Hrsg. HyperWerk FHBB
rtrp – right time right place
Verlag HyperWerk FHBB
5
Für eine neue Kultur des Unternehmerischen Vorwort von Prof. Dr. Günter Faltin
13
HyperWerk FHBB und das Vorhaben rtrp Mischa Schaub
19
Verfasst vom Leitungsteam
HyperWerk FHBB
Eleganz behutsamer Transformation Mischa Schaub
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Regine Halter, Catherine Walthard
53
Technische Strategien der Interaktion in verteilten Informationsräumen Prof. Dr. Jens Geelhaar
63
No thing without body
77
Coincidence – a happy
Max Spielmann
complication of the ordinary Vera Bühlmann
91
Transcript of a conversation between Ann Arbor, Michigan, and Basel, Switzerland Reto Geiser and Donald Mak
Cristina Mösch-de Carvalho
baukom.net
117
bergen – wrong time
Rodolfo Semprevivo
wrong place Martin J. Matt
123
e.loop
129
exPress
135
Fashionation:
207
pure view Dennis Grütze
213
Reizvoll
219
Sein & Schein
225
transMission
Christof Seiler
Roman Weyeneth
Roland Hunziker
Jan Schlösser
Arne Schöllhorn
Mythos.Mode.Markt. Céline Studer
Netzrecherchen zu SpiderWerk
árvore
111
Re-Imagine Education und dem studentischen HyRat von
31
105
141
4friends
147
glocal waterdrop
153
GROSSartig
159
here:after
165
hier + fort
Michel Pfirter
Tamara Staub
Mike Egle
Marc Champion
Daniel Meier
171
-ism
177
KnowSto®y
183
leftside – digital picnic
189
metafestival
195
netBOX:
Florian Landolt und Luca Vicente
Rafael Freuler
Franco Schwörer
Constanze Kirmis
a CSCW-toolkit for schools Julia Kehl
201
nodes Beat Muttenzer
233
Appendix Biographien Impressum
Vorwort von Prof. Dr. G端nter Faltin
F端r eine neue Kultur des Unternehmerischen
5
6
Kunst und Wirtschaft – eine befremdliche Gegenüberstel-
unternehmerischen Initiativen der Zukunft entstehen. Über-
lung? Das war nicht immer so. Im antiken Griechenland war
zeugender vielleicht als die der Marketing- und Finanzstra-
der Markt ein Mittelpunkt des gesellschaftlichen Lebens
tegen.
– hier ging man hin, um zu erfahren was es Neues gibt. Über den Markt gestaltete sich die Lebenswelt, nicht nur für
Das Künstlerische am Entrepreneur
Sokrates, der im Treiben des Marktplatzes sein Forum für
Wenn wir heute so oft vom postindustriellen Zeitalter und
philosophische Unternehmungen sah. Erst mit der Industria-
von wirtschaftlicher Innovation sprechen, dann sollten wir
lisierung begann das marktwirtschaftliche Geschehen über
wirtschaftsgeschichtlich an die Bedeutung denken, die dem
Kapitalakkumulation und neue Finanzierungsmethoden ein-
Markt während langer Zeit für die direkte Gestaltung unse-
herzugehen mit einer massiven Konzent-
rer Lebenswelt zugekommen ist. Denn was wir am allermeis-
ration von Macht – ökonomische Macht
ten brauchen ist eine Atmosphäre, die weit mehr Ideenpoten-
ist seither in all ihren Facetten zum be-
tial zulässt, als dies im Feld der Ökonomie stattfindet, wie sie
herrschenden Thema der politischen und
heute im Anklang an die Industrialisierung definiert ist.
wissenschaftlichen Diskussion geworden.
Nicht Alternativen zum Markt sind gesucht, sondern Alterna-
Im gegenwärtigen Übergang zu einer
tiven im Markt. Nicht die Kostenoptimierung, sondern das
Dienstleistungsgesellschaft zeigen sich
Aktivieren neuer Ideen, Sichtweisen und Spielregeln. Das
nun jedoch deutliche Strukturverschie-
Wirtschaftsleben ist etwas viel zu Wichtiges, als dass wir es
bungen: Gerade kleine Unternehmen, die
den Ökonomen überlassen sollten. Für eine Kultur des vom
nicht so sehr von grossen Kapitalien le-
künstlerischen Arbeiten beeinf lussten Wirtschaftens braucht
ben als von einer Anpassungsfähigkeit
es einen Typ von Unternehmer, der, sei es als Wissenschaftler,
und neuen Ideen, spielen eine erfolg-
als Künstler, als sozial engagierter Mensch, die Denkweisen
reiche Rolle im heutigen Marktgesche-
und Möglichkeiten seines Gebietes einbringt in Ideen zur Ver-
hen. Die erfolgversprechenden Regeln
besserung der Lebensqualität, für sinnvolle Dienstleistungen
sind für kleine Unternehmen – oftmals
oder das bessere und haltbarere Produkt. Markt als Markt-
Dienstleistungsunternehmen – zu einem
platz der Ideen. Wir brauchen Unternehmer, die nicht ständig
guten Teil andere als für die industriel-
nur bestehende Bedürfnisse variieren, sondern auf vorhande-
le Produktion. In wettbewerbsintensiven
ne Probleme mit sozialer, ökonomischer, aber auch künstleri-
Märkten sind die Nischen für attraktive
scher Phantasie antworten – Unternehmer, die das Wirtschaf-
Pioniergewinne eng. Unkonventionelle
ten als schöpferische Tätigkeit ansehen.
The artistic and the economical – a bewildering combination? Business initiatives should reach into realms that have so far been secluded from economical interests. The citoyen as entrepreneur and artist who regains social, emotional and intellectual qualities, and who provides for himself and for others the possibility of meaningful and sensible activity. An open culture of entrepreneurship, characterized by a combination of the economical principles of rationality and efficiency merged with artistic creativity, interactional intelligence and economical wit, creatively reshaping our Lebenswelt.
Vorgehensweisen, schnelles Reagieren am Markt, sowie die Lernfähigkeit des Ma-
Das Unternehmerische am Interaktionsleiter
nagements wie des Unternehmens selbst
Der Unternehmer in einem solchen Sinn hat viel mit dem In-
nehmen mindestens den gleichen Stellen-
teraktionsleiter gemeinsam: Es geht um die kreative Tätig-
wert ein wie Kapital oder Grösse. Funkti-
keit, transformativ in kulturelles Geschehen einzugreifen,
on statt Konvention – nicht den Konven-
und die richtige Idee, die Vision, das überzeugende Konzept
tionen folgen und sie variieren, sondern
zur Mitgestaltung unserer Lebenswelt zu entwickeln. Das
die Funktion verstehen und ihre gesellschaftliche Verände-
verlangt Inspiration, Intuition und Einfühlungsvermögen in
rung wahrnehmen. Neue Sichtweisen eröffnen und Alternati-
soziale und gesellschaftliche Zusammenhänge, es verlangt
ven sinnlich erfahrbar machen. Das ist der Stoff, aus dem die
aber auch ganz persönliches Involvement: Eine Idee muss,
7
8
um schon initial erfolgreich zu sein, nicht nur zum Markt
onen, das Beschäftigungssystem stellte die Arbeitsplätze be-
passen, sondern auch zum Unternehmer – zu seiner Person.
reit. In den letzten Jahren ist deutlich geworden, dass diese
Die Ausrichtung und das Einpassen in einen Markt ist Thema
historische Arbeitsteilung nicht mehr funktioniert. In dieser
der Produktpositionierung, die genau gleich wie Interaktions-
Situation werden an das Bildungssystem zunehmend Forde-
leitung kreativ und transformativ verstanden werden sollte.
rungen gestellt, auf das entstandene Funktionsdefizit des
Unternehmer sind wie Interaktionsleiter um die Attraktivität
Beschäftigungssystems zu reagieren. Es genügt nicht mehr,
intendierter Transformationen und deren handwerklich opti-
Qualifikationen für bereits existierende Arbeitsplätze aus-
mierte Umsetzungen bekümmert. Wenn es darum geht, in der
zubilden. Es scheint unabdingbar, dass das Bildungssystem
unternehmerischen Tätigkeit etwas Schöpferisches zu sehen,
sich auch zur Aufgabe macht, solche Fähigkeiten zu entwik-
dann geht es auch darum, die eigene Berufung zu finden. Es
keln, die neue unternehmerische Ideen hervorbringen und
geht um Einfühlungsvermögen für neue Trends, um den Blick
über Unternehmensgründungen zusätzliche Arbeitsplätze
auf fernere Horizonte. Dafür, und um den Mut zum vorbereite-
schaffen.
ten Auf bruch zu schöpfen, braucht man Musse, Ruhe und Ver-
does not prepare young graduates for self-employment and
gnügtheit, kindliche Begeisterung und die Offenheit für das
business entrepreneurship. It encourages the students to fol-
Neue, noch Unerprobte.
low the tradition of job-seeking. , meint I. Patil, Director of the
„The weakness of our education system is that it “
Institute of Management Studies, Bombay University. Bildung in einer offeneren Kultur des Unternehmerischen Entscheidend sei, sagt der Wirtschaftsethiker Peter Ulrich
Es ist dies ein Bereich, in dem das Bildungssystem durchaus
( 1997 ), dass wir wieder lernen, Wirtschaften als kulturelle
nicht auf unbekanntem Terrain arbeiten müsste. Die spezifi-
Aktivität zu verstehen. Heute sind in England bereits eine
schen Fähigkeiten von Menschen zu erkennen und zu fördern,
dreiviertel Million Menschen im kulturellen Sektor beschäf-
Eigenheiten zu verstehen und zu akzeptieren, sind eigentlich
tigt – fast doppelt so viele wie in der Autoindustrie. Zwei von
von jeher Anliegen der Pädagogik. Immer dort, wo es um
drei ausländischen Touristen in Grossbritannien nennen kul-
Wissen geht, um Freiräume, um Ideenfindung, hat das Bil-
turelle Anlässe als Grund ihres Besuchs. Der British Council
dungssystem grundsätzlich Vorteile gegenüber dem Beschäf-
schätzt die Exporterlöse aus diesem Bereich auf etwa
tigungssystem. Vor allem gegenüber dem Alltag des Beschäf-
10 Mrd. £; expandierende Unternehmen befinden sich heu-
tigungssystems, seiner Betriebsblindheit, seinem Zeitdruck.
te vor allem im Bereich der Kommunikation, des Entertain-
Der Universität stehen enorme Möglichkeiten der Ideenpro-
ments, der Bildung und der Freizeit. Diese Bereiche sind auch
duktion offen. Es können Potentiale freigesetzt werden an
weltweit von wachsender Bedeutung. Sie haben weit mehr mit
Theorie, an Erfahrungswissen, an praktischen Kontakten
künstlerischer oder sozialer Phantasie zu tun, als dies bei Pro-
und an Diskussionen, die so eigentlich keinem Unternehmen
dukten der industriellen Phase der Fall war. Phantasie an die
zur Verfügung stehen. Ich meine, dass die Ideenfindung und
Macht! Diesmal nicht gegen den Kapitalismus, sondern mit
die Ideenentwicklung die Bereiche sind, in dem die Bildungs-
den Mitteln des Marktes. Dazu braucht es erstaunlich wenig:
einrichtungen und allen voran die Universitäten zu Hause
Oft reicht schon die Neuanordnung von vorhandenem Wissen,
sein müssten. Wenn wir unser Verständnis von Bildung ernst
ein Gegen-den-Strich-Bürsten dieses Wissens oder die Übertra-
nehmen und uns nicht mit der faktisch zugewiesenen Rolle
gung vertrauter Ideen auf neue Anwendungsbereiche. In der
abfinden, dann ist Entrepreneurship die Chance, ein Stück
Vergangenheit waren die Aufgaben des Bildungssystems und
konkreter Utopie zu verwirklichen und in die Praxis umzu-
des Beschäftigungssystems klar voneinander abgegrenzt.
setzen. Ökonomie mit einem Stück Utopie entsteht nur selten
Dem Bildungssystem oblag die Vermittlung von Qualifikati-
im Betriebsalltag – die grossen Firmen mit alten Strukturen
9
10
wissen ein Lied davon zu singen. Neue Ideen brauchen Orte, die das offene Experiment, Spiel, Versuch ermöglichen. Unternehmerische Initiativen Das wäre vielleicht ein aussichtsreicher Entwurf: Die ökonomischen Prinzipien der Rationalität und der Effizienz gebündelt mit dem Ehrgeiz einer grossen Anstrengung, etwas Gutes, Bleibendes und Schönes in die Welt zu bringen. Ideen für eine liebenswerte, einfühlsame, schöpferische Gesellschaft zu verbinden mit den eindrucksvollen Potentialen des Wirtschaftlichen. Künstlerische Kreativität, interaktionistische Intelligenz und wirtschaftliches Geschick verbinden. Nicht Verurteilung von Profit und persönlicher Entfaltung, aber auch nicht einfallslose Ökonomie, die unsensibel ist für gewachsene Wertsysteme und Geborgenheit. Sondern eine neue, offenere Kultur des Unternehmerischen, die in Einklang mit den Werten der Gesellschaft und den Bedürfnissen der Menschen Höchstleistungen hervorbringt und dafür Anerkennung vergeben kann. Gefragt sind unternehmerische Initiativen in bisher unerschlossenen Bereichen – der Citoyen als Unternehmer und Künstler, der verlorengegangene soziale, emotionale und intellektuelle Qualitäten zurückgewinnt, sich und anderen sinnstiftende Tätigkeiten ermöglicht: Die ideenreiche Umgestaltung unserer Lebensgrundlagen durch eine offenere und reiche Kultur des Unternehmerischen.
Dr. Günter Faltin, Professor für Wirtschaftspädagogik an der Freien Universität Berlin, gründete mit der „Teekampagne“ selbst ein erfolgreiches Unternehmen und rief die Stiftung für Entrepreneurship ins Leben. www.entrepreneurship.de. Literaturangaben Ulrich, Peter. „Integrative Wirtschaftsethik“. Bern. 1997.
Mischa Schaub
HyperWerk FHBB und das Vorhaben rtrp
13
14
Die Thematik von HyperWerk
gelernt hatten, unsere Segel nach dem technologischen Wind
HyperWerk ist eine Abteilung der Fachhochschule beider
zu richten, weinten wir dem verschwundenen Markt nicht
Basel ( FHBB ), und bietet einen interdisziplinären Studien-
nach. Vielmehr machten wir uns mit der Gründung von
gang an, der sich auf Interaktionsleitung spezialisiert hat.
HyperWerk eben diese Veränderungen zum Forschungsinhalt
Darunter wird die Fähigkeit verstanden, als LeiterIn von
und beschäftigen uns nun in der angenehmen Rolle als Scout
Interaktionsprozessen im Kontext des
im Hochschulbereich mit der Frage, wie man gesellschaftli-
gesellschaftlich-technologischen Wandels
che Transformationsprozesse konstruktiv begleiten kann.
HyperWerk belongs to the University of Applied Sciences Basel ( FHBB ) and offers a course of studies which focuses on the design and organization of interactive processes. HyperWerk conceives the continuing societal and technological transformations as a chance. Our ideas and hypotheses regarding postindustrial strategies, for example, are currently explored in a real life laboratory – in a small French town, which has been abandoned by its longterm industry.
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einzugreifen. HyperWerk vermittelt die Kunst der Prozessgestaltung und befä-
Ob sich diese Strategie im grösseren Massstab anwenden
higt zur Steuerung der mit der post-
lässt, wird unser bisher grösstes Vorhaben „Salm2“ erweisen.
industriellen Transformationsarbeit ver-
Dessen Frage lautet, ob eine Mischung aus naturnahem Tou-
bundenen Dynamik.
rismus, postindustrieller Ruhe und einer klösterlichen Bildungsumgebung ausreichend attraktiv sein kann, um die
Das Konzept der Interaktionsleitung
von ihrer Industrie verlassene französische Textilstadt Seno-
Die Interaktionsleitung soll dazu führen,
nes als Prototyp für Tausende vergleich-
dass die aktuelle Dynamik der gesell-
bar verzweifelter EU-Städtchen vermark-
schaftlichen Veränderungsgeschehen als
ten zu lassen. Werden wir es schaffen,
Chance verstanden und genutzt werden
diese Stadt zum Realitätslabor, zum
kann. Dazu müssen Interaktionsleiter-
eigenständigen Forschungsgegenstand
Innen technologische, gestalterische und
und gleichzeitig als Beratungsverspre-
ökonomische Aspekte verstehen, berück-
chen auszubauen? Lässt sich die existen-
sichtigen und kreativ in eigene Vorschlä-
zielle Krise einer Stadtgemeinschaft zur
ge überführen können. Hier setzt die Über-
Laborsituation für den Auf bruch in das
zeugungsarbeit der Interaktionsleitung
postindustrielle Potenzial umnutzen?
ein, denn der gefundene Lösungsansatz soll ja auch vermittelt, finanziert und rea-
Interaktion als Prozess
lisiert werden. Eine abschliessende Analyse ermöglicht die
Unsere AbsolventInnen sollen mit ihren
Auseinandersetzung mit den Fragen der gesellschaftlichen
Diplomarbeiten nachweisen, dass sie be-
Gestalt im technologisch-ökonomischen Kontext.
weglich auf dynamische Rahmenbedingungen zu reagieren verstehen, ohne die
The more concretely students of HyperWerk interfere within the worldly course of events, the more important it becomes to ask about the reliability of their recipes, and also about the legitimacy of their actions. Within the scope of this congress, HyperWerk wants to approach a theoretical foundation for the management of interactive processes.
Vorgeschichte( n )
grundlegende Ausrichtung ihres Vorhabens aus den Augen
Die zwölfjährige Entwicklung der Medienagentur Hyper-
zu verlieren. Die Kunst der Interaktionsleitung besteht darin,
Studio, der späteren Gründerin von HyperWerk, lässt sich als
eine Situation immer wieder auf neue Gegebenheiten hin ab-
typische Fallgeschichte eines Unternehmens im postindus-
zufragen und darauf zu reagieren. Solch eine interagierende
triellen Übergang lesen. Nach einer fünfjährigen Erfolgsge-
Vorgehensweise unterscheidet sich in ihrer Haltung dras-
schichte als Herstellerin von CD-ROM Lehrmitteln kam 1997
tisch von langfristig angelegten Fünfjahresplänen. Sie ist ef-
ein Einbruch im Geschäftsgang, bedingt durch die ersten Er-
fizienter, ökologischer und vor allem vergnüglicher.
folge des Internet und durch sinkende Voraussetzungen zur Herstellung interaktiver Medienprodukte. Da wir bereits
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Absicht von rtrp Je konkreter Studierende von HyperWerk in vereinzelte systemische Zusammenhänge dieser Welt einzugreifen versuchen, desto wesentlicher wird die Frage nach der Zuverlässigkeit ihrer Rezepte wie auch nach der Zulässigkeit ihrer Handlungen. Im Rahmen des Kongresses rtrp sucht HyperWerk die Annäherung an eine theoretische Grundlegung der Interaktionsleitung. Wir werden uns damit auseinandersetzen, wie vielversprechende Konstellationen und die damit With rtrp we seek to
work out a body of instruments for initiating and creatively accompanying transformation processes. Most important here is to encounter situations with acute and gentle openness, and to proceed interactively rather than in a missionary or even dictatorial manner.
einhergehenden Zeitfenster für die Transformationsarbeit dynamischer Wirkungsgefüge erkannt und bestmöglich genutzt werden können. Es fehlen Kriterien und Mittel zur prognostischen Beurteilung überlagerter Wirkungsgefüge; der Konf likt zwischen verbindlichem Planen und beweglichem Handeln bleibt ungelöst. Um in Transformationsprozesse einzugreifen und vorhandene Potenziale zur Entfaltung zu bringen, bedarf es analytischer Mittel zur Beurteilung vielschichtig angelegter Realitäten: Dynamische Verhältnisse bedürfen beweglicher Stra-
tegien. Wir möchten erfahren, was eine bewegliche Transformationsstrategie auszeichnet, und ebenfalls, unter welchen Umständen und wodurch sich eine erwünschte Eigendynamik auslösen lässt. Solchen und ähnlichen Fragen möchten wir mit Unterstützung internationaler Fachleute auf den Grund gehen. Mit rtrp will HyperWerk das Instrumentarium erarbeiten, um Transformationsprozesse zu initiieren und gestaltend zu begleiten. Dabei gilt es, nicht missionarisch, nicht diktatorisch, sondern in wacher Offenheit behutsam dem Bestehenden zu begegnen.
Verfasst vom Leitungsteam und dem studentischen HyRat von HyperWerk FHBB
Re-Imagine Education oder: Was kann einem Studiengang der Prozessgestaltung Besseres geschehen als die offizielle Aufforderung, die eigenen Spielregeln neu zu erfinden?
19
20
„In asking, What is our business? management therefore also
rung, die eigenen Spielregeln neu zu erfinden? Schliesslich
needs to add, And what will it be? What changes in the envi-
entspricht diese Aufforderung exakt unserem Credo und Leit-
ronment are already discernible that are likely to have high
motiv:
impact on the characteristics, mission, and purpose of our
sellschaft als Konstante der Arbeitswelt und macht ihn zum
business? and How do we now build these anticipations into
Inhalt der Ausbildung.
„HyperWerk begreift den Wandel in Technik und Ge“ HyperWerk-Studienbroschüre, 2001.
our theory of the business, into its objectives, strategies and HyperWerk regards the wide ranging reform of higher education in Europe brought about by the Bologna Process – leading to the modularization of the studies – as a welcome challenge: is there anything better that could happen to a course of studies focusing on the management of interactive processes than the official invitation to reinvent its own rules?
“ Peter F. Drucker.
work assignments?
1
Zwei Prämissen Die Identität von HyperWerk als ein prototypisches, sich stän-
Déja vu
dig erneuerndes Innovationsinstitut, als ein Hotpot & Think-
2003, während wir im HyperWerk erste
Tank, als ein PlaceToBe! muss nach innen und aussen einge-
Überlegungen zur Modularisierung un-
löst und vermittelt werden. Dadurch nehmen wir die Chance
seres noch so jungen Studienangebots im
wahr, faszinierende und auf eingefahrene Strukturen verun-
Zuge der Bologna-Reform anstellten, hat
sichernd wirkende Persönlichkeiten anzuziehen, dichte Alli-
Tom Peters sein Managementbuch „Re-
anzen, vernetzte Kooperationen und fruchtbare Forschungs-
Imagine“ 2 herausgebracht. Zwar haben
partnerschaften einzugehen, Geldmittel auszulösen, unseren
wir diesen Text erst gelesen, nachdem
Vorsprung im Bildungsmarkt auszubauen und unsere Unver-
wir im Leitungsteam die neue Ausbil-
wechselbarkeit zu finden.
dungsstruktur in einem intensiven, immer auch kontroversen Arbeitsprozess in
Bezüglich der Modularisierung, die von vielen als Verknap-
ihren wesentlichen Elementen entworfen
pung der Welt auf einen Wochen-Rhythmus gefürchtet wird,
hatten, sehen uns aber in unseren Ansät-
bedeutet das, die einzelnen Module als Teile einer umfassen-
zen und strategischen Überlegungen so
deren Thematik zu definieren, das Studienangebot entspre-
sehr durch Peters’ Buch bestärkt und bestätigt, dass wir es
chend zu orchestrieren und es im permanenten trial-and-er-
nicht nur allen BolognastrategInnen empfehlen wollen, son-
ror-Prozess zu realisieren. Am HyperWerk führen diese
dern uns selber auch dazu ermuntert sehen, den begonnenen
externen Auf lagen zur Rhythmisierung der Studieninhalte
Weg weiter zu verfolgen.
in Jahreszyklen, in denen übergreifend gefasste Themen bearbeitet werden. Das Studium wird also auch weiterhin im
Den begonnen Weg weiter zu verfolgen, damit meinen wir die
Herbst beginnen und im Sommer enden.
verordnete Bildungsreform auf ihre positiven, für die eigenen Zwecke nutzbaren Aspekte hin zu untersuchen und sie in
Spread the message
eine Probe auf ’s Exempel zu schicken; Bologna zu praktizie-
Ein sich ständig neu erfindender Studiengang kann die Ak-
ren, zu evaluieren und unseren Anforderungen immer weiter
zeptanz seiner Absolventinnen im eher konservativ ausge-
anzupassen, erscheint uns deshalb allemal spannender und
richteten, aus verständlichen Gründen auf Absicherung hin
intelligenter, als nur im Zuschauerbereich ausserhalb der
tendierenden Arbeitsmarkt erschweren. Deshalb erachten wir
Arena ängstlich abzuwarten, bis sich diese Reform irgendwo
eine möglichst weitreichende Öffentlichkeitsarbeit, die jedes
in der schweizerischen Bildungsadministration müde getobt
Jahr mit dem Auf bruch unserer AbsolventInnen stattfinden
hat und dann in blossen Regelwerken erschöpft. Was nämlich,
soll, als eine zentrale Aufgabe von HyperWerk.
so haben wir uns gefragt, kann einem Studiengang der Prozessgestaltung Besseres geschehen als die offizielle Aufforde-
21
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Der herkömmliche Auftritt der eher selbstgenügsamen, von
Grundlagen
den durchgestandenen Strapazen glücklich erschöpften Di-
Die Dynamik der Veränderung, die Arbeit und Leben immer
plomshow für die eigenen Verwandten eignet sich des-
schon bestimmt, wird sich in den kommenden Jahren wahr-
halb – bei aller Sympathie – nicht dazu, die für die Absolven-
scheinlich weiter beschleunigen. HyperWerk verzichtet des-
tInnen nötige und auch von uns als fördernder Institution
halb bewusst auf die institutionelle Vermittlung von Grund-
gesuchte Aufmerksamkeit zu erzeugen. Dagegen provozieren
lagenwissen, das allein einer jeweils aktuellen Situation
Kongresse, internationale Wanderausstellungen und Buchpu-
entspringt. Mit anderen Worten: Wer Programme lernen will,
blikationen grössere Aufmerksamkeit und veröffentlichen
ist im HyperWerk am falschen Ort. Die Kanonisierung gegebe-
die geleistete Erfindungsarbeit unserer AbsolventInnen nach-
ner Wissensbestände ( etwa in den Geistes- und Sozialwissen-
haltiger als die herkömmliche Diplomshow. Genau genommen
schaften, den Naturwissenschaften, aber auch in dem, was
gehört nach unserer Auffassung die Dienstleistung der Kom-
wir soziale Kompetenz und Alltagswissen nennen ) wird zu-
munikation nach aussen zum Angebot, das jedes Studium be-
dem einer kritischen Befragung und Analyse unterworfen.
reitstellen und als einen eigenen Ausbildungsaspekt gemein-
Die Workshops, die HyperWerk den Studierenden anbietet,
sam mit den Studierenden auch leisten sollte.
sind teilweise dieser Absicht gewidmet. Die Begleitung der Studierenden durch die Dozentinnen in anderen Bereichen
Der damit verbundene Anspruch und Aufwand überfordert in
des Studiums, etwa in der Projektarbeit, findet auf dieser
der Regel jedoch die einzelnen studentischen Projektgruppen
Grundlage statt.
sowohl organisatorisch als auch finanziell, weshalb HyperWerk als Institution jährlich zum Diplom eine übergreifende
Diese kritische Haltung gegenüber der Vermittlung von insti-
thematische Rahmeninszenierung veranstaltet. Gleichzeitig
tutionalisiertem Grundlagenwissen bedeutet aber nicht f lä-
erscheint eine Publikation, in der die Projektarbeiten im the-
chendeckende Brandrodung – weder auf dem Feld des vor-
matischen Kontext positioniert und auch von Aussenstehen-
handenen Wissens oder der handwerklichen Fähigkeiten
den in ihrem Anspruch und in ihrer weiter reichenden Konse-
noch auf dem Feld der von Studierenden und Dozierenden
quenz eingeordnet werden können. Solch ein Bezugsrahmen
mitgebrachten Kompetenzen. Die Befähigung zur unvorein-
hilft dem einzelnen Vorhaben, sich klarer im gesamten Spek-
genommenen Auseinandersetzung mit neuen Gegebenheiten
trum aktueller und übergeordneter Fragestellungen zu posi-
erfordert jedoch auch die Bereitschaft, das bisher Gewusste
tionieren, und er hilft auch, die Vorteile der Arbeitsteilung zu
fundamental in Frage zu stellen. Wenn das Studium am Hyper-
nutzen.
Werk mit dem Begriff der „Interaktionsleitung“ und damit der „Prozessgestaltung“ verbunden ist, dann bedeutet das vor al-
Ein erster Einigungsprozess zum Inhalt der jeweils anste-
lem, das uns zugängliche Wissen, die mitgebrachte Lebenser-
henden Jahresthematik findet im Leitungsteam statt und
fahrung, zu prüfen und auf die neu zu gestaltende Informati-
wird bereits am Ende des zweiten Studienjahres mit den zu-
onsgesellschaft hin zu orientieren. Die so entstehenden
künftigen DiplomandInnen diskutiert. Dieses Zeitraster wur-
Entwürfe, Aktionen und Prototypen verknüpfen Tradition
de entwickelt, um die organisatorische und intellektuelle De-
und Antizipation.
finition der übergreifenden Fragestellung vor Eintritt in das Diplomjahr für alle Beteiligten zu ermöglichen und die jeweils
Die technologischen Kenntnisse, die dazu erworben werden
individuelle Diplomarbeit darauf hin zu positionieren.
müssen, werden themenorientiert erworben. HyperWerk fördert jedoch vor allem die autodidaktische Aneignung technologischer Fertigkeiten, die dem jeweils letzten Wissensstand
23
24
angepasst sind. Die Qualitätssicherung der eigenen For-
notwendigen gesellschaf tlichen und organisatorischen Ab-
schungsarbeit erfolgt durch externe Coaches und durch die
segnungs- und Finanzierungsrahmen zu geben. Das – alters-
Positionierung der einzelnen Ansätze im Spektrum verwand-
bedingt – umfangreichere Vorwissen, über das wir gegenüber
ter Recherchen.
den meist jüngeren Studierenden verfügen, wird so aus seinem hierarchisierten Bedeutungsraster, das auch Unbeweg-
Das Studium am HyperWerk ist projektorientiert. Die Work-
lichkeit und Voreingenommenheit mit sich bringt, freigesetzt
shops sind dabei als Ausgangspunkt und geführter Einstieg,
und im Kontext unserer stets neuen Fragestellungen den
als ref lektierende Begleitung oder als Erweiterung vorhan-
Ideen, dem Erfahrungshorizont und den Ansprüchen der
dener Kenntnisse konzipiert, in denen neue Themengebiete
Studierenden an ihre Arbeit zur Seite gestellt.
geöffnet, unbekannte Lösungsansätze vorgestellt und alternative Sichtweisen vermittelt werden. Die weiterführende, ver-
Wir verstehen den interdisziplinären Erfahrungsmix als un-
tiefende Auseinandersetzung mit den Workshopinhalten ge-
sere Stärke und sind deshalb daran interessiert, unterschied-
schieht in der Projektarbeit. Um die Kontinuität zwischen
lichste Berufsbiografien im HyperWerk zusammenzubringen.
anregender Vermittlung und praxisorientierter Übersetzung
Dabei beziehen wir uns nicht nur auf die Vielfalt beruf licher
zu ermöglichen, soll die Themenwahl der Workshops mög-
Disziplinen, sondern auch auf die Vielfalt kultureller und
lichst den offenen und brennenden Fragen im jeweiligen Pro-
sprachlicher Räume, auf Geschlechterrollen und Erfahrungs-
jektkontext entsprechen. Durch die Einführung eines Jah-
tiefen, die sich zu neuen, komplexen Fragestellungen ergän-
reszyklus wird die Verortung und Vernetzung der einzelnen
zen und verdichten können. Die bewusste Pf lege solcher
Wissensschwerpunkte gefördert – sie werden just-in-time er-
Vielfalt bringt die Rücksichtsnahme auf unterschiedliche
fahrbar.
Lernkulturen mit sich, die wir in diesem Studium versammeln wollen. Im Vordergrund steht dabei nicht das multikul-
Autopoiesis
turelle Ornament, ein gut gemeintes Nebeneinander, sondern
Die Ausbildungsziele, die der Studiengang HyperWerk ver-
die Hybridisierung, die Verf lechtung zu neuen Formen der
folgt, beziehen sich auf solche Fähigkeiten, durch welche eige-
Prozessgestaltung und der Projektentwicklung, die ihrerseits
ne, institutionell und strukturell unabhängige Lösungsan-
neue Formen und neue Wege der Gestaltung im Kontext der
sätze entfaltet werden können. Überkommene Strukturen, so
gesellschaftlichen Veränderung hervorbringen und zur Dis-
unsere Erfahrung und Überzeugung, können nicht aus sich
kussion stellen kann.
selbst heraus wirklich erneuert werden. Konzept und Praxis des partnerschaftlichen Umgangs zwiDamit stellen wir auch die Unterscheidung von Dozierenden
schen Dozierenden und Studierenden entspringt also keinem
und Studierenden in Frage. Was uns dabei antreibt, ist, dass
modischen, der Verantwortung sich entziehenden „come to-
diese Unterscheidung allzu oft mit der Definition und Institu-
gether“, sondern dem Modell kommunizierender Teile in ei-
tionalisierung von „Wissenden“ und „Unwissenden“ einher-
nem offenen, sich selbst organisierenden Ganzen. Diese Form
geht. Als Dozierende können wir unsere Erfahrungen nur
der kooperativen – und in diesem Sinne teamorientierten –
zum Tragen bringen, wenn wir sie als die Form unserer je ei-
Arbeit, in der sich unterschiedliche Erfahrungshorizonte
genen, je individuellen Prägung begreifen. Unsere Rolle be-
überhaupt erst entfalten und verbinden können, ist seit Be-
steht damit in erster Linie darin, zwar andere, nicht aber
ginn eine der wesentlichen Arbeitsgrundlagen von Hyper-
„richtigere“ Erfahrungen einzubringen. Zu dieser Rolle als
Werk und bildet sich auch im dichten Netzwerk der jahrgangs-
„Ermöglicher“ gehört auch, der Institution HyperWerk den
übergreifend angelegten studentischen Projektteams ab.
25
26
27
Kontinuität und Modularisierung Die Modularisierung darf nicht im Widerspruch zu den prozessorientierten Bildungsqualitäten der Kontinuität und der Kontextualität stehen. Wir wollen die modulare Struktur also nicht zur Auf lösung von Inhalten, nicht zur Atomisierung übergreifender Themen einsetzen, sondern vielmehr als eine Strukturierungshilfe interpretieren, als sich ergänzende Wegabschnitte, als Meilensteine eines Lösungsweges. Das Studienjahr soll deshalb in unserer gegenwärtigen Planung aus sieben Modulen bestehen. Diese Modulsequenz setzt sich zusammen aus Analysis, Management, Interaction, Design, Solution, Assembly und Diffusion und folgt damit den Abschnitten eines ideal konzipierten Lösungswegs. Jedes der sieben Module stellt einen in sich tragfähigen, abgerundeten Bildungsprozess dar. Eröffnet werden die Module mit einer öffentlichen Veranstaltung zur jeweiligen Thematik. Anschliessend entscheiden sich alle Teilnehmerinnen ihrem individuellen Bedarf und Leistungsniveau entsprechend für ihre jeweilige Rolle innerhalb des zur Diskussion stehenden Modulgeschehens, wobei sie vom Lehrkörper begleitet werden. Zum Abschluss des Moduls werden die vorliegenden Resultate in einer öffentlichen Veranstaltung vorgestellt und ref lektiert. Die organische Verbindung eines Modulendes mit dem direkt anschliessenden Start des neuen Moduls wird jeweils im Rahmen einer ebenso öffentlichen Veranstaltungswoche ref lektiert und realisiert. Insgesamt werden also jährlich sechs solcher Ref lektions- und Übergangswochen durchanalyze! manage! interact!
geführt, die als Einstiegs- und Ausstiegspunkt dienen und
design!
solve!
assemble! diffuse!
zur Anwerbung von Studierenden und Dozierenden genutzt
Diffusion
2
2
2
2
2
2
12
werden können.
Assembly
2
2
2
2
2
12
2
Solution
2
2
2
2
12
2
2
Design
2
2
2
12
2
2
2
Interaction
2
2
12
2
2
2
2
Die Modularisierung ermöglicht es, während des Studiums
Management
2
12
2
2
2
2
2
auch andere, neue Luft zu atmen. Diese für alle Beteiligten,
Analysis
12
2
2
2
2
2
2
Reisen bildet und Gäste sind willkommen
auch für die Dozierenden, kostbare Möglichkeit unterstützen wir auf allen Ebenen. Wir sehen eine Bereicherung darin, wenn in Zukunft auch externe Einf lüsse stärker noch als bis-
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her die Entwicklung unseres Studiums mitgestalten. Auch
„Management is thus what tradition used to call a liberal
aus diesem Grund vermitteln wir den Kontext des jeweils
art – „liberal“ because it deals with the fundamentals of know-
aktuellen Moduls in der oben beschriebenen Rahmenveran-
ledge, self-knowledge, wisdom, and leadership; „art“ because it
staltung, und dokumentieren diese Prozesse permanent im
is also concerned with practice and application. Managers
Internet.
draw on all of the knowledges and insights of the humanities and the social sciences – on psychology and philosophy, on
Die Jahresthemen werden durch eine Vielzahl unterschied-
economics and history, on the knowledge of effectiveness and
lich skalierter Projekte bearbeitet. Dabei kann es sich um ein-
results – on healing a sick patient, teaching a student, build-
tägige, geführte Workshop-Experimente handeln oder auch
ing a bridge, designing and selling a „user-friendly“ software
um Grossprojekte, welche meist von den Studierenden des Ab-
program.
schlussjahres über ein ganzes Jahr hinweg betrieben werden. Da diese Projekte mit dem Studienangebot im gesamten
For these reasons, management will increasingly be the dis-
Jahresverlauf synchronisiert werden, können sich ihre Re-
cipline and the practice through which the „humanities“ will
sultate gegenseitig optimal beeinf lussen und bereichern. Die
again acquire recognition, impact and relevance.
Workshops sind so im Kontext der jeweiligen übergreifenden
Peter F. Drucker. 3
“
Jahresthemen angesiedelt. Ein Technologieworkshop kann beispielsweise an den Bedürfnissen der langfristig angelegten Projektarbeiten orientiert werden. So stehen den ProjektleiterInnen zudem qualifizierte Studierende und Dozierende als MitarbeiterInnen zur Verfügung. Challenge & Results Aus innerer und äusserer Notwendigkeit heraus setzt sich die Studienleitung gemeinsam mit den Studierenden verunsichernden Fragestellungen aus. Wir wollen den Studierenden in ihrer dreijährigen Ausbildung am HyperWerk die Teilnahme an drei Bildungsabenteuern ermöglichen. Die Ziele sollen jeweils hoch gesteckt sein, wobei die Lösungswege noch ungewiss sein können. Wir suchen damit bewusst einen unternehmerischen Grenzgang, in dem und an dem wir ruhig scheitern dürfen, solange unser Scheitern zu neuen, verbesserten Lösungswegen genutzt wird. Dieser Anspruch auf methodische Offenheit und thematische Relevanz steht nicht zur Disposition, denn HyperWerk wirkt weniger als Lebensversicherung denn als Verunsicherungslabor und Experimentalraum.
1 Peter F. Drucker. „The Essential Drucker“. HarperCollins Publisher,
Es gehört dabei zur unternehmerischen Grundausstattung
New York 2003. (S. 26). 2 Tom Peters. „Re-imagine! Business Excellence in a Disruptive Age“.
von HyperWerk, den praktischen Umgang mit Risiken und offenen Fragen zu erfahren und darüber entwerferisches
Dorling Kindersley Limited, London 2003. 3 Peter F. Drucker. „The Essential Drucker“. HarperCollins Publisher,
Denken und innovatives Handeln zu entwickeln.
New York 2003. (S. 13).
