwirklichen und zugleich ihren Kindern eine gute Mutter zu sein, scheint vielen auch heute noch zu weit hergeholt. Einige Eltern der Kinder, die zusammen mit Charlotte in die Kita gehen, verkennen Judiths Ehrgeiz und Enthusiasmus, ihren Willen, in eine finanziell sichere Zukunft zu investieren, als „Rabenmutter“-Dasein. Dass es ihrer Tochter an nichts fehlt, dass sie sogar selbst sagt, wie stolz sie auf ihre Mama ist, akzeptiert kaum jemand von ihnen. Fremde wissen über das eigene Familienleben eben immer am besten Bescheid.
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Charlotte müsste unter diesen Vorurteilen in der Kita sehr leiden, ist Judith traurig. Es verwundert daher wenig, dass die Sechsjährige hin und wieder den Hörsaal und den Arbeitsplatz ihrer Mutter dem Gruppenraum des Kindergartens vorzieht. „Ab und an nehme ich sie für zwei Stunden mit in die Vorlesung. Sie bastelt dann meist oder spielt mit ihrem Lerntablet“, erzählt Judith und lacht: „Ich habe den Eindruck, dass sich Charlotte dafür interessiert, was wir im Seminar machen. Ich muss ihr dann immer ihren Rucksack packen mit Hefter und Stiften, damit sie mitschreiben kann.“ Bildung ermöglicht finanzielle Sicherheit. Das weiß auch die ehrgeizige Studentin. Judith hofft, dass sie Charlotte ein gutes Vorbild sein kann, dass sie versteht, dass Lernen wichtig ist, um sich eine sichere Zukunft aufzubauen. „Mir war früher nicht bewusst, warum ich so viel für die Schule machen sollte. Charlotte weiß es einmal besser.“ Auf die Frage, ob sie dennoch hin und wieder Zweifel plagen, wird Judith ernst: „Oft“, platzt es aus ihr heraus. Sie schluckt: „Manchmal habe ich vor den Prüfungen im Auto gesessen und mich gefragt, was all dieser Stress soll. Ich könnte jetzt genauso gut im Büro sitzen und in Ruhe meine tägliche Arbeit erledigen“, gibt sie zu. In den vergangenen vier Jahren gab es nicht selten Momente, in denen sie an sich zweifelte und weinte. „Aber ich habe die beste Motivation, die man haben kann und dieser Stress bereitet sehr gut auf das Berufsleben vor“, zeigt sie sich zielsicher. Ganz ohne Hilfe geht es dann aber doch nicht: „In diesen Augenblicken brauche ich Menschen wie meine Freunde Tobias, Cindy, Marcus, Steffi und Gabriele, die mich wieder aufbauen.“
Kinderlose Akademikerinnen Studentinnen mit Kind sind immer noch eine Lücke im System. Erst vor einem Jahr wurde deshalb das Mutterschutzgesetz reformiert. Judith hält dies für einen richtigen Schritt, sieht aber dennoch vor allem auf finanzieller Ebene hohen Bedarf. „Ich finde, dass Studierende mit Kind häufig vergessen werden. Vor allem beim BAföG gibt es kaum eine Angleichung“, erklärt die Studentin, die ihre Lebenshaltungskosten u. a. auch durch einen Bildungskredit bestreitet. „Studieren ist für alle eine finanzielle Hürde und hindert viele daran, sich für ein Studium zu entscheiden. Aber für Studierende mit Kind ist es eine besondere Herausforderung.“ Vor allem wenn Geburtstag, Weihnachten und unvorhergesehene Nachzahlungen aufeinander fallen, wird es schwierig. Frauen mit Hochschulabschluss schieben die Familiengründung daher lange auf. Beides unter einen Hut zu bringen, ist eine Aufgabe, die nicht allein an Frauen abgewälzt werden darf, sondern die in der Verantwortung der gesamten Gesellschaft liegt. „Ich möchte nicht, dass jemand behauptet, ich hätte den Abschluss geschenkt bekommen“, sagt Judith, die danach gern im Tiefbau tätig sein möchte. Über ihre Leistungen macht sie sich keine Illusionen: „Ich habe mir vorgenommen, dass ich dieses Studium so gut wie möglich bestehen werde. Dafür muss ich keine 1,0-Studentin sein – das ist mit Kind auch einfach nicht möglich.“ Judith ist trotz allem froh, dass es Charlotte gibt. Sie ist ihr Anker und zugleich ihr Antrieb. Dass sie es später einmal besser haben soll – haben wird, hat sie der Selbstlosigkeit ihrer Mutter zu verdanken.
