Der Futterwiesenexperte HUMER - Ist nun Grünlanderneuerung erfolgreich oder erfolglos? 2015docC

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Futterwiesenexperte mit 30jähriger Landwirtschaftskammer Erfahrung und Beratung 3 März 2015, Wien

Fachbeitrag für bessere Futterwiesen

Grünlanderneuerung – erfolgreich oder erfolglos?

Autor: Dipl.-Ing. Johann HUMER

Die Grünlanderneuerung soll ausgedünnte, verunkrautete Futterwiesen mit abgesunkenen Erträgen durch Einsaat, Nachsaat oder Übersaat von Zuchtgräsern und Kleearten wieder in volle Leistung bringen. Die Grünlandbauern brauchen für gute Tierleistungen ertragreiche und hochwertige Futterwiesen mit dichten Grasbeständen. Vielen Futterwiesen fehlen heute für gute Milchleistungen megajoulereiche Futtergräser. Energiearmes Wiesenfutter verteuert die Futterkosten weil es den teureren Kraftfuttereinsatz verursacht. Der Energiegehalt von Wiesenfutter vermindert sich durch die Vielfalt an Ungräsern, Unkräutern sowie durch eine überständige Futterernte. Viehbauern, die hochwertige Futtergräser am Futtertisch haben wollen, sollten die guten Wiesenfutterpflanzen schon mit einem diagnostischen Blick am Feld erkennen um sie nachhaltig durch Einsaaten zu forcieren. Dazu biete ich meinen bekannten „Gräserführerschein“ für Vorträge und Wiesenexkursionen an.

In ertragsschwachen Wiesen mit hoher Artenvielfalt dominieren meist energiearme Wiesenfutterpflanzen. Häufige ertragsmindernde Ungräser sind in Österreich: Gemeine Rispe, Wolliges Honiggras, Flechtstraußgras, Weiche Trespe und Rasenschmiele. Auch Wiesen mit viel Ampfer, Hahnenfußarten, Doldenblütlern, Lückenfüllern wie Löwenzahn oder Giftpflanzen sind für das Vieh leistungshemmend. Die seit Jahren auffällig zunehmenden tödlichen Giftpflanzen in Futterwiesen und die gleichzeitige Abnahme guter Futtergräser sind zumeist Indikatoren für jahrelangen Stillstand in sachgerechter Düngung und das Fehlen eines regelmäßigen Samennachschubes hochwertiger Futtergräser. Viele Wiesen liefern nur mehr Bruchteile ihrer natürlichen Ertragsfähigkeit durch den laufenden Schwund guter Futtergräser und die Zunahme von Unkräutern ohne Futterwert. Neu angelegte Futterwiesen bringen Trockenmasseerträge um 12 t TM /ha. Ohne guter Futtergräser sinkt der Viehfuttertrag langfristig auf etwa 6 t TM /ha – infolge der Ausbreitung und Vielfalt ertragsschwacher und minderwertiger Wiesenpflanzen. So wie im Stall nur bestes Zuchtvieh beste Leistungen bringen kann, führen nur junge Zuchtgräser in der Futterwiese zu Spitze in Ertrag und Qualität. Ursachen des Rückganges guter Futtergräser Die Hauptursache für minderwertiges Wiesenfutter ist die Abnahme oder das Verschwinden der guten Massengräser wie Knaulgras, Englisches Raygras und Glatthafer. Der immer frühere und häufigere Silageschnitt im Mai für hohe Megajoulewerte im Futter verbraucht die Lebenskraft der03. Gräser J HUMER, Grünlanderneuerung - erfolgreich oder erfolglos? März immer 2015 Seite 10/10