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Mischa Schaub
Eleganz behutsamer Transformation
31
32
Kann man in’s ablaufende Geschehen der Welt vernünftig ein-
übertragbare Erkenntnisse gewinnen lassen. Haltungen las-
greifen, und wenn ja: Wie? ( diese Frage stelle ich mir in mei-
sen sich nicht in Form simpler Checklisten kopieren, denn sie
nen seltenen, selbstkritischen Momen-
wollen immer wieder situativ erfahren und überprüft werden.
ten ); macht man das nicht sowieso und
Haltungen sind so viel eher als Metarezepte begreif bar, die in
ständig, einfach bereits dadurch, dass
der Anwendung kreativ interpretiert werden müssen. Als
man lebt? Denn schliesslich bef inden
würde ein Meisterkoch beschreiben, wie er sich einem unbe-
sich weder die Eingreifende noch der
kannten Gemüse annähert; das kann man zwar nachlesen,
Beobachter ausserhalb der Welt, man be-
doch muss man das Gelesene bei der eigenen Konfrontation
tritt keine fremde Bühne, sondern richtet
damit selbst aktiv ausleben. Die in einem Studiengang der
sich selbst auf und in ihr ein, als Schau-
Prozessgestaltung vermittelbare Essenz findet sich in der ge-
spieler, Requisit und Zuschauer zugleich.
führten Erfahrung eines solchen Lösungsverhaltens.
Our stance in this world is never in an outside position – neither as a participator nor as an observer. There are no foreign stages for us to enter, we all inhabit a common space and accommodate ourselves in different roles: as an actor, a spectator or a requisite – all at the same time, in our complex interrelations among each other. In our engagement with the lively happenings of this world, the question is how to participate actively and self-confidently in the proper momentum and the complexly organized logic which guide the course of events. This means to account for our own potentials as well as for those of others, to dialogically elaborate our goals, to observe the technological development prognostically, as well
Die von HyperWerk ausgebildeten InteraktionsleiterInnen geben bewusst keine
Einsatz der Mittel
Antworten und Lösungsversprechen ab,
Erst eine Verhältnismässigkeit zwischen externen Eingriffs-
sondern sie beschränken sich darauf, im
mitteln und der damit ausgelösten Eigendynamik dürfte den
geeigneten Moment die überzeugende
langfristigen Erfolg bewirken. Transfor-
Idee auf kommen zu lassen. Dies kann
mationsarbeit kann nicht aufgezwungen,
durchaus durch die Entwicklung und
sondern nur als gemeinsames Vorhaben
Vorlage anregender Konzepte geschehen,
aller Beteiligten geleistet werden. Am
sollte jedoch möglichst die zu beratenden
Nichtbeachten dieser Spielregel scheitern
Partner im Ideenentwicklungsprozess in-
viele gesellschaftliche Entwicklungsvor-
volvieren. Wesentlich dabei ist das glaub-
haben; indem sie dem zu fördernden Ge-
würdige Versprechen einer langfristig
genüber nicht wirklich vertrauen, verun-
ausgerichteten Partnerschaft, aus welcher
möglichen sie die Entwicklung seines ihm
sich die Interaktionsleitung nicht belei-
innewohnenden Potenzials. Eine behut-
digt zurückziehen wird, sobald die Ent-
same Förderung sollte idealerweise als
wicklung eine unvorhergesehene Rich-
„Seed Money“ verstanden werden und zur
tung einschlägt. Es geht nicht darum,
Auslösung einer Eigendynamik dienen. Immer sollte dabei
imperial den Lauf der Welt zu bestimmen,
das aggressive Moment jedes noch so gut gemeinten, grosszü-
sondern selbstbewusst daran zu partizi-
gigen Geschenks dem Schenker bewusst bleiben; als externe
pieren.
Kraft droht es, die zarten Strukturen zu zerstören, die sich
The exemplary projects that are presented in our congress will reveal how much courage it needs to approach a situation interactively, to design and structure processes open and dialogically, while nevertheless acting in a strategical and goal oriented way.
praktisch in jeder gesellschaftlichen Situation bilden. Vom Lernbaren Eine der Thesen hinter rtrp lautet, dass
Eingriff versus Eigenlogik und Eigendynamik
sich die praktischen Erfahrungen der
Jeder Eingriff in ein Geschehen sollte die Bandbreite an Ent-
projektorientierten Interaktionsleitung
wicklungsdynamik ref lektieren, die der Eigenlogik der vorge-
kaum als explizit formuliertes Regelwerk
fundenen Situation optimal entsprechen kann. Eine kenn-
erfassen lassen dürften. Auf der höheren Ebene der Haltung,
zeichnende Qualität nachhaltig wirksamer Eingriffe findet
nicht der Tat, sollten sich jedoch langfristig nutzbare und
sich in ihrer Sorge um die eigene Behutsamkeit. Solch ein eher
as to cultivate a susceptibility to the uniqueness of any situation.
33
34
organischer Ansatz steht diametral dem Druck der Politik
immer wieder eine Neuausrichtung stattfinden kann. Die
entgegen, sich durch rasch greifende, markige Massnahmen
Leistung der Interaktionsleitung besteht darin, diese Prozes-
kurz vor und nach den Wahlen beweisen zu müssen. So habe
se auszulösen und ihre Dynamik begleitend mitzugestalten.
ich beispielsweise schon Führungskräfte eines staatlich geförderten Medieninstituts erlebt, die verzweifelt waren, weil
Technologische Aspekte: Gegenwärtig lösen sich die Generati-
sie in höchstens fünf Jahren den ganzen Finanzierungsrah-
onen vieler Technologien sehr kurzfristig ab, was auch der
men ausschöpfen sollten. Gemeinsam sassen wir mit viel Kaf-
zeitlichen Planung vieler Unternehmen entspricht; eine län-
fee am Tisch und haben uns überlegt, wie man denn das gute
gerfristige Ausrichtung erweist sich als so wünschbar wie zu-
Geld schützen könne vor der hilf losen Förderwut, was sich in
meist unbezahlbar, denn das Return on Investment kann
der kurzlebigen High-Tech Welt als unmöglich erwies. Da half
nicht warten. Um als Standort zur Ansiedlung von innovati-
das zur Vorsicht mahnende Bewusstsein wenig, dass die wirk-
ven Unternehmen attraktiv zu wirken, sollte die gesellschaft-
liche Krise sowieso erst nach der Anfangseuphorie kommt,
liche Rahmeninszenierung eines regionalen Auf bruchs je-
und folgerichtig konnte dieses Institut dann die nächste Kri-
doch weiter in die technologische Zukunft greifen. Die
se nicht überstehen.
Perspektive auf den Entwicklungshorizont muss langfristig ausgerichtet sein, um auf Dauer glaubwürdige Rahmenbedin-
Gesellschaft im Kontext der Technologie
gungen für die Ansiedlung von Unternehmen zu schaffen,
Als durchgängige Grundlage unserer Eingriffe gehen wir
welche fähig und bereit sind, den frischen Wind aufzunehmen
vom technologischen Geschehen als der ausschlaggebenden
und damit ihre Segel zu füllen. Unsere Interpretation der
Triebkraft gesellschaftlicher Entwicklung aus. Technologie
postindustriellen Situation beinhaltet also nicht, dass Unter-
ändert nicht nur ihre eigenen Gerätschaften, sondern auch
nehmen nichts mehr zu bieten hätten, sondern dass sie sich
die meisten Formen der Zusammenarbeit und der Marktbe-
neu verstehen und vermarkten sollten. Das hochpreisige Eu-
dürfnisse. Daraus schliessen wir, dass erst auf der Basis ver-
ropa ist ein denkbar schlechtes Pf laster geworden sowohl für
lässlicher Mittel zur Antizipation kommender Techniktrends
die simple Massenproduktion wie auch für die Entwicklung
steuernd eingegriffen werden sollte. Die Frage lautet also,
grundlegender Technologien im Digitalbereich; hier wirkt
durch welche analytischen Mittel unser Erkennungsvermö-
gegenwärtig nur noch die Hoffnung auf eine bewegliche
gen technologischer Trends gesteigert werden kann, um auf
Nischenproduktion mit einem hohen Dienstleistungsanteil
dieser Basis auf mittel- und langfristige Entwicklungen zu
besonders vielversprechend.
setzen und entsprechend zu handeln, solange die damit einhergehenden Claims noch beansprucht werden können?
Abwägung eigener und fremder Potenziale Wie kann sich Europa im Kontext der Globalisierung auf sei-
Vorwärts mit Entenschrittlein
ne Stärken besinnen? Was sind die kennzeichnenden Trumpf-
Der gesellschaftliche Transformationsprozess liesse sich als
karten unserer europäischen Situation, und inwiefern lassen
Vektor mit Anfang und Zielrichtung beschreiben. Doch dieses
sie sich positiv von denjenigen der asiatischen und amerika-
Bild ist arg vereinfachend, denn solch ein Prozess verläuft
nischen Konkurrenz abgrenzen? Wie können wir vermeiden,
nicht linear, sondern entspricht eher einer fraktal aufgebau-
bloss hilf los das globale Ideal einer Mischung von High-Tech
ten Kurve, die sich erst aus vielen Abweichungen von einer
verbunden mit günstigen Lohnkosten zu imitieren? Lassen
idealisierten Geraden ergibt. Das kann dann wie ein Klapp-
sich beispielsweise unsere Erfahrungen aus der postindustri-
meter aus beweglich aneinander hängenden Gliedern daher-
ellen Situation und aus unserer zweihundertjährigen Indus-
kommen, wo über die Projektmeilensteine als Drehpunkte
triegeschichte als Beratungsleistung innovativ vermarkten?
35
36
Wie schaffen wir es, die eigene Geschichte als Kraft zu verste-
tionsleiter auf eine spezifische Situation einlassen zu können?
hen, die wir als Hintergrund unserer Strategien und Empfeh-
Dürfte in dieser Hinsicht hier eine Parallele zum psychoana-
lungen nutzen könnten?
lytischen Erstinterview zu finden sein?
Lässt sich die Erfahrung der Schweiz, wo seit Jahrzehnten die
Die Entwicklung von Zielen im Dialog
Nachbarschaft von vier Sprachräumen als kennzeichnende
Nur allzu leicht erliegt man als Interaktionsleiter der Ambi-
Qualität verstanden wird, eventuell auf ihr europäisches Um-
valenz der Erwartungen: Das Ziel sollte klar und trotzdem
feld übertragen? Findet sich darin nicht eine zumindest par-
verschiebbar, mutierbar definiert sein. Denn festschreibende
tielle Erklärung für den Erfolg der Schweiz als verständnis-
und unf lexible Zielsetzungen würden die Offenheit einer lo-
volle und interkulturell glaubwürdige Vermittlerin wie auch
kalen gesellschaftlichen Entwicklung abschliessen. Die Inter-
als Dienstleistungsgesellschaft?
aktionsleiterin versucht, den offenen Prozess zu begleiten, ohne ihn durch eine feststehende Zielsetzung abzuwürgen.
Fragen an die grossen Versprechen
Hilfreich ist dabei das Vorhandensein einer offen formulier-
Wie offen muss, darf eine verführerische Grundidee sein? Wo-
ten Fertigstellungsgarantie: Was immer auch an Entwicklun-
durch zeichnet sie sich aus? Reichen ihre prinzipielle Einlös-
gen kommen wird, man wird deshalb nicht auf halber Weg-
barkeit und ihre radikale Verweigerung gegenüber einer stu-
strecke auf hören. Man begleitet das Geschehen gemeinsam,
ren Durchsetzungsmentalität aus? Wie lassen sich mittels
bis die Situation ihre befreiende Eigendynamik erreicht. In
einer Einteilung in Projektphasen überprüf bare Wegmarkie-
solch offenem, aktiv gelebtem Prozessverhalten findet sich
rungen setzen, die als Massstab für den nächsten Wegab-
das beste Versprechen, das zum öffentlich getragenen Enga-
schnitt dienen können? Steckt eine packende Grundidee ganz
gement motiviert.
einfach einen attraktiv wirkenden Entwicklungsraum ab? Wie offen angelegt und zugleich erkennbar dürfen dessen
Die Vorgehensweise der durchgängigen Interaktion, des f lies-
Konturen sein, um eigendynamisches Engagement auszulö-
senden Austauschs, hat sich bewährt. Diese begleitende Rolle
sen und zu unterstützen? Wie kann dieser Raum als offenes
der Interaktionsleitung dauert an bis zur gesuchten Emanzi-
Potenzial eingeführt werden, wie vermeidet man, dass er als
pation ihres Partners, der zu gegebener Zeit ganz von selbst
mühsame Strafarbeit verstanden wird und keimende Eigen-
das Bedürfnis empfinden wird, zu zeigen, unterdessen zur
dynamik sogar abtötet? So besteht beispielsweise die schwie-
selbständigen Handlung reif zu sein.
rigste Aufgabe im Kontext unseres Stadtentwicklungsprojekts „Salm2“ darin, solche Offenheit gegenüber der Eigenlogik
Indirekte Rollen
der gesellschaftlichen Situation trotz der verständlichen For-
Schwer hat es derjenige, der an seine Sache glaubt. Denn allzu
derungen der Politik und der Geldgeber nach einer durchge-
rasch haftet ihm der Ruch des Naiven oder zumindest von
planten Zukunft zu wahren.
sich selbst kritiklos Voreingenommenen an. Das weiss jeder Maler, der seinen Galeristen schätzt, und jede Schriftstelle-
Wie deutlich darf oder soll das von aussen Kommende die Be-
rin, die ihre Agentin schätzt. Zur Herstellung solch einer dis-
grenztheit der eigenen Mittel offenlegen? Hält das lokale Ge-
tanzierten Glaubwürdigkeit reicht oft aus, als unvoreinge-
genüber die Erkenntnis aus, dass es schlussendlich fast alles
nommener Berater aufzutreten, der etwas analysieren soll.
selbst wird leisten müssen, und kann diese Erkenntnis viel-
Dazu eignet sich beispielsweise das Instrument einer Mach-
leicht sogar befreiend wirken? Wie fördert man den Hand-
barkeitsstudie, die man zum gewünschten Thema im Auftrag
lungswillen der lokalen Prozesspartner, um sich als Interak-
einer Stiftung oder eines Verbands durchführen kann. So
37
38
kann man zwar seine subjektive Sichtweise verfolgen, ist
beobachtenswert zu sein, kann das Selbstbewusstsein einer
jedoch getragen von einer Situation, die Objektivität ver-
Gruppierung stärken und ihre Besinnung auf eigene, kenn-
spricht.
zeichnende Qualitäten fördern. Doch leicht kann man auch des Guten zuviel tun: Die arbeitslosen Jugendlichen von
Messias-Syndrom
Senones dürften etwas oft von unseren Studierenden mit Video-
Wesentlich ist das Misstrauen gegenüber der eigenen Rolle als
interviews befragt worden sein. Rasch verschiebt sich da-
einem korrekt handelnden Wesen; seltsamerweise wirken oft
durch das glaubwürdige Interesse am Gegenüber zur herr-
gerade die eigenen, persönlichen Motive undurchsichtig und
schaftlich daherkommenden Geste. Wesentlich ist dabei also
unausformuliert. Ein oft auftauchendes und belastendes Erbe
die Notation, wer wann von wem wozu bereits befragt wurde,
unseres christlichen Kulturraums findet sich in der Vorstel-
sonst fühlen sich die Interviewpartner missbraucht von einer
lung der Rettung. Besser man hütet sich vor dem gut gemein-
Maschinerie, die anscheinend gar nicht zuzuhören versteht.
ten Eingriff; er ist selten so rein, wie er sich gibt. Einzigartigkeit Werdensgeschichte
Ein Credo der Interaktionsleitung besteht in der Annahme,
Inwiefern muss sich eine Gesellschaft auf ihre Werdensge-
dass es häufig wohl unmöglich ist, Erkenntnisse von Bera-
schichte, die zur aktuellen Lage geführt hat, besinnen, um
tungssituationen zu übertragen. Erst in der Einzigartigkeit
davon wegzukommen? Bewegt sich die Gesellschaft in ver-
einer Situation ergibt sich ihr Potenzial. Ein wesentlicher Ar-
gleichbaren Verkennungen und Verzeichnungen des Selbst-
beitsschritt der Interaktionsleitung besteht in der Analyse,
bildes, wie sie dem Einzelnen geschehen können? Wiederum
ob die situative Qualität ausreichend Kraft freizusetzen ver-
ist das französische Städtchen Senones ein Musterbeispiel
mag, um vorhandene Schwächen wettzumachen. Zumeist
für solch eine Verzeichnung des Selbstbilds; oft hört man dort
wird man zum Schluss kommen, dass dies nicht der Fall sein
von den Ansässigen, wie demotiviert und schwierig die lokale
dürfte, doch daran muss man noch lange nicht verzweifeln.
Bevölkerung doch sei. Dies scheint aber, wenn man von aus-
Man sollte vielmehr die eigene Betrachtungsweise drehen
sen als Beobachter nach Senones kommt, gar nicht zuzutref-
und wenden, sie spiegeln und biegen. Und dazwischen immer
fen. Eine vergleichbare Selbstentwertung habe ich in der ehe-
wieder die Situation mit einer frischen Optik betrachten; er-
maligen DDR vorgestellt bekommen. Ist dies das Resultat
staunlich oft wird man diesen seltsamen Prozess mit einem
der Enttäuschungen, welche die unhaltbaren Versprechen
griffigen Handlungsansatz verlassen. Ich habe noch in leb-
der Staatsführung der DDR oder auch der Textilpatrons von
hafter Erinnerung, wie ich im Sommer 2002 in Senones wo-
Senones hinterlassen haben? Befreiend könnte bei solch einer
chenlang versuchte, ein umfassendes Handlungsangebot für
Kränkung wirken, wenn man sich nicht nur als geschädigtes
diese darniederliegende Kleinstadt zu skizzieren, während
Betrugsopfer, sondern auch als mitverantwortlich am Selbst-
die Politik bereits hinter vorgehaltener Hand überprüfte, ob
betrug zu verstehen vermöchte.
man sie nicht mitsamt der ganzen Talschaft in einem Stausee versinken lassen könne. Unterdessen sind erst zwei Jahre ins
Vom Eingriff der Beobachtung: Im Feld gesellschaftlicher
Land gegangen, und bereits lesen uns dieselben Politiker die
Emanzipationsarbeit lässt sich die Erkenntnis, dass die Beob-
Vorschläge vor, die wir damals formulierten, und bereits stek-
achtung das Beobachtete verändert, besonders gut aufzeigen.
ken vier der sieben damals von mir vorgeschlagenen Hand-
Doch ganz im Gegensatz zur naturwissenschaftlichen Arbeit
lungsachsen mitten in der konkreten Umsetzung.
kann dieser Effekt von der Interaktionsleitung instrumentalisiert werden. Bereits das Gefühl vermittelt zu bekommen,
39
40
Schlussfolgerung Unser Kongress rtrp wird kein analytisches Regelwerk zur optimalen Bestimmung von Handlungszeiten und Handlungsräumen entwickeln können. Durch die vielen Beispielprojekte unseres praxisnahen Kongresses werden wir erfahren, wieviel Courage es braucht, sich auf die Interaktion mit der Vergangenheit, der Gegenwart und der Zukunft eines Gegenübers offen einzulassen. Erst damit entsteht das Format, das die einzigartige Qualität einer konkreten Situation erkennt und fördert. Diese Offenheit in der Prozessgestaltung gilt es unbedingt zu wahren und auszubauen. Einzig in der dialogischen Interaktion kann sie zum Tragen und zur Entfaltung kommen.
Regine Halter, Catherine Walthard
Netzrecherchen zu SpiderWerk
43
44
„Kannte die Spinne die Zeit?“ fragt Peter Høeg in seinem Ro-
45
man „Der Plan von der Abschaffung des Dunkels“1, womit wir schon im Zentrum dieses Beitrags angekommen sind. SpiderWerk – so heisst ein internationales Langzeitprojekt, das sich mit der Vernetzung von Institutionen und Personen befasst, um daraus kooperative Arbeitsformen im Umkreis von HyperWerk zu entwickeln. Die Metapher „SpiderWerk“ signalisiert, dass es dabei nicht um ein zwar vernetztes, doch nur unbestimmtes Hier und Da und Nirgendwo geht, sondern um eine planvolle Aktivität mit lokalisierbarem Ausgangspunkt, von dem aus Netze aufgebaut und ausgebaut werden sollen.
SpiderWerk is a longterm project dealing with the networking of institutions and persons in order to develop forms of cooperation in the near and far environment of HyperWerk. We are well aware that the metaphor „SpiderWerk“
Dennoch – die Metapher hat Tücken:
„Ein Spinnennetz ist
ein Produkt, welches von Spinnen ( Araneae ) zum Fang ihrer Nahrung, den Insekten, eingesetzt wird. Um diese meist f liegenden Beutetiere fangen zu können, haben sie verschiedene Strategien entwickelt. So lauern Springspinnen am Boden auf ihre Beute und stürzen sich mit einem riesigen Sprung auf die Insekten. Krabbenspinnen leben in Blüten, in ihrer Färbung perfekt an die Blüte angepasst, und fangen so Blüten bestäubende Insekten. Die spektakulärste und effektivste Einrichtung zum Insektenfang ist jedoch unzweifelhaft der Bau der Netze, mit denen die Beute direkt aus der Luft gefan-
“
gen werden kann.
2
Die Metapher „SpiderWerk“ spiegelt nicht allein das Rollenklischee der lauernden Spinne, womit wir als aufgeklärte und autobiografisch meist sehr geübte Zoologinnen durchaus leben könnten. Sie setzt vor allem zwei Muster von Netzen gleich, die nicht identisch sind. Das Spinnennetz ist meist konzentrisch aufgebaut, vor allem aber ist sein Zweck das Beutemachen. Das „Netz der Netze“, das world wide web, hat diese Eigenschaften nicht. Seine Form folgt der Verknüpfung ohne Zentrum. Seine Beute ist: Der Zufall.
bears its ambiguities ( as any metaphor does ) – what always also resonates within that concept is insidiousness and its functionality in terms of predatory foraging. We conceive SpiderWerk as an exercise of design rather than as a decorative instant form to apply. The net, viewed as an obstacle, situates the work of SpiderWerk in the context of linking, knotting, intervening, resolving, deconstructing and re-combining. This may not be achieved by the cleanness of a pure concept, but maybe with the beauty of spiderwebs.
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In der Frage des richtigen Gebrauchs der Metapher stiftet der
tung, sondern als Gleichzeitigkeit, als das Nebeneinander von
Rückgriff auf Francis Bacon, immerhin der „Vater“ der Netz-
Diversität verstanden werden.
metapher, dann noch grössere Verwirrung, wenn er 1620
„Die bisherigen Philosophen waren entweder Empiriker
Dazu gehört aber auch das Nebeneinander unterschiedlicher
oder Rationalisten. Die Empiriker begnügten sich damit, alles
Netze. ( Vor 30 Jahren wäre hier die Frage nach den männli-
zum einstigen Gebrauch zusammenzutragen wie eine Amei-
chen und den weiblichen Netzen gestellt worden. ) Es kann ei-
se. Die Rationalisten entwickeln ihre Gewebe aus sich selbst
gentlich gar nicht darum gehen, „die“ fehlerfreie und makel-
sagt:
“
wie eine Spinne.
3
lose Metapher zu finden, die – wie bekannt – am Ende doch wieder nur hinkt.
Die eingangs mit Høeg gestellte Frage, ob die Spinne die Zeit kannte, sollte hier zur Entwirrung wieder aufgenommen und
Tatsächlich gibt es nicht den einen und einzig gültigen Ge-
weitergeführt werden. „Die Zeit“, nach der gefragt wird, steht
brauch von Netzen und auch nicht die Beschränkung, dass es
für die wissenschaftliche Revolution, da-
sich gegen jede Definition spreizt, es sei denn gegen die, dass
mit zugleich für die Metrisierung der
es sich nicht definieren lässt, was aber möglicherweise auch
Welt und des Universums. Sie steht für
nur mit einem falschen Vernunftbegriff zusammenhängt.
die Ausklammerung von Erfahrung, von
Und dass die Welt durch das Netz per se befreit sei, so lange
Klang, Farbe, Empfindung ( und des Dun-
wir nur artig einer angeblichen, netzimmanenten Interesse-
kels ) aus der Welt der Wissenschaft, sie
losigkeit folgen, gehört sicher zu den am meisten vergesell-
steht für alle von dort her diagnosti-
schafteten Sedativa der entsprechenden Industrien.
zierten Probleme und zivilisatorischen Katastrophen ( und damit steht sie schliess-
Vielleicht aber muss man dagegen nicht so wie Musil ( zeit-
lich auch für Francis Bacon ):
verschoben ) wettern:
„Über die
„Darum ist nichts verderblicher, als
ganze Welt breitete man als Instrument
schlechtweg von unserer vernünftigen Zeit mehr Gefühl zu
die Zeit aus. Und bis in die Erziehung der
fordern, denn das heisst mehr eines längst entwicklungslo-
Kinder hinein breitete die Schule das
sen, unartikulierten Gefühls, und es gibt nichts Kläglicheres
Netz von Präzisison und Genauigkeit aus.
als jene Art Skeptiker und Reformatoren, liberaler Priester
So weit, dass die Grenze dessen erreicht
und geisteswissenschaftlich orientierter Gelehrter, die über
wurde, was Menschen ertragen können. Die Grenze, an der
„Seelenlosigkeit“, den „öden Materialismus“, das „Unbefriedi-
das Netz anfängt, seinem eigenen Gewicht nachzugeben. Und
gende der blossen Wissenschaft“, das „kalte Spiel der Atome“
die Spinne im Fallen mit sich zu reissen. Wir zerrissen und
stöhnen, auf die Exaktheit des Denkens verzichten, die für sie
zerstörten nie ein Netz am Diakonissenhaus. Man sah es an
nur eine geringe Versuchung bedeutet, und dann mit Hilfe ei-
und begriff, dass es eine Balance ausdrückte. Die Spinne hat-
ner angeblichen „Gefühlserkenntnis“ für die Befriedigung des
te getan, was sie konnte. Das Netz war gut, wie es war. – Kann-
Gemüts, die „notwendige“ Harmonie und Rundung des Welt-
“
te die Spinne die Zeit?
1
bilds doch nur einen Allgeist, eine Weltseele oder einen Gott erfinden, der nicht mehr ist als die akademische Kleinbürger-
Die Recherchen zur Spinnennetz-Metapher sind bis jetzt also
lichkeit, aus der er stammt, im besten Fall eine Überseele, die
eher ungünstig, verweisen sie doch auf den Wissenschaftsdis-
die Zeitung liest und ein gewisses Interesse für soziale Fra-
kurs der Neuzeit, den wir eigentlich hinter uns lassen möch-
gen bekundet.
ten, denn die Intention der Vernetzung will nicht als Abspal-
“
4
47
48
Nach all dem Hin und Her bleibt eigentlich nur die praktische Erkenntnis, dass SpiderWerk eine Gestaltungsaufgabe ist, keine dekorative Instantform. Das Netz, verstanden als ein Hindernis, als ein virtueller Gegen-Stand ( den man auch zum Beutemachen einsetzen kann, wenn man will ), stellt die Arbeit von SpiderWerk in den Kontext des Verknüpfens, Eingreifens, Auf lösens, des Dekonstruierens und neu Verknüpfens. Das geschieht nicht in der Makellosigkeit des reinen Begriffs, vielleicht aber mit der Schönheit von Spinnennetzen, die mit den eigenen Unzulänglichkeiten und Unebenheiten rechnen ( mit ihnen, nicht auf sie ).
„Eine
Spinne sieht und hört schlecht,
und ihr Geruchssinn ist auch nicht so gut, ihre Umwelt ist also begrenzt durch ihren Wahrnehmungsapparat. Doch sie hat ihr Netz, damit hat sie ihre Wahrnehmung weit über sich hinaus ausgedehnt. Ihr Tastsinn ist sehr entwickelt, bei jeder Bewegung des Netzes kann sie einschätzen, wie weit weg und wie gross. ( ... ) Berührte man dann das Netz, selbst wenn man ganz vorsichtig war, kam die Spinne nicht. Man hatte sie hervorlocken wollen, doch ihre Empfindlichkeit war soviel grösser als die eigene, sie wusste, man war zu gross und zu stark. Obwohl man ziemlich klein war. Besser als die Spinne ist der Mensch, so gesehen, nicht, sagt
“
Uexküll.
1
SpiderWerk handelt von, handelt mit diesen Ambivalenzen. Diese begleiten jede gestalterische Tätigkeit, insofern das Entwerfen mit der Möglichkeit des Verwerfens untrennbar verbunden ist. Das zeigen die unter der Leitung von Catherine Walthard auf dieser Plattform bereits versammelten Projekte, die zusammen mit ersten Erfahrungsberichten aus Neuseeland und dem HitLab in Christchurch unter www.spiderwerk. org ausführlicher dargestellt sind.
49
50
51
Als Beispiel soll hier ein Projekt umrissen werden, das selbst mit der Metapher des Verzweigens und Verknüpfens arbeitet. Es ist ein Diplomprojekt, das 2004 fertiggestellt wird: „árvore – Baum“ von Cristina Mösch-de Carvalho. Es widmet sich der Kommunikation zwischen Kindern aus Brasilien und der Schweiz zum Thema Nachhaltigkeit. Im Rahmen des Projekts werden in beiden Ländern mehrere Workshops durchgeführt, bei denen Kinder aus zwei sehr verschiedenen Ländern ihre Vorstellungen und Wünsche zum Thema Nachhaltigkeit austauschen. Dieser Austausch findet vor allem in der Bildersprache und durch das Internet statt. Die Kinder stellen ihre Wünsche als einen Baum dar, der – als Wunschbaum – nicht nur für die Ziele nachhaltiger Entwicklung steht, sondern zugleich Mittel der Kommunikation zwischen den verschiedenen Sprachen und Kulturen ist. Damit kann der komplexe Zusammenhang „Nachhaltigkeit“ aus der begriff lichen Abstraktion in ein sinnlich erfahrbares und kommunizierbares Handeln überführt werden. „árvore“ thematisiert aber auch über die metaphorische Anlehnung hinaus eine Frage, die SpiderWerk angeht. Es handelt sich dabei im Wesentlichen nicht so sehr um den Effekt von Internationalität oder Globalisierung, sondern um die Poten-
Text
zierung kultureller Differenz. Die Forschungsarbeit von Spider-
Prof. Dr. Regine Halter
Werk ist die Arbeit an einer Sprache, die sich nicht über ikono-
Bilder Prof. Catherine Walthard ( Tent-web spiders, Family Araneidae,
graphische Verkürzungen einer Kultur zum grossen „Come
Genus Cytorphora mollucensis, Tropical North Queensland, Australia )
together“ durchstammelt. Sie ist der Verknüpfung und nicht
SpiderScout
dem Beutegang gewidmet.
Zarek Silberschmidt Leitung Spiderwerk Prof. Catherine Walthard Assistenz und Webgestaltung Constanze Kirmis Website www.spiderwerk.org 1 Peter Høeg. „Der Plan von der Abschaffung des Dunkels“. Rowohlt, Reinbek bei Hamburg. 2001. 2 www.net-lexikon.de/Spinnennetz.html 3 Francis Bacon. „Novum Organum Scientiarum“. Aphorismus 95. 1620. 4 Robert Musil. „Das Geistliche, der Modernismus und die Metaphysik“. 1912. In: „Prosa und Stücke, Kleine Prosa, Aphorismen, Autobiographisches, Essays und Reden, Kritik“. Ed. Adolf Frisé. Rowohlt, Reinbek bei Hamburg. 1978.
Prof. Dr. Jens Geelhaar
Technische Strategien der Interaktion in verteilten Informationsr채umen
53
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Neue Technologien stehen bereits wieder in den Startlöchern,
bunden, wie zum Beispiel die Mobilfunknetze oder die Strom-
während die Entwicklung der Potentiale des „www“ noch un-
netze mit dem neuen Internet. Der persönliche Raum, unsere
ter verschiedenen Gesichtspunkten betrachtet und analy-
„Umwelt“, wird in hohem Mass von diesen mehr oder weniger
siert wird. Der Wandel der Industriegesellschaft in eine Infor-
intelligenten Umgebungen3 durchdrungen sein. Neue Appli-
mationsgesellschaft prägt sowohl unser individuelles, tägliches
kationsszenarien werden entstehen.
55
Leben, als auch die sozialen Zusammenhänge der unterschiedlichen Gesellschaftssysteme. Die Globalisierungsstra-
Steigerung von Computerleistung, Datendichte
tegien werden zu einem guten Teil von der Entwicklung ver-
und Bandbreite
netzter Kommunikationsstrukturen mitgetragen und sind
Eine weitere Entwicklung besteht in der Steigerung der Com-
von diesen in hohem Masse abhängig. Insofern wird die Ent-
puterleistung, der Informationsdichte auf
wicklung neuer Technologien auch in Zukunft weltweit spür-
Datenträgern und der zunehmenden
bare Auswirkungen nach sich ziehen.
Bandbreite in vernetzten Systemen. Das
Technological strategies of interaction within distributed information spaces. While the development of the potentials of the internet is still being investigated and analyzed from various perspectives, further technological innovations already come in sight: the expansion of the interlinked structures of digital information and communication spaces, an increase in computer power, bandwidth, and storage density, and along this, the development of new interfaces for human interaction with the digital data space. These technologies will again
wird Auswirkungen haben auf die Art, In diesem Beitrag stelle ich neue techno-
wie uns digitale Daten im Alltag begeg-
logische Entwicklungen exemplarisch vor
nen. Werfen wir vorerst einen Blick zu-
und diskutiere ihre potentiellen Auswir-
rück. Wir haben in den letzten 30 Jahren
kungen auf unsere persönliche Umwelt.
den Prozess der Visualisierung und Mul-
Insbesondere betrachte ich die Formen
timedialisierung im digitalen Raum er-
der Interaktion mit den Schnittstellen
lebt, hauptsächlich als Folge der jeweili-
zu diesen Technologien. Dies geschieht
gen Technologien. Wurden digitale Daten
in einer kurzen Übersicht, die keinen An-
in den siebziger Jahren des letzten Jahr-
spruch auf Vollständigkeit erhebt, son-
hunderts noch überwiegend in Textform
dern zum weiteren Lesen und Erfahren
ausgegeben4 , trat das Bild in den achtzi-
ermuntern soll.
ger Jahren 5 , und die zeitbasierten Medien Audio und Video in den neunziger
have effects on our everyday social lives. A paradigmatic change is taking place – real space and digital space increasingly intermingle. At stake thereby are methods for conceiving and designing new spaces of interaction, methods which are oriented on common patterns of human behavior and which influence the further technological development from this direction
Technologische Entwicklungen
Jahren hinzu. Zeitgleich konnten wir die
Mit
vernetzten
Entwicklung immer höherer Bandbreiten
Strukturen im digitalen Raum zeichnet
zur Übertragung von Daten verfolgen.
sich ein weiterer technologischer Schritt
Heute sind wir den Umgang mit zeitbasierten Medien gewöhnt:
ab, und damit einhergehend werden wir
Wir können einfach und schnell Audio- oder Video-Dokumen-
wiederum den Wandel in den sozialen
te erstellen, bearbeiten und verteilen. Mobildienste wie UMTS
Strukturen sowie im individuellen Le-
oder Wireless-LAN ermöglichen eine weitreichende Vernet-
bensbereich erleben. Die Einführung des
zung und machen beliebige Daten unabhängig vom Ort ver-
neuen Internetprotokolls IPv6 mit sei-
fügbar.
der
Erweiterung
der
rather than the other way around.
nem immensen Namensraum1, und auch die Entwicklungsfortschritte bei kleins-
Parallel zu diesen Technologien werden wir die Entwicklung
ten
neuer Schnittstellen beobachten können. Prinzipiell lassen
Gegenständen,
kommunizieren, ebnen dem „ubiquitous
die
untereinander
computing“ 2
den Weg.
Zusätzlich werden weiterhin bisher getrennte Netzwerke ver-
sich hier sehr grob zwei Strömungen unterscheiden:
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Schnittstellen, die sich aus dem technologischen Denken
Ich spreche hier bewusst vom digitalen und nicht vom virtu-
heraus entwickeln und die vom Benutzer erlernt werden müs-
ellen Raum, da der Begriff der Virtualität suggeriert, hier
sen, um sich so in die menschlichen Handlungsweisen zu in-
wäre gar kein Raum zu finden. In Wirklichkeit werden uns
tegrieren, wie z. B. der Umgang mit der Tastatur bei Schreib-
jedoch durchaus physikalische Repräsentationen des digita-
maschine oder Computer.
len Raums begegnen. Ein erstes Beispiel an dieser Stelle ist
Schnittstellen, die sich in umgekehrter Richtung aus der
der „Dangling String“ der Künstlerin Natalie Jeremijenko, der
Untersuchung menschlichen Verhaltens herauskristallisie-
von Mark Weiser und John Brown 19957 vorgestellt wurde.
ren und so die technologischen Entwicklungen mitprägen,
Das vibrierende Mobiltelefon wäre ein weiteres alltägliches
wie es z. B. bei der „tangible media group“6 am MIT geschieht.
Beispiel, indem es uns materiell-physisch signalisiert: ein anderer Teilnehmer möchte uns erreichen.
Ein Paradigmenwechsel in der Interaktion zwischen Mensch und Computer?
Stellen wir uns nun vor, wir würden den Alltagsgegenständen
Zusammengenommen bieten sich alleine schon die erwähn-
um uns herum ein wenig Intelligenz einhauchen. Gerade eben
ten Technologien an, um diese Frage mit „Ja“ zu beantworten.
soviel, wie sie in ihrem normalen Alltagskontext benötigen. 8
Betrachten wir noch einmal kurz unseren aktuellen Umgang
Sie würden uns das eine oder andere an Erinnerungsarbeit
mit der Maschine „Computer“. Bisher verwenden wir sehr viel
abnehmen. Michel Serres bemerkt hierzu:
Zeit darauf, den Umgang mit dem Computer zu erlernen, um
Apparat befreit sich von möglichen Erinnerungen, um Raum
zum Beispiel die richtigen Knöpfe für die entsprechenden
für Erfindungen zu schaffen. ( ... ) Die alten kognitiven Fähig-
Handlungen zu identifizieren. Könnte sich dies in Zukunft
keiten, die wir für persönlich und subjektiv hielten, werden
nicht erheblich leichter gestalten? Dagegen spricht eigentlich
durch die neuen Technologien kollektiv und objektiv. Wir ver-
nur, dass wir das erlernte Wissen im Umgang mit dem Compu-
lieren die einen und gewinnen die anderen. Reden wir nicht
ter so ungern aufgeben, weil sich das Schreiben auf der Tasta-
mehr so, als hätte die alte Psychologie der geistigen Fähigkei-
tur und die Navigation mit der Maus bereits als allgemeine
ten noch Geltung.
„Unser kognitiver
“
Kulturtechnik etabliert haben. Vielleicht können wir ja bei-
9
des haben – die gute alte Tastatur und die neuen Schnittstel-
Methoden zur Konzeption und Gestaltung
len zu einem Informationsraum, in dem Digitales und Reales
neuer Interaktionsräume
mit zunehmender Selbstverständlichkeit verschmelzen.
Eine der grundlegenden Überlegungen betrifft die Einbettung der technischen Interaktionsabläufe in menschliche Wahr-
Ich möchte mich hier aber vor allem mit der Interaktion zwi-
nehmungs- und Handlungsabläufe. Dabei spielen sowohl der
schen Menschen und einem ortsunabhängigen Informations-
individuelle Prozess als auch soziale und kontextbezogene
und Unterhaltungsraum beschäftigen. Schon heute ist es mög-
Prozesse eine wichtige Rolle. Die Übertragung von Verhal-
lich, sich via Internet in einem grossen Informationsraum zu
tensweisen aus der realen Handlungswelt in die digitale Welt
bewegen, während man faktisch ruhig vor dem Computer sitzt.
verläuft dabei in der Regel über eine Kette verschiedener
Das Internet mit seiner Hyperlink-Struktur zeigt bereits die
Schritte:
Möglichkeiten auf, die der orts- und zeitunabhängige Zugang zu
1. Wahrnehmung und Bewusstwerdung des realen Kontexts
Wissen, sowie die digitale Art und Weise der Reproduktion von
und der individuellen Absicht.
Information bieten. Und diese gegenseitige Durchdringung des
Ein einfaches Beispiel: ich habe ein Bild und möchte dieses
realen Raums mit dem digitalen Raum wird immer deutlicher
gerne auf hängen.
– denken wir hier wieder an die neuen Netzwerktechnologien.
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2. Identifizierung der Interaktionsmöglichkeiten mit dem
In allen Schritten ist die Gestaltung der jeweiligen Schnitt-
digitalen Raum.
stelle von entscheidender Bedeutung. Dies betrifft sowohl die
Übertragen in unser Beispiel bedeutet das: wo macht es Sinn,
entsprechende Hardware als auch die dazugehörigen multi-
das Bild aufzuhängen und welche Werkzeuge gibt es dafür?
modalen Benutzerschnittstellen. Im günstigsten Fall werden
Eignet sich ein Nagel oder besser eine Schraube dafür? Gibt es
die einzelnen Schritte vom Benutzer nicht mehr als getrennte
verschiedene mögliche Werkzeuge, die sich eignen würden?
