Idea Spektrum Schweiz 44/2010

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Spektrum l idea

Nr. 44

3. November 2010

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Nachrichten und Meinungen aus der evangelischen Welt

Neue Einheit unter Schweizer Christen?

Seite 7: Landeskirchenforum

Seite 15: Benjamin Berger

Welcher Gottesdienst Die Bedeutung Israels kommt denn heute an? fĂźr die Heilsgeschichte Seite 8: Christliche WG

Seite 22: Glaubenspraxis

Sprung in den Final Arme brasilianische mit Seil aus Kondomen Frau will Gerechtigkeit

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Der nderische e w h c s r e v Gott

Nach seinem ersten Buch «The Reason for God» nannte die amerikanische Zeitschrift Newsweek Timothy Keller einen «C. S. Lewis für das einundzwanzigste Jahrhundert». In seinem neuen Buch legt Keller das Gleichnis vom verlorenen Sohn aus. Oder: das Gleichnis von den zwei verlorenen Söhnen, wie es besser heißen müsste. Denn Keller zeigt, dass der ältere Sohn ebenso verloren ist wie der jüngere – und womöglich noch schwerer aus seiner Verlorenheit zu befreien. Mit frischer, ungestelzter Sprache, scharfsinniger Menschenkenntnis und Beispielen aus aktuellen Büchern und Filmen führt Keller uns vor Augen, dass Jesus in diesem Gleichnis seinen Zuhörern die gesamte biblische Botschaft in einer unnachahmlich verdichteten Form präsentierte. Und dass er dabei oft missverstandenen Begriffen wie Sünde, Verlorenheit und Hoffnung einen neuen, überraschenden Sinn gab. Jesus spricht in diesem Gleichnis eine Einladung aus. Es ist die Einladung eines verschwenderisch liebenden Gottes, am Festmahl seiner Gnade teilzunehmen.

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Gott ist aktiv unterwegs «God is on the move.» Am dritten Lausanner Kongress für Weltevangelisation in Kapstadt sangen wir jeweils abends: «Gott ist nicht tot, Jesus lebt, Gott ist aktiv unterwegs.» Das wusste und glaubte ich schon, bevor ich nach Südafrika flog. Dort habe ich es neu und eindrücklich erlebt. Ein anglikanischer Bischof von Jos in Nigeria erzählte von den gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen Muslimen und Christen in seiner Region. «Wenn Muslime unsere Häuser niederbrennen, dann lehren wir die Christen: Flieht aus euren Häusern, aber wehrt euch nicht mit Gewalt und rächt euch nicht.» Auch wenn nicht alle Christen diesem gewaltlosen Weg folgen, tut es der Bischof selber. Ein Mordkommando drang in sein Haus ein. Er bat darum, noch beten zu dürfen, bevor sie ihn erschössen. Die Bitte wurde ihm gewährt, und er kniete nieder. Als er sich wieder erhob, war das Kommando weg. Gott ist aktiv unterwegs. Ein Brasilianer erzählte mir von seiner Missionsgesellschaft im Nordosten Brasiliens. Seit 30 Jahren tragen sie das Evangelium in kleine Ortschaften mit einigen hundert bis ein paar tausend Einwohner. Es ist eine vergessene, dürre, arme Region des Landes. Noch hat es mehr als zehntausend solcher Dörfer, ohne katholischen Priester, evangelischen Pfarrer oder sichtbare christliche Gemeinde. Ein Team von Christinnen und Christen geht hin und lebt ein Jahr mit der einheimischen Bevölkerung. Die entstehenden lokalen christlichen Gemein-

schaften werden nie materiell reich oder zahlenmässig gross. Es ist eine Arbeit abseits des Rampenlichts, ohne «strategische Bedeutung» oder Potenzial für Prestige. Aber lebensverändernd für die Menschen vor Ort. Gott ist aktiv unterwegs. Ich traf einen Pfarrer, der im Osten Deutschlands Monat für Monat einen Gottesdienst mit 700 Jugendlichen veranstaltet. Ein Jude und eine Palästinenserin standen gemeinsam auf der Bühne. Sie kämpft gegen den Hass auf die Israeli, den sie mit der Muttermilch aufgenommen hat. Er erzählte von seinen Eltern, die sich dafür schämen, dass er «mit dem Feind» auftritt. Wir alle erlebten realen Frieden im Nahen Osten, durch den Glauben an den Messias, Jesus. Gott ist aktiv unterwegs. (Siehe auch das Gespräch auf Seite 4) Gott ist auch in der Schweiz aktiv unterwegs. Insbesondere durch Christinnen und Christen, die mit dem anglikanischen Bischof bekennen: «Das Evangelium ist es wert, dafür zu leben und dafür zu sterben.» Die demütig und ausdauernd, mit Hingabe und Liebe Jesus Christus bezeugen. Gott ist aktiv unterwegs, wo das «Wort von der Versöhnung» Fleisch wird: im gleichberechtigten Miteinander von Männern und Frauen, in wertschätzender Gemeinschaft von Alt und Jung, in solidarischer Gegenseitigkeit von Reich und Arm, in geteiltem Leben von Schweizern und Ausländern. Mit diesem Gott will ich unterwegs bleiben.

3 biblisch Ein Lieblingsbibelwor t von Anja lehmann, Sängerin mit Schweizer Wurzeln aus Freiburg im Breisgau:

«Fürchte dich nicht, ich habe dich erlöst. ich habe dich bei deinem Namen gerufen, du bist mein.» (Jesaja 43,1 und weiter bis Vers 4) «Mein Name will im Himmel bekannt sein. Doch meinem Namen, den mir Gott zugesprochen hat, will ich hier schon gerecht werden. ‹Du bist mein.› Das ist Identität. Beabsichtigt, geliebt, zugehörig. Das, wonach der Mensch sich im Tiefsten sehnt, die Motivation, die uns treibt. Zu oft jedoch ist gerade diese Motivation der Treibstoff unserer Furcht. Nicht zu genügen, zu kurz zu kommen, ungeliebt zu sein. Hier schliesst sich der Kreis in dieser Zusage Gottes. Mein Name ist nicht, was ich tue oder wie ich mich verhalte, sondern wer ich bin. Wenn Gott meinen Namen ruft, will ich hören. Ich möchte jemand sein, auf den sich der Heilige Geist verlassen kann. Und wenn ich eines Tages vor Jesus stehe, stelle ich mir vor, dass er mich etwa so begrüsst: ‹Hallo Anja, da bist du ja!› Bekannt. Gerufen. Sein.»

WÖrTlich «Während aber das Passivrauchen nachgewiesenermassen gesundheitsschädlich ist, liegt die sachlage, wo Menschen an religiösen symbolen Anstoss nehmen, ganz anders. ein Minarett erzeugt keine Passiv-islamisierung, und von einem gipfelkreuz geht keine gefahr einer schleichenden christianisierung aus. ein Freidenker, der an einem gipfelkreuz Anstoss nimmt, muss sich den Vorwurf einer geistigen Prüderie viktorianischen Ausmasses gefallen lassen.» François de capitani, Kurator am Landesmuseum, in der «NZZ am Sonntag».

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BRENNPUNKT

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Marc Jost und Christian Kuhn über den Kongress für Weltevangelisation und die Schweiz

«Braut Christi in der Schweiz ist wie verkrampft» Die Christen in der Schweiz merken zu wenig, dass sie zum gleichen Leib gehören. Das erklärt der Leiter der Schweizer Delegation am Evangelisationskongress von Kapstadt, Christian Kuhn. Zusammen mit Marc Jost, Geschäftsführer des Hilfswerkverbandes «Interaction», stimmt ihn der Kongress aber auch für die Schweiz zuversichtlich.

«Spektrum»: 26 Köpfe zählte die Schweizer Delegation in Kapstadt. Ist unter führenden Schweizer Christen das Reisefieber ausgebrochen? Christian Kuhn: Das Anliegen der Weltmission war es, das so viele Schweizer Christen an diese Konferenz lockte. Es gab sogar eine Warteliste von 20 Personen. Wir hatten nach Kriterien des Kongress-Komitees eine Auswahl zu treffen. Die Idee war, dass nicht nur Leute aus Kirchen, sondern aus allen gesellschaftlichen Schichten dabei sind und dass 80 Prozent unter 40 Jahre alt sind.

«Enorm ermutigend»: Marc Jost (links) und Christian Kuhn erhoffen sich vom Kongress für Weltevangelisation viele Impulse.

anz, des Réseau évangélique Suisse oder RES, ist sie mir ein Anliegen.

Welches wichtige Fazit steht in Ihrem Kongress-Tagebuch? Marc Jost: Stichwort Versöhnung. Eine versöhnte Gottesbeziehung führt zu versöhnten Beziehungen mit Mitmenschen und verändert mein Umfeld. Christian Kuhn: Einheit ist ein Gut, das ich nicht schaffen muss, sondern das ich entdecken und dann leben kann. Es löst etwas aus im Alltag. Einheit war mir gerade als Delegationsleiter in Kapstadt sehr wichtig. Aber auch als Generalsekretär der Westschweizer Alli-

Was ist in unserm Land von den beiden ersten Kongressen «Lausanne I» 1974 in Lausanne und «Lausanne II» 1989 in Manila geblieben? Jost: Die Lausanner Erklärung aus dem ersten Kongress ist grundlegend geblieben für unzählige evangelische Kirchen und Werke. Hier wurde eine theologische Basis gelegt, die auch heute tragend ist. Diese Erklärung wurde an der zweiten Konferenz noch bezüglich ihrer sozialen Dimension vertieft. Man wollte die Evangelisation als globale Aufgabe der evangelischen Christen gemeinsam besser wahrnehmen. Ein konkretes Beispiel in der Schweiz ist die von Karl Albietz gegründete Aktion «Christus für alle», mit der das Evangelium in jede Haushaltung gebracht werden sollte. Dieses Missionswerk

Marc Jost

Christian Kuhn

Jahrgang 1974, verheiratet mit Denise, drei Kinder, wohnhaft in Thun. Ursprünglich Lehrer, dann Studium am Theologischen Seminar St. Chrischona. Sieben Jahre Pfarrer im EGW Thun. 2005 bis 2009 Präsident der Evangelischen Allianz Region Thun. Seit 2006 Berner Grossrat der EVP. Seit 1. Oktober Geschäftsführer des christlichen Hilfswerkverbandes «Interaction». Kandidiert am 28. November für die Thuner Exekutive.

Jahrgang 1971, verheiratet mit Francine, eine Tochter, wohnhaft in Bellerive VD. Ursprünglich Informatikingenieur, dann Projektleiter und Pastor im Verband Eglises Evangéliques Apostoliques Romandes (B-Plus Westschweiz). Leiter der Jüngerschafts- und Gemeindegründungsbewegung @home. OK-Leiter Christustag 2010. Seit 2005 im Vorstand des Réseau évangélique Suisse (RES), seit September 2010 dessen Generalsekretär.

Bild: idea/av

besteht heute noch. Es ist eines von hundert Beispielen. Kuhn: In der Westschweiz begannen sich Hauptleiter der verschiedenen Denominationen regelmässig zu treffen. Später gab es die gemeinsame Plattform FREOE – Féderation Romande des Eglises et Oeuvres Evangéliques, die 2005 mit der Westschweizer Evangelischen Allianz fusioniert hat. Jost: In der deutschen Schweiz ging die Entwicklung in den letzten Jahren weiter. Man denkt weniger denominationell, sondern versteht sich als ein Leib. Die Gräben werden immer mehr zugeschüttet.

In Kapstadt waren 198 Länder vertreten. Bei welchen Christen erlebten Sie das stärkste evangelistische Feuer? Jost: In meiner Tischgruppe beeindruckten mich besonders die Inder. Mich hat es bewegt, wie sie sich trotz starker Verfolgung und grosser sozialer Not leidenschaftlich fürs Evangelium engagieren und was sie mit Gott erleben. Kuhn: Mich hat es berührt, zu sehen, wie Christen in Guinea, Benin oder der Elfenbeinküste den Moslems mit einer konsequenten, aber liebevollen Lebenshaltung begegnen. Beeindruckt hat mich auch die Tatsache, dass in manchen islamischen Regionen die Hälfte derjenigen, die zum Glauben an Jesus kommen, zuvor in der Nacht eine Erscheinung von Jesus erlebt haben. Dadurch wurden in einigen Regionen halbe Dörfer Christen.

Warum gibt es dieses Feuer in Indien und in Guinea, aber kaum in der Schweiz? Kuhn: Wir reichen Schweizer lassen uns immer mehr von der Haltung leiten, wir könnten es auch ohne Gott schaffen. In den armen Ländern jedoch ist Jesus wirklich die einzige Option, die beste Hoffnung, die effizienteste Hilfe. Jost: Einerseits haben wir andern Ländern etwas voraus: Wir können besser über einzelne Denominationen und Konfessionen hinaus zusammenarbeiten als dies in Afrika oder in Indien möglich ist. Auf der andern Seite droht die Leidenschaft für Jesus bei uns viel leichter einzuschlafen. Das mag auch damit zu tun haben, dass soziale und existenzielle Nöte bei uns durch ein dichtes Sozialnetz aufgefangen werden. Warum stossen Christen heute in der Schweiz auf so viel Unverständnis, ja auch Intoleranz? Jost: In unserer säkularen Gesellschaft kommt der neue Atheismus heute viel totalitärer daher als im letzten Jahrhundert. Das ist die grosse intellektuelle und geistliche Herausforderung für uns! Heute lese ich gar, dass die Bibel den Schülern nicht mehr zugemutet werden könne und verboten werden müsse. So etwas ist wirklich nur in der Schweiz und in Europa denkbar, aber nicht auf andern Kontinenten. Kuhn: Das könnte auch eine Frucht davon sein, dass sich der Leib Christi in der Schweiz zu sehr auf sich selber konzentriert. Wir sind zum Teil ein sehr fades Salz geworden in dieser Gesellschaft. Wie aber wollen Sie dem Schimpfwort begegnen, engagierte Christen seien «Fundamentalisten»? Jost: Ich frage jeweils zurück: Was bedeutet dieses Wort für dich? Dann kann ich nur betonen, dass wir die Menschen demütig und überzeugend und nicht auf militante Art erreichen wollen. Kuhn: Das Kennzeichen der Christen muss die überfliessende Liebe und die Begeisterung sein und nicht der totalitäre Anspruch. Wie es Jesus vorgelebt hat: Gnade und Wahrheit gehören zusammen,


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aber Gnade kommt immer zuerst. Jost: «Wahrheit» war am ersten Kongresstag das Thema. Wir halten daran fest, dass es eine Wahrheit gibt, die in der Person von Jesus Christus erkennbar wird. Ohne die Verbindung zu Jesus Christus kommt Wahrheit arrogant daher. Wahrheit und Liebe gehören für den Christen zusammen.