schneller. Stark betroffen sind dabei spätblühende und horstbildende Obergräser, weil ihnen die natürliche Vermehrungsmöglichkeit genommen wird. In der Folge treten oft sehr anpassungsfähige niedrigwüchsige, qualitätsmindernde Ungräser und Unkräuter auf. Wer bei immer früherer Wiesenmahd im Frühjahr die Grünlanderneuerung unterlässt, muss sowie bei einseitig monotonen Fruchtfolgen mit immer geringeren Erträgen rechnen, weil bei einer alten Graspflanze die Wurzeln immer weniger Nährstoffe aufnehmen können. Das sieht man am viel geringeren Mineralstoffgehalt alter Wiesen im Vergleich zu jungen Saaten sehr eindrucksvoll. Die Futteranalyse der Mineralstoffgehalte des Grases (aber nicht der Kräuter!) degenerierter Wiesen ist eine ganz einfach funktionierende Alarmglocke alte nährstoffarme Wiesen mit jungen Gräsern rechtzeitig aufzufrischen. Auch Maulwürfe, Engerlinge, Schnakenlarven und mechanische Verletzungen der Narbe durch Fahrspuren, Erntegräte und Wildschäden sind Gründe, warum Wiesen sowieso ständig ausgebessert werden müssen. Der Rückgang wertvoller Futtergräser und damit verbundene Ertragsabfall kann nur durch ständige Begrünung der lückigen Grasnarben mittels Einsaat junger Zuchtgräser gestoppt werden. Nur der regelmäßige hochwertige Saatgutnachschub führt zum Aufschwung in Richtung dichter Grasnarben und ist der Wegweiser für bestmögliche Wiesenerträge und der natürlichste Weg zu höheren Mineralstoffgehalten im Wiesenfutter. Der Narbenschluß mit einer dichten Grasnarbe führt gleichzeitig zur natürlichen Unterdrückung der Unkräuter. Diese punktuelle Wiesenreparatur sollte ständig vom Frühjahr an und nach jeder Ernte erfolgen. Solange Lückenfüller wie Löwenzahn die Lücken der Wiesennarbe besetzen und einen gelben Blütenflor bilden, anstatt dass Futterwiesen grasgrün sind, sind sie verbesserungsfähig. Um dauerhaft hochwertiges Futter zu ernten, ist der regelmäßige Samennachschub von den örtlich besten, wuchsfreudigen Futtergräsern zu fördern. Deshalb sollte man sie auch wirklich gut kennen. Gute Futtergräser können aber nur anwachsen und hohe Leistungen bringen, wenn sie vom Unkraut nicht bedrängt werden. Sie brauchen daher zum Aufwuchs viel Freiraum, also möglichst viel offenen Boden als Wuchsfläche und viel Licht, sowie genug Wasser und Nährstoffe und keine parasitierenden Schädlinge. Die Grünlandverbesserung wird erfolglos bleiben, wenn diese wichtigen Nebenbedingungen und Voraussetzungen nicht erkannt und erfüllt werden. Grünlanderneuerungsverfahren im Überblick 1. Wiesenneuanlage nach Umbruch 2. Wiesenneuanlage in einem Zug mit ROTOTILLER 3. Grünlanderneuerung mittels Einsaat, Nachsaat oder Übersaat 4. Selbstvermehrung durch natürlichen Samenausfall Wiesenneuanlagen durch Umbruch Wiesenneuanlagen bringen zuverlässig die besten Erträge und sind daher das sicherste Wiesenanlageverfahren. Die gesäten Arten wachsen auf offenen Boden immer gut an. Die Verunkrautung ist gering, wenn man zusätzlich eine Deckfrucht wie Hafer mit zirka 70kg/ha mitsät. Der Umbruch im Frühsommer mit folgender Bodenbearbeitung für die Ansaat von etwa Mitte August bis Mitte September führt zum geringsten Futterausfall. Erfolgt der Umbruch aber erst im Herbst, kann die Ansaat erst im Frühjahr erfolgen. Beim Herbstumbruch verliert man aber den qualitativ wertvollsten ersten Aufwuchs im Frühjahr. Die Ansaat im Frühjahr kann durchgeführt werden, wenn der Boden gut befahrbar ist. Das ist im März bis April, wenn die ersten Gräser ergrünen. Als Saattechnik verwendet man: Samenstreuer, Sämaschinen, Saatstriegel oder die Saat per Hand bei Kleinflächen. Saatgutmischungen für Wiesenneuanlagen Für Neuanlagen von Dauerwiesen nimmt man nur Dauerwiesenmischungen des Typs A,B,C oder D und bei Weideflächen die Dauerweidemischungen G oder H. Für Wechselwiesen die Mischungen WM oder WR. DieGrünlanderneuerung Futterwiesenmischungen enthalten Österreich 6-9 Grasarten. Diese Mischungen J HUMER, - erfolgreich oder inerfolglos? 03. März gibt 2015 Seite 10/10


