CEO Magazin Energie 1/2015

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Juni 2015

Das Magazin f체r Entscheidungstr채ger

Energie


Ein Magazin voller Energie

Nachhaltigkeit ist ein wichtiges Thema für PwC. Für unser «ceo Magazin» ist es uns daher ein besonderes Anliegen, dass Druck und Versand möglichst energieeffizient und klimaschonend erfolgen. Das Magazin, das Sie nun in Ihren Händen halten, haben wir daher: • auf FSC-zertifiziertem Recycling-Papier gedruckt. • energie-effizient produziert: Das Magazin wurde im ersten und bislang einzigen Schweizer Druckzentrum mit MINERGIE®-Label der Druckerei Linkgroup (www.linkgroup.ch) hergestellt. Die Treibhausgase, die in der gesamten Produktionskette entstanden sind, werden in zertifizierten Projekten eingespart – zum Beispiel durch die Finanzierung eines Windkraftwerks. • umweltfreundlich verpackt: Die Verpackungsfolie lässt sich für die Umwelt unschädlich entsorgen.

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Editorial

Haben Sie heute schon Energie getankt? Mit dem Kaffee am Morgen oder dem Powernap nach dem Mittagessen, an der Zapfsäule oder bei der abendlichen Joggingrunde? Energie – im wörtlichen oder übertragenen Sinne – beeinflusst unser Leben auf ganz verschiedene Arten. Auf globaler Ebene ist das Thema Energie unter dem Stichwort «Klimawandel und Ressourcenknappheit» längst zum weltweiten Megatrend avanciert. Der Meeresspiegel steigt, und extreme Wettererscheinungen nehmen überall auf der Welt zu. Der Klimawandel ist Realität. Im Jahr 2030 werden 8,3 Milliarden Menschen auf der Erde leben. Der Energiebedarf wird um 50 Prozent höher liegen als heute, wir werden 40 Prozent mehr Wasser benötigen, das Nahrungsangebot muss um 35 Prozent steigen. Die Aufgabe von Regierungen und Wirtschaft besteht darin, die benötigten, jedoch oft endlichen Ressourcen zu sichern. Dafür müssen sie Anreize für ein nachhaltiges Wirtschaften setzen und kreative Technologien fördern.

Urs Honegger CEO PwC Schweiz

Energie spielt jedoch nicht nur als globaler Megatrend, sondern auch für jeden einzelnen Menschen eine zentrale Rolle. Das haben wir bei PwC erkannt und vor gut einem Jahr die Kampagne «Energy to grow your own way» ins Leben gerufen. Mit diesem Programm schaffen wir ein Umfeld, aus dem unsere Mitarbeiter jederzeit Energie schöpfen können – auch in anspruchsvollen Zeiten. Denn nur, wenn unsere Kolleginnen und Kollegen genügend Energie für alles haben, was wichtig ist – beruflich wie privat –, können sie im Job, beim Kunden und in ihrer Freizeit ihr Bestes geben. Das Programm bietet eine breite Palette von Angeboten: Unsere Mitarbeiter können an Meditations- oder Yogakursen im Büro teilnehmen, sie geniessen gesundes Essen in der Kantine und ausgewogene Snacks in den Pausenräumen und sie profitieren von Ruhezonen als Erholungs- und Rückzugsorten sowie von flexiblen Arbeitszeiten. Die vorliegende Ausgabe des «ceo Magazins» beleuchtet das Thema Energie aus den unterschiedlichsten Perspektiven. Freuen Sie sich auf Interviews mit und Berichte über eine vielfältige Auswahl spannender Persönlichkeiten aus Politik, Wirtschaft, Bildung, Sport und Gastronomie: von Bundesrätin Doris Leuthard über die Führungscrew des Laufschuhherstellers On und die Köchin des Jahres bis hin zu einem früheren Snowboard-Profi und heutigen Mentaltrainer. Sie alle bewegt das Thema Energie in der einen oder anderen Form in ihrem beruflichen Alltag. Ich hoffe, dass Sie aus der Lektüre des Magazins viele interessante Anregungen und positive Energie ziehen.

Urs Honegger

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Eine Branche im Umbruch Das typische Energieversorgungsunternehmen von heute wird es in Zukunft nicht mehr geben, ist PwC-Energie-Experte Marc Schmidli überzeugt. Aktuelle PwC-Studien zum Thema Energie: The road ahead: Gaining momen­ tum from energy transformation

Power & Renewables Deals: 2014 outlook and 2013 review

Energy transformation: The impact on the power sector business model

Die Studien sind erhältlich auf www.pwc.ch/energie

Wo sehen Sie für die nächsten Jahre die grössten Herausforderungen für den Energiesektor? Die Energiebranche befindet sich global in einem Transformationsprozess. Ursachen für die weit­reichenden Veränderungen, die wir seit einigen Jahren beobachten, sind Megatrends wie neue Technologien, Klimawandel, Demografie und Urbanisierung. Dazu kommt: Die Kunden ändern ihr Verhalten. Sie legen bei der Auswahl ihres Energielieferanten beispielsweise mehr Wert auf Nachhaltigkeit. Gleichzeitig entstehen alternative Vertriebskanäle, etwa durch die sozialen Medien. Neue Mitbewerber erobern den Markt und machen den bestehenden Energieversorgern Konkurrenz. All diese Veränderungen wirken sich auf das Marktumfeld aus. Für Energieunternehmen bedeutet das: Sie müssen ihre Geschäftsmodelle entlang der gesamten Wertschöpfungskette grundlegend überarbeiten, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Wie wird daher das Energieunternehmen in der Zukunft aussehen? Das typische Energieversorgungsunternehmen von heute wird es in Zukunft nicht mehr

geben. Energieunternehmen werden neue Geschäftsmodelle entwickeln und sich zumindest teilweise neu definieren. Um diese Transformation erfolgreich zu meistern, müssen die Energieversorger und ihre Mitarbeiter sich auf die Veränderungen einstellen; ihre Denk­ weise also entsprechend anpassen, ohne den Fokus auf das bestehende Geschäft zu verlieren. Denn die Konkurrenz schläft nicht: Zahlreiche neue Marktteilnehmer entdecken die Energiebranche für sich. Insbesondere Mitbewerber aus anderen Industrien wie der Telekommunikationsbranche und dem Detailhandel werden den Energiesektor verändern, indem sie neue Produkte für den Endkunden über neue Vertriebskanäle auf den Markt bringen. Welche der erneuerbaren Energiequellen haben eine realistische Chance, sich im Schweizer Energiemarkt durchzusetzen? Die Wasserkraft spielt historisch eine sehr wichtige Rolle bei der Stromproduktion in der Schweiz. Diese führende Stellung wird sie auch in Zukunft beibehalten. Der Kapazitätsausbau ist jedoch beschränkt.

Marc Schmidli PwC-Energie-Experte marc.schmidli@ch.pwc.com ch.linkedin.com/in/marcschmidli 4 ceo

Bei den neueren erneuerbaren Energien sehe ich die grössten Chancen für die Wind- und die Solarenergie. Aber auch Energie aus Biomasse ist vielversprechend. Zurzeit ist es allerdings schwierig, das Potenzial dieser neuen Energiequellen genau abzuschätzen. Denn die Zukunft der erneuerbaren Energien hängt auch von anderen Faktoren ab, insbesondere von politischen Vorgaben im Rahmen der Energiestrategie 2050. Beim Ausbau der erneuerbaren Energien ist zudem zu beachten, dass die damit verbundene Dezentralisierung der Stromproduktion signifikante Investitionen vor allem in die Verteilnetzinfrastruktur notwendig macht. Was gibt Ihnen persönlich Energie? Ich versuche, eine Kombination aus Bewegung, Erholung und Zeit mit der Familie in meinen Tagesablauf einzubauen. Um genügend Energie zu haben, achte ich auf eine ausgewogene Ernährung. Ich bin in der glücklichen Lage, in einem motivierten Team zu arbeiten. Wir betreuen täglich spannende Projekte in einem dynamischen Umfeld. Das ist für mich eine wichtige Quelle, um meine Energiespeicher zu füllen.


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06 Doris Leuthard setzt grosse Hoffnungen in die Energiewende.

10 Olivier Bernhard bietet Sportlern ein neues Laufgefühl.

14 Michael Kaufmann verbindet gekonnt Musik mit Energie.

18 Thomas Blindenbacher hat eine Vision.

22 Markus Portmann hat ein energielieferndes Haus gebaut.

24 Alex Rübel weiss, was Menschen von der Natur lernen können.

30 Nina Vetterli-Treml gibt Gas – im Auto und auf der Bühne.

34 Suzanne Thoma setzt auf erneuerbare Energien.

38 René Estermann kompensiert unseren CO2-Ausstoss.

42 Gerry Hofstetter erleuchtet die Welt.

48 Cla Mosca bringt alles in Fluss.

50 Ruedi Noser braucht positiven Stress.

52 Tanja Grandits kocht auf höchstem Niveau.

56 Alfred Beerli erklärt, wie aus PET Mode entsteht.

60 Claudia Sauter und Michaela Christian Gartmann bringen Energie in den Büroalltag.

64 Umfrage Was gibt Ihnen persönlich Energie?

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Energie/Wende Energieministerin Doris Leuthard setzt grosse Hoffnungen in den technologischen Fortschritt, um die Energiewende zu schaffen. Gleichzeitig brauche es das Bewusstsein der Menschen und der Wirtschaft, dass eine Veränderung nötig ist. Angst vor einem Versorgungsengpass hat sie keine – jedoch müsse man sich von der nationalen Betrachtungsweise lösen.

Text: Redaktion «ceo Magazin» Bilder: Markus Bertschi

Frau Bundesrätin, Sie haben sich als Bundesratslimousine einen Tesla S 85 mit Elektroantrieb zugelegt. Wie sind Ihre Erfahrungen damit? Ich kann es nur empfehlen. Man muss zwar sein Fahrverhalten anpassen, da lautlose Autos eine erhöhte Aufmerksamkeit erfordern. Zum Fahren ist der Tesla aber überaus erholsam. Für mich stand beim Kauf vor allem die Technologie im Vordergrund und dass ich CO2-neutral unterwegs bin. Welche Bedeutung hat der technologische Fortschritt beim Energiesparen? Er ist extrem wichtig. Ein durchschnittlicher Schweizer Haushalt gibt 930 Franken pro Jahr für Strom aus. Diese Ausgaben sind relativ gering, weshalb wir dazu neigen, Strom gedankenlos zu konsumieren. Entsprechend braucht es den technologischen Fortschritt, um den Energieverbrauch nachhaltig zu senken. Die Automobilindustrie hat bewiesen, dass hohe Reduktionen möglich sind. Dasselbe gilt auch für Haushaltsgeräte oder die Beleuchtung. Für mich ist es ein besserer Ansatz, den technologischen Fortschritt zu fördern, als den Verbrauch mit Verboten zu lenken. Von welchen technologischen Entwicklungen erhoffen Sie sich den grössten Effekt?

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Die Energiespeicherung stellt die grösste Herausforderung dar. Bei volatilen Ressourcen wie Wind oder Sonne besteht eine Kluft zwischen der Produktion und dem Bedarf. Wenn wir bei der Speicherung einen Durchbruch erzielen, dann wäre das Problem von vielen Staaten gelöst. Daher kümmert sich eines unserer sieben Kompetenzzentren für Forschung und Entwicklung alleine um Energiespeicherung. Erhebliche Energieeinsparungen sind nötig, um die vom Bundesrat beschlossene Energiewende zu schaffen. Mit welchen Massnahmen soll sie gelingen? Heute importiert die Schweiz rund 80 Prozent der benötigten Energie. Der grösste Anteil davon ist Treibstoff. In diesem Bereich sollte eine Reduktion gut möglich sein – dank effizienteren Motoren und leichteren Fahrzeugen sowie unseres starken öffentlichen Verkehrsnetzes. Schwieriger wird es, den Energieverbrauch bei den bestehenden Immobilien zu reduzieren: Die Sanierungs­ raten sind immer noch zu tief. Der absolute Stromverbrauch andererseits wird insgesamt wohl weiter zunehmen. Dies ist unter anderem auf die steigende Bevölkerungszahl zurückzuführen. Öl und Gas werden zunehmend durch Strom ersetzt. Gleichzeitig ist der Atomausstieg vorgesehen. Befürchten Sie keinen Versorgungsengpass? Lange Zeit wurde eine Stromlücke befürch-

tet. Tatsächlich gibt es heute Strom im Überfluss. Wir müssen uns von der nationalen Betrachtungsweise lösen. Bei Öl, Gas oder anderen Ressourcen befürchtet in den nächsten Jahren auch niemand einen Versorgungsengpass. Sonst müssten wir bei einem Importanteil von 80 Prozent schon heute grosse Bedenken haben. Für Energie existiert ein weltweiter Markt, zu dem die Schweiz einen Zugang hat. Die Versorgungssicherheit ist gegeben, das ist beim Strom nicht anders. Die Abhängigkeit vom Ausland wird aber steigen? Nein, wir werden mit den vorgeschlagenen Massnahmen den Energieimport von 80 Prozent auf unter 60 Prozent im Jahr 2035 senken, selbst wenn wir beim Strom eine leichte Zunahme erwarten. Man muss eine Gesamtbetrachtung vornehmen. Beim Strom dürfte der Eigenversorgungsgrad von heute rund 90 Prozent auf 85 bis 80 Prozent zurückgehen, je nach Preisentwicklung. Die Wirtschaft zweifelt, ob für sie die Energiewende verkraftbar ist. Was entgegnen Sie? Der Strompreis für Endkunden setzt sich aus mehreren Komponenten zusammen. Über die Hälfte der Kosten sind Netzentgelte. Hier besteht ein natürliches Monopol der Netzbetreiber mit entsprechend guten Renditen. Dieser Preis ist in den letzten Jahren gestiegen. Zudem sind die Netzbetreiber verpflich-


Doris Leuthard Energieministerin

«Wir müssen uns von der nationalen Betrachtungsweise lösen. Bei Öl, Gas oder anderen Ressourcen befürchtet auch niemand einen Versorgungsengpass.»

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Doris Leuthard Bundesrätin Doris Leuthard (*1963) führt das Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK). Sie ist die Chefin von über 1900 Bundesangestellten. Bevor Leuthard 2010 ins UVEK wech­ selte, war sie Vorsteherin des Volkswirtschaftsdepartements. Die Juristin mit Wohnsitz im Kanton Aargau war seit 1999 Nationalrätin und von 2004 bis zu ihrer Wahl in den Bundesrat Präsidentin der CVP Schweiz.

tet, Reserveenergie bereitzuhalten. Die Beschaffungskosten machen nur 40 Prozent der Stromkosten aus und sind in den letzten Jahren durch den erhöhten Wettbewerb kontinuierlich gesunken. Das gilt beim Industriestrom genauso wie beim Haushaltsstrom. Für Haushaltsstrom zahlen wir rund 20 Rappen pro Kilowattstunde, in Deutschland liegt der Preis bei 29 Cents. Beim Industriestrom liegt die Schweiz im europäischen Mittelfeld, da viele europäische Staaten den Strom künstlich vergünstigen. Ausserdem können sich heute schon viele Grossunternehmen vom Netzzuschlag befreien. Nichtsdestotrotz werden wir den Förderzuschlag bei maximal 2,3 Rappen pro Kilowattstunde deckeln. Zumal die hiesigen Produktionsbetriebe aufgrund des starken Frankens ohnehin unter Druck stehen. Stromintensive Unternehmen sind vom Netzzuschlag befreit. Zudem dürfen sich Grosskunden, die über 100 Megawatt pro Jahr verbrauchen, frei am Markt eindecken und den Strom für derzeit vier Cents in der

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«Wir können nicht alle alten Gebäude einfach abreissen, auch wenn sie energetisch nie den höchsten Standard erreichen werden.» EU beziehen. Dies betrifft rund 50 Prozent des Marktes. Ein grösseres KMU, das diese Grenze nicht erreicht, bezahlt aktuell rund 27’000 Franken pro Jahr für Strom. Dabei bestehen Unterschiede von bis zu 40 Prozent zwischen den Anbietern. Die Kosten sind 2014 tatsächlich um etwa 500 Franken gestiegen. Das ist nicht wenig. Aber wahrscheinlich gibt es zahlreiche andere Posten in der Betriebsrechnung, die deutlich stärker ins Gewicht fallen. Gleichzeitig darf nicht vergessen gehen, dass wir fossile Energie in

der Höhe von 20 Milliarden Franken importieren. Dabei hat sich der Erdölpreis innerhalb eines Jahres halbiert. Es fielen Einsparungen von fünf Milliarden Franken an. Die Energiestrategie 2050 strebt eine Reduktion des Energieverbrauchs auf 2000 Watt pro Person an. Wie stellen Sie sich die 2000-Watt-Gesellschaft in der Schweiz im Jahr 2050 vor? Es handelt sich um eine Vision, von der wir noch weit entfernt sind. Doch es ist wichtig, sich langfristige und ehrgeizige Ziele zu setzen. Niemand weiss, was in 35 Jahren sein wird. Sicher ist: Wir können nicht weitermachen wie bisher. Das geben die Ressourcen unseres Planeten nicht her. Es braucht also das Bewusstsein der Menschen und der Wirtschaft, dass Veränderungen nötig sind. Der technologische Fortschritt wird uns dabei unterstützen. Welches Potenzial bietet die energetische Sanierung von Immobilien in der Schweiz? Viele Neubauten entsprechen bereits dem