Von einem neuen «Geist der Partnerschaft» in der Gemeinde Christi war in Kapstadt die Rede. Die Gemeinde Christi – sind das auch Katholiken und Zeugen Jehovas? Jost: Das sind sicher keine Zeugen Jehovas, denn ihre Lehren widersprechen unsern theologischen Grundlagen. Doch gemeint sind auch alle katholischen Christen, die andere zum Glauben an Jesus Christus einladen wollen. Sicher gibt es institutionell noch grosse Unterschiede zur katholischen Kirche. Doch im gemeinsamen Glauben an Jesus begegnen wir uns auf persönlicher Ebene und können Partnerschaft leben. Kuhn: Für mich war berührend, wie ein orthodoxer Bischof sagte, er fühle sich an diesem Kongress mit seiner theologischen Ausrichtung sehr wohl. Es habe ihn aber betroffen gemacht, als er merkte, dass er eigentlich zu denen gehöre, die noch missioniert werden müssten. Sie plädieren also doch für eine neue Form der Ökumene? Jost: Ich würde es nicht so sagen. Sonst kommen wir sofort an Grenzen, die Institutionen mit sich bringen. Man kann nicht wegdiskutieren, dass es grosse theologische Unterschiede zwischen katholischer Kirche und Lausanner Bewegung gibt. Das gleiche ist in ethischen Fragen beim Weltkirchenrat zu sagen. Kuhn: Auf institutioneller Basis ist es kaum möglich, einen grösseren gemeinsamen Nenner zu finden. Die katholische Kirche sagt nach wie vor, man könne auch durch Werke gerettet werden. Und in der reformierten Kirche heisst es oft, dass alle gerettet werden, Evangelisation sei gar nicht nötig. Trotzdem ist es möglich, aufeinander zuzugehen, aus einer klaren eigenen Identität heraus, mit Jesus Christus im Zentrum. In diesem Sinn geht es heute mehr um beziehungsorientierte Ökumene. Jost: Bemerkenswert war doch, dass sich der Geschäftsführer des

Der Kongress für Weltevangelisation in Kapstadt Unter dem Motto «Die ganze Kirche bringt der ganzen Welt das ganze Evangelium» fand in Kapstadt in Südafrika vom 17. bis 24. Oktober der dritte Lausanner Kongress für Weltevangelisation (Lausanne III) statt. Unter den 4200 Delegierten aus 198 Ländern befanden sich auch 26 Schweizer. Die «Lausanner Bewegung» entstand 1974 auf Einladung des Evangelisten Billy Graham an

einem Kongress für Weltevangelisation in Lausanne (Lausanne I). Ziel der Bewegung war und ist es, Christen verschiedener Nationalitäten und Gemeinden zur fortgesetzten Evangelisation der Welt zu vereinen. 1989 kam es in Manila zum zweiten Kongress (Lausanne II). Organisiert wurden die Kongresse von der «Lausanner Bewegung» zusammen mit der Weltweiten Evangelischen Allianz.

Weltkirchenrates mit einem Vers aus dem Leitbild von Kapstadt identifiziert hat: «Gott in Christus, der die Welt mit sich selbst versöhnte.» (2. Korinther 5,19) Er sagte dann auch, Versöhnung sei zentral in der Beziehung zu Gott, aber auch zwischen Lausanner Bewegung und Weltkirchenrat.

Welche neue Vision brauchen auch freikirchliche Werke? Jost: Auch in Freikirchen fragt man sich oft: Was bringt es uns? Wir müssen uns bewusst werden, dass wir ein Leib sind. Wir brauchen einander. Wir müssen neu lernen, was es heisst, Einheit so zu leben, wie es Jesus meint. Kuhn: Haben wir in unsern Gemeinden überhaupt eine Vision für das Schweizer Christentum? Die Braut Christi in der Schweiz ist noch in vielen Gelenken wie verkrampft. Sie merkt zu wenig, dass sie eigentlich zum gleichen Leib gehört. Wir müssen diesen Leib, in dem es wirklich Platz hat für jeden Christen, wieder neu entdecken.

Das Reden und Handeln von Christen müsse übereinstimmen, hiess es im Schlussgottesdienst. Was bedeutet das gerade für einen Pastor? Kuhn: Auch ich bin Leiter einer Gemeinde. Wenn ich nur theoretische Theologie vermittle, werde ich sehr wenig bewegen können. Ich muss das Evangelium leben. Jost: Vielleicht lag der Fokus nach «Lausanne I» und «Lausanne II» fast ausschliesslich auf der ewigen Verlorenheit des Menschen. Doch ein Pastor, der den irdischen Schmerz ignoriert, ist nicht glaubwürdig. Er soll sowohl das ewige Heil als auch das Leiden in der Welt im pastoralen Alltag ernst nehmen, ganz nach Jesu Vorbild. «Wegweisende Impulse für die Evangelikalen in der Schweiz» wurden von Kapstadt erwartet. Was wird daraus werden? Kuhn: Die Mitglieder unserer Delegation sind wie Holzscheiter, die Feuer gefangen haben und nun lange brennen und das Feuer weitergeben sollen. Die ganze Delegation trifft sich am 25. November in Bern zu einem Tag «Lausanne III plus». Da wollen wir die wichtigsten Themen sammeln, bündeln und uns dann überlegen, wie sie multipliziert werden können. Jost: Es gibt ja eine «Kapstadt-Verpflichtung». Sie sagt: «Wir lieben, weil Gott uns zuerst geliebt hat.» Jetzt soll die Liebe in allen Facetten sichtbar werden. Es ist denkbar, dass wir dazu eine ganze Predigtreihe zusammenstellen werden für alle Pastoren im Land.

«Gott ist nicht tot. Jesus lebt», wurde in Kapstadt gesungen. Was stärkt Sie in dieser Überzeugung? Kuhn: Das in Kapstadt vermittelte Bild vom Velorad hat sich mir eingeprägt. Christus ist die Nabe, wir sind die Speichen, rund um die ganze Welt. Wenn wir den Speichen entlang zu Jesus gehen, kommen wir einander näher. Wenn wir uns an ihm orientieren, werden wir auch in all den Fragen um Einheit und Versöhnung zusammenwachsen, nicht institutionell, aber organisch. Das überzeugt mich: Aus Jesus kommt alles Leben, nicht aus Institutionen. Jost: Christen rund um den Globus haben sich in Kapstadt getroffen und bezeugt, dass die Gemeinde Jesu lebt durch alles hindurch. Kein System, keine Not, keine Verfolgung kann sie an ihrem Leben hindern! Die christliche Kirche wächst auf der Südhalbkugel des Globus wie nie zuvor, trotz Armut, Korruption, Konflikten. Das zu sehen, war enorm ermutigend. Und es gibt mir Hoffnung für den Fall, dass auch Europa einmal total am Boden sein wird. Inter view: ANDREA VONLANTHEN

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Sündenböcke Europa gestaltet seine Zukunft. Das Europäische Parlament hat 736 Abgeordnete. Diese repräsentieren 500 Millionen Menschen der EU-Mitgliedsstaaten. Diese Abgeordneten bestimmen mit einer immer grösser werdenden Intensität die europäische Gesetzgebung. Und sie bestimmen ohne unser Mittun unser Leben in der Schweiz mehr als die 246 Mitglieder der Bundesversammlung. Warum? Wir haben uns entschieden, die europäische Entscheidungsfindung nicht mitzugestalten. Wenn aber entschieden ist, merken wir, dass diese EU-Richtlinien auch für unser Land grösste Bedeutung haben. Noch glauben viele, dass man mit bilateralen Verhandlungen die Interessen der Schweiz am besten vertreten könne. Der Dachverband der Wirtschaft redet vom bilateralen Königsweg, die wirtschaftsnahe Denkfabrik Avenir Suisse präsentiert ehrlich die Aussage, der bilaterale Wege stosse an seine Grenzen. Und der Bundesrat? Er positioniert sich irgendwie dazwischen: Bilateralismus fortführen, diesen Weg aber auch permanent überprüfen. Alle Varianten sind weit weg von der populären Europadebatte. Diese läuft anders. Zunächst hat sie wenig mit christlichen Grundüberzeugungen oder «tieferen» Begründungen der verantwortlichen gesellschaftlichen Mitwirkung zu tun. Denn sie nährt sich fortwährend von Sündenbock-Bildern. Brüssel ist schuld, der Fremde ist schuld, der freie Personenverkehr ist schuld. Die Debatte weist auf grundsätzliche Probleme in ganz Europa hin: die Exklusion der Eingewanderten, die Angst vor dem Fremden, die Ausgrenzung des Fremdländischen und auch die Verteufelung des Andersgläubigen. Bedrückt stelle ich fest, dass viele Christen in diesen Sündenbock-Chor mit einstimmen und Europa – auch aus der Schweiz heraus – ausgrenzerisch und intolerant mitgestalten. ERIC NUSSBAUMER Der Autor ist Nationalrat der SP und lebt in Frenkendor f BL.


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TAGESSCHAU

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JOURNAL

Landeskirchenforum beschäftigt sich mit dem reformier ten Gottesdienst

Dunant und Evangelium

Welches sind heute gute Gottesdienste?

«Was glaubte Henry Dunant?» Unter diesem Titel hat die Schweizerische Evangelische Allianz (SEA) zum 100. Todestag des Rot-Kreuz-Gründers am 30. Oktober eine Broschüre veröffentlicht. Dem Autor Thomas Hanimann war vor allem Dunants Engagement für zwei heute noch existierende Organisationen wichtig: Dunant war Sekretär der Evangelischen Allianz und half massgebend bei der Entstehung der internationalen Bewegung des Christlichen Vereins junger Männer/Menschen (CVJM) mit. (idea) – www.each.ch

Amzi sucht Leiter Nach dem Abgang ihres langjährigen Leiters Hanspeter Obrist hat das Komitee der Arbeitsgemeinschaft für das messianische Zeugnis an Israel (Amzi) beschlossen, die Leitungsaufgabe auf einen administrativen und einen theologischen Leiter zu verteilen. Die administrative Verantwortung wurde Catherine Meer wein anvertraut, die seit sechs Jahren in diesem Bereich tätig ist. Für die theologische Leitung, die auch die strategische Verantwortung trägt, wird noch eine geeignete Person gesucht. (idea) – www.amzi.org

Ruedi Reich tritt zurück Der Kirchenratspräsident der Evangelisch-reformierten Landeskirche des Kantons Zürich, Ruedi Reich, tritt per Ende Jahr zurück. Reich präsidiert die Zürcher Landeskirche seit 1993. Die neuerliche Erkrankung erlaube es ihm nicht mehr, in das Amt zurückzukehren. Bis zu Neuwahlen werden die Amtsgeschäfte durch den Kirchenrat sichergestellt. (idea)

Sinnloser «Feldzug» Die Schweizerische Evangelische Allianz (SEA) begrüsst es, dass religiöse Fragen öffentlich diskutiert werden. Die derzeitige Kampagne der Freidenker weise jedoch leichtsinnige Züge auf. Der zurzeit von freidenkerischer Seite geführte «Feldzug» gegen religiöse Symbole wie Kirchenglocken, Kruzifixe oder Gipfelkreuze sei sinnlos. Dass die Bibel und das Gespräch über Religion und Christentum aus jedem öffentlichen Raum verbannt werden sollen, widerspreche letztlich dem Prinzip der freien Meinungsäusserung. (kipa) Bild: Fritz Imhof

Landeskirchliche Gottesdienste sind weithin bekannt dafür, dass sie kriseln und immer weniger Besucher haben. Damit will sich das Landeskirchenforum, ein Netzwerk von engagierten Theologen, nicht zufrieden geben. In St. Gallen führte es eine Tagung über innovative Gottesdienste durch. «Gottesdienste sind das Kerngeschäft der Kirche!» Dies betonte Alfred Aeppli, Präsident des Landeskirchenforums und Hauptreferent der Tagung vom letzten Samstag. Der Gottesdienst könne aber nicht isoliert vom Gemeindeaufbau betrachtet werden. Trotz vieler Programme in einer Kirchgemeinde gelte weiterhin: «Das Gemeindeleben wird am Gottesdienst gemessen!» Denn: «Gottesdienste sind die Markenzeichen der Kirche», ergänzte der promovierte Agroingenieur und Theologe, der auch die Besinnungen im Bundeshaus gestaltet. Alfred Aeppli arbeitet in seiner Kirchgemeinde mit 300 Freiwilligen. Jegenstorf ist damit keine typische landeskirchliche Gemeinde, zeigt aber, welches Potenzial in einer grossen Kirchgemeinde liegt, wenn es auch ausgeschöpft wird, und wenn ein Pfarrer auf eine gute Vorarbeit aufbauen kann. In Jegenstorf wirkte vor Aeppli auch der bekannte Evangelist Pfarrer Fredy Staub.

Grosse Vielfalt

«11vor11», «Punkt10», «eSprit» – mit solchen Namen machen neuartige Gottesdienste auf sich aufmerksam. Sie zeichnen sich durch Kreativität, eine hohe Beteiligung von Mitarbeitenden und populäre Musik aus – und durch überdurch-

Innovative Gottesdienste gefragt: Alfred Aeppli, Präsident des Landeskirchenforums, Dölf Weder, Kirchenratspräsident St. Gallen, Jürg Buchegger, Vizepräsident des Landeskirchenforums (von links).

schnittlichen Besuch. Laut Pfarrer Andreas Wahlen aus Oberentfelden spricht der 11vor11-Gottesdienst alle Generationen an. Die Gestaltungsfreiheit bei neuen Gottesdiensten hat für Alfred Aeppli auch Grenzen. Auch moderne Gottesdienste dürften nicht ohne eine liturgische Struktur sein. Vier Elemente seien unverzichtbar. Er beschreibt sie aus der Sicht der Besucher: «Bereit für Gott, berührt vom Wort, bewegt zur Antwort, begleitet vom Segen.» Wie diese Elemente gestaltet sind, ist bei einem neuen Gottesdienst eine Frage der Kreativität.