es in EU-Handelsqualität und in höherer ÖAG-Qualität. Die etwa 30% teurere ÖAG-Qualität verspricht Ampferfreiheit und es werden nur in Österreich 3-6 Jahre lang geprüften und besten wüchsigen Zuchtsorten verwendet. Eine sehr übersichtliche Darstellung aller Standard- und ÖAG-HandelsSaatgutmischungen finden Sie unter diesem Weblink https://blaetterkatalog.lagerhaus.at/Lagerhaus/Feld-Forst-Wein/Fachblatt-fuer-Gruenland2014/blaetterkatalog/ Düngeempfehlungen für Wiesenneuanlagen Zur Einhaltung der Richtlinien für die sachgerechte Düngung SGD6 empfehle ich den LK-Düngerechner – ebenso eine Bodenuntersuchung auf pH, Phosphor und Kali vor der Anlage. Sie kostet grob nur einen EURO je Jahr und Hektar und ist zweifellos die kostengünstigste Information zum optimalen Nährstoffbedarf. Häufig liegt der Düngebedarf pro Jahr für viele 3- und 4- Schnittwiesen je ha insgesamt bei: 100 kg N, 70 kg P2O5 und 200 kg K2O. Die beste Stickstoffverwertung erreicht man mit der Kombination von 50% Wirtschaftsdünger-N und 50 % Mineraldünger-N. Diammonphosphat, DAP stellt sich inzwischen in vielen Fällen als optimaler Mineraldünger für Wiesen heraus. Er fördert zusätzlich auch den Wuchs und die Dichte der Grasnarbe deutlich. 100 kg DAP/ha enthalten 21kg N und 48kg P2O5. Neuanlage in einem Zug mit dem Rototiller Der Rototiller ist ein Saat- und Bodenbearbeitungsgerät. Seine seicht rotierend arbeitenden Keilzinken zerkleinern die alte Wiesennarbe und bringen sie sauber in die oberste Bodentiefe ein. Das Saatgut wird in den offenen Boden oberflächennahe in der obersten Bodenschicht abgelegt. Der noch frisch bodenfeuchte und offene Boden bietet gute Aufgangsbedingungen und hat keine Licht- und Wasserkonkurrenz durch die großteils eingearbeitete Altnarbe. Die Keilzinken arbeiten auch auf steinigen Böden gut, da nicht tief bearbeitet wird. Der größte Vorteil ist, dass Bodenbearbeitung und Saat in einem Zug erledigbar ist. Die Wiesennarbe soll vorher möglichst kurz gemäht werden, damit die Pflanzenreste und Wurzelstöcke gut in den Boden eingearbeitet werden. Die Nachteile der Rototillersaat sind, dass bei einem Stopp während der Saat das Gerät angehoben werden muss, da sonst Fräsmulden und Erdhaufen entstehen. Wenn der Altbestand viele Unkräuter hatte, können sie teils auch wieder durchwachsen.

