BILANZ Schweizer Geschäftsberichte-Rating 2011

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Vorabdruck

Schweizer Geschäftsberichte-Rating 2011 Die Herausgabe dieser Publikation wurde durch Linkgroup ermÜglicht und realisiert.

20. September 2011



Trends Geschäftsberichte-Rating

Step by Step ins Netz

Im Geschäftsberichte-Rating der BILANZ prescht die Swisscom an die Spitze. Der Jahrgang 2011 bringt viel Solides, doch Überraschungen bleiben aus. Nur langsam wagen die Unternehmen kreative Internetauftritte. Ueli KneUbühler TexT / lUcas Peters FoTos

Bertrand Piccard hat einen Traum: Mit Sonnenenergie will er rund um die Welt fliegen. Für sein Projekt Solar Impulse braucht er Partner. «Ohne Swisscom hätten wir nicht die erstklassige Technologie, die es uns erlaubt, zwischen Flugzeug und Bodenstation zu kommunizieren», sagt er. Swisscom und Solar Impulse: Das passt – auch beim Geschäftsbericht. Der Telekomanbieter lässt seinen Bericht 2010 von einer Broschüre rund um Solar Impulse begleiten. Ein authentisches Paket mit Zahlen und Emotionen, mit dem Swisscom das BILANZ-Geschäftsberichte-Rating 2011 gewinnt. Das habe den Unterschied gemacht, erklärt Jurypräsident Stephan Howeg. Pioniergeist, Nachhaltigkeit, Swissness, Teamspirit, Forschung und Qualität: Die Werte von Bertrand Piccards Solar Impulse seien in vielem deckungsgleich mit jenen von Swisscom, kombiniert mit einem kreativen und lustvollen Auftritt, schreibt die Jury. Swisscom ist kein Zufallssieger und belegt auch online Spitzenplätze: Rang 3 im Value Reporting, Rang 8 für das Design der Website. Das BILANZ-Geschäftsberichte-Rating ist das grösste in der Schweiz: 33 Spezialisten in vier Jurys bewerten in sechs Kategorien 249 Berichte (siehe «Swisscom fliegt der Konkurrenz davon» auf Seite 79). Seit Jahren sind auch Straumann und 76 BILANZ 17/2011

Novartis sichere Werte. Sie holen die Silber- beziehungsweise die Bronzemedaille. Keiner der Medaillengewinner des Vorjahres – Kuoni, Credit Suisse und Sarasin – schaffte es heuer aufs Siegerpodest. Die CS und Kuoni klassierten sich aber unter den besten neun. Schwieriger Spagat. Swisscoms Link zum Hightechsegler überzeugt. Das ist anders als in den Vorjahren. 2008 sollte Stephan Eicher die Welt des Entertainments ver-

Swisscom und Piccards Solar Impulse: Das passt – auch beim Geschäftsbericht. mitteln, danach der Zirkus Knie. Etwas gesucht, befand die Jury. Dieses Mal passt es. Kathrin Amacker, Leiterin der Swisscom-Kommunikation: «Wir wollen unsere Kunden sprechen lassen. Sie sollen aus ihrer Sicht zeigen, was für sie wichtig ist.» Rund eine Million Franken kostet die Herstellung des Swisscom-

Geschäftsberichts. Es ginge auch günstiger: Einen schlichten Geschäftsbericht gibt es bereits ab 50 000 Franken. Doch Schönes hat seinen Preis. Wer auf Gestaltung Wert legt, ist schnell über 100 000 Franken angelangt – ohne interne Kosten. Viel Geld. Denn die Finanzgemeinde interessiert sich eigentlich bloss für Zahlen und Fakten. «Finanzanalysten und Investoren sind nur eine der Zielgruppen», entgegnet Amacker. «Wir bieten ein Kurzporträt für Politiker, den traditionellen Zahlenkranz für Ana lysten, das Nachhaltigkeitskapitel für NGO. Vor allem aber lässt der Geschäftsbericht auch unsere Mitarbeitenden spüren, wofür Swisscom steht.» Ein Geschäftsbericht ist längst ein Rundum-Paket, das unterschiedliche Zielgruppen bedient. Geschichte in Bildern. Gelungen ist dies auch Straumann. Der Geschäftsbericht ist für den Implantatehersteller ein wichtiges Kommunikationsmittel gegenüber einem breiten Publikum. «Handwerklich erstklassig gemacht», kommentiert Lukas Marty, CFO von KPMG Switzerland. Die Basler sind ein sicherer Wert im Value Reporting – Straumann heimste in dieser Sparte 2010 und 2011 die Goldmedaille ein – und wurden von der Gesamtjury bereits zweimal mit Gold ausgezeichnet. Erneut beweist das Unternehmen ein •


Gewinner der Gesamtwertung

Rang 1 Swisscom, gestaltet von Studio Achermann.