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Wahrnehmung ohne Filter Ein hupendes Auto hier, grelle Scheinwerfer dort und unzählige Fahrzeuge, mal mehr, mal weniger drängelnd trotz Schrittgeschwindigkeit. Der Feierabendverkehr auf deutschen Straßen ist wahrlich eine Zumutung, auch wenn wir bewusst wie unbewusst den Großteil dieser Reize filtern können – zumindest die meisten von uns. Geschrieben von Sarah Krause Grafik: istock
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Schon seit 2013 forscht Dr. Sandra Konrad zum Thema Hochsensibilität. Seit Oktober hat sie die Vertretungsprofessur für Differentielle und Persönlichkeitspsychologie an der Hochschule Magdeburg-Stendal inne. Hochsensibilität sei ihr zufolge weder eine Störung noch eine Erkrankung. „Ich würde es eher als eine Temperamentseigenschaft bezeichnen“, so Konrad über die Veranlagung, bei der Menschen mehr Informationen als üblich aufnehmen, intensiver verarbeiten und dadurch schneller überfordert sind. Während die einen emotional reagieren, sind andere angespannt oder erschöpft.
einer Skala von null bis vier können Betroffene verschiedene Fragen darüber beantworten, wie sie in bestimmten Situationen reagieren: „Fühlen Sie sich genervt, wenn sich um Sie herum viel abspielt?“ oder „Haben Sie eine feine Wahrnehmung für unterschwellige Dinge in Ihrer Umgebung?“ Das Problem: Hochsensibilität weist viele Überschneidungen zu anderen Krankheitsbildern auf, wodurch eine Abgrenzung sehr schwierig ist. Eine starke Überschneidung gibt es zum Beispiel bei neurotischen Menschen, die sich ebenso empfindlich gegenüber ihrer Umwelt zeigen können. Hochsensibilität ist daher eine Facette aus verschiedenen Konstrukten.
Mensch als Ursache und Opfer Wie genau Hochsensibilität entsteht, ist bislang nicht geklärt. Forscherinnen und Forscher gehen mittlerweile davon aus, dass eine Entwicklung uns zu 47 Prozent in den Genen liegt. Daneben fördern zur Hälfte auch äußere Einflüssen wie die Umwelt diesen Wesenszug, der fast jede dritte Person betrifft. Nicht selten bleibt diese Eigenschaft ein Leben lang unentdeckt. Da die Forschung noch ganz am Anfang steht, konzentriert sich auch Dr. Konrad auf die Grundlagen. „Unsere Gesellschaft wird immer komplexer, wodurch wir verstärkt mit unterschiedlichen Reizen konfrontiert werden. Dafür sind wir gar nicht konstruiert.“ Dr. Konrad ist überzeugt, dass deswegen immer häufiger Menschen zu einer Hochsensibilität neigen. Durch verschiedene Methoden wie beispielsweise dem Eye-Tracking sowie Einzel- und Fremdbefragungen versucht sich die Forscherin der Thematik zu nähern.
Zu viel von allem Eine erste Studie entstand im Jahr 1997. Die US-amerikanische Psychologin Elaine Aron entwarf einen Fragebogen mit vier Indikatoren, der auf Hochsensibilität schließen lässt. Ein Merkmal ist die niedrige sensorische Reizschwelle. Betroffene reagieren dabei eher auf äußere Einwirkungen, die die Sinnesorgane ansprechen und fühlen sich dadurch schneller unwohl. So ist der Straßenverkehr – mit viel Lärm, grellen Lichtern, schlechter Luft und Hektik – ein Ort, der einen hochsensiblen Menschen schnell überfordern kann. Der zweite Indikator beinhaltet die hohe Reaktivität auf psychische Reize. „Spielt sich um die Person herum viel ab, reagiert sie genervt oder gestresst“, erklärt Dr. Sandra Konrad. Ein weiteres Anzeichen für eine hohe Sensibilität ist in der stärkeren Verarbeitung von Informationen zu finden. Demnach reflektieren Hochsensible gewisse Situationen bzw. Tatsachen intensiver. Daneben kann auch ein zurückgezogenes Verhalten in überfordernden Situationen auf eine Hochsensibilität hinweisen. „Wenn diese vier Indikatoren in einer höheren Ausprägung zusammenkommen, ist die Veranlagung wahrscheinlich“, macht Konrad deutlich. Aufbauend auf Arons Ergebnissen entwickelte die Psychologin einen neuen Fragebogen, der die ursprünglich vier Indikatoren in drei zusammenfasst. Auf