Ein Gegenakzent

Laut Aeppli haben sich die Gottesdienstgestalter in der Postmoderne dem religiösen Markt zu stellen, sollten aber nicht seiner Logik erliegen. Vorbild für einen guten Gottesdienst ist für ihn Jesus: «Wer ihm begegnete, bekam es mit Gott zu tun!» Solche Got-

«Nahe bei Gott – nahe bei den Menschen» Der St. Galler Kirchenratspräsident Dölf Weder nahm selbst an der Veranstaltung teil und erklärte die Entstehung der Vision der St. Galler Kirche, die im Slogan «Nahe bei Gott – nahe bei den Menschen» ihren Niederschlag gefunden hat. Aufgrund dieser Leitbildarbeit hat die innovative St. Galler Kirche insgesamt fünf 50-Prozent-Stellen geschaffen, welche den Gemeinden helfen,

das mit dem Leitwort verbundene Gemeindeentwicklungskonzept umzusetzen. Nebst der Arbeitsstelle für innovative Gottesdienste gibt es weitere Stellen für populäre Musik, Familie und Kinder, junge Er wachsene sowie Gemeindeaufbau und Mitarbeiter förderung. www.lkf.ch www.ref-sg.ch www.liturgieboerse.ch

tesdienste, die es inzwischen in reformierten Kirchen in der ganzen Schweiz gibt, setzen einen Gegenakzent zur Beobachtung von Religionssoziologen, dass die spirituelle Offenheit in der Gesellschaft an den etablierten Kirchen vorbeigehe. Sie sind aber längst nicht der Normalfall. Es erfordert beharrliche Aufbauarbeit und die geschlossene Unterstützung von Pfarrerschaft und Kirchenvorständen sowie viele Freiwillige, wenn sich der Erfolg einstellen soll. Entscheidend für einen guten Gottesdienst sei das Klima in der Gemeinde. Man müsse bei den Beziehungsstrukturen der Menschen und bei ihren Bedürfnissen anknüpfen, sagte Aeppli. Möglich sei auch, Menschen für eine Mitarbeit zu gewinnen, die bestimmte Begabungen hätten, aber der Kirche noch fernstehen, so Andreas Wahlen.

Innovative Projekte

Die Tagung fand nicht zufällig in St. Gallen statt. Die St. Galler Kirche ist Vorreiterin im Entwickeln neuartiger Gottesdienste und hat dazu eine 50-Prozent-Stelle geschaffen. Der Stelleninhaber Michael Giger, ein IGW-Absolvent, zeigte, wie jede Gemeinde aufgrund ihrer Voraussetzungen und Erfahrungen ein eigenes Konzept entwickeln und umsetzen muss. Zurzeit verfolgen im Kanton St. Gallen 23 Kirchgemeinden insgesamt 17 innovative Projekte. FRITZ IMHOF


TAGESSCHAU

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Licht im Osten feier t in Winter thur und Bern sein 90-jähriges Bestehen

Das Paradoxon von Loben und Leiden Wenn ein Jubilar wie Licht im Osten einen Weltkrieg, den Kalten Krieg und die Wiedervereinigung von Ost- und Westeuropa miterlebt hat, so ist das Anlass zum Feiern – trotz Leid und Entbehrung. Stramme Blechmusik und warme Chorklänge machten es letzten Samstag deutlich: Hier treffen zwei Kulturen aufeinander. In diesem Fall jene des Schweizer Missionswerks Licht im Osten (LiO) und jene seiner osteuropäischen Gäste. Doch ebenso klar ist die gemeinsame Basis, auf welcher beide bauen und welche Missionsleiter Matthias Schöni in seiner Begrüssung hervorhob: «Gott ist es, von dem alles kommt, durch den alles besteht und in dem alles sein Ziel hat. Ihm gebührt das Lob.» (Römer 11,36).

Prägende Gegensätze

Dies wurde im Festgottesdienst auch von Peter Henning vom Theologisch Diakonischen Seminar in Aarau aufgegriffen. Ausgehend von der Leidensgeschichte evangelischer Gemeinden zur Zeit des Kommunismus, welche geprägt war von Gegensätzen, wie Lob und Leid, Anfechtung und Anbetung, Freude und Traurigkeit, Haben und nicht Haben,

Ehe-Arbeit in Tschernobyl, die einer vergessenen Bevölkerung Hoffnung bringt, und durch die Lieferung von Hilfsgütern und Weihnachtsgeschenken für die Ärmsten Europas. Und nicht zuletzt durch das hier anwesende Vokalensemble aus Weissrussland, das auf professionellem Niveau mit Musik evangelisiert. Ihre fröhlich-melancholischen Gesänge waren es auch, die das Paradoxon von Lob und Leid zu einem akustischen Lob trotz Leid zu lösen vermochten. SIBYLLE ZAMBON

Botschaft im Lied: Das Vokalensemble aus Weissrundland.

stellte Henning die Frage: «Kann man da feiern?» Die Antwort gibt die Geschichte: Die Verfolger sind gestürzt, die Gemeinde hat überlebt und wächst trotz widriger Umstände. Henning erinnerte daran, dass Verfolgung als Normalzustand der christlichen Gemeinde zu betrachten sei, und dass diese weltweit verfolgt werde wie nie zuvor. Das Morgenprogramm endete mit einem Rückblick auf die Geschichte von Licht im Osten. Die ehemaligen Verantwortlichen, Peter Haefelinger, Hansruedi Bärtschi und Walter Bösch, berichteten von ihren Erfahrungen und Abenteuern. In der Mittagspause konnten sich

die 350 Gäste am Buffet verpflegen und sich an Ständen informieren.

Loben – trotz Leiden

Danach stand eine «Reise bis ans Ende der Welt» an. In Grussbotschaften und Bildern wurden die Anwesenden eingeladen, Gottes Lichtspur durch Rumänien, die Ukraine, Moldawien, Weissrussland, Tatarstan und Jakutien zu folgen. Auf vielfältige Weise wird hier Kirche gebaut und Not gelindert. Etwa durch Ferienlager für über 1000 Kinder, die so die Bibel kennen lernen und selber zu Botschaftern Gottes werden. Oder durch

Eine Aussensicht Wie sieht ein Pastor und Missionar aus Tatarstan die Schweiz und ihre Gemeinden? Alexander Mandsjuk zu aktuellen Fragen: Gemeindeleben: «Ich habe den Eindruck, der Glaube sterbe in der Schweiz aus. Es fehlen die jungen Leute.» Möglichkeiten: «Ihr habt mehr Freiheiten, mehr Möglichkeiten, an die Öffentlichkeit zu treten, mehr Ressourcen. Die Schwierigkeiten in unseren Ländern fordern uns zum grösstmöglichen Einsatz heraus.» Wünsche: «Bitte gebt uns Literatur und Missionare. Und lebt euern Glauben emotioneller!»

Rapperswiler Christen wollen im M-Budget-Wettbewerb siegen

Christliche WG kämpft mit Kondomen Am laufenden WG-Wettbewerb von M-Budget macht auch eine christliche Wohngemeinschaft aus Rapperswil mit. Mit einem Bungeejumping-Seil aus Kondomen wird die Frage nach der Sicherheit im Leben verknüpft.

Die Kombination von Christen und Kondomen habe in den letzten Tagen die Gemüter erhitzt, meint WG-Mitbegründer Michael Berra. Bis zum 4. November können die fünf Finalisten in der Abstimmung jetzt noch unterstützt werden.

Den Sprung gewagt: Halten Kondome, was sie versprechen? Bilder: Sibylle Zambon, zvg

Ein simpler Wettbewerb

Angefangen hat alles mit einem simplen Wettbewerb, bei dem die ultimative M-Budget-Wohngemeinschaft (WG) gefunden werden soll. Die 13-köpfige WG «Merkurhuus» war von der Idee begeistert (und auch von den Preisen) und machte sich mit Kind und Kegel an die kreative Arbeit. Die Idee für ein Rekordvideo kam spontan: Ein Bungeejump an einem Kondomseil. «Witzig, wirksam, schräg» sollte das Projekt sein. «Wir wollten aber mehr daraus machen und einen Gedankenanstoss hineinpacken.» Der Beitrag kämpft nun mit vier Mitbewerbern um den

Sieg. Die WG war vom grossen Medieninteresse überrascht. «Das Thema Sex und Christen ist immer eine wirksame Mischung», meint Berra. «Wir befinden uns zwischen den Fronten. Meiner Meinung nach ist das genau der Ort, wo wir hingehören: In der Welt, doch nicht von der Welt. Klar in den Werten und doch ohne Berührungsängste.» Die Hauptaussage der Bungeejumper aus Rapperswil unterschreiben: «...auch Kondome bieten nicht alle Sicherheit, die man im Leben sucht!» THOMAS FEUZ www.bungeejump.ch.vu www.merkurhuus.ch.vu


TAGESSCHAU

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Wie sich Freikirchen und Gemeinschaften in der Schweiz entwickeln

ÄXGÜSI

Vor allem jüngere Gemeinden wachsen

Treuer Begleiter

Die Mitgliederzahlen der Landeskirchen sind auch in diesem Jahr rückläufig. Demgegenüber nimmt die Zahl moslemischer Mitbürger zu: Das Wachstum beträgt seit 1990 rund 100 Prozent. Wie entwickeln sich die Freikirchen in diesem Umfeld? Wir haben die Gemeinden des Verbands der Freikirchen und Gemeinden (VFG) nach ihren Strategien zur Gründung neuer Gemeinden und den Perspektiven für 2011 gefragt.

Strategie, Grundsätze

Das Evangelische Gemeinschaftswerk (EGW) verzichtet bewusst auf eine Strategie mit definierten Zeiträumen. Auf Leitungsebene wird an einem Wertepapier zum Thema Gemeindegründung gearbeitet. Wichtiger als Wachstum sei, «dass wir mit Freude an dem dran sind, was vorhanden ist, und fröhlich das Evangelium verbreiten». Im Bund Evangelischer Gemeinden (BEG, Newlife) liegen Gemeindeentwicklung, Hauskreise, Neubekehrten-Schulung und Evangelisationsstrategie in der Verantwortung der einzelnen Gemeinden. Die Konferenz der Mennoniten der Schweiz (KMS) versteht den Prozess der Gemeindeentwicklung als etwas Organisches, das sich nicht nur strategisch planen lässt. «Vorhandene Anzeichen für eine mögliche Entwicklung werden gefördert. Die Schweizerische Pfingstmission (SPM) thematisiert Gemeindegründungen regelmässig. Sie setzt vermehrt auf

Das waren die Fragen

1. Haben Sie eine länger fristige Strategie zur Gemeindeentwicklung? 2. Wie entwickeln sich Ihre Mitgliederentzahlen? 3. Wo konnten Sie neue Gemeinden gründen? Mussten Gemeinden geschlossen werden? 4. Ihre Prognosen für die Zukunft ab 2011? Die Anfrage ging an 14 Gemeindeverbände. Bild: idea/tf

Das Kreuz im Zentrum: Trotz wechselvollem Zeitenlauf bleiben die freikirchlichen Gemeinden ihrem Kernthema treu.

das Modell der Standortgemeinde: Die Muttergemeinde eröffnet einen neuen Standort als nach aussen selbständige Gemeinde, bleibt aber für die Arbeit verantwortlich. Die Chrischona-Gemeinden haben eine qualitative Vorstellung, die nicht abschliessend entwickelt ist. Zielsetzungen betreffen nicht nur Organisation und Struktur, sondern in qualitativer Hinsicht ganz unterschiedliche Bereiche und Ebenen. Die EvangelischMethodistische Kirche (EMK) hat folgendes Grundsatzziel definiert: «Wir leben eine Mission: Menschen in die Nachfolge Jesu Christi führen, auf dass die Welt verändert wird.»

Gesamthaft stagnierend

Die Mitgliederzahl ist gesamthaft stagnierend. Vor allem jüngere Gemeinden wachsen. Die EMK hat in den vergangenen 35 Jahren rund 50 Prozent ihrer Mitglieder verloren. Die SPM konnte im Jahresvergleich um rund ein Prozent zulegen. Etwa ein Drittel aller FEG-Gemeinden wächst. Einen leichten Rückgang an eingeschriebenen Mitgliedern stellt das EGW fest, wobei die Zahlen der Gottesdienstbesucher leicht zugenommen haben.

Projekte nehmen zu

Chrischona, EGW und SPM haben Initiativen gestartet. Die FEG konnte in Altdorf UR eine neue Gemeinde gründen. Finanzieller Druck und fehlende ehrenamtlich

Mitarbeitende lösen zunehmend Fragen nach neuen Strategien aus (teilzeitliche Anstellungen, Zusammenarbeit, Nutzung von Synergien). Mit einer Ausnahme mussten keine Gemeinden geschlossen werden.

Und die Perspektive?

Der BEG plant im Januar 2011 ein Gemeindegründungs-Treffen. Die KMS prüft zwei neue Gemeinde-Projekte. Die SPM wird in Schwyz eine Gemeinde gründen. Die FEG will die regionale Arbeit im Oberwallis ausbauen und hat neun konkrete Projekte. Chrischona unterstützt die örtlichen Gemeinden in ihren Bestrebungen, wobei sich Wachstum «nicht vorrangig in Form von Gemeindegründungen äussert». Das EGW sieht dem Jahr 2011 gelassen entgegen und ist «gespannt, wie Gott weiterführt».

Am Auftrag orientiert

Diese Umfrage wollte den Puls der VFG-Gemeinden fühlen. Deshalb wurden Trend- und Hausgemeinden nicht befragt. Gesamthaft ist eine Abkehr von einseitigen Gemeindewachstumsbestrebungen erkennbar. Ein qualitatives «Bekehrungswachstum» wird höher gewichtet. Die Tendenz geht in Richtung Zellteilung und «Standortgemeinde». Wichtiger als eine Fixierung auf Zahlen ist es den teilnehmenden Gemeinden, auftragsorientiert weiterzuarbeiten. THOMAS FEUZ

Bekanntlich sollten Blumen verschenkt werden, solange jemand noch unter uns weilt. In meinem Fall heisst das, ihn lobend zu erwähnen, solange er noch lebt. Dankbar denke ich da an ihn, meinen langjährigen Begleiter. Er war dabei, wenn es zu schwierigen Sitzungen ging. Hat mich in harten Stunden meines Lebens nicht im Stich gelassen. Hat auch nie nervige Fragen gestellt, wenn ich im Job und am Leben überhaupt verzweifeln wollte. Hat meine Launen still ertragen. In meiner eingeschränkten Mobilität stand er mir zur Seite. Ermöglichte mir, trotz Behinderung, vieles zu sehen. Manche Tage waren wir miteinander unterwegs. Ob auf der Alp oder zum Rebberg, zu einem Predigtdienst oder einem Vortrag irgendwo in der Schweiz: auf ihn war immer Verlass. Selbst in den Urlaub hat er mich in den letzten Jahren begleitet, sofern es diesen überhaupt gab. Aber das ist ein anderes Thema… Ein treuer Freund. Eben hat er mich wieder wohlbehalten von Basel über Schaffhausen in mein Saastal gebracht. Dabei habe ich auf seinen Tacho geschaut. 459 078 Kilometer waren wir unfallfrei gemeinsam unterwegs, hat er mich getragen. Mein Suzuki. Er ist nicht müde geworden dabei. Lässt sich zumindest kaum etwas anmerken. Und lässt mich bis heute geduldig auf den für einen Behinderten angenehm hohen Fahrersitz rutschen. Natürlich hoffe ich, auch künftig auf meinen treuen Begleiter und seine Dienste zählen zu können. Wir haben uns so aneinander gewöhnt. Dazu lässt mein Budget auch keine fremdgehenden Gedanken zu. Ein treuer Begleiter, mein Suzuki. Meine Frau ist es natürlich noch mehr. Und mein Erlöser und Freund Jesus sowieso. Der war auf all den Fahrten auch dabei. Das «Unfallfrei» geht wohl auf seine Kappe. Ihn als treuen Begleiter zu kennen und zu erleben, ist einfach grossartig! CHRISTOPH GYSEL Der Autor ist Pastor und TourismusFachmann in Saas Grund.