Rang 2 Straumann, gestaltet von Eclat.

Rang 3 Novartis, gestaltet von Phorbis Communications. 17/2011 BILANZ 77


Trends Geschäftsberichte-Rating • Gespür für passende Storys. «Die Geschichte zum Wert der Zähne lockert im Geschäftsbericht 2010 die Informationen zum technisch anspruchsvollen Geschäft auf», so Marty. Zurück in den Medaillenrängen im BILANZ-Geschäftsberichte-Rating ist Novartis. Der Pharmakonzern hat ein Faible für klassische Fotografie, von jeher ein Markenzeichen des Unternehmens, dem für seinen Geschäftsbericht nur die Besten des Genres gut genug sind. In der aktuellen Ausgabe versuchte sich der mehrfach ausgezeichnete James Nachtwey. Fazit von Michel Gerber, Präsident der Schweizer Investor-Relations-Vereinigung: «Der Novartis-Geschäftsbericht gehört zum Besten, was bei Schweizer

Novartis hat ein Faible für klassische Fotografie – und dies seit Jahren. Unternehmen zu finden ist.» Die Texte sind geradlinig und gut verständlich – und dies schon seit Jahren. Kontinuität auf hohem Niveau, die bei einigen Jurymitgliedern allerdings auch einen Déjà-vu-Effekt auslöst. Sie wünschen sich mehr Mut und Innovation. Minimale Online-Berichte. Etwas mutiger dürfte der Trikotsponsor des FC Basel auf dem Feld der Online-Kommuni kation auftreten. Die Dynamik eines Xherdan Shaqiri geht Novartis gänzlich ab. Den Geschäftsbericht gibt es als schlichtes PDF zum Downloading. Kein Knaller. Jurypräsident Howeg: «Zurück bleibt der Eindruck, dass niemand so richtig weiss, wohin die Reise geht – und die Gewissheit, dass die Diskussion um Ziel und Aufgaben der gedruckten Jahresberichterstattung neu lanciert ist.» 20 Jahre nach den ersten Zeilen des Hypertexts und dem Start des World Wide Web tun sich viele Unternehmen schwer mit dem Internet. Sie sind unschlüssig, wie sie Online für die Geschäftsberichte nutzen sollen. Die Jury des BILANZ-Geschäftsberichte- •

Gesamtwertung

Swisscom fliegt der Konkurrenz davon Kein Medaillengewinner aus dem Vorjahr schafft es aufs Podest. Straumann und Novartis bleiben eifrige Medaillensammler. Das BILANZ-GeschäftsberichteRating vergibt insgesamt 18 Medaillen. Ausgezeichnet wurden diesmal elf Unternehmen. Einige Unternehmen holen also mehrere Medaillen ab. Kuoni gewinnt Gold in der Design-Wertung Print und Online; Swisscom holt sich den Gesamtsieg, den zweiten Platz im Value Reporting Print und den dritten im Value Reporting Online; und Nobel Biocare holt zweimal Gold in den Kategorien Value Reporting Online und Gesamtwertung Online. Mehrfach ausgezeichnet wurden auch Georg Fischer und Straumann, die seit 2006 bereits zweimal den Gesamtsieg davontrug. Der blieb Novartis bisher verwehrt: Der Pharmakonzern klassierte sich seit 2007 je zweimal auf dem zweiten und dritten Platz. 249 Berichte für vier Jurys. Das BILANZ-Rating der Geschäftsberichte ist das grösste dieser Art in der Schweiz. Es entsteht in enger Zusammenarbeit mit dem Harbour Club, der Vereinigung der Schweizer Chief Communications Officers. Ins Ranking aufenommen wurden 249 Geschäftsberichte. Bewertet wurden alle im SPI vertretenen Firmen. Dazu kamen die 50 umsatzstärksten Unternehmen aus dem Jahr 2010, die 15 Versicherungen, die 2009 das höchste Bruttoprämienvolumen aufwiesen, und die 25 Banken mit der höchsten Bilanzsumme im gleichen Jahr. Nicht berücksichtigt wurden Unternehmen, die keinen Geschäftsbericht herausgaben. Dieses Sample wurde von vier verschiedenen Jurys bewertet. Die Bewertung im Bereich Online kam in zwei Schritten zustande. Erst nahmen Studierende des Institutes