Der richtige Umgang Um mit der Veranlagung besser zurechtzukommen, rät die Forscherin, sich gesund zu ernähren sowie ausreichende Erholungsphasen einzuplanen. Menschen, die wissen, dass sie hochsensibel sind, sollten versuchen, sich aus überfordernden Situationen früher herauszuziehen. Gänzlich meiden sollte man Reize wie diese jedoch nicht: „Man muss sich dem Ganzen ein Stück weit stellen. Eine tägliche Exposition kann schon dazu beitragen, sich daran zu gewöhnen“, so Konrad. Auch ein Austausch mit anderen Betroffenen kann helfen. Letztlich hat dieser Charakterzug aber auch positive Einflüsse. So können hochsensible Menschen sehr empathisch oder außergewöhnlich kreativ sein. Sowohl die Intensität der Merkmale, als auch die der charakterlichen Züge sind von Person zu Person unterschiedlich ausgeprägt. Mehr Infos: www.hochsensibel.org
Hochsensibilität wird häufig diskutiert, von vielen vermutet, lässt sich aber nur schwer abgrenzen. Wie sensibel Menschen reagieren, wird anhand verschiedener Indikatoren in drei Stufen eingeteilt:
29 %
sensibel
40 %
durchschnittlich sensibel
31 %
hochsensibel
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In Bewegung
Jamaikanischer Reggae der anderen Art
Getestet von Sarah Krause Fotos: Matthias Piekacz
Mit Ragga Jam zieht ein Stück jamaikanische Kultur auf den Campus Herrenkrug. Einzigartig kombiniert der Tanzstil der „Streets of Jamaica“ Einflüsse aus Hip-Hop und Dancehall. Unsere Autorin ist zwar tänzerisch eher ein Bewegungsmuffel, wagte sich aber dennoch für treffpunkt campus aufs Parkett. Ihr Fazit: „Plötzlich macht es Spaß“. 43
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Tanzen gehört eher weniger zu den Dingen, die ich gern in der Öffentlichkeit tue. Ich liebe es zwar, im Rhythmus der Musik mitzuschwingen, aber eher im Geheimen, vergleichbar mit dem allseits bekannten „Singen unter der Dusche“. Auch auf Partys ist nicht mehr als ein gewöhnlicher Side-Step von mir zu erwarten – ich bin schlichtweg nicht talentiert, obwohl ich gern tanzen lernen würde.
From the streets of Jamaica
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Im Ragga-Jam-Kurs der Hochschule Magdeburg-Stendal lernen die Teilnehmenden nicht nur eine ganz neue Tanzrichtung kennen, sondern können auch aktiv die Choreografie mitgestalten. Das Training ist genauso locker wie der Tanz selbst. Neue Ideen sind jederzeit willkommen und sorgen für eine nette Abwechslung sowie eine Menge Spaß.
Für treffpunkt campus kam ich diesem Vorhaben ein bisschen näher. Ich studierte das Sportangebot der Hochschule, das unter anderem verschiedene Tanzkurse beinhaltet. Ragga Jam fiel mir darunter als Erstes auf: Als „eine Mischung aus Dancehall, Bauchtanz und Hip-Hop mit hüftlastigen und lebhaften Bewegungen“ wird mir das Angebot auf den Seiten des Sportzentrums angepriesen. Musikalisch kommt alles zum Einsatz, was „einen coolen Beat hat und die Beine in Bewegung versetzt“. Noch nie zuvor hatte ich etwas von dieser Tanzart gehört. Eine kurze Recherche im Internet ergab: Der Name leitet sich aus den Worten Ragga für Reggae und Jam für Jamaika ab. Der
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Von den Straßen Jamaikas in die Bewegungshalle der Hochschule: Ragga Jam ist ein Tanz mit Einflüssen aus Dancehall, Hip-Hop und südamerikanischen Bewegungen. Dabei entsteht ein einzigartiger Stil, der mit Elementen wie dem „TicToc“, „Butterfly“ oder einem simplen „Wine“ punktet.
Ursprung wäre dann schon mal geklärt. Skeptisch und neugierig zugleich stellte ich mich also der Herausforderung und wagte mich aufs Parkett.
Üben in jeder freien Minute Jeden Mittwochnachmittag treffen sich die Teilnehmerinnen – trotz Hip-Hop-Elemente hat sich offensichtlich noch kein Mann zum Kurs durchringen können – in der Bewegungshalle auf dem Magdeburger Hochschulcampus. Kurz vor Weihnachten gehörte auch ich zu der sympathischen Runde. Dort angekommen waren schon einige von ihnen im Proberaum und übten ihre Choreografie vor dem Spiegel. Schon seit Oktober arbeiten sie an einer Performance, die sie bei jedem Training um ein paar weitere Tanzschritte erweitern, erklärt mir Olga Kruse. Die Kursleiterin, die Sozial- und Gesundheitsjournalismus studiert, hat die Choreografie eigens zusammengestellt. Weitere Ideen bringen die Teilnehmerinnen mit ein. Der Choreografie sind, dank der Einflüsse verschiedener Tanzstile, keine Grenzen gesetzt. Das Besondere ist, dass die Leute nicht allein, sondern miteinander tanzen und der Spaß dabei im Vordergrund steht. „Ihr tanzt miteinander und nicht gegeneinander! Es ist wie eine große Party, auf der ihr einfach alle zusammen Spaß haben sollt“, schärfte uns Trainerin Olga während des 60-minütigen Kurses ein.