Abschnitte zum Erreichen seines Ziels wahrgenommen.
Und kann man die einzelnen Werkzeuge zu verschiedenen Zwecken benützen? 3. Navigieren und Auswählen im digitalen Raum.
Verschiedene Ansätze helfen uns bei der Gestaltung dieser Interaktionen zwischen der physischen und der digitalen Welt.
Um unser Beispiel weiterzuspinnen: Ich entscheide mich für
Metaphern als Mittel zur Gestaltung der Übergänge zwischen
Nagel und Hammer, und bin informiert darüber, wie ich mit
diesen Ebenen werden immer wieder erfolgreich eingesetzt,
dem Hammer umzugehen habe. Nun plane ich die Ausfüh-
wie z. B. die I / O Brush10 für Kinder, die wie ein normaler Pin-
rung der Aktion „Bild auf hängen“: an welcher Stelle soll der
sel aussieht, die aber neben dem normalen Malen auf einem
Nagel in die Wand geschlagen werden?
Flachbildschirm auch die Auswahl von Farben, Texturen und
4. Auslösen der gewünschten Ereignisse. In unserem Beispiel nun hänge ich das Bild entweder selbst
Bewegungsmustern erlaubt. Die Benutzung erklärt sich hier aus dem Gegenstand selbst.
auf, oder sorge dafür, dass es von jemand anderem aufgehängt wird. 5. Ausgabe und Einbettung dieser Ereignisse in den realen
In ähnlicher Weise stehen uns narrative Strukturen, sowie die Grammatik des Films als begleitendes und führendes Ele-
Raum, inklusive möglicher Rückkopplungen.
ment zur Verfügung, um insbesondere zeitbasierte Medien zu
Ich kontrolliere, ob der Nagel an der gewünschten Stelle sitzt,
strukturieren und einzubetten.
und ob sich das Bild dort gut macht. An dieser Stelle ist es mir wichtig, den Unterschied zwischen Durch die Übertragung des realen Handlungsablaufes in ein
Wahrnehmung und Information einerseits sowie Kognition
digitales Setting wird vorstellbar, inwiefern ein digitaler Da-
und Bedeutung andererseits klarzustellen. Unsere Wahrneh-
tenraum ein solches Vorhaben erleichtern könnte: Zum Bei-
mungs- und Erfahrungswelt ist eine kontinuierliche Welt. Un-
spiel könnte mir das Bild selbst, während es vielleicht an eine
sere Sinne nehmen die Umwelt kontinuierlich wahr. Wir könn-
Wand gelehnt vor mir steht, die Information kommunizieren,
ten hier auch von einer linearen oder analogen Wahrnehmung
dass Bilder üblicherweise aufgehängt werden. Weiter könnte
sprechen. Der Fokus unserer Aufmerksamkeit jedoch wech-
es mir sagen, unter welchen Umständen welche Methode sinn-
selt ständig, abhängig von der jeweiligen Situation und dem
voll ist ( Nagel für Holz, Schraube für Beton, etc. ) und welche
entsprechenden Kontext. An dieser Stelle tritt eine gewisse
Werkzeuge sich jeweils eignen. Die Werkzeuge nun, so könnte
Diskontinuität auf. Kognitive Prozesse, die Verwandlung von
man sich weiter vorstellen, haben wiederum in einem digita-
Wahrnehmungssignalen und Information in individuelle Be-
len Speicher eine Gebrauchsanweisung verfügbar. Das alles
deutung enden dann zunehmend fragmentarisch und subjek-
mag sich trivial anhören. Wenn man es allerdings im Umgang
tiv. So könnten wir hier – metaphorisch – von einer Digitali-
mit einem komplexeren System durchspielt ( zum Beispiel an
sierung analoger Wirklichkeit sprechen, oder auch von einer
einem Atomkraftwerk ), so wird offensichtlich, inwiefern sol-
non-linearen Bedeutungsebene.
che Entwicklungen sinnvoll sein können.
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Mingers11 veranschaulicht dies am Beispiel eines alltäglichen Szenarios: wir erkennen durch Betrachtung, ob Äpfel reif sind oder nicht. Die auf unserer Retina registrierten Unterschiede verbleiben überwiegend analog. Durch den aktiven Wahrnehmungsprozess, der immer auch Selektionsprozess ist, treten hier aber bereits Digitalisierungseffekte ein – Teile der analogen Welt gehen verloren. Das eventuell eintretende linguistisch Erkennungssignal „die Äpfel sind reif“ steht dann für einen vollständigen Digitalisierungsprozess. Aus der Sicht des Benutzers ist unser Umgang mit so genannten linearen Medien also selbst non-linear, da er durch unsere Aufmerksamkeit gesteuert wird. Wir sollten daher, um Missverständnisse zu vermeiden, nicht von non-linearen Medien sprechen, wenn es um unsere Wahrnehmung und um die Konstruktion von Bedeutung geht. Im Gegensatz dazu sind aus der Sicht der Entwickler, und in Bezug auf verschiede mögliche Abläufe, interaktive Medien immer non-linear. Dort wird mit verschiedenen Mitteln versucht, unsere Wirklich-
1 Theoretisch können 655’570’793’348’866’943’898’599 Adressen pro Quadratmeter Erde vergeben werden. 2 M. Weiser, R. Gold, J. S. Brown. „The origins of ubiquitous computing research at PARC in the late 1980s“. IBM Systems Journal, Vol. 38, No.4. 1999. 3 Intelligenz im Sinne des „ubiquitous computing“ ist in meinen Augen immer auf einen Kontext und auf erkennbare Aufgaben bezogen. 4 Der erste Personal Computer, der XEROX Alto, wurde 1973 bei Xerox Parc entwickelt. Er benutzte bereits eine Schreibtischmetapher als GUI und
keitserfahrung zu modellieren – wobei dies aber niemals voll-
kostete etwa 16’000 $. 5 1985 führte die Kombination des Apple Macintosh Computers, des Apple
ständig möglich sein wird.
LaserWriters und der Software Pagemaker von Adobe zu einer Revolution im
Beim Einbetten neuer Technologien in unser alltägliches Leben ist es hilfreich, auf Erfahrungen aus Testumgebungen wie z. B. auf Umgebungen für Videokonferenzen, zurückzugreifen.12,13 Die weite Verbreitung vernetzter Rechenleistung wird uns digitale Informationen dort zur Verfügung stellen, wo wir sie brauchen. Dies sind Themen, die nicht nur im „ubiquitous computing“ behandelt werden, sondern auch im Bereich der „augmented reality“.14
Print Bereich: das so genannte „Desktop Publishing“ war erfunden. 6 B. Ullmer, H. Ishii. „Emerging frameworks for tangible user interfaces“. IBM Systems Journal, Vol. 39, No. 3 + 4. 2000. 7 http://www.ubiq.com/weiser/calmtech/calmtech.htm 8 Eine Zahnbürste muss nicht eben meinen Terminkalender verwalten können, vielleicht wäre es aber nützlich, sie wüsste noch, wann ich mir das letzte Mal die Zähne geputzt habe. 9 Michel Serres. „Der Mensch ohne Fähigkeiten: Die neuen Technologien und die Ökonomie des Vergessens“. Transit 22. Verlag Neue Kritik, Frankfurt a. M.. 2002. ( S. 193 – 206 ). 10 K. Ryokai, S. Marti, H. Ishii. „I / O Brush: Drawing with Everyday Objects as Ink“. Computer-Human Interaction 2004. Wien. 2004. 11 J. Mingers. „Information and Meaning: Foundations for an Intersubjective
Eines sollten wir jedoch keinesfalls aus den Augen verlieren:
Account“. Information Systems Journal 5. 1996. ( S. 285 – 306 ). 12 C. Heath, P. Luff. „Media Space and communicative asymmetries:
Das Gefühl, das wir alle kennen, wenn wir längere Zeit mit
Preliminary observations of video-mediated interaction“. Human Computer
einem Computer gearbeitet haben – die Maschine abzuschal-
Interaction 7( 3 ). 1991. ( S. 315 – 346 ). 13 S. Harrison, P. Dourish. „Re-place-ing space: The roles of space and place
ten und in’s reale Leben einzutauchen.
in collaborative environments“. Proc. ACM Conf. Computer-Supported Cooperative Work, CSCW ’96. ACM Press New York. 1996. ( S. 67 – 76 ). 14 P. Sinclair, K. Martinez, D. E. Millard, M. J. Weal. „Links in the palm of your hand: tangible hypermedia using augmented reality“. Conf. on Hypertext and Hypermedia: Proceedings of the thirteenth ACM conference on Hypertext and Hypermedia. ACM Press New York. 2002. ( S. 127 – 136 ).
Max Spielmann
No thing without body
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Eine Spurensuche
„Catrin: Meine Identität wird irgendwie reguliert. Warum
mengetragen, die Hinweise auf die Veränderbarkeit des Körperverständnisses geben, unabhängig von der genauen
darf nur der Markt dereguliert sein und nicht meine beschis-
Gestalt der Beziehung zwischen Wissenschaft und Sozialord-
sene Identität? Oder mein Körper. Oder nicht ich? Warum darf
nung. Was aber verhandeln wir eigentlich, wenn wir von Kör-
ich nicht dereguliert sein? Mein Körper wird dauernd als
per sprechen? Anthony Giddens liefert in „Die Konstitution
weiblich reguliert. Und ich halte meinen gelehrigen Körper in
der Gesellschaft“ 3 eine für unsere Zwecke sinnvolle Defini-
“ René Pollesch.
dieses Scheisshaus oder Handelsbank!
1
tion:
„ Körper
als dem im Raum und
Zeit verankerten Ort des handelnden
Jemand nähert sich einem Hauseingang. Keine Anzeichen
„Denn“der Körper funktioniert und wird
lassen erkennen, ob er eintreten will, keine Verlangsamung
von seinem Eigentümer als „Körper“ nur
des Schrittes, kein Heben des Armes, keine Kopf bewegung,
in Handlungszusammenhängen verstan-
um eine Türklinke zu fokussieren. Er tritt ein. Ein Bewe-
den.
Eingang
Selbst , und wenig später erklärend:
gungssensor, eine automatische Schiebetür übernimmt die The development of mediamachines is the story of spatiotemporal expansion, but it is also the story of the transformation of corporeality. Our bodies as well as our understandings of them are cultural constructions. The human being thought of as a human-machine hybrid is not a recent idea or something to be feared in the near future in the form of an electrified cyborg, its beginning was marked already with the first „technical extensions“, with the very first tools to trans-
üblicherweise notwendigen, körperlichen Gesten.
Wittgensteins Frage „Was ist der “ Unterschied zwischen dem Heben meines
“ hat in diesem Zusammenhang, unabhänArms und dem Arm, der nach oben geht?
gig davon, in welche Richtung er unsere
Each active interference within the field of technological development and cultural changes has direct effects on our bodies. This text collects traces of such phenomena across the cultural history of the past two thousand years, roughly, and defines perspectives
In dieser filmskriptartigen Beschreibung
Aufmerksamkeit lenken wollte, viele Pro-
hat sich das Ritual des Eintretens ver-
bleme aufgeworfen. Hier wird die soziale
f lüchtigt. Bedingt durch eine interaktive
Dimension und die Repräsentationsfunk-
Installation findet beim Eintreten von
tion des Körpers definiert, ohne ihn auf
aussen nach innen keinerlei Reibung
seine Materialität zu reduzieren oder die-
statt, kein kurzes Innehalten, keine Ver-
se umgekehrt zu negieren. Körperlichkeit entsteht in mehre-
änderung der Körperhaltung. Der öffent-
ren Spannungsfeldern – im Folgenden eine erläuternde Spu-
liche Aussenraum ist hier in den privaten
rensuche hierzu.
of how we can actively participate in the process of designing our proper corporeality.
Innenraum verlängert, und umgekehrt. Was bedeutet dies für unser Verständnis
Hortus conclusus
von Körperlichkeit?
Eine mittelalterliche Abbildung – eine Mauer umschliesst einen Garten. In der Mitte sitzt Maria, oftmals neben einem
Der Körper und sein Verständnis stehen
Brunnen. Sie ist umgeben von Pf lanzen: Iris, Pfingstrose, Lili-
immer in Bezug zu einem gesellschaftli-
en, Rosen, Erdbeeren, alles christliche Reinheitssymbole. Wir
chen Rahmen. Über das genaue Verhält-
wohnen der Verkündigungsszene bei. Es bestehen verschiede-
nis zwischen „natur“-wissenschaftlicher
ne Bezüge zum Hohelied Salomos ( 4,12 ):
Erkenntnis und Gesellschafts- und Denk-
liebe Braut, du bist ein verschlossener Garten, eine verschlos-
systemen wird heftig gestritten. Die fol-
sene Quelle, ein versiegelter Born.
„Meine Schwester,
genden Beispiele dürfen nicht dazu ver-
Die Darstellungen leben “ von einer Sinnlichkeit im geschützten Innenraum. Der hortus
leiten, eine allzu direkte Beziehung herzustellen, und sie
conclusus lässt sich auch ohne christliche Symbolik lesen.
wollen schon gar nicht in den diesbezüglichen wissenschaft-
Die Mauer, der Abschluss gegen aussen, bietet Schutz vor der
lichen Diskurs eingreifen. 2 Vielmehr sind hier Spuren zusam-
wilden Natur, sowie, in Analogie zur Stadtmauer, auch gegen
form nature into culture.
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Eindringlinge und fremde Heere. In einer Zeit der andauern-
Gewebe: die Muskeln sind wie das Herz‚ gleichsam eigene „Le-
den Veränderung und fehlender klarer Grenzen gewährt die
bewesen“, deren Aktivität von Gehirn und Nerven nur modu-
Mauer am ehesten Unversehrtheit.4
liert und koordiniert wird.
Der griechische Körper
das Nebeneinander mit entsprechenden Regeln zur Zusam-
Die Darstellung des nackten Körpers in den Abbildungen aus
menarbeit und Abgrenzung definiert, und das an eine funkti-
dem antiken Griechenland steht auf den ersten Blick in einem
onierende Komplexität des Zusammenwirkens glaubt. Im En-
krassen Gegensatz zur Schutzsituation des hortus conclusus.
gland des 17. Jahrhunderts ist ein solches System von
Allerdings war es kaum die fehlende äussere Bedrohung allei-
Abgrenzung und Zusammenarbeit im Zusammenspiel der
ne, die zu nackten Körpern im öffentlichen Raum geführt hat.
Macht und der Funktionsteilung zwischen Königshaus, Adel
Zumal ja auch das antike Griechenland alles andere als frei
und Klerus, auf bauend auf der Magna Charta von 1215, auf-
von Kriegen und Wirren gewesen ist.
zufinden.
Ein Rückgriff auf die Bedeutung von Körperwärme in jenen
Ganz anders René Descartes ( 1596 – 1650 ). Im vollen Geiste
perikleischen Zeiten hilft weiter. Im griechischen Physiolo-
des Absolutismus erscheint seine strikte Trennung von Geist
gieverständnis steigt bei denjenigen Menschen die Körper-
und Körper, sein mechanisches, auf Ref lexe und auf die zen-
wärme, die sprechen, lesen oder zuhören, die also kommuni-
trale Steuerung durch das Hirn zugeschnittenes Erklärungs-
zieren. Eine hohe Körpertemperatur steht für einen politisch
modell nur logisch. Nicht weiter verwunderlich ist denn auch,
aktiven Menschen, dem Bürger der Polis. Frauen als kältere
dass hier aus dem Harvey’schen autonomen Blutkreislauf ein
Versionen der Männer bleiben dementsprechend verhüllt, und
strikt vom Zentralnervensystem gesteuerter Kreislauf wird.
ihr Aufenthaltsort ist das Innere des Hauses. Auch die Skla-
Der industrielle Transmissionsriemen aus der Welt der Manu-
ven werden als kältere Wesen verstanden. Die freie Sprache
fakturen tut das Seine dazu.7
Harvey erklärt hier den Blut“ kreislauf auf der Basis eines Weltbildes, das die Autonomie, 6
gehört nicht zu ihren Aufgaben und die harte körperliche Arbeit sorgt – aus unserer heutigen Perspektive etwas überra-
Medialisierte Körperlichkeit
schend – ebenfalls für eine physiologische Abkühlung. 5
Folgen wir Anthony Gidden’s Definition von Körper als
Harvey und Descartes
„dem in Raum und Zeit verankerten Ort des handelnden Selbst , “ entsteht Körperlichkeit aus dem Zusammenspiel von mehre-
William Harvey ( 1578 – 1657 ) gilt als Entdecker des Blutkreis-
ren Spannungsfeldern. Die Art und Weise, wie wir Körperlich-
laufes. Eine Reihe auch für damalige Verhältnisse relativ
keit verstehen, ist immer eine Frage der Repräsentation, und
einfacher Berechnungen der Blutvolumina und der Herz-
steht damit auch in direktem Zusammenhang mit den kultu-
pumpleistung ermöglichten ihm die grundlegenden Schluss-
rellen Medien und Technologien, die die entsprechenden Welt-
folgerungen. Es war wohl ein bestimmter Denkhorizont, ein
bilder einer Zeit prägen. Mit der Einführung der Bildmedien
bestimmtes Weltbild, wodurch die Vorstellung eines frei zir-
Fotografie und Film wird die Körperwahrnehmung entschei-
kulierenden Blutkreislaufes und damit die notwendigen Ex-
dend medialisiert. Zwischen Leib und Selbst, agierend im sozi-
perimente und Berechnungen überhaupt möglich wurden:
alen Kontext von Raum und Zeit, wird der Körper durch die
„Lebendige Bewegung ist nicht mehr einem zentralen Diri-
medialisierte Selbstwahrnehmung in der Interaktion mit der
gismus ( sei es der Seele oder des Gehirns ) unterworfen, son-
Welt definiert. Neue Technologien, auch verstanden als neue
dern Ausdruck weitgehender Autonomie und ineinandergrei-
Medien, verändern die Wahrnehmung, das Verständnis und
fender Aktion der zur Eigenbewegung befähigten organischen
die Fähigkeiten des Körpers. McLuhan stellte immer wieder
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Das Mobiltelephon als nach aussen gewandte Medientechnologie wendet sich nach innen. Im alltäglichen Umgang damit wird das Verhältnis von Individuum zur Welt auf einer körperlichen Ebene neu verhandelt und definiert. Ein weiteres Beispiel dazu:
„Nachdem ich meine Installation in Vancouver aufgebaut hatte, musste ich zu meinem Befremden erkennen, dass sie auf andere Menschen nicht richtig zu reagieren schien und manchmal Menschen überhaupt nicht bemerkte. Wo das Problem lag, begriff ich erst, als ich ein Video sah, auf dem ich selbst mich in der Installation bewegte. Ich bewegte mich in einer völlig ungewöhnlichen und unnatürlichen Weise, mit ruckartig gespannten Bewegungen, die ich ebenso lustig wie beunruhigend fand. In meiner Isolation hatte ich nicht etwa ein Interface entwickelt, das Bewegung verstand. Ich hatte vielmehr mich selbst mit dem „Körpermaschinen – Maschinenkörper“. © Max Spielmann. zVg.
Interface verändert, indem ich bei der Herstellung des Interface auch eine Art, mich zu bewegen entwickelte, die das Interface
die Erweiterung, die Überwindung von Raum und Zeit durch zusätzliche Medien in den Mittelpunkt seiner
Analysen. 8
Der Körper überwindet über die Medien immer grössere zeit-
verstand. Ich hatte eine physiologische Version eben jener Kon-
“ David Rockeby.
vergenz erlebt, die Turing beschrieben hat.
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räumliche Distanzen, verlängerten Extremitäten gleich. Meis-
Die körperliche Veränderung beginnt so schleichend wie hier
tens jedoch bleibt diese Bewegung in der Analyse eine Bewe-
beschrieben. Was 1983 bei David Rockeby’s Installation „Very
gung von innen nach aussen.
nervous systems“ die Benutzer noch vor körperliche Probleme stellte, ist heute längst adaptiert. Alle bewegen sich im Kon-
Die umgekehrte Richtung wird selten thematisiert. Nun greift
text von interaktiven Installationen gemäss den Möglichkei-
Technologie aber immer auch direkt in den Körper ein. Die
ten der Bewegungserkennung. Falls nicht, suchen die Benut-
Veränderung der Weltbilder führt zu sich verändernden Kör-
zer selbst nach den auslösenden Mustern.
pervorstellungen: Die durch den medialen Wandel veränderte Körperwahrnehmung bewirkt direkt körperliche Verände-
Adaptierte der „industrielle“ Körper die Bedürfnisse der Ma-
rungen. In den Mediendiskursen der letzten Jahre wird die-
schinen, vielleicht am besten karikiert in Charly Chaplins „Mod-
ses Eindringen hauptsächlich in effektiven oder übertrage-
ern Times“, fordert der „postindustrielle“ Körper neue Anpas-
nen chirurgischen Eingriffen gesucht. Aber es braucht kein
sungen. Wie ist beispielsweise bei möglichst hoher körperlicher
Messer, um am Körper Hand anzulegen:
Passivität, bedingt durch den Umgang mit Computern, eine
„Ende der Neunzi-
gerjahre gab es viele Diskussionen über die Verschmelzung
maximale Konzentrationsfähigkeit zu erreichen? Ernährungs-
von Mensch und Maschine. Danach vergassen alle die Cyborg-
gewohnheiten müssen umgestellt werden, und das Fitnessstu-
Idee. Jetzt scheint es, dass das Mobiltelephon die Technik ist,
dio garantiert die fehlende körperliche Aktivität. Der heutige
die den Maschinenmenschen möglich macht. Es geschieht,
Körperkult würde sich dann nicht nur als objekthafte Modulie-
ohne dass wir es merken. Ein billiges Handy in der Tasche
rung und Anpassung an bestimmte Schönheitsideale lesen
macht aus gewöhnlichen Menschen so etwas wie einen Cy-
lassen, sondern auch als eine kompensierende Anpassung an
“
borg.
Sadie Plant. 9
gesellschaftliche und arbeitstechnische Notwendigkeiten.
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Mit den technisch-medial bedingten Veränderungen der Körperwahrnehmung haben wir auch in weniger futuristisch konnotierten Kontexten zu tun. Beispielsweise misst ein Diabetiker dreimal täglich mit einem kleinen Messgerät an einem Tropfen Blut seinen Blutzuckerspiegel. Auf der Basis dieser Informationen bestimmt er die notwendigen Einheiten an zuzuführendem Insulin. Über Jahre hinweg erweitert er seine Datenlage, er weiss, was ein Spaziergang zu welcher Zeit bewirkt, ob ein Stück Torte schnell oder langsam, und für wie lange, zu einem Zuckeranstieg führt oder welche Art Stress mehr oder weniger Zucker verbrennt. Durch zusätzliche In-
aus: Andrea Iten. „Red Continent“. 1997. © Andrea Iten. zVg.
formationen lässt sich der Insulin-Blutzucker-Regelprozess verfeinern. Ebenso verändert sich die eigene Körperwahrneh-
bernetik Kultur. Etwas brachialer gingen die Anatomen seit
mung und damit die Vorstellung der eigenen Funktions-
Vasal vor und fragmentierten den Körper in einzelne Organe.
weise.
Mit der Einführung des Filmes wird die Fragmentierung in der Montage zur Methode; ein Auge, ein Fuss, ein Ball ergibt
Systemisches Denken und Fragmentierung
ein Fussballspiel. Körperteile werden metonymisch verwen-
Der Begriff der Kybernetik, 1948 von Norbert Wiener einge-
det, hier wird „auf den Zahn gefühlt“ und „das Herz gebro-
führt, erhebt die Überlegungen zu Regelprozessen und den
chen“. Das metonymische Fragment steht für ein Ganzes, ein
darin innewohnenden Informationsf lüssen zum Forschungs-
ganz Anderes, nicht das Herz wird gebrochen, sondern eine
gebiet. Dies vorerst hinsichtlich technischer und in der Natur
ganze Person ist unglücklich. Die der Metonymie innewoh-
vorkommender Prozesse, später aber auch hinsichtlich so-
nende Symbolik ist labil, deutbar, nicht ausdifferenziert und
zialer und gesellschaftlicher Prozesse. Die Messbarkeit des
bietet sich damit in idealer Weise dem Gebrauch im Film an.
Körpers wird in den nächsten Jahren einen unerhörten
Aber auch viele aktuelle Medien- oder Kulturtechniken bedie-
Aufschwung erreichen. Jetzt schon senden Mobiltelephone
nen sich dieser halb-offenen oder offenen Dynamik und be-
EKG-Daten an medizinische Call Centers, jeder Jogger mit
nutzen und verändern damit wiederum unsere Körperwahr-
Anspruch misst kontinuierlich und elektronisch zumindest
nehmung.11
seinen Puls, um ihn später zuhause eingehend am Bildschirm zu analysieren. Dieses Körperverständnis bedingt ein grund-
Körperlichkeit als Verhandlungssache?
sätzliches Erkennen, ein Einverständnis mit einer kyberneti-
Trotz aller Relativierung dürfen wir aber bei unserer Betrach-
schen Denkweise. Bei unerwarteten Nebeneffekten werden
tung der Körperlichkeit die direkten chirurgischen Eingriffe
neue Regeln gesucht, und nach erfolgreichem Auffinden in
nicht vergessen – sind doch heute Transplantationen, chir-
ein komplexeres Regelwerk eingebaut. Die zunehmende Kom-
urgische Veränderungen, Gentechnologie, Herzschrittmacher
plexität erfordert entsprechend leistungsstarke Prozessoren
alltägliche Technologien. Pedro Almodovar befasst sich in
und notfalls Algorithmen zur fraktalen Auswertung.
„Todo sobre mi madre /Alles über meine Mutter“ ( 1999 ) mit dieser Thematik: Manuela, Krankenschwester in einer Trans-
Die Aufspaltung, die Fragmentierung des Körpers in unter-
plantationsabteilung, verliert ihren Sohn bei einem Auto-
schiedlichste Systeme mit Interaktionen und gegenseitigen
unfall. Stunden später unterschreibt sie die Einwilligung für
Beeinf lussungen hat nicht erst seit der Verbreitung der Ky-
die Organfreigabe.
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Szenenwechsel: Manuela ist auf der Suche nach dem Vater
Der Körper als kulturelles Konstrukt
ihres Sohnes, Lola, die als Transsexuelle in Barcelona lebt.
All diese hier aufgezeigten Spuren führen zu einem Verständ-
Hier trifft Manuela auf Personen ihrer Vergangenheit, allen
nis des Körpers als einem kulturellen Konstrukt, das sich in
voran auf Agrado, ebenfalls transsexuell. Agrado liefert eine
Sprache ausformuliert, kontinuierlich entsteht und sich lau-
Schlüsselszene des Filmes. Anlässlich einer kurzfristig ab-
fend verändert. Als kulturelles Konstrukt formt sich der Kör-
gesagten Vorführung des Theaterstückes „Endstation Sehn-
per zu einem hohen Grade durch Wahrnehmungsprozesse
sucht“ tritt sie vor’s wartende Publikum:
und durch Weltbilder, die den Deutungshorizont für unsere
„ An mir ist alles
mehr als authentisch. Man sehe sich bloss mal diesen Körper
Wahrnehmungen definieren. Diese Aussage kann kaum als
an. Alles massgeschneidert. Allein die Katzenaugen: 90’000,
neu bezeichnet werden, spätestens seit den 50er Jahren, aus-
Nase: 200’000. ( ... ) Titten, zwei; möchte ja kein Monster sein.
gehend vom französischen Strukturalismus, wird diese Hal-
60’000 das Stück, aber die haben sich schon super amorti-
tung in Variationen und Vertiefungen formuliert. Wenn wir
siert. ( ... ) Es ist ziemlich teuer, authentisch zu sein; oh ja. Und
das Augenmerk auf die kleinen Handlungen und Veränderun-
in diesen Dingen sollten wir nicht knausrig sein. Wieso? Weil
gen werfen, und uns im Mensch-Maschine Diskurs nicht nur
wir umso authentischer sind, je ähnlicher wir dem Traum
auf den dezidierten chirurgischen Eingriff konzentrieren,
werden, den wir von uns selbst haben.
dann erhält dieses Körperverständnis eine alltägliche und in
“
unserer Arbeit effektive, vorhandene Greif barkeit.
Manuela trifft auf die katholische Sozialarbeiterin Rosa, schwanger und mit dem AIDS-Virus infiziert. Der zukünftige
Der Prozess der Veränderung des Körpers im Mensch-Maschi-
Vater ihres Kindes ist ebenfalls Lola. Der Film kumuliert me-
ne Diskurs lässt sich bis zu den Anfängen der Menschheit
lodramatisch in der Beerdigungsszene von Rosa, die an den
zurückverfolgen – man stelle sich die körperlichen Konse-
Folgen der Geburt ihres Kindes stirbt. Es kommt zur Wieder-
quenzen der Erfindung des Rades vor. Neu, und vielleicht
begegnung von Manuela mit der kranken Lola. Zwei Jahre
postmodern im Sinne der Auf hebung der grossen Erzählun-
später: Manuela zieht das Kind von Rosa auf, Estéban. Im
gen, ist die auf kommende, aktive und individuelle Begreif bar-
Rahmen eines AIDS-Kongresses wird Estéban als medizini-
keit und die individuelle Gestaltbarkeit der Mensch-Maschine
scher Einzelfall vorgestellt: Das bei der Geburt auf ihn über-
Hybridisierung. Diese liesse sich wiederum als Teil einer neu-
tragene AIDS-Virus ist unerklärlicherweise aus seinem Kör-
en „grossen Erzählung“, im Sinne einer radikalisierten Mo-
per verschwunden.
derne verstehen.13
In Almadovars Film überwindet sich das Melodrama sel-
Hier führt der Gedankengang unweigerlich zu Donna Haraway’s
ber – was ist gut? Was ist böse? Wo ist die Überwindung? Al-
„Manifest für Cyborgs“:
les wird zur Verhandlungssache. In der postfamiliären Utopie
Verwischung dieser Grenzen ( zwischen Mensch und Maschine,
stehen Sex, Geschlecht, Beziehung zur Disposition – grün-
Anm. des Autors ) zu geniessen und Verantwortung bei ihrer
dend auf humanitären Werten wie Toleranz und Verantwor-
Konstruktion zu übernehmen.
„Dieser Essay ist ein Plädoyer dafür, die
tung. Das Resultat ist eine individuelle Gestaltung und Posi-
Frankenstein, und abge“ schwächt auch „Seven of Nine“ ( ein Cyborg aus der Serie „Raum-
tionierung von Körperlichkeit im sozialen System. Damit
schiff Voyager“ )15 führen uns auf eine falsche Fährte. Körper-
einher geht auch eine Neudefinition dieses Systems. Der dra-
lichkeit ist grundsätzlich ein kulturelles, mediales Produkt –
maturgische Rückgriff auf die Transplantationschirurgie
das Herz, das in uns pocht, bleibt zwar das Herz. Unsere
macht klar: hier wird allgemein die Zukunft des Körpers ver-
Wahrnehmung des Herzens war aber immer fundamental ab-
handelt.12
hängig von der medialen und wissenschaftlichen Aufarbeitung,
14
73
74
bedingt immer durch den jeweiligen kulturellen Deutungshori-
Hortus apertus
zont. Entsprechend verstehen wir das Herz und ordnen es unse-
Die Mauern sind entfernt, den Pflanzen fehlt die Reinheitssym-
rem Gesamtkörper unterschiedlich zu. Neu ist jedoch, dass die
bolik, auch sie sind als Kulturprodukte ausgewiesen und defi-
Veränderbarkeit eines Körpers innerhalb eines Lebenszeithori-
niert. Wir befinden uns in Systemen hochgradiger Abhängig-
zontes erfahren werden kann. Schreckensvisionen wie Fran-
keiten und komplexer Beziehungen. Was hat sich verändert?
kenstein hindern uns dabei nur daran, Entwicklungen genau
Auch Maria war innerhalb des Hortus einem vielfältigen christ-
anzuschauen. Sie verdecken damit den Blick auf unseren eige-
lichen System von Bezügen und Bedeutungen unterworfen. Die
nen Handlungsspielraum. Indem wir unsere Verantwortung
Mauer zur Aussenwelt, zu all den anderen Systemen, ist aber
wahrnehmen, bzw. die Wahrnehmung dieser Verantwortung
definitiv gefallen und das eigene System wird kontinuierlich
einfordern, können wir gestaltend mitwirken und den Prozess
überprüft und verändert.
der Veränderungen, wie auch deren Resultate, geniessen. 1 René Pollesch. „World Wide Web-slums“. Rowohlt Taschenbuch Verlag,
In „right time right place“ sind verschiedenste Diplomarbeiten zusammengefasst. Die Betrachtung kleiner Veränderungen und Verschiebungen – Veränderungen auf der Ebene der im Rahmen eines Instituts selbst gestaltbaren Prozesse und Produkte an den Schnittstellen Mensch / Maschine und Technologie /Gesellschaft öffnet den Raum, um Verantwortung zu übernehmen, um geniesserisch aktiv zu werden und sich durch das aktive Mitgestalten immer „zur richtigen Zeit am richtigen Ort“ zu fühlen.
Reinbek. 2003. 2 siehe z. B.: Karin Knorr Certina. „Die Fabrikation von Erkenntnis“. Suhrkamp Verlag, Frankfurt a. M.. 1984. 3 Anthony Giddens. „Die Konstitution der Gesellschaft“. Campus Verlag, Frankfurt a. M. / New York. 1995. ( S. 90, S. 117 ). 4 Penelope Hobhouse. „Der Garten – eine Kulturgeschichte“. Dorling-Kindersley Verlag, Starnberg. 2003. ( S. 97ff. ). 5 Richard Sennett. „Fleisch und Stein“. Suhrkamp Verlag, Frankfurt a. M.. 1995. 6 William Harvey. „Exercitatio anatomica de motu cordis et sanguinis in animalibus“. 1628. 7 Paul U. Unschuld. „Was ist Medizin“. C. H. Beck Verlag, München. 2003. Heinz Schott. „Die Chronik der Medizin“. Bechtermünz Verlag, Augsburg. 1997. 8 Marshall McLuhan. „Understanding Media“. Routledge Verlag, London. 2002 ( 1964 ). 9 Sadie Plant. „Das Mobiltelephon katapultiert die Menschen in die Welt“. Interview in der SonntagsZeitung. 18. April 2004. 10 David Rockeby. „Die Konstruktion von Erfahrung. Interfaces als Inhalt“. In: Martina Leeker. „Maschinen, Medien, Performances“. Alexander Verlag, Berlin. 2001. ( S. 55 ). 11 Claudia Benthien, Christoph Wulf. „Körperteile“. Rowohlt Verlag, Reinbek. 2001. Irmela Schneider. „Anthropologische Kränkungen – Zum Zusammenhang von Medialität und Körperlichkeit in Mediendiskursen“. In: Barbara Becker, Irmela Schneider. „Was vom Körper übrig bleibt“. Campus Verlag, Frankfurt a. M. / New York. 2000. 12 Margrit Fröhlich. „Synthetische Körper und echte Gefühle“. In: Margrit Fröhlich, Reinhard Middel, Karsten Visarius. „No Body is Perfect“. Schüren Verlag, Marburg. 2001. Christoph Haas. „Almodovar – Kino der Leidenschaften“. Europa Verlag, Hamburg / Wien. 2001. 13 Ulrich Beck und Wolfgang Bonss. „Die Modernisierung der Moderne“. Suhrkamp Verlag, Frankfurt a. M.. 2001. 14 Donna Haraway. „Ein Manifest für Cyborgs“. 1985. Zitiert aus der deutschen Übersetzung in: Claus Pias et al.. „Kursbuch Medienkultur“.
aus: Andrea Iten. „Frames for rooms“. 1997. © Andrea Iten. zVg.
DVA Verlag, Stuttgart. 1999. ( S. 465 ). 15 Andreas Rauscher. „Das Phänomen Star Trek“. Ventil Verlag, Mainz. 2003.
75
Vera BĂźhlmann
Coincidence – a happy complication of the ordinary
77
78
„Vom Zeitalter der Fernreise, mit Auf bruchspoetik und Uto-
zumute – happy world. Was soll man da noch sagen. Es scheint,
pievorstellungen zum Zeitalter einer Poesie der Komplexität:
man kann sich auf diese Weise der dem Glück zugrunde lie-
nicht mehr in die Ferne schweift das Verlangen sondern auf
genden Relationalität nicht annähern. Nun.
Synchrones, nicht mehr erfüllen sollen sich Vorstellungen,
“
sondern kombinieren soll sich die Gegenwart, laufend neu.
Der englische Ausdruck happiness hat
Peter Sloterdijk in „Tau von den Bermudas“.
interessanterweise denselben etymologischen Wortstamm wie das Verb to hap-
Koinzidenz – der Moment des unvorhergesehenen Zusam-
pen. Gemäss Oxford English Dictionary
mentreffens von Vorgängen, Geschehnissen, von coincidere
bedeutet to happen
kommend, lateinisch für das örtliche und zeitliche Zusam-
verb to express the simple occurrence of
menfallen von Verschiedenem, von dem, was real physisch
an event . Das Glücklich-Sein ist sprach-
„the most general
distanziert ist. Immer alltäglicher bringen die telematischen
“ lich in der Gegenwart verortet – es tritt
Technologien diese Distanzen zum Tanzen, sozusagen: was
dort zutage, wo die Dinge sich alltäglich
real physisch örtlich und zeitlich auseinander fällt, kann vir-
ereignen. Mit der ganzen Flüchtigkeit
tuell zusammengefaltet, einander telematisch ( mit Hilfe von
und Konkretheit des Momentes. Happily,
Medien ) nahe gebracht werden. Man kann in dieser Entwick-
oder im Deutschen glücklicherweise, ist
lung eine Emanzipationsbewegung vom Umständlichen, von
Ausdruck einer grundsätzlichen und of-
unserem unmittelbaren, physisch gegebenen Umfeld sehen.
fenen Affirmation des Momentes, der
Um mit freier Fahrt in die Ferne abzureisen, wie Peter Sloter-
konkreten Umstände, hier und jetzt. Ja,
dijk das formuliert. Nur, wer Distanzen überwinden will, wer
gerne. Darauf mag ich mich einlassen.
sich vom Umständlichen unabhängig machen will, dem wird
Wie wollen wir vorgehen? Eine solche Be-
zufällig Zusammengefallenes wahrscheinlich nicht mehr
jahung ist alles andere als unverbindlich,
auffallen. So wird er deshalb vielleicht, und anders als Chri-
und dennoch, es ist eine Bejahung, die in
stoph Kolumbus damals, gar nie Neuland betreten. Wenn hin-
ihrer Grundsätzlichkeit vielleicht eher
gegen das abenteuerliche Verlangen in der telematischen Welt
vorverbindlich ist – denn wie konkret
nicht die Ferne sucht, sondern auf bricht, um das Nächstlie-
sich das, wozu man erst einmal ja sagt,
gende zu erkunden, dann kann es geschehen, dass man sich
gestalten wird, steht am Anfang eines
tatsächlich zufällig und unverhofft, auf einmal in einer neu-
Abenteuers noch nicht fest. Interessan-
en Umwelt wiederfindet.
terweise bringt auch schon Aristoteles die in diesem happily anklingende Vor-
Vor dem Horizont dieser Fragen interessiert mich zuerst und
verbindlichkeit und Unmittelbarkeit des
vor allem und am dringlichsten die profane Beziehung von
Glücks zum Ausdruck, wenn er in der
Koinzidenz und Zufall. Denn solch unverhoffte Momente kom-
Nikomachischen Ethik das Glücklich-
mentieren wir alltäglich, und jeweils rückblickend, erstaunt
Sein als die einzige Befindlichkeit cha-
als unfassbar: Da habe ich Glück gehabt ( oder Unglück, je
rakterisiert, die wir an sich und für sich
nachdem ) – als ob wir, intentional, mit der Entfaltung des Ge-
selbst anstreben. Glück will man nicht in
schehens nicht wirklich etwas zu tun gehabt hätten. Wenn
Hinsicht auf etwas anderes, sondern ganz
man sich dementsprechend für’s Glück interessiert, wird ei-
unmittelbar und momentan.
nem dieser implizierten Oberf lächlichkeit wegen unbehaglich
79
The increasing telematic proximity of what has been spatially or temporally distant opens up a field of condensed virtual presence. Today, the adventurous does not so much consist in setting out to seek and explore the foreignness of the distant, but in paying attention to the unknown implications of the nearest. There seems to be a link between coincidence, the present and happiness – happiness, as Gertrude Stein put it, being the awareness for things that happen, in the present. The telematic emphasis on a topological conception of space, on relational neighbourhoods, and on the fold as an elementary figure of thought within semiotic thinking, introduces a perspective on coincidence, on what falls together by chance, as a happy complication of the ordinary.