Rang Unternehmen Gestaltung 1 Swisscom Studio Achermann, Zürich 2 Straumann Eclat, Erlenbach/Zürich 3 Novartis Phorbis Communications, Basel

für Banking und Finance (IBF) der Universität Zürich eine Detailbewertung vor. Gleichzeitig taxierte die Design-Jury die OnlineGeschäftsberichte nach Gestaltungskriterien. Aus der Addition der Bewertungen ging eine Liste hervor, aus der die Online-Jury schliesslich die zwölf besten nochmals unter die Lupe nahm und anschliessend die drei besten kürte. Im gleichen dreistufigen Vorgehen wurden die gedruckten Geschäftsberichte bewertet. Die 20 besten in der Endauswahl waren die folgenden: Bâloise, Bank Coop, Barry Callebaut, Basler Kantonalbank, Charles Vögele, Credit Suisse, Geberit, Georg Fischer, Kuoni, Liechtensteinische Landesbank, Nestlé, Novartis, Sarasin, St. Galler Kantonalbank, Straumann, Sulzer, Swisscom, Valora, Xstrata, Zürcher Kantonalbank. Value-Reporting-Jury. Prof. Alexander Wagner, Institut für Banking und Finance der Universität Zürich (IBF, Vorsitz); Florian Eugster, IBF (Projektleiter); Studierende der Universität Zürich: Justus Bamert, Juliette Buob, Dominic Hinny, Victorino Hinora, Martin Hohl, Alexandra Janssen, Elma Kotoric, Cédric Lang, Beatrice Loch, Christopher Scheitza, Julia Waser, Jacqueline Werder (Print), Philipp Bachmann, Cheryl Eilinger, Michael Kohli, Silvia Rudigier (Online). 17/2011 BILANZ 79


Trends Geschäftsberichte-Rating

Gewinner Print-Gestaltung

Gestaltung

Newcomer Helsana Kuoni setzt erneut Massstäbe.

Zwei Altbekannte und ein Neuer: Auf dem Podest stehen mit Kuoni (Rang 1) und Implenia (3) zwei bekannte Namen, und neu aufs Treppchen hat es Helsana geschafft. Der Bericht des Krankenversicherers brilliert mit Taschenbuchformat und übersichtlicher, funktionaler Struktur. Nicht gelistet ist die letztjährige Nummer zwei, Migros. Sie verzichtet auf einen gedruckten Geschäftsbericht. Souverän bleibt Kuoni. Der Reisekonzern gewinnt zum dritten Mal in Folge die Bewertung. Die Jury kritisiert die OnlineGestaltung: Geschäftsberichte im A4-Format seien auf den meisten Geräten nur schwer zu lesen.

Rang 1 Kuoni, gestaltet von Büroecco.

Rang 2

Helsana, gestaltet von Arnold. Inhalt und Form.

Rang 3 Implenia, gestaltet von Schneiter Meier. •

Ratings stellt fest: «Uns ist auffallend wenig Richtungsweisendes begegnet.» Fazit: Die optimistischen Prognosen der letzten Jahre waren zu hoch gegriffen, der Abschied vom Print geht langsamer vonstatten als erwartet. Und das, obwohl die Schweizer Börse seit dem 1. Juli 2010 nur noch eine elektronische Version des Geschäftsberichts verlangt. Das Gros der Unternehmen beschränkt sich aufs Mini-

mum: ein schlichtes PDF-Dokument. «Das genügt dem Buchstaben des Gesetzes. Aber das ist keine Online-Berichterstattung», konstatiert Bernhard Schweizer, der Leiter der Online-Jury. Mehr Vitalität und Schnelligkeit, Videointerviews mit CEO oder Verwaltungsratspräsident, Web-2.0-Auf bereitung, interaktive Grafiken, Analysetools auf der Website, Customizing des Geschäfts- •