Doris Leuthard Energieministerin

Minergie-Plus-Standard und erzeugen mehr Energie, als sie verbrauchen. Sie kosten auch nicht viel mehr als ein Standardbau. Mit neuen Baumaterialien sowie Smartgrids lassen sich weitere Einsparungen erzielen. Sorgen bereitet uns die altehrwürdige Bausubstanz. Wir können nicht alle alten Gebäude einfach abreissen, auch wenn sie energetisch nie den höchsten Standard erreichen werden. Für ihre Sanierung gibt es das Gebäudeprogramm, und die Kantone haben Gebäudestandards entwickelt. Zudem muss in manchen Fällen auch der Ersatzneubau möglich sein. Bis hier ein Effekt zu spüren ist, dauert es länger. Sie setzen auf erneuerbare Energien, unter anderem auf Wasserkraft. Angesichts der tiefen Strompreise lohnt sich der Bau von neuen Werken zurzeit nicht. Wie wollen Sie Ihr Ziel dennoch erreichen? Wir haben Zeit. Die Verwerfungen auf dem europäischen Markt werden wieder nachlassen. Tatsächlich haben die Wasserkraftwerke im Moment eine extrem schwierige Position. Sie produzieren zu Kosten, die über dem europäischen Strompreis liegen. Gleichwohl stellt sich die Frage, ob wir die Subventionsschatulle öffnen sollen – nach 40 Jahren, in denen die Werke stattliche Gewinne erwirtschafteten. Ich bin der Meinung, dass dies nicht eine Angelegenheit des Staates ist. Investitionen werden derzeit aber nicht getätigt. Wir sind überzeugt, dass die Wasserkraft für die Schweiz eine wichtige Ressource ist, eine Perle, auch wenn sie heute leidet. Daher kann ich den Vorschlag des Nationalrates zur Förderung von Neubauprojekten und grösseren Erneuerungen unterstützen. Wer in ein Werk investiert, macht dies mit einem Horizont von 60 bis 100 Jahren. Ein Investi­ tionsverzicht wäre wohl genauso falsch wie Subventionen. Sobald die europäische Wirtschaft wieder anzieht, werden die Nachfrage und damit auch die Preise wieder steigen, wodurch die Kompetitivität der Wasserkraft schnell wieder gegeben ist. Seit Anfang Jahr gilt in der EU der Strombinnenmarkt. Das Stromabkommen zwischen der Schweiz und der EU ist

aber noch nicht unterzeichnet. Welche Konsequenzen erwarten Sie hieraus? Wir haben bisher keinen Durchbruch erzielt. Die institutionellen Fragen sind nicht gelöst. Belastend hinzugekommen ist das Ja zur Masseneinwanderungsinitiative vom 9. Februar 2014. Wenn es zu keiner Übereinkunft kommen sollte, dann bedeutet dies, dass wir weiterhin physikalisch Strom im EU-Raum einkaufen könnten, jedoch zu schlechteren Konditionen. Für Grossverbraucher, die sich direkt am Markt eindecken, wäre dies ein Wettbewerbsnachteil. Mit der Nord-Süd-Verbindung und der hohen Stabilität des Netzes hat die Schweiz zwei Trümpfe in der Hand. Können Sie diese nicht ausspielen? Natürlich tun wir das. Inzwischen passieren gut 16 Prozent der europäischen Stromflüsse das von der Swissgrid betriebene Schweizer Hochspannungsnetz. Wir tragen wesentlich zur Netzstabilität in Europa bei. Auch die Verkehrsinfrastruktur in der Schweiz ist überlastet. Wie wollen Sie in diesem Bereich eine Entspannung herbeiführen? Beim öffentlichen Verkehr haben wir letztes Jahr mit FABI (siehe Box) die politischen Grundlagen für die nötigen Investitionen geschaffen. Mit dem gleichen Konzept haben wir nun auch die Strassenvorlage an das Parlament überwiesen. Über einen Fonds sollen der Unterhalt, die Investitionen sowie die Engpassbeseitigung finanziert werden. Zu einer Entlastung der Verkehrsinfrastruktur sollte auch die Reduktion der Pendlerströme führen. Dazu haben Sie flexiblere Arbeitszeiten sowie Home Office propagiert. Wie hat die Wirtschaft auf Ihr Vorhaben reagiert? Niemand bestreitet, dass es richtig wäre, die Pendlerströme zu reduzieren. Dies zu beeinflussen, ist aber sehr schwierig. Früher wohnten wir nahe bei unserem Arbeitsplatz, heute können in einer Stunde weite Distanzen bewältigt werden. Entsprechend wird sich dieser Trend nur ganz schwer brechen lassen. Falsche Anreize, wie den Pendlerabzug bei der Bundessteuer, haben wir eliminiert. Gleichzeitig versuchen die Kantone,

in der Raumplanung die Siedlungs- und Verkehrspolitik zu koordinieren. Aber man darf sich keine Illusionen machen. Wir werden nicht umhin kommen, zusätzliche Kapazitäten bereitzustellen. Wann nutzen Sie selber die Möglichkeit zur Heimarbeit? Ich arbeite überall, ob in Bern, zuhause oder im Auto, da ich das Privileg habe, über einen Chauffeur zu verfügen. Im Departement sind wir diesbezüglich ebenfalls grosszügig. Mir ist es eigentlich egal, wo die Leute arbeiten, solange die Leistung am Ende stimmt. Mit Ausnahme der Sitzungen natürlich, darauf kann kein Unternehmen verzichten. Der Bundesratsjob ist sehr aufreibend und zeitintensiv. Wie tanken Sie jeweils Energie für Ihre Aufgaben? Ich bin sehr dankbar, weil ich eine total spannende Arbeit habe. Alleine daraus ziehe ich viel Energie. Daneben ist für mich auch die Erholung sehr wichtig. Ich mache hin und wieder bewusst ein Wochenende frei. Wenn ich dann in einem schönen Umfeld bin, Sport treibe oder ein gutes Essen geniesse und nicht von einem Termin zum nächsten hetze, kann ich sehr gut Energie für meine Arbeit tanken.

FABI Volk und Stände haben am 9. Februar 2014 den Bundes­ beschluss über die Finanzierung und den Ausbau der Eisenbahn­ infrastruktur (FABI) angenom­ men. Damit wird ein neuer, unbefristeter Bahninfrastruktur­ fonds geschaffen und sichergestellt, dass genug Geld in Unterhalt, Betrieb und Ausbau des Bahnnetzes investiert werden kann.

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Olivier Bernhard On

Achtung, fertig … On Text: Redaktion «ceo Magazin» Bilder: Markus Bertschi

Ein neues Laufgefühl, das Spitzensportler und Hobbyläufer begeistert, vermitteln die in der Schweiz entwickelten Leicht­schuhe von On. Der frühere Spitzensportler Olivier Bernhard führt zusammen mit seinen beiden Kollegen David Allemann und Caspar Coppetti das junge Unternehmen mit viel Energie. Nach den ersten fünf Jahren ist das Trio stolz auf das Erreichte.

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In der viel zu kleinen Zentrale in einem Wohnquartier am Rande von Zürich treffen wir Olivier Bernhard und David Allemann zum Gespräch. Beide sprühen vor Energie. Den Dritten im Bund der Gründer, Caspar Coppetti, entschuldigen sie. «Er ist gerade in Tokio und zählt die On-Schuhe an den Füssen der Jogger im Park», scherzt Allemann. Es herrscht eine familiäre Atmosphäre: keine Einzelbüros, dafür lange Tische mit Computern, an denen das mehr­heitlich junge Team konzentriert arbeitet. An den Wänden Fotos mit dem bunten Schuhwerk. «Das ganze Team schätzt den familiären, aber durchaus sportlichen Spirit», so Marketingfachmann Allemann. «Das Erste, was wir hören, wenn ein Athlet unsere Schuhe ausprobiert, ist ‹wow›», sagt David Allemann. Die aus einer speziellen Gummi-Mischung gefertigten Schlaufen an den Sohlen der Laufschuhe dämpfen die Kräfte beim Auftreten und geben Halt beim Absprung. Das gefällt Amateur-Joggern genauso wie Profi-Sportlern. Viele laufen damit besser und schwören fortan auf die Technologie «Engineered in Switzerland». Und sie fallen auf: Der luftige Unterbau und die leuchtenden Farben machen den On-Schuh zu einem Hingucker. Den Unterschied verstehen Ausprobieren wollen ihn viele. Auf Dutzenden von Laufsport-Veranstaltungen – vom Ironman auf Hawaii bis zum Zürich Marathon nahe dem eigenen Firmensitz – präsentieren sich die Jungunternehmer und laden ein, das Laufen «wie auf Wolken» zu testen. Olivier Bernhard sucht die Nähe zu den Endkunden und hört auf ihren ersten Eindruck. «Auch mit jedem neuen Händler laufen wir ein paar Runden», sagt der ehemalige Spitzenathlet, denn man müsse den Unterschied zu anderen Produkten verstehen.

Begonnen hat alles mit einer Idee: Der dreifache Duathlon-Weltmeister und mehrfache Ironman-Sieger Bernhard trifft auf einen ETH-Ingenieur, der an einer neuen Laufschuhtechnologie arbeitet. Gemeinsam tüfteln sie, probieren aus, fertigen die ersten Prototypen. Das Resultat überzeugt. Schon bald wird aus der Idee ein Plan. Seine Freunde David Allemann und Caspar Coppetti, die sich von ihrer gemeinsamen Zeit bei einer Unternehmensberatung kennen, holt Olivier Bernhard noch in der Prototypen-Phase ins Boot. Mit viel Energie und einer Portion Enthusiasmus starten die drei im Januar 2010 das Unternehmen On in Zürich. Ihr Ziel: sich mit der in der Schweiz entwickelten «CloudTec»-Technologie auf dem globalen Laufschuh-Markt zu etablieren. Dieses 17-Milliarden-Dollar-Geschäft wird heute von wenigen Grosskonzernen geprägt, das starke Wachstum lässt aber auch Platz für neue Ideen. Der Markt wächst um fünf bis zehn Prozent pro Jahr. Gut aussehen am Verkaufspunkt On baut auf Beratung und Spezialisten im Vertrieb. Heute ist die Marke bei über 1500 Laufsport-Fachhändlern in mehr als 30 Ländern erhältlich. An Fachmessen wie der Ispo holt das Unternehmen Designund Technologiepreise und lanciert neue Produktlinien. 60 Beschäftigte zählt die Firma unterdessen und hat heute neben dem Sitz in Zürich ein zweites Standbein in Portland an der amerikanischen Westküste. Mit einem eigenen Verkaufsteam ist On in wichtigen europäischen Märkten wie Deutschland, Frankreich und Grossbritannien unterwegs. In weiteren Ländern helfen Distributoren beim Aufbau des Vertriebs. Gut aussehen soll das Produkt am Verkaufspunkt. Mit 50 eigenen Shop-in-Shops ist On heute dort vertreten, wo die Konsumenten sind.

Der Kauf eines Laufschuhs ist nicht nur für Spitzensportler ein emotionaler Vorgang. 12 ceo

Produziert wird in Vietnam, wo nicht nur aus Kostengründen viele Sportartikel-Hersteller fertigen lassen. Dort konzentrieren sich das Know-how und die Zulieferindustrie, das Qualitätsniveau der On-Partner ist hoch. Die Weiterentwicklung von Materialien und der weltweit patentierten Sohlentechnologie treibt On im Austausch mit Spezialisten der ETH Zürich und des Human Performance Lab an der Universität von Calgary voran. Während konventionelle Laufschuhe entweder weich und langsam oder hart und schnell sind, gelten die Schuhe von On als weich und schnell. Das patentierte On-System verwandelt die Laufenergie in Vorwärtsbewegung. Der Kauf eines Laufschuhs sei nicht nur für Spitzensportler ein emotionaler Vorgang, sagt Bernhard. «Als Läufer musst du in den On-Schuh schlüpfen und sofort den Unterschied spüren», erklärt Allemann. Auch für das Team dreht sich alles um das besondere Laufgefühl. Zum Ausgleich versammelt sich die Bürogemeinschaft von On über den Mittag zum Joggen und läuft ein paar Runden – wie auf Wolken.

Olivier Bernhard, David Allemann und Caspar Coppetti Der ehemalige Spitzenathlet Olivier Bernhard (*1968) stiess auf die Grundidee eines Schweizer Ingenieurs für einen revolutionären Laufschuh und hatte zusammen mit seinen Freunden David und Caspar den Mut, mit On eine innovative Firma aufzubauen. Nach seiner Profikarriere arbeitete Bernhard als Coach und Organisationsberater, ehe er sich ganz auf On konzentrierte. Sein Gründungs­ partner David Allemann (*1970) war nach dem Jus-Studium in Internet- und Werbeagentu­ ren, als Unternehmensberater und als Marketingchef tätig, ehe auch er sich ganz dem On-Projekt verschrieb. Dritter im Bunde ist der Ökonom Caspar Coppetti (*1976), der bereits während des Studiums als Sportjour­ nalist und in der Organisation des Gigathlons aktiv war und anschliessend in der Beratung und in der Marketingbranche arbeitete. Das Trio erhielt 2014 den Swiss Economic Award in der Kategorie «Produkt».


Olivier Bernhard On

on-running.com

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«Notenlesen und Technik alleine genügen nicht. Musiker müssen heute mehr mitbringen.»

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Michael Kaufmann Hochschule Luzern – Musik

Ressource: Musik An zwei Fronten kämpft Michael Kaufmann seit zwanzig Jahren gegen Verschwendung: in der Energiepolitik und bei der Musikerausbildung. Zwei Bereiche, die auf den ersten Blick nichts gemeinsam haben.

Michael Kaufmann Michael Kaufmann (*1954) absolvierte in den 1970er-Jahren ein Studium der Agrarwissenschaften an der ETH in Zürich. Nach seinem Abschluss verschlug es ihn nach Bern, wo er verschiedenen Tätigkei­ ten nachging. Er organisierte und führte zusammen mit Gleichgesinnten eine Bio-Lebensmittel-Genossenschaft, berichtete als Journalist über das politische Geschehen in der Schweiz und wurde ins Kantonsparlament gewählt. Während seiner Tätigkeit bei der Beratungsfirma Naturaqua arbeitete er als Berater des Bundesamtes für Energie. Von 2004 bis 2011 war er dessen Vizedirektor. Seinen Wechsel an die Musikhochschule begründet Kaufmann damit, dass für ihn eine Gesellschaft ohne Treibstoff oder Atomkraft vorstellbar sei, eine Gesellschaft ohne Musik hingegen nicht. Als Direktor der Hochschule Luzern – Musik hat er wieder Zeit für seine persönliche Leidenschaft: Klavier spielen und einen Chor leiten. Seine Mittagspause verbringt er oft in einem Übungsraum, um an seinem Klavierspiel zu feilen. «Nach 45 Minuten fühle ich mich wie neu geboren», strahlt er. «Mein Kopf ist klar, und ich bin wieder voll da. Das ist meine Art, Energie zu tanken.»

Text: Eric Johnson Bilder: Markus Bertschi

Wie können wir unsere Ressourcen schonen? Diese zentrale Frage treibt die westliche Gesellschaft um. Mit Blick auf die Energieressourcen ist die Relevanz klar. Bei der Ausbildung von Musikern erschliesst sich der Zusammenhang nicht direkt. Die Karriere von Michael Kaufmann dreht sich darum, in beiden Bereichen für Nachhaltigkeit zu sorgen. Sich hohe Energieziele stecken Nach verschiedenen beruflichen Stationen (siehe Box) machte sich Michael Kaufmann in den 1990er-Jahren als Planungsspezialist einen Namen. Bei einem seiner Projekte unterstützte er das Bundesamt für Energie (BFE) dabei, ein Nachfolgeprogramm für «Energie 2000» auf die Beine zu stellen. Während der Arbeit für «EnergieSchweiz» – so der Name, unter dem das Projekt später bekannt wurde – fand Kaufmann sein «spirituelles Zuhause». «Wie wir mit unseren Ressourcen umgehen, ist eine der wichtigsten Fragen für unseren Planeten», ist Kaufmann überzeugt. «Diese Frage ist allumfassend. Dabei geht es nicht

nur um Energie und Nahrungsmittel. Der Umgang mit Ressourcen kann über Krieg oder Frieden entscheiden.» Kaufmann ging komplett in dem Projekt auf. 2004 wurde er zum Vizedirektor des BFE ernannt. Er übernahm die Projektleitung von EnergieSchweiz und setzte sich dafür ein, die beiden zentralen Projektziele zu verwirklichen. Zum einen galt es, innovative Formen von erneuerbarer Energie in der Schweiz voranzutreiben. Die Schweiz gewinnt historisch viel Energie aus alpiner Wasserkraft. Heute geht es darum, neuartige Technologien zu fördern. Mit der sogenannten Einspeisevergütung arbeitete Kaufmann an einer Lösung mit, die auch durchs Parlament kam. Die Idee: Versorgungsunternehmen müssen kleinen Stromerzeugern – etwa Betreibern von Windrädern oder Solarpaneelen – Mindestpreise für die Einspeisung ihrer Überschuss­ energie ins Stromnetz zahlen. Die zweite Stossrichtung des Projekts ist Energieeffizienz. Um diesem Ziel näherzukommen, war Kaufmann federführend bei der Einführung der obligatorischen «Energieetikette» beteiligt. Heute prangt der Aufkleber mit der charakteristischen Regenbogenceo 15


Von Anfang an sind Konzert- und Bühnenpraxis wichtige Bestandteile des Musikstudiums.