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Rototiller mit Frontanbau, der Mittelweg zwischen Umbruch und Einsaat. Foto: HUMER Dauergrünlanderneuerung mittels Einsaat, Nachsaat oder Übersaat Sie erfolgt umbruchslos mittels Schlitzsaat, Striegel oder Eggen. Einsaat, Nachsaat, Übersaat oder Durchsaat bedeutet dass man Wiesensaatgut in eine bestehende Wiesennarbe sät. Je nach Bodenbedeckung und Bodendurchwurzelung durch die Konkurrenz der Altnarbe und dem möglichen Schädlingsbesatz im Boden durch verschiedene Schadinsekten und Mikroorganismen ist mit einem sehr verschiedenen Erfolg von Keimung und Aufkommen der jungen Saat zu rechnen. Schlüsselpunkte bei Einsaaten Die gute Wasserversorgung, genug offener Boden und ein schädlingsarmer Boden sind bei Einsaaten die Schlüsselpunkte für den Erfolg. Von allen Verfahren der Grünlanderneuerung haben Einsaaten den höchsten Wasserbedarf. Die großen Rivalen für die junge Saat sind: die Altnarbe und diverse Schädlinge im Boden. Ihr tieferes Wurzelsystem nimmt der jungen Saat viel Wasser wie Nährstoffe weg. Weitere Widersacher der jungen Saat sind zahlreiche im Boden lebende Schädlinge und Wurzelparasiten, sowie allelopathische keimhemmende Wurzelexsudate der Altnarbe, die auch die jung gesäten Keimlinge der wüchsigsten Saatgräser hemmen oder gar dezimieren. Ertragsschub von Einsaaten Langjährige eigene Erfahrungen in Niederösterreich zeigen, dass Grünlanderneuerungen bei nur einmaliger Saat eher selten gelingen. Die Erfolgsrate gelungener Einsaaten liegt nach meinen Erfahrungen in NÖ etwa bei 50 % für die einzelne Einsaat. Keine der verschiedenen EinsaatSätechniken zeigen reproduzierbare, evidenzbasierte bessere Ansaaterfolge. Der Erfolg für bessere Erträge ist bei einmaliger Einsaat am geringsten. Wenn nach 3 Jahren keine spürbare Ertragsverbesserung eingetreten ist, muß man davon ausgehen, dass die Einsaat erfolglos war. Häufig werden Wiesen in NÖ meist in einem Abstand von 3 bis 8 Jahren eingesät. Damit sieht man, dass viele Wiesen noch ein enorm hohes ungenutztes Potential für bessere Futterwiesenerträge haben. Erst die mehrmals wiederholte Einsaat mit zirka 20 kg/ha Saatgut je Jahr, zeigte in meinen Praxisversuchen einen unerwartet enormen Ertragsschub. Dazu brauchte es drei Jahre hintereinander die jährliche Einsaat. Erst wer den enormen Ertragsschub wiederholter Einsaaten mit eigenen Augen wie ich und meine Versuchsbetriebe gesehen haben, dem wird das schlummernde enorme ungenutzte Ertragspotential vieler Wiesen bewusst. Nach eigener Einschätzung könnte so die Ertragsleistung von Futterwiesen um 50% vielleicht bis sogar 100% verbessert werden, nämlich von 6t TM/ha auf etwa 10t bis 12t TM/ha. Einsaaten in Wiesenaltnarben - Provisorium und Kompromiss Einsaaten in bestehende Wiesen sind deshalb ein Provisorium oder Kompromiss, weil alle NachsaatTechniken keine gleichmäßige Saatgutablage haben und es an der zuverlässlichen Keimlingsentwicklung mangelt. Es fehlt das klassische ordentlich vorbereitete Saatbett, wie man es im Ackerbau hat. Somit ist kein zuverlässiger Samenaufgang in 1 bis 2 Wochen gewährleistet, so wie man das bei einer klassischen Wiesenneuanlage mit Umbruch, Bodenvorbereitung und präziser Samenablage kennt. Zusätzlich muß mit einer stärkeren unkalkulierbaren Dezimierung von Saatgut und Keimlingen durch Schädlinge im Boden gerechnet werden, je wärmer die Lagen sind, wie Versuche in England zeigen. Trotz ihrer geringen Effizienz werden Einsaaten von vielen Grünlandbauern, vor allem in den Bergregionen durchgeführt. Erklärbar ist das, weil die klassische Bodenbearbeitung für eine Neuanlage in den bergigen Lagen, mit den heutigen immer schwereren Bodenbearbeitungsgeräten, in dem oft recht hängigen und steinigen Gelände schwer möglich ist. In kühleren regenreicheren Lagen haben Einsaaten bessere Chancen, da mehr Bodenfeuchte zur Verfügung steht und der Schädlingsdruck deutlich niedriger ist. Offener Boden - Voraussetzung für gute Einsaatwirkungen Voraussetzung für eine gute Einsaatwirkung ist ein offener Boden, wo die Samen Platz zum Keimen J