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PublirePortage

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CharismaPlus: eine Kampagne der BewegungPlus

Eine Bewegung stärkt ihre Identität! Die Kampagne CharismaPlus führte vom April bis Juni 2010 die 34 Lokalgemeinden der BewegungPlus in eine gemeinsame neue Sehnsucht.

Der VFG Zum Verband «VFG – Freikirchen Schweiz» gehören 15 freikirchliche Körperschaften mit über 600 lokalen Gemeinden, vorwiegend in der deutschen Schweiz. Wir berichten auf dieser Seite über Entwicklungen und Aktualitäten aus den Schweizer Freikirchen, unter anderem über interessante Projekte und Entwicklungen in den Mitgliedsverbänden. Diese Seite wurde von BewegungPlus als Publireportage in eigener Verantwortung geschrieben

Meinrad Schicker Die BewegungPlus ist über 80 Jahre alt geworden. Was als pfingstlichcharismatischer Aufbruch begonnen hat, wird inzwischen etwas nostalgisch als «Geschichte» wahrgenommen. Höchste Zeit, die gemeinsame Identität neu zu klären. Als 2007 die BewegungPlus ihren 80. Geburtstag feierte, machte die für dieses Jubiläum geschriebene Bewegungsgeschichte auf ihre pfingstlichcharismatischen Wurzeln aufmerksam. Damit wurde die nach wie vor spürbare Sehnsucht nach Erneuerung durch den Heiligen Geist neu belebt. In der Folge lancierte der nationale Vorstand für 2010 ein in der Geschichte der Bewegung einzigartiges Projekt. Mit Erfolg: Jede der über 30 Lokalgemeinden der BewegungPlus liess sich für CharismaPlus gewinnen. Die Kräfte bündeln Eine theologische Weiterbildungskonferenz für PastorInnen und Gemeindeleiter im November 2009 nahm die Multiplikatoren theologisch, aber auch emotional mit auf den Weg. Die Bewegungszeitschrit ONLINE ebnete mit motivierenden Beiträgen den Boden und flankierte CharismaPlus während rund einem Jahr. Die Leiterkonferenz – «Ministry Conference» genannt – und die direkt anschliessende Landeskonferenz an Ostern mit rund 1‘300 Teilnehmern bildeten den eindrücklichen Auftakt zur Kampagne. Die Sonntagspredigten der folgenden zehn Wochen wurden gemeinsam vorbereitet. Ein speziell erarbeitetes Andachtsheft für die «10 x7 Tage mit dem Heiligen» begleitete alle Glieder der 34 Gemeinden thematisch durch den April bis Juni 2010. Was ist geblieben? Die Bündelung aller Kräfte hat zum Erfolg des Projekts beigetragen. CharismaPlus steht für die Stärkung unserer Bewegungsidentität: «Wir wollen uns vom Geist Gottes bewegen lassen.» Obwohl starke Erfahrungen mit Gott gemacht wurden – sie sind im Internet unter www.bewegungplus.ch nachzulesen –, war von Anfang an klar, dass sich die Sehnsucht nach der Kraft des

www.freikirchen.ch, www.bewegungplus.ch

Fusswaschung während der Leiterkonferenz 2010

Im Abendmahl gemeinsam Gott erleben (Leiterkonferenz 2010)

Materialien zu CharismaPlus Eine Gebets- und Fastenwoche diente als Vorbereitung auf CharismaPlus, die dann an der Landeskonferenz von Ostern 2010 startete. Das inzwischen vergriffene Andachtsbuch kann im Internet unter www.bewegungplus.ch als PDF heruntergeladen werden. Ebenfalls als Download stehen alle Vorträge der Theologischen Tagung 2009, der Leiter- und Landeskonferez 2010 und alle Ausgaben der Bewegungszeitschrift ONLINE mit Artikeln zu CharismaPlus bereit. Eine Auswahl an Erfahrungsberichten und anderen Beiträgen lädt ein, etwas CharismaPlus-Atmosphäre zu schnuppern. Zur BewegungPlus gehören 34 Lokalgemeinden.

Heiligen Geistes nicht in emotionalen und hypergeistlichen Höhenflügen erschöpfen darf. Entscheidend ist aber nicht, was «bleibt», sondern ob und wie es weitergeht: Pfingsten muss ein ansteckendes und gesellschaftsveränderndes Leben im Hier und Jetzt anstossen. Darum steht als logische Folge der Auseinandersetzung mit dem Heiligen Geist die grosse Herausforderung der Evangelisation über den nächsten beiden Jahren der Bewegungsagenda: Der eigentliche Beweis für den Erfolg von CharismaPlus wird langfristig daran ersichtlich, ob die Bewegung den Weg «in die Welt» finden wird. Warum Gemeinde übergreifende Projekte? Auch Kirchen sind Kinder ihrer Zeit, das geht nicht spurlos an der sich verändernden Bewegungsidentität vorbei. Im Zeitalter des beinahe grenzenlosen (Gemeinde-)Individualismus wird es unerlässlich sein, immer wieder die gemeinsame Identität zu stärken – durch gemeindeübergreifende Projekte wie CharismaPlus. Der Kampagne ist es gelungen, Leiterschaft und Gemeindebasis in eine gemeinsame Dynamik zu führen. Dabei wurde auch die theologische DNA geklärt und multipliziert; aber wahrscheinlich mindestens so prägend waren die gemeinsamen Momente, in denen Gott in der Verkündigung gehört und in den Anbetungsund Segnungszeiten der Leiter- und Landeskonferenz erlebt wurde. Zur Person Meinrad Schicker, verheiratet mit Therese, ein erwachsener Sohn, ist Sekretär der BewegungPlus und Pastor in Thun. Er war verantwortlich für CharismaPlus.


WirTsCHAFT

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KirCHe

LeserBrieFe

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synergie

Auch das Loslassen hat seine Zeit «Alles hat seine Zeit», heisst es im Buch der Prediger. Seine Kräfte zu entfalten, im Beruf und in der Öffentlichkeit seine Gaben einzusetzen, alles hat seine Zeit. Doch plötzlich steht man am Ende des aktiven Lebens, und es gilt, das Szepter der jungen Generation zu übergeben. Abgeben hat auch seine Zeit. Es ging bei mir nicht von heute auf morgen. Man hat seine Identität vielleicht mehr als man denkt von der Leistung abgeleitet. Dann muss es gelernt sein, den Nachfolgern Vertrauen zu schenken. Plötzlich ist man überrascht, dass sie manches sogar besser machen. Und aus Fehlern können sie lernen. Es ist

nicht selbstverständlich, dass eine Geschäftsübergabe erfolgreich ist. Beide, Jung und Alt, sind gefordert, und es braucht im Umgang miteinander das Öl des Heiligen Geistes. Eine zweite Lektion hat uns Gott erteilt, als uns unsere jüngste Tochter mit ihrem Mann anfragte, ob wir ihnen unser schönes und grosses Haus übergeben wollten. Wir machten ab, dass wir während eines Monats um eine Wegführung Gottes beten werden. Schon nach wenigen Tagen wurde uns mitten im Dorf eine im Bau befindliche Eigentumswohnung angeboten, viereinhalb Zimmer auf einer Etage, mit Lift, Tiefgarage,

neben Bank, Post und Laden. Es war Liebe auf den ersten Blick! Wir spüren erst jetzt, wie es eine Entlastung sein kann, mit 72 in eine kleinere Wohnung ziehen zu können, ohne arbeitsintensiven Umschwung. Kürzlich sind wir also umgezogen. Da erlebten wir eine weitere Lektion im Loslassen. Was mussten wir nicht alles durch Brockenstuben und mit einem Container abführen lassen! Jetzt, da wir umgezogen sind, fühlen wir uns wie entschlackt. Wir haben mehr Zeit für uns selbst und für Dienstaufgaben. Wir fühlen uns auch wie vorbereiteter auf die Zeit, in der wir einmal alles zurücklassen müssen. Der Herbst ist ja eine der schönsten Jahreszeiten. Auch der Herbst unseres Lebens ist eine

besondere Zeit. Jesus scheint offensichtlich nebst der Zeit der Vollkraft unseres Lebens auch das Loslassen und Reifen unseres Lebens wichtig zu sein. Er möchte uns ruhiger machen, uns vermehrt auf ihn ausrichten und uns durch seinen Geist noch mehr in sein Bild umgestalten, um uns einmal als eine reife Frucht in seine himmlischen Scheunen einzubringen. rOBerT rAHM Der Autor ist Mitbegründer der Rimussund Weinkellerei Rahm AG, Hallau. Er engagiert sich in der IVCG und verschiedenen christlichen Werken sowie als Referent lebensnaher Themen. robert.rahm@rimuss.ch

EMK Horgen bietet monatlich eine Einstiegshilfe für den Alltag

Mit dem «Wort zum Montag» in die neue Woche in Horgen will die evangelisch-Methodistische Kirche kirchenferne Menschen ansprechen. Mit dem «Wort zum Montag» setzt sie auf eine neue Zeit und Form. Kurz und leicht verständlich ermutigt es am sonntagabend für die neue Woche. Wenn die Christen in Horgen zur Ökumene zusammenkommen, fragt sich Urs Bangerter jeweils: «Wo bleiben die 99 Prozent der Bevölkerung, die hier nicht anwesend sind?» Gemeinsam mit seiner Kirchgemeinde, der EvangelischMethodistischen Kirche Horgen,

Bitte nicht so

«idea Spektrum» Nr. 43 – Podium «Gerechtigkeit» Ich finde es nicht gut, wenn im «Podium» Stellung genommen wird zu aktuellen Abstimmungen. Besonders ungünstig finde ich es, wenn die Kommentare dann so irreführend und verunglimpfend (Neidkampagne, Mogelpackung) sind wie die von Hans-Ulrich Bigler. Besser wäre ein Pro und Kontra, dann könnten die Halbwahrheiten und Irreführungen («Die Schweiz als Hochsteuerland») auch entlarvt und gekontert werden. Im «Podium» bleiben sie unwidersprochen stehen. Das finde ich schlecht. PeTer rOLLi, Nidau Bild: idea/sn

Empfangen und weitergeben: Abraham ist für Urs Bangerter zum Vorbild geworden. Er sprach darüber im «Wort zum Montag».

wollte er deshalb ein Angebot schaffen, das auf kirchenferne Menschen ausgerichtet ist. «Unsere Gottesdienste sind uns lieb und vertraut. Für Aussenstehende kann daran aber vieles langfädig und unverständlich sein.» Der Sonntagmorgen sei zudem als Zeitpunkt nicht besonders attraktiv. Ein neues Angebot sollte sich deshalb vor allem durch Zeit und Form von üblichen Gottesdiensten unterscheiden.

Ermutigung im Alltag

«Wir fragten uns: Was könnte diese Menschen ansprechen?», so der 68-Jährige. In die charismatischpopuläre Richtung wollte man nicht gehen. «Wer ein solches Angebot sucht, wird fündig. Es fehlt

etwas Schlichtes, auf das Wesentliche Konzentriertes», erklärt der ehemalige Leiter des Altersheims «Haus Tabea». Im Gegensatz zum «Wort zum Sonntag» richtet die EMK Horgen den Fokus auf den Alltag. «Für den Sonntag brauche ich keine Ermutigung. Herausfordernd ist der Alltag.» Das «Wort zum Montag» soll deshalb geistlich auf den Alltag vorbereiten und ermutigen. «Das geschieht durch einen Gedanken, den die Zuhörer in der darauffolgenden Zeit weiter beschäftigen soll, sowie durch Gebet und Segen.»

Starke Symbole

Gestartet ist das Projekt mit einer Serie über biblische Figuren. «Wir haben vor einiger Zeit eine

Ausstellung mit dem polnischen Künstler Kazimierz Kowalczyk organisiert. Menschen, die eine seiner Holzskulpturen gekauft hatten oder geschenkt bekamen, haben wir eingeladen, an einem Abend darüber zu berichten. Sie erzählen, an welche Eigenschaften der biblischen Figur sie die Skulptur erinnert, und was dies für sie im Alltag bedeutet.» Bangerter hat selbst eine solche Figur – den Abraham – und gab seine Gedanken dazu weiter. «Abraham steht mit ausgebreiteten Armen da. Er ist bereit, zu empfangen. Das bedeutet, dass er immer wieder loslassen muss, um die Hände ausbreiten zu können. Sein Blick ist dabei hoffnungsvoll nach oben gerichtet.» Für Bangerter hat die Figur grossen Wert. «Sie ist zum Anschauen, Anfassen. Über Symbole – egal ob Figuren, Bilder, Geschichten, Lieder – bleiben Worte in unserem Gedächtnis besser hängen.» Ein Gedanke, ein Symbol, umrahmt von Musik und Gebet, das ist das Rezept des «Wort zum Montag». Die Feier, die immer am letzten Sonntagabend des Monats stattfindet, ermöglicht einen neuen Zugang zum Glauben. Damit bei der Ökumene nicht 99 Prozent fehlen. sTeFAnie nieDerHÄUser www.emk-region-zimmerberg.ch


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WIRTSCHAFT

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Trotz technischem For tschritt bleibt die Abhängigkeit vom Wetter

Gute Saat bringt gute Ernte – und Grund zum Dank Drei gläubige Bauern blicken auf eine wechselvolle Saison zurück. Dank Fingerspitzengefühl und fundiertem Fachwissen bringt jeder eine zufriedenstellende Ernte ein.

Seit vielen Jahren werden die gleichen Erntehelfer beschäftigt, was wesentlich zum Erfolg beiträgt. Ihr Dank geht auch «nach oben»: «Wir haben keinen Grund zu klagen und sind Gott dankbar.»