Farbskala auf Haushaltsgeräten, Neuwagen, Baumaterialien und vielen anderen Produkten. Dennoch weiss Kaufmann: Das alleine genügt nicht. «Menschen verändern ihr Verhalten nicht wegen der Politik», sagt er. «Wir leben im Überfluss. Die Menschen können es sich leisten, sorglos mit Energie umzugehen.» Rund zehn Jahre arbeitete Kaufmann im Auftrag des Bundes. Dann entschied er, seine persönliche Energie einem anderen Thema zu widmen, das auf den ersten Blick unterschiedlicher nicht sein könnte. Hier spielt die Musik Künstler, die sich finanziell kaum über Wasser halten können, sind ein bekanntes Phänomen. Kaufmann entschloss sich, etwas dagegen zu unternehmen. Als heutiger Direktor der Hochschule Luzern – Musik weiss er, dass nur wenige seiner 550 Studierenden einen Platz in einem führenden Orchester wie der Zürcher Tonhalle ergattern werden. Die Konkurrenz ist global: Allein in China gibt es Hunderttausende Pianisten von Weltklasse, erzählt Kaufmann. Die Mehrheit der Musikstudenten in Luzern verfolgt Plan A, sprich: eine Anstellung an

einem renommierten Orchester. Die Hochschule Luzern hat den Lehrplan sanft neu ausgerichtet, um die Studierenden auch auf einen Plan B oder C vorzubereiten. «Notenlesen und Technik alleine genügen nicht. Musiker müssen heute mehr mitbringen», erklärt er. «Wie verkaufe ich mich? Welche Märkte gibt es? Für welches Publikum spiele ich? Was sind die Preise? Wie hoch sind die Kosten? Diese Fragen gehören zwingend in die Ausbildung junger Musiker.» Auch hier geht es ums Energie-Sparen. «Denn Musiker sind eine Art Ressource», sagt er, «genau wie Treibstoff.» Und es wäre eine Verschwendung, diese Menschen über Jahre auszubilden und dann feststellen zu müssen, dass sie keine Arbeit finden. Dank der Energieleistung von Michael Kaufmann wird dieses Szenario künftig seltener eintreten. Ob Berufsziel Musiklehrer oder Komponistin, Orchestermusiker oder freischaffende Musikerin: Grundlagen wie ein Notenschreibkurs gehören zu jeder Ausbildung dazu.

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Michael Kaufmann Hochschule Luzern – Musik Über 200’000 Noten, Tonträger, Bücher, Filme und Zeitschriften befinden sich in der Musikbibliothek der Hochschule Luzern.

Auftreten vor Publikum gehört zum Musikerleben mit dazu – wie zum Beispiel im hauseigenen Jazzlokal der Hochschule Luzern.

hslu.ch/musik

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Vision 2000 Watt Thomas Blindenbacher von der Fachstelle der 2000-Watt-Gesellschaft über den Weg, aus einer visionären Nachhaltigkeitsstrategie gelebte Realität zu entwickeln.

Text: Madeleine Stäubli-Roduner Bilder: Markus Bertschi

Herr Blindenbacher, mit der Aussage «Zum Glück braucht’s nicht viel» verweist die 2000-Watt-Gesellschaft auf die Bedeutung des Genügsamkeitsprinzips. Was ist damit gemeint? Der durchschnittliche Energieverbrauch eines Erdenbürgers entspricht heute einer kontinuierlichen, gemittelten Leistung von 2000 Watt. In der Schweiz liegt dieser Wert viel höher, bei etwa 6000 Watt pro Person. Dabei wurde mehrfach gezeigt, dass ab rund 2000 Watt die physische Lebensqualität mit höherem Energieverbrauch nicht mehr relevant zunimmt. Reichtum und Glück definieren wir jedoch alle individuell. Von daher versucht das Konzept der 2000-WattGesellschaft sich davor zu hüten, die Frage nach dem Glück für andere zu beantworten. Ich bin persönlich aber davon überzeugt, dass wir für unser physisches Wohlbefinden und unser persönliches Gleichgewicht mit viel weniger Energie auskommen können, als wir im Moment in unseren modernen Gesellschaften beanspruchen. Was fasziniert Sie am Thema Energie? Energie ist der Motor für Wirtschaft, Gesellschaft, Freizeitgestaltung und Wohlbefinden. Und Energie ist auch Macht – Macht, die oft missbraucht wird und zu kriegerischen Auseinandersetzungen verleitet. Unsere Gesellschaft konsumiert 18 ceo

Energie über ihren Verhältnissen, und dies mit teilweise schwerwiegenden Konsequenzen. Hier mitzuhelfen, die Richtung zu ändern, ist Privileg, Chance, Herausforderung und Verantwortung zugleich. Was liegt Ihrem Engagement zugrunde? Die Wertschätzung unserer Ressourcen. Wenn ich mir vorstelle, dass ich mit meinem kleinen Sohn dereinst über Steinwüsten auf die Jungfrau wandere und ihm dabei erklären muss, was ein Gletscher ist, dann wird mir übel. Und noch schwieriger ist die Vorstellung, ihm mal ein Fass Atommüll zu übergeben mit den Worten: «Sorry, damit bin ich leider nicht mehr fertig geworden.» Wir sollen uns von 6000 auf 2000 Watt Dauerleistung und auf einen jährlichen Ausstoss von einer Tonne CO2 pro Person verbessern. Wie soll diese radikale Trendumkehr gelingen? Die 2000-Watt-Gesellschaft steht für Energieeffizienz, erneuerbare Energien und sehr viel Innovation – und zwar nicht nur technologisch, sondern auch bezüglich gesellschaftlicher Rahmenbedingungen und sozialer Wertvorstellungen. Es braucht Vorreiter, die aufzeigen, dass die Trendumkehr volkswirtschaftlich verkraftbar und schon heute realistisch ist. Die Schweiz hat gute Karten, diese innovative Vorreiterrolle in einem internationalen Kontext zu übernehmen.

Die Zürcher Bevölkerung hat bereits 2008 die Verankerung der 2000-Watt-Ziele in der Gemeindeordnung beschlossen. Was hat dieser Entscheid bewirkt? Sehr viel! Zum Beispiel werden die öffentlichen Gebäude seitdem nur noch nach den hohen energetischen Gebäudestandards von EnergieSchweiz gebaut, und zwar sowohl Neubauten als auch Sanierungen und Modernisierungen. Oder die eigenen Stadtwerke sind verpflichtet, ihre Beteiligungen an Atomkraftwerken so bald wie möglich loszuwerden. Die Abstimmung in Zürich hat aber vor allem auch politisch sehr viel ausgelöst. Viele Städte und Gemeinden sind dem Beispiel von Zürich gefolgt, und auch viele Kantone. Rund 100 Energiestädte und 23 Kantone haben mittlerweile die 2000-Watt-Gesellschaft in ihrer Gemeindeordnung beziehungsweise in ihren energiepolitischen Zielvorgaben verankert. Wurde das Projekt auch international aufgegriffen? Ja. Das einstige ETH-Forschungsprojekt hat sich zu einem landesweiten politischen Programm mit Tausenden von Akteuren entwickelt und strahlt auch international kräftig aus. So haben zum Beispiel 15 Städte um den Bodensee unter dem Slogan «Wir leben 2000 Watt» ihr energiepolitisches Programm lanciert. Auch aus den USA, Österreich und Singapur erhalten wir


Thomas Blindenbacher 2000-Watt-Gesellschaft

Thomas Blindenbacher Thomas Blindenbacher (*1978) ist Partner und Bereichsleiter für Nachhaltigkeit bei der Amstein + Walthert AG in Zürich und leitet die Fachstelle der 2000-Watt-Gesellschaft im Auftrag des Bundesamtes für Energie. Er wohnt mit seiner Lebenspartnerin in Zürich und hat einen einjährigen Sohn.

2000watt.ch

Anfragen. Das Stichwort «2000-Watt-kompatibel» ist zu einer etablierten Metapher für nachhaltige Entwicklung und einen verantwortungsvollen Umgang mit Energie geworden. Was bedeutet 2000-Watt-Kompatibilität im Baubereich? Schon heute ist es möglich, Gebäude zu errichten, die über den ganzen Lebenszyklus betrachtet mehr Energie produzieren, als sie verbrauchen. Solche Häuser sind sicher kompatibel mit dem Leben in einer 2000Watt-Gesellschaft. Für die Beurteilung der 2000-Watt-Kompatibilität berücksichtigt man heute jedoch nicht nur den Energieverbrauch für die Erstellung, den Betrieb und den Rückbau eines Gebäudes, sondern auch die durch dessen Standort induzierte Mobilität.

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Die 2000-WattGesellschaft

1998

2100

Das Konzept der 2000-WattGesellschaft wurde 1998 von der ETH entwickelt und von Schweizer Wissenschaftlern als technisch machbar erklärt.

Ausstoss von 1 Tonne CO2 pro Person und Jahr

Sein Ziel ist eine nachhaltige Nutzung der Ressourcen und Energieträger und deren gerechte globale Verteilung. Bis ins Jahr 2100 soll der Energieverbrauch pro Person auf 2000 Watt Dauerleistung beschränkt werden.

Dieser Verbrauch führt zum Ausstoss von einer Tonne CO2 pro Person und Jahr – ein Wert, der gemäss IPCC (Intergovernmental Panel on Climate Change) nicht überschritten werden sollte, um drastische Klimaveränderungen zu verhindern.

Zu den Zielen der 2000-Watt-Gesellschaft haben sich bis heute zahlreiche Behörden bekannt. Im Jahr 2010 wurde die Fachstelle 2000-Watt-Gesellschaft mit Anlaufstellen in den drei Sprachregionen gegründet. Sie bildet Teil des Programms Energiestadt von EnergieSchweiz. Diese Plattform des Bundesamts für Energie koordiniert die unterschiedlichen Akteure im Bereich der Energieeffizienz und der erneuerbaren Energien.

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Thomas Blindenbacher 2000-Watt-Gesellschaft

Was sind die konkreten Massnahmen? Wir postulieren folgende Planungsgrundsätze: Fossile Energiequellen sind aufgrund ihrer hohen CO2-Intensität nur noch für Verarbeitungsprozesse zu verwenden. Für normale Raumwärme genügen heute dank verbesserter Isolation viel tiefere Temperaturen als früher. Dafür reicht die Nutzung von Umweltwärme aus, und hochwertige Energieträger, darunter auch Holz, sind in erster Priorität nicht mehr zu verwenden. Durch Vernetzung der Systeme und teilweise saisonale Energiespeicherung können zudem die Energiekreisläufe geschlossen und die Energienachfragedichte reduziert werden. Dadurch minimiert sich nicht nur der Treibhausgas-Ausstoss, sondern auch die Anfälligkeit auf Energiepreissteigerungen – und die lokale Wertschöpfung steigt. Welches Potenzial haben Sanierungen bei bestehenden Gebäuden? Hier liegt das grösste Potenzial zur Energieeinsparung; wir müssen den ganzen Gebäudepark der Schweiz sanieren. Der erste Schritt besteht meistens darin, den Gebäuden «einen Pullover» anzuziehen, um die Energieverluste zu minimieren. Dann können mit vertretbarem Aufwand zur Deckung des Rest-Energiebedarfs erneuerbare Energieträger wie Solar, Umwelt- und Erdwärme eingesetzt werden, je nach den lokalen Begebenheiten auch Abwärme oder Holz. In welcher Kombination das am sinnvollsten ist, hängt dann von verschiedenen Faktoren ab. Was braucht es auf politischer und institutioneller Ebene, um die Ziele der 2000-Watt-Gesellschaft zu erreichen? Die Politik muss über eine gesunde Mischung von Förderung, Reglementierung, Anreizund Lenksystemen den neuen Technologien den Weg ebnen. Es braucht aber auch Investoren, die nicht kurzfristige Gewinne anstreben, sondern ihr Geld nachhaltig in diese Technologien investieren. Ein ganz wichtiger, unabdingbarer Beitrag wird sicher die Verteuerung der Energieträger sein.

Es braucht Investoren, die nicht kurzfristige Gewinne anstreben, sondern ihr Geld nach­ haltig in neue Technologien investieren.

Trotzdem: Ist das Ansinnen angesichts der Kostensituation vieler Beteiligter nicht eine grosse Utopie? Nein. Ein erster Schritt ist ja bereits das Gebäudeprogramm, das auf nationaler Ebene läuft. Man erhebt auf Energieträger eine Abgabe und stellt das Geld jenen zur Verfügung, die ihre Häuser energetisch sinnvoll sanieren. Auf diese Art werden kollektiv Systeme errichtet, die in die gesellschaftlich gewünschte Richtung führen und zukunftsweisende Massnahmen auf nationaler, kantonaler und kommunaler Ebene realisierbar machen. Sind solche Massnahmen für Gemeinden nicht zu teuer? Nein, vor allem nicht, wenn sie staatsquotenneutral angegangen werden. Die Stadt Basel kennt das System der Stromlenkungsabgabe zum Beispiel schon lange. Wir konnten ja auch die ersten Labels vergeben für «Energiestädte auf dem Weg in die 2000-Watt-Gesellschaft». Diese Städte haben ausgesuchte energiepolitische Massnahmen beschlossen oder realisiert. Dadurch generieren diese Gemeinden einen Mehrwert. Was kann ich als Einzelner tun, um meine Energiebilanz zu verbessern? Es ist klar: Je privater das Umfeld, umso schwieriger wird es, etwas zu bewegen. Energie muss daher einen Preis bekommen. Sie ist zu billig. Solange Menschen nicht wissen, wie viel sie für ihre Energiebedürfnisse ausgeben, ist es auch schwierig, das Verhalten zu ändern.

Gemeinsame Selbstbeschränkung im Sinne eines grösseren Ganzen könnte aber funktionieren. Ein tolles Beispiel sind für mich einige Wohngenossenschaften. Sie sagen zum Beispiel: Wer bei uns wohnt, der begnügt sich mit einer Wohnfläche von 35 Quadratmetern pro Person. Das ist eine gemeinsame Massnahme zur Selbstbeschränkung. Wenn man sich diese gemeinsam auferlegt und sie damit statt als Verzicht sogar als Trend wahrgenommen wird, kann sie erfolgreicher realisiert werden. Kollektive Suffizienz als Vision. Wie schränken Sie sich selber ein? Meiner Meinung nach ist Askese nicht der Königsweg. Ich kämpfe vielmehr für die richtigen Rahmenbedingungen und Anreizsysteme, die uns Genügsamkeit im Sinn der Nachhaltigkeit ermöglichen. Jeder soll zuerst selber nachdenken, und dann entscheiden: Sind zwei Wochen Ferien auf Fidschi inklusive der vier Reisetage wirklich Ferien, oder sind zehn Tage im Engadin doch erholsamer? Ich jedenfalls fahre ins Engadin – natürlich mit dem Zug. Und was gibt Ihnen persönlich Energie? Bewegung. Bergluft. Ein dunkles Weizenbier nach einer tollen Skitour. Freunde und Familie.

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Energie, hausgemacht. Der nachhaltige Minergie-A-Bau in Kriens

Text: Madeleine Stäubli-Roduner Bilder: Markus Bertschi

Das «Haus 2050» am Kirchrainweg in Kriens erfüllt besondere Bedingungen: Es ist ein Energielieferant. Dafür wurde der 2013 erstellte Minergie-A-Eco-Bau mit dem Watt d’Or 2014 und dem Hans Sauer Preis 2014 ausgezeichnet. «Wir sind einmalig in unserem sehr nachhaltigen Ansatz, der grundsätzlich eine Verdichtung nach innen beinhaltet», sagt Bauherr Markus Portmann. Markus Portmann (*1962) hat gemeinsam mit seiner Ehefrau Marie-Theres ein Wohnhaus ganz im Sinne der 2000-Watt-Gesellschaft gebaut.

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Dank ausgezeichneter Wärmedämmung und qualitativ hochstehenden Fenstern ist der Heizenergiebedarf tief. Er wird durch eine Luft-Wärmepumpe gedeckt. Die dazu erforderliche Energie liefert die in das Dach integrierte Solarstromanlage. Auf eine erste Projekteingabe als Pilot- und Demonstrations-Projekt reagierte die zuständige Bundesstelle ablehnend. Die im Haus vorgesehenen Geräte gebe es gar nicht, die geplante Steuerung sei nicht möglich, hiess es. Doch es gab sie: Waschmaschine, Wäschetrockner, Geschirrspülmaschine und Wärmepumpe sind so programmierbar, dass sie je nach vorhandener Solarenergie ihre Aktivität selber steuern. Dabei integriert

das System die abonnierten Wetterprognosen von Meteoschweiz. «Steht ein Sonnentag bevor, verschiebt die Waschmaschine den Waschgang von der Nacht auf den Tag», sagt Portmann. Das Haus besteht aus Luzerner Weisstannenholz, das in der Umgebung gewachsen und in der Region verarbeitet worden ist. Dadurch hat man beim Transport viel graue Energie eingespart. Die Wohnungen sind laut Portmann marktfähig und mit ähnlichen Projekten preislich vergleichbar. «Es ist nicht eine Frage der Kosten, sondern der intelligenten Planung, bei der alle mitziehen müssen», sagt er. Da es sich um ein Pilot- und Demonstrations-Projekt handelt, trägt der Bund einen Teil der nicht-amortisierbaren Mehrkosten, die als Entwicklungskosten verbucht werden. «Wir gewinnen aus diesem Projekt eine Menge neuer Erkenntnisse, welche wir in den nächsten Projekten einbringen», sagt Praktiker Portmann. «Die ganze Nachhaltigkeitswissenschaft darf nicht Selbstzweck sein, sondern muss stets als Dienstleistung für die Bevölkerung gesehen werden.»