Die Gestaltungsjury. Peter Vetter, Coande Communication and Design (Vorsitz); Roberto Carboni, Linkgroup; Jiri Chmelik, Hilda Design Matters; Barbara Domeyer, D&S Institut für Markt- und Kommunikationsforschung; Lucia Frey, Kuster & Frey; Sascha Lötscher, Gottschalk + Ash International; Claus Noppeney, HK Bern; Andreas Rotzler, Interbrand; André Schneiter, Schneiter Meier; Martin Schneiter, Papyrus; Thomas Wolfram, Wirz Corporate; Martin Spillmann, Spillmann / Felser /Leo Burnett; Jürg Trösch, Linkgroup; Shirin Dabirzadeh, Carmen Tobler, Tayland Karahan, Christian Pérez: Vorbewertung, Organisation und Dokumentation. Rang Unternehmen Gestaltung 1 Kuoni Büroecco, Augsburg 2 Helsana Arnold. Inhalt und Form, Stäfa 3 Implenia Schneiter Meier, Zürich

17/2011 BILANZ 81


Trends Geschäftsberichte-Rating Die Schönsten im Print

Die Informativsten im Print

Rang

Rang

2011 2010 Unternehmen 1 2 3 4 5 6 7 7 9 10 10 12 13 13 15 15 17 18 18 20 21 22 23 23 25 26 26 28 29 30 30 30 30 34 35 35 37 37 39 40 41 42 43 44 45 45 45 48 48 50

1 59 3 6 21 5 7 14 26 4 28 53 25 15 56 9 12 61 15 45 neu 22 24 175 49 10 36 131 175 17 26 12 131 209 18 43 49 8 23 75 75 11 35 38 100 33 28 28 47 75

Note

Kuoni Helsana Implenia Bank Coop Charles Vögele Valora Basler Kantonalbank Dottikon ES Bâloise Credit Suisse Forbo Nobel Biocare Liechtensteinische LB Novartis Bachem Straumann Basellandschaftliche KB St. Galler Kantonalbank Swisscom OC Oerlikon Peach Property Group Schaffner Adecco Zehnder Bossard Suva Unique (Flughafen Zürich) Geberit Warteck Invest Allreal Jungfraubahnen Valartis Züblin Immobilien Actelion Lindt & Sprüngli Schindler Nestlé Sarasin Axpo Rieter Bell SBB AFG Arbonia-Forster Uster Technologies Burckhardt Compression Phoenix Swiss Life Raiffeisen Schweiz Sika Graubündner Kantonalbank

5,57 5,40 5,09 5,08 5,03 4,95 4,88 4,88 4,85 4,82 4,82 4,78 4,75 4,75 4,67 4,67 4,65 4,62 4,62 4,58 4,53 4,51 4,50 4,50 4,48 4,45 4,45 4,42 4,40 4,37 4,37 4,37 4,37 4,35 4,33 4,33 4,22 4,22 4,21 4,20 4,18 4,17 4,10 4,07 4,05 4,05 4,05 4,03 4,03 4,02

2011 2010 Unternehmen 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 16 18 18 20 20 22 22 22 25 26 27 28 28 28 31 32 33 34 35 36 37 38 38 40 40 40 43 44 45 46 47 47 49 49

1 8 4 3 45 18 15 6 37 9 28 13 5 17 75 62 31 30 11 14 28 11 42 7 24 15 135 50 22 2 neu 23 41 58 10 39 21 20 32 25 50 33 61 56 neu 33 26 76 42 107

Note

Straumann Swisscom Georg Fischer Credit Suisse Liechtensteinische LB Sulzer Xstrata Zürcher Kantonalbank Barry Callebaut Novartis Nestlé Galenica Roche Die Post Valora Givaudan Sarasin Clariant Syngenta St. Galler Kantonalbank Swiss Re Kuoni OC Oerlikon Sika Migros Dätwyler Cham Paper Raiffeisen SBB Sonova Alstom Kühne + Nagel Bâloise Die Mobiliar Tecan Bank Coop Geberit Thurgauer Kantonalbank UBS Bobst Unique (Flughafen Zürich) VP Bank Banque Cantonale Vaudoise Schindler Axa Lonza Ypsomed Zurich Graubündner Kantonalbank Holcim

