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Formfindung Hauptelement
5.1 Formfindung Hauptelement
Erste Modelle
Mit dem 3D-gedruckten Ohr in der Hand bin ich schnell in die Materialität gegangen und habe versucht mich von Formen des Ohres leiten zu lassen. Dabei habe ich vorläufig analog mit Modelliermasse, Fimo und Wachsdraht gearbeitet. Bei den ersten Entwürfen, habe ich mir noch nicht viele Gedanken gemacht, sondern es ging hauptsächlich mal darum, herauszufinden, wie ein Hörgerät noch getragen werden kann, wie dieses aussehen kann und wie es ans Ohr kommt. Das Hauptelement und die Add-Ons werden zum Schluss teilweise 3D-gedruckt sein, damit meine Produktstudie einen Realitätsbezug zur Produktion hat.
Von diesem letzten Element (Seite 19, unten), habe ich versucht ein erstes mögliches Add-On zu entwickeln. Mir gefiel die Vorstellung, ein Hörgerät im Ohr zu tragen, an welchem man eine Kette andocken kann. Somit kann das Hörgerät, durch die Verbindungselement als Kette zum anderen Hörgerät hin, als Schmuck angesehen werden. Bei diesem Stück habe ich die Kreiselemente in der Ohrmuschel aus Fimo gemacht. Da ich zu diesem Zeitpunkt nicht in unser Atelier gehen konnte, musste ich mit Material und Werkzeug improvisieren. Für das Verbindungselement, habe ich eine feine Kugelkette in Silber bestellt. Bei diesem Stück fand ich es sehr schön, wie die Kette vom Ohr her auf das Décolleté fällt und eigentlich nicht wie eine Kette vom Hals. Dieses Stück war eines meiner ersten Arbeiten und kam gerade recht für das Fotoshooting unseres Portraits.
Bei dem Portrait wollte ich den Fokus nicht auf mich ziehen, sondern auf das Ohr und das Objekt im Ohr. Ich hatte die Idee, einen Spiegel zu benutzen, sodass man im Spiegel eine Verdopplung des Ohrs sieht. Wenn man das Portrait von mir (Seite 21.) anschaut, fällt der Blick als erstes auf diese konzentrierte Stelle, in der das Ohr eigentlich verdoppelt wird. Ich wollte damit erreichen, dass man ohne etwas zu sagen, eine Ahnung bekommt, um was es sich in dieser Arbeit dreht; und zwar das Hören. Ich denke dies ist in diesem Portrait sehr gut erkennbar. Der Gesichtsausdruck, wie auch der Fokus auf die Verdopplung fragen: „Do you see me hearing you?“
Die momentane Situation mit der Corona-Pandemie hatte seine Vor- und Nachteile. Einerseits hatte ich nun mehr oder weniger zwangsmässig die Möglichlichkeit auf unserer Terasse einen Arbeitsplatz einzurichten. Bei schönem Wetter war dies natürlich super auf der Terasse in der Sonne zu sitzen, und an der improvisierten Werkbank zu arbeiten. Bei Regenwetter habe ich mich auf dem Esstisch unserer WG ausgebreitet. Zum Glück hatte ich so viel Platz. Somit konnte ich eigentlich alle meiner ersten Modelle analog mit Modelliermasse, Fimo und sonstigen Materialien produzieren. Der Nachteil an der Pandemie war, dass alle Materialund Bastelläden geschlossen waren. Das hiess wir mussten alles Material was wir brauchten per Post uns zuschicken lassen. Dies war ein wenig mühsam, da man teilweise lange warten musste, bis das Paket zu einem Zeitpunkt da war, an dem man schon wieder an einer anderen Idee weiterarbeitete und das Material gar nicht mehr brauchte. Trotz allem war es eine interessante Erfahrung und ich war froh, als man dann wieder ins Atelier durfte, um die Stücke fertigzustellen.