Markus Portmann e4plus

Die Fenster lassen dank ihrer GrĂśsse und Platzierung besonders viel Licht ins Innere.

Der mit einer Solarstromanlage auf dem Dach produzierte Strom wird direkt im Gebäude verwendet.

Das Gebäude besteht ausschliesslich aus Baumaterialien, die bei der Herstellung wenig Energie verbrauchen.

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Alex Rübel Zoo Zürich

Tierisch effizient Wie ein effizienter Energiehaushalt funktioniert, kann der Mensch von der Natur lernen, weiss Dr. Alex Rübel. Als Direktor des Zoos Zürich liegt ihm die Nachhaltigkeit am Herzen – vor allem beim Thema Energie.

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«Wir sehen uns als Institution im NaturschutzBereich, deshalb müssen wir auch im Umgang mit den Ressourcen ein Vorbild sein.»

Text: Vanessa Georgoulas Bilder: Marc Wetli, Peter Bolliger, Jean-Luc Grossmann, Corinne Invernizzi

Ein Regenwald mitten in der kalten Schweiz: Wer den Zoo Zürich in den Wintermonaten besucht, dürfte sich vielleicht fragen, ob ein Projekt wie die Masoala-Halle nördlich der Alpen energetisch Sinn ergibt. Zu Unrecht, wie Alex Rübel, Direktor des Zoos Zürich, betont: «Die Masoala-Halle ist ein energetisch einfaches Projekt, weil sie alleine durch die Sonneneinstrahlung gut heizbar ist. Wir kommen während des Jahres grösstenteils ohne Heizen aus.» Im Gegensatz zu den älteren Tierhäusern: «Die sind nicht gut isoliert und brauchen deshalb viel Energie. Das ist einer der Gründe für den neuen Elefanten-Park, den wir gebaut haben. Das alte Elefantenhaus war eine echte Energieschleuder.» Am meisten Energie verbrauchen die Aquarien, da exakte Temperaturen eingehalten werden müssen und die Wasserpumpen ständig laufen. Viel pflegeleichter sind da jene Tiere, die sich in der weitläufigen Parkanlage eingenistet haben: «Wir sind wahrscheinlich einer der reichsten Lebensräume in Zürich und bieten viel Platz für Bewohner, die nicht von unserer Energie zehren», freut sich Alex Rübel. «Von den konventionellen Zoo-Tieren brauchen jene am wenigsten Energie, die in unserem Klima zuhause sind, zum Beispiel die Wölfe.» Plastik-Schranken für die Affen Im Zoo Zürich ist seit 2010 eine eigene Abteilung dafür zuständig, Wasser und Strom zu sparen. «Wir sind ein grosser Betrieb mit vielen Gebäuden. Deshalb haben wir diese Abteilung geschaffen, die alle Probleme im Energie-Bereich lösen muss.» Mit Erfolg: «Wir konnten bisher viel Energie und auch Wasser sparen. Beides ist sehr wichtig. Denn wir sind hier ganz oben auf dem Hügel und bieten überall Trinkwasser, das erst heraufgepumpt werden muss. Das ist kostspielig. Deshalb unternehmen wir viel, um den Verbrauch zu reduzieren», sagt Alex Rübel und zählt stolz auf: «Wir haben eine Grauwasser-Anlage für die Toiletten, und wir sammeln auch Regenwasser. Zudem liefern wir unsere Bioabfälle an ein Bio-Kraftwerk und arbeiten da, wo es sinnvoll ist, mit Erdwärme.» Die Arbeit der Energie-Verantwortlichen geht noch weiter. Sie müssen auch Lösungen finden, wenn sich Konflikte ergeben – etwa mit dem Tierschutz. So steht beispielsweise die Wahlfreiheit der Tiere bei den 24-Stunden-Gehegen, die einen ständigen Zugang zum Aussenbereich garantieren, im Gegensatz zu den Energiesparbemühungen. Doch der Zoodirektor winkt ab: «Es gibt verschiedene Lösungen für solche Konflikte. Bei den Affen haben wir zum Beispiel Plastik-Schranken, bei den Elefanten gibt es eine Luftschranke. Die verbrauchen zwar auch Energie, aber der Verlust ist kleiner.»

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Alex Rübel «Ich wusste nicht, was mich als Zoo-Direktor erwartet», gesteht Dr. Alex Rübel (*1955), der seit 1991 die Geschicke des Zoos Zürich leitet. Der Zürcher Tierarzt, der in Zoo-Nähe aufwuchs, träumte schon als Fünfjähriger davon, mit Tieren zu arbeiten. «Erst wollte ich Bauer werden, dann wieder im Zoo arbeiten – auch wenn ich damals nicht direkt davon träumte, Zoodirektor zu werden», erinnert er sich. Gesagt, getan: Ab 1980 war er Assistent in der Klinik für Zoo-, Heim- und Wildtiere der Universität Zürich, 1988 stieg er zum Oberassistenten mit Lehrauftrag auf. Als Zootierarzt lernte er den Zoo Zürich schon vor seiner Beförderung zum Direktor kennen.


Alex R端bel Zoo Z端rich

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Alex Rübel Zoo Zürich Zoo Zürich Der Zoo Zürich wurde 1929 als Genossenschaft gegründet und 1999 in die Zoo Zürich AG umgewandelt. Er thront auf dem Zürichberg über den Dächern der Stadt und bietet auf 27 Hektaren Platz für mehr als 400 Tierarten. 2014 besuchten 1,422 Millionen Menschen den Zoo Zürich, der 200 Mitarbeiter sowie 280 Freiwillige beschäftigt.

CO2-neutral und engagiert Der Zoo wird zum Grossteil mit Holz-Wärme aus dem nahen Wald geheizt. Doch zu Spitzenzeiten muss man auf Öl ausweichen. Alex Rübel betont: «Aber auch da gibt es technische Systeme, die den Verbrauch optimieren. Wir hatten als Zoo das Ziel, CO2-neutral zu werden, und das sind wir heute auch. Wir sehen uns als Institution im Naturschutz-Bereich, deshalb müssen wir auch im Umgang mit den Ressourcen ein Vorbild sein.» Dazu gehört für Alex Rübel auch, dass man die Zoobesucher für den Umweltschutz sensibilisiert. Etwa mit der Ausstellung «EWZ Energie und Tier», die in Zusammenarbeit mit dem Elektrizitätswerk der Stadt Zürich realisiert wurde und den effizienten Energiehaushalt der Tiere zum Thema hat. «Wir sind auch eine edukative Institution. Und wir wollen mit unseren Sponsoren sinnvolle Aktivitäten auf die Beine stellen.» Ein gutes Beispiel für eine sinnvolle Kooperation ist etwa die Zusammenarbeit mit den Verkehrsbetrieben: «Wir arbeiten daran, den Anteil jener Besucher zu steigern, die mit den öffentlichen Verkehrsmitteln anreisen.» 2014 konnte der Anteil an öV-Kunden deutlich gesteigert werden. Darunter reisten allein 62’700 SBB-Kunden mit einem Railaway-Ticket an. Eine Prise Avantgardismus Die Neuausrichtung des Zoos als Naturschutzzentrum war ein Kraftakt, wie Alex Rübel unumwunden zugibt: «Wir haben nicht nur die Methoden geändert, sondern auch die Ziele. Das ist ein grosser Wandel, der sich in den Gehegen genauso widerspiegelt wie beim Personal. Es ist eine Herausforderung, die viel Energie erfordert. Ich habe da einen Vorteil, weil ich diese Position schon länger besetze. Wir sind ein langfristig ausgelegter Betrieb, deshalb können wir auch eine Kulturveränderung zustande bringen.»

Die Tiere machen es vor Wie ein effizienter Energiehaushalt funktioniert, kann der Mensch auch von den Tieren lernen. Alex Rübel kommt ins Schwärmen: «Das Faultier ist sehr effizient. Nicht nur, weil es sich sehr wenig und langsam bewegt und auch langsam frisst, sondern weil auch die Verdauung sehr viel langsamer läuft als bei uns. Beim Menschen dauert der Verdauungsprozess einen Tag, beim Faultier einen ganzen Monat. Das ist sehr effizient, und deshalb setzt sich dieses Konzept auch durch: Das Faultier stellt unter allen Säugetieren in Südamerika die grösste Biomasse dar. Das heisst, wenn man die Masse aller Faultiere zusammenzählt, ergibt das mehr Masse als etwa jene aller Jaguare und Tapire Südamerikas. Aber es gibt auch sehr effiziente Vögel, wie die Kolibris, die ihre Körperfunktionen in der Nacht um 90 Prozent herunterfahren.» Und was kann der Mensch in diesem Bereich von den Tieren lernen? «In Tierfilmen sieht man oft eine Antilope neben einem Raubtier stehen und nicht gleich flüchten. Das funktioniert nur, wenn die Antilope weiss, dass der Angreifer gerade keinen Hunger hat. Das ist auch energieeffizient. Angst ist also immer der falsche Ratgeber. Man muss ruhig bleiben und beobachten. Dazu muss man herausfinden, was überhaupt eine Gefahr darstellt.» zoo.ch

Und diese wird nicht immer von Applaus begleitet. «Wir haben heute viele 24-Stunden-Gehege, die grosszügige Landschaftsanlagen sind. Das ist für die Tiere natürlich ein Vorteil, sie haben heute doppelt so viel Platz. Etwas mehr Energie war nötig, um auch die Zoobesucher davon zu überzeugen. Am Anfang hiess es: Wir sehen die Tiere nicht mehr. Man muss heute schon mehr suchen und genau hinschauen.» Auch bei der Realisierung der viel gerühmten Masoala-Halle musste Überzeugungsarbeit geleistet werden: «Anfangs gab es teilweise harte Kritik. Zu Beginn sagten viele: Ist es denn nötig, dass sie so gross wird? Aber das ist es, sonst gibt es kein Gleichgewicht im Regenwald. Einige bezeichneten das Projekt als grössenwahnsinnig. Aber als Zoo muss man immer etwas avantgardistisch sein. Man braucht eine Vision.» ceo 29


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Nina Vetterli-Treml Auto-Journalistin

Fast and Furious Nina Vetterli-Treml liebt schnelle Sportwagen und macht laute Musik. «Für mich steckt die gleiche Energie dahinter», sagt die Auto-Journalistin, die über die Trends und Herausforderungen des Automobilmarkts und die Energiequelle Musik spricht.

Text: Vanessa Georgoulas Bilder: Markus Bertschi

Frau Vetterli-Treml, Sie fahren privat einen alten Porsche. Könnten Sie sich vorstellen, diesen gegen ein energieeffizientes Auto einzutauschen? Nein, hätte ich das Geld, würde ich mir aber gerne einen Zweitwagen leisten. Das könnte dann ein Elektroauto sein. Es gibt ganz coole Modelle. Welchen Stellenwert hat das Thema «Energie» auf dem Automarkt? Das ist neben dem autonomen Fahren und der digitalen Vernetzung das Top-Thema. Es geht wegen der CO2-Strafen auch um viel Geld. Aktuell ist der Marktanteil von Elektro­ autos aber noch sehr gering ... Derzeit ist ein Elektroauto noch nicht

konkurrenzfähig. Die Preise sind hoch. Die geringe Reichweite ist ein riesiger Nachteil, obwohl statistisch belegt ist, dass die Leute pro Tag sowieso nicht weiter als 50 Kilometer fahren. Aber das Auto symbolisiert Freiheit. Darüber hinaus gibt es noch nicht genug öffentliche Ladestationen. Welche Trends werden den Markt in Zukunft prägen? Aktuell ist es das Downsizing, also kleinere Hubräume, weniger Zylinder und Turboauf-

«Derzeit ist ein Elektroauto noch nicht konkurrenzfähig.»

ladung. Die Verbrennungsmotoren werden noch lange nicht ausgedient haben. Wie sieht in Ihren Augen die Energiequelle der Zukunft aus? Welche Technologie sich wann durchsetzen wird, ist momentan schwer abzuschätzen. Mittelfristig werden die Downsizing-Motoren den grössten Teil ausmachen. Die Elektrifizierung in Form von Hybridfahrzeugen wird aber laufend fortschreiten. Eine gute Alternative könnten Erdgasantriebe sein, doch da sehe ich ein Image-Problem, es fehlt der Sexappeal. Spannend finde ich die neue Brennstoffzellen-Technologie. Mal sehen, was sich auf diesem Gebiet noch tut. Wann werden wir in vollautomatischen Autos sitzen? Tesla hatte schon für dieses Jahr ein Auto angekündigt, das zu 90 Prozent autonom fahren kann. Die Technik ist im Prinzip ceo 31


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Nina Vetterli-Treml Auto-Journalistin

schon so weit. Wie lange die gesetzlichen Anpassungen dauern, kann ich aber nicht abschätzen.

«Ich denke, ich bin wie eine Autobatterie, der Motor muss laufen.» Als Autojournalistin und Musikerin sind Sie viel auf Achse. Wie behalten Sie Ihren Energiehaushalt im Griff? Ich brauche meine sieben Stunden Schlaf und esse relativ gesund. Und ich gehe oft Laufen, denn ich wohne direkt am Wald­ rand. Ihre Bühnenpräsenz ist bemerkenswert – ist die Musik für Sie energieraubend oder eine Energiequelle? Musik ist etwas sehr Emotionales und auf jeden Fall eine Energiequelle. Ganz selten kann ein Auftritt energieraubend sein, wenn etwa das Publikum keine Lust hat. In der Regel ist das Gegenteil der Fall. Die Energie wird durch das Publikum potenziert.

Nina Vetterli-Treml Für Nina Vetterli-Treml (*1978) ist das Autofahren Beruf und Leidenschaft zugleich. Die frühere Werbetexterin reist heute als Auto-Journalistin um die Welt, um die neuesten Fahrzeuge zu testen. Jeden Sonntag gibt sie in der TV-Sendung «Tacho» Gas. Und gemeinsam mit ihrem Vater hat sie ein Buch über die Schweizer Rennsportszene verfasst. Privat gehört ihr Herz nur einem Fahrzeug: ihrem Porsche 911 mit Baujahr 1980. Das Porsche-Fahren bezeichnet die in Südkorea geborene und in Singapur aufgewachsene Schweizerin als Grundbedürfnis, genauso wie ihre zweite Leiden­ schaft, die Musik. Auf der Bühne lädt die Songwriterin als Front­ sängerin und Gitarristin der Heavy-Metal-Band «69 Cham­ bers» ihre Batterien wieder auf. facebook.com/nina.vetterlitreml

Was ist in Ihren Augen Energieverschwendung? Mir zu überlegen, was andere Leute über mich denken könnten. Wie laden Sie im Alltag Ihre Batterien auf? Ich mache nichts Spezielles. Ich denke, ich bin wie eine Autobatterie, der Motor muss laufen.

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Pragmatisch macht erfolgreich CEO Suzanne Thoma über die Neuausrichtung der BKW-Gruppe als Energie- und Infrastrukturdienstleisterin und über den Beitrag der Bevölkerung zur Energiewende.

Text: Madeleine Stäubli-Roduner Bilder: Markus Bertschi

Frau Thoma, die Energiebranche ist komplex. Wie halten Sie sich hinsichtlich Energie-Know-how fit? Ich versuche, herauszudestillieren, worum es im Kern geht, und fokussiere in den Sachfragen auf das Wesentliche. Dadurch kann ich die Komplexität besser handhaben. Denn bis in die Details zu gehen, ist fast nicht möglich. Warum ist es Ihnen ein Anliegen, dass auch die Bevölkerung einen Zugang zum Thema findet? Die Bevölkerung – das sind unsere Kunden. Sie treffen Entscheide; zum Beispiel bei der energetischen Sanierung eines Einfamilienhauses. Sie werden von Infrastrukturprojekten wie etwa den Wasserkraftwerken oder den Netzprojekten tangiert. Diese sind nur realisierbar, wenn die Bevölkerung dafür Verständnis hat. Die BKW-Gruppe nennt als Führungsgrundsatz: «Das Ergebnis zählt.» Was bedeutet das unternehmerisch? Die BKW befindet sich mitten in einem fundamentalen Transformationsprozess. Seit Gründung war sie ein privates Unternehmen, hatte aber bis zu einem gewissen Grad

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das Selbstverständnis eines öffentlich-rechtlichen Unternehmens. Nun stehen wir in einem stark liberalisierten Markt und wollen mit komplett liberalisierten Dienstleistungen wachsen. Diese Transformation verändert uns tief greifend. Heute sagen wir: Am Schluss muss das Resultat stimmen, für unsere Kunden und für uns. Als Unternehmen müssen wir uns weiterentwickeln, investieren und wachsen. Auf grosse Veränderungen zielt auch die Energiepolitik. Tieferer Energieverbrauch, weniger fossile Energien, grös­sere Energieeffizienz. Steht die Energiewende bevor? Der matchentscheidende Faktor wird sein, ob es eine Bewusstseinsveränderung geben wird, das heisst, ob der haushälterische Umgang mit Energie auch dann noch gewünscht ist, wenn er zu Einschränkungen der Bequemlichkeit führen wird. Diese Bereitschaft und Offenheit hat die Bevölkerung bisher nicht unter Beweis gestellt. Wenn an einem Standort etwa ein Windpark geplant ist, kommt rasch grosser Widerstand aus der Bevölkerung. Da herrscht die «Not-in-my-backyard»-Mentalität.