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und Wachsen haben. Erst wenn die jungen Grassämlinge genug Licht erreicht, kommt es zum Wachstumsschub. Ist aber die Saatfläche zudem noch mit vielen Graswurzelstöcken der alten Wiese bewachsen, verbrauchen sie das meiste Licht und Bodenwasser. Den zarten jungen Gräsertrieben fehlen leicht Licht wie Wasser. Je nachdem wie viele Wurzelstöcke der alten Grasnarbe die junge Saat bedrängen, wird sie sich gut oder gar nicht entwickeln. Ich erkläre mir damit den oft unbefriedigenden Einsaaterfolg bei Grünlanderneuerungen im klimatisch wärmeren Niederösterreich. Dazu kommt noch der höhere Schädlingsbesatz im Boden durch das wärmere Klima in NÖ. Je öfter Wiesen eingesät werden, umso eher fällt der Samen auf offenen Boden und kann keimen. Mit der geduldig wiederholten Saat baut sich außerdem ein gewisses Samenpotential gesäter und noch ungekeimter Samen im Boden auf. Der Boden fungiert bekanntlich als eine besondere Samenbank. Ähnlich wie für alle Samenunkräuter ist der Boden scheinbar ein unerschöpflicher Samenspeicher. Man denke allein an den riesigen Samenvorrat die der Ampfer in vielen Wiesenböden hat. Wenn keine günstigen Keim- und Wachstumsbedingungen herrschen, besteht mit der Samenbank die Chance, dass ein Teil der ungekeimten Gräsersamen auch noch Monate bis Jahre nach der Saat keimen (Schlafsaat), so wie bei vielen Unkrautarten. Deshalb hat die regelmäßige Saat eine hohe Bedeutung, weil in der Regel mit einer einzigen Saat bei bewachsenen Wiesen selten ein guter Aufgang gelingt. Die richtigen Einsaatzeitpunkte Am ehesten sind in Niederösterreich Einsaaten im Sommer erfolgversprechend. In der Regel ist der Sommer die niederschlagreichste Jahreszeit in Österreich und der Futternachwuchs der Altnarbe ist nicht so stark wie im Frühjahr. Wichtig sind Einsaaten dann im Frühjahr, wenn die Grasnarbe zu lückig und zu wenig dicht ist. Beispiele, wo in der Wiesennarbe leicht offener Boden auftreten kann sind: Engerlingsbefall, Wildschäden, Auswinterung, selektive Unkrautbekämpfung, Lücken unter großwüchsigen Unkräutern wie Ampfer, Hahnenfuß, Spitzwegerich, Bärenklau und Löwenzahn. Die niedrige Erfolgsrate von Frühjahres-Einsaaten belegen nachfolgende wissenschaftliche Untersuchungen.

Niedriger Mitteleinsatz bei Selbstvermehrung durch natürlichen Samenausfall

Selbstverm ehrung durch natürlichen Samenausf all, Aussamung sfläche in Sankt Georgen in der Klaus Foto: HUMER

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Eine Möglichkeit damit verkrautete Wiesen wieder zu ihrem Gräsergerüst mit guten Futtergräsern kommen, ist das natürliche Aussamen der Wiesen. Die wenigen Erfahrungen, die bislang vorliegen sind eher ermutigend. Interessanterweise vermehren sich dabei weniger die Problemkräuter sondern vielmehr unsere wichtigen und ertragreichen Obergräser. Dazu muss eine Wiese bis Anfang Juli ungemäht bleiben. Damit nicht der Bestand schon vorher zusammenbricht ist nur eine sehr mäßige Düngung sinnvoll. Mehr als 20 bis 40 kg N/ha sollte nicht überschritten werden. Empfehlenswert ist es, mit einem Streifen am Wiesenrand, oder einer kleineren Fläche zu beginnen. Man hat zwar nicht den vollen Leistungseffekt von Zuchtgräsern, dafür halten sich Aufwand und Futterausfall aus dem ersten Schnitt in Grenzen, da vor allem keine Technik für die Unkrautbekämpfung oder Saat notwendig ist. Sinnvoll ist das Verfahren vor allem für Betriebe, die nicht unbedingt Spitzenerträge anstreben, aber dennoch eine Verbesserung ihrer Futtererträge und -Qualitäten erreichen wollen, wenn auch auf einem niedrigerem Investitionsniveau.