80
Koinzidenz befindet sich so betrachtet also im Nachbar-
dynamisches Beziehungsgef lecht, in dem die Differenz immer
schaftsfeld von Affirmation, Gegenwart, Moment, Flüchtig-
schon Distanzen aushandelt und so für Bewegung in den be-
keit, Vorverbindlichkeit, Ereignis. Das Ereignis fragt danach,
deutenden Nähefeldern sorgt. Die Bedeutung eines Zeichens
sich seiner Offenheit auszusetzen. Wenn man sich für das in-
liegt darin, wie es sich von anderen Zeichen abgrenzt. Diffé-
teressiert, was gerade stattfindet, dann muss man sich auf
rance ist Derridas Begriff für diese Dynamik, Kette der Signi-
Ungewisses einlassen. Die Vielfalt der Möglichkeiten ertas-
fikanten derjenige Lacans. Mich interessiert hier der Ansatz
ten, denen man die eigene Aufmerksamkeit in jedem Moment
von Charles Sanders Peirce, weil er eine Kontinuität zwischen
widmen könnte – und dennoch immer, natürlich, auch hin-
Subjekt und Objekt wie auch zwischen Materiellem und Men-
sichtlich der eigenen strategischen Interessen. Gertrude Stein hat von happiness gesprochen als
„ Awareness for that which
talem wichtig werden lässt. So wird seine Semiotik zur Naturphilosophie, sozusagen, denn über diese Kontinuität wird die
1
Als öffnende Aufmerksam-
“ keit für das Implizite der gewöhnlichen Umstände, der alltäghappens – for things that exist. lichen Gewohnheiten.
Semiosis – der Bedeutungsprozess – evolutionär-dynamisch. Die intensive, Moment-bezogene Zeitlichkeit im Sinne von Bergsons Dauer klingt in dieser Kontinuität an, und damit auch die Raumzeitlichkeit, die Verortung von Bedeutungspro-
Dieses Finden von unverhofften Implikationen im Alltägli-
zessen in einem topologischen Sinn: Peirce spricht tatsäch-
chen, von Bedeutsamem im Gewöhnlichen, von Fernstem im
lich von seiner semiotischen Zeichentheorie auch als topolo-
Nächstliegenden, sozusagen, geschieht in der poetischen Pra-
gischer Logik. Als Logik des Ortes. Als Wissenschaf t der
xis der Sprache. Indem wir sprachliche Nähefelder schaffen,
Struktur des Denkens, ausgehend von und mündend in Ört-
indem wir Konzepte poetisch zueinander falten, und dann die
lichkeit, konkreten Situationen, der Gegenwart des Momen-
so entstehenden Relationen ref lektieren, gewinnen wir diffe-
tes. Durch die semiotische Triade bei Peirce wird der In-
renziertere Vorstellungen der Dinge. Zum Beispiel, indem wir
terpretationsprozess zur präsentierenden, zur poetischen,
beim Schmecken von Rotwein an Vanille, Passionsfrucht oder
schöpferischen, weltgestaltenden Praxis. Die Welt als Gefüge
Blaubeeren denken. So entfaltet sich das Bouquet. Durch
von Relationen, wobei sich die Dinge, die für uns zeichenhaft
dieses aktive sprachliche Explorieren kann sich die ge-
sind, ebenso wie wir selbst, die wir die Zeichen interpretieren,
schmackliche Reichhaltigkeit entfalten. Es ist dieser Prozess
sich im Prozess der Interpretation gegenseitig konkretisieren
des Entfaltens, worüber sich unsere Tradition des Geschich-
und somit wörtlich als Form hervorbringen. Sprache manifes-
tenerzählens entwickelt hat. Aber neben dem theoretischen,
tiert sich. Laufend und kontinuierlich. Interpretation ist hier
ref lektierenden Vermögen der Sprache ist es auch das poeti-
nicht nur retrospektiv gedacht ein Verstehen-von, sondern
sche Vermögen, welches durch das in-Beziehung-Setzen von
auch ein gegenwärtiges sich-auseinander-Setzen-mit.
nicht-nahe-Liegendem Realität schafft. Wörtlich. Und als Praxis. Immer schon.
Das Anliegen dieser epistemologischen Bewegung ist es nicht, vom Abstrakten zum Universellen weiterzugehen. Vielmehr
Die Suche nach dem Neuen hat viel damit zu tun, wie die
geht es darum, im Bewusstsein der Gleichzeitigkeit von Ver-
Dinge für uns bedeutsam werden. Nicht nur die Frage, was ein
schiedenem, der impliziten, virtuellen Andersartigkeit aller
Zeichen bedeutet, ist interessant, sondern auch und mindes-
Dinge, jeweils mit neuem Blick vom Abstrakten zum Konkre-
tens ebenso sehr die Frage, wie überhaupt etwas für uns zum
ten zurückzukehren. Ein solches Interesse spiegelt sich auch
Zeichen wird. In der Semiotik versteht man das Zeichenhafte
in den Naturwissenschaften wider, sobald diese sich für die
als unhintergehbar relational: Referenz wird hier nicht
Komplexität der Dinge interessieren. Denn mit Komplexität
als statischer und eindeutiger Bezug gedacht, sondern als
sagt man gleichzeitig auch Lebendigkeit, Kreativität, Un-
81
82
überschaubarkeit, Emergenz, Kontinuität, Irreversibilität, Mit-
Charakteristischerweise
bezeichnet
Topologie
sprachge-
verantwortung des Beobachters für das Beobachtete, Modell-
schichtlich die Lehre des konkreten Ortes. Das scheint zuerst
risiko, Unschärfe, Übergänge, Transformation. Kurz – wenn
einmal paradox, da die Topologie gleichzeitig auch eine Theo-
man sich auf die strukturelle Komplexität der Welt einlassen
rie über die Kontinuität ist – sie beschäftigt sich also gleich-
will, drängt sich das Werden vor das Sein, das Intensive, das
zeitig mit der Mikro- wie auch mit der Makroebene. Mit dem
Qualitative vor das Quantitative und damit vor das objektiv
ganz Konkreten und mit dem ganz Abstrakten. Das scheint
und eindeutig Messbare. Dies bedeutet nicht eine prinzipielle
aber nur paradox, ist tatsächlich jedoch genau der Punkt, wo
Absage an das formale wissenschaftliche Forschen, aber es
sich die Topologie mit den Prinzipien der Komplexität, der
charakterisiert dieses Forschen als Kartographieren der Welt.
formalen Untersuchung offener Systeme trifft: Das Lokale,
Entsprechend spricht zum Beispiel Gilles Deleuze von der Phi-
die ganz konkreten Anfangsbedingungen hier und jetzt
losophie als Geophilosophie. Und Hans-Peter Dürr 2 , Nobel-
( denn wo man nicht von Linearität ausgehen kann, ist jeder
preisträger und Direktor des Werner-Heisenberg-Instituts am
Moment potentiell ein Anfang ) prägen den weiteren Verlauf
Münchner Max-Planck-Institut für Physik und Astrophysik
eines Geschehens, und sind daf ür verantwortlich, dass
sagt, was wir heute vor allem brauchen sei Mut zur Unschär-
verbindliche und eindeutige Vorhersagen in komplexen Situa-
fe. Zum analytisch-reduktionistischen und genauen Blick
tionen nicht möglich sind: die Anfangsbedingungen in ihrer
hinzu ist eine geschmeidige Aufmerksamkeit für das Relatio-
Ereignishaftigkeit kann man prinzipiell ( aufgrund der semio-
nale, für Nähebeziehungen, für das Zusammenhängende ge-
tischen Struktur von Bedeutung ) nie als Totalität erfassen.
fragt. Von diesen Nachbarschaften, die man topologisch ( und auch Ein solcher Begriff der relationalen Nähe wird in der Topolo-
mengentheoretisch, gewissermassen ) als Einheiten identifi-
gie auf komplexe Weise formalisiert. Topologie ist die Geomet-
ziert, spricht man als Faltungen. Diese Denkfigur, die von
rie unter relationalen Vorzeichen, sozusagen. Als Geometrik
René Thom in seiner Katastrophen-Theorie 3 eingeführt wur-
der relativen Lage arbeitet sie mit den Grundbegriffen der
de, veranschaulicht, dass Differenz und Kontinuität sich nicht
Umgebung, der Nachbarschaft, der Überschneidung, des Über-
ausschliessen müssen: als Faltungen gibt es sehr wohl identi-
gangs, des Enthaltenseins, der Faltung und interessiert sich
fizierbare Einheiten, die eigene Innen /Aussen-Verhältnisse
für die Dynamik der Übergänge, der kontinuierlichen Trans-
aufweisen, und die somit als Objekte verstanden werden kön-
formation, des Zusammenhangs. Die Topologie ist eine mathe-
nen, obwohl sie alle kontinuierlich miteinander zusammen-
matische Disziplin. Das heisst, sie interessiert sich für die for-
hängen. Diese Konzeption von Einheiten als Falte veranschau-
male Vermessbarkeit der Dinge. Anders aber als die Geometrie
licht, dass das, was die Konturen, die Form von etwas gestaltet,
geht die Topologie nicht vom euklidschen 3-dimensionalen,
nicht ein essentieller Same ist, aus dem alleine alles spriesst,
leeren Rezeptakulum-Raum aus, sondern von einem evolutio-
sondern vielmehr das Zusammenspiel im Kontext, also mit
nären, variablen, dynamisierten Raumbegriff, der eine raum-
den Nachbarschaften einer Falte ( die Matrix, der Nährboden,
zeitliche Kontinuität impliziert. Indem sie sich relationalen
die Umstände ). Denn wenn man sich eine Veränderung bei ei-
Gef lechten widmet, Nachbarschaften, anstelle von einzelnen,
ner ( der unendlich vielen ) Faltenwölbungen vorstellt, so wird
statischen und idealen Einheiten, vermag die Topologie for-
deutlich, dass jede solche Bewegung aufgrund der Kontinui-
mal beschreibende Aussagen über raum( zeit )liche Körper ( so
tät der Textur Auswirkungen auch auf alle anderen Falten
genannte Faltungen ) zu machen, obwohl diese sich über die
hat. Die Falte ist eine Denkfigur, die es erlaubt, das Dis-
Zeit hinweg verändern können.
kontinuierliche mit dem Kontinuierlichen zusammen zu denken, in einem differentiellen Sinn. Der Schaum ist Sloterdijks
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Bild für solche topologischen Näheverhältnisse. Die Faltung
oder Butter aus Kuhmilch. Oder den rohen Fisch im Salz
als Denkfigur erlaubt es, sowohl auf die Vorstellung einer To-
konserviert. Das Neue entsteht aus einem ungewöhnlichen
talität, als auch auf die Vorstellung von abgeschlossenem,
Umgang mit dem Gewöhnlichen, aus der insistierenden
voneinander losgelöstem Einzelnen, zu verzichten. Differenz,
Ereignishaftigkeit des Vertrauten, aus Komplikationen im
Identität, sowie Transformation können als zeiträumliche
Alltäglichen.
Verhältnisse, als Bewegungsformen und dynamische Strukturen innerhalb eines relationalen Kontinuums gedacht
Die Bedeutung von Koinzidenz in einer telematischen Gesell-
werden. Implizieren. Explizieren. Komplizieren. Oder Auf-
schaft könnte darin bestehen, dass das zufällig Zusammen-
schäumen.
gefallene viel mit dem semiotisch-topologisch Zusammengefalteten zu tun hat. Die technologische Emanzipation von
Als philosophisches Konzept wurde die Falte in der französischen poststrukturalistischen Theorie
aufgegriffen4 ,
den unmittelbar bestimmten Nah-Fern-Verhältnissen, die Tat-
um der
sache also, dass ich mich Fernem über telematische Werkzeu-
Kontinuität zwischen der Struktur und der Phänomene,
ge jederzeit annähern kann ( was zu einer enormen Ausdeh-
deren Struktur man untersucht, Ausdruck zu geben. In der
nung des Momentanen führt ) – diese Emanzipation gibt uns
Falte wird das Verhältnis von Innen und Aussen als kontinu-
im Umgang mit dem Momentanen so grosse Freiheit wie noch
ierlich gefasst, ohne dabei die Differenz zu verlieren. Das
nie. Dabei ist es nicht zufällig, dass das wertvollste Gut unse-
Innen berührt das Aussen, und damit ist das Aussen im In-
re Aufmerksamkeit geworden ist. In seinen Ref lexionen dazu,
nen virtuell schon enthalten und konkretisiert sich dyna-
was Schrift für das Gesprochene, und für das Denken bedeu-
misch an der Schnittstelle, der Membran. Damit findet eine
tet, schreibt Vilèm Flusser davon, dass das Sprechen und das
Neubewertung der philosophisch traditionellen Privilegie-
Denken sich ihrer selbst erst hätten bewusst werden können
rung des Kerns gegenüber der Oberf läche der Dinge statt:
durch ihre Veräusserlichung in der Schrift. 5
topologisch, semiotisch gesprochen ist der Ort des Lebendigen die Oberf läche ( die Gegenwart, der Moment ), wobei sich
Vielleicht kommen wir zu einer souveränen Praxis der Auf-
diese als Zone verdichteter Näheverhältnisse ständig konkre-
merksamkeit ( und damit gewissermassen zu einer strategi-
tisiert. Wo Konstellationen von Relationen sich temporär zu
schen Praxis des Faltens, des zueinander-in-Beziehung-Set-
erhalten vermögen, wo Näheverhältnisse stabil werden, „ge-
zens ) auch erst jetzt, wo sich der natürliche Fluss durch die
wöhnlich“ werden, dort bilden sich Formen heraus. Transfor-
Verdichtung des Gegenwärtigen nicht mehr selbstverständ-
mation andererseits geschieht dort, wo nicht-nahe-Liegendes
lich anfühlt?
sich zueinander faltet, wo so neue Nähe-Verhältnisse entstehen. In der Semiotik von Peirce ist die Gewohnheit das haupt-
Im Umgang mit dem Momentanen wäre eine Art des Denkens
sächliche Charakteristikum von Geist. Der Interpretations-
gefragt, das sich prospektiv als etwas Schaffendes, als
prozess ist geprägt von Bezügen, an die wir uns gewöhnt
Praxis, versteht. Ein Denken, das sich im poetisch verdichte-
haben, von Näheverhältnissen, die stabil geworden sind. So
ten Moment ( ob telematisch oder nicht ) auseinander-setzt-
erstaunt es uns nicht mehr, einen stacheligen Kaktus zu se-
mit. Als solches ist es selbst-ref lexiv, denn Denken, das sich
hen, oder Erdbeeren, die rot sind. Und dennoch, der Interpre-
auf etwas bezieht, bindet sich immer schon selbst in die Rela-
tationsprozess ist auch kreativ – aufgrund der im Zeichen-
tion mit ein – es schafft Beziehungen zwischen sich und dem
haften insistierenden Materialität können wir grundsätzlich
Anderen. Doch ist dieses Denken, obwohl es selbstref lexiv ist,
die Dinge neu zueinander in Beziehung zu setzen. Zum Bei-
gleichzeitig auch transitiv – es setzt sich mit etwas aus-
spiel, als man zum ersten Mal aus Trauben Wein gemacht hat,
einander. Und natürlich ist auch die analytische Bewegung
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des aus-einander eine Komponente dieses Denkens, nicht los-
nen Projekte werden topologisch-semiotisch raumzeitlich
lösbar jedoch von der komplementierenden kombinatorischen
dargestellt – als Kartographien durch die individuelle Land-
Bewegung des aus-einander. Weiter ist Denken eine Tätigkeit
schaft der jeweiligen Projekttagebuch-Notizen, die, auf viel-
– eine Setzung –, der Denkende greift aktiv in das Faktische
fältige Weise, von Koinzidenz als glücklicher Komplikation
ein und prägt mit, wie es sich gestaltet. Die neutrale Situation
des Momentanen, des ( vorerst ) Unauffälligen, berichten.
der Auslegeordnung als Anfangspunkt gibt es nicht: Das auseinander Genommene hat immer schon wieder miteinander zu tun. Und mit demjenigen, der sich damit auseinandersetzt. Eine Poesie der Kombinatorik ist hier gefragt, ein „mettre en scène“, eine Montage-Praxis, mit ihrem Fokus auf die Gegenwart, ihrer Lust am Synchronen, und ihrer Absage ans Totalitäre. Wenn Bedeutung in diesem topologisch-semiotischen Sinn nicht als abstrakte Referenz, nicht als objektives Verstehen-von sondern als konstruktives sich-auseinander-Setzenmit, also als konkrete raumzeitliche Verortung gedacht wird – wobei sich diese Orte durch ihr wechselndes Verhältnis zum Umliegenden kontinuierlich und dynamisch gewissermassen autolog gestalten –, dann können wir davon ausgehen, dass Orte Geschichte haben, und dass Geschichte( n ) Orte haben. So wird dann die Erzählung poetisch, oder die Poesie wird erzählend, und der Film wird gleichzeitig poetisch und erzählend, dokumentierend und fiktiv – so wie bei Gertrude Stein oder Jean-Luc Godard, zum Beispiel. Eine solche projektive Begegnung von Erzählung und Poesie – das, was Derrida in seinem Buch benennt mit dem Titel „Eine gew isse unmögliche Möglichkeit, vom Ereignis zu sprechen“ – das scheint mir auch das Anliegen der hier in diesem Buch vorgestellten Projekte zu sein. Im Konzept der Projektdarstellung als Diary Mappings wird das Ereignishafte als Milieu, in dem Auseinandersetzungen stattfinden, in dem Projekte zustande kommen, explizit in die Darstellung miteinbezogen: neben der konzeptuellen Absicht der einzelnen Projekte treffen wir auch f lüchtige Notizen an, entwerfende Skizzen oder Auszüge aus Gesprächen, Statements, automatisch gefertigte Momentaufnahmen der Arbeitssituationen, oder auch Flugtickets, die in unserer telematischen Gegenwart nicht nur referentiell, sondern fast schon metaphorisch von der Weitschweifigkeit eines Projektes erzählen. Die einzel-
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1 Stein, Gertrude. „Gertrude Stein – writings and lectures 1911 – 1945“. Edited by P. Meyerowitz, 1967. Peter Owen Press, London. 1909. 2 Dürr, Hans Peter: „http://www.ursachenforschung.org /akademie / rueckblick / rueckblick_2001_3_tagung2001.htm“. 3 Thom, René. „Structural Stability and Morphogenesis“. Addison Wesley, New York. 1975. 4 Deleuze, Gilles. „Die Falte: Leibniz und der Barock“. Suhrkamp Verlag, Frankfurt a. M.. 1988, dt. 1996. 5 Flusser, Vilèm. Die Schrift. Hat Schreiben Zukunft? Fischer Taschenbuchverlag Frankfurt a. M.. 1993. Literaturangaben Bhaba, Homi K. „Die Verortung der Kultur“. Stauffenburg Verlag, Tübingen. 2000. Bergson, Henri. „Materie und Gedächtnis“. Meiner Verlag, Hamburg. 1991. Deleuze, Gilles. „Differenz und Wiederholung“. Fink, München. 1968, dt. 1997. Deleuze, Gilles. „Die Falte: Leibniz und der Barock“. Suhrkamp Verlag, Frankfurt a. M.. 1988, dt. 1996. Deleuze, Gilles. „Woran erkennt man den Strukturalismus?“. 1972, dt. 1992. In: David Lapou jade ( Hsg. ), Gilles Deleuze. „Die einsame Insel“. Suhrkamp Verlag, Frankfurt a. M.. 2003. Deleuze, Gilles. „Was ist Philosophie?“. Suhrkamp Taschenbuch Verlag, Frankfurt a. M.. 1991, dt. 2000. Derrida, Jacques. „Eine gewisse unmögliche Möglichkeit, vom Ereignis zu sprechen“. Merve Verlag, Berlin. 2003. Flusser, Vilèm. „Nächstenliebe im elektronischen Zeitalter“. Gespräch mit Florian Rötzer. 1991. In: Silvia Wagnermaier ( Hrsg. ) und Nils Röller. „absolute Vilém Flusser“. orange-press, Freiburg. 2003. Flusser, Vilèm. „Lob der Oberf lächlichkeit“. Bollmann Verlag, Mannheim. 1995. Flusser, Vilèm. „Die Schrift. Hat Schreiben Zukunft?“. Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt a. M.. 1993. Foucault, Michel. „Die Ordnung der Dinge“. Suhrkamp Verlag, Frankfurt a. M.. 1974. Godard, Jean-Luc. „Eloge de l’Amour“. Kinofilm. Schweiz. 2001. Heijnian, Lyn. „Happily“. In: The Language of Inquiry. University of California Press, Los Angeles. 2000. Peirce, Charles Sanders. „Semiotische Schriften I + II“. Suhrkamp Verlag, Frankfurt a. M.. 2000. Peirce, Charles Sanders. „Naturordnung und Zeichenprozess“. Suhrkamp Verlag, Frankfurt a. M.. 1991. Serres, Michel. „The Birth of Physics“. Clinamen Press, Manchester. 2000. Sloterdijk, Peter. „Zur Welt kommen – Zur Sprache kommen“. Suhrkamp Verlag, Frankfurt a. M.. 1988. Sloterdijk, Peter. „Sphären I – III“. Suhrkamp Verlag, Frankfurt a. M.. 1998 – 2004. Sloterdijk, Peter. „Tau von den Bermudas“. Suhrkamp Verlag, Frankfurt a. M.. 2001. Stein, Gertrude. „Gertrude Stein – writings and lectures 1911 – 1945“. Edited by P. Meyerowitz, 1967. Peter Owen Press, London. 1909. Thom René. „Structural Stability and Morphogenesis“. Addison Wesley, New York. 1975.
Reto Geiser and Donald Mak
Transcript of a conversation between Ann Arbor, Michigan, and Basel, Switzerland
91
„At electric speed, all forms are pushed to the limits of their potential.“ Marshall McLuhan
01 / 18 / 04 AIM Direct IM with ( null ) Reconnecting to Reto Geiser ...
00:49
GMT=00:49 London CET=01:49 Basel CDT=19:49 Ann Arbor
hey there yo, just a quick hello
00:50
CH = Switzerland
BJ = Beijing
See picture
just trying to get a flight to CH for thomas’ wedding... have to sleep soon, but don’t know when i’ll get internet connection in BJ
nice picture
pic is from portugal...ahh, summer, so far away
Portugal, 2003
opposite page
hey i am printing invitations for the wedding. i could potentially add new business cards for ourselves.... oooooh, new cards...
should we give it a try?
00:55
detroit is great by the way /
also the detroit windsor border, sure.
Photo: Mak
the socio-economic gap is very apparent there and there’s the largest Arabic population there in the world, outside a muslim country yes that’s Dearborn it all goes back to henry ford
we are doing fab research and your american slang is getting better!
somehow, but the conference’s focus is global
two of my students can go on a police patrol helicopter ride what are you researching?
is this related to your symposium / conference
is it car culture that creates these conditions?
hold on...
oh partially i’m sure. there is no public transportation whatsoever
7 sites
still need a good title for the symposium that expresses the idea of urban transformation…
all bordering conditions such as social, economic, cultural, racial borders etc.
„Pulling Triggers“
choose something fun...something NOT like Trans / Mutations
canadian borders? 01:05
entitled: Borderlines. The Transformative Urban Wall Detroit is perfect for that
Symposium:
and think at the same time about a new title for our project... lots to think about....but here’s something that touches on both
03 /13 / 2004, at Taubman College, University of Michigan, Ann Arbor, MI, USA 01:10
i like the idea of using a verb
01:50
could be also inverted
i would also like a verb as a new name so that’s a good direction! 01:40
want to make those cards? sure! Chinese symbol
colours are rhodamine red and silver
for number ten
what does that red look like almost magenta, but stronger and darker
Direct Instant Message session started
do you have an image? sort of it...
i was thinking we could use a primitive chinese symbol interesting... and an appenzell embroidery something calligraphic but very abstract, like a stone carving... sort of relates to that swiss cross-bow you showed me
can’t see it
hmmm, let me try this... see it now?
yes but maybe looks a bit like we’re a .... i don’t know
merging cultures
thought of making a card with lines on the back, so one can use it to write notes 01:45
but it’s too square and… so i’m going to get something else.
do you have one?
how about a nice image
yes
a structure, a city fabric or a landscape
a character? not digitized, but i’ll scan something in... hopefully when I’m in china
how detailed? is it printed or letter-pressed? print
we need to send out the film tomorrow.... I have a symbol in mind... maybe i can find something online
oh i see...so we can really go wild on card stock uncoated
i’ll just make something informal. won’t cost much anyway as it just goes with the rest of the wedding package... can i get something with my swiss contacts on it? so maybe it should be something superswiss sure send me what you want to be on it
two colours as mentioned i am fixed to those as the wedding cards are going to be that way can we get it printed in silver image with red text? 100 lbs
i’ll give you the symbol for ten which looks like the swiss cross
sure
how do you want it on? full surface, or just as a logo? Standard US size is 2 inches by 3.5 inches
the two sided cards are two over one
it depends on what i find... standard business card size? i’d like something that covers the back
100 lbs = paper weight
two over one = front: 2 colors
give me a second...
sure
back: 1 color
01:55
what typeface?
by the Italian
well, mars is topical right now
okay, what are you sending?! it’s huge sorry got killed
Aldo Novarese in 1962
AaBbCcDdEeFf GgHhIiJjKkLlM mNnOoPpQqRr SsTtUuVvWwX xYyZz123456 7890?!£$%&,:
serious now... mars? moon?
no more eurostile...
Eurostile = originally designed
MJ and bubbles, his monkey?
are you still there?
....but a hubble image is much more beautiful i’ll look right now, hold on. good, need decent quality though...
it’s a william morris pattern?
Michael Jackson and Bubbles.
wallpaper?
do you want your info on backside or backside purely text lines?
www.mmjworld.de
can you just put a big picture of a monkey on it? heeeeeeeellllooooooo i’m here, are you? 01:59
Direct Instant Message session ended
02:00
01 /18 / 04 Mars = mars rover
hello
good
lands on 01/04/04. Subsection of a 360˚
it was weird, cause I could see your typing, but you couldn’t see mine! it was like i was screaming at you in a vacuum
panorama taken by the imager for Mars Pathfinder IMP
exactly felt the same
technology...
source: http://mars. jpl.nasa.gov
Direct Instant Message session started
what about an image from mars? why not! do you have one? check the nasa website.
how is this? too literal? umm, what is that, a white line?
or a picture of michael jackson
should be a pdf. I’ll try again
to match the zeitgeist
yeah...something along that lines...figurative, not abstract Instant Messenger ID-picture
a monkey?
donkey
okay.
what’s wrong?
okay.
I’ll send it by email
02:05
02:10
you have new mail
i see it sort of...is it a pile of junk?
fetching...
yes, telephones and electro stufff Electrical junk
just like it as an image
Photo: Burtinsky
but might be too strange and not strange enough
02:15
02:30
got cut off again
i killed it again. did you get it?
You left the chat by logging out or being disconnected.
i guess i can sleep on the plane...but i’ll be a zombie for this meeting...remind me to plug in my mobile before i sleep! i’ll try
it’s still downloading... i’ll try lookting through my shots...
i actually thought of making lines, very school like on the back side to write on. so it is hyper obvious... i think that’s best...simple, graphic, no image 02:18
maybe plain silver on one side
hi
just the name knocked out very nice
i got cut off so did i in this moment did you get mail?
and then the lines and info on back side then we can fill it in ourselves exactly! all in silver?
it does that...cut people off sure, why not...all silver
02:35
but if you have the red, maybe just the smallest use of it, like we were being super-indulgent 02:20
02:26
You left the chat by logging out or being disconnected.
sounds good. what font???
not the michael jackson---is it possible that he looks even more plastic than before? sure, every day no i don’t want to advertise with him
classy. serif
classyyyy all the way.
( 1480 – 1561 ). The
something like that
standard „Original Garamond“ was introduced at the Paris
bump up the contrast on it.
and ampersand is good?
it’s 3:30am and there’s a massive bell-ringing at the church down the street...why?! because you’re in switzerland
a real „and“ is too much i think i like „&“ more than the word or „+“ me too. „+“ is too much D + S
are people supposed to get up to pray or something?
oh, how our past comes to haunt us...
An undefined AIM error has occurred. The server message was: Rend:Error You left the chat.
to the alphabet of Claude Garamond
garamond?
the hotel image could be good as the blanks to write in...
02:30
Garamond= related
and no „n“!
World’s Fair in 1900. 02:40
AaBbCcDdEeFf GgHhIiJjKkLl MmNnOoPpQq RrSsTtUuVvWw WwXxYyZz1234 567890?!£$%&,:
exactly… or the present rock ‘n’ roll
ampersand = &
02:45
anyway....maybe we need a second opinion?
but the typeface is terrible
like who right now? the other side of my brain
bodoni is too contrasty
Morris Fuller Benton
i think go even further back to a stone-cut
we can also wait with the cards if you want. this printer is fairly affordable. especially if we print one colour or what does the other side say? If we print two up, can we just do both and try them out?
also not sure about the solid colour
You left the chat by logging out or being disconnected.
and the email address
anyway, my typographic history is not up to what it was
or to jump ahead in time....maybe Gill i only have gill sans
?? 02:50
i was wondering whether we do something like have blank lines, but put in the ‘place holders’
but as you said better than the bodoni stuff yeah, it’s not the cut i’m thinking of...but we need something where the letters are square and solid
like have the @, and the telephone spacers ( +,-,. ),
i wonder if we need any text at all or if this becomes our void information card
great, i like that
how about just the ampersand
like it’s a pattern, but actually its a useful one
i’m going to try a mock up now...take a look i’m done.
and this becomes our logo i’ll send another sample... that’s set in dolly....
hold on just had a try too
i’ll take a look...but i’m about to pass out from sleepiness...
what is the number for?
i am passing out from hunger, haven’t eaten all day...
liked the idea of having space for notes...
that’s a crazy ampersand...i like it it’s almost like a chinese character
hold on, give me two seconds... 03:00
so, just the ampersand in red and then the silver lines on the back and the @ and the + – - – -
should we have a vertical card? I’ll send you a file can you send the pdf?
version for ATF in the early years of the 20th century. 03:11
Big Caslon=
AaBbCcdEeFf GgHhIiJjkLl MmNnOoPpQq RrSsTtUuVvW wXxYyZz123456 7890?!£$%&,: Gill Sans=
AaBbCcdEeFf GgHhIiJjkLl MmNnOoPpQq RrSsTtUuVvW wXxYyZz1234 567890?!£$%&,:
the instant business card
these would be in red, so that you can use them if you want, but if not, you just write right over it
02:55
revival with this
caslon looks ugggggly
by hand
what do you mean
started the Bodoni
Hi , cut off again
but i think caslon?
the other side is just the lines, no?
03:05
Bodoni =
NO I THINK THAT’S OVER... sure i think we need a better type.
i like the back with the lines...its a keeper...except maybe more space for the second space of the phone digits
is it too boring?
to keep it super minimal
i like the ampersand as a knock out, even in red the red would make the knockout clearer. the silver would have to coat completely but sometimes metallics don’t print evenly. could be fun, so text on back all silver?
03:15
Dolly = Designed by Dutch designers Underware in 2001
AaBbCcdEeFf GgHhIiJjkLl MmNnOoPpQq RrSsTtUuVvW wXxYyZz12345 67890?!£$%&,: 03:20
unless the symbols are red could do that. that’s what i have in the document. but it’s too small...the plates wouldn’t line up lpi = lines per inch
i can’t remember but they print on less lpi than the best
but its nice we started with the chinese character, then the idea of the generic and the signs. and now we have a project after 5 minutes
03:25
or better, 3 hours of chat no sleep for me tonight, but this was time much better spent i had fun! so, red and silver on the back? yes! yes! and there’s no identifying text anywhere i doubt it. i love the generic. the ampersand becomes the identity then our friends can use it
go to bed? go to eat...
and we’ll talk soon. when are you back from china? should be feb 1 always
was good talking
bye
You left the chat by logging out or being disconnected.
03:28
„All words in every language are metaphors.“ Marshall McLuhan
bye
Cristina Mösch-de Carvalho
árvore Ein Baum, ein Wunsch. árvore ist ein naturpädagogisches Angebot zum Thema Nachhaltigkeit für Kinder in Brasilien und in der Schweiz.
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„Sag’ es mir, und ich werde es vergessen.
árvore heisst auf Portugiesisch Baum.
Zeige es mir, und ich werde mich daran erinnern.
Der Baum ist Symbol des Lebens. Durch Experimentieren und
Beteilige mich, und ich werde es verstehen.
Spielen mit dem Baum im Mittelpunkt kann ein schöpferi-
Lao Tse.
scher Prozess angestossen werden, der
“
ganz unmittelbar Nachhaltigkeit thematisiert: Samen pf lanzen, das Keimen und
Wie kann eine kinder-
Spriessen wahrnehmen, über die wu-
gerechte Plattform
chernden Verwurzelungen staunen, die
entwickelt werden, die
raue Borke betasten, oder die Zeit erfah-
eine nachhaltige
ren, die Wachstum braucht. Und dabei
Nutzung der natürlichen
gleichzeitig über die kulturellen Grenzen
Ressourcen thematisiert?
hinweg erfahren, dass sich die Auseinan-
Wie kann man durch
dersetzung mit Bäumen für Kinder in ei-
nonverbale Kommunika-
ner ganz fernen Welt so anders gar nicht
tion ein Verständnis
anfühlt. Die komplexen und abstrakten
für komplexe Inhalte
Inhalte von Nachhaltigkeit werden so
schaffen? Nur eine aktive,
ganz unmittelbar erlebbar und mitteil-
länderübergreifende
bar – zum Beispiel haben die Kinder ge-
Beteiligung an einer ge-
genseitig ihre „Traum-Baum Aquarelle“
meinsamen Aufgabe
über’s Internet ausgetauscht und in neue
macht verständlich, was eine nachhaltige Entwicklung ist. árvore führt Workshops in Brasilien und in der Schweiz durch. Dabei tauschen sich Kinder über ihre Zukunftsvorstellungen aus. In spielerischer Form äussern sie ihre Wünsche und Befürchtungen, projiziert auf einen Baum – dieser wird zur Metapher, um die Ziele einer nachhaltigen Entwicklung zu kommunizieren.
Bilder „weiterwachsen“ lassen. Sieben Der Baum als Symbol des Lebens
„Nachhaltigkeit ist ein Suchprozess. ( ... )
Workshops wurden im Jahr 2004 bereits durchgeführt, und der virtuelle Aus-
Ich würde viel mehr Gewicht darauf le-
tausch wird durch Schulbesuche und
gen, dass die jungen Leute ihre Fantasie
Baumpatenschaften weitergeführt. Eine
entwickeln. Dass sie das Orientierungs-
Sammelmappe mit 18 Baum-Interaktio-
Schauen lernen, wo nicht Präzision das
nen dokumentiert die Arbeit von árvore
Entscheidende ist. Was wir heute brau-
und dient als weiterführende Anregung
chen, ist Mut zur Unschärfe. Das mag
für LehrerInnen.
negativ klingen. Aber die Gesamtschau braucht die Unschärfe. Wenn ich nämlich fokussiere, dann sehe ich zwar die Details, aber ich sehe keine Landschaft, ich sehe keine Beziehungsstruktur. ( ... ) Wir können die Unsicherheiten nicht mit immer mehr Wissen beseitigen. Aber es
Hans-Peter “ Dürr, Physiker, Direktor des Werner Heisenberg-Instituts am gibt noch das echt Kreative.
Münchner Max-Planck-Institut für Physik und Astrophysik.
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How can a platform be developed that addresses the topic of a sustainable exploitation of natural resources in a manner suitable for children? How can an understanding for complex contents be elicited through nonverbal communication? Only an active engagement across national borders for a common task renders comprehensible what sustainable development may be. árvore organizes workshops in Brazil and Switzerland, where children exchange their ideas and imaginations for the future. The children articulate their wishes and fears in a playful manner, projecting them onto a tree – which thereby becomes a metaphor for communicating the goals of a sustainable development.
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Die Landschaft drumherum – diary mapping 12. Februar 04 Ich experimentiere mit den Kommunikationsmöglichkeiten im Intranet Play2. Die Folge: Die ganze Projektunterwäsche hängt für jedermann zugänglich da, und ich benutze die Zeitleiste f ür kleine tagebuchartige Statements. Alle Dateien werden nach Datum benannt, damit die letzten Änderungen ersichtlich werden.
27. Februar 04 Gerade spielerische Prozesse fallen mir am meisten auf. Ich stelle fest, dass Kultur anfänglich gespielt wird, dass Spiele erzählen, wie Kultur entsteht. 7. März 04 Projektmanagement wird plötzlich konkret und nicht mehr schwammig. Ich entdecke täglich Kostbarkeiten der Arbeit, die in anderen Lebensgebieten einsetzbar sind. Als Beispiel: Mir wird es zum ersten Mal bewusst, dass ein Ziel nicht dasselbe wie eine Lösung ist. Sind es nur sprachliche Probleme oder sind es Lebensgewohnheiten? Ein Projekt ist kein Rezept, und diesmal sehe ich, wie nach einem Schritt ein nächster folgt, ich lerne im Bereich Projektmanagement laufen und nicht nur krabbeln.
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Rodolfo Semprevivo
baukom.net „Mein Baum ist ein ganz kleines Dorf.“
besser kommunizieren – besser bauen.
Elisabeth, 10 Jahre.
Wie kann die Kommunikation beim Bauen mit Hilfe Neuer Medien verbessert und die organisatorische Interaktion aller am Bau beteiligten Parteien gefördert werden?
„Wie kann ich den Anderen zeigen, wie es bei mir aussieht?“ Ezequiel, 9 Jahre. „Wir wünschen unserem Baum, dass er nicht immer beschnitten wird.“ Oliver, 10 Jahre.
„Ich möchte, dass jeder, der bei meinem Baum vorbeigeht, ihn lobt.“ Vanessa, 11 Jahre.
Partner in der Schweiz Christian Schumacher, Kantonsschule Olten. Basil Seiler, Primarschule Liestal. Lena Hersberger, Primarschule Aesch. Andreas Gerth und Katia Reichert, Primarschule T. Baerwart Basel. Christian Gyr, Greenpeace Schweiz. Partner in Brasilien Franciele Back und Silvia Jensen, Tagesstätte Lar Fabiano de Cristo, Florianópolis. Cássia Neviani, Balsas. Dr. Lucia Maria Paleari und Dr. Renata Fonseca, Universität UNESP, Botucatu. Projektteam HyperWerk Christian Peter, Christian Schumacher, Nelly Riggenbach, Thomas Martin. Mentor Max Spielmann Coach Daniel Humbert-Droz
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Interaktionsleitung und „rtrp“
Um Leerläufe und Fehler abzufangen, werden bei heutigen
„Es ist an der Zeit, sich in der Baubranche Gedanken über das
Bauvorhaben jedoch grosse „Puffer“ in Form von zusätzlicher
koordinierte Zusammenarbeiten zu machen. Es kann nicht
Zeit und zusätzlichem Geld einberechnet. Grund dafür sind
weiterhin so unproduktiv gearbeitet werden, nur weil man
mehrere Faktoren, wie zum Beispiel Wetterbedingungen, Bo-
nicht die geeigneten Hilfswerkzeuge zur Hand nehmen will.
denbeschaffenheit, schlechte Kommunikation und Unzuver-
Die Bauherrschaft hat nach wie vor das Sagen und es liegt an
lässigkeit der am Bau beteiligten Parteien. Unerwartete Er-
ihr zu bestimmen, welche Qualität sie am
eignisse und Sonderwünsche der Bauherrschaft während der
Bau erwartet, nicht andersrum. Meine
Realisierungsphase führen zusätzlich zur ineffizienten Nut-
Aufgabe als Dipl. Hochbauzeichner, Bau-
zung der Ressourcen. Mit Ausnahme des Wetters und der Bo-
leiter und angehender Interaktionsleiter
denverhältnisse sind diese Probleme menschlicher, meist
sehe ich darin, die Baubranche für dieses
kommunikativer, Natur.
baukom.net ist eine freie Planungs- und Informationsplattform für die Baubranche. Über ein benutzerfreundliches und frei benutzbares System bietet baukom.net eine breite Palette an Hilfsmitteln an, welche eine bessere Organisation und Koordination der Arbeiten auf den Baustellen ermöglichen. Leerläufe und Fehler, welche durch eine schlechte Kommunika-
Projektvorhaben zu sensibilisieren, und aufzuzeigen, mit welchen Mitteln welche Resultate erzielt werden können. Dabei stehen die Menschen aus dem Baugewerbe und ihre Kommunikationsbedürfnisse im Mittelpunkt!“ Die Baustelle ist ein Ort, an dem verschiedene Leute unterschiedlicher Herkunft miteinander so kommunizieren sollen, dass die Arbeiten am effizientesten ausgeführt werden können.
tion entstehen, lassen sich vermeiden – und somit kann die tägliche Arbeit an einem Bauprojekt erleichtert und die Leistungen verbessert werden.
baukom.net ist eine freie Planungs- und Informationsplattform für die Baubranche. Darauf werden alle Arbeiten am Bau geplant und verfolgt. Durch den offenen und modularen Aufbau der Plattform kann diese auch von Drittanbietern problemlos erweitert werden. baukom.net verbindet Planer, Bauherrschaften, Architekten, Unternehmen, Softwareanbieter, Behörden sowie Kreditanstalten, Lieferanten, Werber oder Serviceanbieter.