Suzanne Thoma BKW

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Jeder Weg hat also seinen Preis. Ja. Aber die Diskussion ist heute noch zu stark ideologiegetrieben und zu sehr von Partikularinteressen bestimmt. Beides gefährdet die Energiewende. Aber sehen Sie, selbst wenn die Energiewende jetzt abgeblasen würde: Es würde sich nicht viel ändern. Sie werden keine Investoren für neue Kernkraftwerke finden. Die Kapazitäten von Wind und Fotovoltaik sind in Deutschland am Netz und dominieren den Strompreis. Was passieren würde, ist, dass die Schweiz immer stärker vom Ausland versorgt würde. Ein weiteres Problem: Die EU droht die Schweiz vom europäischen Strommarkt abzukoppeln. Kann Energie zum entscheidenden Thema im Verhältnis der Schweiz zur EU werden? Nein, das glaube ich nicht. Die EU hat zwar ein Zeichen gesetzt. Aber ich kann mir nicht vorstellen, dass sie uns gegenüber Massnahmen ergreifen wird, die ihr selber schaden werden. Staatspolitisch gesehen ist der Strommarkt doch eher ein Nebengeschäft. Ihre Handelsgeschäfte führen die BKW in zahlreiche Staaten. Ist Energie völkerverbindend? Energie ist so lange völkerverbindend, wie es genug davon gibt. Auf dem europäischen Strommarkt hilft man sich gerne aus. Trotzdem überlegt sich jedes Land eine nationale Strategie für den heute unwahrscheinlichen Fall, dass die Versorgung nicht mehr sichergestellt werden kann. Ist es realistisch, dass die Schweiz anstrebt, punkto Energieproduktion möglichst unabhängig zu werden, indem sie etwa mehr Wasserkraft produziert? Wir empfehlen hier einen Mittelweg. Wir sollten so viel Strom produzieren, dass wir auch in einem Notfallszenario den «Grundbedarf» abdecken können. Aber wir müssen nicht jede Spitze selber abdecken können, das ist viel zu teuer. Für unsere Grundversorgung sind wir mit der Wasserkraft gut positioniert; die Kernkraft wird zumindest teilweise ersetzt werden müssen.

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Sie setzen auf erneuerbare Energien. Ist der Wechsel zu nicht-fossiler Energieproduktion technisch und finanziell realistisch? Als reiches Land tragen wir Verantwortung im Bereich der CO2-Emissionen. Technisch ist der Wechsel machbar, finanziell hat er seinen Preis. Das Hauptproblem der Debatte sehe ich darin, dass Akteure von links wie rechts mit der Stromversorgung extrem viel in Verbindung bringen. Aber, wie vorhin erwähnt: Was ist die Alternative? Wie können angesichts dieser Probleme die anvisierten Ziele der bundesrätlichen Energiestrategie 2050 umgesetzt werden? Die Energiestrategie umfasst einen Zeitraum von 50 Jahren. Ich plädiere daher für einen pragmatischen Weg der kleinen Schritte und für eine Entideologisierung. Was ist möglich, welches sind die Kosten? Inwiefern kann und will die Bevölkerung dazu beitragen und neue Projekte unterstützen? Wenn sich technologisch etwas fundamental Neues abzeichnet, dürfen wir uns nicht verschliessen. Das gilt meines Erachtens auch für die Kernenergie. Wie will sich die BKW-Gruppe positionieren? Wir wollen die BKW breiter abstützen. Der Markt hat sich stark verändert. Unser Hauptprodukt Strom ist heute nur noch halb so viel wert wie vor fünf Jahren. Daher stehen im Zentrum unserer Strategie die regulierte Stromproduktion, das intelligente Verteilnetz und Dienstleistungen rund um die Energieinfrastruktur. Da haben wir ein immenses Wissen, und wir können einen wichtigen Beitrag leisten. Wie stark ist die BKW zudem abhängig vom Grad der Liberalisierung im Energiebereich? Wir sind weniger abhängig vom Grad als von der Ausgestaltung der Liberalisierung. Ist die Liberalisierung echt, oder gibt es regulatorische Bestimmungen, die uns als Grundversorger mit eigenem Netz das Leben schwer machen?


Suzanne Thoma BKW

Welche Rolle spielt der Ausstieg aus der nuklearen Energie für Ihr Unternehmen? Mühleberg wird Ende 2019 vom Netz gehen. Da es heute eine Stromschwemme gibt, ist dies für die Versorgung kein Problem. In zehn bis fünfzehn Jahren werden jedoch die deutschen Kernkraftwerke vom Netz gegangen sein. Das Gleiche gilt für viele Kohlekraftwerke. Dann wird man sich in der Schweiz viel konkreter als heute die Frage stellen müssen, wie der Anteil der Schweizer Kernreaktoren ersetzt werden muss. Ein Beitrag dazu werden Energieeffizienz und verbesserte Infrastrukturen sein. Dies sind interessante Geschäftsfelder für die BKW.

Wie sparen Sie selber Energie? Ich gehe zu Fuss oder mit dem Tram zur Arbeit. Ich esse kein Fleisch, das ist mein grösster Beitrag zur Ressourcen­ effizienz. Andererseits konsumiere ich Energie, da ich oft geschäftlich reise. Allerdings: Ideologien interessieren mich in diesem Zusammenhang nicht, sie sind Dinosaurier in unserer globalisierten Welt. Wir brauchen ein Grundgerüst an Werten, die uns sehr wichtig sind. Dazu könnte gehören, dass wir die Erde unseren Kindeskindern so überlassen wollen, wie wir sie selber gerne vorfinden würden.

Die BKW will aus der Kernenergie aussteigen und zeigt Unternehmen, wie sie Energie sparen können. Beides waren einst «linke» Anliegen. Wird es die Grabenkämpfe zwischen rechts und links in einer künftigen Energiepolitik nicht mehr geben? Die ideologischen Grabenkämpfe müssen beidseits überwunden werden. Ohne ein Miteinander wird man sich gegenseitig blockieren, und die Schweiz wird 40 Prozent ihres Stromes aus dem Ausland beziehen – sofern in zehn bis zwanzig Jahren das Ausland liefern kann und will.

Und was gibt Ihnen an ausgebuchten Tagen Energie? Ich erlebe meine Arbeitstage selten als erschöpfend; die unternehmerische Herausforderung bereitet mir Freude. Privat pflege ich Familie und Freundschaften. Und ich nehme mir Zeit für mich selber, das gibt mir am Ende des Tages am meisten Energie. Dass ich abschalte vom Handy, von den Medien, vom Internet, um bewusst in die Ruhe zu gehen.

Wo werden wir im Jahr 2020 stehen in Bezug auf unsere Energieversorgung? Bis 2020 werden wir einen Weg gefunden haben, wie man erneuerbare Energien wirtschaftlicher für die Versorgung nutzen kann als heute. Lokale, dezentrale Batterien werden kosteneffizient sein. Das wird der erneuerbaren Energie wie der Fotovoltaik einen höheren Stellenwert geben.

Suzanne Thoma Suzanne Thoma (*1962) arbeitete nach ihrem ETH-Chemiestudium während zwölf Jahren bei Ciba Spezialitäten Chemie AG. Sie wirkte als CEO von Rolic Technologies und leitete darauf das Automobilzuliefergeschäft der Wicor in Rapperswil. Im Jahr 2010 stiess sie als Leiterin des Geschäftsbereichs Netze zur BKW. Seit Januar 2013 ist Thoma CEO der BKW-Gruppe und Leiterin des Geschäftsbereichs Konzernsteuerung. Die 53-jährige Mutter von zwei erwachsenen Töchtern wohnt in Bern. bkw.ch

BKW AG Das international tätige Energie- und Infrastrukturunternehmen mit Sitz in Bern beschäftigt rund 3500 Mitarbeiter und versorgt etwa eine Million Menschen mit Strom. Die BKW betreibt das klassische Energiegeschäft, zu dem Produktion, Handel, Transport und Verkauf gehören. Sie führt das grösste Verteilnetz der Schweiz und bietet Dienstleistungen etwa im Bereich Infrastruktur an. ceo 37


Tue Gutes und kompensiere Klimaschutz ganz konkret: Durch Energieverbrauch bei uns verursachte Emissionen lassen sich mit sinnvollen Projekten anderorts ausgleichen. Die Stiftung myclimate hat diese Form der CO2-Kompensation etabliert. Geschäftsführer René Estermann hat in die Umsetzung der Idee viel Energie gesteckt.

Text: Redaktion «ceo Magazin» Bilder: Marc Wetli, myclimate

Auf fünf bis zehn Tonnen schätzt der Agrar­ ökonom René Estermann seinen eigenen Jahresausstoss an Kohlendioxid vor allem durch berufsbedingte Reisen. Zehnmal so gross, 100 Tonnen pro Jahr, ist der geschätzte Ausstoss des myclimate-Teams in Zürich, das unter seiner Führung an Kompensationsprojekten sowie in Beratung und Bildung arbeitet. 6000 Mal so viel CO2 reduziert myclimate aktuell jährlich in seinen Klimaschutzprojekten auf der ganzen Welt. Das geruch- und farblose Gas, eine chemische Verbindung aus Kohlenstoff und Sauerstoff, bekannt unter der Formel CO2, gilt als einer der Hauptverursacher für Treibhauseffekt und Klimawandel.

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Die gemeinnützige Stiftung, mit vollem Namen «myclimate – The Climate Protection Partnership», entstand vor 13 Jahren als Spinn off der ETH Zürich. Ziel ist, die Zukunft mit konkreten Lösungsansätzen in Form von Bildungsprogrammen, Beratungs-/ Dienstleistungen und der CO2-Kompensation in hochwertigen Klimaschutz­projekten weltweit zu gestalten. Dem Klimaschutz dient die Idee auf den drei Ebenen Vermeidung, Reduktion und Kompensation. «Wir erfassen und berechnen den CO2-Ausstoss, geben ihm einen Wert, aktivieren Firmen und Private für interne Reduktionsmassnahmen und kompensieren den Rest ihrer Emissionen in andernorts gelegenen Klimaschutzprojekten», erklärt Estermann das Grundprinzip, das zu einem Grossteil auf Freiwilligkeit beruht. Gegenwärtig betreut die Stiftung Tausende Kunden und mehr als 70 Klimaprojekte in 30 Ländern weltweit.

Klimaneutrale Schweiz In den Startjahren waren die Klimatickets für Flugreisen die bekannteste Anwendung. Heute plädiert Estermann für die komplett ‹klimaneutrale Schweiz›. «Die Kompensation, das heisst eine Internalisierung der Kosten bei allen Klimagasverursachern, können wir uns in der Schweiz bestens leisten. Ja, es lohnt sich sogar», so der myclimateGeschäftsführer. Wenige Rappen pro Kilometer motorisierten Verkehr, wenige Franken pro Quadratmeter Gebäudefläche, Bruchteile von Rappen pro Kilowattstunde fossile Energie ermöglichen, das interna­ tionale 2-Grad-Ziel zu erreichen – gemäss dem die globale Erwärmung auf weniger als zwei Grad gegenüber dem Niveau vor Beginn der Industrialisierung begrenzt werden soll – und eröffnen interessante neue Märkte für Zukunftstechnologien und die Schweizer Wirtschaft im Allgemeinen.


RenĂŠ Estermann myclimate

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«Mit unseren Projekten streben wir mehrdimensionale Nachhaltigkeitswirkungen an.»

Dass sich Umweltschäden mit einem konsequent angewandten Verursacherprinzip reparieren liessen, zeige sich etwa an der Wasserqualität unserer Seen und Flüsse, in denen man heute wieder schwimmen könne, sagt der in der Stadt Olten aufgewachsene Estermann: «In meiner Jugend war die Aare so verschmutzt, dass niemand auf die Idee kam, darin zu baden.» Heute sei dies dank Abwassergebühren und Umweltmassnahmen überall in der Schweiz wieder möglich. Erfolge mit Biogas-Kochern Viele der initiierten Kompensationsprojekte verlaufen erfolgreich, das erfüllt ihn mit Freude. Am Beispiel von klimafreundlichen Kochgeräten für Indien erläutert der 48-Jährige die Umsetzung des Konzepts: myclimate fördert den Bau von kleinen Biogasanlagen in Südindien (nähe Bangalore). Diese produzieren aus dem Dung von Kühen Gas, mit dem sich deutlich effizienter kochen lässt als an der traditionellen Feuerstelle. Die Konsequenz: Die Frauen der Familien müssen nicht mehr täglich stundenlang Holz suchen und dafür die Wälder abholzen und haben Zeit für andere Arbeiten, und ihre Kinder leiden nicht länger unter dem beissenden Qualm in den Küchen, der bei Millionen von Menschen Atemwegserkrankungen auslöste. «Solche mehrdimensionalen Nachhaltigkeitswirkungen streben wir mit den Projekten an: Gesundheit, Einkommen, Bildung und Klimaschutz», sagt Estermann.

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Gute Ideen multiplizieren Einige der Vorhaben wie Biogas-Kocher in Indien sind allerdings so erfolgreich – weil ihre Idee gut funktioniert und sich einfach multiplizieren lässt –, dass er die Verantwortlichen in den Ländern bremsen muss. «Wir haben leider zurzeit noch zu wenig Mittel, um alle sinnvollen Kompen­ sationsprojekte zu fördern», klagt der Geschäftsführer, der die Geschicke der Stiftung seit neun Jahren lenkt. Zuletzt kompensierte myclimate rund eine Million Tonnen CO2 pro Jahr, freiwillig abgegolten wurden rund 700’000 Tonnen. Estermanns wichtigste Antriebe sind diese hochwirksamen Klimaschutzprojekte, die intensive Partnerschaft mit Firmen und Institutionen aus diversen Branchen und ins­besondere das hoch motivierte Team der Organisation, die heute über drei eigene Ableger in Deutschland, Japan und der Türkei verfügt sowie in zehn weiteren Ländern direkt aktiv ist. Das Potenzial ist riesig, so Estermann. «Noch bewegen wir uns mit unsern Bildungs-, Beratungsund Kompensationsaktivitäten erst im Promille-Bereich des Möglichen», weiss er. Der Mann hat genügend Energie. Wenn er könnte, würde er wohl Milliarden Tonnen von CO2 kompensieren.


René Estermann myclimate

Gegenwärtig betreut myclimate Tausende Kunden und mehr als 70 Klimaprojekte in 30 Ländern weltweit.

René Estermann Seit neun Jahren leitet der Agrarökonom (*1966) die gemeinnützige Stiftung myclimate. Die 2002 gegrün­ dete Klimaschutz-Organisation gehört zu den weltweit führen­ den Anbietern in der freiwilligen CO2-Kompensation. Die Geschäftsstelle mit ihrem 55-köpfigen Team befindet sich in Zürich. Estermann war vor seinem Engagement bei myclimate ab 1990 mit eigenem Ingenieur- und Planungsbüro massgeblich am Aufbau der Grüngutverwertung in der Schweiz beteiligt. myclimate.org

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Ins rechte Licht gerückt «Lichtkunst» hebt Imagekampagnen auf eine ganz neue Energieebene. Der Lichtkünstler Gerry Hofstetter ist der kreative Kopf, der dabei den Schalter betätigt.