Der Winzer

Der Milch-/Ackerbauer

Behutsam schneiden die 15 Personen im Weinberg von Samuel Wetli in Männedorf die Chardonnay-Trauben von den Reben. Noch am gleichen Abend werden die Beeren auf dem Betrieb abgebeert und gepresst. Ebenso hilft eine Schar quirliger Kinder bei der «Wümmet» mit. Familie Wetli bewirtschaftet an fünf Standorten 3,2 Hektaren Anbaufläche und keltert 18 Sorten Wein. Das Erntejahr beurteilt Anne Grethe Wetli-Schinzel als grosse Herausforderung: «Erst die Herbstsonne liess die Trauben schön ausreifen. Den idealen Lese-Zeitpunkt zu finden ist eine Herausforderung.»

Impressum Idea Schweiz Herausgeber: Idea Information AG, 4410 Liestal Verwaltungsrat: Heiner Henny, Präsident; Sam Moser, Stellvertreter; Paul Beyeler, Hans Lendi, Hansjörg Leutwyler, Hanspeter Schmutz Ideelle Trägerschaft: Schweizerische Evangelische Allianz (SEA), Verband Evangelischer Freikirchen und Gemeinden (VFG), Arbeitsgemeinschaft Evangelischer Missionen (AEM) Redaktion: Josefstr. 32, 8005 Zürich, Tel. 044 444 16 44, Fax 044 444 16 49 E-Mail: redaktion@ideaschweiz.ch Internet: www.ideaschweiz.ch Chefredaktor: Andrea Vonlanthen Büro: Bahnhofstr. 65, 9320 Arbon Tel. 071 446 70 02, Fax 071 446 74 88 E-Mail: andrea.vonlanthen@ideaschweiz.ch Redaktor: Thomas Feuz Er weitertes Team: Esther Reutimann, David Sommerhalder, Thomas Hanimann, Iris Muhl, Sibylle Zambon, Christian Bachmann, Mirjam Fisch-Köhler, Marlies Reutimann Praktikum: Stefanie Niederhäuser Inserateservice: Jordi AG – das Medienhaus, Roland Rösti, Belpbergstr. 15, 3123 Belp, Tel. 031 818 01 25, Fax 031 819 38 54 E-Mail: inserate@ideaschweiz.ch Aboservice: Jordi AG – das Medienhaus, Ursula Seifried Jordi, Belpbergstr. 15, 3123 Belp, Tel. 031 818 01 20, Fax 031 819 38 54 E-Mail: abo@ideaschweiz.ch Abopreise: Jahresabo Fr. 145.–, Seniorenabo Fr. 117.–, Halbjahresabo Fr. 77.–. Das Abo ist unter Einhaltung einer vierwöchigen Frist jeweils zum Bezugsende kündbar. Konto: PC-Konto 40-788586-4 Idea Information AG, 4410 Liestal Layout/Druck/Versand: Jordi AG – das Medienhaus, Belpbergstr. 15, 3123 Belp, www.jordibelp.ch

Bild: Marlies Reutimann

Im Weiler Rotenflue im Zürcher Unterland bewirtschaftet Michael Welz seinen Bauernhof mit 45 bis 70 Stück Vieh. Die Milch von Welz’ Kühen wird ausschliesslich zur Mozzarella-Produktion im Premiumsegment verwendet. «Das Gras konnte aufgrund des nasskalten Frühlings erst spät gemäht werden, und die Qualität war mässig», stellt Welz fest. Umso mehr ist er mit der Getreideernte zufrieden: «Der Mais war spät reif, der Ackerbau durchschnittlich. Doch der Weizen liebt diesen Nährboden hier. Der sanfte Wind schafft gute Vorraussetzungen für eine qualitativ hochstehende Weizenernte.» Selbst die grossen Temperaturunterschiede im Frühling und Sommer hätten die Qualität nicht gemindert. «Das Mehl aus diesem Weizen eignet sich hervorragend

Der Imker

Perspektiven finden: Der Nachwuchs hilft mit, erfolgreich (Nischen-)Produkte zu platzieren.

für schöngeformtes, gutes Brot», fügt er lächelnd an. Zum Erfolg trägt die hohe Mechanisierung bei: «Früher war der Bauer stärker vom schönen Wetter abhängig. Heute bringt man das Heu früher ein. Die Heubelüftung hilft dem Trocknungsprozess nach.» Sein Vertrauen wurde belohnt: «Im Frühling sah es noch anders aus, doch Gott hat uns eine gute Ernte geschenkt!»

Ähnlich sieht es bei Leo Isler, Herr über 250 Bienenvölker, aus. Er lebt in Gerlisberg oberhalb von Kloten. 90 Bienenvölker sind im Toggenburg an der Arbeit, 30 Völker sammeln im Bündnerland den begehrten Berghonig. Die restlichen Bienenstöcke hat Leo Isler in der Umgebung von Kloten aufgestellt. «Meine 30-jährige Erfahrung kommt mir besonders bei einem schlechten Bienenjahr zugute», erzählt Isler. Es sei von grosser Bedeutung, bestimmte Arbeiten genau der Jahreszeit entsprechend zu erledigen. Gewissenhafte Arbeit trage massgeblich dazu bei, Verluste wie beim Bienensterben zu mindern. Islers Bilanz zur Saison 2010: «Im Frühling flogen die Bienen nicht. Dank des kurzen, aber intensiven Sommers dürfen wir uns aber an einem durchschnittlichen Ertrag freuen.» MARLIES REUTIMANN

www.wetli-weinbau.ch www.gerlisberg.ch

Viele Neuerscheinungen bringen «Hoffnung für alle»

Seitenweise spannende Lektüre Wenn im Herbst die Blätter von den Bäumen fallen, sind die langen Abende nicht mehr weit. Die christlichen Verlage präsentieren in diesen Wochen ihr neues Programm. Das gedruckte Wort erscheint auch im Mail- und e-Book-Zeitalter in einer grossen Vielfalt. Es würde den Rahmen eines solchen Berichts sprengen, möchte man allen Verlagen gerecht werden. So haben wir uns auf einen einzelnen Verlag beschränkt.

Bestseller als Magazin

Die beliebte Übersetzung «Hoffnung für alle» erscheint mit gefälligen Einbänden. Speziell sollte man(n) die «Männer-Edition» mit 32-seitigem Farbteil beachten. Die «Basics-Edition» erscheint mit 160 Seiten Erklärungen, Informationen und

Hintergründen in Farbe. Die «Senfkorn»-Ausgaben finden in jeder Tasche Platz. Jüngere Kinder dürfen sich an der Kinderbibel «Gott liebt dich» sowie an den beiden Ausmalbibeln freuen. Den Bestseller Bibel gibts auch als Hörbibel auf CD oder MP3. Wer wegen der vielen persönlichen Notizen seine «alte» Bibel behalten möchte, entscheidet sich vielleicht für eine neue trendige Bibelhülle.

Für Höhen und Tiefen

Der Film «Treffpunkt Gipfelkreuz» (vergleiche «Spektrum» Nr. 33/10) präsentiert die grossartige Welt über den Herbstwolken. Die «Kaminski-Kids»-Bücher sind auch als Paket und als Hörspiel auf CD erhältlich. Für die lesefreudige Frau sei auf den Abenteuerroman «Ein Sommer der Leidenschaft» oder den span-

nenden Liebesroman «Liebe auf der Flucht» hingewiesen. «Der verschwenderische Gott» arbeitet die Geschichte der beiden (!) verlorenen Söhne und ihres liebenden Vaters auf. «Der Kampf um meine Seele» beschreibt die Abhängigkeiten und den überraschenden Neubeginn einer früheren Reiki-Lehrerin. «Schüsse nach dem Gottesdienst» berichtet, wie die vierfachen Eltern den Verlust ihrer beiden Töchter verarbeitet haben. Mit «Advent mit 2 Engeln» präsentiert Wolfgang Steinseifer passend zur Jahreszeit «eine Weihnachtsgeschichte für vierundzwanzig Tage». Wenn die Blätter fallen, warten in den Buchhandlungen auf bedruckten Blättern seitenweise Entdeckungen auf uns. THOMAS FEUZ www.brunnen-verlag.ch


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TAGESSCHAU

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Der messianische Jude und Pastor Benjamin Berger wieder in der Schweiz

Politischer Friede in Israel wäre eine Illusion Zusammen mit anderen messianischen Juden bildet Benjamin Berger eine Brücke zwischen Christen und den Juden als Volk Gottes. Erst wenn Christen und Juden zu einem Leib im Messias Jesus zusammenwachsen, komme die Fülle Gottes zum Tragen.

Bewusstsein, dass etwas fehlt. Gemeindegründungen, Aufbrüche und Ökumene sind Reaktionen darauf. Doch es wird immer etwas fehlen, wenn nicht die Urspaltung aller Spaltungen, die Spaltung zwischen dem messianischen Israel und dem Christentum aus den Nationen, geheilt wird.»

«Der Weg. Der gute Weg unseres Lebens mit Jeschua im Land Israel.» So lautet der Titel von Benjamin und Ruben Bergers Biografie. Das Buch erschien im Oktober im Echad-Verlag. Aus den beiden säkularen Juden mit orthodoxem Hintergrund wurden messianische Juden, die auf überraschende Art und Weise Zusammenhänge des Alten und Neuen Testamentes darzulegen vermögen. Benjamin Berger, Pastor einer messianischen Gemeinde in Jerusalem, reist regelmässig in die Schweiz und hält zusammen mit dem Verein Gemeindehilfe Israel Seminare und Referate. «idea Spektrum» traf den 69-Jährigen zum Gespräch in Riehen.

Israel als Orientierung

Gott erkennen

«Israel befindet sich in einem geistlichen Kampf», erzählt Berger. «Die Zahl der Juden, die Jesus als Messias erkannt haben, ist in den vergangenen Jahren stark gestiegen. Gleichzeitig betrachten uns orthodoxe Juden als Bedrohung. Sie setzen uns mit Christen gleich, von denen sie denken: ‹Sie haben uns verfolgt, ihr Glaube kann nicht gut sein.›» Er sei jedoch überzeugt, dass Gott ihnen den Messias durch seinen Geist offenbaren wolle. «Die Juden werden erkennen, wer Gott wirklich ist. Sie sollen nicht nur von seiner Liebe hören, sondern sie erfahren.» Aus diesem Grund haben die messianischen Juden eine wichtige Aufgabe

Zeigt Zusammenhänge auf: Benjamin Berger macht in seinen Referaten auf die zentrale Bedeutung Israels aufmerksam.

in ihrem Land: Sie sind mit ihrem Leben Zeugnis von Gottes Liebe und Wahrheit. Derweilen hätten viele Christen Israel aufgegeben und sich von diesem Land und Volk abgewendet. «Früh in der christlichen Geschichte entwickelte sich eine Ersatztheologie. Kirchenväter deuteten die Zerstörung des Tempels und der Stadt Jerusalem als Zeichen dafür, dass Gottes Weg mit dem jüdischen Volk zu Ende sei.» Dieses Denken sei wie eine gefärbte Brille, mit der die Christen bis heute die Bibel lesen würden. Was ursprünglich für Israel galt, gilt heute nur noch für die Christen, was Israel verheissen war, wird auf die Christenheit umgedeutet. Berger ist überzeugt, dass dies nicht Gottes Plan ist: «Gott hat mit dem Volk Israel einen ewigen Bund geschlossen. Dieser Bund verheisst

Was der Verein Gemeindehilfe Israel bezweckt Der Verein Gemeindehilfe Israel unterstützt messianische Gemeinden in ganz Israel finanziell und im Gebet. Benjamin und Ruben Berger sind die direkten Partner des Vereins. Durch Seminare, Referate und Schriften will der Verein die Botschaft der messianischen Juden zu den Schweizer Christen Bild: zvg

bringen. Präsident des Vereins ist Pfarrer Christoph Meister, Herausgeber der Berger-Biografie. Geschäftsführer ist Sigfried Schmid, der gleichzeitig auch Geschäftsführer des Echad-Verlages ist. www.gemeindehilfe-israel.ch www.echad.ch

den Nachkommen Abrahams das Land Israel. Gott hält sein Wort. Wie könnte ich sonst vertrauen, dass er den ‹neuen Bund› mit der Erlösung durch Jeschua halten wird?»

Zwei Teile – ein Leib

Dass Gott Israel auch im «neuen Bund» eine zentrale Rolle zugedacht hat, zeigt sich für Berger an drei Modellen im Neuen Testament, die das Gleiche ausdrücken. Die Gemeinde Christi besteht aus zwei Teilen: Dem jüdischen Teil und dem Teil der Christen aus allen Nationen. Ein Beispiel davon steht in Römer 11. Hier wird das Volk Israel als der edle Ölbaum beschrieben, dessen Wurzel Christus ist. Weil einige Zweige des Ölbaums wegen ihres Unglaubens ausgebrochen wurden, nahm Gott Zweige eines wilden Ölbaums – sie stehen für die Heidenchristen – und pfropfte sie in den edlen Ölbaum ein. «Die Gläubigen aus den Juden und aus den Heiden haben je ihre besondere Begabung und Berufung. Die ganze Fülle Gottes wird aber erst dann offenbar, wenn sich beide Teile versöhnen und eins werden in Christus.» Diese Einheit ist es, die Berger anstrebt. «In den heutigen Gemeinden wächst immer mehr das

«Die Juden rechnen mit einem Messias-König, der sein Reich auf dieser Welt aufbaut. Das tat Jesus nicht – noch nicht, sage ich – also warten sie immer noch. Die Heidenchristen haben Jesus angenommen, der sagte, sein Reich sein nicht von dieser Welt. Für sie hat Jesus seinen Auftrag erfüllt. An eine heilsgeschichtliche Bedeutung Israels glauben sie nicht mehr. Doch die Heilsgeschichte gehe weiter. «Gottes Handeln mit Israel gibt Orientierung über den Weg Gottes mit der Menschheit. Klammern wir Israel aus, verlieren wir diese Orientierung. Es ist erst ein Teil der Verheissungen erfüllt, die übrigen werden sich noch erfüllen.»

Versöhnung im Kleinen

Für Berger ist deshalb die momentane Situation im Nahen Osten ein geistlicher, nicht ein politischer Kampf. «Ein politischer Frieden in dieser Region ist eine Illusion. Eine Zweistaatenlösung ist eine Scheinlösung. Diesen Konflikt kann nur Jesus lösen.» Auch die Moslems glauben nicht an eine politische Lösung. Doch die Welt sei geprägt von einem humanistischen Menschenbild, und dadurch seien selbst Christen überzeugt, Israel hätte kein Anrecht auf das Land. «Klar, es wäre einfacher so. Aber es entspricht nicht der Verheissung der Bibel und dem Plan Gottes. Wer die Bibel ernst nehmen will, kann das nicht einfach ausblenden.» Friede sei aber im Kleinen möglich. Berger lebt in einer Lebensgemeinschaft, unter anderen mit einem vom Islam zum Glauben an Jesus konvertierten Palästinenser. «Hier kann Versöhnung stattfinden. In der Liebe Jeschuas vereint, wird etwas vom Frieden des kommenden Gottesreichs sichtbar.» STEFANIE NIEDERHÄUSER


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N AC H R IC H T E N

Die deutsche Kanzlerin und die Evangelikalen EVANGELISCHE ALLIANZ Angela Merkel empfing Vertreter der „intensiv evangelischen Christen“ im Kanzleramt.