Wie die gesäte Grasart den Einsaaterfolg bestimmt Umstritten ist überhaupt welche Nachsaatmischungen wirklich gut taugen. Es gibt dazu keine klaren hilfebringenden Untersuchungen. Klar ist, dass sich in einer bestehenden Wiesenaltnarbe am ehesten zunächst nur konkurrenzstarke und schnell anwachsende Arten durchsetzen. Konkurrenzstarke Arten sind: Englisches Raygras, Rotklee, Knaulgras, Glatthafer und Goldhafer. Nachsaatmischungen mit konkurrenzschwachen und langsam auflaufenden Arten wie die Wiesenrispe werden sich kaum oder nur bei oft wiederholter Saat durchsetzen. Nach eigenen Erfahrungen setzen sich bei Einsaaten folgende Arten kaum durch: Timothe, Wiesenschwingel, Rotschwingel, Luzerne und teils Wiesenrispe. Diese konkurrenzschwachen Arten würde ich in gute Mähwiesen niemals einsäen, da sie chancenlos sind durchzukommen und damit nutzlos hinausgeworfenes Geld sind. Sie haben sich nämlich in meinen Praxisbeobachtungen bislang noch nie durchgesetzt. Dr. Karl Buchgraber von Gumpenstein begründet ihre Beimischung in Nachsaatmischungen als Biodiversitätsmaßnahme und mit dem schwachen Argument, weil sie manchmal vielleicht anwachsen könnten.

Ertragliche und botanische Wirkung von Einsaaten und Nachsaaten in Exaktversuchen der alpenländischen Grünlandversuchsanstalt in Gumpenstein Der wissenschaftlich untersuchte Einsaatversuchsblock in Gumpenstein und Piber von 2005 bis 2010 (PÖTSCH 2012) mit den ÖAG-Mischungen NA, NI, NIK und Ka (Kampfmischung) bei einer Saatmenge von 15kg/ha bei Frühjahreinsaat zeigt in Abbildung 1, dass das konkurrenzschwach Gras Timothe zu keiner klar signifikanten Zunahme der eingesäten Art geführt hat, vielmehr insgesamt 0,1% weniger wurde, obwohl die Saatgutmischung 15% bzw. 20% Timothe enthielt! Zwischen Drei- und Vierschnittwiesen nahm Timothe gering um 0,1% zu. Erfolgt in 6 Jahren im 2-Jahresabstand die Nachsaat, nimmt der Timotheanteil auch um 0,1% zu. Durch die bekanntlich weniger wirksame Frühjahreseinsaat und weil nicht im Ein-Jahresabstand eingesät wurde, ergab sich vermutlich nur diese minimale Steigerungsrate bei Timothe. Zumindest ist angedeutet- öfter säen bringt mehr. Diese 6jährigen Ergebnisse mit extrem schlechter Einsaatwirkung bei Timothe stehen völlig im Widerspruch zu den euphorischen ÖAG-Nachsaatempfehlungen von Buchgraber für Mischungen mit Timothe und seiner bevorzugten Timothesorte TILLER. Das gilt im Wesentlichen auch für Wiesenschwingel und Rotschwingel in Nachsaatmischungen. Die angesprochene sehr schlechte Wirkungseffizienz der vorher genannter Gräser in ÖAG-Nachsaatmischungen, steht hier im klaren Widerspruch zu den immer wiederholten enorm propagierten und gelobten Wirkungen in Vorträgen und ÖAG-Broschüren der ÖAGGrünlandexperten in Gumpenstein. Die unbefriedigende Wirkung von Einsaaten spiegelt sich eher in den vielen Rückmeldungen und eigenen Befragungen aus der landwirtschaftlichen Praxis in Niederösterreich. Das bestätigt auch der deutsche Grünlandexperte Dr. Martin Elsäßer. Er schreibt 2009: „Bei Nachsaaten wird häufig eine wirkungslose Übersaat vorgenommen.“

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Abbilung 1: Der Versuch zeigt die untaugliche Effizienz der Frühjahres-Einsaat von Timothe bei einmaliger und dreimaliger Frühjahreseinsaat mit 15 kg/ha ÖAG-Nachsaatmischungen NI und NIK des Wiesenverbesserungsversuchs von PÖTSCH (2012) in Gumpenstein und Piber. Die Median-Werte unter dem Mittelwert zeigen, dass mehr Versuchsvarianten unter als über dem Mittelwert lagen. Grafik:HUMER x