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Gerry Hofstetter Lichtkünstler

Text: Eric Johnson Bilder: Marc Wetli, Frank Schwarzbach, Jonas Baumann, Mike Kessler

Die Schaltzentrale liegt in einem unscheinbaren Büro im Erdgeschoss eines ebenso unscheinbaren Wohnhauses etwas ausserhalb von Zürich. In einem mit Erinnerungsstücken und Fotos vollgestopften Büro tüftelt er an neuen Ideen: Ein Energiebündel namens Gerry Hofstetter. Der Anfangfünfziger, der es vom «Puurebueb» zum erfolgreichen Banker und Marketingspezialisten gebracht hat (siehe Box), hat sich in den vergangenen zehn Jahren eine weltweite Reputation als Lichtkünstler erarbeitet. Hofstetters Metier ist schnell erklärt: Er projiziert Bilder und Farben auf Wahrzeichen. Das können Bauten sein, etwa das Bundeshaus in Bern. Oder Naturschauplätze, zum Beispiel die Flanken eines riesigen Eisbergs, der im Nördlichen Eismeer treibt. Zwei Dinge haben alle seine Projekte gemeinsam: Die Projektionen erreichen enorme Dimensionen. Und jeder soll sie verstehen können. Tourismus und Gastronomie, Musik und Kunst – bis hin zu kirchlichen Botschaften: Fast jedes Thema kann über Licht transportiert und einem breiten Publikum in ungewohnter Form präsentiert werden. Ein Bild, erinnert uns Hofstetter, sagt mehr als 1000 Worte. Und seine Bilder erreichen Millionen staunender Augen. Weil sie im öffentlichen Raum stattfinden, begeistern Hofstetters Projekte ein riesiges Publikum. Für die Kampagne einer führenden Schweizer Fluggesellschaft, die dabei als Kulturpartner auftrat, beleuchtete Hofstetter 2014 und 2015 Wahrzeichen in London, Hamburg, Wien, Barcelona, Paris und Mailand jeweils für eine Stunde an einem Abend. Die Medienresonanz auf die Motive in Hamburg vom Dezember 2014, die ein Hotel am Hafen in Szene setzte, war überwältigend: In nur vier Tagen wurde millionenfach über das Ereignis berichtet. Die Kraft des Lichts Solche Events entwickeln eine brodelnde Dynamik – durch das Licht und im Auge des Betrachters. «Licht ist die einzige sichtbare Form von Energie», sagt Hofstetter. Licht sei ein wesentliches Element jeder Existenz. Laser zum Beispiel kämen bei allen möglichen Anwendungen zum Einsatz, von der Augenchirurgie über die Messung von Dimensionen etwa im Bau bis hin zu Bewegungsdetektoren, die als Steuerungs- und Sicherheitssysteme in Wohnhäusern, Unternehmen und Museen verwendet werden. Die Energie des Lichts, so ergänzt er, könne auch Hoffnung bedeuten. Man denke nur an Sonnenstrahlen oder Kerzen in einer dunklen Kirche – beides eine Art Kunstwerk. Lichtenergie zu projizieren, erfordert ein hohes Mass an persönlicher Energie. Im Verlauf eines lebhaften Gesprächs wird Hofstetters Energie mehr als offensichtlich. In seinen Projekten nimmt sie verschiedene Formen an: Einmal beleuchtete er eine Rakete der Europäischen Weltraumorganisation ESA – als ersten Test, um später die Dampfwolke bei einem Start zum Strahlen zu bringen. Aus Sicherheitsgründen muss er dabei den Dieselgenerator für die Lichterzeugung in einem riesigen Graben versenken. Seine Projektoren werden derweil in einem explosionsgeschützten Bunker untergebracht. Ein anderes Mal wollte Hofstetter einen Berg aus einem ceo 43


Hofstetters Projektionen wirken wie Events, die man nicht verpassen sollte.

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«Licht ist die einzige sichtbare Form von Energie.» Vom Banker zum Lichtkünstler: Hunderte von Fotos und Erinnerungsstücken zeugen von Hofstetters abwechslungsreichem Werdegang.

Helikopter heraus bleuchten. Dafür choreografierte der ausgebildete Helikopterpilot den gesamten Überflug. Dazu gehörte auch sein eigener Einsatz als Projektionstechniker – in der geöffneten Helikoptertür bei Minustemperaturen in mehreren Tausend Metern Höhe. Das ist kein Job für jedermann. Seine einzigartigen Qualifikationen hat Hofstetter seinem Background als Künstler, Investmentbanker, Geschäftsmann, Spitzenathlet und Abenteurer zu verdanken. In diesen Rollen hat er Eigenschaften erworben, die er für den Erfolg seiner Projekte braucht. «Ich kann alle diese verschiedenen Fähigkeiten unter einen Hut bringen – den eines Lichtkünstlers», so Hofstetter. Dem Umweltschutz verpflichtet Eines der wichtigsten, wiederkehrenden Themen in Hofstetters Arbeit ist der Umweltschutz. Seine Polar- und Antarktis-Expeditionen unternahm er gar explizit unter dem Motto Klimawandel. Um auf die globale Erderwärmung aufmerksam zu machen, projizierte Hofstetter einprägsame Bilder: Sie zeigen, wie der Klimawandel die Polareiskappen schmelzen lässt und wie sich dies wiederum auf die fragilen Ökosysteme am Nord- und am Südpol auswirkt. Im Vergleich zu anderen Kunstformen hinterlassen Hofstetters Werke einen relativ kleinen Fussabdruck. Er betont, dass Licht, im Gegensatz zu anderen Medien, keine Spuren hinterlasse. Zugegeben, er benötigt Projektionsgeräte, um seine Lichtkunst zu betreiben – und die müssen transportiert werden. Die Auswirkungen auf die Umwelt sind jedoch vergleichsweise gering. Das gilt insbesondere in Relation zu dem immensen Einfluss, den seine Projekte auf das Denken der Zuschauer haben. Ganz zu schweigen von den Fotos, die den Betrachter noch lange an die Projektionen erinnern werden. Hofstetter ist bestrebt, seine Events so natur- und umweltschonend wie möglich zu gestalten. In einer Kampagne für den Schweizer Alpen-Club (SAC) im Jahr 2013 verzichteten Hofstetter und sein Team auf den Einsatz von Helikoptern und anderen technischen Transportmitteln, obwohl ihre Projektionen hoch oben in den Bergen realisiert wurden. Sie nutzten weitgehend öffentliche Verkehrsmittel, Pferde und Lastesel oder transportierten das Projektionsmaterial zu Fuss, auf Skiern und mit Schlitten. Hofstetter trug dabei selbst schweres Material von 38 bis 55 Kilogramm auf seinem Rücken den Berg hoch. Wandern wird Kult Die gleiche Kampagne zeigt die subtile Kraft von Hofstetters Lichtkunst. Bislang waren SAC-Mitglieder in den Köpfen der Öffentlichkeit Wanderer mit kurzen Hosen und langen roten Socken, die in veralteten Bergunterkünften übernachten, die gemeinhin als «Hütten» bekannt sind. Total passé also, nicht wahr?

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Falsch. Jedenfalls, nachdem man Hofstetters Lichtinszenierungen gesehen hat. Er beleuchtete 26 SAC-Hütten, für jeden Kanton eine, in seiner Handschrift – mit einer abendlichen Lichtshow, die aus den Hütten trendige Locations machte. Ein Schweizer Lifestyle-Magazin kürte die Kampagne denn auch prompt zum landesweit drittwichtigsten Event des Jahres. Andere Medien berichteten ebenfalls reihenweise über die Lichtinszenierung. Die Fotos des Spektakels verbreiteten sich rasant und wurden in der Schweiz innerhalb von zwei Jahren 82 Millionen Mal verwendet. Also die ultimative Image-Kampagne. Sie projiziert Bilder, aber sie hat nicht den Beigeschmack einer Werbekampagne. Hofstetters Projektionen wirken wie Events, die man nicht verpassen sollte. In der heutigen Welt der unablässigen «gesponserten» Botschaften ist Lichtkunst eine einmalige Gelegenheit für übersättigte Konsumenten, sich einfach mal zurückzulehnen und die Show zu geniessen. Oder, anders gesagt, sich wortwörtlich erleuchten zu lassen und über das Leben zu sinnieren – und das erst noch draussen, in der freien Natur.


Gerry Hofstetter Lichtkünstler

Voller Körpereinsatz für die SAC-Kampagne: Gerry Hofstetter beim Aufstieg zur Albigna-Hütte im Bergell.

Gerry Hofstetter Gerry Hofstetter (*1962) wuchs auf dem Lande auf. Sein erstes richtiges Einkommen verdiente er als Teenager mit bildlichen Darstellungen. Eines Tages erkannte er, dass die lokalen Hobby-Reiter gerne Porträts ihrer Pferde hätten. Nicht einfach Fotos, sondern richtige Gemälde, die sie bei ihm in Auftrag gaben. Also fing er an, Pferdeporträts in Öl auf Leinwand zu malen. Das war der Grundstein für eine erfolgreiche, wenn auch aussergewöhnliche Karriere. Der nächste Schritt in seiner Laufbahn: Banker. Von Mitte der 1980er- bis Mitte der 1990er-Jahre arbeitete Hofstetter in London, Frankfurt und Hongkong und leitete das Investmentbanking eines Schweizer Finanzinstituts. Er lernte, worauf es bei Transaktionen ankommt, kannte sich bald bestens aus im Bereich der Bilanzen und Erfolgsrechnungen sowie in den Feinheiten der Projektfinanzierung. Die Kenntnisse, die er sich in dieser Zeit aneignete, sind für Hofstetters heutige Arbeit matchentscheidend.

Im Rahmen der Tour «Hütten im Alpenglühn – 150 Jahre SAC» wurde die Monte-Rosa-Hütte in Zermatt in ein strahlendes Licht gesetzt.

Unterdessen hatte er es im Schweizer Militär weit gebracht: Er stieg zum Hauptmann bei den Gebirgsgrenadieren auf. Bei dieser Spezial­truppe wurde er Sprengspezialist und Scharfschütze, sodann Ausbilder im Bereich «Combat, Search and Rescue» im Gebirge und Leiter der Guerilla­ausbildung. Auch bildete er ausländische Eliteeinheiten darin aus. Hof­stetter agierte zudem als Co-Organisator von Militär­ sportwettkämpfen wie dem Swiss Raid Commando. Die Militär­erfahrung rundet seinen Lebenslauf ab: Hofstetter ist heute gleichzeitig kreativer Künstler, knallharter Unternehmer und Leiter von kleinen, flexiblen Teams, die in unwirtlichen Gebieten irgendwo auf der Welt echte Herausforderungen unter Schweizer Flagge meistern. Mit diesem beruflichen Hintergrund war die Entscheidung Hofstetters, im Jahre 1995 eine eigene «Marketing-, Event- und Designagentur» in Zumikon zu gründen, eher überraschend. Hofstetter realisiert in der Zwischenzeit eigene Veranstal­ tungen wie die Weihnachtswelt mit Eisbahn «Live on Ice», hält Referate und produziert Kino- und Werbefilme. Seine Art, mit Lichtkunst zu kommunizieren, ist weltweit gefragt, wes­halb er nun eine eigene Niederlassung in Los Angeles aufbaut. hofstetter-marketing.com ceo 47


Panta rhei Flowmanager Cla Mosca weiss, wo Energien im Alltag verpuffen und wie man seine Batterien am effizientesten wieder auflädt. Letztlich braucht es dazu erstaunlich wenig.

Text: Tina Fassbind Bilder: Marc Wetli

Herr Mosca, was macht eigentlich ein Flowmanager? Ich will Menschen, Teams oder Unternehmen Wege aufzeigen, wie sie ihre Energie und ihr Potenzial zum Fliessen bringen und im Fluss halten können. Ich habe einen Überbegriff für alle Wirkungsfelder gesucht, die ich mit meiner Arbeit verbinde. So ist dieser Ausdruck entstanden. Was zeichnet Sie als Flow­ manager aus? Ich war früher Spitzensportler und habe einen Weltmeistertitel geholt. Dann erlitt ich einen Bandscheibenvorfall. Ich kenne also das Gefühl, ganz oben und dann plötzlich ganz unten zu sein. Diese Erfahrung bringe ich in meine Arbeit ein. Mein Wissen ist somit sehr praxisnah, dadurch handle ich sehr authentisch und verfüge über effiziente Werkzeuge. Ich vermittle den Fokus, den es braucht, um Energien freizusetzen und ein Ziel zu erreichen. 48 ceo

Was machen Sie anders als andere Coaches in diesem Bereich? Ich kreiere ein Umfeld, in dem eine Weiterentwicklung möglich ist. Daher führe ich nur selten klassische Coachings in vier Wänden durch, sondern gehe mit den Leuten in die Natur. Im Freien fällt es leichter, neue Perspektiven und Aha-Erlebnisse zu gewinnen. Ich arbeite sehr intuitiv und kann gut auf Menschen eingehen. So entsteht rasch ein Vertrauensverhältnis, und ich kann leichter erkennen, wo die Energie meines Gegenübers ins Stocken geraten ist und mit welcher Methode sie wieder in Fluss kommen kann.

Viele haben keine Zeit für ein Coaching in der freien Natur. Wie kann man die Energie in der Hektik des Alltags im Fluss halten? Indem man die Prioritäten richtig setzt. Zuerst kommt man selbst, dann die Familie, dann die Freunde und erst am Schluss die Arbeit. Die meisten denken und planen aber genau in der umgekehrten Reihenfolge. Dabei ist es unerlässlich, persönliche Bedürfnisse zu erkennen und im Alltag Raum dafür zu schaffen. Pausen zu machen, kann dabei helfen, aber leider haben wir in der Schweiz keine Pausenkultur. Auch Muskeln wollen gebraucht werden. Deshalb sollte ein Unternehmen festlegen, dass die Mitarbeiter sich fit halten.

«Menschen scheitern an ihren Blockaden. An dem, was sie denken – nicht an fehlendem Können.»

Das Unternehmen soll regelmässige Bewegung vorschreiben? Im Stellenprofil gibt der Arbeitgeber vieles vor. Warum also nicht auch Bewegung? Natürlich müsste dies während der Arbeitszeit möglich sein. Ein Meeting lässt sich durchaus draussen beim Spazieren abhalten. Ihr Coaching richtet sich explizit auch an Führungskräfte. Wie kann ein CEO von Ihrem Know-how profitieren? Gute Leistungen kann man nur in einem entspannten Zustand erbringen. Das weiss ich aus meiner Erfahrung als Spitzensportler. Ich bin spezialisiert darauf, Blockaden zu lösen, denn Menschen scheitern an ihren Blockaden. An dem, was sie denken – nicht an fehlendem Können. Mentale und emotionale Belastungen stören das Energiesystem. Erst wenn solche Blockaden neutralisiert sind, kann die Energie wieder ungestört fliessen.


Cla Mosca Flowmanager

Cla Mosca Sieben Jahre lang hatte sich Cla Mosca (*1969) ganz dem Profisport verschrieben. 1993 errang er den Weltmeistertitel im Snowboard-Riesenslalom. Ein Jahr später bremste ihn ein Bandscheibenvorfall aus. Während seiner Therapie entschloss sich Mosca, die Heilmethoden seines Chiro­ praktikers zu erlernen und anderen damit zu helfen. 1996 zog er sich ganz aus dem Weltcup zurück und wandte sich der Komplementärmedizin zu. Seine Erfahrungen aus dem Spitzensport fliessen in seine Arbeit als Therapeut, Coach, Trainer und Berater ein. Der 46-Jährige lebt zusammen mit seiner Frau und vier Kindern in seinem Geburtsort Scuol.

Das bringt Energie in den Alltag: • genügend Schlaf – mindestens sieben bis neun Stunden • regelmässige Pausen – wenn möglich an der frischen Luft • gute Ernährung – Lebens- statt Genussmittel • fokussiert durch den Tag – ein Ziel bestimmen und sich darauf konzentrieren • positive Einstellung – negative Gedanken hinter­ fragen und nicht zu ernst nehmen

clamosca.ch

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Positiver Stress Ruedi Noser ist einer der wenigen Parlamentarier, der sowohl Unternehmer als auch Politiker ist. Die Energie für diese Doppelbelastung hat er aus seinen Aktivitäten gewonnen. Zudem sorgen 10’000 Schritte am Tag und eine disziplinierte Ernährung dafür, dass er körperlich in Form bleibt. Seit Anfang Jahr konzentriert er sich nun ganz auf den politischen Betrieb. Erneut hinten anstehen muss leider die Familie.

Text: Redaktion «ceo Magazin» Bilder: Marc Wetli

Nicht ohne Stolz präsentiert Ruedi Noser die Statistik seiner Fitness-App. «Ich gehe jeden Tag 10’000 Schritte, unabhängig davon, wo ich gerade bin», sagt der 54-jährige Unternehmer und Politiker. Über das Programm kontrolliert er seine Trainingsfortschritte. Gleichzeitig hilft es ihm, eine ausgewogene Ernährung einzuhalten. Mit dieser Strategie ist es ihm gelungen, zwölf Kilogramm abzunehmen, ohne Sport zu treiben. «Das Gewicht zu halten, braucht viel Disziplin, denn für Politiker gibt es von morgens bis abends alles gratis – vom Essen bis zum Wein», lacht er. Pragmatismus statt Ideologie Dass sich Ruedi Noser von einer Software unterstützen lässt, überrascht nicht. Der diplomierte Elektroingenieur und Betriebswirt hat sich bereits in den frühen 1980er-Jahren der Telekommunikation und Informatik verschrieben. «Wie viele andere StartupUnternehmen habe ich vor 30 Jahren im Hinterhof begonnen», erinnert er sich. Aus der Garagenfirma ist in gut 30 Jahren eine Gruppe gewachsen, mit 85 Millionen Franken Umsatz, mehr als 500 Mitarbeiter sowie Tochtergesellschaften im Ausland. Dabei entwickelt die Gruppe Informatik- und Software-Produkte, die bereits fertig entwickelt auf den Markt kommen und ohne stetig notwendige

«Unternehmer sollten ideologiefrei sein.» Updates zuverlässig arbeiten – genauso, wie es der Ingenieur Noser aus dem Maschinenbau kennt. «Würde ich heute eine Firma gründen, dann würde ich wohl einen anderen Ansatz wählen», sagt der Unternehmer. In der Zwischenzeit hat sich die Welt 50 ceo

grundlegend verändert, die Regulierungen haben stark zugenommen. «Eine Firma aufzubauen, wie wir es damals gemacht haben, geht heute nicht mehr – zumindest nicht ohne Rechtsberatung», so Noser. Entsprechend will er nicht als Vorbild für

«Beruf und Politik unter einen Hut zu bringen, ist heute kaum mehr möglich.» Jungunternehmer dienen und gut gemeinte Tipps weitergeben. Mit einer Ausnahme: «Unternehmer sollten ideologiefrei sein. Es braucht Werte, aber man muss offen für Lösungen sein sowie pragmatisch denken und agieren.» Stärkere Belastung in der Politik Mehr Nüchternheit stünde laut Noser auch der Politik gut an. «Der Pragmatismus hat die Schweiz stark gemacht, nicht die Ideologie», sagt er. Deshalb empfiehlt er jungen Menschen, sich primär ein starkes Standbein in der Wirtschaft zu schaffen und erst danach eine politische Karriere anzustreben. Nur so wisse man, wie das Leben funktioniere. Zudem lerne man in der Wirtschaft, mit den vorhandenen Mitteln haushälterisch umzugehen. Trotzdem hält Noser die Idee, dass sich Schweizer Wirtschaftsführer verstärkt in Bern engagieren sollten, für nostalgisch. «Die Belastung in der Politik hat in den letzten Jahren stark zugenommen», weiss der Zürcher Nationalrat. Der zeitliche Aufwand sei heute viel grösser als vor 30 Jahren, die Themen komplexer, weshalb die Geschäfte akribischer vorbereitet werden müssten. Durch zahlreiche und kurzfristig einberufene Sitzungen verlieren die Parlamentarier laut Noser zudem schnell die Hoheit über die eigene Agenda. Dies sei weder mit Kundenkontakten noch mit der Mitarbeiterführung vereinbar. «Beruf und Politik unter einen Hut zu


Ruedi Noser Unternehmer und Politiker

bringen, ist heute kaum mehr möglich», sagt der FDP-Mann. Nach Jahren der Doppelbelastung hat sich Noser deshalb Anfang 2015 auf ein Verwaltungsratsmandat in seiner Gruppe zurückgezogen. Die operative Führung hat ein langjähriger Weggefährte übernommen. Innerhalb einer vordefinierten Eigentümerstrategie leitet er das Unternehmen nun völlig unabhängig von seinem Besitzer. Ruedi Noser widmet sich seither vollständig der Politik und strebt im Herbst die Wahl in den Ständerat an.