Element Kreis
Von diesen ersten dreidimensionalen Modellentwürfen hat mich eines am meisten überzeugt; der Kreis in der Ohrmuschel. Der Kreis strahlt eine Kraft in dieser Rundung aus. Ausserdem ist es ein zeitloses und geschlechtsneutrales Element. Für mich war es eine geeignete Form, um die Technik eines Hörgerätes in sich zu behausen. In der Ohrmuschel nimmt der Kreis schön die Form auf und passt sich somit gut dem Ohr an. Ich habe mich somit entschieden, als Hauptelement die Form des Kreises aufzunehmen. Gleichzeitig wollte ich jedoch auch die Form des Hörtrichters, welcher im 19. Jahrhundert in der Entwicklung der Hörhilfen eine wichtige Rolle gespielt hat, aufnehmen. Somit ging es ans skizzieren und Fine-tunen des Hauptelementes.
Da im 19. Jahrhundert viele verschiedene Varianten und Formen des Hörrohrs im Umlauf waren, habe ich zuerst versucht ein wenig grösser zu denken und meiner Kreativität freien Lauf gelassen. In meinen ersten Skizzen habe ich versucht viel zu spielen und neue Möglichkeiten zu finden, wie man ein Hörgerät an den Körper bringen kann. Da ich mich für das Element des Kreises entschieden habe, habe ich dann jedoch gemerkt, dass ich nicht zu experimentierfreudig sein darf. Simpel ist manchmal die Lösung. Ich habe mich dazu entschieden, dass mein Hauptelement mit einer runden Form präsent in der Ohrmuschel sitzen soll. Die heutigen Hörgeräte sitzen hinter dem Ohr oder direkt in der Ohrmuschel, sodass man diese gar nicht sieht. Ich möchte das Hörgerät jedoch sichtbar machen und finde die Ohrmuschel einen geeigneten Platz um das Hörgerät zu zeigen. Beim Hören ist die Ohrmuschel zentral, also kann das Hörgerät auch ins Zentrum rutschen.
Ich habe dann in weiteren Skizzen versucht, eine mögliche Erweiterung für ein Modul zu finden. Hier bin ich nicht von dem Kreis als Hauptelement ausgegangen, sondern habe lediglich mal versucht Möglichkeiten zu finden, wie man an dem Hörgerät weitere Elemente andocken könnte und wie diese aussehen könnten. Hier sieht man eine mögliche Reihe, wie weitere Elemente an das Hörgerät kommen könnten. Ich bin bei diesen Skizzen davon ausgegangen, dass es ein Set von irgendwie 5 Elementen hat, welche man zu dem Hörgerät dazubekommt. Dann kann man nach Lust und Laune mit diesen Elementen und dem Hörgerät spielen. Es sollte dabei Freude machen. Zum Beispiel gäbe es verschiedene Variationen von einer Art Ohrring oder Earcuff, welcher man an dem Hörgerät anklippen kann. Oder man verbindet 2 Elemente mit dem Hörgerät und bekommt eine Kette. Dies waren einfach Entwürfe.
So hat sich so langsam meine endgültige Hauptform entwickelt. Formal lehnt sich mein Objekt nun an die Form eines Trichters an, welcher zum Ohr hin verjüngt wird. Gegen aussen symbolisiert das Trichterelement mit seiner runden Öffnung ein offenes Ohr und zeigt „ich höre“. Der Kreis ist in dem Hauptelement als Öffnung des Trichters als Fläche, an der man die Add-Ons andocken kann, eingebaut. Einerseits war die Öffnung und demnach die Kreisfläche zu bestimmen, andererseits musste ich mir auch überlegen, in welchem Winkel sich die Öffnung zum Ohr hin verjüngt. Das dritte Element, welches skizziert werden musste, war der Teil, welcher in der Ohrmuschel sitzt. Damit dieser angenehm im Ohr sitzt, habe ich mich da von den Kopfhörern inspirieren lassen. Ich finde es spannend, die Grenzen dieser zwei Produkte zu vermischen, denn grundsätzlich ist ein Kopfhörer nichts anderes als ein Hörgerät. Was ich in dieser Produktstudie nicht einbezogen habe, war die Technik. Meine Vorstellung war jedoch, das die Trichterform des Hauptelementes dann hohl ist, sodass man dort die Technik einbauen könnte.
Als ich dann die endgültige Form des Hauptelements als Skizze bereit hatte, ging es an die Umsetzung in Rhino.