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12. Februar 04 „Es stellt sich als sehr schwierig heraus, Partner aus der Baubranche zu finden, die mit uns gemeinsam über eine solche Plattform nachdenken wollen. Das hat meiner Meinung nach mehrere Gründe: ein Mangel an Ressourcen, das Scheitern anderer Projekte im ähnlichen Rahmen, die Wirtschaftslage, die Trägheit der Branche selbst, Innovationsfeindlichkeit, baukom.net is a free planning and infor-
mation platform for the building industry Through a free and userfriendly system baukom.net offers a wide range of tools that help to organize and coordinate cooperation and workf lows on construction sites. Inefficiency and mistakes due to communication problems can be avoided. baukom.net facilitates everyday work in the construction trade and increases the overall performance.
Vorurteile gegenüber neuer Technologie, Mangel an Vertrauen in solche Lösungsansätze.“ 23. April 04 „In den Gesprächen fiel positiv auf, dass alle Gesprächspartner genau wussten, von welchen Problemen ich sprach und wie wichtig es wäre, diese endlich anzupacken. Aber viele meiner Gesprächspartner nahmen da eine machtlose Stellung ein, oder trennten sich vom Geschehen ab. Sehen zu können, dass ich mit meiner Idee und meinen Absichten richtig gelegen bin, hat mir Kraft gegeben, alleine weiter zu machen.“ 8. Juni 04 „Durch die mangelnde Hilfsbereitschaft der angegangenen Partner – die meisten
waren renommierte Unternehmen oder Verbände der Baubranche selbst – habe ich den Fokus der Arbeit verschoben von der anfangs geplanten Umsetzung einer solchen Plattform auf die ausführliche Ausarbeitung eines Lösungsansatzes. Ausserdem haben wir einen Businessplan erarbeitet, der das Unternehmen beschreibt, welches die baukom.net Plattform entwickeln, betreiben und unterstützen soll. Damit wollen wir nun neue Finanzpartner angehen, die nicht selbst aus der Baubranche kommen. Es sind Partner, welche den grössten Vorteil an unserem System hätten, z. B. wiederkehrende Bauherrschaften, Immobiliengesellschaften, Behörden, Banken, Versicherungen, Gemeinden und Kantone.“
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Martin J. Matt
bergen – wrong time wrong place alles was berge / ver / bergen
Webseite www.baukom.net Team Dionys Borter, Corinne Petitjean, Christian Egger, Elk Aron. Coaches Daniel Frei, Dipl. Bauleiter SBO. Bettina Lehmann, Dipl. Soziologin Lui Schloesser, Geschäftsführer intra-mark Consult GmbH, Köln Prof. Dr. Regine Halter, Prof. Mischa Schaub, HyperWerk FHBB. Thanks Carmela und Antonio Semprevivo, David Semprevivo, Giuseppe, Rosetta und Eleonora Semprevivo, Fabiana Gagliarde, Francesco Chillari, Michel Pfirter, Samuele Di Lernia, Alan Ravizza, Cristina Mösch-de Carvalho,
Prof. Winfried Gerling, Berlin Coach Inszenierung
Christoph Frommelt Schaan
David Huggel Audio
Luc Gross Inszenierung / Psychologie
Martin J. Matt Projektleiter Diplomant
Dr. Julen Psychologe
Michael Biedermann Coach Projektmanagement
Renato Soldenhoff Raum und Körper
Max Spielmann Interner Coach HyperWerk FHBB
Stephan Kümin Technik
Dr. Friedemann Malsch Kurator
Sandra Steiner Öffentlichkeitsarbeit
Kunstmuseum Liechtenstein
Liechtenstein
Liechtensteinische Bergrettung
Basel
HyperWerk FHBB
Berlin
Beat Muttenzer, Christof Seiler, Max Spielmann, Vera Bühlmann, Anja Gilgen, dem HyperWerk, allen Gesprächspartnern und angegangenen Institutionen, allen Freunden, Diplomanden und Helfern.
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Idee
Team
Am Anfang des Diplomjahres war mein Kopf voller Ideen und
Für mich war von Anfang an klar, dass ich meinem Team ge-
Gedanken. Mein Diplomprojekt sollte in direktem Bezug mit
nügend Freiraum zur Entwicklung und Realisation eigener
mir und meinen Leidenschaften stehen: Mit der Kunst und mit
Ideen lassen wollte. bergen sollte nicht mein Projekt, sondern
den Bergen. Ausserdem sollte es ein Pro-
unser gemeinsames Projekt werden. Ich habe keinen Moment
jekt werden, das für jeden fassbar und an-
erlebt, an dem ich nicht gerne an eine Sitzung gekommen bin
fassbar ist. Aus dem immer grösser wer-
oder an dem nicht zusammen gearbeitet
denden Gedankennetz entwickelte sich so
wurde. Das Erfolgsrezept? Vielleicht Ehr-
die Idee, im Kunstmuseum Vaduz eine
lichkeit? Mitbestimmung? Integration?
interaktive crossmediale Installation zum
Fairness? Oder alles zusammen?
Solange der Mensch sich in einer ihm gewohnten „heimischen“ Umgebung bewegt, fühlt er sich sicher. Doch gerade der gewohnte, „heimische“ Ort kann sich unerwartet plötzlich in einen unheilvollen, Angst einf lössenden Ort des Schreckens und der Gefahr verwandeln: Dies ist der Moment, in dem man sich zur falschen Zeit am falschen Ort befindet – „wrong place, wrong time“. Die crossmediale Installation bergen zeigt die Gratwanderung zwischen dem heimischen und unheimlichen Moment im gewohnten Umfeld auf. Dazu entführt sie den Besucher in die traumhafte und gleichzeitig traumatisier-
50-jährigen Jubiläum der Liechtensteinischen Bergrettung zu realisieren.
Projektmanagement Der Zeitpunkt, an dem ich persönlich,
Partner
mein Team und unser Projekt, zum ers-
Ich suchte mir einen starken Partner –
ten Mal richtig auf die Probe gestellt wur-
und fand ihn in der Liechtensteiner
de: Die Adaption von Michaels industriel-
Bergrettung. Diese Verbindung meines
lem Projektmanagement-System schien
Diplomprojekts mit dem Liechtensteiner
uns plötzlich ein Ding der Unmöglichkeit.
Verein sollte meine wichtigste Entschei-
Wir kamen in’s Schleudern, fingen uns
dung werden, denn die traditionsrei-
aber wieder auf: Das Team war verbun-
che Institution unter der Leitung von
dener denn je. Lösungen wurden gefun-
Christoph Frommelt öffnete meinem Pro-
den – Kompromisse gemacht.
jekt Tür und Tor zu den interessantesten potentiellen Sponsoren im Liechtenstei-
Inszenierung
nischen.
Ich weiss nicht, ob sich Winfried bewusst ist, wie stark er uns geholfen hat: Aus
Kunstmuseum Vaduz
Berlin kam ich immer mit einem Koffer
An einem so renommierten Ort wie dem
voll guter Antworten und vielen neuen
des Kunstmuseums Vaduz ausstellen zu
Inputs zurück.
können, bedeutete eine grosse Herausfor-
We feel safe as long as our environment is familiar. But especially familiar and trusted places can suddenly change into risky and dangerous scenarios: these are moments of being at the wrong time at the wrong place. The cross-media installation bergen takes the visitor into the fantastic and at the same time nightmarish world of the Swiss Alps, and lets us experience the tightrope walk between the domesticity of a familiar surrounding and the risk of sudden and unexpected moments of danger.
derung, die ich an mich und an mein Pro-
Technik
jekt stellte. Ich habe mich deshalb früh
Zuerst der Inhalt, dann die Technik – ein Credo, das sich ein-
auf diesen Standort fixiert, und bin mit
fach sagt, das jedoch nur schwer einzuhalten ist. Das verfüh-
den entsprechenden Leuten in Kontakt getreten. Ich bin nun
rerische Angebot der ETH Zürich, ihren Blue-C Cave zu nut-
einer der Ersten aus unserem kleinen Land, der eine Installa-
zen, hätte uns fast von diesem Vorsatz abgebracht. Stephans
tion im Kunstmuseum Vaduz präsentieren darf.
Ideen, unser Projekt nicht nur visuell, sondern auch akus-
ende Welt der heimatlichen Alpen.
tisch und taktil umzusetzen, überzeugten uns jedoch mehr als die rein visuelle Projektion des Caves.
119
120
121
Psychologie Der Zürcher Psychologe Dr. Julen bestätigt uns, dass die Entscheidung gegen das Cave und für Lucs Idee richtig war: Er schlug uns genau jene Umsetzung vor. Dass unser Entscheid von einem Fachexperten so explizit bestätigt wurde, war für
lohn / ausstellung // oktober 04 ///
mich eine Befreiung. Das Treffen mit Dr. Julen dauerte eine Stunde – beeinf lusst hat er damit die Arbeit eines halben Jahres. Bau
zielfahrt /
Die Produktion der Installation verlief problemlos. Da die Aus-
pr // juli 04
stellung erst im Oktober stattfindet, fiel die Produktion auf
/// sandra
die eigentlich wohlverdienten Sommerferien. Dies war zwar nicht ideal, doch konnten wir es nicht mehr abwarten, endlich unsere Installation zu realisieren. Deshalb wurde auch während den Ferien weiterhin f leissig konstruiert und programmiert.
steiner aufstieg / bau // juni 04 /// renato soldenhoff, stephan kümin, david huggel,
Finanzierung Ich konnte enorm von der Reputation der Bergrettungsorganisation sowie von Christoph und dessen Beziehungsnetz
sandra steiner, christoph frommelt
traum / technik // april 04 ///
profitieren. Christoph gab mir zudem als lang jähriger Freund
stephan kümin
einen starken moralischen Rückhalt. So wurde das Projekt
aufatmen /
niemals ernsthaft in Frage gestellt.
märz 04 // einatmen / mai 04 //
psychologie ///
f inanzierung ///
dr. albert julen,
christoph frommelt
erste schritte /
luc gross
november 03 /// lbr
2. gang /
// christoph
februar 04 //
frommelt
galopp / januar 04 //
start diplompfad / oktober 03 // ich /
projekt1. gang / kunstmuseum // dezember 04 /// dr. malsch
management /// michael biedermann
sprung / inhalt // februar 04 /// prof. winfried gerling
team /// luc gross, stephan kümin, renato soldenhoff, david huggel, max spielmann
122
Going public
Jan Schloesser
Obwohl wir uns keine kommerziellen Ziele gesetzt haben, wollen wir unsere Ausstellung sowohl an der Qualität als auch an der Quantität der Resonanz messen. Unser Ziel ist es, ein
e.loop
Publikum zu erreichen, das sich entweder mit Medienkunst oder mit alpinen Bergen auseinandersetzt: Wir wollen mit
e.loop develops an innovative terminal to record and
bergen den Besucher zum Nachdenken und zum Diskutieren
document public opinions in the form of video statements.
anregen, und somit neben einem interaktiven Unterhaltungs-
An audio-visual system collects opinions and integrates
wert auch präventiv jeden Einzelnen auf die Gefahren, die die
them automatically into a virtual documentation archive.
Berge bergen, aufmerksam machen.
Team Renato Soldenhoff, Stephan Kümin, Luc Gross, Sandra Steiner, David Huggel, Martin J. Matt. Partner Liechtensteinische Bergrettung, Christoph Frommelt, www.bergrettung.li. Kunstmuseum Liechtenstein, Dr. Friedemann Malsch, www.kunstmuseum.li. REGA, Schweizerische Rettungsf flugwacht, www.rega.ch. Coaching Prof. Winfried Gerling, FH Potsdam: Inhalt. Michael Biedermann: Projektmanagement. Max Spielmann: intern. Sponsoren Liechtensteinische Landesbank, www.llb.li. Post AG, www.post.li. Hilti AG, www.hilti.com. KruppPresta AG, www.thyssenkrupp.com. Frommelt Ing. Holzbau AG, www.frommelt.ag. Web www.bergen04.info Kontakt info@bergen04.info Vernissage 9. Oktober 2004, 20:00 Uhr, aus Anlass der ORF „Langen Nacht der Museen“. Ausstellung 9. – 24. Oktober 2004 im Kunstmuseum Liechtenstein, Vaduz, www.kunstmuseum.li.
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Szenario: Qualitätsmanagement und
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Szenario: Medienevent
interne Kommunikation im Unternehmen Info Info
Festival: ArtFutura. Ort: Barcelona, Spanien. Februar 2006.
Organisation: General Electric Europe. Ort: München, Deutsch-
Partner: e.loop, Club ArtFutura, ResFest.
land. Oktober – Dezember 2005. Partner: e.loop, General Elec-
web: www.artfutura.org.
tric Coaching, BBE Unternehmensberatung. Impact Impact
Auf dem Festival dienen zwölf e.loop-
Zwei e.loop-Terminals werden drei Monate lang sowohl im
Terminals den Besuchern als Infotermi-
Foyer als auch in der Cafeteria bei General Electric, München,
nal, Kritikplattform und Feedbackinstru-
eingesetzt. Das Ziel des Einsatzes sind Mitarbeiter- und Ma-
ment.
nagementbefragungen in Bezug auf Unternehmensbild und Förderung der Kommunikation auf allen „Etagen“.
Die Besucher können sich hier über das Festival-Programm und über den inter-
In enger Zusammenarbeit mit der Unternehmensberatung
aktiven Wegweiser innerhalb des Festi-
BBE werden die gesammelten Statements analysiert und ein-
vals orientieren. Jeder Besucher w ird
geordnet. General Electric legt viel Wert auf einen multimedi-
aufgefordert, sich an einer digitalen Um-
alen Output, der ohne grossen Aufwand selbstgenerierend
frage mit eigenen Videostatements zu
erzeugt werden kann.
beteiligen. A nschliessend werden die Aussagen als Ausgangsbasis f ür Ple-
Zur Einführung der Terminals bereitet e.loop ein Kick-Off
numsdiskussionen genutzt. Das Termi-
Event vor und stellt die technische Unterstützung vor Ort
nal dient ebenfalls dazu, allgemeine Kri-
sicher.
tik und Anregungen zu den verschiedenen ausgestellten Objekten zu sammeln.
Output Innerhalb von drei Monaten können 1248 Statements gesam-
Output
melt werden.
Neben der intensiven Nutzung als Infoterminal werden mittels e.loop 480 State-
Die Auswertung der Themen ermöglicht sehr wertvolle Er-
ments zu verschiedensten Themen im
kenntnisse vor allem für den Bereich Qualitätsmanagement
Bereich Neue Medien gesammelt. Die
und interne Kommunikation. Ausserdem werden die Termi-
Statements werden als interaktive DVD
nals intensiv für Verbesserungsvorschläge und als „Ideen-
am zweiten Tag des Festivals den Besu-
generatoren“ genutzt.
chern zum Kauf angeboten – was sich einer regen Nachfrage erfreut. Das Feedback zum Festival selbst dient den
e.loop lädt zur spontanen Meinungsäusserung ein. Mit einem interaktiven Terminal zur Aufzeichnung und Dokumentation von Statements ist e.loop als Video-basiertes Forum konzipiert, und bietet eine interaktive, multimediale Austausch- und Feedbackplattform. e.loop profitiert von der prototypischen Entwicklung der StatementStation und wird diese bis Mitte 2006 im Rahmen eines Forschungsvorhabens zu einem marktgerechten Produkt weiterentwickeln. Dies geschieht in Zusammenarbeit mit Hochschulen und Firmen. e.loop lässt sich in den verschiedensten Szenarien einsetzen. Im Folgenden wird eine Auswahl von Situationen vorgestellt, die zukünftige Einsatzgebiete von e.loop veranschaulichen.
Organisatoren als Ausgangsbasis zur Verbesserung der nächsten Inszenierung.
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Szenario: Geschichtsaufzeichnung Info Kongress: UNO meets oral history. Ort: Dakar, Senegal. April – Juni 2005. Partner: e.loop, Regierung Senegal, Intermedia-Consultant. web: www.uno.org. Impact e.loop reist im April 2006 drei Monate mit einem Terminal durch Senegal mit dem Ziel, die uralten Traditionen der einzelnen Stämme multimedial aufzuzeichnen. Der Einsatz des Terminals ermöglicht die Dokumentation und die Wiedergabe wichtiger traditioneller Informationen, die bis zu dem jetzigen Zeitpunkt fast ausschliesslich mündlich überliefert wurden. Das Medium Video ist wegen der hohen Anzahl an Analphabeten in Senegal ein sehr geeignetes Instrument und löst starke Begeisterung aus. Die Regierung Senegals begrüsst dieses Projekt sehr und möchte die Zusammenarbeit mit e.loop erweitern und bis 2008 mit mehreren Terminals fortsetzen. Auf dem Kongress „UNO meets oral history“ werden die Ergebnisse präsentiert, analysiert und anschliessend diskutiert. Viele Beteiligte sehen im e.loop-Terminal und dem damit einhergehenden Prozess eine bahnbrechende Entwicklung für den Bereich der Geschichtsaufzeichnung. Output In dieser Zeit können 760 Statements aufgezeichnet werden. Neben der Nutzung als Aufzeichnungsinstrument für traditionelle Rituale und Stammeseigenschaften wird das Terminal auch als Kommunikationsinstrument zum Übermitteln von Botschaften rege genutzt. In verschiedenen Gegenden wird der Wunsch geäußert, das e.loop-Terminal als Aufzeichnungsmedium langfristig zu installieren.
e.loop is an interactive terminal to record and document statements – it invites to the spontaneous expression of opinion. Designed as a video-based forum, e.loop offers an interactive, multi-media based platform for feedback and exchange. The project profits from the prototypical development of the StatementStation. Within the scope of a research program, and in cooperation with universities and companies, e.loop will advance this interactive video terminal into a product geared to market requirements until 2006. There are various promising scenarios for the utilization of e.loop. A series of situations is presented throughout the following pages, in order to illustrate future fields of application.
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Arne Schöllhorn
exPress „Mit welcher Methode kann ich Ideen und Visionen für die Zukunf t des Druckgewerbes gewinnen und anschliessend kommunizierbar machen?“ „Which method is useful to gain ideas and visions for the future of the printing industry? How can I communicate the results?“
Network Erwin Schaal, hellblau mensch-maschine-kommunikation GmbH, Deutschland. Mischa Schaub, HyperWerk FHBB, Schweiz. Constanze Kirmis, metafestival, Europe. Reto Wettach, Interfacedesign FH Potsdam. Coaching Intern: Andreas Krach, HyperWerk FHBB, Schweiz. Extern: Ludwig Schlösser, intra-mark, Deutschland. Team HyperWerk Dorothée Schiesser, Thomas Bach, Andreas Hupfer. Contact Jan Schlösser, Initiator e.loop, c / o HyperWerk FHBB, Totentanz 17, 4051 Basel, Switzerland. Web www.hyperwerk.ch/eloop, e.loop@hyperwerk.ch
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Erforschung der Zukunft? Wie lassen sich Ideen und Visionen für die Zukunft gewinnen? Werde ich Utopien entwickeln? Oder gar eine Science-Fiction Erzählung? Oder gibt es wissenschaftliche Methoden, anhand derer man sich mit der offenen Zukunft auseinandersetzen kann? Kann man prinzipiell überhaupt verbindliche Prognosen für die Zukunft machen? Oder gibt es einen anderen Umgang mit Zukünftigem? Fest steht: Bei jedem Entscheid benötigen wir Informationen über die Vergangenheit ( woher komme ich ), die Gegenwart ( wo stehe ich ), und auch über die Zukunft ( was sind mögliche Entwicklungen, wo will ich hin ). Ohne Vorausschau ist keine Entscheidung möglich. Jedoch muss man, angesichts der Komplexität der Welt, wohl von alternativen Zukünften ausgehen. Bei Zukunftsforschung geht es darum, alternative Zukünfte zu erfinden und Wege zu suchen, damit das bevorzugte Zukunftsbild eintreffen kann. Dabei ist es wichtig, sowohl die Fortschritte auf diesem eingeschlagenen Weg zu beobachten, wie auch gleichzeitig das wünschbare, angestrebte Ziel im Licht von immer wieder neu gewonnenen Informationen und Erfahrungen in Frage zu stellen und zu überprüfen. exPress versucht, über das Entwerfen konkreter Szenarien den möglichen Entwicklungsverlauf der graphischen Branche vorwegzunehmen. Der Anspruch dabei ist nicht, die Zukunft vorauszusagen oder Wahrscheinlichkeiten für das Eintreten von bestimmten Szenarien zu formulieren. Mittels verschiedener Szenariotechniken können dynamische Systeme in ihrem Funktionsprozess begriffen sowie konkrete Möglichkeiten oder Wünschbarkeiten entdeckt und formuliert werden.
„Der graphischen Branche fehlen Ideen für die Zukunft“ – dieses Credo drückt die gegenwärtige Stimmungslage in dieser Branche aus. Es gibt mit der Zukunftsstudie des Branchenverbandes Viscom zwar eine quantitative und wirtschaftliche Situationsanalyse, was jedoch fehlt sind visionäre Synthesen und Ableitungen hinsichtlich konkreter Zukunf tsszenarien. exPress ergänzt die Fakten dieser Studie um ein im persönlichen Dialog entstandenes Stimmungsbild und skizziert konsistente Zukunftsszenarien, die als Denkanstösse und Gesprächsgrundlagen für Entwicklungen in dieser bedrohten Branche dienen können.
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„Die Frage, wie die elektronischen die gedruckten Medien
Interviews. Oder das Sammeln von Zukunftsvorstellungen Einzelner.
beeinf lussen, ist matchentscheidend. Es ist jetzt matchent-
In 10 Interviews kommen Druckereibesitzer, Experten, Bera-
scheidend, denn wenn diese Sachen erstmal greifen, ist es de-
ter und Verbandsvertreter zu Wort. Im Mittelpunkt dieser Ge-
finitiv zu spät, um zu reagieren.
“The graphical industry is in need of new ideas for the future“ – this credo expresses very well the contemporary mood within that industry. Viscom, the Employers Association from the Federal Printing Industry, has conducted a study which analyzes the situation from a quantitative and economical perspective. Visionary syntheses and deductions about concrete scenarios for the future, however, are missing. exPress complements the facts of this study with an image about the spirit of time that has emerged in personal dialogs, and with commonly outlined, consistent scenarios about the future. These should serve as an impulse and basis for discussing the further development of this endangered industry.
“ Peter Stämpf li.
spräche stehen die subjektiven Einschätzungen Einzelner: Ihr Verständnis des Wandels gegenüber der Vergangenheit, ihre Meinung zur gegenwärtigen Situation, ihre Hoffnungen und Ängste für die Zukunf t. So verschaffe ich mir einen Überblick über die herrschende Stimmung bei wichtigen und interessanten Exponenten der graphischen Industrie.
„Was hat sich in Ihren Augen in den letzten 15 Jahren in der Druckerei am meis-
Szenarioworkshop.
ten verändert? Welche Chancen und Ge-
Oder das gemeinsame Entwickeln von Zukunftsbildern.
fahren sehen Sie für die Zukunft?
In einem drei tägigen Workshop folgt exPress der von Dr. Ge-
“
„Ich
reon Klein und Prof. Dr. Hans Graf entwickelten Methode des
denke, es wird nicht mehr lange
Zukunftsgipfels: Wir betrachten das Druckgewerbe als dyna-
dauern, bis die Leute den Prozess nicht
misches System, und besprechen und analysieren die invol-
mehr verstehen müssen, um gute Resul-
vierten Schlüsselfaktoren und Wechselwirkungen in einem
tate zu erzielen.
offen moderierten Gespräch. Daraus entwickeln wir sechs
“
Marco Fanetti.
„Die Branche hat überhaupt keine Innovationskultur. Peter Karlen. “
konkrete Szenarien, für die wir in verschiedenen plakativen Bildern eine klar kommunizierbare Form suchen. Diese szenarischen Visionen sollen neue Möglichkeiten für das eigene Handeln eröffnen, und können zyklisch angewandt auch als Steuerungsinstrument eingesetzt werden.
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exPress – natürlich ein Buch.
Céline Studer
Die Erfahrungen und Ergebnisse von exPress werden – als Statement zum Thema „Buchproduktion heute“ – in einem 80-seitigen Buch publiziert, das in 80 individuellen Ausgaben erscheinen wird.
Fashionation: Mythos.Mode.Markt. „The mystery of the world is the visible, not the invisible.“ Oscar Wilde.
Projektteam Annett Altvater, Erwin Widmer, Florian Suter, Dr. Gereon Klein, Ivan Weiss, Kenneth Brönnimann, Peter Schär, Robert Gehrig, Rudolf Bächlin, Xaver Zimmermann. Coaching Dr. Gereon Klein, Mischa Schaub. Partner / Sponsoren UGRA, St.Gallen; HyperWerk FHBB; Dr. Gereon Klein, Blauhaus / SGZZ; NexPress, Bern; Buchbinderei Burckhardt, Mönchaltorf; Antalis, Lupfig; Papiermuseum Basel; Digitaldruckforum Mainz; Netlive, Teufen. Internet http://www.express04.net
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„Exploding-Kleid“ Innen – Aussen In einem Wechselspiel zwischen innen und aussen entäussert, beziehungsweise veräussert man sich ständig – mit Sprache, mit Blicken, mit Gesten etc. Unser „Exploding-Kleid“ „kommuniziert“ mit Texten, Zeichen, Phrasen, welche buch-
Zur Kommunikation
stäblich aus dem Inneren herauszuf liessen scheinen. Der Körper – Ort der Sehnsüchte, wandelbar, verfügbar, einzigartig. Zur „Ikone“ stilisiert wird er zum Phantasma eines Ichs, das den Anspruch erhebt, Körper und unsterblich zu sein. Die Technologien machen es möglich und die Medien verkaufen unsere Sehnsüchte, Begehren und Träume: „Kollektives Imaginäres“ konkretisiert sich als Lifestyle. Fashionation untersucht, was „intelligente Mode“ in einer Verbindung von Technik und Design bedeuten kann und erörtert den potentiellen Sinn und Zweck davon. Wenn Menschen miteinander kommunizieren, bedienen sie sich nicht nur der Sprache.
stehen uns noch andere Mittel zur Verfügung:
Die Trägerin vom „Exploding-Kleid“ gleicht
die Sinne, die Gestik,
einer Supernova, die ihr Licht nach aus-
die Körpersprache im All-
sen hin abgibt. Das Textil des Kleides ist mit Löchern durchsetzt. Durch jede Öff-
„Scan-Kleid“
nung wird eine „Botschaft“ an die Umge-
Aussen – Innen
bung ausgesendet, die als Projektion auf
In unserer Gesellschaft wird man immer
Wänden oder Personen eine Form findet.
schon taxiert, heimlich gescannt. Man
Der Abstand zwischen Projektion und
wird eingeordnet bezüglich des eigenen
Projektionsf läche bestimmt, wie die Bot-
Verhaltens, des Aussehens, der Kleidung,
schaften wahrgenommen werden – ob als
der Ausstrahlung. Entspricht man den
Sprache, als Lichtstrahl, als Zeichen etc.
Erwartungen der Gesellschaft, wird man
Die betrachtenden Personen werden zur
von ihr erkannt bzw. anerkannt. Das
Interaktion animiert, sie können mit ih-
„Scan-Kleid“ soll das heimliche, uneinge-
rem eigenen Körper oder mit Utensilien
standene Taxieren entlarven und darauf
wie Handtasche, Hut, Schirm, Sonnen-
reagieren.
brille etc. die Projektionen einfangen und so zum Ausdruck bringen. Obwohl der Be-
Die Trägerin des Kleides, selbstbewusst,
trachter auf das Kleid keinen Einf luss
reizvoll und frech wie sie ist, weist den
nehmen kann, ist es möglich über die
ihr entgegengebrachten Blick zurück
Projektionen mit der Trägerin des Kleides
und überführt den Voyeur: Das Kleid re-
in ein Wechselspiel zu treten.
agiert auf den frechen Blick mit akustischen Signalen und stellt so einen konfrontierenden Kontakt zum Betrachter her. Vier Laser / Infrarotpointer zirkulieren
gemeinen. Fashionation kreiert drei „Körperkleider“, die das komplexe Wechselspiel zwischen Betrachter und Kleid wahrnehmbar machen. Diese Kleider sollen „intelligent“ sein und „wearable“; sie sollen „intelligentes Textil“, Architektur und Kommunikationstechnologien nützen, um mit dem physischen Umfeld der Trägerin in Kontakt zu treten. Durch das direkte Wirken der drei Kleider erscheinen verborgene Strategien der Interaktion im Licht der Wahrnehmung. Vielleicht entstehen dadurch neue Arten der Kommunikation.
durchs Publikum. Das Kleid ist an definierten Stellen mit verschieden programmierten Empfängern ausgestattet, welche auf die gesendeten Blicke reagieren und antworten. Treffen Sender und Empfänger auf dem Kleidungsstück aufeinander, wird eine akustische Nachricht zurückgegeben.
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„Exchange-Kleid“ Austausch Täglich erlebt man ganz verschiedene Situationen. Erlebnisse werden in irgendeiner Form wahrgenommen und bald schon durch neue Erlebnisse ersetzt. Sie bleiben kürzer oder länger präsent, bis sie vergessen oder ausradiert werden und andere an ihre Stelle treten. Den Besuchern der Performance wird ein obligatorisches „Eintrittsband“ abgegeben. In diesem Band sind unterschiedliche Sender platziert, die mit einem Farbcode ausgestattet sind. Spricht die Trägerin des „Exchange-Kleids“ mit einem Besucher oder begibt sie sich in dessen Nähe, beginnt das Kleid seinen oder ihren Farbcode zu übernehmen. Je länger die Farbübertragung stattfindet, desto intensiver verfärbt sich das Kleid. Bewegt sich die Trägerin des „Exchange-KleiThe body – source of
yearnings, changeable, available, unique. When stylized into an „icon“ it becomes a phantasma of the self, demanding to be both mortal and immortal. Today’s technology makes it possible and the media sell our yearnings, desires and dreams: „collective fantasy“ substantiates into Lifestyle. Fashionation examines the potential meaning of „intelligent fashion“ in its combination of technology and design. What are the benefits, and what can it be used for?
des“ aus dem Empfangsbereich des Senders und wendet sich einem anderen Sender zu, klingt die Farbe des ersten Senders langsam ab und das Kleid stellt sich auf den neuen Sender ein. Durch das langsame Ansteigen und Abklingen der jeweiligen Farbanteile ( verschiedene Sender, verschiedene Besucher ) entstehen Mischfarben und Farbgemische, die interessante Farbspiele erzeugen.
Our communication does not necessarily depend on language. There are other means at our disposal: the senses, gestures, body language in general. Fashionation creates three „bodydresses“ which make the complex interplay between observer and dress perceivable. These dresses are meant to be „intelligent“ and „wearable“. They work with „intelligent textile“, architecture, and communication technology in order to relate to the physical surroundings. Hidden strategies of interaction become apparent through the direct impulses of the three dresses. Perhaps this will favor the emergence of new forms of communication.
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Symposium „Netzwerk Stoff“ 10. Juli 2004
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Michel Pfirter
an der HGK Textildesign Luzern Das Symposium „Netzwerk Stoff“ ist Teil des Projekts Fashionation. Im Dialog mit Experten und Expertinnen aus
4friends
unterschiedlichen Bereichen werden Entwicklungen an der Schnittstelle zwischen Mode und Technologie präsentiert
Wie lassen sich latente Bedürfnisse
und zukünftige Potenziale ergründet. ReferentInnen:
für die Entwicklung neuer mobiler Medien erkennen?
Dr. Isa Hofmann MA, Sabine Seymour, Prof. Dr. Jill Scott, Stijn Ossevoort, Céline Studer und Françoise Adler. Podiumsdiskussion: mit den ReferentInnen und „grenzenlos“
Prof. Dr. Beatrice Wehrli. Moderation: Dr. Meret Ernst Mit herzlichem Dank für die Unterstützung: Infineon Technologies AG, München. Mammut Sports Group AG, Seon.
„originell“
Bischoff Textil AG, St. Gallen. Jakob Schlaepfer, St. Gallen. Jakob Müller AG, Frick. Sefar AG, Rüschlikon. Hochparterre, Zürich. Druckerei Odermatt, Dallenwil. Hotel Ambassador, Luzern. Confiserie Bachmann, Luzern. Mineralquelle Eptingen AG, Eptingen. HGK Luzern. HyperWerk FHBB. www.netzwerkstoff.net
www.fashionation.info Ein interdisziplinäres Projekt am HyperWerk FHBB, in Zusammenarbeit mit
„kontrast“
der ETH Zürich, Departement Elektrotechnik, der Universität Zürich, Deutsches Seminar, der HGK Luzern, Textildesign und Video, der Universität Freiburg, Institut für Informatik Team Christian Schumacher. Françoise Adler. Jamie Ward. Kaleo La Belle. Lars Henning. Manuel Studer. Marco Jann. Marsha Jäggi. Maya Suter. Nad ja Tarnutzer. Nathalie Wernz. Samuel Ruckstuhl. Stijn Ossevoort. Tian Lutz. Valentina Stieger MentorInnen Andreas Krach. Prof. Dr. Beatrice Wehrli. Doris Kurzmeyer. Erika Zelic. Sabine Seymour. Prof. Pia Schleiss. Tina Moor Mit herzlichem Dank für die Unterstützung Luminex spa, Prato. STABIO Textil SA, Stabio. Panasonic, Schweiz. ErgoSoft AG, Altnau. Zünd, Altstätten. Fabric Frontline, Zürich. Jingle Jungle AG, Zürich. SwissOptic ( Lehrlingswerkstatt ), Heerbrugg. HGK Basel, K + K. Dr. Tünde Kirstein. Richard Adler. Eric Werfeli
„feel free“
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Studie zu Umgangsformen und Kommunikationsverhalten
4friends will verstehen, unter welchen Umständen eine
SMS, der heute neben dem Telefonieren am meisten genutzte
Dienstleistung „trendy“ wird. Mit einem MMS Foto-Wettbe-
Mobile-Dienst, war nie als kommerzielle Dienstleistung konzi-
werb schafft 4friends eine Situation, in der sich Teams von
piert worden. SMS war von Nokia als Kommunikationsmittel
ausgewählten Freundeskreisen mit neuer, mobiler Technolo-
für ihre Techniker bei schlechtem Funk-
gie auseinandersetzen. Kreativität, Improvisation, Reakti-
Empfang entwickelt worden. Die Idee, eine
onsgeschwindigkeit und Teamgeist sind gefragt.
4friends stellt für Swisscom Innovations ein Instrument zur Verfügung, mit welchem schlummernde Bedürfnisse der Mobile-Nutzer erfasst werden können mit dem Ziel, gemeinsam neue Services zu ent-
Dienstleistung verkaufen zu wollen, bei der man mit nur neun Tasten für das ganze Alphabet einen auf 160 Zeichen begrenzten Text schreiben kann, war nicht gerade naheliegend. Erstaunlicherweise wurde genau diese Dienstleistung zum Trend.
wickeln. Im Mittelpunkt stehen Freundeskreise, für die mit 4friends ein attraktiver Rahmen geschaffen wird, in dem sich aus dem spielerischen, alltäglichen Umgang mit neuer,
Zu vorerst unbekannten Zeitpunkten werden per SMS Begrif-
mobiler Technologie Prä-
fe kommuniziert, zu denen die Teams jeweils ein kreatives
ferenzen erkennen
und metaphorisches Bild für den Wettbewerb einreichen kön-
lassen. 4friends organi-
nen. Dazu müssen sie sich vorher einigen, welchem Bild sie die
siert einen Wettbewerb
beste Chance geben. Auf einer Website werden die Bilder dann
und verschiedene Events,
publiziert und für ein öffentliches Voting freigegeben.
um auf einer persönlichen Ebene auf die ein-
Die Jurierung findet über die Website statt – jeder kann dort
zelnen Freundeskreise
seine Stimme abgeben. Somit kann jedes Team aktiv auf seine
einzugehen. Ziel ist es,
Gewinnchancen Einf luss zu nehmen, indem es anhand der
soziale Kommunikationsstrukturen zu erkennen und das spontane Benutzerverhalten zu beobachten.
bereitgestellten Auf kleber sein eigenes Marketing betreibt. „luxus“
Spannend ist natürlich für uns, auf welche Art und Weise die Teams ihre grösseren Freundeskreise auf die 4friends Website aufmerksam machen. Dieser Wettbewerb findet drei Mal statt, und zum Abschluss reisen alle gemeinsam für ein Wochenende nach Hamburg.
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Visionen „some like it hot“
Zu wissen, wo sich Freunde auf halten, wie es Ihnen geht und
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wie sie miteinander umgehen sind Kernthemen im Bereich von Community Building. Das Konzept 4friends könnte in eine fortlaufende Serie solcher Events münden, wobei verschiedenste Zielgruppen in den Entwicklungsprozess neuer Features, Dienstleistungen und Dienstleistungsapplikationen dauerhaft integriert werden können. Wir stellen uns beispielsweise eine Show à la Fame Academy oder Big Brother vor, womit aus einer beinahe unerschöpf lichen Quelle neue Inputs für die Gestaltung unseres zukünftigen mobilen Lebens gewonnen werden können.
„verbindung“
Szenarien für den mobilen Alltag Fragmente aus einem Brainstorming friendZone+: Exakte Angabe der Position in Bezug auf festgelegte Lokalitäten. Show Off: Ein MMS Bilder Portal, mit dem man aufgenommene Bilder auf Display„dicke luft“
„privatsache“
f lächen in Trendlokale und zugleich ins Web versenden kann. FotoKit: Eine Applikation, die einfache Bildbearbeitung übers Mobiltelefon ermöglicht. TouristInfo: Touristische Informationen werden dem Benutzer entweder auf Verlangen oder automatisiert beim Vorbeigehen an Attraktionen auf ’s Handy gespielt. Voice2sms: Der Text einer MMS oder SMS muss nicht mehr eingetippt, sondern kann diktiert werden.
4friends provides a tailor made tool which allows Swisscom Innovations to identify the needs and requirements of the mobile user. The aim is to jointly develop new, additional services with an emphasis on friend communities. 4friends provides an attractive forum for young people to use mobile technology in a playful and everyday manner, thereby revealing certain preferences and patterns of behavior. 4friends organizes various events and a competition intended to interact with individual groups of friends on a personal level, thus giving a unique opportunity to observe both spontaneous user behavior as well as particular communication structures.
„auslaufen“
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Tamara Staub
„kontrast“
glocal waterdrop Eine audiovisuelle Darstellung der Trinkwasserauf bereitung im Mikrokosmos eines Wassertropfens.
„ferne“
„mord im nachtzug“
Partner Swisscom Innovations: Niklaus Moor, Christoph Rytz, Jacqueline Basler, Sebastian Schnor, Urs Haller, Thomas Jakob, Urs Schürch. Sponsor Swisscom Innovations. Team HyperWerk FHBB Beat Raeber, Roman Borer, Thomas Martin. Coaches Niklaus Moor, Swisscom Innovations. Mischa Schaub, HyperWerk FHBB. Credits Stefan Hösli, obinary.com, Raymondo Buffa, Sanja Valentekovic, Dafina und Heinz Pfirter, Sascha de la Vigne, Adrian Neidhart und alle Helfer und Helfershelfer.