Und plötzlich macht es Spaß Nach einem kräftigen Warm-up übten wir uns an der Choreografie. Dabei wiederholten wir zunächst die schon erlernten Schritte, bevor wir uns den neuen Elementen zuwandten. Für mich als Laie und Später-hinzu-Gestoßene gestaltete sich das Tanzen etwas schwierig. Immer wieder folgten neue Schritte wie „TicToc“ oder „Butterfly“. Mal schnell, mal rhythmisch. Gingen die anderen nach links, drehte ich mich in die entgegengesetzte Richtung – ich kam einfach nicht hinterher. Kein idealer Einstieg. Dennoch: Ich wollte es probieren und glücklicherweise war ich dabei von sehr offenen Studentinnen umgeben. Ein bisschen leichter fiel es mir dann, als neue Schritte erlernt wurden – jetzt machte es auch mir endlich Spaß!
Die Gedanken schweifen lassen Am Ende des Trainings war ich überrascht, wie viel ich gelernt hatte. Mir wurde bewusst, dass man durch das Tanzen auch einfach mal seine ganzen Sorgen vergessen konnte und wie Olga es so schön sagte: „einfach zusammen Spaß haben“ kann. Der Tanzstil ist etwas ganz Besonderes, das mit Sicherheit auch auf jeder Party und in jedem Club gut ankommt. Ein Versuch ist es also allemal wert.
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„
Campusgeflüster
Was sind schon 28 Jahre? „Altersunterschiede zwischen uns Studierenden sind ja nicht ungewöhnlich. Die einen beginnen ihr Studium direkt nach der Schule, andere steigen quer ein oder haben vielleicht schon ein paar Berufsjahre hinter sich. In unserem Studiengang ist das nicht unüblich, das merkten wir bereits im ersten Semester. Im Seminar ‚Berufliche Identität‘ sollten wir einen Berufsbiografiestrahl erstellen. Als meine Kommilitonin Birgit eine zusätzliche Seite verlangen musste und ihr Strahl am Ende doppelt so lang war wie meiner, löste das erst einmal spontane Heiterkeit aus. Die knapp 28 Jahre Altersunterschied zwischen uns sehen wir aber als Chance, vom jeweils anderen zu 46
lernen. So haben die Älteren natürlich mehr berufliche Erfahrung, wohingegen wir Jüngeren aber mit neuen Ansätzen an Probleme herangehen. Was das Studium sowie das Leben betrifft, sind wir uns aber einig: ‚Man lernt nie aus!‘“ Die 30 Jahre alte Elisabeth Hocke ist stellvertretende Leiterin im Hort der Grundschule Erich Kästner in Haldensleben. Mit der 57-jährigen Birgit Kottisch studiert sie im zweiten Semester den Weiterbildungsstudiengang „Leitung von Kindertageseinrichtungen – Kindheitspädagogik“. Notiert von Frederik Schiek Foto: Matthias Piekacz
Das Rad ins Rollen bringen Zwischen Hörsaal, Bürotür und Teeküche entstehen nicht selten die besten Ideen. Damit daraus mehr wird als ein Flurgespräch, drückt der Campus Stendal einmal im Jahr die Pausetaste und reflektiert über Studium, Lehre und Studienalltag. 2018 entstand so die Initiative, eine Fahrradstation zu installieren – für mehr Sicherheit, Fitness und ein besseres Klima. Gesagt, getan: Seit Kurzem flicken Luftpumpe, Manometer und Co. Plattfüße und kleinere Defekte. Entdeckt von Katharina Remiorz Foto: Matthias Piekacz
Impressum
Redaktionsschluss für die nächste Ausgabe: 1. März 2019
Herausgeberin:
Rektorin der Hochschule Magdeburg-Stendal ISSN 1614-8770
V. i. S. d. P.:
Norbert Doktor
Redaktionsleitung:
Katharina Remiorz
Redaktion:
Sarah Krause
Layout und Satz:
Carsten Boek
Hochschule Magdeburg-Stendal Kommunikation und Marketing – Redaktion treffpunkt campus Breitscheidstraße 2, 39114 Magdeburg Telefon: (0391) 886 42 64 Fax: (0391) 886 41 45 Web: www.hs-magdeburg.de/treffpunktcampus E-Mail: treffpunktcampus@hs-magdeburg.de
Druck:
Koch-Druck, Halberstadt
Auflage:
3.200
Titelbild:
Raul Llamas Kirchhoff, Felix Ernemann, Elisa Georgi
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„Beeindruckend, wie du das meisterst“, sagen die einen. „Rabenmutter“, tuscheln die anderen. Die Story im Heft ab Seite 36.