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undeskanzlerin Angela Merkel nimmt die Evangelikalen in Deutschland als besonders „intensiv evangelische Christen“ wahr. Das erklärte sie gegenüber Vertretern der Deutschen Evangelischen Allianz, dem größten evangelikalen Dachverband.

der, sowie der gesamten Unionsfraktion für verfolgte Christen und für vom Islam zum Christentum übergetretene ehemalige Muslime. Im Gespräch mit der Kanzlerin wurde besonders auf Fälle in Afghanistan und in Kasachstan aufmerksam gemacht. Die Regierungschefin sagte zu, sich bei ihrem Besuch im Dezember in Kasachstan erneut um diese Vorgänge zu kümmern.

Evangelikale unterstützen Kanzlerin beim PID-Verbot

v. l.: Wolfgang Baake, Jürgen Werth, Angela Merkel, Theo Schneider

Ferner betonte die CDU-Vorsitzende bei der Begegnung im Kanzleramt, sie fürchte nicht den Islam, sondern ein Nachlassen des christlichen Glaubens in Deutschland. Der Allianzdelegation gehörten der Vorsitzende Jürgen Werth (Wetzlar), sein Stellvertreter Theo Schneider (Kassel) und der Beauftragte am Sitz von Bundestag und Bundesregierung, Wolfgang Baake (Wetzlar), an. Sie bedankten sich für das konsequente Eintreten Merkels und des Vorsitzenden der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Volker Kau-

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In dem Gespräch ging es auch um die Präimplantationsdiagnostik (PID). Die Kanzlerin bestätigte ihre Haltung für ein Verbot per Gesetz. Die Vertreter der Allianz unterstützten diese Forderung und dankten der Kanzlerin für ihre eindeutige Haltung. Mit der PID werden künstlich befruchtete menschliche Embryonen im Reagenzglas untersucht und bei erkennbaren gesundheitlichen Defiziten getötet. Bis zu einem Urteil des Bundesgerichtshofs vor drei Monaten galt die Methode als durch das deutsche Embryonenschutzgesetz verboten. Die CDU will sich auf ihrem Bundesparteitag vom 14. bis 16. November mit der PID befassen. Die Deutsche Evangelische Allianz hat ihren Sitz in Bad Blankenburg (Thüringen). Werth ist im Hauptamt Vorstandsvorsitzender von ERF Medien (früher Evangeliums-Rundfunk), Schneider Generalsekretär des Evangelischen Gnadauer Gemeinschaftsverbands und Baake Geschäftsführer des Christlichen Medienverbundes KEP (Konferenz Evangelikaler Publizisten). P

idea Fernseh- und Hörfunk-Tipps

6. November – 12. November

FE R NSE H E N Sonntag, 7. November Das Vierte 9.00–9.30 Bibelstunde mit Pastor Bayless Conley

9.30–10.15 Ev. Gottesdienst aus Hannover mit Bischofsvikar Hans-Hermann Jantzen

9.30–10.00 „Der gereinigte Tempel“ mit Pastor Wolfgang Wegert

10.55–12.25 Wie ein Urvolk der malaysischen Insel Borneo zum Christentum konvertierte

Dienstag, 9. November

Donnerstag, 11. November

11.00–12.00 Gottesdienst aus dem Bibelkonferenzzentrum Langensteinbacher Höhe mit Pastor Andreas Schäfer

17.30–18.00 DSDS-Juror Thomas M. Stein über sein Leben zwischen Rampenlicht und krebskranker Frau

17.35–18.00 Chi Rho. Zeichentrickserie zu biblischen Geschichten

16.30–17.00 Porträt des christlichen Musikers Jens Böttcher

0.00–0.15 Reportage von der Wahl des neuen EKD-Chefs

21.15–22.00 Günther Zgubic, der oberste Gefängnisseelsorger Brasiliens

HÖRFUNK Sonntag, 7. November

Montag, 8. November

WDR 3 8.30–9.00 Das Leben Christi von Hollywood bis Oberammergau

RBB Kultur 9.04–9.30 Keuschheit – eine Tugend für heute?

NDR Info 10.00–11.00 Evangelischer Gottesdienst aus Buchholz (Nordheide)

NDR Kultur 8.40–9.00 Wenn Kinder die Frage nach dem Sterben stellen

9.30–10.00 Predigt mit Pastor Meinard Schicker von der ev. Freikirche „BewegungPlus“, Thun

NDR Info 17.05–17.30 Dürfen Ärzte Patienten beim Sterben helfen?

20.00–21.00 Ulrich Parzany: Frieden – wie halten wir uns aus? 21.30–22.00 Forum Single: OnlinePartnersuche – was dafür und was dagegen spricht

Donnerstag, 11. November 20.00–21.00 Das Pastorenehepaar i. R. Christian und Anneliese Meier im Gespräch mit Pastor Horst Marquardt über ihr Leben mit Anfechtungen und Glaubenssiegen.

Wer reagieren möchte, kann dies unter folgenden Rufnummern tun: ARD: 089/5900-3344 | Bibel.TV: 040/4450660 | Das Vierte: 0180/5843783 Deutschlandfunk und Deutschlandradio: 0221/345-1831 | DRS 2: (0)848/808080 | ERF: 06441/957-0 | HR (TV): 069/1555111 | Kabel 1: 0180/5011150 KiKa: 0180/2151514 | Luth. Stunde: 04264/2436 | MDR: 0341/300-5401 | NDR: 0511/988-2393 | Phoenix: 0180/28213 | RBB: 030/97993-2171 SF 2: (0)62/2059050 | SR 2: (0)681/6022222 | SWR: 07221/929-0 | WDR (Radio): 0221/5678-333 | WDR (TV): 0221/5678888 | ZDF: 06131/702164

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USA: Evangelische Pastoren beurteilen zu 61% Obama kritisch

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USA Die Amtsführung von US-Präsident Barak Obama trifft bei den meisten protestantischen Pastoren auf Kritik. 61 % missbilligen seine Politik (47 % sogar sehr); 30 % beurteilen Obama positiv (14 % sehr).

D

as geht aus einer Umfrage hervor, die das baptistische LifeWay-Institut (Nash ville/Tennessee) Mitte Oktober durchgeführt hat. Wenig überraschend stehen vor allem die theologisch konservativen – also evangelikalen – Pastoren dem Präsidenten kritisch gegenüber: 55 % missbilligen seine Politik sehr. Hingegen liegt der Anteil der starken Obama-Kritiker unter theologisch liberalen Geistlichen bei 34 %. Kurz vor den Kongresswahlen am 2. November zur Halbzeit von Obamas

vierjähriger Legislaturperiode ist die Zustimmung zu seiner Amtsführung in der gesamten US-Bevölkerung auf 44,7 % gesunken, dem niedrigsten Stand, seit er am 20. Januar 2009 in das Weiße Haus einzog.

Keine Empfehlung von der Kanzel Auf den Ausgang der Kongresswahlen am 2. November werden die protestantischen Pastoren kaum direkten Einfluss ausüben. Denn 84 % sprechen sich gegen Empfehlungen von der Kanzel aus. P

Pro Obama: 30 % Kontra: 61 % Präsident Obama verlässt zusammen mit Frau Michelle und seinen Kindern Malia und Sasha nach einem Gottesdienst die (anglikanische) Episkopalkirche St. John’s in Washington. Rechts hinten Pastor Luis Leon.

Streit zwischen Vatikan und Israel: Kein auserwähltes Volk mehr? NAHOST-SYNODE Ein Treffen katholischer Bischöfe hat zu einer heftigen Kontroverse zwischen Israel und dem Vatikan geführt. Insbesondere Äußerungen eines aus dem Libanon stammenden Erzbischofs riefen heftige Kritik der israelischen Regierung hervor. Der Vatikan ist um Schadensbegrenzung bemüht.

Fotos: Obama/Reuters; Bustros/PR

Z

u einer Kontroverse ist es zwischen dem Vatikan und Israel gekommen. Anlass war die zweiwöchige Bischofssynode für den Nahen Osten im Oktober im Vatikan. Der aus dem Libanon stammende Leiter der griechisch-melkitischen Kirche in den USA, Erzbischof Cyrille Salim Bustros (Newton/Bundesstaat Massachusetts), hatte vor Journalisten gesagt, man könne damit – dass in der Bibel dem auserwählten Volk Israel das Land „versprochen“ sei – nicht rechtfertigen, dass Juden im (palästinensischen) Westjordanland siedelten. Mit diesen Worten nahm er zu einer Passage in der Synodenbotschaft Stellung, in der es heißt: „Es ist nicht erlaubt, auf theologische biblische Positionen zurückzugreifen, um sie zu einem Instrument zur Rechtfertigung von Ungerechtigkeit zu machen.“ Bustros sagte weiter: „Es gibt nicht länger ein auserwähltes Volk. Alle Männer und Frauen aller Länder sind zum auserwählten Volk geworden.“ Das Konzept des verheißenen Landes könne nicht als Grundlage für die Rechtfertigung der Rückkehr der Juden nach Israel und die Vertreibung von Palästinensern dienen:

ideaSpektrum 44.2010

„Die Rechtfertigung der israelischen Besetzung des Landes Palästina kann nicht auf heilige Schriften gestützt werden.“

Israel: „Wir sind entsetzt“ Der stellvertretende israelische Außenminister Daniel Ayalon forderte den Vatikan auf, sich von den „beleidigenden Bemerkungen“ Bustros zu distanzieren. Ayalon: „Wir sind entsetzt über die Sprache, die Erzbischof Bustros in seiner Pressekonferenz benutzte.“ Es werde deutlich, dass die Synode insgesamt „Geißel“ der antiisraelischen arabischen Mehrheit der Bischöfe geworden sei. Der Vatikan war anschließend um Schadensbegrenzung bemüht. Es gelte der Text der „Botschaft der Synode“. Interpretationen einzelner Teilnehmer könnten nicht als Ansicht der Bischofssynode gewertet werden, sagte Vatikan-Sprecher Federico Lombardi.

Bischöfe fordern: Die Besetzung arabischer Gebiete beenden In der Abschlussbotschaft werden die UN aufgerufen, die notwendigen juristischen Maßnahmen zu ergreifen, „um die Besat-

zung der verschiedenen arabischen Territorien zu beenden“. Auf diese Weise bekämen die Palästinenser „ein unabhängiges und souveränes Vaterland“, in dem sie „in Würde und Stabilität leben“ könnten. Israel wiederum könnte dann „den Frieden und die Sicherheit innerhalb international anerkannter Grenzen genießen“.

Christliche Botschaft widerspricht Scharfe Kritik an der Nahost-Synode übte auch die Internationale Christliche Botschaft Jerusalem (ICEJ). Der Vatikan müsse sich von der „antijüdischen Hetze“ durch Bustros distanzieren. Es reiche nicht aus, dessen Diffamierung als „persönliche Meinung“ abzutun, sagte der Geschäftsführende ICEJ-Direktor Malcolm Hedding. Bustros habe behauptet, für alle anwesenden Bischöfe zu sprechen. Die ICEJ vertritt nach eigenen Angaben Christen in über 125 Ländern, „die Israel in Solidarität verbunden sind“. P Bischof Bustros


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N AC H R IC H T E N

NOTIERT Polen: Lutherische Kirche weiter gegen Frauenordination

Mehrfaches Leid trifft Christen in Indonesien HEIMSUCHUNG Seit Jahren bedrängen extremis-

tische Muslime die christliche Minderheit in dem südostasiatischen Land. Jetzt traf die Christen zusätzlich noch ein Seebeben.

I

n Indonesien wird Christen das Leben doppelt schwergemacht: Seit Jahren hindern extremistische Muslime sie an der Ausübung ihres Glauben, und jetzt hat sie noch eine Naturkatastrophe besonders betroffen. In diesem Jahr wurden bereits 29 Kirchen zerstört oder zwangsweise geschlossen; in den beiden Vorjahren waren es jeweils 14. Das berichtete eine Delegation des Dachverbandes Evangelischer Kirchen in Indonesien bei einem Deutschlandbesuch. Wie die Kirchenvertreter in der Wuppertaler Zentrale der Vereinten Evangelischen Mission mitteilten, komme es zunehmend zu radikalen muslimischen Protestaktionen mit Slogans wie „Stoppt die illegale Anbetung“ oder „Keine Kirchen in unserer Region“. Christen, die ihren Gottesdienst nach der Schließung oder Zerstörung ihrer Kirchen im Freien feiern, würden dort mitunter von einer aufgebrachten Menge oder der Polizei bedrängt. Zwar sei die Religionsfreiheit in der Verfassung verankert, doch werde sie von lokalen Behörden missachtet. Die Regierung unter Staatspräsident Susilo Bambang Yudhoyono schweige zu den Angriffen auf Christen und andere nichtmuslimische Religionsgemeinschaften.

Indonesien: 240 Millionen Einwohner Muslime: 80 % Christen: 16 % Hindus: 2% Buddhisten: 1% Stammesreligionen: 1 %

Bei einem Treffen der Delegation mit dem Auslandsbischof der EKD, Martin Schindehütte, in Hannover sagte er, Indonesien brauche „eine Koalition für Toleranz, in der Christen, Muslime und Angehörige anderer Glaubensgemeinschaften zusammenarbeiten“.