Die 12 besten Internetauftritte (alphabetisch) ABB

Georg Fischer

Roche

Swiss Re

Actelion

Kuoni

Sulzer

UBS

Credit Suisse

Nobel Biocare

Swisscom

Xstrata

Die Gesamtsieger der letzten fünf Jahre 2007

2008

2009

2010

2011

1

Straumann

Straumann

Kuoni

Kuoni

Swisscom

2

Novartis

Novartis

Credit Suisse

Credit Suisse

Straumann

3

SBB

Credit Suisse

Novartis

Sarasin

Novartis

Rang

82 BILANZ 17/2011

5,20 5,04 5,01 5,00 4,98 4,92 4,87 4,80 4,74 4,72 4,71 4,63 4,62 4,61 4,60 4,59 4,59 4,55 4,55 4,54 4,54 4,53 4,53 4,53 4,50 4,49 4,47 4,45 4,45 4,45 4,42 4,40 4,36 4,33 4,31 4,30 4,27 4,25 4,25 4,24 4,24 4,24 4,21 4,19 4,18 4,14 4,13 4,13 4,12 4,12

berichts: Das stellt sich Schweizer unter einem Online-Auftritt vor. Angekommen im Web-2.0-Zeitalter ist Nestlé – mit einer eigenen App. Wer das iPhone schüttelt, erhält den aktuellen Aktienkurs. News, Geschäftsberichte, Medienmitteilungen werden ständig à jour gehalten. Der Nahrungsmittelkonzern ist eine von wenigen Ausnahmen, neben der «Zürich», Georg Fischer, Nobel Biocare und BKW. 2009 gab es noch gar keine Apps. Die Unternehmen lassen sich grob in zwei Gruppen kategorisieren: Firmen, die sich mediengerecht verhalten, und solche, die das Internet ausschliesslich dazu benutzen, die PDF-Datei der gedruckten Version zu transportieren. Peter Vetter, Präsident der Design-Jury: «Die Möglichkeit der Vernetzung wird nicht genutzt.» Der grosse Online-Sprung ist vertagt – vorerst. Corporate Switzerland bewegt sich typisch schweizerisch: Schritt für Schritt. Jurypräsident Howeg: «Die Geschäftsberichte des diesjährigen Ratings bringen viel Solides, Gutgemachtes und seit Jahren Erprobtes. Und sie warten mit viel Papier auf.» Siehe Credit Suisse: Der Grossbanken-Wälzer ist 688 Seiten dick und wiegt 1,6 Kilogramm. Vor zehn Jahren waren es gerade mal 145 Seiten, 1960 kam ein Geschäftsbericht eines grossen internationalen Unternehmens durchschnittlich auf 28 Seiten. Der Vergütungsbericht alleine ist bei der CS heute dicker. Die Komplexität hat zugenommen, die internationalen Standards verlangen den Unternehmen immer mehr ab. Die Schweizer Börse hat bei den aktuellen Geschäftsberichten besonderes Augenmerk auf die Corporate-GovernanceBerichte gelegt. Das bedeutet für viele Unternehmen: Die Schwerpunkte liegen weniger im Online-Bereich, sondern beim komplexen Reporting. Generationenfrage. Anders bei BASF. Der für seine Investor-Relations-Kommunikation mehrfach ausgezeichnete Chemiekonzern hat eine klare Meinung: Online ist König. In zwei Jahren hätten die Drucker ausgedient, schätzt BASF. Der Online-Bericht der Zukunft werde völlig neu aufgesetzt, der Printbericht als Ausgangsprodukt falle weg, sagt Silke Christiansen, Head of Corporate Publications and Online bei BASF. Die Schweizer Unternehmen ticken gemächlicher, der «Trend hin zu Online und mobilen •


Trends Geschäftsberichte-Rating

Online

Die Gesamtjury Von links: Florian Eugster und Alexan­ der Wagner, Institut für Banking und Finance; Tilman Fuchs, Interbrand; Stefan Barmettler, BILANZ; Lukas Mar­ ty, KPMG; Andreas Jäggi, Andreas Jäggi Kommunikations­ beratung; Michel Gerber, ABB; Roberto Carboni, Linkgroup; Stephan Howeg, Adecco (Vorsitz).

Lösungen sowie zur gezielten Nutzung von Social Media ist aber klar erkennbar», sagt Online-Juror Schweizer. Das Potenzial ist da. Laut der Beratungsfirma Accenture surften 2010 rund 27 Prozent der Schweizer auf mobilen Geräten. Diametral dazu zeigt sich das Angebot. Bloss jede zehnte Website ist für Smartphones optimiert. Kein Vergleich mit der internationalen Community. Gut 80 der 100 weltweit grössten Unternehmen nutzen Web-2.0-Tools, und 85 Prozent der Finanzprofis unter 50 Jahren setzen auf Social Media.