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Der Wassertropfen als Erlebnisraum Die Verbindlichkeit von Unverstandenem ist die Grundlage moderner Zivilisation. Je komplexer ein System ist, desto unausweichlicher wird das Einverständnis ohne Verständnis.“ Anja Wohlfromm „Museum als Medium“. glocal waterdrop erfindet einen Ort, in dem das Publikum in Bewegung gerät, sphärische Klänge hört und scheinbar in den Mikrokosmos eines Wassertropfens eintaucht. So wird Verständnis geweckt für Verfahrenstechniken zur Reinigung von Trinkwasser und sensibilisiert für lokale, alltägliche Besonderheiten. Die Ausstellung soll verschiedene Generationen ansprechen und auf definierte Zielgruppen hin angepasst werden können. Durch das Verbinden des Erlebnispotenzials einer sinnlichen Ausstellung mit technischen, mikrobiologischen und biochemischen Informationen werden komplexe Inhalte visualisiert, exemplarisch repräsentiert und so erlebbar und nachvollziehbar gemacht. Die Technik und die Prozesse, die täglich von Fachpersonen durchgeführt werden, um unser Wasser vor Verschmutzung zu schützen und vom Dreck zu befreien, werden so erlebbar und einsehbar. Als Exponat verwendet glocal waterdrop Wasser aus Naturgewässern, Grundwasser und Trinkwasser.
Die UNO ruft im
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Jahr 2003 zum „Internationalen Jahr des Wassers“ auf. glocal waterdrop knüpft daran an und stellt Prozesse der Trinkwasserauf bereitung multimedial dar. Wasser, eines der häufigsten Moleküle im Universum, weist etwa 40 ungewöhnliche Eigenschaften auf und überrascht die Forschung noch immer mit Wundersamem. Mit der Projektion von ästhetischen Sinneseindrücken aus dem Mikrokosmos eines Wassertropfens will glocal waterdrop Faszination wecken für die überraschende Komplexität dieses für uns so alltäglichen und funktionalen Elements. Ein Lebensraum wird anschaulich und erlebbar, der sich normalerweise unserer Wahrnehmung entzieht.
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Diary Mappings, 27. 02. 04 bis 28. 05. 04 20. 02. 04 Wie klingt Wasser? Klang und Gefühl hängen zusammen. Warnung, Liebe, Angst, ein Tropfen, dessen Aufprall im Sekundentakt das Ticken der Uhr und somit die verstreichende Zeit symbolisiert. 26. 04. 04 Auf meinem Balkon sammeln sich Flaschen und Becken mit Gewässerproben der Umgebung an. Sie beinhalten Pf lanzenteile, Senkstoffe vom Grund und viele seltsam anmutende Wesen, die erst unter dem Mikroskop sichtbar werden. Jedes Gefäss ist ein Ökosystem, welches empfindlich auf äussere Einf lüsse reagiert. Blick aus einem Bullauge auf hoher See mit wankenden Menschen. Projiziert – die Menschen wanken aufgrund audiovisueller Eindrücke. Verblüffend! 10. 05. 04 Wir führen den Testlauf am Erlebnisfest im St. Galler Stadtpark durch. Das Forschungsmikroskop live, in Kombination mit dem Sound in diesem riesigen Zelt, ist eine Attraktion. Mein Ziel, die Interaktion zwischen Sound und Bild vor Publikum zu testen, ist geglückt. Feedbacks geben Rückschlüsse für den weiteren Projektverlauf. Es wird klar, dass eine Projektänderung bevorsteht. Die Instal-
The United Nations General Assembly proclaimed the year 2003 as „The International Year of Fresh Water“. glocal waterdrop relates to this and shows in a multimedia installation how water is being processed and purified into drinking water, one of the most frequent molecules in the universe has almost 40 unusual characteristics, and keeps on surprising scientific research. With the projection of aesthetical and sensual impressions out of the microcosm of a waterdrop, glocal waterdrop raises fascination for the unexpected complexity of this element, which to us is so common and functional. This living space, which usually remains beyond our perception, can thus be experienced and becomes graspable to everybody.
lation wird nicht während des Rheinschwimmens draussen, sondern in einem Raum durchgeführt.
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15. 05. 04
Mike Egle
Drei von vier Stufen der Trinkwasserauf bereitung können mit dem Mikroskop dargestellt werden. Schwebeteilchen wie Algen und Mikroorganismen werden sichtbar. Es ist unglaub-
GROSSartig
lich, was da alles „kreucht und f leucht“. Mikroorganismen bewegen sich in ihrer gewohnten Umgebung. Im Inneren zucken
Wie können sportliche Leistungen, Geschehnisse
Organe. Eine Gratwanderung zwischen Ekel und Faszination.
und Emotionen in interaktiven Installationen erfahrbar gemacht werden?
Sponsoren Hoffmann la Roche, IWB Partner Biozentrum der Universität Basel, Dr. Markus Dürrenberger, Leiter Mikroskopie. Daniel Mathys, Rasterelektronenmikroskopie. Industrielle Werke Basel IWB, Richard Wülser, Leiter QS. Mentor Andreas Krach Team Olivia Menzi, Luzia Studer, Corinne Petitjean, Samuel Frischknecht, Andreas Golinski, Christian Zuleger, Vladimir Iandovka, Florian Kutzli, Sandro Frei, Jan Eigenmann, Guido Hüni.
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Das Erlebnis Von der Projektion auf einer Grossleinwand aus fordert Pascal Zuberbühler, Torwart des FC Basel, den Besucher über den Lärm des Stadions hinweg zum Penalty-Duell auf. Lässt sich der Angesprochene zu viel Zeit für eine Antwort, wiederholt der Torwart seine Herausforderung. Der Besucher positioniert den Ball auf dem Penaltypunkt. Nervös tigert der Torwart auf der Linie hin und her, stellt sich dann in die Mitte des Tores und erwartet den Schuss. In diesem Moment schaltet sich Trainer Christian Gross ein und motiviert den Schützen, oder setzt ihn zusätzlich unter Erfolgsdruck. Der Schütze konzentriert sich, nimmt Anlauf und trifft in die fokussierte Ecke rechts unten. Der Jubel im „Stadion“ ist grenzenlos und er reisst die Arme in die Höhe. Reaktionen des Torhüters, des Trainers und des Publikums sind auf der Leinwand zu sehen. Fussballarenen sind Erlebnisräume. Dies trifft sowohl auf die Spieler auf dem Rasen, wie auch auf die Zuschauer auf den GROSSartig ist eine
spielerische Installation zum Thema Fussball. Wie fühlt sich eine Penalty-Situation im St. Jakob-Park gegen Pascal Zuberbühler an? Die Besucher sind aufgefordert, sich in ein fiktives Szenario zu begeben, um sich der Unmittelbarkeit solcher Momente anzunähern. Dabei erfahren Sie verschiedene Informatio-
Rängen zu. Die Rollen sind dabei aber immer klar und unveränderbar verteilt. Doch in den meisten Fussballfans steckt wohl der verborgene Wunsch, einmal dort unten auf dem Feld im Rampenlicht zu stehen, sich mit den Besten zu messen und von der Menge bejubeln zu lassen. Diesem Wunsch nähert sich GROSSartig
jeweiligen Schuss werden im Vorfeld gefilmte, zu diesem
an. Den Besuchern soll die Möglichkeit
Schuss passende, Paraden des Torhüters abgespielt – was
geboten werden, sich in einem Penalty-
dann auch bestimmend ist dafür, ob ein Penaltyschuss erfolg-
Duell mit Pascal Zuberbühler, dem Torhü-
reich ist oder nicht.
ter des FC Basel und der Schweizer Nationalmannschaft, zu messen.
Basel als Stadt und der FC Basel als Club bilden eine ideale Testumgebung für die Installation GROSSartig, denn das re-
Die Besucher schiessen mit einem realen
gionale Fussballinteresse hält auch internationalen Verglei-
Ball auf ein reales Tor, wobei die frontale
chen stand. Dies bewies der Mai 2002, als sich an der offiziel-
Torseite aus einer Leinwand besteht. Die
len Meisterfeier über 80’000 wildfremde Menschen in den
Flugbahn des Balls wird mit Hilfe von
Armen lagen und ihrer Mannschaft zujubelten – es war der
Sensoren vorausberechnet, woraus sich dann die Koordina-
grösste Triumphzug, mit dem je die Leistungen einer Schwei-
ten des Aufprallpunktes im Tor gewinnen lassen. Auf einen
zer Sportmannschaft zelebriert wurden.
nen über Fussball – und über die weitverbreitete Faszination dafür.
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Die Penaltysituation
Ein Interview mit Pascal Zuberbühler
Der Penalty wird von manch Einem als die unfairste Erfin-
Mike: Du hast soeben 25 Paraden gemacht, ohne einen Ball
dung im Fussball bezeichnet. 1970 in Mexiko entschied die
abwehren zu müssen! Kamst du dir da nicht ein wenig blöd
FIFA, dass neu bei Weltmeisterschaften nach der Verlänge-
vor?
rung ein Penaltyschiessen eingeführt wird und den bis anhin
Zubi: Es hat doch niemand zugesehen, oder? ( lacht ). Nein, ei-
üblichen entscheidenden Münzenwurf ersetzen soll. Die
gentlich nicht wirklich, ich wusste ja wofür ich das tue. Aber
Glücksproblematik des Münzenwurfes ist offensichtlich, doch
es hat bestimmt witzig ausgesehen.
wird diese bei einer Penaltyentscheidung auch nur bedingt
M: Du bekommst sicher viele Anfragen für die unterschied-
kaschiert.
lichsten Sachen. Wieso hast du ausgerechnet bei unserem Projekt zugesagt?
Eigentlich widerspricht das Duell Eins-gegen-Eins der Philo-
Z: Anfragen erhalte ich schon viele, doch
sophie des Mannschaftssports. Und dennoch ist der Penalty
fand ich eure Idee interessant. Die Vor-
die abstrakteste Form des Fussballs, reduziert auf einen
stellung, dass Fussballinteressierte ei-
Schuss, der über Sieg oder Niederlage entscheiden kann. Auch
nen Penalty gegen einen bekannten Tor-
die Superstars der Branche zerbrechen bisweilen an dieser
hüter treten können, gefällt mir. Und in
Herausforderung – schon beinahe einer Grenzsituation des
Basel gibt es ja viele davon. Fussball ist
menschlichen Daseins.
hier ein grosses Thema, das spüre ich tagtäglich. Und Momente wie die Meisterund Cupfeiern in der Innerstadt... unglaublich. A lso am Fussballinteresse dürfte euer Projekt kaum scheitern! M: Ja, ja, danke für den Druck. Aber weißt du, auf welchen Moment ich mich freue? Z: Auf die nächste Meisterfeier? M: Das natürlich auch! Aber auch auf den
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GROSSartig is a playful installation about soccer. How does it feel to kick a penalty against Pascal Zuberbühler in the St. Jakob-Parc in Basel? Visitors are invited to approach the immediateness of such moments through a fictitious scenario, which will provide various impressions and information about this sport – about this sport and about the fascination for it.
Moment, wenn du gegen dich selber einen Penalty verschiessen wirst! Z: Und wenn ich ihn doch reinhaue? Du hast doch überhaupt keine Ahnung, wie ich einen Penalty schiesse.
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M: Wenn wir unser Ziel erreichen, spielt das auch keine Rolle.
Marc Champion
Wenn das System schnell genug arbeitet und wir beim Filmen keine Fehler gemacht haben, wehrst du jeden Ball ab! Z: Das hört sich gut an. Also bin ich unbezwingbar?
here:after
M: Theoretisch ja. Aber wir werden die Installation schon so programmieren, dass es trotzdem Möglichkeiten gibt, Tore zu
Sicherung der Nachhaltigkeit bei der Einführung neuer
schiessen. Sonst wird’s ja langweilig.
Technologien in Entwicklungsländern.
Z: Aber wie will mich jemand zum Beispiel ohne Augenkontakt in die falsche Ecke locken? M: Stimmt, sicherlich eine Schwäche der momentanen Umsetzung. Aber mit den richtigen Sensoren wäre das sogar machbar. Auch das Erkennen der Fussstellung wäre wohl möglich.
Aber die Installation ist ja auch ausbaubar! Das Herzstück ist die Ballerkennung. Funktioniert diese gut, können die Inhalte individuell abgeändert und ergänzt werden. Und vielleicht kriegen wir Christian Gross auch noch dazu, eine Rolle zu übernehmen. Meinst du, er hat schauspielerisches Talent? Z: Kann ich hier meinen Joker setzen? ( grinst ).
Ausstellung GROSSartig wird im Oktober 04 mit einer prototypischen Installation im Basler St. Jakobsstadion öffentlich getestet. Team Mike Egle: Projektleitung. Thomas Losi: Technik. Stephan Kümin: Film / Video. Max Spielmann, Andreas Krach: Leitungsteam HyperWerk FHBB. Andrew Picker, Goldader GmbH: Multimedia. Dominique Schär: wissenschaftlicher Mitarbeiter. Partner HyperWerk FHBB. Basel United. Sensitec AG. Pascal Zuberbühler, FC Basel.
159
160
161
12. November 2003: Free as Freedom
28. Februar 2004: It all began in Africa.
Freie Software bildet in meinem Studium einen klaren Schwer-
Trainingscenter FOSSEC, in Accra, Ghana.
punkt. Mein Diplomprojekt untersucht die Auswirkungen frei-
Die zwanzig Kilo schwere Videoausrüstung hat den Flug gut
er Software auf Aspekte der nachhaltigen Entwicklung. Freie
überstanden. Ein eindrückliches Ereig-
Software wird auch als „Open Source Software“ bezeichnet, da
nis spielt sich am ersten Tag des Training
deren Quelltext im Gegensatz zu proprietärer Software frei
Centers ab: Die Eröffnung verspätet sich
verfügbar sein muss. Sogenannte „Copyleft“-Lizenzierungs-
um einige Stunden und die dreizehn Teil-
modelle ermöglichen das Weiterentwi-
nehmerInnen warten gemeinsam auf der
ckeln der freien Software und auch, dass
Veranda. Aus dem Stegreif führe ich mit
diese Weiterentwicklungen als Dienstleis-
den Wartenden kurze Interviews und
tungen verkauft werden können. Nur die
frage sie nach ihrem Hintergrund und
Software selbst kann bei solchen Lizenzie-
ihren Erwartungen. Es erstaunt mich,
rungsmodellen nicht unter ein Copyright
wie schnell das Eis gebrochen ist und
gestellt werden kann. Auf der Suche nach
wie freizügig und temperamentvoll die
einem geeigneten Anwendungsgebiet spie-
AfrikanerInnen argumentieren. Die Teil-
le ich mit dem Gedanken, die Software ei-
nehmerInnen stammen aus verschiede-
ner Gemeindeverwaltung eines idylli-
nen Ländern Westafrikas: Ghana, Nigeria,
schen Bergdorfes auf freie Software zu
Benin und Gambia. Auffällig viele Lehre-
migrieren.
rInnen sowie einige Informatiker sind
here:after beschäftigt sich mit der Einf ührung von neuen Technologien in Entwicklungsländern. Bei verschiedenen Projekten dokumentiert here:after den konkreten Umgang mit neuen Technologien, skizziert Entwicklungsmöglichkeiten für deren weiteren Einsatz und sucht nach Methoden zur Sicherstellung und Analyse von entsprechenden Daten im Sinne der Nachhaltigkeit. Zwei Projekte stehen im Zentrum: Ein Projekt von FOSSREC ( Free and OpenSource Software Resource Center ), in dem während eines einmonatigen Workshop in Accra, Ghana, EntscheidungsträgerInnen aus dem Bildungs- und ICT-Sektor in Afrika im Umgang mit freier
dabei. 8. Januar 2004:
Software geschult werden. Das andere Projekt heisst COMMON-Sense Net, und findet in Zusammenarbeit mit der EPFL ( Ecole Polytechnique Federal de Lausanne ) und dem „Indian Institute of Science“ in Bangalore statt. COMMON-Sense Net setzt sich mit der Verwaltung von Wasser und Landwirtschaft in Entwicklungsländern mit Hilfe von Sensornetzwerken auseinander.
Bei meiner Recherche zum Workshop
„Who are you and where do you come from?“ „My name is Fatou Binta Jallow, I come from Gambia. I work
„Global Media Network“ stiess ich auf den
as a senior technical officer, in short they call me a technical
Namen Gideon Chonia, der Projektleiter
supervisor. Prior to my coming here I was using linux, but
des Open Source Training Centers in Ac-
never had any knowledge about what I was doing. I was on a
cra ( Ghana, Westafrika ). Sein Projekt ist
trial and error basis everytime. Linux is good, it’s stable and
folgendes: Während eines Monats werden
doesn’t have problems like viruses. I’m more interested in the
IT-EntscheiderInnen aus Afrika im Um-
second week, that is database administration and setup.
Begegnung mit Gideon Chonia
“
gang mit freier Software geschult und die Entwicklungsmöglichkeiten dieses An-
Die Workshops finden in einem kleinen klimatisierten Raum
satzes werden diskutiert.
mit zehn Rechnern statt. Die DozentenInnen stammen allesamt aus Italien, von einer Organisation namens „Collabori-
Nach dem zweiten Treffen mit ihm steht
um“. Das Verhältnis unter den Beteiligten ist entspannt und
meine Entscheidung fest: Ich werde das
kollegial. Es wird hart gearbeitet und mit der Zeit mehren
Training Center während eines Monats
sich die Früchte.
mit Videoaufzeichnungen dokumentieren, und mich so in die Thematik „Freie Software in Entwicklungsländer“ einfühlen.
„Do you have any suggestions for the organization of a future workshop? „Yes, I’d like“ to have the program more structered, but I know
162
here:after examines how new technologies are introduced in developing countries. For several projects, here:after documents the specific handling of and practice with new technologies, sketches scenarios for future applications, and seeks and defines methods for securing and analyzing respective data with regard to sustainability. Two
163
this is the first time this workshop takes place. And then, the entire program packed within only three weeks is too tight. We are here from nine o’clock in the morning until night, and breaks are only short. Maybe you should stretch the next workshop so there is
“
enough time to recover.
Zu Besuch beim IT-Berater des Präsidenten von Ghana erfahren wir, dass der Auf trag zum Ausbau der Infrastruktur der ghanesischen Ver waltung an ein amerikanisches Unternehmen gegeben wird, da im Land selber kein Anbieter gefunden wurde. Eines der Ziele des Training Centers ist es, Kompetenzen im eigenen Land aufzubauen, damit Geld nicht ins Ausland abf liesst. here:after wertet das dokumentarische Material aus und produziert eine DVD, die als Dokumentation und Werbemittel f ür FOSSREC dienen wird. Weiter wird here:af ter didaktische und technische Vorschläge zur Optimierung des Training Centers ausarbeiten: Geplant ist eine Lernplattform, über die sich die TeilnehmerInnen gegenseitig helfen und in-
projects have been focused: one is carried out by FOSSREC ( Free and OpenSource Software Resource Center ), and organizes a workshop in Accra, Ghana, in order to train decision-makers within the areas of education and ICT from all over Africa in working in Open Source software. The other project is entitled COMMON-Sense Net, and takes place in a collaboration between the EPFL ( Ecole Polytechnique Federal de Lausanne, Suisse ) and the „Indian Institute of Science“ in Bangalore, India. COMMON-Sense Net designs models for managing water resources for farmers by means of sensory networks.
formieren können. 12. Mai: Treffen mit Jacques Panchard COMMON-Sense Net ist ein Projekt zur Verwaltung von Wasser- und Landwirtschaft in Entwicklungsländern mit Hilfe von Sensornetzwerken. Die Projektpartner sind die EPFL in Lausanne und das Indian Institute of Science in Bangalore.
164
Daniel Meier
hier + fort Aus einer Interviewsammlung ensteht eine Ausstellung zum Thema Migration, die sich in einen Begegnungs-, Austausch- und Denkort verwandelt.
Das Pilotsystem soll in einem semi-ariden Distrikt namens Tumkur in Indien installiert werden. Kabellos kommunizierende Sensoren messen die Qualität des Bodens in Bezug auf Feuchtigkeit und Nährstoffe. Aus diesen Daten wird berechnet, wo die Bauern das spärliche Wasser effektiv ausbringen können. Beim Treffen mit Jacques Panchard, dem Projektleiter von COMMON-Sense Net, besprechen wir die spezifischen Möglichkeiten zur Sicherung der Nachhaltigkeit in seinem Projekt. here:after wird Indikatoren in den Bereichen Soziologie, Ökologie und Ökonomie definieren, an denen die Auswirkungen des Projektes während den dafür vorgesehenen fünf Jahren Laufzeit hinsichtlich der Nachhaltigkeit analysiert werden können. Für die Messung der Daten sollen verschiedene Methoden zum Einsatz kommen, wie etwa statistische Erhebungen und auch Interviews. here:after wird ausserdem ein Konzept für die Visualisierung dieser Daten erarbeiten. Team Dana Wojciechowski: Design und DVD Produktion. Andreas Hupfer: Recherche. Reto Stauffer: Webseite. Marc Champion: Projektleitung. Coach Alexander Osterwalder, Ecole des Hautes Etudes Commerciales, Université de Lausanne. Links Projektwebseite: www.hyperwerk.ch/here:after. Informationen zum Autor: www.chaosys.ch
165
166
Begegnungen
che Essenzen. Aus den Begegnungen, die von persönlichen
Hier sitze ich im Zug auf der Reise zu dir, Gabor. In meinen
Geschichten erzählt haben, entstehen neue Geschichten, die
Begegnungen sammle ich Geschichten von Migrantinnen
auch von unseren Begegnungen beim Interview erzählen.
und Migranten – ganz kleine, konkrete und gelebte Geschich-
Gleichzeitig entsteht mit der Ausstellung ein Ort für Neube-
ten. Zum Beispiel der Tag deiner Abreise,
gegnungen – mit den Lebensgeschichten anderer, mit der ei-
an welchem du deine Heimat verlassen
genen Geschichte, oder mit Geschichte überhaupt. Werden
hast. Wie hat es sich angefühlt, dein bis-
sich die Besucher und Besucherinnen auf den Blick eines Mi-
heriges Leben hinter dir zu lassen, alles
granten, das mäandrierende Wechselbad an Gefühlswelten,
aufzugeben, ohne zu wissen, wie die Zu-
auf den realen und auch auf den virtuellen Blickwinkel einer
kunft aussehen mag? Wie waren diese
Biographie einlassen? Ich male mir aus wie der Besucher die
letzten Augenblicke, als du deine Mutter
Aussagen und meine Interpretation davon erlebt. Dieses Para-
umarmt und schliesslich losgelassen hast,
dox an gleichzeitiger Nähe und Ferne. fort.
Ein begehbares Panorama zeigt persönliche Orte von Migrantinnen und Migranten und erzählt ihre Geschichten. Gleich den Steinen eines Mosaiks fügen sich diese zu einer neuen Geschichte zusammen. Längst Verborgenes, Vergessenes und Verdrängtes gelangt ans Licht – erhält für Augenblicke seinen Raum. Die Installation hier + fort lässt in einer lauten Welt das Zuhören neu erleben. Migrieren die andern Menschen, der Ort, die Zeit, oder ich selbst?
im Wissen, sie für Jahre, vielleicht sogar nie wieder zu sehen? Was hast du emp-
Bewegung
funden bei der Ankunft an diesem neuen
Nach dem Gespräch mit dir, Karin, hast Du mir folgendes ge-
Ort, der dir eine menschenwürdige Zu-
sagt: „Wenn ich jeden Tag zehn Minuten so intensiv leben
kunft versprach?
würde wie im Interview vorher – das wäre ein Glück!“. Auf der Suche nach der Intensität von Geschichten möchte ich un-
Während ich im Zug sitze und mir vor-
scheinbare Augenblicke aufspüren und ihnen Raum geben,
stelle, wie diese Begegnung mit Dir ver-
im Kleinen und Persönlichen. Mit mikroskopischen Eingrif-
laufen könnte, entsteht eine Form der
fen bringe ich fortlaufend neue Aspekte von Migration ans
Migration, da ich in eine mir bisher unbe-
Licht. Veränderungen gehen von dem Handeln der einzelnen
kannte Welt eintrete, mit ihren grossen
Individuen aus. Orte und Räume werden von den Menschen
und kleinen Geschichten. hier.
selbst geschaffen. Sie werden aber auch mit-migriert, mit ih-
Montage Für die Ausstellung von hier + fort suche ich in den mir erzählten Geschichten nach unerwarteten und überraschenden Augenblicken. Als Autor nehme ich mir die Freiheit, Brü-
che zu erzeugen und Elemente neu zusammenzufügen. Indem ich Aussagen zu Geschichten verwebe, verschiebe ich die Bedeutung, filtriere und bilde konzentrierte Auszüge, persönli-
ren Menschen. und.
167
168
169
reSEARCH Der Migrant legt gleich einem Archäologen die Sedimente seiner Biographie frei. Er ref lektiert und ordnet Fragmente in neue Kontexte, stellt das vermeintlich Belanglose neben das
Wichtige. Wieder und wieder schwebt die Frage nach dem Ort
reLATE
der Heimat, nach den Gefühlen in der Fremde und vielen wei-
Als Aussage spielt hier + fort auf mehreren Ebenen. hier als
teren Sehnsüchten in der Luft. Längst Verborgenes, Vergesse-
Orts- sowie Zeitbegriff bindet sich ans Präsens, an das Leben-
nes und Verdrängtes gelangt an die Oberf läche und erhält für
dige und an die Realität. fort verstehe ich
Augenblicke seinen Raum.
als Bewegung, als Gegenzustand zum hier, somit als Virtualität oder als Ge-
reBUILD
dachtes. Die Verknüpfung mit dem + Zei-
Durch meine Montage zu einem panoramaförmigen Geschich-
chen drückt vordergründig ein Additiv
tenraum wird eine subjektive Ordnung erstellt, ähnlich der
aus. hier und fort verbinden sich und ver-
Ordnung eines Archivs. Sinnhaftigkeit und Sinnlichkeit wer-
schmelzen. Mit der Gleichzeitigkeit von
den verändert, zerlegt und neu zusammengestellt. Das Pano-
zwei unterschiedlichen Orten an einem
rama eröffnet den Blick auf Orte voller individueller Bedeu-
Ort kann aber diese Verbindung ebenso
tung, und gibt den persönlichen Geschichten dazu Ausdruck.
gut als Paradox gedeutet werden. Diese
Die mündlichen Sequenzen lassen in der Ausstellung in einer
Doppeldeutigkeit eröffnet ein weites Feld
lauten Welt das Zuhören neu entdecken.
an Interpretationsmöglichkeiten. Damit wachsen aus der Thematik Migration neue
reFLEX
Fragen: Wie befassen wir uns mit der
hier + fort eröffnet ein Feld an Möglichkeiten, Migration neu
eigenen Geschichte, dem Gedächtnis da-
zu betrachten. Wie definiere ich Migration? Wo liegen die
für und den Projektionen daraus?
Gründe und Motive, welche zum Migrieren zwingen oder auch auffordern? Können nur Menschen, oder kann auch die äussere Welt und somit der Raum migrieren? Oder wandelt sich und migriert unsere Wahrnehmung?
An accessible panorama exhibits places that are of special personal relevance to migrants, narrating their stories. Like pieces of a mosaic, these stories add up into a new story. What has been hidden, forgotten or suppressed for a long time surfaces into sight – takes its place for the duration of single moments. The installation hier + fort allows for a fresh experience of listening to each other in a noisy world. Is it the people that are migrating, or is it space, time, or myself ?
170
Florian Landolt und Luca Vicente
-ism Ein experimentelles Bildungsgefäss zur gezielten Förderung einer Innovationskultur an der Schnittstelle zwischen digitalen Technologien und traditionellem Handwerk.
Unterstützt durch Seitz Phototechnik AG. Union wo Kulturen sich begegnen. Kantonale Integrationsstelle Basel. Fondation Takatuka. FHBB Abt. HyperWerk / HGK Bildende Kunst Medienkunst. Allergrössten Dank an folgende Mitwirkende InterviewpartnerInnen. Jill Scott: Coach. Andreas Krach: Mentor. Christian Zuleger. Michael Huber. Andrea Gsell. Liselotte Breyer. Franziska Lang. Bruno Steffen. Urs Hossli. Vera Bühlmann. Gebr. Seitz. Hr. Imber, HGK. Hr. Krebs. Pascale Meyer. Jutta Durst. Wendy Anne Jerman.
171
172
-ism
Unter welchen Voraussetzungen lässt sich
suffix forming nouns of action, state, condition, doctrine, from
der Faktor Innovation in Bildung und Wirtschaft
Fr. -isme, from L. -isma, from Gk. -isma
erschliessen und fördern?
173
-ism fungiert als Bindeglied zwischen AcAr2 und den zu evaIsmen sind abstrakte Nomen, Nomen, die Handlungsweisen,
luierenden Zielgruppen. Wir erschliessen Netzwerke zwischen
oft auch Haltungen und Meinungen, verdinglichen. In der Um-
Hochschulen und Institutionen aus der handwerklichen Be-
gangssprache werden damit blosse Theorien, leere Gedanken-
rufsbildung in der Region Nordwestschweiz, und realisieren
gebäude, Dogmatismen assoziiert. Für uns bezeichnet der Ismus eine Abstraktionsbewegung, eine radikalisierte Standardisierung, die am Anfang einer Innovation steht. So wird Innovation ist in einer Zeit stagnierenden Wachstums ein Schlüsselbegriff und steht als omnipräsenter Gegenstand der Diskussion. Wir möchten untersuchen, unter welchen Voraussetzungen sich der Faktor
unser erstes Bildungsangebot um die Frage kreisen, was ein innovativer Umgang mit standardisierten IKEA Möbelbausätzen bedeuten könnte. Das Projekt -ism steht im grösseren Kontext von AcAr2, einem strategischen Forschungsprojekt von HyperWerk FHBB. AcAr2 bedeutet „Académie Artisanale Puissance Deux“, eine zukunftsgerichte-
gemeinsam Bildungsexperimente, werten diese auf Zukunfts-
te Handwerksakademie der nächsten Ge-
fähigkeit und Potential aus, und entwickeln eine Strategie
neration. Wie kann klassisches Handwerk
zur zukünftigen Anwendung. Einem mehrzelligen Experi-
mit neuen medialen Technologien erwei-
ment
tert werden? Einige handwerkliche Mate-
übergreifenden Workshops mit Wettbe-
rialien und Werkzeuge bieten schon heu-
werbcharakter Talente, Ambitionen und
te Schnittstellen zur digitalen Welt. Man
Begabungen individuell stärken, indem
kann sich leicht ausmalen, wie die weite-
wir jungen HandwerkerInnen die Mög-
re Verbreitung und Zugänglichkeit digi-
lichkeit geben, ihr Wissen und ihre Ideen
taler Komponenten und Werkzeuge immer mehr Kompeten-
untereinander und mit internationalen
zen und Kreativitätspotenzial erfordert – aber auch ermög-
Experten auszutauschen und umzuset-
licht. AcAr2 errichtet für diese Art von Forschung, die eine
zen. Durch das parallele Ausrichten von
Symbiose zwischen digitalen Technologien und klassischem
mehreren solchen Laborsituationen er-
Handwerk herstellen könnte, eine Plattform in der europäi-
kunden wir, was es bedeutet, ein offenes,
schen Hochschullandschaft von morgen. Produktorientiert
poly vatives System zu initiieren, das
suchen wir nach neuen Fragestellungen und Lösungen, die in
heisst nach Kevin Kelly’s Theorie („ New
die entsprechenden Branchen zurückf liessen sollen.
Rules for the New Economy“, Penguin
„Innovation“ in Bildung und Wirtschaft fördern und erschliessen lässt. -ism ist ein experimentelles Bildungsgefäss, das gezielt eine Innovationskultur fördert.
gleich
möchten
wir
in
schul-
Books 1999 ): ein System mit mehreren, dezentralen Innovationsquellen.
In times of stagnating economical growth, innovation is a key concept and of permanent presence within public discourse. We want to examine, under which circumstances the factor „innovation“ can be explored and fostered in education and economics. -ism is an experimental form of education, which encourages for a culture of innovation.
174
Ein Dialog über Innovation und Imitation
a: ich frag dich, was das heissen soll „bestehende Worte“...?!?
interfacing – enhancing?
b: ( leicht genervt ) Das heisst, dass diese Worte schon beste-
a: Wie stellst du dir denn einen schlauen Umgang mit Techno-
hen! Schon da sind! ...nicht unbedingt völlig neu sind!!!!!!!!
logien vor?
a: und vor was soll ich Angst haben?
b: ( räuspert sich ) „Wir wollen keine Zukunft aus Stahl und
b: ( angestrengt ) Vor Umsetzungen... Konkretionen. Du willst
Plastik...“
nicht, dass ein Gedanke einen unveränderbaren Zustand im
a: ( unterbricht ihn ): das hat Kevin Kelly schon gesagt! Ausge-
Raum einnimmt.
rechnet du kommst mir mit Kelly? Ich dachte, ich langweile
a: Ich hasse es, wenn du versuchst, schlau zu sein!
dich mit seinen Theorien?!?!
b: Nein, im Ernst, Mann! Du machst dir in die Hose wenn’s
b: Richtig! DU langweilst mich, nicht seine Theorien.... „Wir
darum geht, fassbar zu werden!
sehnen uns nach einer Zukunft, die nach Blumen duftet. Wir
a: ( leicht aus der Fassung ) Du Narr! Das hat doch nur damit zu
wünschen uns eine Technologie, wie eine Blumenwiese...“.
tun, dass uns noch die nötige Handlungsebene fehlt. Die rich-
a: ( spöttisch ) Pah! Eine Blumenwiese. Was soll die Menschheit
tigen Fragestellungen...!
mit deiner Blumenwiese schon anfangen?!?!?
b: ( forsch ) Was soll jetzt „uns“ heissen? Ich wüsste, wie ich’s
b: ( korrigierend ) KELLY‘S Blumenwiese!
machen würde. Hab’s ja schliesslich gelernt.
a: Was weisst du schon, wie Kelly das mit der Blumenwiese
a: Wir sitzen trotzdem im selben Boot, du Banane! Du weisst
gemeint hat...
nicht genau, was du wollen könntest, und ich weiss nicht, wie
b: ( auf brausend ) Halt das, was du immer wieder erzählst...
ich
a: ( äfft ihn nach ) Das was du immer erzählst... Könntest du
schon?!?
BITTE EINMAL einen EIGENEN, vollständigen Satz bilden?
b: Und wieso verbrauchst du deine Zeit denn damit, mich zu
b: Du lässt mich ja nie ausreden: Ich meine, dass du immer
erniedrigen – nur weil ich versucht habe, wie du zu denken.
wieder erzählst von der Versinnlichung der Technologien und
a: Du hast nicht im geringsten versucht zu denken... du hast
von den Maschinen, die wiederum identische aber kleinere
versucht, meine Worte wiederzugeben.
Maschinen bauen, die wiederum....
b: Kelly’s Worte!!!
a: Die uralte Vision.....
a: Na gut. Kelly’s Worte. Auf jeden Fall, mein Junge, das Pro-
b: Na und? Weshalb soll ich etwas neues erfinden, wenn ich es
blem ist, dass du nach heutigem Verständnis von „Berufsbil-
mit treffenden, wenn auch bestehenden Worten ausdrücken
dung“ erlernen wirst eine Maschine zu bedienen, anstatt zu
kann? Shit Mann! Wieso geht es dir immer darum, WER etwas
wissen, was du mit derselben anstellen könntest.
gesagt oder gedacht hat, und nie darum, was man sagt... und
b: Stell dir vor, es wäre umgekehrt....
überhaupt, wieso geht es dir nie ums MACHEN? Du redest die
a: ( hält inne ) Gott sei Dank pf legt unsere Gesellschaft den
ganze Zeit über die kühnsten Theorien, über die tollsten Ideen,
schlauen Umgang mit Technologien.
über die saftigsten Wiesen und in Wirklichkeit – in Wirklich-
b: Wie stellst du dir denn einen schlauen Umgang mit Techno-
keit hast du nämlich Angst, irgendwas zu machen.
logien vor?
a: ( Stellt sich blöd ) Weil sie erstens kein Geld bringt und weil zweitens: Was meinst du mit „bestehende Worte“? b: Du hörst mir ja überhaupt nicht zu! Das mit den Worten ist schon ‘ne Weile her... was soll schon sein mit „bestehende Worte“?
könnte
wollen...
könnte
wissen
wollen...
du
weisst
175
176
Auszug aus dem Projekt Tagebuch, 17. März 2004
Rafael Freuler
in den letzten Monaten hat sich folgendes getan: Wir haben ein Konzept für eine Reihe von „Studienwochen“ entwickelt. GewerbeschülerInnen können während 11 Tagen mit Fach-
KnowSto®y
leuten aus dem HyperWerk-HR-Netzwerk Ideen zum Thema „Wohnraum der Zukunft“ generieren, konkretisieren und prototypenartig umsetzen. Die Objekte werden von einer internationalen Jury bewertet und prämiert. Das Material und die Preise werden von einem industriellen Drittpartner gestif tet. Das Unterfangen trägt den Namen -ism. Der Ismus, die Radikalisierung von ....... ? Wohnraum! Wohnraum als Thema bietet unserer Meinung nach einen guten Einstieg in das Themenfeld insofern das Gestalten des eigenen Wohnraumes evtl. der erste Designprozess der Menschheit hätte sein können...oder war...oder wie auch immer! ich meine damit, dass die primäre Funktion von Wohnraum, nämlich der Schutz vor feindlich gesinnter Umwelt, mit dem Bedürfnis nach Individualität ( Wohnung repräsentiere mich!!! ) gekoppelt wird .......... yeah!
Webseite www.acar2.org / ism, acar2@hyperwerk.ch Team Florian Landolt, Luca Vicente. Trägerschaft SfG Basel, GIB Muttenz, GIB Liestal, Gewerbeverband Basel-Stadt.
Eine interaktive Geschichte der Rebellion.
177
178
1
Was ist denn das für eine Geschichte?—5
Leiden Sie darunter, sich oft mit Dingen beschäftigen zu müs-
Was hat das mit rtrp zu tun?—6
sen, die sie eigentlich zu Tode langweilen? Wie damals im Ge-
Wer ist das Zielpublikum?—7
schichtsunterricht als Vierzehnjähriger, oder als Sie unbeKnowSto®y ist ein Prototyp einer besonderen Art von interaktiver Literatur, die bei Jugendlichen die Rezeption schwieriger Stoffe durch Lektüre ermöglichen und fördern soll. Es geht hier um ein Abenteuerspiel, das ausschliesslich mit Text erzählt wird. Diese interaktive Geschichte der Rebellion macht die verschiedenen Zeitgeister spürbar, erläutert und illustriert beispielhaft den Wandel von Moralvorstellungen, Wertesystemen und des Rechtsempfindens in der Geschichte und fordert so zu einer engagierten Auseinandersetzung mit Geschichte( n ) auf. KnowSto®y vermittelt Wissen ( Knowledge ) über Geschichte ( History ) durch eine interaktive, unterhaltsame Geschichte ( Story ).
dingt „Der Zauberberg“ von Thomas Mann
5
lesen sollten? KnowSto®y will mit einer
KnowSto®y bietet einen interessanten und spassigen Zugang
neuartigen Kombination von Geschichte,
zu Geschichte an, und macht erfahrbar, dass selbst Ereignis-
Literatur und Computerspiel die Vermitt-
se, die Jahrhunderte zurückliegen, heute noch relevant und
lung von Wissen schmackhaft machen.
lehrreich sein können – selbst im Bezug auf Ihr persönliches
Wie funktioniert denn das?—2
Leben.
Ich interessiere mich aber ohnehin für
Okay, das ist das didaktische Ziel, aber was ist die Handlung?