Tsunami trifft christliche Dörfer Unterdessen haben die jüngsten Naturkatastrophen besonders Christen heimgesucht. Am 25. Oktober ereignete sich nahe den Mentawai-Inseln (West-Sumatra) ein Seebeben, gefolgt von einem Tsunami. Eine drei Meter hohe Flutwelle überrollte 13 Küstendörfer. Die Zahl der Todesopfer ist bereits auf mehr als 500 gestiegen. Die Mentawai-Inseln sind vor allem von Christen bewohnt. Mindestens eine Kirche ist zerstört worden. Der Internationale Direktor des Hilfswerkes Barnabas Fund, Patrick Sookhdeo, sorgt sich um die Zukunft der Christen. Nach früheren Naturkatastrophen in Indonesien hätten Muslime ihre Präsenz in von Christen bewohnten Gebieten verstärkt. P

Österreich: Pietist erhält eine hohe Auszeichnung Eine hohe staatliche Auszeichnung hat der Präsident der Generalsynode der Evangelischen Kirche in Österreich und der Synode Krömer Augsburgischen (also lutherischen) Bekenntnisses erhalten, der Rechtsanwalt Peter Krömer (St. Pölten). Bundespräsident Heinz Fischer verlieh ihm das „Große Silberne Ehrenzeichen mit dem Stern“ für Verdienste um die Republik Österreich. Krömer, der sich als „pietistisch geprägt“ bezeichnet, ist seit 25 Jahren Mitglied der Synoden und seit 1992 deren Präsident. Darüber hinaus hat er zahlreiche weitere Ehrenämter inne. In seiner Laudatio sagte Ministerialrat Karl Schwarz (Wien) an die Adresse des Geehrten: „Keiner vermag die Stunden zu ermitteln, die du ehrenamtlich in den unterschiedlichen Gremien und Ebenen zugebracht hast: verhandelnd, diskutierend, vortragend, moderierend, predigend und betend.“ Krömer wies bei der Feier auf sein biblisches Lebensmotto hin: „Dient einander, ein jeder mit der Gabe, die er empfangen hat, als die guten Haushalter der mancherlei Gnade Gottes (1. Petrus 4,10).“ So verstanden sei diese Ehrung „nicht mein Verdienst“. Die Evangelische Kirche in Österreich besteht aus zwei Bekenntnissträngen: einem lutherischen mit rund 312.000 Mitgliedern und einem reformierten mit etwa 14.000 Mitgliedern.

Fotos: Tsunami/dpa; Krömer/PR

Die 4-jährige Nadia hat den Tsunami überlebt. Sie wird in einem Behelfshospital behandelt, das in einer evangelischen Kirche in Sidakap (Mentawai-Inseln) eingerichtet wurde

Die größte evangelische Kirche in Polen – die Evangelisch-Augsburgische Kirche – hat sich jetzt erneut gegen die Frauenordination ausgesprochen: 33 Synodale stimmten gegen Pastorinnen, 20 dafür, 7 enthielten sich. Die lutherische Kirche hat rund 80.000 Mitglieder (0,2 % der Bevölkerung), die von knapp 150 Pfarrern betreut werden. Die nächstgrößere evangelische Kirche ist die Pfingstkirche mit rund 20.000 Mitgliedern. Von insgesamt über 230 lutherischen Kirchen weltweit lehnen etwa 80 die Frauenordination ab.

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Mit einem zweieinhalbstündigen Festgottesdienst endete der achttägige Kongress in Kapstadt

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Wie Evangelisation im 21. Jahrhundert gelingt LAUSANNER KONGRESS Acht Tage lang berieten rund 4.200 christliche Führungskräfte aus 197 Ländern beim 3. Lausanner Kongress für Weltevangelisation in Kapstadt über die Weltmission. Organisiert hatte das Treffen die Lausanner Bewegung für Weltevangelisation zusammen mit einer weiteren evangelikalen Dachorganisation, der Weltweiten Evangelischen Allianz. Dazu ein Kommentar von Matthias Pankau (Leipzig), der in Kapstadt dabei war, sowie Meldungen.

Evangelikale haben Frauen lange benachteiligt GLEICHBERECHTIGUNG Frauen haben innerhalb der evangelikalen Bewegung zu lange eine untergeordnete Rolle gespielt, so eine Leiterin, Elke Werner.

D

iese Ansicht vertrat die Leiterin der Gruppe „Frauen in der Evangelisation“ innerhalb der Lausanner Bewegung, Elke Werner (Marburg). „Wir haben es lange Zeit versäumt, unsere Stimme für die Frauen zu erheben“, sagte sie. Auch in christlichen Familien würden Frauen von ihren Männern geschlagen. Dies werde mit einer falschen Bibelauslegung gerechtfertigt, die angeblich Unterordnung

und Gehorsam der Frau gegenüber dem Ehemann gebietet. Man habe Frauen trotz ihrer Begabungen Führungspositionen verweigert und sie stattdessen in die Küche gesteckt. „Doch im Reich Gottes gibt es keine Bürger zweiter Klasse“, so Frau Werner. Innerhalb der Lausanner Bewegung seien Frauen und Männer gleichwertige Partner. In Zeiten von Sextourismus, Pornografie und Kindesmissbrauch

könne die Kirche einen Unterschied machen in der Art, wie sie mit Frauen Werner: „Im Reich umgehe, sagte Frau Gottes gibt es keiWerner. Die Lausan- ne Bürger zweiter Klasse.“ ner Bewegung sollte außerdem „an vorderster Front“ stehen, wenn es darum gehe, solche Missstände zu bekämpfen. P

Fotos: Abschluss/Lausanne Movement; Pankau/Idea/Kretschel; Werner/PR

KOMMENTAR zum Lausanner Kongress für Weltevangelisation

So ist Mission glaub-würdig „Kapstadt“ hat gezeigt, dass Mission und Evangelisation von zeitloser Aktualität sind. Weltweit erleben Menschen auch heute, wie der Glaube an Jesus Christus ihr Leben verändert. Davon können und wollen sie nicht schweigen. Eine Stärke des Lausanner Kongresses für Weltevangelisation lag darin, dass man versucht hat, den in der allgemeinen Wahrnehmung eher negativ behafteten Missionsbegriff neu mit Inhalt zu füllen: 1. Bei Mission geht es nicht um den Export des westlich-kapitalistischen Lebensstils, sondern um die Weitergabe der bibli-

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schen Botschaft. Deshalb ist es so wichtig, dass Reden und Handeln von Christen übereinstimmen. Wer Bescheidenheit und Demut predigt, darf nicht einen Lebensstil pflegen, der weit über dem der Menschen liegt, mit denen er zusammenlebt. 2. Dass Menschen sich für ein Leben als Christen entscheiden, ist zentral. Mindestens ebenso wichtig ist aber die „Nachsorge“ – sich also darum zu kümmern, dass diese Menschen im Glauben wachsen und Anschluss in einer Gemeinde finden. Auch das gehört zu Mission. Denn wie ein Referent aus der arabischen Welt sagte, gäben 60 % der Konvertiten

nach zwei Jahren ihren neuen Glauben wieder auf. 3. Zahlen und „Erfolgsstatistiken“, wie sie vor allem von den Referenten aus den USA gern und häufig präsentiert wurden, helfen nur begrenzt weiter. Mission ist kein Wettbewerb, bei dem der gewinnt, der die höchsten Zahlen vorweisen kann. Gott geht es um jeden einzelnen Menschen. Dennoch: Der internationale Austausch tut dem Thema gut. Denn ein Patentrezept für Mission gibt es nicht (mehr)! P Matthias Pankau, idea-Redakteur in Leipzig


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Tanz und Gesang waren fester Bestandteil des Abschlussgottesdienstes des 3. Lausanner Kongresses für Weltevangelisation in Kapstadt.

Indisches Kastenwesen: „Moderne Form der Sklaverei“ MENSCHENRECHTE Das hinduistische Kastenwesen ist eine große Herausforderung für die Kirchen.

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as sagte der Präsident des indischen Zweigs des Missionswerks „Operation Mobilisation“, Joseph D’Souza (Neu Delhi). Das staatlicherseits zwar abgeschaffte, aber tatsächlich weiter existierende System kennt vier Hauptkasten, Unterkasten sowie die Kastenlosen, die sogenannten Dalits (Unberührbare). Letztere stehen in der gesellschaftlichen Hierarchie ganz unten und haben kaum Rechte.

D’Souza, auch internationaler Präsident des Netzwerks „Freiheit für die Dalits“, bezeichnete das Kastenwesen als „moderne Form der Sklaverei“. 250 Millionen Inder seien Dalits. Das entspricht etwa einem Viertel der Bevölkerung. Bis zu 27 Millionen von ihnen lebten als Sklaven. Bereits Kinder wüchsen so ohne Perspektive auf. Aufgabe der Kirche sei es, dem Kastenwesen die Botschaft entgegenzu-

halten, dass Gott jeden Menschen nach seinem Ebenbild geschaf fen habe, sagte D’Souza. Er D'Souza rief die Kirchen auf, dabei zu helfen, Dalits aus der Sklaverei zu befreien. Von den 1,1 Milliarden Einwohnern Indiens sind 82 % Hindus, 12 % Muslime und mindestens 3 % Christen. P

Iran: Tausende Muslime wenden sich Jesus zu BEKEHRUNG In vielen Ländern des islamischen Mittleren Ostens ist man für die christliche Botschaft aufgeschlossen.

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as berichteten Teilnehmer des 3. Lausanner Kongresses für Weltevangelisation. Ihre Namen wollten sie aus Sicherheitsgründen nicht veröffentlicht wissen, da Christen – besonders ehemalige Muslime – vielfach mit Diskriminierung und Bedrohungen rechnen müssen. „Wir sagen jedem, der sich für die

christliche Botschaft interessiert, ganz ehrlich: Wenn du Christ wirst, bekommst du zweierlei – Erlösung und Verfolgung“, erklärte ein Teilnehmer, der über die Situation in Nordafrika berichtete. Ein Pastor aus dem Iran erzählte, dass sich dort tausende Muslime dem christlichen Glauben zuwenden: „Im Iran gibt es derzeit die

wohl größte Offenheit für das Evangelium weltweit.“ Auch in Ägypten und unter arabischen Palästinensern existiere ein großes Interesse an der Botschaft von der bedingungslosen Liebe Jesu zu allen Menschen. Ein Libanese berichtete, dass besonders christliche Angebote für Kinder auf großes Interesse stießen. P

FINANZEN Mission könnte noch wirkungsvoller sein, wenn Christen bereit wären, mehr Geld dafür zu geben.

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iese Ansicht äußerten Referenten einer Arbeitsgruppe zum Thema „Ressourcen mobilisieren für die Weltevangelisation“. In den vergangenen 50 Jahren sei die Christenheit enorm gewachsen, vor allem in China, Afrika und Lateinamerika – und das, obwohl Christen Erhebungen zufolge im weltweiten Durchschnitt nur

2 % ihres Einkommens für Mission und Evangelisation gäben. Wie der brasilianische Baptistenpastor Edison Queiroz (Sao Paulo) sagte, hätten Gemeindeleiter und Geistliche auch beim Thema Spenden eine Vorbildfunktion. Wenn ihnen das Thema Mission am Herzen liege und sie bereit seien, dafür Geld zu geben, folgten ihnen

in der Regel die Gemeindemitglieder. Der britische Missionsexperte Sas Conradie (Uckfield/Südengland) betonte, dass für die finanzielle Unterstützung evangelistischer und missionarischer Projekte klare Regeln nötig seien, etwa dass sich Geber und Empfänger auf Augenhöhe begegneten und klare Absprachen getroffen

Fotos: D'Souza/PR; Übrige/Lausanne Movement

Christen spenden nur 2 % für missionarische Projekte

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würden. Sonst bestehe die Gefahr, dass Dia konie und Evangelisation zu einer „christlichen Industrie“ verkämen, die Menschen nur noch als Objekte betrachte.

Die Lausanner Bewegung für Weltevangelisation hat Regeln erarbeitet, die Spendern und Empfängern dabei helfen sollen, Mittel möglichst wirkungsvoll einzuset-

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zen. Sie können im Internet in mehreren Sprachen heruntergeladen werden unter:

b www.lausannestandards.org.

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Missionsfeld Großstadt: Immer mehr Menschen in Ballungszentren MISSION Großstädte sollten bei evangelistischen Bemühungen besonders berücksichtigt werden. Dafür plädiert der Gründer und Leiter der reformierten Erlöser-Gemeinde im New Yorker Stadtteil Manhattan, Tim Keller.

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roßstädte gewönnen immer mehr Bedeutung, sagte er beim 3. Lausanner Kongress für Weltevangelisation. Lebten vor 100 Jahren knapp 3 % der Weltbevölkerung in Städten, so seien es heute mehr als 50% – Tendenz steigend. Jeden Monat zögen weltweit vier Millionen Menschen vom Land in Großstädte. Es entstünden immer mehr Mega-Citys mit über zehn Millionen Einwohnern. „Wenn wir Jesus möglichst vielen Menschen bekanntmachen wollen, müssen wir also

in die Städte gehen“, so Keller. Vor allem Jüngere zögen aus beruflichen Gründen und wegen der kulturellen Angebote in die großen Städte. Aber auch Arme und Ausgegrenzte erreiche man in Ballungszentren eher als auf dem Land, so Keller. Man treffe zudem auf Menschen aus allen Teilen der Welt. Das stelle eine Gemeinde vor besondere Herausforderungen. So müsse sie viel Geduld im Umgang mit den unterschiedlichen kulturellen Hintergründen der Menschen aufbringen. Die

Erlöser-Gemeinde in Manhattan zählt zu den 25 einflussreichsten Gemeinden in den USA. Durch ihr Programm „Von Stadt zu Stadt“ (City to City) sind weltweit mehr als 100 Gemeinden in Großstädten gegründet worden. P

Weltbevölkerung in Städten 1910 2010

knapp 3 % über 50 %

Die evangelikale Bewegung bedarf der Reformation GEISTLICHES LEBEN Für eine geistliche Erneuerung der Evangelikalen hat der britische Theologe Wright geworben.

Fotos: Lausanne Movement

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eile der Bewegung befänden sich in einem Zustand wie die katholische Kirche unmittelbar vor der Reformation durch Martin Luther (1483-1546) vor fast 500 Jahren. Viele evangelikale Führungskräfte und „Super-Apostel“ stünden in der Gefahr, Macht, Erfolg und Reichtum zu vergöttern und die eigentliche Botschaft Jesu aus den Augen zu verlieren. Missionswerke schönten teilweise ihre Statistiken, um noch mehr Spenden zu bekommen und an Einfluss zu gewinnen. „Doch das Reich Gottes lässt sich nicht auf Unehrlich-

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keit aufbauen“, sagte Wright. So wie Jesus seinen Jüngern gesagt habe, niemand lebt davon, dass er viele Güter hat (Lukas 12,15), müsse man vielen Evangelikalen heute sagen: Auch Missionswerke leben nicht von ihren Besitztümern.

Das schwächt das Vertrauen Im Gegenteil: Das schade der Integrität der Christenheit und schwäche das Vertrauen in die Kirche. Auf diese Weise stünden Christen missionarischen Erfolgen selbst im Wege. Der Generalsekretär der Internationalen Ge-

meinschaft evangelikaler Studenten, Femi Adeleye (Akropong/Ghana), kritisierte ein verbreitetes Wohlstandsevangelium.