Abbildung 2 zeigt den Mehr – oder Minderertrag der 12 Einsaatvarianten der 6 Versuchsjahre vom Einsaatversuch Gumpenstein und Piber 2005-2010, (PÖTSCH 2012). Grafik:HUMER 6 der 12 Einsaatvarianten verursachen beim TM-Ertrag keine Ertragsänderung oder vielmehr Mindererträge bis 100 kg TM/ha- (siehe dazu die Hälfte der Balkengrafik). Die besten Varianten J HUMER, Grünlanderneuerung erfolgreich oderlinke erfolglos? 03. 6März 2015 Seite 10/10


liefern nur geringe Mehrerträge von 200-500 kg TM/ha (siehe dazu die rechte Hälfte der Balkengrafik). Wirtschaftlich signifikant sind aber erst Mehrerträge ab etwa 1000 kg TM/ha. Der Versuch zeigt keine klaren Unterschiede welches Einsaatgerät oder welche Mischung zuverlässig besser ist oder ob man mit ein- oder dreimaliger Einsaat besser fährt. Es fällt nur auf, daß das Schlitzdrillsägerät und die Kampfmischung (mit Knaulgras und Englischem Raygras 1:1) in die Gruppe höherer Mehrerträge fällt. Buchgraber propagiert aber im Widerspruch zu den Exaktversuchen seiner Versuchsanstalt in Gumpenstein seit Jahren in seinen Vorträgen und Artikeln a) nur einen der Einsaatstriegel und b) qualifiziert bestimmte seiner ÖAGNachsaatmischungen mit 10-15 Jahren Erfolgsdauer. Dabei ist das nur eine nicht untersuchte Vermutung aber kein Wissen aus der Wissenschaft. Buchgraber disqualifiziert aber die Erfolgsdauer der Kampfmischung mit nur 2-3 Jahren in seinen Lehrunterlagen, im Widerspruch was dieser Exaktversuch zeigt. In Abbildung 3 sticht die Kampfmischung vielmehr durch gewisse Ertragsausschläge nach oben im zweiten, dritten und sechsten Jahr mit Mehrerträgen von +10% leicht hervor.

Abbildung 3: 6 Jahre langer relativer Ertragsverlauf der jährlichen Mehr – oder Mindererträge von 12 Einsaatvarianten des Einsaatversuchs Gumpenstein und Piber 2005-2010, (PÖTSCH 2012). Grafik:HUMER Eindeutig ist nur, dass der Kombistriegel im ersten Jahr den Wiesenertrag statt zu steigern um 15% senkt! Danach liegen im Mittel der Varianten die Erträge um +5% der Kontrolle. Man fragt sich warum die Gumpensteiner Wiesenexperten, genau diesen mit viel Aufwand betriebenen Exaktversuch des eigenen Instituts vor Bauern, Studenten und Berater bislang in Lehre und Beratung und in Fachartikeln und Vorträgen nie breit erwähnten und nicht mit gewohntem Eifer hinaustragen und zu keine Besichtigungen des Versuchs für Berater einluden – trotz der vielen jährlichen Grünlandtage der ÖAG.

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Abbildung 4: Mehr- und Mindererträge mit Schlitzdrillmaschine der Düngungs- und Nutzungsversuche Admont, Bischofshofen und Piber gegenüber Varianten ohne Nachsaat im Jahre 1983 (= erstes Hauptnutzungsjahr der erneuerten Anlage) in dt TM je Hektar. Nachsaat-Mischung: Knaulgras, Wiesenschwingel, Timothe, Wiesenrispe, Rotschwingel. Schnitte: 3, 4, 5 und 6mal. N-Düngung: 0, 30, 60, 90 und 120 kg N/ha (SCHECHTNER, 1984)