Literatur und Geschichte—3
—10 So? In welcher Hinsicht sind denn historische Ereignisse rele-
2
vant für mein Leben?—11
Ähnlich wie dieser Beitrag. Der Leser oder die Leserin ist der Protagonist einer Ge-
6
schichte und entscheidet am Ende eines
Lesen und Schreiben sind mehr als blosse Technik. Sie ermög-
jeden Abschnittes, wie er oder sie sich
lichen den Zugang zu bestehendem Wissen, erleichtern das
weiter verhalten möchte. Entsprechend
analytische Denken und die Meinungsbildung. Diese Fähig-
unterschiedlich gestalten sich die Begeg-
keiten werden gerade in einer Welt, die einem raschen und
nungen mit den virtuellen Figuren der
unübersichtlichen Wandel unterworfen ist, mehr denn je be-
Geschichte.
nötigt. Dasselbe gilt für unser Geschichtsbewusstsein: Im be-
Wie funktioniert das technisch?—4
drohlichen Kontext des beschleunigten Wertewandels und
Was ist denn das für eine Geschichte?—5
der Angebotsvielfalt an Wertesystemen sind historisches Wis-
Was hat das mit rtrp zu tun?—6
sen und die kritische Interpretation geschichtlicher Zusam-
Wer ist das Zielpublikum?—7
menhänge wertvolle Navigationsinstrumente. Voraussetzung dafür ist eine zielgruppengerechte Vermittlung von Lesekom-
3
petenz, Kritikfähigkeit und Geschichtsbewusstsein. Im Sinne
Das ist ja wunderbar. Die Chance ist aller-
einer Transformationsstrategie untersucht KnowSto®y das
dings gross, dass Sie sich dann nicht für
Potenzial einer spezifischen Methode zur Vermittlung dieser
Computerspiele interessieren. Richtig?
Fähigkeiten.
Aber nein, ich interessiere mich für Com-
Aha, was ist denn die Geschichte?—5
puterspiele—8
Wer ist das Zielpublikum?—7
Ja, das stimmt—9
Wie funktioniert das technisch?—4
4
7
Lesen kann man KnowSto®y über eine gewöhnliche Webseite.
Sie sind natürlich das Zielpublikum! Besuchen Sie die website
Das Programm speichert das Verhalten des Lesers oder der
www.KnowStory.ch!
Leserin und zeigt die entsprechenden Textabschnitte an.
179
180
KnowSto®y ist in Gedanken an Jugendliche entwickelt wor-
11
den, die mit dem Computer aufgewachsen sind und somit in
Lesen Sie KnowSto®y um der Antwort näher zu kommen.
hohem Masse ans Lesen am Bildschirm gewöhnt sind. Es ist
Grundsätzlich versucht KnowSto®y zu
ein Versuch, ihnen einen attraktiveren Zugang zu Literatur
vermitteln, dass man aus den Fehlern
und Geschichte zu ermöglichen.
unserer Vorfahren etwas lernen kann.
Was ist denn die Handlung der Geschichte?—5
Zudem zeigt die Beschäftigung mit der
Was hat das mit rtrp zu tun?—6
Vergangenheit auf, dass die gegenwärti-
Wie funktioniert das technisch?—4
gen Gesellschaftsstrukturen und Wertesysteme nicht in Stein gemeisselt sind.
8
Ok, um was geht es jetzt in der Handlung
Sie sind aber wirklich vielseitig interessiert! Dann steht dem
von KnowSto®y?—10
uneingeschränkten Genuss von KnowSto®y eigentlich nichts mehr im Weg.
12
Da wäre ich nicht so sicher. Um was geht es denn genau?—2
Wunderbar. Ich wünsche Ihnen einen
Ja, ich brauche keine weiteren Informationen mehr.—12
schönen Tag, und viel Spass beim lesen von KnowSto®y, www.KnowStory.ch.
9 Umso besser. KnowSto®y ist auch kein Computerspiel. Es ist
13
interaktive Literatur.
Es handelt sich um den italienischen Pre-
Da bin ich aber froh. Was ist denn interaktive Literatur?—2
diger Girardo Segarelli, den die Inquisition 1300 als Ketzer verbrennen liess, den
181
KnowSto®y is a prototype of a special kind of interactive literature, that aims at encouraging teenagers to read more often and to read more advanced texts. In the form of an adventure game that is entirely textbased, KnowSto®y mediates an increased awareness for historicity in an entertaining way. Encounters with exemplary historical, rebellious representatives of different times create an atmosphere, where different spirits of different
10
Bauernführer Ueli Galli, den die Berner
Als Protagonist von KnowSto®y sind Sie ein Verbrecher auf
Stadtregierung 1653 wegen politischer
der Flucht vor der Polizei und haben bereits alle Hoffnung auf-
Opposition erhängte, die süddeutsche
gegeben. Doch dann treffen Sie in einer Waldlichtung auf
Gaunerin Barbara Krämer, die sich 1793
mehrere Schicksalsgenossen, Menschen aus verschiedenen
selbst in ihrer Zelle erhängte, um einem
zeitlichen Epochen, die aus unterschiedlichen Gründen eben-
ähnlichen Schicksal zu entgehen, sowie
falls mit dem Gesetz in Konf likt gekommen sind. Ihr Ziel ist
den militanten Atomgegner und Umwelt-
es, diese kennen zu lernen und für eine gemeinsame Flucht zu
schützer Marco Camenisch, der 2004 im
gewinnen. Wie lässt sich diese Gruppe trotz verschiedenster
Kanton Zürich wegen Mordes zu 18 Jah-
Mentalitäten, Religionen und Weltanschauungen vereinen?
ren Haft verurteilt wurde.
Wie müssen Sie mit Leuten aus vergangener Zeit umgehen?
Gut, das beantwortet all meine Fragen.—12
Was können Sie von Ihnen lernen? Was ist aus heutiger Sicht
Nein, es gibt noch Dinge, die mir unklar sind.—15
ages can be experienced, where changes of moral concepts or the human sense of justice are illustrated. KnowSto®y mediates knowledge about history by means of narrating an adventure story.
unverständlich? Und was würden Leute aus der Vergangenheit über unsere Gesellschaft denken?
14
Welche Personen kann man konkret antreffen? Um welche
Menschen, die nicht den Normen und Regeln einer Gesell-
Verbrecher geht es?—13
schaft entsprechen, sind ein guter Spiegel, um über genau die-
Warum Verbrecher?—14
se Normen und Regeln mehr zu erfahren.
182
Um welche Art von Verbrechen geht es denn bei KnowSto®y?
Franco Schwörer
—13 Gut, das beantwortet all meine Fragen.—12
leftside – digital picnic
15 Was möchten Sie denn noch wissen?
leftside – digital picnic schaff t ein überregionales Netzwerk
Wieso dieses ® in KnowSto®y?—16
in der subkulturellen Szene schweizerischer Video-Jockeys
Wie funktioniert KnowSto®y technisch?—4
und elektronischer Musik-Projekte.
Was ist das Ziel der Geschichte?—5 Was ist die Handlung?—10 Was hat das mit rtrp zu tun?—6 Wer ist das Zielpublikum von KnowSto®y?—7 Warum geht es um Verbrecher?—14 Ich habe noch andere Fragen—17 16 Das Symbol ® im Markennamen KnowSto®y verweist ( mit einem Augenzwinkern ) auf die Innovation des Projektes ( Registered Trade Mark ). ® steht auch für ®EAD und unterstreicht damit die Radikalität des Ansatzes, der ausschliesslich der Kulturtechnik des Lesens vertraut und auf jede Illustration oder Animation gewollt verzichtet. 17 Für weitere Infos können Sie gerne ein Email schreiben an info@KnowStory.ch.
Dank an Markus Fink, Mike Gostelli, Daniel Hagmann, Regine Halter, Philipp Jensen, Jerry B. Pierce, Reto Stauffer, Eva Weibel, Daniel Wiener Mehr Infos www.knowstory.ch
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digital picnic Mit digital picnic besuchen wir innovative Exponenten der Szene zuhause, führen Gespräche und dokumentieren deren unmittelbares Umfeld. Digital picnics sind Interventionen, die überregionale Strukturen schaffen wollen, mit dem Ziel, den Austausch und die Zusammenarbeit der Künstler zu intensivieren. Ein Picknick geniesst man an einem ausgesuchten Ort, dem man gerne seine Aufmerksamkeit schenkt. Der von uns mitgebrachte Picknick-Korb ist so konzipiert, dass durch unsere Besuche ein digitales Gedächtnis dieser Subkultur entsteht. leftside Auf unserer Website www.leftside.ch kann man sich über die privaten digital picnic-Künstlerbesuche anhand kurzer Videotrailer, Sounds und Artikel informieren. leftside.ch eröffnet dem interessierten Publikum Einblick in die lokalen Subszenen und ermöglicht involvierten Künstlern die überregionale Darstellung ihres Schaffens. Past and Prospect Öffentliche Auftritte lassen unser Netzwerk beträchtlich wachsen – weitere Aktionen sind geplant. Im April 04 präsentierte sich leftside als „independent artist journal for innovative electronic art“ an der „CCC“ ( Contemporary Culture Convention ) in Bern, wo wir am Expostand Interessenten in angenehmer Lounge-Atmosphäre empfangen haben und so unseren Horizont zu spannenden Musikern, Labels und Video-Jockeys erweitern konnten. Digital picnic’s öffentliche Premiere ist an der Vibic 2004 ( festival of contemporary music, performing and digital art ) in Zürich, wo digital picnic das Programm für die Sound- und Visualkünstler zusammenstellt. An der Vibic werden weitere Konzepte vorgestellt, die wir über digital picnic lancieren.
leftside – digital picnic beleuchtet die subkulturelle Szene schweizerischer Video-Jockeys und elektronischer Musik-Projekte. Wir besuchen Künstler zuhause, und tragen diese sozialen Erlebnisse über unser Internetjournal www.leftside.ch nach Aussen. Wir vereinen musikalische mit visuellen Bildern und finden dadurch zu neuen Ausdrucksmöglichkeiten. leftside – digital picnic will Strukturen schaffen, die überregionale Kollaborationen fördern und so den involvierten Künstlern die Möglichkeit geben, sich einem breiten und offenen Publikum zu präsentieren.
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187 leftside – digital picnic represents the subcultural scene of video jockeys and electronic music projects. We visit the artists at home and document these encounters in our internet journal www.leftside.ch. leftside – digital picnic motivates collaborations of like-minded visual and musical artists who create new forms of cultural expression – here to be spread out to an open-minded public.
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Constanze Kirmis
metafestival Interactive Public Dialogue touring across Europe – metafestival involves people by the use of an innovative audiovisual instrument in intercultural public dialogues and thereby contributes to the formation of a new European Public.
Team Franco Schwörer: Projektleitung. Ivan Mele: Technik, Dokumentation. Marco Jann: Gestaltung. Oliver Betschart: Spatial Design. Filewile: externes Coaching. Max Spielmann: Mentor HyperWerk. Schorno: externer Partner. Weblinks www.digitalpicnic.ch, www.leftside.ch Contact Franco Schwörer, Wiesenplatz 5, 4057 Basel, +41 ( 0 )78 856 75 85, contact@leftside.ch, info@digitalpicnic.ch Thanks to Filewile ( laptop duo ), çuida ( triphop ), Schau ( visuals ), Sequenz ( animation ), Granulat, Dub:dray, Schulzone ( producer ), Maqam ( jazz fusion ), Bumrush ( collective ), Roman, Ivan, Layer, Seldomtype ( experimental ), Studio 6 ( radioshow ), Alex Spreiter ( electronics, guitar ), Morphologue, Dashes, Thomas Kaufmann ( visual art ), Benfay ( electronics, bass ), Balduin ( electronica ), Nemoy ( d j, producer ), Trigger ( visuals ), Alpinechic ( netlabel ), Flying Red Fish( d’n’b ), Red Steam Records, Mobiles Kino ( super8 crew ), Earthbeat records International rescue sounds ( d’n’b ), Local_form records, Rulin’fire, BSK ( trip hop ), sq16 ( detroit,acid ), V.I.T ( visuals ), Paragraph 10 ( nu jazz ).
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metafestival, the vision
and conceive such a project. Several ideas are being consider-
The European Union unites a growing number ( 25 and more )
ed: a travelling exhibition or the establishment of a nomadic
of heterogeneous countries into one fa-
summer academy related to the European media-festivals, a
mily of democratic European Countries,
discourse-cartography about the media-festival-landscape
committed to work together for peace
presented on a DVD, or a documentation of festival events
and prosperity. Within the European Uni-
with a mobile video forum that allows people to participate in
on there are common institutions to
discussions by video statements. With this instrument for
which some of the countries’ sovereignty
audiovisual feedback and this platform for survey and panel
is being delegated so that decisions on
discussion, metafestival could literally transport local dis-
specific matters of joint interest can be
courses across borders.
The powerful European integration that is taking place on a political level is strikingly at odds with the weak and hesitating formation of a European Public in a broader cultural sense. metafestival engages in initiating and stimulating transnational, cross cultural and decentralised public discourse by using a mobile videoforum, and thereby contributes to an increased awareness of an upcoming European mind. metafestival is a long term project that establishes a network of partners of European universities, enterprises and media-festivals. In a first step, scenarios of how to achieve these goals are being elaborated in a feasibility study, which builds the basis for a proposal as a European research project within the 6th Framework Programme of New Emerging Science and Technology ( NEST ), in the action line adventure.
made democratically at European level. This pooling of sovereignty is also called
To substantiate the idea, metafestival travels widely, visits
„European Integration“. Strikingly at
mediafestivals, interviews the public, talks to experts, ob-
odds with these developments is the fact,
serves and analyses the potential of specific public platforms.
that emerging tendencies towards the
Transporting the gained insights to other interested part-
cultural formation of a European Public
ners within our network initiates discussions, research, and
are very weak. There are only a few
collective brainstorm sessions about possible interventions of
attempts towards a European feuilleton,
how to stimulate a European Public. metafestival creates a
for example. And to a large extent, the
Network of Excellence with several European partners of uni-
formation of opinion still takes place
versities, enterprises and mediafestivals to engage in a long
within, and in relation to, national bor-
term project.
ders only. An intensified intercultural exchange is indispensable – this is the
metafestival, a long term perspective
f ield, where metafestival wants to get
The goals of metafestival can only be achieved on a long term
engaged: in initiating, stimulating and
basis. metafestival currently formulates a proposal in order
communicating public discourse across
to apply for funding as a European research project within
different economical and cultural areas.
the framework programme of „NEST-Adventure“. NEST Adven-
Thereby, metafestival will contribute to
ture projects are characterised as challenging and ambitious,
the formation of an upcoming European
with the aim of developing new scientific knowledge and new
mind with an own cultural memory, where
technological capabilities with high potential impact, using
passive multilingualism is being cultiva-
unconventional and innovative approaches. Together with its
ted, and where there is a broad aware-
partners, metafestival works out the different requirements
ness for cultural differences.
of such a proposal including general conditions, an outline of the project and its methodology, several project plans, the
metafestival, the project
def inition of work-packages and the organisation of fund-
Initiating, stimulating and communica-
ing. metafestival cooperates with the EU-research-office in
ting public discourse across Europe –
Switzerland, which is an important feedback partner for Eu-
how can this be achieved? metafestival
ropean Research Proposals, and will submit the proposal on
accomplishes a practical feasibility study of how to locate
the 14th of September 2004.
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a collection of guiding statements The following statements are collected to illustrate guiding
Constant exchange is absolutely necessary for a transnational project.
aspects, claims and instruments of metafestival. Top down
metafestival communicates face-to-face
approaches show where metafestival orients itself, and the
as well as through virtual platforms and
countered bottom up statements reveal how we meet these
reaches the public through events. Every
guidelines.
partner commits to an intensive information exchange.
Building networks is essential for intercultural projects in the European Public area. metafestival involves partners from different backgrounds to deal with complex situations.
Innovative projects often target a high impact and therefore deal with high risks. metafestival is suited in a difficult research terrain but possesses enormous
In order to strengthen the European research area, a project should be cross-cultural.
potential for a wide range of processes and applications.
To compare differences and similarities in politics and social impacts between European countries, metafestival acts transnationally.
Research projects can be realised with unconventional and experimental approaches.
Decentralised work is the condition for an innovative project especially in the field of research and development. With the coordination of independent partners and the
metafestival operates on different levels of interaction: global thinking, local acting and multimedia spreading.
specific application of New Media, metafestival guarantees the success of collaborations within decentralised circumstances.
The basis for a professional interdisciplinary project is a Network of Excellence. metafestival lives from the collective ex-
Interspaces are required for the creation of creativity, friction and new ideas. metafestival connects universities, festivals and enterprises to build potential interspaces which are needed for innovation. A transcultural approach helps to understand Europeanisation. metafestival initiates and perpetuates the discussion between different economical and cultural areas and transports the information across borders.
perience of universities, media-festivals and enterprises, together forming a competitive team.
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Die europäischen Integration bildet sich auf politischer Ebene immer stärker und besser aus. Im kulturellen Bereich hingegen bildet sich eine Europäische Öffentlichkeit erstaunlicherweise nur zögernd und geringfügig. metafestival will mit einem mobilen Videoforum den transnationalen, interkulturellen und dezentralen öffentlichen Diskurs initiieren und fördern und damit ein gesteigertes Bewusstsein für den europäischen Gedanken schaffen. metafestival ist ein Langzeitprojekt, das ein Partnerschafts-Netzwerk mit europäischen Universitäten, Firmen und Medienfestivals auf baut. In einer praktischen Machbarkeitsstudie werden Szenarien zur Verwirklichung dieser Ziele entwickelt, die als Grundlage für die Ausarbeitung eines Forschungsantrages im Sechsten Rahmenprogramm von New Emerging Science and Technology ( NEST ), im Bereich adventure, dienen.
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Julia Kehl
netBOX: a CSCW-toolkit for schools Die Schulen sind heute grösstenteils vernetzt und mit Computern ausgestattet – doch werden diese Möglichkeiten auch optimal genutzt?
network Andreas Broeckmann, transmediale, Germany. Annika Blunck und Rebecca Picht, Viper, Switzerland. Carlos Scolari, University of Vic, Spain. Dorothée Schiesser, HyperStudio, Switzerland. Drew Hemment, Futuresonic, UK. Erwin Schaal, hellblau, Germany. Mischa Schaub, HyperWerk FHBB, Switzerland. Reto Wettach, Interfacedesign FHP, Germany. Viola Kutlubasis-Krajewska, WRO Center for Media Art Foundation, Poland. Winfried Gerling, European Media Sciences FHP, Germany. coaching Intern: Mischa Schaub, HyperWerk FHBB, Switzerland. Extern: Bettina Lehmann, projekt51, Germany. team hyperwerk Nelly Riggenbach, Philipp Kirmis. contact Constanze Kirmis, Initiator metafestival, c|o HyperWerk, Totentanz 17, 4051 Basel, Switzerland. web metafestival@hyperwerk.ch, www.hyperwerk.ch / metafestival.
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Der Umgang mit digitalen Technologien als Kulturtechnik
„Ich fand netBOX sehr cool. Am besten fand ich das Chatten. Es war eine Abwechslung zur Schule. Zitat von Brigitte, “ 6. Klasse, zur Arbeit mit der Plattform netBOX während den
auf diese Fragen zur Verf ügung, basierend auf Erfahrungen aus
Feldversuchen.
Feldforschungen an Schweizer Volksschulen.
Die Aussagen geben weitgehend die Realität in schweizeri-
netBOX soll ein
schen Primarschulen wieder: In den Köpfen der Eltern, der
Anleitungshandbuch
Lehrer und vor allem auch der Schüler gehört der Computer
f ür Lehrer und
( noch ) nicht in den Unterricht. netBOX entwickelt konkrete
Bildungsbeauftragte
Szenarien und Methoden zur spielerischen Integration von netBOX beschäftigt sich mit der Frage, ob und wie der konventionelle Face-to-Face Schulunterricht durch das Einbeziehen von digitalen Lernsequenzen in der computergestützten Gruppenarbeit ( CSCW Computer Supported Cooperative Work ) ergänzt werden kann. Wie verändert das Einbeziehen von digitalen Technologien die Bereiche Kommunikation, Kooperation, Informationsbeschaffung und -austausch in der Schule? Was bedeutet das für den Einzelnen, die Lerngruppe, und was hat es für Auswirkungen auf das soziale Gefüge der Klasse? In einer handlichen Kiste stellt netBOX Antworten
sein, bestehend aus
digitalen Kooperations- und Kommunikationswerkzeugen, und zeigt so neue
Der Umgang mit digitalen Technologien
Möglichkeiten für die Unterrichtsgestal-
als Kulturtechnik
tung auf. Im Zentrum der Feldforschun-
Der Umgang mit digitalen Techniken und
gen steht dabei das explorative Kennen-
entsprechenden Formen der Zusammen-
lernen und Arbeiten mit Foren, Chat, Wiki
arbeit sind heute eine wichtige Kultur-
und Weblog. Folgende Thesen haben un-
technik. Jedoch verlangt deren Integra-
sere Forschungen geleitet:
tion in den festen Lehrplan grundsätzliche
1. Der Umgang mit Computer im Unter-
Veränderungen: Ganz besonders die Zeit-
richt fördert im Sinne der konstruktivisti-
und Raumstrukturen des Unterrichts
schen Lerntheorie das Finden und Aufbau-
müssen f lexibler gestaltet werden, damit
en neuer, individueller Lösungsstrategien.
die digitalen Werkzeuge, die dezentrales
2. Das digitale Zusammenarbeiten über
Arbeiten erfordern, überhaupt eingesetzt
verteilte Zeiten und Räume hinweg fördert die Eigenständigkeit und Selbstverantwortung der einzelnen Lernenden.
werden können.
theoretischen Hintergrundinformationen, ausformulierten Einsatzszenarien und Kopiervorlagen für den Unterricht. Ergänzt wird netBOX durch ein elektronisches Portal, auf welchem die beschriebenen digitalen Werkzeuge ( Forum, Chat, Wiki und Weblog ) für die Arbeit mit der Klasse angeboten
„Ich finde es sehr gut, dass wir so etwas
werden.
3. Der Lehrer, klassischerweise Vermitt-
machen, denn vorher habe ich gar nicht gewusst, dass man
ler von Lerninhalten, tritt zunehmend in
chatten kann. Auch die Arbeit mit dem Wiki habe ich sehr in-
den Hintergrund und übernimmt die mo-
teressant gefunden. Sowie die Arbeit mit dem Forum. Aber
derierende Rolle des Lernberaters.
auch das mit dem Blog finde ich super, denn so kann man gut
4. Eingespielte Rollenmuster können
lernen, Texte zu schreiben. Ich
über anonymes und dezentrales Zusam-
fände es sehr toll, wenn es das
menarbeiten verschoben oder neu ausge-
in der Oberstufe wieder geben
handelt werden, wodurch für die Lernen-
würde.
den neue Möglichkeiten der Interaktion mit Mitschülern entstehen.
“ Damian, 6. Klasse.
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Diary Mappings 13. Dezember 2003
In a handy box, netBOX
Ich bin überzeugt und gehe davon aus, dass Technikbegeiste-
puts experience gleaned
rung nicht nur männlichen Denkstrukturen vorbehalten ist.
from field research
Wie sollen Roboter aussehen, die für Mädchen ansprechend
at Swiss primary and
sind? Kann durch ein anderes Erscheinungsbild, z. B. unter
secondary schools
dem Titel „genähte Hightech“ oder durch eine speziell auf die
at disposal: a manual for
Mädchen zugeschnittene Einführung, ein besserer Zugang
teachers and education-
oder ein besseres Verständnis gesichert werden? 17. März 04 Zu diesem Zeitpunkt weiss ich noch nicht, wo ich den Schwer-
Was die Arbeit im Team betrifft, habe ich
punkt meiner Arbeit setzen soll. Ich gehe momentan von drei
gelernt, Verantwortungen abzugeben und
Bereichen aus:
durch eine gute Planung Verbindlichkei-
Schwerpunkt 1: CSCW in der Schule – Methoden und An-
ten für alle zu schaffen. Bei allen Team-
wendungsbereiche computergestützter Kommunikation und
mitgliedern sehe ich Bemühungen und
Kollaboration im Schulunterricht.
das wertvolle und nötige Mitdenken.
Schwerpunkt 2: Mädchen und Robotik ( Fokus auf das geschlechtsspezifische Moment ).
1. April 04
al experts consisting of theoretical background information, indepth and detailed scenarios of use, and forms to copy for lessons. In addition, a platform is put at disposal that offers the described tools for work with the class, adapted
Schwerpunkt 3: SchuleinsteigerInnen und Robotik. Wie
Heute habe ich mit Stefan das Pf lichten-
früh können SchülerInnen mit Program-
heft „Technik“ besprochen. Es ist auch
mierinhalten vertraut gemacht werden?
für mich sehr ungewohnt, auf die Unter-
Je früher und spielerischer die Schüler
stützung und Mitarbeit von anderen angewiesen zu sein. Ein
Zugang zu High-Tech-Bereichen finden,
Experiment, auf das ich mich einlassen werde. Es wird mir
umso mehr kann Abneigungen und Bar-
sowieso nicht gelingen, den kompletten Überblick und die
rieren entgegengewirkt werden.
Kontrolle zu jedem Zeitpunkt zu behalten.
netBOX focuses on the question whether and how conventional face-toface school lessons can be complemented by integrating digital learning sequences into computerassisted group work. How does computer-assisted group work affect and change the fields of communication, cooperation, acquisition and exchange of information at school for individuals, a group of learners, or the social fabric of the entire class?
to the requirements of a specific target group.
30. April 04 Ein wichtiger Meilenstein im vergangenen Monat war, dass ich die Feldversuche zum Austesten der Tools an zwei Schulen in der Schweiz optimal aufeinander abstimmen konnte. Von den entsprechenden Lehrpersonen bekomme ich freie Hand und viel Zeit zur Verfügung, meine geplanten Unterrichtsreihen durchzuführen.
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Beat Muttenzer
nodes Welche Rolle kann Informations- und Kommunikationstechnologie ( ICT ) bei der Dezentralisierung einer international tätigen Fair Tradeund Entwicklungsorganisation übernehmen?
Projektteam Julia Kehl: Projektleitung, Konzept. Corinne Petitjean: Recherche. Christian Peter: Assistenz Feldversuche, Gestaltung, CI. Stefan Schneeberger: Technik. Beat Raeber: freier Mitarbeiter, Assistenz Feldversuche. Partner SFIB, Schweizer Fachstelle für Informationstechnologien im Bildungswesen: educa.ch, Schweizer Bildungsserver. Coaches Peter Suter, Dozent Pädagogische Hochschule Zürich. Christoph Kehl, dipl. Naturwissenschaftler ethz und Philosoph M.A., freier Lektor, Berlin. Coach Technik Thomas Bruhin, Geschäftsführer Mediasonics Web-Application Developments.
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nodes – Faire Trade Carpet „STEP“ ist eine Stiftung mit Sitz in der Schweiz und Vertretungen in Österreich und Frankreich, die als Nichtregierungsorganisation mit lokalen Koordinatoren in Indien, Nepal, Pakistan, Afghanistan, im Iran und in Marokko die Produktion handgeknüpfter Teppiche überwacht und verifiziert, sich für bessere Arbeits- und Lebensbedingungen der Knüpfer-Familien engagiert, missbräuchliche Kinderarbeit bekämpft und sich für ökologisch verträgliche Herstellungsverfahren einsetzt. Diesem dezentral angelegten Kernauftrag steht eine zentralistische Kommunikations- und Kooperationskultur gegenüber: Rückmeldungen aus den Ländern erfolgen direkt und fast ausschliesslich an das Head-Office in der Schweiz. Zusammenarbeit findet zwischen Head-Office und Koordinatoren, kaum aber zwischen verschiedenen Koordinatoren untereinander statt. nodes – vom Satellit zum Knotenpunkt Mit einem Konzept für sinnvolle Informations- und Kommunikationstechnologie will nodes die Koordinationsbüros von STEP von der jetzigen Form als Satelliten in Knotenpunkte eines Netzwerkes transformieren. Ein Netzwerk, in dem Informations- und Wissensaustausch direkt stattfinden kann, in dem die einzelnen Knoten unabhängig von ihrem Standort eine gleichberechtigte und tragende Rolle innerhalb des Ganzen übernehmen können. Wie kann eine zwangsläufig mit Konf likten verbundene Pluralität hergestellt werden, ohne die gemeinsamen Ziele aus den Augen zu verlieren? Es geht dabei nicht um Einheit in der Vielfalt, sondern es geht um Vielfalt in der Einheit. Die Arbeit der Koordinatoren soll nicht reguliert und standardisiert werden. Vielmehr sollen die teilweise unterschiedlichen Arbeitsprozesse und länderspezifischen Methodiken zu einem Ganzen zusammenwachsen, das von allen wahrgenommen und mitgetragen wird. Hierbei stehen Dokumentation, freier Zugriff auf gemeinsames Arbeitsmaterial, direkter Erfahrungsaustausch, Ref lexion und Diskussion im Vordergrund.
203
Am Anfang stand nodes
für ein Technikvorhaben. In einem Pilotprojekt sollten die Potentiale und Möglichkeiten für den Einsatz von Kommunikations- und Informationstechnologie bei der Dezentralisierung der Stiftung STEP ausgelotet werden. Aber Nachdenken über technische Lösungen ist zwangsläufig auch Nachdenken über Abläufe, Prozesse, Arbeit und Aufgaben – so wird bald schon das Vorgehen und die Methodik der Akteure zum eigentlichen Thema von nodes. Als Grundlage für die Entscheidung über eine sinnvolle Ausgestaltung der ICT Umgebung erarbeitet nodes eine Topographie möglicher Szenarien, die weitere Entwicklungen der Organisation sowie die technische Unterstützung dieser Entwicklungen illustrieren. Über diese Szenarien macht nodes die relevanten Aspekte und Faktoren direkt erfahrbar und diskutierbar.
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nodes – Nachdenken über technische Lösungen ist immer auch Nachdenken über Strukturen und Prozesse Bevor eine technische Lösung eingeführt werden kann, muss sich ein gemeinsames Verständnis der Organisation entwikkeln. nodes hat in der Schweiz, sowie während mehrwöchiger
In the beginning, nodes stood for a hands-on technology project. A pilot scheme should fathom the potentials and possibilities of the use of information and communication technology ( ICT ) in the decentralization process of STEP foundation, an international non-governmental organization for fair trade and development. However, pondering on ICT solutions inevitably also means ref lecting on work, workf lows, processes and tasks. Very soon the focus of nodes shifted to the ways of proceeding and the methodology of the persons involved.
Rechercheaufenthalte in Pakistan und Nepal, eine Studie zu Bedarf und Bedürfnissen hinsichtlich der technologischen Unterstützung bei STEP durchgeführt – woraus sich ein heterogenes Bild abzeichnet. Fest steht, dass die Arbeit von STEP mit ICT unterstützt werden soll. Doch für
erfahrbare – Bildschirm-Simulationen als interaktive De-
einen passenden und sinnvollen Einsatz
monstration, oder modelliert Organisationsstrukturen mit
ist es entscheidend, dass die zukünftigen
Lego-Bausteinen zu Landschaften, die einander gegenüberge-
Nutzer die Auswirkungen und Verände-
stellt werden können. Für die Definition und Benennung der
rungen in den Arbeitsschritten des Ein-
Szenarien wird eine neue Begriffswelt aus geeigneten Meta-
zelnen und in den Prozessen der Gesamt-
phern geschaffen, um Konnotationen und Kontexte unglück-
organisation abschätzen können. Hier
lich eingeführter Begriffe hinter sich zu
setzt die Interaktionsleitung an. Im vor-
lassen.
liegenden komplexen, dynamischen und interkulturellen Umfeld sind verschie-
Die so entstehende Topographie schafft
dene Entw ick lungspfade möglich: Mit
ein gemeinsames Verständnis, verdeut-
ihnen umzugehen erfordert ein Werk-
licht die vorhandenen Optionen und er-
zeug.
möglicht somit die Diskussion als Ausgangslage für einen Entscheidungspro-
nodes – eine Topographie der möglichen
zess. Ziel ist es, anlässlich des inter-
Entwicklungen
nationalen Jahrestref fens von „Label
In einer topographischen Matrix karto-
STEP“ auf der Grundlage dieser Topogra-
graphiert nodes verschiedene Entwick-
phie gemeinsam den Einsatz von ICT zu
lungsszenarien der Arbeitsprozesse je nach Grad möglicher technologischer Vernetzung. Damit wird die Komplexität der Arbeitsprozesse handhabbar: Mögliche Konstellationen von Aufgaben, Prozessen, Formen der Zusammenarbeit und sozialen Aspekten, sowie deren wechselseitigen Beeinf lussungen, werden sichtbar. Wichtig dabei ist es, die Ebene der Abstraktion wieder zu verlassen und diese Topographie der Entwicklungen mit greif baren Beispielen zu benennen und zu verbildlichen. Das ist durchaus wörtlich zu verstehen: So entwickelt nodes für mögliche Applikationen navigierbare – und somit
bestimmen.
To provide a basis for a decision on a reasonable and appropriate design of the ICT environment, nodes sketches a topography of possible scenarios which illustrate further developments of the organization and the respective technological support. By means of these scenarios, relevant aspects and factors can be experienced and discussed.
206
Denis Grütze
pure view Ein Testszenario zur Evaluierung von Übertragungsservices für live Video im Mobilfunkbereich.
nodes – eingreifende Beobachtung Die Ausgangslage für die Frage nach dem idealen Zeitpunkt und dem idealen Ort, für „right time right place“ als methodischem Konzept für Interaktionsleitung, ist die postindustrielle Situation der westlichen Welt. Die Schauplätze von nodes liegen hingegen zu einem grossen Teil in und an den Schnittstellen zu Entwicklungsländern, wo ein Grossteil der Bevölkerung im informellen Sektor tätig ist. Instabile sozioökonomische und politische Verhältnisse in dieser Überlebenswirtschaft, sowie eine allgegenwärtige Religion und Tradition entfalten Kräfte, die das rtrp-Versprechen des Auslösens eines gezielten Prozesses mit grösstmöglicher Wirkung – aus der westlichen Kultur heraus – kaum einlösen lassen. Entscheidender ist die Erkenntnis, dass das Beobachten einer Organisation, das Durchführen einer Analyse und das gemeinsame Entwickeln von Szenarien bereits einen Eingriff bedeutet, der eine Sensibilisierung auslöst und die Eigenwahrnehmung verändert. Diese Eigendynamik nutzt nodes als Reibungsfläche und Diskussionsstoff im Transformationsprozess.
nodes-Team Beat Muttenzer: Interaktionsleiter. Ueli Ramseier: Geschäftsführer Stiftung STEP. Tanveer Jahan: Leitung Länderprogramm „Label STEP“ Pakistan. Sher Zaman: Länderprogramm „Label STEP“ Pakistan. Sherab Dolma Rana: Leitung Länderprogramm „Label STEP“ Pakistan. Coaching Thomas Schwarz: Co-Geschäftsführer Medicus Mundi Schweiz. Herzlichen Dank an Eric Defrenne, Manju Vira Gupta, Parviz Homayounpour, Günter Lenhart, Mohammed Messaoudi, Christoph Müller, Kerstin Rohrer, Mischa Schaub, Colette Schneider, Marc Steinlin, Magdalena Stranner, Helena Zweifel … und der Bürogemeinschaft Annex 3ter Stock.
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Ein solches Szenario entwickelt pure view in Zusammenarbeit mit AllTheContent.com, einem der führenden schweizeri-
209
schen Contentprovider für alle Medien. Wie lassen sich Inhalte
f ür
mobile
und
internetbasier te
Dienstleistungen auf bereiten? Wie können zeitlich parallel verlaufende Events in spontanen Momentaufnahmen erfasst, übertragen und dargestellt werden? Ist heute der Einsatz mobiler Kommunikationstools im Bereich der Video-Übertragung möglich, realistisch, sinnvoll, wirtschaftlich und rechtlich überschaubar? Gemeinsam werden wir Videoübertragungen auf Mobiltelefone testen und Service- und Contentkonzepte für dieses Medium entwickeln. Die VIBIC ( sprich: „Vai-Bik“ ) bietet pure view die Gelegenheit, unser entwickeltes Konzept zu testen. VIBIC findet als ExpoFestival kurz vor der Street Parade in Zü-
pure view entwickelt und untersucht konkrete Szenarien zur Übertragung von LiveEvents auf Mobiltelefone. Mit Hilfe eines Videound Übertragungssystems werden kurze Videosamples eines LiveEvents in Form eines Veranstaltungskalenders im Internet publiziert. Ziel von pure view ist es, eine Empfehlung zum Betrieb von Services zur Übertragung von Videos im Bereich LiveEvents zu entwickeln,
pure view – ein Testszenario zur Evaluierung von
rich statt, und ist eine Erlebnis-Messe, die
Übertragungsservices für live Video im Mobilfunkbereich
zeitgenössische Musik, Lebenskunst, Per-
Mobile Kommunikationsmedien sind Bestandteil unseres Le-
formance und digitale Kunst vereint. Sie
bens, mittlerweile gehen wir ganz selbstverständlich mit In-
ist einerseits Messe zum Thema Event,
ternet, Handy und Digitalkamera um. Schon seit Jahren gibt
andererseits auch selbst ein Anlass mit
es die Möglichkeit zur Übertragung von Video über Internet,
Event-Charakter. Sie dient als Forum, Treffpunkt und Platt-
wenn es auch lange gedauert hat bis Anwendungen wie Video-
form für Musiker, DJ’s, Künstler, Techniker, Veranstalter, Mu-
chats, Live-Übertragungen und WebTV von der breiten Masse
sik- und Showproduzenten, für Clubbesitzer und Festivalorga-
genutzt wurden. Auch die Übertragung von Video auf Mobil-
nisatoren, für Designer, Graphiker und Innenarchitekten. Mit
telefone ist im Zuge dieser Entwicklung heute technisch kein
Shows, Performances und den vielen Neuheiten ist sie ein
Problem mehr. Mit dem Aufschalten der UTMS Mobilfunknet-
interessanter Anlass für alle, die sich für die Entertainment-,
ze werden im Herbst 2004 Videotelephonie und Videoübertra-
Party- und Eventszene der Zukunft interessieren – und somit
gungen auf Handys, Organizer und Handhelds möglich. Im
idealer Partner für pure view. Der Prototyp von pure view
Zusammenhang mit diesen Entwicklungen kreiert pure view
wird während der VIBIC vom 5. – 7. August 2004 getestet.
ein Testszenario zur Evaluierung von Übertragungsservices für live Video im Mobilfunkbereich. Hierzu werden Themenfelder der Freizeitunterhaltung, Freizeitgestaltung, sowie der Besuch von Live-Events untersucht.
die eine systematische Vorgehensweise zur Bedarfsabklärung solcher Services vorstellt.
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pure view als Prozess
Technisches Konzept
Im Februar 2004, als pure view konzeptionell entwickelt wur-
Zur Übertragung der Videos vom Event als Ort der Aufnahme
de, waren die Umstände und Aussichten für die Durchfüh-
zum Endgerät / Client benutzen wir ein relativ einfaches Sys-
rung eines solchen Projektes denkbar gut. Die UTMS Dienste
tem, welches aus günstigen, handelsüblichen Komponenten
würden in absehbarer Zeit aufgeschalten, die Medien und
besteht. Dieser Aspekt war besonders wichtig, denn es ging
Eventpartner waren bereits gefunden und erste Gespräche
darum, möglichst schnell ein funktionierendes System zur
hatten schon stattgefunden. Während der Recherche zur
weiteren Entwicklung des Prototypen bereitzustellen. Zur Be-
Technik und der Konzeption des Prototy-
gutachtung der Interfaces im Live-Einsatz wurde eine Simu-
pen änderten sich diese Umstände mehr
lation vorbereitet, die neben der Umfrage zum Einsatz kommt.
pure view develops and evaluates straightforward scenarios in the field of video transmission to mobile phones. Short video samples of live events will be made available in an online live event agenda, especially designed for mobile communication. It is the aim of pure view to work out a prototypical concept of how to develop, establish and finally run such a mobile service.
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und mehr: Unser Eventpartner musste sich aufgrund von inneren Umstrukturierungen zurückziehen. Aus unserer Zusammenarbeit mit der VIBIC im Bereich der Bühnen- und Visualsgestaltung ergab es sich, dass wir das Konzept pure view vorstellen konnten, und so die VIBIC als Partner und Event f ür den Prototypentest gewonnen haben. Mit dieser
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Verlagerung des Events und der damit einhergehenden Neuausrichtung unseres Konzepts suchten wir nun auch neue Partner im Medienbereich. Eine Zusammenarbeit mit AllTheContent.com machte in jeder Hinsicht Sinn: AllTheContent.
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com hat parallel auch an Dienstleistungskonzepten für live
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Übertragungen auf Mobiltelefone und andere Devices gearbeitet. Somit konnten besonders die Aspekte der Wirtschaftlichkeit, Serviceumsetzung und Realisierbarkeit professionell und objektiv begutachtet und auch betreut werden.
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1 Kamera 2 Videoserver 3 Webclient 4 Mobilfunkprovider 5 Mobiler Client 6 Datenbankserver 7 Administration Client
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Christof Seiler
Reizvoll Eine Sinneslandschaft als Kulturlabor.
