NEWS SPECIAL (von Hydra)

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HYDRA-SATIREPROJEKT BRINGT NEUES SKANDALBUCH HERAUS: DAS „SCHWARZBUCH FARBEN“

HYDRA-SATIREPROJEKT BRINGT NOCH EIN BUCH HERAUS: IRGENDWAS MIT PHILOSOPHIE!

NEWS Österreichs SCHLECHTESTEs Nachrichtenmagazin

01/2014

NEWS zu Besuch bei RUDI RACLETTE, dem Spalter von WIEN

SO LEBT DER SEPARATISTENFÜHRER n „Ich bin kein grüner Bobo!“


Die groĂ&#x;e NEWS Homestory


SO LEBT DER SEPARATISTENFÜHRER Zu Hause bei Rudi Raclette, dem Staatsgründer der Freien Volksrepublik Meidling


STECKBRIEF Name: Rudi Raclette Alter 41 Nationalität: Meidling Ausbildung: Werkmeister (bei Humboldt) Beruf: Separatistenführer Sternzeichen: Löwe


NEWS

Seit einiger Zeit hält ein neuer Staat die Welt in Atem. Die „Freie Volksrepublik Meidling“ wurde ausgerufen, um die Gentrifizierung Meidlings zu stoppen. Mastermind der Bewegung ist Staatsgründer Rudi Raclette. Eine kleine Gemeindewohnung im Herzen von Meidling. Wir sind zum Frühstück bei den Raclettes eingeladen. Semmeln, Streichwurst, Käse, Butter, Marillenmarmelade, Kaffee. Es ist ein einfaches Frühstück, doch der Separatistenführer kredenzt es mit einer Herzlichkeit, die heutzutage ihresgleichen sucht. Ob es immer schon sein Traum gewesen wäre, einen eigenen Staat zu gründen? „Nun ja“, meint Raclette. „Als ich zehn Jahre alt war, hat meine Mutter mich einmal gefragt, was ich denn werden will

wenn ich groß bin. ‚Ich will frei sein Mama, frei wie eine Volksrepublik‘ hab ich damals geantwortet.“ Raclette spricht ruhig, in kurzen, klaren Sätzen. Wir haben nicht den Eindruck hier vor einem Mann zu sitzen, der die Welt mit seinen Drohungen in Atem hält. „Papi, der Computer geht nicht!“ Raclettes siebenjähriger Sohn sitzt ratlos vor dem PC-Bildschirm. Der Separatistenführer unterbricht das Interview, nimmt sich ausführlich Zeit, um dem Buben das Betriebssystem und die Welt zu erklären. Ob es

denn nicht schwer sei, als alleinerziehender Vater alles unter einen Hut zu bringen, vier Kinder und eine Volksrepublik. „Ein gutes Zeitmanagement gehört schon dazu“, meint Raclette. Seine Frau hat sich vor fünf Jahren scheiden lassen und ist mit einem deutschen Künstler nach Berlin durchgebrannt. Ob daher sein Hass auf Bobos komme, möchten wir wissen. Raclette will nicht darüber sprechen. Lieber erzählt er von den Fortschritten der FVM im Kampf gegen die Gentrifizierung.


Semmeln, Streichwurst, Käse, Butter, Marillenmarmelade, Kaffee: ein einfaches Frühstück, doch serviert mit seltener Herzlichkeit.

Die Wände der Wohnung sind voll mit Fahnen, Wimpeln, gerahmten Bilder des Freiheitskampfes. Stolz führt Raclette durch die Räume wie durch ein Museum. Er deutet auf ein Schwarz-Weiß-Foto. Es zeigt Soldaten auf dem Dach eines Meidlinger Zinshauses. „Hier haben unsere Selbstverteidigungskräfte den Meidlinger Markt vom HipsterFashionismus befreit“.

Es handelt sich um Spezialeinheiten der sogenannten „Brigada Esplanada“, benannt nach einem Bil-

te, verschimmelte Topfpflanze. Mit dem grünen Daumen habe er es nicht so meint Raclette. „Ich bin schließlich kein grüner Bobo aus Mariahilf, der auf der Dachterrasse seine Tomaten züchtet.“

Statuen sollen erst nach seinem Tod errichtet werden. lardcafe an der Rechten Wienzeile. Unser Blick fällt auf eine vertrockne-

Uns interessiert aber mehr das Privatleben von


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FVM-Einkaufstasche: Stoffimitat aus Plastik.

Rudi Raclette. Wie lebt so ein Separatistenführer? „Eigentlich ganz normal, so wie du und ich. Ich kümmere mich um den Haushalt, hole die Kinder von der Schule ab, befehle Festnahmen von Oppositionellen ... nichts Besonderes. Am Sonntag schauen wir uns immer gemeinsam den Tatort an.“ Seine Lebensmittel bezieht der Staatsgründer vom lokalen Diskonter.

Auch ein Separatistenführer muss einmal entspannen.

„Das ist praktisch, der ist nicht weit weg, da kann ich mit dem Auto hinfahren.“ An den Essensgewohnheiten der Bobos lässt Raclette hingegen kein gutes Haar. Bio lehnt er strikt ab. Auch Gerichte, deren Zutaten er „nicht einmal aussprechen“ könne, kämen bei ihm nicht auf den Tisch. Wie lange er sich das Ganze noch antun wolle?

Raclette wirkt nachdenklich. Das könne man jetzt noch nicht absehen meint der Separatistenführer. Er selbst lehne Personenkult jedenfalls entschieden ab. Statuen sollen daher erst nach seinem Tod errichtet werden. Ein Nachfolger sei noch nicht in Sicht. „Aber wissen Sie, neben mir gibt es halt niemanden.“


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*Dieses „NEWS“ ist selbstverständlich nicht jenes „NEWS“, genannt „Österreichs Bestes Nachrichtenmagazin“ (*kchkch*). Dieses „NEWS“ ist vielmehr ein Produkt des Satireprojekts HYDRA.


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