Abbildung 5: Wirksamkeit der Nachsaat mit Bastardraygas auf älteren Dauerwiesenneuanlagen. Nachsaattermine: Frühjahr 1976, 1978 und 1980 (SCHECHTNER, 1984). Im Mittel aller drei Versuchsstellen war das Ergebnis der Nachsaat enttäuschend schreibt Schechtner, denn es resultierte daraus nur ein Mehrertrag von 130 kg TM je Hektar und Jahr. Dass ist umso verwunderlicher, da zur Einsaat unser konkurrenzstärkstes und ertragsbestes Raygras in Österreich zum Einsatz kam. Gerade Bastardraygras ist normalerweise in der Jugend unser wüchsigstes und kampfstärkstes Futtergras, das im Feldfutter meist alle anderen gesäten Arten verdrängt. Damit geht aus diesen älteren Versuchen aus 1976 bis 1983 der Abbildungen 4 und 5 hervor, dass Frühjahres-Einsaaten in Versuchen – OHNE REGELMÄßIGER NACHSAAT - keine besondere hervorragende und zuverlässige Wirkung zeigen. Etwa die Hälfte der Raygras-Einsaaten war sogar ertragsmindernd - also paradoxerweise schlechter als ohne Einsaat! Selbst die beste Ertragsverbesserung lag beim Raygras bei nur etwa bloß 5%, liegt also im Bereich von Unsicherheit und Unwirtschaftlichkeit. Es gibt also starke Faktoren in bewachsenen Wiesenboden, die das Aufkommen von jungen Einsaaten behindern. Ich vermute es ist die starke Konkurrenz durch die Wurzeln der Altnarbe, gepaart mit keimhemmenden Wurzelausscheidungen und Schädlingen, die junge Samen, Keimlinge und Wurzeln vernichten. Die Einsaatversuche der 80er Jahre zeigen, daß von 32 Einsaatvarianten 27 völlig unwirtschaftlich waren und nur 5 von 32 Versuchsvarianten also 15% zumindest Mehrerträge lieferten. Diese Mehrerträge von 460 bis 980 kg TM/ha waren aber ohne sichtbarer logischer Zusammenhänge bei J HUMER, Grünlanderneuerung - erfolgreich oder erfolglos? 03. März 2015 Seite 10/10


unterschiedlicher Schnittzahl und N-Düngung. 10 von 32 Einsaatvarianten lieferten sogar Mindererträge bis 650 kg TM/ha! Man bedenke, daß zirka 1000 kg Mehrertrag TM/ha/Jahr notwendig sind damit Nachsaaten wirtschaftlich interessant sind. Werden typische Arten von Wiesensaatgut verwendet, zeigte sich in 18 von 20 Einsaatvarianten keine wissenschaftlich abgesicherte Verbesserung. Aus ungeklärten Gründen wurde die Erfolglosigkeit von Einsaaten in Gumpenstein nicht weiter hinterfragt und aufgeklärt. Auf diese so lehrreichen und vergessenen Einsaatergebnisse der 80er Jahre auf die ich gestoßen bin, wurden ebenso nie in Vorträgen, Tagungen oder in Fachartikeln zitiert oder Bauern, Berater und Lehrer nachhaltig darauf aufmerksam gemacht. Fazit Einsaaten scheinen also nur unter besonderen Bedingungen erfolgreich zu sein, da mir auch sehr erfolgreiche Einsaaten gelangen. Den Schlüssel für erfolgreiche Einsaaten halte ich in der jährlich wiederholten Einsaat, so wie es neuerdings deutsche Experten bei Raygräsern raten. Ich denke der Erfolg stammt vom Überwinden der Schäden durch schnelleren Nachtrieb der jungen wüchsigen Futtergräser ab, als die sämlings- und keimlingsfressenden Schädlinge oder Parasiten zerstören. Daher gelingen Einsaaten auch im Sommer besser, wenn Gräser bei höheren Temperaturen rascher wachsen. Der jährlich regelmäßige Saatgutnachschub ist dennoch auch im Frühjahr von höchster Bedeutung, wenn Lücken in der Grasnarbe auffallen. Raschwüchsiges Wiesensaatgut repariert die lückigen Narben am schnellsten und trägt schon im Sommer zum Jahresertrag bei. Buchgraber meint seit 2012 neuerdings auch - aber ohne statistisch abgesicherter und ohne evidenzbasierter publizierter Versuche – „das erfolgreiche Grünlandbauern permanent JÄHRLICH 5-8 kg/ha Nachsaatmischung einsäen“. Ich bin sehr an Zuschriften von Landwirten interessiert, wie erfolgreich oder erfolglos ihre Erfahrungen mit Grünlandnachsaaten waren. Kommen genug Antworten zustande, informiere ich gerne die Leser mit über die Breite der berichteten Erfahrungen in einem Folgebeitrag. Zuschriften erbeten an: johann.humer@gmail.com

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