«Ich habe gemerkt, dass ich nicht alles auf später verschieben kann.» Gesundheit nicht vernachlässigbar Nach wie vor zu kurz kommt die Familie. «Sie leidet gewaltig, alles andere wäre unehrlich», so Noser. Die Politik verlange viel Präsenz, wolle man etwas bewirken. Eine Planung von Aktivitäten mit der Familie sei fast nicht möglich. Der vierfache Vater arbeitet sechs Tage die Woche. Nur im Sommer und im Winter nimmt er sich einige Wochen Ferien. Dann widmet er sich der Familie, liest Bücher, pflegt freundschaftliche Kontakte oder spielt Golf. Dieses Hobby legte er sich zu, nachdem sein älterer Bruder die Diagnose Krebs erhielt und sein Parlaments­ kollege Martin Bäumle einen Herzinfarkt erlitt. Beide Vorfälle waren für Noser ein Zeichen, dass er vermehrt auf seine Gesundheit achten und eine bessere Work-Life-Balance einhalten sollte. «Ich habe gemerkt, dass ich nicht alles auf später verschieben kann», bekennt er.

Derzeit fühlt sich Ruedi Noser kerngesund, fit für die Politik und den anstrengenden Ständeratswahlkampf. Das Geheimnis liegt im «positiven Stress», den seine Tätigkeiten auslösen. «Wenn man einer Tätigkeit nachgeht, für die ein Bedarf besteht, die man beherrscht und die man mit Lust erfüllen kann, dann ist dies keine Belastung, sondern eine Erfüllung», sagt Noser. Dieses Prinzip zeichnet er mithilfe von drei ineinandergreifenden Kreisen mit Bleistift auf – eine App, die positiven Stress aufzeigt, existiert noch nicht. Ruedi Noser Rudolf «Ruedi» Noser (*1961) ist Inhaber und Verwal­ tungsrat der Noser Group. Das Unternehmen ist in der Entwicklung von Telekommunikations-Software / ICT tätig und verfügt über mehrere Tochtergesell­ schaften in der Schweiz, Deutschland und Kanada. Mit über 500 Mitarbeitern gehört die Noser Group zu den grössten ICT-Unternehmen der Schweiz. Ruedi Noser war von 1997 bis 2004 Vorstandsmit­ glied der FDP Kanton Zürich, unter anderem als interimistischer Parteipräsident. Von 1999 bis 2009 war er Mitglied der Geschäftsleitung der FDP Schweiz sowie während sechs Jahren ihr Vizepräsi­ dent. Er war bis 2003 Kantonsrat in Zürich. Im gleichen Jahr wurde er in den Nationalrat gewählt, wo er bis heute die FDP Kanton Zürich vertritt. Im laufenden Jahr kandidiert er als Ständerat. Ruedi Noser ist verheiratet und Vater von vier Kindern im Alter von 10 bis 15 Jahren. ruedinoser.ch

noser-group.com ceo 51


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Tanja Grandits Köchin

Haute Cuisine Tanja Grandits, von ihren Gästen geschätzt, von Restauranttestern geehrt, gehört zu den wenigen Frauen in der Spitzen­ gastronomie. Seit sieben Jahren führt sie das renommierte Lokal «Stucki» auf dem Bruderholz in Basel. Für ihren anstrengenden Job tankt die 44-Jährige Energie am Morgen beim Yoga. Text: Redaktion «ceo Magazin» Bilder: Markus Bertschi

Tanja Grandits Tanja Grandits (*1970) führt seit 2008 das renommierte Restau­ rant «Stucki» auf dem Basler Bruderholz. Aufgewachsen in Tübingen bei Stuttgart, ging Grandits bald nach der Kochlehre ins Ausland: Stationen ihrer Laufbahn sind das Claridge’s in London und das Château de Montcaud in Bagnol-sur-Cèze. Anschliessend folgte das Landhaus Thurtal in Eschikofen, wo Tanja Grandits 2006 von Gault Millau zur «Köchin des Jahres» gewählt wurde. 2014 erhielt sie die Auszeichnung «Koch des Jahres». Das Stucki ist mit 18 Gault-Millau-Punkten und zwei Michelin-Sternen dekoriert. Grandits ist zudem Kolumnistin und Autorin zahlreicher Kochbücher. stuckibasel.ch

Auf höchstem Niveau zu kochen und ein Spitzenrestaurant zu führen, braucht viel Energie. Woher nehmen Sie die Kraft? Als optimistischer Mensch sehe ich in erster Linie das Gute an meiner Arbeit, die aus weit mehr als Kochen besteht. Ich bin Gastgeberin, verantwortlich für die dreissig Beschäftigten in meinem Team, schreibe Kochbücher, habe hier einen kleinen Laden und bin oft an Anlässen und bei befreundeten Köchen zu Gast. Die Energie, die es dafür braucht, bekomme ich aber auch zurück, unter anderem durch die vielen positiven Rückmeldungen meiner Gäste und meines Umfelds. Sie haben für Ihre Leistungen schon einige Auszeichnungen erhalten. Das schafft man nicht allein. Was bedeutet Ihnen Ihr Team? Allein könnte ich das gar nicht leisten. Mein Team ist mir enorm wichtig. Ich muss mich bei der oft anstrengenden Arbeit wohlfühlen. Dafür versuche ich, eine positive Arbeitsatmosphäre zu schaffen. Die guten Momente teile ich gerne mit dem Team. Viele wichtige Mitarbeiter sind schon lange dabei – einige, seit wir das Stucki vor sieben Jahren übernommen haben, manche noch länger. Sie kennen mich, ich kenne sie, wir können uns aufeinander verlassen. Wie motivieren Sie, welche Anreize setzen Sie für Ihr Team? Mit positiver Energie. Bei uns wird viel gelacht, schlechte Laune hat hier keinen Platz. Wichtig ist gute Kommunikation untereinander. Ich nehme mir die Zeit, mit jeder und jedem zu sprechen. Wenn mir meine Leute bei der Arbeit sagen, sie seien happy, dann bin ich es auch. Unsere Erfolge feiern wir immer zusammen. Zur Wertschätzung gehört auch, dem Ausgleich den nötigen Raum zu geben: Bei uns erhalten alle sechs Wochen Ferien plus die Weihnachtstage. Sie schaffen aus Gemüse, Fleisch und Fisch kleine Kunstwerke. Das Auge isst mit, sagt man. Was empfinden Sie, wenn der Teller für den Service gerichtet ist? Das Aussehen ist tatsächlich sehr wichtig. Ich liebe Farben. Jedes Gericht sollte einen bestimmten Farbton haben, harmonisch erscheinen, aber nicht einfach bunt sein. Der Gast darf sich auf den Geschmack konzentrieren. Mein Stil ist von runden Formen geprägt – vom Geschirr bis zur Anordnung der Speisen. Wenn ein schön angerichteter Teller dann hinausgeht, freut mich das sehr. ceo 53


Bei Ihnen ist der Gast gerne bereit, für etwas Besonderes mehr zu zahlen. Doch auch Sie müssen spitz kalkulieren. Wie geht die Rechnung auf? Zum Glück habe ich selbst mit den Finanzen nicht viel zu tun. Es ist eine Gratwanderung, die Kalkulation anspruchsvoll. In der Spitzengastronomie wird man nicht reich. Unser Vorteil hier im Stucki ist: Wir haben 70 Plätze und damit deutlich mehr als andere Lokale in unserer Liga. An Wochenenden ist es bei uns regelmässig voll. Im Alltag spielt Essen für viele nur noch eine Nebenrolle. Welche Bedeutung hat die Nahrung heute in der Gesellschaft? Kürzlich habe ich gelesen, dass es in vielen Haushalten gar keinen Esstisch mehr gibt. Die Leute essen vor dem Fernseher auf dem Sofa. Auch dass zu Hause nur noch selten warm gegessen wird, gibt mir zu denken. Dabei geht es beim Essen ja nicht nur um Energie- und Nahrungszufuhr, sondern auch um Soziales, um das Gemeinsame, um das Gespräch bei Tisch. Auf der anderen Seite erlebe ich, welchen grossen Aufwand Food-Enthusiasten treiben. Wir haben Gäste, die reisen Tausende von Kilometern, um sich bei uns ein Gourmet-Menü zu leisten. Das ist für diese Leute höchster Genuss, ein Luxus. Mir fehlt das dazwischen, der ganze normale Umgang mit Nahrung in unserem Alltag. Nahrung ist auch Energiezufuhr: Während bei uns die Kalorien gezählt werden, ist Hunger und Unterernährung in weiten Teilen der Welt immer noch traurige Realität. Welche Verantwortung haben wir in den gesättigten Industrieländern? Der grossen Verantwortung bin ich mir bewusst. In Ländern wie der Schweiz leben wir im Überfluss. Die Qualität und Verfügbarkeit der Lebensmittel ist sehr hoch. Mein Anspruch ist, nichts zu verschwenden, nichts wegzuwerfen. Das ist Teil meiner Berufsethik. Darüber hinaus beteilige ich mich an Initiativen wie «Spitzenköche für Afrika» und anderen karitativen Projekten. Ihnen wird ein Faible für die asiatische Küche nachgesagt. Gerichte aus Fernost finden sich immer wieder auf Ihrer Karte. Wie ist diese Liebe erwacht? In London, als ich im Claridge’s arbeitete, sah ich Köchen aus aller Welt zu und lernte von ihnen. Inspiriert wurde ich auch auf Reisen, zum Beispiel von der vietnamesischen Küche, die frisch und einfach ist. Die Menschen dort gehen liebevoll und achtsam mit dem Essen um, das hat mich beeindruckt. Meine Lieblingsküche ist übrigens die japanische. Elemente daraus bringe ich immer wieder gerne auf den Teller. Zurück ins Stucki. Sie haben in Ihrem Lokal eine warme Atmosphäre geschaffen. Nicht nur Stammgäste fühlen sich hier wohl. Welche Rolle spielt die Gastgeberin in einem solchen Ambiente? Eine sehr grosse. Die Gäste erwarten meine Präsenz. Ich nehme mir vor, jeden Gast persönlich zu begrüssen und willkommen zu heissen, idealerweise mit einem Amuse-bouche. Und wenn die Gäste dann zufrieden nach Hause gehen, die Küche geputzt ist: Welches Gefühl stellt sich nach einem 16-StundenTag bei Ihnen ein? Wie laden Sie dann Ihre Batterien auf? Ich wohne hier im Haus. Nach einem anstrengenden Tag lasse ich ihn noch einmal Revue passieren, mache mir Notizen im Tagebuch und halte neue Ideen für Menüs fest. Es gelingt mir meistens, abzuschalten. Es wird fast immer Mitternacht. Vielleicht trinke ich dann noch einen Tee. Fernsehen ist übrigens tabu, das nähme mir viel zu viel Zeit. Viel Schlaf brauche ich nicht. Wenn ich einschlafe, dann meist sofort, tief und fest. Und wenn ich am Morgen etwas Zeit habe, nutze ich sie für Yoga-Übungen. 54 ceo


Tanja Grandits Köchin

«Mein Anspruch ist, nichts zu verschwenden, nichts wegzuwerfen.»

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Alfred Beerli Workfashion

PET à porter Alfred Beerli strotzt vor Energie – aber in seinem Unternehmen spart er sie lieber ein. Er verwendet PET zur Herstellung von Kleidung, hat den Betrieb verschiedentlich zertifizieren lassen und motiviert seine Mitarbeiter zum Energiesparen. Dies tut er nicht nur aus Gutmenschentum, sondern auch aus ökonomischen Gründen.

Alfred J. Beerli Dr. Alfred J. Beerli (*1967) hat die Geschäftsleitung der Workfashion AG im Jahr 2007 übernommen und ist heute Miteigentümer der Firma. Ursprünglich strebte der Judoka eine Karriere im Profisport an, einige Verletzungen hielten ihn jedoch davon ab. So holte er die Matura nach und studierte Ökonomie an der Hochschule St. Gallen, wo er auch promoviert hat. Alfred Beerli ist verheiratet, hat zwei Söhne im Alter von neun und elf Jahren und lebt mit seiner Familie in der Umgebung von Winterthur.

Text: Sandra Willmeroth Bilder: Markus Bertschi

Sie verwenden recyceltes PET für die Herstellung von Bekleidung. Wie sind Sie darauf gekommen? Wir sind in verschiedensten Bereichen Innovator und probieren gerne Neues. Vor ein paar Jahren haben wir das erste Mal davon gehört, dass man Polyester auch aus recyceltem, bereits verwendetem PET herstellen kann. Das haben wir getestet und ja: Polyester ist Polyester. Die chemische Formel ist die gleiche, ob es sich nun um Polyester aus Granulat, also aus Erdöl, handelt oder um second-life PET. Wir haben mit einem Produzenten in Norditalien einen Weg gefunden, wie aus recyceltem Polyester in Form von kleinen Chips Garne hergestellt werden können. Diese geben wir dann in unseren Kleiderproduktions-Prozess. Und so haben wir begonnen, Shirts mit recyceltem Polyester herzustellen.

Wie ist die Umweltbilanz beim Recyceln von PET? Rein von der Produktion her betrachtet ist die Ökobilanz bei recyceltem PET nicht besser als beim konventionell hergestellten Polyester. Bedenkt man aber die Endlichkeit des Grundstoffes, kommt man zu einem anderen Ergebnis. Denn hier werden Ressourcen wiederverwendet, statt einfach nur weggeworfen – auch wenn man PET nicht ewig recyceln kann, da das Material dem Prozess der Degradation unterliegt, also mit jedem Mal Recycling an Qualität verliert.

«Hier werden Ressourcen wieder­ verwendet, statt weggeworfen.» ceo 57


«Den Mitarbeitern gibt es das Gefühl, bei einem guten, umsichtigen Arbeitgeber angestellt zu sein, der sich um soziale, ökologische und ökonomische Nachhaltigkeit bemüht.» Sie haben Ihre Firma nach der ISO-Umweltmanagement-Norm zertifizieren lassen. Welche konkreten Massnahmen haben Sie vorgenommen, um die Energie besser zu nutzen? Wir haben letztes Jahr sehr viele Lampen von Halogen auf LED umgestellt und unsere Mitarbeiter aufgefordert, am Abend den PC herunterzufahren, sparsam mit dem Kopierer umzugehen, das Licht nicht unnötig brennen zu lassen und so weiter. All dies hat geholfen, den Stromverbrauch deutlich zu senken. Darüber hinaus haben wir die ganze Fahrzeugflotte auf emissionsarme und sparsame Bluetec-Fahrzeuge umgestellt. Der durchschnittliche Kraftstoffverbrauch ist seither spürbar zurückgegangen, was Kosten spart und weniger CO2 in die Umwelt freisetzt. Machen Sie diese Bemühungen im Bereich Nachhaltigkeit auf Druck der Kunden? Nein, für die Kunden ist letztlich der Preis die massgebende Grösse. Aber ich habe eine Aufgabe im Leben, ich habe Kinder, und ich

will ihnen eine lebenswerte Umwelt hinterlassen – da gehört das dazu. Es gehört aber auch dazu, dass ich dieses Bewusstsein bei anderen entwickle. Denn wenn nur ich so denke, nutzt das wenig. Die Belegschaft goutiert das? Ja, sehr, denn es gibt ihnen das Gefühl, bei einem guten, umsichtigen Arbeitgeber angestellt zu sein, der sich um soziale, ökologische und vor allem um ökonomische Nachhaltigkeit bemüht. Denn bei allem sozialen und ökologischen Anspruch darf die Wirtschaftlichkeit nicht vergessen werden. Niemandem nutzt es, wenn die Firma in den Konkurs geht. Was gibt Ihnen ganz persönlich Energie? Mir geben meine Mitarbeiter viel Energie. Ich habe ihnen gegenüber eine Verpflichtung, die ich auch sehr gerne wahrnehme. Zudem arbeite ich gern mit den Angestellten zusammen, auch weil ich mit ihnen erfolgreich sein will – alleine kann ich nicht erfolgreich sein.