Foto: Peter Frommenwiler

Nestlé ist im Web 2.0 angekommen – als einer von wenigen Schweizer Konzernen. Noch liegt das Schweizer Web-2.0Terrain brach – doch das wird sich ändern, es ist eine Generationenfrage. Der durchschnittliche Schweizer Privatanleger zeichnet sich durch schütteres Haar aus. Web 2.0, Social Media, iPhone? Meistens Fehlanzeige. Eine weitere Hürde ist die Technik. Flash-animierte Geschäftsberichte sehen toll aus, iPhoneund iPad-Screen bleiben allerdings tot. Apple schottet das Betriebssystem gegen das gängige Animationsformat ab – noch. Das iPhone 5, Anfang Oktober er-

wartet, soll durch die Hintertür angeblich Flash-Formate unterstützen. Wie und für wen werden dynamische Inhalte aufbereitet? «Investoren, Analysten und Journalisten nerven sich über zu viel Blingbling», sagt Bernhard Schweizer. Als Imageträger für Kunden, Mitarbeiter oder Stelleninteressierte sind gut gemachte animierte Inhalte aber ein Plus. Für Unternehmen ist das ein Seiltanz, entsprechend zurückhaltend agieren sie. Neue Wege. Online-Geschäftsberichte würden oft dilettantisch umgesetzt, sagt Jürg Trösch, Jurymitglied und VR-Delegierter der Linkgroup. Das Ergebnis: «Sie erfüllen ihren Zweck nur schlecht oder gar nicht.» Sparen lässt sich ohnehin nicht. Eine gut gemachte, funktional einwandfreie Online-Version kostet ähnlich viel wie ihr gedrucktes Pendant. Entscheidend ist nicht, ob Print oder Online, entscheidend ist beides. Trösch: «Ein Finanzkommunikationspaket ist dann richtig geschnürt, wenn es die richtigen Empfänger zum richtigen Zeitpunkt und mit den richtigen Inhalten erreicht.» Möglich ist eine Arbeitsteilung: Die Zahlen sind in einer Art Datenbank online abrufbar, eine Imagebroschüre mit den wichtigsten Zahlen wird gedruckt. Die gedruckten Geschäftsberichte würden entschlackt. «60 bis 70 Seiten wären eine ideale Grösse. Das würde die Komplexität durchschaubar machen», sagt Vetter. Aber eben, nur nichts überstürzen – auch beim Gesamtsieger Swisscom nicht. Kommunikationschefin Amacker: «Nächstes Jahr wird der Imageteil noch stärker in die digitale Welt verlagert, und • auch Apps sind sicher ein Thema.»

Nobel hebt sich ab Breite Spitze bei den Online-Auftritten.

Typisch schweizerisch – sachlich, gut strukturiert und ohne Effekthascherei – kommen die besten Investor-Relations-Auftritte daher. Die Spitze liegt eng beieinander, eine Rangliste ist fast nicht möglich. Leicht abheben konnten sich mit Nobel Biocare auf Platz eins und Georg Fischer auf Platz drei zwei der raren Unternehmen, die Apps für Smartphones anbieten. Der Nobel-Geschäftsbericht ist in drei Formaten verfügbar. Die Silbermedaille holte sich Roche. Bewertung ausgebaut. Etwas zögerlich beurteilt die Jury die Entwicklung der Online-Auftritte. Trotzdem wurde die Bewertung erheblich ausgebaut und ist daher mit dem Vorjahr nicht vergleichbar. Die beiden Jurys, die Design und Inhalt der gedruckten Geschäftsberichte bewerteten, widmeten sich neu in einem separaten Durchgang auch den Online-Auftritten. Dazu kommt mit der Gesamtjury Online eine dritte Jury. Eine erste Triage der 249 selektionierten Websites nahmen Studierende des Institutes für Banking und Finance der Universität Zürich vor. Online-Jury. Bernhard Schweizer, Sensus (Vorsitz); Rolf Arpagaus, AWP; Florian Eugster, Institut für Banking und Finance; Martin Hüsler, ZKB; Manuel Nappo, HWZ; Jaime Pérez, Swiss Smart Media; Jürg Trösch, Linkgroup; Sabina Weber Sauser, HWZ; Felix Widmaier, Namics; Hannes Zaugg, Edition Renteria; Philipp Bachmann, Cheryl Eilinger, Michael Kohli, Silvia Rudigier (alle Universität Zürich): Vorauswahl. 17/2011 BILANZ 83


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