Partner und Sponsoren AllTheContent.com: Coaching, Content, Technik. VIBIC: Partner f端r die Evaluation ( Bereitstellung Infrastruktur, M旦glichkeit f端r Umfrage ). Team Denis Gr端tze: Projektleitung, Konzept, Clientprogrammierung, Testszenario, Umfrage. Thomas Nagy: externes Coaching ( AllTheContent.com ). Cyrill Delabre: technisches Interview, Beratung ( AllTheContent.com ). Martin Schorno: Vibic. Webseite www.hyperwerk.ch / dgr / pureview / www.seldomtype.net / diploma /
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214
Reizvoll. Wieso gerade jetzt? Wieso gerade hier?
Reizvoll. Wieso gerade jetzt? Wieso gerade hier? Das Projekt
„Die Freude an der Arbeit ist für mich die Basis aller Ideen
ist entstanden aus einem Spiel an Wechselwirkungen zwi-
und Projekte. Ohne ehrliche Begeisterung wird’s mühsam. Ich
schen verschiedenen Ideen und deren ansatzweisen Um-
habe beispielsweise herausgefunden, dass mich ein Projekt
setzungen, woraus sich immer w ieder
nur dann wirklich begeistert, wenn ich gerne telefoniere.
Verschiebungen ergeben haben. Diesen
Wenn ich von einer Sache nicht so richtig überzeugt bin,
Konkretisierungsprozess zu beobachten
muss ich mich immer wieder überwin-
war unheimlich faszinierend. Es gab
den, den Hörer abzuheben. Wenn das ein-
viele Überraschungen. Am spannendsten
trifft, muss ich mich ernsthaft fragen, ob
waren die Punkte, an denen ich mich ent-
ich das Projekt weiterziehen möchte oder
schied, eine Idee fallen zu lassen. Wieso
nicht.“
will ich eine Idee, die ich zu Beginn doch
Wir leben in einer unheimlichen Informationsdichte – Bilder, Texte, Klänge, Filme dringen ständig auf uns ein. Reizvoll schafft Räume für bewusste Wahrnehmung. In einer einzigartigen Mischung aus Kulturbetrieb, Wahrnehmungslabor und Medienwerkstatt entstehen in den Fabrikationshallen der ehemaligen Leuchtenfabrik B*A*G Turgi in Vogelsang an der Limmat Kulturformate, die unsere Sinne auf ungewohnte Art und Weise reizen und Alltägliches neu erfahrbar machen. Als interdisziplinäres, hochschulübergreifendes Forschungsprojekt hat es zum Ziel, gestalterische
als so viel versprechend empfand, jetzt Weshalb trifft man eine Entscheidung ge-
plötzlich nicht mehr weiterentwickeln?
nau so und nicht anders? Welches sind
Ich habe mir natürlich sorgfältig über-
die wichtigsten Faktoren, die einen sol-
legt, weshalb ich das tue.
chen Entscheidungsprozess beeinf lussen und steuern? Das Budget, der Terminplan oder vielleicht vorhandene Beziehungen? Für mich ist das Wichtigste jeder Projektarbeit, dass ich voll und ganz hinter der Idee und dem daraus entstehenden Produkt stehen kann. Wofür man sich engagiert, muss reizvoll sein, muss Spass machen. Während man nach der ultimativen Idee sucht und eine adäquate Umsetzung anstrebt, wird der Projektverlauf durch unendlich viele zufällige, nicht steuerbare Faktoren beeinf lusst. Der Kontext, in welchem eine Arbeit realisiert wird, wandelt sich mit jedem Tag. Mit der Hilfe von Erfahrungswerten kann man zwar wahrscheinliche Thesen aufstellen, genau vorauszusagen, wie sich etwas entwickeln
wird, ist jedoch unmöglich. Zum Glück ist das so, sonst gäbe es ja gar keine Überraschungen.
215
und technische Fragestellungen im Kulturbereich auf experimentelle Weise zu entwickeln und diese an einem öffentlichen Zielpublikum zu testen. „Wellenform“, „Klang werk“, „Kinoformat“, „Volkstanz“, „Blickfeld“, „Schallbad“ – Reizvoll ist ein Experiment, das sich ständig wandelt und weiterentwickelt.
216
217
Skizzenbuch-Prozessdokumentation: ein wunderbares Informations-Chaos. Bei diesen Diplomreisen hat mich mein Moleskine-Skizzenbuch immer begleitet. Von dem Zeitpunkt, als das erste bis hinten gefüllt war und ich noch kein neues Skizzenbuch hatte, begann ich einfach nochmals auf der vordersten Seite und füllte die Lücken der bereits beschriebenen Seiten auf. Wie ich bemerkt habe ist das ein gar nicht so schlechtes System, um sich nicht in Details zu verirren. Mit einer Latenzzeit von etwa 2 Monaten wurde ich so immer wieder mit vorausgegangenen Gedankengängen und Ideen konfrontiert. Dabei entsteht ein wunderbares Informations-Chaos, das mir irgendwie Spass macht und mich weiterbringt. Man verliert so den Überblick und den Bezug zum Ganzen nicht so leicht. Bei all diesen „Subprojekten“, den Zwischenstationen auf meiner Diplomreise, war ich mit der Entwicklung neuer Kulturformate beschäftigt. Ein zentraler Faktor bei meiner Projektarbeit ist, dass ich mich in einem Arbeitsfeld bewege, in dem ich mich wohl fühle und worin ich mögliche langfristige beruf liche Perspektiven sehe.
We are living in an incredible density of information – images, texts, sounds, movies penetrate us constantly. Reizvoll creates room for conscious perception. In the manufacture halls of the former light factory B*A*G Turgi, located in the village Vogelsang at the Limmat riverside, we create a unique mix of a cultural establishment, laboratory for perception and media lab. As an interdisciplinary research project, Reizvoll follows experimental approaches and develops new cultural formats, exploring the possibilities of technology and design for cultural leisure environments. „Wellenform“, „Klangwerk“, „Kinoformat“, „Volkstanz“, „Blickfeld“, „Schallbad“ – Reizvoll is an experiment that constantly changes and develops.
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Reizvoll – Neue Kulturformate
Roman Weyeneth
Reizvoll ist ein Kulturlabor und wandelt sich ständig. Stillgelegte Industrieräume dienen als f lexible Gefässe für die Entwicklung und Ausstellung gestalterischer Projekte in den
Sein & Schein
Sparten Film, Musik, Fotografie, Medienkunst, Architektur, Performance und Kochkunst. Im installativen Raum „Bildersturm“ wird das Hören unterbunden, damit man sich ganz auf die projizierten DI A-Bilder konzentrieren kann. Das „Schallbad“ hingegen spricht unseren Gehörsinn an: hier werden die Augen mit einer Augenbinde verschlossen, um die erklingenden Klangstrukturen ganz bewusst wahrnehmen zu können. „Wellenform“ ist eine Installation, die einen den eigenen Körper und dessen Auswirkungen auf die Umwelt erleben lassen – es ist ein unkonventionelles Hilfsmittel, sich mit sich selber auseinanderzusetzen: der Raum reagiert je nach Stimmung der BesucherInnen in Form von Licht, Farbe und Klang auf deren Verhalten, und erkennt Einen auch wieder bei erneutem Besuch. Ausserdem bietet Reizvoll experimentellen Kino-, Musik- und Tanzbetrieb, und ein süss-sauer-salzig-bitteres „Bistro“.
Coach Prof. Dr. Peter Munz, Fachhochschule Aargau Team Reto Schmid: Gestaltung. Adrian Schwarz: Technik. Daniel Meyer: Musik. Art Clay: künstlerische Betreuung. Mischa Leber, Fachhochschule Aargau: Sensorik. Prof. Dr. Jürg Gutknecht, ETH Zürich: Software-Entwicklung. Prof. Dr. phil. Fred W. Mast, Universität Zürich: Kognitive Neurowissenschaft. Sponsoren Aargauer Ideentopf. Neue Aargauer Bank. A XPO. Partner Andre Roth Immobilien Baden. Restaurant Killer, Turgi. d & b Audiotechnik, 2M Audio, Schönenwerd. M & M Hire, Schönenwerd. Dr. W. A. Günther Mediarent, Erlenbach. Habegger Media Performance, Regensdorf. SNT, Rümlang. MOTU, PEK, Zürich. TC Electronics Schweiz, Zürich. Steinberg, SDS Music Factory, Zürich. M-Audio Deutschland, Ohringen. e:cue Deutschland, Köln. Quinnie Cinema Films, Bern. Scania Schweiz, Hächler, Othmarsingen. TMB-Turgi, Vogelsang. Hasler + Matter, Vogelsang. Wenger Altstoffe, Windisch. Bridgestone Schweiz, Spreitenbach. Medienpartner Aargauer Zeitung Website www.reizvoll.ch
Eine mediale Fensterinszenierung.
219
220
Inszenierung Eine erste mediale Fensterinszenierung wird als Pilotprojekt im Juni 2004 am HyperWerk-Gebäude in Basel realisiert. In einem Video-Portrait stellt sich das gegenwärtige Innenleben dieses Gebäudes in Auseinandersetzung mit seiner Geschichte dar: Das historische Totentanz Motiv wird in die farbige
Wie können die Anliegen, Inhalte und Kommunikationsbedürfnisse einer Organisation, Institution oder Firma auf neue Weise an die Öffentlichkeit gelangen? Selbstdarstellung und Selbstinszenierung gewinnen im Wettbewerb um Aufmerksamkeit und Anerkennung immer mehr an Bedeutung. Gefragt sind innovative Ideen, um sich auf neue und spielerische Weise öffentlich darzustellen. Über eine mediale Fensterinszenierung findet das innere Sein eines Gebäudes nach Aussen hin eine Form, die zum Einblick und zur Interaktion einlädt. Der Reiz von Sein & Schein ist die Verbindung von dramaturgischer Bespielung, Informationsplattform und Interaktionsmoment.
Arbeitswelt übertragen, in dem Menschen mit vielfältigsten Vorgeschichten, Tätigkeiten und Zielsetzungen zusammenkommen. Gleich einem nächtlichen Traum werden Informationen, Anliegen und Inhalte zu einem modernen Totentanz zusammengeflochten, wobei sich die Grenzen zwischen Sein und Schein vermischen. Verschiedene Figuren gehen unterschiedlichen Tätigkeiten nach, laufen von einem Fenster zum anderen durch das Gebäude, treffen sich und gehen wieder auseinander. Doch das alltägliche Treiben der Figuren wird immer wieder unterbrochen durch kurze schattenartige Auftritte des Todes:
„Egal
wer du bist und was du tust, es kann dich
“
jederzeit erwischen!
Filmerische Lebensabrisse f lackern auf und erzählen dem Betrachter von der Individualität eines jeden Lebens und von der Vergänglichkeit im Tode. Dabei wird der Zuschauer unweigerlich zum Gegenspieler des Todes: Denn der Tod hat seinen Auftritt in dieser Inszenierung nur hinter gezogenen Vorhängen. Diese lassen sich von den Passanten auf der Strasse öffnen. Mit dem Vorhang schiebt sich der anonyme Schatten zur Seite und die
dahinter stehende Figur wird sichtbar. Von Zeit zu Zeit kommt eine der Informationstafeln zum Vorschein. Wer einen Mo-
221
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Dramaturgie, Information und Interaktion Die Verbindung von dramaturgischer Bespielung, Informati-
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onsplattform und Interaktionsmoment sind der Reiz von Sein & Schein. Die Passanten können aktiv mit der Installation spielen: Dank mehrerer übereinander abgespielten Layers, und Dank Video-Realtime-Compositing lassen sich die Vorhänge von den Passanten auf der Strasse, durch das Ziehen an einer Kordel, beliebig öffnen und schliessen. Der Interaktionsmöglichkeit im Aussen steht eine Interaktivität im Innen gegenüber. Über ein Administrations-Interface kann die Inszenierung veränder t und gesteuert werden. Im Medienpool von Sein & Schein befinden sich ca. 100 Figurenvideos, 75 Lebensabrisse, diverse Infotafeln und verschiedene Hintergründe, die in unterschiedlichen Kombinationen miteinander dargestellt werden können. Aus den fensterübergreifenden Geschichten, den einzelnen Filmsequenzen und Informationstafeln lassen sich täglich neue ment verweilt und die virtuellen Vorhänge öffnet, kann ei-
Nachtprogramme zusammenstellen und
nen tieferen Einblick ins Innenleben dieses Gebäudes erha-
in den Fenstern abspielen. Indem die medi-
schen und hält, durch das Interesse für’s Lebendige, den
ale Fensterinszenierung von Sein & Schein
willkürlich auftretenden Tod auf.
die Passanten immer wieder zu neugierigem Hinschauen einlädt, gestaltet sie die
Installation
nahe Umgebung von HyperWerk jeweils
Die Hardware beschränkt sich im Wesentlichen auf drei
auf ’s Neue zu einem Erlebnisraum.
Rechner, welche die fünf Beamer versorgen. Die Computer sind vernetzt, wodurch die Bespielung gesteuert und für die fensterübergreifenden Geschichten sy nchronisiert wird. Vor jedem Fenster ist eine Kordel als Interface angebracht, die von Sensoren ausgewertet wird und die das Öffnen und Schliessen der virtuellen Vorhänge steuert. Rückprojektionsfolien in allen Fenstern machen die Inszenierung in den Fenstern des Gebäudes sichtbar.
How can the concerns, contents and interests of an organization, an institution or a company be communicated to the public in a new way? Selfpresentation becomes more and more important in a never ceasing competition about attention and recognition. Needed are fresh ideas to publicly present oneself in a playful manner. Sein& Schein is a media installation where the inner being of a building finds its expression to the outside through projections in the windows, inviting the late passenger to interact and have a look inside. The special appeal of Sein& Schein derives from a mix of dramaturgic performance, a platform for information and the possibility for interaction.
224
225
Roland Hunziker
transMission ICT4D ( information and communication technology for development ) in Chernobyl contaminated area –
„What is transferred is not simply machines, hardware, or knowledge but a collection of attitudes, values, and
“ Shields and Servaes.
social, political, and cultural structures.
Projektteam Roman Weyeneth: Konzeption, Produktion, Interaktion. Andreas Wenger: Externer Coach. Adrian Kelterborn: Videoproduktion, Lebensabrisse. Dominik Gehring: Videoproduktion, Figurenvideos. Dominik Seitz: Texte, Public Relation. Jan Bölsche: Darstellungsprogrammierung ( 2Bfex ). Mischa Leber: Beratung Sensorik, Medientechnik. Mischa Schaub: Interner Coach. Naomi Petcher: Layout. Roman Borer: Programmierung, Systemadministration. Sebastin Adank: Webseite. Thomas Bach: Netzwerk. Tobias Kaufmann: Videoproduktion, Figurenvideos Website www.hyperwerk.ch / sein & schein
226
transMission
Das Ziel von transMission nun ist es, ICT4D ( information and
trans..., Trans... [lat.], Vorsilbe mit der Bedeutung „quer,
communication technology for development ) zu unterstützen,
durch – hindurch, hinüber, jenseits“.
indem es einen Analysebericht der gewonnenen Erfahrungen
mission f Mission f; Auftrag m; Aufgabe f; Sendung f; adm. a.
ausarbeitet. Dieses Rahmenpapier enthält wertvolle Richt-
Ziel des Diplomprojektes transMission ist es, ICT4D ( information and communication technology for development ) in Chernobyl-kontaminierten Gebieten in Belarus zu unterstützen. Das Projekt wird in Zusammenarbeit mit der DEZA, der schweizerischen Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit, durchgef ührt. Die Projektmodule umfassen eine Projektevaluation, Workshops und ein Rahmenpapier. Das Rahmenpapier ist das finale Ergebnis des Projektes und enthält Richtlinien für die Implementierung von ICT4D Projekten in diesem bestimmten Kontext. Für die Umsetzung des Projektes verbrachte Roland Hunziker ein halbes Jahr in Belarus.
Dienstreise f.
linien für die Implementierung von zukünftigen ICT4D Pro-
transmit I v / t 1. Krankheit übertragen;
jekten im Gebiet der ehemaligen Sowjetunion, und unterstützt
2. Signale ( aus )senden; ( Rundfunk, TV )
so die Umsetzung von derartigen Projekten. Der Bericht baut
Programm senden. 3. phys. Wärme etc.
auf den Erfahrungen aus drei Modulen auf: Auf der Evaluati-
leiten; Licht etc. durchlassen.
on des Internetprojektes „Life in a village“, der Durchführung
II v / i 4. Rundfunk, TV: senden.
von drei ICT-Startup-Workshops in belarussischen Schulen, sowie auf der Organisation und Umsetzung eines „Internet
TransMission ist ein Folgeprojekt des
Summer Camps“ in Russland.
Projektes „Life in a village“. Im Jahr 2002 wurde die Dorfschule im belarussischen
Einblicke in den Evaluationsbericht
Dorf Igovka, das in radioaktiv kontami-
Das Ziel der Evaluation ist es, in einem Bericht die Auswir-
niertem Gebiet liegt, ans Internet ange-
kungen, den Impact des Projektes „Life in a village“ zu analy-
bunden. In Workshops wurde mit Schü-
sieren. Was hat sich dank dem Zugang zu Informationstech-
lern das Design und die Inhalte ihrer
nologie und zu einer eigenen Internetplattform für die Schüler,
Internetplattform http: // www.igovka.net
Lehrer und Dorf bevölkerung verändert? Was sind die positi-
erarbeitet. Der Computerraum der Schule
ven und negativen Auswirkungen? Ist das Projekt gut?
ist zweimal pro Woche abends als Internetcafé geöffnet. Das Projekt „Life in a
Die Resultate sind sowohl banal als auch überraschend. So
village“ haben sechs Studentinnen und
hat sich im Dorf Igovka die Menge an Information und die Zu-
Studenten von HyperWerk in Zusammen-
gänglichkeit zu Informationstechnologie erhöht. Im Dorf gibt
arbeit mit dem Computer Sciences De-
es nur gerade 1 Computer pro 50 Einwohner.
partment der European Humanities University EHU, der DEZA ( Direktion f ür Entwicklung und Zusammenarbeit ) und der Firma ecos aus Basel, durchgeführt. Die Weiterbetreuung des Projektes wurde dem DEZA Büro in Belarus übergeben. Das Projekt und die Internetseite stiessen auf reges Interesse inner- und ausserhalb der DEZA. Das Programm wurde
auf andere Schulen im selben Distrikt ausgeweitet. Auch das benachbarte Ausland ist interessiert – die Umsetzung ähnlicher Projekte in Russland und in der Ukraine beginnt bald.
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228
Die Bibliothek der Schule ist klein, eine grössere gibt es in der nahen Stadt Gomel. Die Reise dorthin dauert eineinhalb Stun-
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den. Ein Busbillet ist aber eine Investition, die sich viele Leute nicht leisten können. Der Zugang zu kostenloser Information ist in diesem Kontext folglich wertvoller als er es in einem vergleichbaren Schweizer Kontext wäre. Die Lehrkräfte finden im Internet Arbeitsmaterialien für den Unterricht, Dorfbewohner finden Know-how zu ihren jeweiligen Berufen. Auch sind unabhängige Informationen zu den Konsequenzen der Chernobyl - Katastrophe in einem Land, dessen Regierung verlauten lässt, man habe in der Region Gomel keine Probleme, Gold wert. Diese Region ist vom Reaktorunglück stark betroffen. Dorfbewohner haben lediglich Zugang zu wenigen, staatlich kontrollierten Fernsehsendern, Radiosendern und Zeitungen, die als Propagandakanäle des Diktators A. Lukaschenko gelten. „Life in a village“ hat aber nicht nur den allgemeinen Zugang zu Informationen ermöglicht, sondern bietet mit der Internetplattform http://www.igovka.net auch die Möglichkeit, eigene Informationen zu veröffentlichen. Erstaunlich ist, dass die Schüler das Bedürfnis haben, der Welt mitzuteilen, dass
The goal of the diploma project transMission is to support the implementation of ICT4D ( information and communication technology for development ) in the Chernobyl-contaminated area in Belarus. The project is being carried out in cooperation with SDC, the Swiss agency for development and cooperation. Modules of the project comprise an initial project evaluation, workshops, and a framework paper. The framework paper is the final output of the project and contains guidelines for the implementation of ICT4D projects in this respective context. To realize the project Roland Hunziker spent half a year in Belarus.
ein normales Leben in der Chernobylzone möglich ist. Sie haben keine Lust, den Leuten die Ohren vollzujammern. Die überraschendste Erkenntnis aber ist die, dass das Projekt zu einem erhöhten Selbstvertrauen und zu einem erhöhten sozialen Status der Partizipierenden führt. Dörfer wie Igovka
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haben den Ruf, nicht sehr weit entwickelt zu sein. Niemand würde in einem solchen Kontext Internet, Leute die damit umzugehen verstehen, und schon gar nicht eine eigene Schulhomepage erwarten. Die Schüler und Lehrer fühlen sich in der Region als Internetpioniere und sind stolz darauf, einen Wissensvorsprung zu haben. Dorf bewohner und Schüler brüsten sich mit der Tatsache, dass sie „das Internet haben“ und „können“. Die Popularität von ICT ist generell gestiegen. Viele Schüler und Dorf bewohner haben das Potential und die Chancen von Informations- und Kommunikationstechnologien erkannt. Dank diesen öffnet sich – so die Hoffnung – bald ein Tor in eine Marktwirtschaft, wie sie westlich und östlich der Chernobylzone Realität ist.
Team Roland Hunziker, Schweiz: Projektleitung. Nataly Trukhan, Belarus: Leitung des DEZA ICT4D Programms in Belarus. Matthias Weingart, Belarus: Coaching in Belarus. Sergej Mikhalov, Belarus: Design. Ilya Bursov, Belarus: Programmierung. Andrej Lef kovich, Belarus: Übersetzung. Fyodor Tschisty, Belarus: Fahrer. Oleg Ljudchik, Belarus: Fahrer. Corinne Petitjean, Schweiz: Präsentation, Dokumentation. Partner Koordinationsbüro der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit DEZA in Belarus: Finanzierung. HyperWerk FHBB. Ralf Peveling, Institut für Natur-, Landschafts- und Umweltschutz ( NLU ), Universität Basel: Externer Coach. Regine Halter, HyperWerk FHBB. Schule Igovka. Schule Dobrush. Schule Terekhovka. Schule Nosovichi. Novokamp Summercamp, Russland. Websites http://www.igovka.net, http://www.dobrush.net, http://www.terekhovka.net, http://www.nosovichi.net, http://weblog.hyperwerk.ch/rhu, http://www.adliga.com
Appendix
Biographien
233
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Vera Bühlmann
Reto Geiser
geboren 1974. Studium der Englischen Sprach- und Literatur-
is the 2003 – 2004 William Muschenheim Fellow at the University of
wissenschaften, Philosophie und Medienwissenschaften in Zürich.
Michigan. He holds a diploma degree in architecture from the ETH Zurich.
Interessensschwerpunkte: Semiotik, Medienphilosophie
His doctoral dissertation focuses on the architectural and artistic
( Virtualität und Interaktivität ), Philosophie des Ereignisses, eine
relations between Switzerland and the USA, specifically looking at issues
poetische Logik des Komplexen. Seit 2002 als wissenschaftliche
of cultural identity and modernization. Together with Donald Mak he
Assistentin am HyperWerk FHBB. Freie Redaktionstätigkeit ( „MetaWorx.
is principal of „Research and Development“, a design practice that explores
Approaches to Interactivity“ erschienen bei Birkhäuser 2003 ),
and documents the process of creative cultural production and
Publikationstätigkeit ( „Volatile Milieus. The Poetics of Interactivity“, ibid. ),
collaboration. Current design work includes the Atlas of Novel Tectonics
Fachübersetzungen ( d / e ), Mitarbeit am KTI Forschungsprojekt
for Reiser + Umemoto Architects in New York.
„Intelligent Skin. Die vierte Dimension der Fassade“ initiiert von IN3, Hochschule für Gestaltung und Kunst, Basel.
Denis Grütze Freelancer in diversen Medien und Student am HyperWerk FHBB. Mit
Marc Champion
14 Jahren erster Computer, seither Interesse am „Digitalen“. Ausserhalb der
Matura Typus M mit Trompete. Seit 2001 Ausbildung zum Interaktions-
Computerwelt noch als DJ, Musiker, Labelchef und VJ tätig. Thematisch
leiter FH mit Schwerpunkt auf ICT in der Entwicklungszusammenarbeit.
interessiert hat mich während meines Studiums besonders das Konzipieren
Projektarbeit in Ghana und Belarus. Seit 2003 selbständige Tätigkeit
und Programmieren von aufwendigen Projekten wie www.chernobyl.info,
in den Bereichen Software und Security Engineering. Mitarbeit an mehreren
aber auch immer wieder gestalterische Arbeiten und interaktive Installatio-
OpenSource-Projekten.
nen. In Kooperation mit der ART 2003 wurde so zum Beispiel ein sehr publikumswirksames, 16 Beamer breites Panorama realisiert, das ein
Mike Egle
Karibikriff darstellt.
1975 in Basel geboren. Studium an der Universität Basel, 4 Semester Wirtschaft, 1 Jahr Journalismus. Studium am HyperWerk FHBB 2001 – 2004,
Prof. Dr. Regine Halter
mit Diplom zum Interaktionsleiter FH. Interessensgebiete: die Wechsel-
geb. 1950, Studium der Medienwissenschaft, Philosophie und Politikwissen-
wirkung zwischen Sport und Gesellschaft, die Übersetzung von
schaft; Dramaturgin am Schauspiel Frankfurt, Generalsekretärin
sportlicher Leistung, Faszination und Emotion in mediale Installationen.
Deutscher Werkbund und Dozentin an der Universität Frankfurt am Main;
Beschäftigung im Umfeld des Sports als Ziel.
Realisierung zahlreicher Ausstellungen, internationaler Projekte und Symposien in Architektur, Stadtplanung, Design sowie zur Veränderung von
Rafael Freuler
Gestaltung im Informationszeitalter; Mitarbeit an Revitalisierungs-
Neusprachliche Matura, anschliessend einjähriger Zivildienst. Seit 1999
projekten, u.a. in Bosnien-Herzegowina; seit 2000 Dozentin f ür Medien-
selbständiger Webdesigner. Interesse an der Verbindung von Unterhaltung mit
theorie am HyperWerk FHBB.
dem Vermitteln von Wissen, insbesondere im Bereich interaktiver Literatur. Roland Hunziker Prof. Dr. Jens Geelhaar
Matura Typus B. Seit 2001 Studium am HyperWerk FHBB. Schwerpunkt in
Studium der Chemie in Karlsruhe und Heidelberg, sowie Studium der
meinem Studium ist der Bereich ICT4D ( Information and Communication
Freien Kunst an der Hochschule der Bildenden Künste in Saar. Tätigkeit
Technology for Development ). In meiner Projektarbeit bin ich mehrheitlich
in verschiedenen Multimedia-Produktionsfirmen, Mitbegründer und
der Frage nachgegangen, wie Informationstechnologie sinnvoll und
Redakteur des Internet-Forums „TightRope“ an der HBK Saar, Mitbegründer
nachhaltig im Kontext der Entwicklungszusammenarbeit in Belarus und
der Internetagentur „commercial art“ ( heute „xmachina“ ). 1998 – 1999
Russland eingesetzt werden kann. Seit jeher Interesse an Fotografie
Stipendiat der Akademie der Künste Berlin, Abteilung Bildende Kunst. Frei-
und deren digitaler Auf bereitung in Form von Medienkunstprojekten.
schaffende künstlerische Tätigkeit und Lehrtätigkeit an verschiedenen Hochschulen im Bereich „Neue Medien“. Seit 1999 Professor f ür „Interface
Julia Kehl
Design“ an der Bauhaus-Universität Weimar.
Nach abgeschlossener Ausbildung zur Primarlehrerin und f ünfjähriger Berufspraxis entschied ich mich für eine zusätzliche Ausbildung am HyperWerk FHBB. Während des Studiums arbeitete ich an thematisch verschiedenartig ausgerichteten Projekten mit, und brachte dann in meinem Diplomprojekt im gegenwärtig brisanten Themenbereich „ICT und Schule“ die gewonnenen Kompetenzen im Umgang mit digitalen Technologien mit meinen pädagogischen Erfahrungen zusammen.
235
236
Constanze Kirmis
Cristina Mösch-de Carvalho
fokussierte sich während und neben ihres Studiums der Mediengestaltung
1959 in Brasilien geboren. Ausbildung und Tätigkeit als Kunstlehrerin
( D, USA ) und der Interaktionsleitung ( CH ) auf die Konzeption von Medien-
und Krankenschwester. Seit 1999 wohnhaf t in der Schweiz. A ls
produkten. Sie realisiert Projekte im Bereich von Intercultural Exchange,
Doppelbürgerin beschäftige ich mich mit der uns allen gemeinsamen
E-Commerce, Knowledge Management und Public Platforms. Besonders
Sorge um den Schutz der natürlichen Ressourcen. Hinzu kommt
faszinieren sie dezentralisierte Arbeitsformen sowie die Schnittstellen
ein Interesse f ür Prozesse, in deren Rahmen kulturell bedeutsame
in interdisziplinären Projekten.
Verhaltensweisen entwickelt und erlernt werden.
Florian Landolt
Beat Muttenzer
Ausbildung zum Buch- und Offsetdrucker; technische Berufsmatur;
Jahrgang 1974, Matura, Lehre zum Buchhändler, Auf bau einer grossen
Lehrmeisterprüfung; Leitung des Print-Centers der Genossenschaft Migros
Internet-Buchhandlung, Projektleiter, Konzeptor, Pragmatiker. Am
Basel; diverse Informatikprojekte für Jet Aviation AG & SAP; mehrjährige
HyperWerk FHBB Projekte zu computerunterstütztem kooperativen Arbeiten
Projektarbeit und -leitung im Umfeld der Neuen Medien. Seit 2002 f ür die
( CSCW ) und Wissensmanagement, zu Kommunikation und Kooperation in
„Basler Zeitung Medien“ als Konzeptor studentisch in Teilzeit tätig. Ab 2004
Organisationen und zum Einsatz von Informationstechnologien in der
für Birkhäuser + GBC-Medienautomation voraussichtlich als Projektleiter
Entwicklungszusammenarbeit. Rechercheaufenthalte in Benin, Pakistan
tätig. Seit 2000 Ausbildung am HyperWerk FHBB zum Interaktionsleiter FH.
und Nepal.
Schwerpunkt meiner Arbeit sind methodische Experimente zur Entfaltung von Kreativ itäts- und Innovationspotential in Gruppenprozessen,
Michel Pfirter
Transformations- und Change-Prozesse in komplexen Systemen, sowie
Schweizerisch-bulgarischer Abstammung. Nach dem Gymnasium Typus
die Konzeption und Realisation von informatikgestützter Medienautomation
Wir tschaf t und einem Jahr K V Liestal Er werb des Handelsdiploms.
im Printbereich.
Anstellung als Konzeptor und Marketingassistent in der nextron internet team gmbh, wo der erste professionelle Kontakt mit Neuen Medien
Donald Mak
stattfand. Mit dem Studium am HyperWerk FHBB stellte sich eine Möglich-
is an architect who has developed projects in a range of media and
keit dar, dieses Themengebiet zu vertiefen und auszuweiten, was
across various scales, from the design of books to textiles to museum
ich in meiner Diplomarbeit im Bereich der Entwicklung von Mobile- /
installations to the landscape. He has collaborated with Bruce Mau
Handyservices weiterverfolgt habe.
Design in Toronto, the Mike Smith Studio in London, and works currently with Herzog & de Meuron in Basel. Together with Reto Geiser he is
Prof. M. Des. ( RCA ) Mischa Schaub
principal of „Research and Development“, a design practice that explores
Bildhauerausbildung an der Kunstgewerbeschule Basel und der Kunst-
and documents the process of creative cultural production and
akademie Düsseldorf. Postgraduate Studium Industrial Design am
collaboration. Current design work includes the Atlas of Novel Tectonics
Royal College of Art in London. Berufserfahrung als angestellter Designer:
for Reiser + Umemoto Architects in New York.
Uhrendesign bei Omega, Corporate Identity Design bei Z& L, Zürich. Gründer und Geschäftsführer Design Research Agentur D AG: Entwicklung
Martin J. Matt
von 13 Patenten. Buchautor für DuMont: „Kreative Entwurfsarbeit am
Lehre, Ausbildung zum Kaufmann mit eidg. FA, Matura, einjähriger Auf-
Computer ( 1988 ) und „Code_X: Multimediales Design“ ( 1992 ). Gastprofessor
enthalt in Berkeley, USA. Seit zehn Jahren im Bereich Marketing und
HdK Berlin. Gründer und Geschäftsführer der Nonprofit-Aktiengesellschaft
Kommunikation tätig. Leitet seit 1999 seine eigene Agentur für interaktive
HyperStudio. Abteilungsleiter von HyperWerk FHBB. Initiator und
Kommunikation mjm.cc in Liechtenstein und in Basel. Diverse
Präsident des interaktionsbezogenen Hochschulvereins MetaWor x.
Medien-, Film-, Internet-, Ausstellungs- und Eventprojekte in der Schweiz, Liechtenstein, den USA, Weissrussland und Benin. Infos unter
Jan Schlösser
http://www.mjm.cc.
ist seit seinem Studium der Mediengestaltung ( D, USA ) und dem weiteren Studium der Interaktionsleitung ( CH ) begeisterter Webapplikations-
Daniel Meier
entwickler und Medienproduzent. Er engagiert sich besonders in den
Ausbildung zum Elektroniker, Matura Typus E, Sprachaufenthalte in
Projektbereichen Human Computer Interface Design, Content Management,
England / Russland. Abgebrochenes Studium Sinologie / Slavistik. Mehrjähri-
Systemintegration im europäischen Forschungskontext und Virtual
ge Projektarbeit und -leitung im Informatikumfeld. Seit 1998 selbständig
Environments, und ist Projekteiter von Gateway2.
im diesem Bereich. Seit 2001 Ausbildung zum Interaktionsleiter FH am HyperWerk FHBB, Basel. Beschäftigung mit Gesellschaftsprozessen ausgelöst durch veränderte Rahmenbedingungen, dem Fachgebiet virtual / augmented Reality und akustischen Kommunikationsprozessen.
237
238
Arne Schöllhorn
Céline Studer
1975 geboren. Nach der Matura diverse Praktika in grafischen Betrieben
geboren 1975 im Wallis. Hochbauzeichnerin, gestalterische Berufsmaturität
bevor er sich entschied, eine Berufslehre zum Polygrafen aufzunehmen.
in Bern, selbständiger Umbau eines alten Walliserhauses, archäologische
Nach der Berufslehre arbeitete er zwei Jahre in einer Druckerei, bildete sich
Ausgrabungen und Auswer tungen im Wallis, Multimedia Producer SA E in
in Webdesign weiter und startete 2001 die Ausbildung am HyperWerk FHBB,
Zürich, Projektleitung des Projektes „beTrachten“ im Wallis, Kulturförder-
welche er im Oktober 2004 mit der Diplomarbeit exPress abschliesst.
preis Kanton Wallis 2004. Schwerpunkt während meines Studius am HyperWerk FHBB zur Interaktionsleiterin FH war der Bereich „Mode und
Franco Schwörer
Technologie“.
Aufgewachsen in Sargans. Matura, Snowboardlehrer, Schule für Gestaltung in Basel & St. Gallen, selbständige Tätigkeit als DJ und VJ, Studium am
Prof. Catherine Walthard
HyperWerk FHBB mit Schwerpunkt „elektronische Musik“. Diverse Projekte
geboren 1958, CH / F Doppelbürgerin. Leitungsteam Mitglied HyperWerk
in diesem Bereich.
FHHB, Leitung Workshops. Ausbildung am Lehramt für bildende Kunst, Hochschule für Gestaltung und Kunst Basel. Projektleitung und Design von
Christof Seiler
CD-Roms und Websites, HyperStudio AG, Basel. Lang jährige Lehrtätigkeit,
am 15. Oktober 1980 geboren in Muri / AG. Lehre als Hochbauzeichner,
Vorlesungen und Workshops in Europa, Australien und Neuseeland. Fokus:
1 Jahr Architekturstudium an der FHBB in Muttenz, Studium am HyperWerk
Digitale Farblehre und Gestaltung im Zusammenhang neuer interaktiver
FHBB in Basel. Mich interessieren „reizvolle“ Erlebnisse. Tatsächlich ist
Lernmethoden.
es so, dass ich besonders stark auf Sinneseindrücke reagiere und deshalb auch besonders gerne solche gestalte. Ich habe mich während meines
Roman Weyeneth
Studiums vor allem in den Sparten Film, Musik, Grafik, Fotografie, Raum-
Geboren 1971. Ausbildung zum Grundschullehrer, anschliessend
gestaltung und Event weitergebildet und werde mich auch in Zukunft
5-jährige Tätigkeit als Berufswahlklassenlehrer und Ausbildung zum
in diesen Arbeitsfeldern bewegen.
Reallehrer. Berufsausstieg und Umschulung am HyperWerk FHBB zum Interaktionsleiter FH. Fokussierung auf die Bereiche „Repräsentation“
Rodolfo Semprevivo
und „mediale Inszenierungen im Raum“. Studienprojekte: roadShow2,
Italienischer Staatsangehöriger, ist als letzter von drei Söhnen in
eine interaktive Präsentation des Studiengangs. VirtualAquarium,
Frauenfeld ( TG ) geboren und aufgewachsen, wo er später die Lehre als
eine 360 o -Unterwasserprojektion. Cocom2, Konzept einer Veranstaltungs-
Hochbauzeichner, mit Diplom und Berufsmatura, abschloss. Durch
präsentation. Praktikum bei Triad, Berlin. Projektleitungsassistenz
sein grosses Interesse an EDV-Systemen und die Faszination gegenüber der
und Aufnahmeleitung der Projekte SkyChaple und Plug n‘Play f ür die
Leitung von Bauprojekten entschied er sich, das etwas andere Studium
Bertelsmann Repräsentanz, Berlin. Diplomprojekt Sein & Schein,
am HyperWerk FHBB in Basel anzutreten, wo sich ihm die Möglichkeit bot,
eine mediale Fensterinszenierung am Totentanz-Gebäude, Basel.
diese beiden Interessen zu kombinieren.
http://www.romanweyeneth.ch.
Prof. Max Spielmann Studium der Medizin und lang jährige Tätigkeit in den Arbeitsfeldern Kommunikation / Beratung und audiovisuelle / interaktive Medienproduktion. Seit 1999 Lehrauftrag am HyperWerk FHBB für Medienproduktion / Interaktive Systeme. Beschäftigung mit Fragen zu den Beziehungen und Prozessen zwischen Mensch und Maschine als Teil der postindustriellen gesellschaftlichen Entwicklung. Tamara Staub Primarlehrerin mit 5-jähriger Berufserfahrung. Während der Ausbildung am HyperWerk FHBB Projektarbeit in den Bereichen Bildung, Umwelt, Sound und Video. Vision: Überliefertes und wissenschaftliches Wissen im Alltag nutzbar machen, um zukunftsorientierte Lösungen zu finden. Einsatzbereiche sind in Bildung, Umwelt und Kultur vorstellbar. Faszination weckt das Molekül Wasser mit seinen ungewöhnlichen Eigenschaften.
239
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Hrsg. HyperWerk FHBB rtrp – right time right place 2004 Verlag HyperWerk FHBB Totentanz 17 – 18, CH-4051 Basel info@hyperwerk.ch, www.hyperwerk.ch Redaktion und Übersetzungen Vera Bühlmann Gestaltung und Satz Nicole Boillat & Jan Voellmy Gestaltung, Basel Lektorat und Korrektorat Klaus Wassermann Bilder, Grafiken, Skizzen Autoren, soweit nicht anders vermerkt Wir danken den Herstellern der Moleskine Notitzbücher Modo & Modo s.p.a., Milano, Italien, für die freundliche Unterstützung und Zusammenarbeit. Bibliographische Information der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliographie; detaillierte bibliographische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abruf bar. Open Public License Verbatim copying and distribution of this entire publication is permitted in any medium, provided the notice of creators is preserved and the creators are mentioned in any form of redistribution. Ausgenommen von dieser Regelung sind die Beiträge „Für eine Kultur des Unternehmerischen“ von Prof. Dr. Günter Faltin, sowie „Transcript of a conversation between Ann Arbor, Michigan, and Basel, Switzerland“ von Reto Geiser und Donald Mak. Das Copyright liegt hier bei den Autoren. Printed in Italy
ISBN 3-905693-00-3