«Bei allem sozialen und ökologischen Anspruch darf die Wirtschaftlichkeit nicht vergessen werden. Niemandem nutzt es, wenn die Firma in den Konkurs geht.»

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Alfred Beerli Workfashion

Workfashion AG Die Firma Workfashion AG ist ein Hersteller und Vollservice-Anbieter für Berufsbekleidung und Bekleidungs­ management. Sie entstand im Jahr 2000 aus dem Zusammenschluss der 1967 in Hagendorn gegründeten Firma Plustex mit der Fehlmann Kleiderfabrik, deren Ursprünge bis ins Jahr 1854 zurückreichen. Das Unternehmen beschäftigt über 60 Mitarbeiter am Standort Hagendorn bei Cham.

workfashion.com

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«Wir machen zum Thema, was uns Energie gibt für das, was zählt.»

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Claudia Sauter und Michaela Christian Gartmann PwC Schweiz

Energiereiches Gespann Mit dem neuen Programm «Energy to grow your own way» hat PwC Schweiz ihre Unternehmenskultur erweitert und den Fokus auf das Wohlbefinden der Mitarbeiter gerichtet. Hinter der Idee steckt ein aussergewöhnliches Duo.

Claudia Sauter und Michaela Christian Gartmann Claudia Sauter (*1972), seit 2001 bei PwC Schweiz und Leiterin der Abteilung PR & Communications, wohnt mit ihrem Mann und ihrer 8-jährigen Tochter am Zürichsee. Michaela Christian Gartmann (*1973) leitet seit 2012 die Personalabteilung von PwC Schweiz. Sie ist verheiratet und lebt mit ihrem Mann im Zürcher Oberland. pwc.ch/energytogrow PwC Switzerland PwC Switzerland Careers

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Text: Tina Fassbind Bilder: Marc Wetli

Die Kommunikationsverantwortliche und die Personalleiterin von PwC Schweiz spannen zusammen, um ein neues Energie-Programm für das Unternehmen zu entwickeln. Wie kam es zu dieser Kooperation? Michaela Christian Gartmann: Wir haben uns in einem Führungsentwicklungsprogramm näher kennengelernt und arbeiten seither noch intensiver zusammen. Wir haben uns mit der Fragestellung auseinandergesetzt, wie wir uns als Arbeitgeber noch stärker differenzieren können und was für eine konstante Weiterentwicklung unserer Mitarbeiter nötig ist. Dabei sind wir auf das Thema Energie gestossen. Power haben für das, was zählt, ist essenziell – nicht nur bei der Arbeit, sondern in allen Bereichen des Lebens.

Claudia Sauter: Im Zentrum der Marke PwC stehen unsere Mitarbeiter. Nur durch ihre Leistung können wir uns von anderen Unternehmen abheben. Hinterlassen unsere Kollegen bei den Kunden einen kraftvollen und positiven Eindruck, fühlen sich diese bei uns gut aufgehoben. Sie machen also das Glück der Mitarbeiter zur Firmenangelegenheit? Christian Gartmann: In gewisser Weise schon. Wir leisten viel und unter hohem Druck. Umso wichtiger ist ein Arbeitsumfeld, in dem man auch Energie schöpfen kann. Unser Programm ist ganzheitlich und beinhaltet Angebote in den Bereichen Ernährung, Bewegung und Erholung sowie Kurse, in denen die Mitarbeiter lernen können, ihre innere Haltung positiv zu beeinflussen.

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«Wir wollen eine Arbeitsatmosphäre, in der wir voller Energie sind.»

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Wäre es nicht sinnvoller, die Arbeitsbelastung zu verringern, anstatt ein solches Programm aufzubauen? Christian Gartmann: Der Umgang mit der Arbeitsbelastung variiert je nach Person. Unser Energie-Programm soll unsere Mitarbeiter praktisch unterstützen. Aus Firmensicht setzen wir uns laufend mit der Art und Weise, wie wir arbeiten – heute und in der Zukunft – auseinander und nehmen Optimierungen vor.

Werden die neuen Angebote von den Mitarbeitern genutzt? Christian Gartmann: Absolut! Die Resonanz ist auf allen Ebenen positiv. Sauter: Einige Veranstaltungen mussten wir sogar mehrmals durchführen, weil die Nachfrage so gross war. Unsere Sporträume platzen mittlerweile aus allen Nähten, und es fehlt uns an Veloabstellplätzen, weil immer mehr Leute mit dem Fahrrad zur Arbeit kommen.

Haben Ihre Mitarbeiter im durchgetakteten Arbeitsalltag überhaupt Zeit für Entspannung und Erholung? Christian Gartmann: Mit dem neuen Programm steht uns selbstverständlich nicht plötzlich mehr Zeit zur Verfügung. Wir wollen sie nur besser und bewusster nutzen. Erholung ist ein Schlüsselfaktor für den Energiehaushalt. Deshalb haben wir beispielsweise einen Ruheraum für den Power Nap zwischendurch. Sauter: Abgesehen davon lässt sich unser Programm relativ leicht im Alltag integrieren. Yoga- oder andere Sportkurse finden beispielsweise direkt bei uns im Haus statt.

Was ist das Geheimnis dieses Erfolges? Sauter: «Energy to grow your own way» ist kein Nischenprodukt, sondern ein progressives Programm, das allein schon durch seinen Auftritt ins Auge sticht: Die Farbe Pink steht für Kreativität, Individualität und Innovation, Schwarz für Intellektualität und Analyse. Das sind genau die Bereiche, die wir ansprechen wollen. Das Programm ist zudem voll in unsere Firmenkultur integriert. Die ganze Geschäftsleitung lebt es vor – das ist entscheidend für den Erfolg.


Claudia Sauter und Michaela Christian Gartmann PwC Schweiz

Gemeinsam entwickelten Claudia Sauter und Michaela Christian Gartmann das Programm «Energy to grow your own way»: Mitarbeiter sollen Energie für alles haben, was ihnen wichtig ist – beruflich wie auch privat. Das Programm wurde im Juli 2014 auf allen Betriebsebenen eingeführt und umfasst einen ganzheitlichen Ansatz, wobei der Fokus auf vier Bereichen liegt: Aktivität, Einstellung, Erholung und Ernährung. Diese vier Elemente fliessen in diverse Aktivitä­ ten ein: Sie prägen die Rekrutierung sowie das Weiterbil­ dungsprogramm und Führungsverständnis, sind Thema in der Kantine oder bei Mitarbeiter- und Kundenanlässen.

Aktivität Yoga

Einstellung er Boost ns o Sessi

Ernährung Ginge r

Erholung

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Wir haben nachgefragt

A Was gibt Ihnen persönlich Energie – gerade nach einem langen Arbeitstag? B Wie füllen Sie regelmässig Ihre Energiespeicher auf?

Dr. Regine Sauter Direktorin Zürcher Handelskammer

David Moran Britischer Botschafter in der Schweiz und Liechtenstein

und B Wie bei einem Gerät, das am Strom läuft, gilt auch bei mir: Ab und zu den Schalter kippen und die ganze Maschinerie abkühlen lassen ist wichtig, damit nachher wieder alles umso besser läuft. Also Phasen ohne E-Mails, Telefone und Arbeit einschalten. Die Ruhezeit nutze ich dann dazu, die Speicher wieder aufzuladen: mit neuen Eindrücken, Emotionen und Erlebnissen. Das bringt Energie, die lange anhält. Ein Spaziergang durch Roms Strassen, das Versinken in Puccinis Opern, ein Abendessen mit Freunden oder die Kreation eines Fünf­ gangmenüs eignen sich dazu besonders gut.

Ich habe das grosse Glück, nur wenige Gehminuten von meinem Arbeitsplatz in Bern entfernt zu wohnen. Die frische Luft und die tolle Umgebung beflügeln mich immer wieder von Neuem, selbst nach einem langen Arbeitstag. Hinzu kommt, dass ich einen sehr interessanten Job habe, der mich kreuz und quer durch die Schweiz und Liechtenstein führt und dank dem ich ständig neue Menschen kennenlerne.

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B Eine meiner grossen Leidenschaften ist die Musik. Sobald ich auf meinem Klavier einen Blues anstimme, fühle ich mich immer gleich viel besser. Ich baue damit Stress ab und bin dann richtig gut drauf! In der Musik gehe ich völlig auf und fühle mich danach wie ein neuer Mensch.

Ernst Kohler CEO Rega A Wichtig ist die Freude an der Arbeit. Wenn ich etwas mit Freude, mit Herzblut tue, laufe ich kaum Gefahr, dass mir die Energie ausgeht. B Brauche ich trotzdem mal einen Energieschub, dann ist die Bewegung das Mittel der Wahl. Am liebsten in der freien Natur, beim Wandern, Bergsteigen oder auf dem Velo.

Julie Fitzgerald Leiterin Growth & Markets PwC Schweiz A Energie geben mir vor allem meine Kinder und generell meine Familie, das Zusammensein mit Freunden und die spannenden Diskussionen mit unseren Kunden. B Meine Energiespeicher fülle ich regelmässig beim Wandern oder Skifahren in den Bergen auf.


Monique Bourquin CFO Unilever DACH A Mein Job selbst gibt mir viel Energie, weil er mir (meist) Spass macht. Ich tanke auch Energie, indem ich abends ein feines Essen geniesse und gute Gespräche mit meiner Familie oder Freunden führe. B Abschalten kann ich herrlich vor dem Fernseher, während ich gleichzeitig im Internet surfe oder eine Zeitschrift durchstöbere, aber auch beim Lesen eines Krimis oder in der Sauna. Nicht fehlen darf auch das aktive Draussensein: biken in der Natur, wandern, rollerbladen, Skifahren oder im Garten Hecken schneiden – das ist pures Auftanken!

B Ich nehme mir Zeit – auch in hektischen Phasen. Als Genussmensch nehme ich mir die Zeit für bewusste kleine und grosse Momente an Kraftorten. Am liebsten in den Bergen im Wallis oder im Glarnerland.

Simona Scarpaleggia CEO IKEA Schweiz

Christian Berner Kaufmännischer Direktor Opernhaus Zürich A Ich habe das Glück, am Opernhaus Zürich zu arbeiten. Nach einem Arbeitstag besuche ich oft Vorstellungen in unserem Haus. Ich liebe das Musiktheater sehr und empfinde es als grosses Privileg, Beruf und Hobby vereinen zu können. Da erneuert sich die Energie für den Job fast von alleine.

Ich betreibe etwas Sport, gehe gern ins Kino, lese regelmässig und pflege meinen Freundeskreis. Am besten kann ich jedoch Zuhause auftanken, ohne eine bestimmte Aktivität zu verfolgen. Ich geniesse es immer mehr, einfach Zeit zu haben und nicht immer komplett verplant zu sein. B

Ralph Siegl CEO Confiseur Läderach A Die Gewissheit, Dinge getan zu haben, die anderen und mir Freude bereiten. Wenn ich am Abend darüber nachdenke, ob ich dies erreicht und einen persönlichen Beitrag geleistet habe, dann gibt das Schub für den nächsten Tag.

A Für mich bedeutet ein langer Arbeitstag, dass wir meist sehr viel Energie auf die Dinge verwendet haben, die uns wichtig sind – neue Ideen, neue Konzepte, neue Produkte. Wenn ich dann nach Hause komme und Zeit mit meiner Familie verbringe, tanke ich neue Energie. Die vielen verschiedenen Dinge, über die wir uns unterhalten, beflügeln meine Fantasie und verändern manchmal meine Perspektive auf die Dinge, mit denen ich mich bei der Arbeit beschäftige. Wenn ich Zeit mit meinen Freunden verbringe, ist die Wirkung sehr ähnlich. B Ich versuche, meine Energie auf jene Dinge und Beziehungen zu lenken, die mir wirklich wichtig sind. Dabei stütze ich mich auf Achtsamkeitstech­ niken. Sie helfen mir, meinen Fokus zurechtzurücken und Entscheidungen zu treffen. Mein Mann, der diese Techniken praktiziert und lehrt, hat mir einige sehr nützliche Übungen gezeigt, durch die ich nicht nur neue Schwerpunkte und neues Bewusstsein finde, sondern auch neue Energie tanke.

Sollten einmal alle Techniken versagen, greife ich auf ein altbewährtes Mittel zurück: die Musik. Es gibt für jede Gelegenheit und Stimmung ein bestimmtes Lied. Mein «Repertoire» ist daher sehr vielfältig: Es reicht von Sting bis Keith Jarrett, von Rock bis Jazz. Und die drei Genies der klassischen Musik dürfen natürlich auch nicht fehlen: Bach, Beethoven und Brahms. Musik gibt mir jederzeit die nötige Energie, um das in Angriff zu nehmen, was gerade ansteht.

Stefan Linder CEO Swiss Economic Forum (SEF) A Nach einem strengen Arbeitstag erhole ich mich beim Joggen durch den Wald oder auf dem Mountainbike über Stock und Stein. B Ich achte auf regelmässigen Schlaf und Sport. Mit der Familie zu reisen und unterwegs zu sein, ist für mich ein wertvoller Energielieferant.

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Prof. Dr. Thomas Bieger Rektor Universität St. Gallen A Meine Aufgabe – das Gefühl, etwas Sinnvolles tun zu dürfen. Aber auch Vorbilder, aktuelle und historische. Ich lese deshalb viel und gerne Biografien.

Ich plane gezielt Zeit mit meiner Familie ein. Zudem mache ich gerne Läufe und Ski-Touren. Allerdings nicht, um «abzuschalten», sondern, um komplexe Probleme strukturiert durchzudenken. B

Robert Schmuki Direktor Pro Juventute A In unserem auf Entwicklung ausgerichteten Betrieb erfüllen mich die neuen Lösungsan­ sätze, die unsere Fachleute entwickeln, mit Freude und Energie. Nur etwas Bestehendes zu verwalten, ginge für mich nicht.

Neben den Ideen, die die Speicher füllen, ist es für mich wichtig, durch Sport oder Reisen auch den nötigen Abstand zur Arbeit zu bewahren – um richtig und falsch, wichtig und unwichtig beurteilen zu können. B

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B Besonders gut tut mir meine tägliche Joggingrunde um 5 Uhr morgens.

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Paul Norton CFO Helvetia Gruppe A Nicht jeder Arbeitstag ist gleich anstrengend – und das ist wichtig. Solange auf Zeiten mit hoher Anspannung immer wieder ruhigere Phasen folgen, bleibe ich leistungsfähig.

Urs Rickenbacher CEO Lantal Textiles AG Interessante und herausfordernde Arbeiten halten mich fit und auf Trab! Persönlich fühle ich mich im Kreise meiner Familie und Freunde sehr wohl.

B Am liebsten leere ich meinen Energiespeicher auf Langlaufskis; das füllt den Speicher gleichzeitig wieder auf. Ausserdem bewege ich mich gerne im Wald oder am See und geniesse die Natur vor allem in den Bergen.

Cornelia Ritz Bossicard Mitglied des Verwaltungsrats Valora A Zeit verbringen mit meiner Familie, Sport treiben, Musik hören, ein spannendes Buch lesen, neue Herausforderun­ gen angehen – all dies gibt mir persönlich Energie.

B Am Wochenende nehme ich mir Zeit für mich. Ich frühstücke mit der Familie, schaue mir im Fernsehen englischen Fussball an und jogge auf dem Vita Parcours. Besonders in den Bergen kann ich gut Energie tanken. Was mir auch hilft, ist, mit den Händen zu arbeiten. Beim Schreinern kann ich wunderbar abschalten.

Nicola Spirig Triathletin und Olympiasiegerin A und B  Neben Training, Wettkampfvorbereitung und den langen Reisen nehme ich mir Zeit für Familie und Freunde. Daraus schöpfe ich die Energie, die ich brauche, um langfristig erfolgreich zu sein.


Heute schon

«gepowernappt»?

* Wie ein effizienter Energiehaushalt funkioniert, kann der Mensch zum Beispiel vom Faultier lernen: Das südamerikanische Säugetier bewegt und frisst nicht nur sehr langsam, sondern verdaut auch um einiges langsamer als der Mensch.

© 2015 PricewaterhouseCoopers AG. All rights reserved. Herausgeber: PwC Schweiz, Birchstrasse 160, 8050 Zürich, Schweiz Layout: PwC Schweiz, Melanie Wettstein, Birchstrasse 160, 8050 Zürich, Schweiz Lithografie/Druck: Linkgroup, Mühlebachstrasse 52, 8008 Zürich, Schweiz

Titelfoto: Peter Bolliger für den Zoo Zürich Die von den Autoren geäusserten Meinungen können von jenen des Herausgebers abweichen. Diese Ausgabe des «ceo Magazins» erscheint in deutscher, französischer und englischer Sprache. Auflage: 18’000.


Die nächste Ausgabe von «ceo» erscheint im November 2015 zum Thema «Afrika».

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