Wohlstandsevangelium in Afrika Es sei auf materiellen Besitz, Erfolg und Gesundheit fokussiert und komme besonders in Afrika gut an. Mit der Botschaft von Tod und Auferstehung Jesu habe das jedoch nichts zu tun. Adeleye rief dazu auf, sich regelmäßig selbstkritisch zu fragen, an welchen Stellen man selbst einem Wohlstandsevangelium verfalle. P


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THEMA

Aber der Christus lächelt nicht WETTBEWERB „Unser tägliches Brot gib uns heute“ – zu diesem Thema hatte die Generalsynode der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands (VELKD) vor einem Jahr einen Erzählwettbewerb initiiert. Nun stehen die Gewinner fest. Die Preise werden am 4. November im Rahmen der VELKD-Generalsynode in Hannover verliehen. idea druckt im Folgenden den Beitrag des Erstplatzierten, Pastor i. R. Dietrich Otto (Hamburg). 127. Er ist überfüllt. Ich dränge mich hinten in den Eingang. Fast hätte mich die sich schnell schließende Tür eingeklemmt. Dann braust der Bus auch schon laut hupend los. Ich drängele mich bis zum Mittelgang. Leider kann ich nicht aufrecht stehen. Meine Größe von 1,90 Meter ist beim Bau des Busses nicht berücksichtigt worden. Darum bin ich froh, als ich meinen Kopf in eine offene Luftklappe stecken kann. Nach einer Weile ergattere ich einen Sitzplatz. Der Schaffner, ein junger Schwarzer, steht mit einem unverschämt grinsenden Gesicht neben mir und zählt zum wiederholten Mal schmutzige und abgenutzte Geldscheine. Draußen huschen die Lichter an mir vorüber. In der Ferne sehe ich die Umrisse der Christusstatue auf dem Corcovado.

Bei der Bitte „Unser tägliches Brot gib uns heute“ stockt sie einen Augenblick. Dann wiederholt sie immer wieder diese Bitte. Eine schwarze, sehr arm aussehende Frau steigt ein und drängelt sich auf einen Platz hinter mir. Sie trägt ein schlafendes Kind auf dem Arm. Es macht seine Augen auf und blickt mich an. Diese Augen! Sie wirken in dem kleinen mageren Gesicht unheimlich auf mich. Ich lächele. Das Kind lächelt nicht zurück. Dem Schaffner gibt sie einen Geldschein. Sie bekommt eine Fahrkarte und hält ihm die offene Hand hin. Sie wartet auf das Wechselgeld. Der Schaffner macht ihr mürrisch ein Zeichen, sich zu gedulden. Das Kind wird unruhig und fängt leise zu weinen an. Ich schaue aus dem Fenster und sehe für einen Augenblick die Christusstatue. Hinter mir höre ich die Frau mit dem Kind leise zu dem Schaffner sagen: „Bitte, das Wechselgeld!“ Ich sehe, wie der Schwarze mit dem Kopf schüttelt

Foto: dpa

Die Luft ist feucht und schwül. Es riecht nach Meer und Benzin. Über den Bergen liegt noch ein Schimmer der Abendröte. Rio de Janeiro hat seine unzähligen Lichter angemacht. Das Rauschen der Brandung am berühmten Strand von Copacabana vermischt sich mit dem Rauschen des Verkehrs – Hupen, kreischende Omnibusbremsen, Hundegebell, das Schreien der Würstchen- und Popreisverkäufer. Die ganze Bucht von Copacabana ist ein Lichtermeer. Ich stehe an der Bushaltestelle und will mit dem Bus 127 in mein Hotel fahren. Unaufhörlich rauschen die verschiedenen Buslinien an mir vorüber. Hinter den Hochhäusern sehe ich die dunklen Umrisse des Corcovado. Auf seiner Spitze steht in grellem Scheinwerferlicht der Cristo Redentor (Christus der Erlöser), das Wahrzeichen von Rio. Es scheint, als wollte Christus die schönste Stadt der Welt mit ihrem Glanz und Elend in seine weit ausgebreiteten Arme nehmen. Ein beeindruckendes Bild! Tags zuvor war ich auf dem Corcovado und habe unter der riesigen Statue gestanden. Dabei hatte ich den Eindruck, dass Christus nicht auf die laute Stadt blickt, nicht auf die Favelas, in denen eine unbeschreibliche Armut herrscht, nicht auf die imposanten Hochhäuser, nicht auf die Boulevards mit den reichen Auslagen in den Schaufenstern der Geschäftshäuser. Er blickt darüber hinweg, starr in die Ferne. Der Christus über mir lächelt nicht. Die ausgebreiteten Arme weckten in mir das Gefühl, als würde sie Christus nicht zum Segnen erheben, sondern zum Fliegen, um sich davonzumachen. Aber von der Bushaltestelle sieht es anders aus. Das grelle Scheinwerferlicht und die Entfernung verwandeln die starre Christusstatue in ein imposantes Bild. Schräg über ihr steht jetzt der Mond, groß und fahl, vom Licht der Scheinwerfer ausgeblichen. Ein betrunkener Bettler torkelt lallend heran. Er legt sich auf die Stufen vor einem Geschäft und prostet mir mit einer Bierdose zu. Endlich kommt der Bus

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Foto: privat

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und sagt: „Das haben Sie bekommen.“ „Nein, nein“, sagt sie verzweifelt. „Bitte, geben Sie mir mein Geld; ich bin eine arme Frau und brauche das Geld.“ Wieder antwortet der Schaffner: „Senhora, Sie haben von mir das Wechselgeld bekommen. Pronto!“ Jetzt kramt die Frau in einem Beutel und holt schließlich eine Bibel heraus. „Moço (junger Mann)”, sagt sie, „hier in meiner Bibel hatte ich das Geld, 10 Reais (ca. € 4,50). Mehr Geld habe ich nicht. Ich muss noch Brot und Milch kaufen für mein Kind. Es hat Hunger. Ich brauche das Geld. Bitte!“ Der Schaffner sagt energisch: „Ich schulde Ihnen nichts.“ Ich sehe, wie die Frau verzweifelt nach draußen blickt. Wir fahren jetzt durch einen Tunnel. Die Abgase der Autos brennen in den Augen. Als der Bus aus dem Tunnel fährt, erscheint zwischen den Hochhäusern in der Ferne kurz der Christo Redentor. Jetzt hebt die Frau ihre Bibel hoch und sagt zum Schaffner, der zum wiederholten Mal seine Geldscheine zählt: „Moço, bitte, mein Geld! Ich muss heute noch Brot und Milch kaufen. Mein Kind hat Hunger.“ Als sie das mit verzweifelter Stimme sagt, zeigt sie auf ihr weinendes Kind und dann auf die Bibel, die sie hochhält. Der Schaffner schüttelt den Kopf und drängelt sich nach vorn. Plötzlich höre ich hinter mir die Frau leise das Vaterunser beten: Pai nosso que estás no ceu … Bei der Bitte „Unser tägliches Brot gib uns heute“ stockt sie einen Augenblick. Dann wiederholt sie immer wieder diese Bitte. Ich ertrage es nicht. Was soll ich tun? Soll ich den Schaffner zur Rede stellen? Ich habe doch gesehen, dass er das Wechselgeld nicht herausgegeben hat. Er steht jetzt vorn neben dem Busfahrer. Der Bus ist an jeder Haltestelle leerer geworden. Niemand steigt mehr zu. Nur noch wenige Passagiere sitzen schweigend auf ihrem Platz. Die Frau hinter mir tippt mich plötzlich an. „Senhor“, sagt sie, „ich bin zwar eine arme Frau, aber ich bin keine Betrügerin. Ich brauche das Geld.“ Und wieder sagt sie: „Ich muss doch noch Brot und Milch kaufen. Mein Kind hat Hunger. Um der Liebe Christi willen, er soll mir mein Geld geben!“ Jetzt greife ich zu meiner Brieftasche und hole einen Geldschein heraus und reiche ihn ihr hin. „Nehmen Sie dieses Geld“, sage ich freundlich. „Kaufen Sie Brot und Milch für Ihr Kind und für Ihre ganze Familie. Das reicht erst mal.“ Sie sieht mich entsetzt und zugleich stolz an. „Danke, Senhor“, sagt sie hastig, „danke, Senhor, aber ich bin keine Bettlerin. Ich will doch nur mein Recht. Ich bin zwar arm, aber ich bin nicht rechtlos. Nehmen Sie es mir nicht übel, Senhor, aber ich will nicht Ihr Geld, ich will mein Geld.“ Der Bus stoppt scharf. Der Schaffner steht an der noch geschlossenen Tür. Er will aussteigen. Die Frau ruft laut: „Er darf nicht aussteigen. Er soll mir mein Geld geben. Er hat mich betrogen. Ich werde mich beim Geschäftsführer beschweren. Er soll mitfahren bis zur Endstation.“ Einige Fahrgäste rufen: „Der Schaffner soll bleiben. Der Geschäftsführer soll entscheiden!“ Sie geben der armen Frau recht. Ein Passagier schreit laut: „Enganador (Betrüger).“

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Der Schaffner verhandelt mit dem Busfahrer. Dieser öffnet schließlich die Tür und lässt ihn aussteigen. „Betrüger! Betrüger!“ rufen ihm einige Passagiere nach. Die Frau hinter mir jammert vorn übergebeugt: „Mein Geld, mein Geld!“ Ihr Kind auf ihrem Arm sieht mich ängstlich an, öffnet den kleinen Mund und schreit laut auf. Der Bus rast weiter. Jetzt steht die Frau von ihrem Sitz auf. Mit dem einen Arm umklammert sie eine Haltestange, mit dem anderen hält sie ihr Kind. Dann lässt sie die Stange los und wankt nach vorn zu dem Busfahrer. Sie redet auf ihn ein. Ich kann nicht hören, was sie sagt. Ich lese das Schild über dem Fahrer: Não é permitido falar com o motorista ( Es ist nicht erlaubt, mit dem Fahrer zu sprechen)“.

Sie flüstert, kaum hörbar: „Ich will Gerechtigkeit. Gott ist doch auf meiner Seite. Das weiß ich.“ Dann sind wir an der Endstation. Ich bin am Ziel. Alle steigen aus. Ich gehe zum Busfahrer und sage ihm: „Der Schaffner hat diese Frau betrogen. Bringen Sie sie bitte zum Geschäftsführer. Sie muss ihr Geld zurückbekommen.“ Der Fahrer nickt unwillig und sagt: „Die Frau soll warten. Ich sage dem Geschäftsführer Bescheid.“ Wir steigen aus. Die Türen schließen sich und der Bus fährt davon. Ich frage einen Mann, der kleine Kuchenteile verkauft: „Wo gibt es hier den Geschäftsführer, der für die Buslinie 127 verantwortlich ist?“ Er zuckt mit den Achseln und sagt: „Hier gibt es keinen Geschäftsführer.“ Ich biete der Frau noch einmal an, das Geld, das ich immer noch in der Hand halte, anzunehmen. Wieder lehnt sie kopfschüttelnd und traurig ab. Sie flüstert, kaum hörbar: „Ich will Gerechtigkeit. Gott ist doch auf meiner Seite. Das weiß ich.“ Ich gehe mit einem schlechten Gewissen davon. Als ich mich noch einmal umdrehe, sehe ich die Frau unter einer Straßenlaterne stehen und weinen. Über ihr, hoch auf dem Corcovado, ist jetzt wieder die hell angestrahlte Christusstatue zu sehen. Ich schaue nach oben und erinnere mich schmerzlich, wie die Frau hinter mir mehrmals die Bitte aus dem Vaterunser gebetet hat: „Unser tägliches Brot gib uns heute.“ Ich sehe ihr verhärmtes Gesicht und die großen ängstlichen Augen des Kindes vor mir. Aber da ist noch ein anderes Gesicht, das des Cristo Redentor. Aber der Christus lächelt nicht. P

Der Preisträger, Dietrich Otto (73), hat diese Geschichte bei seinem letzten Besuch in Brasilien erlebt. Otto war bis 1999 15 Jahre lutherischer Pastor in HamburgEilbek. Davor wirkte er u. a. 12 Jahre in Brasilien, zuletzt in Sao Paulo als Leiter eines evangelischen Sozialzentrums. Im Ruhestand führt er jedes Jahr beispielsweise Jugendevangelisationen in der litauischen Hauptstadt Wilna durch.


net F O R UM F Ü R JUN G E C H R I S T EN

Joannas Briefe an Gott WETTBEWERB In diesem Jahr hat die Evangelische Nachrichtenagentur idea zusammen mit dem Verband Evangelischer Bekenntnisschulen erstmals einen Schülerschreibwettbewerb veranstaltet. Die Themen waren „Vergebung“ (Klassen 8-10) und „Familie“ (Klassen 11-13). Aus den 62 eingesandten Texten hat eine Jury die sechs besten gekürt. idea wird in den kommenden Wochen ausgewählte Beiträge des Wettbewerbs in ideaSpektrum und auf www.idealisten.net veröffentlichen. Mit einem Briefwechsel zwischen Joanna und Gott belegt Christina Drechsel Platz 1 unter den Oberstufenschülern.

Sommer 2005: Lieber Gott, ich übergebe dir hiermit mein ganzes Leben. Ich weiß, dass ich vor dir schuldig bin und habe erkannt, dass ich dich brauche. Bevor ich dich kannte, habe ich Dinge getan, die dir nicht gefallen. Diese Freizeit hat mir die Augen geöffnet. Ich habe dich als Heiland angenommen. Darum bitte ich dich, mir meine Schuld zu vergeben, denn sie passt nicht mit deiner Herrlichkeit zusammen. Du hast gesagt, wer zu dir kommt, den stößt du nicht hinaus. Hier bin ich nun und lege dir den ganzen Schrott der letzten vierzehn Jahre hin. Bitte vergib mir. Komm in mein Leben und lehre mich deine Wege. Hilf mir, mit der neuen Entscheidung so umzugehen, wie du es dir wünschst. Ich danke dir für deine Liebe. Deine Joanna Mein liebes Kind, willkommen in der Familie! Ich habe schon jahrelang sehnsüchtig auf dich gewartet. Du kannst dir nicht vorstellen, wie ich mich darüber gefreut habe, dass du zu mir gekommen bist. Gerne vergeb ich dir! Wenn du mich in deinem Herzen wohnen lässt, verspreche ich, immer für dich da zu sein. Auch wenn alle anderen dich verlassen. Komm zu mir, wenn du Kummer und Sorgen hast. Ich habe jederzeit ein offenes Ohr für dich. Wie du richtig erkannt hast, passt Sünde nicht zu mir. Damit sie unsere Beziehung nicht verhindert, gib sie mir. Ich bin kein Gott, der Strichliste führt. Ich habe dich sehr lieb und möchte dich nicht unter Druck setzen. Dein himmlischer Vater

Herbst 2005: Oh Gott, ich hab alles versaut! Meine ganzen Vorsätze vom Sommer sind im Eimer. Dabei wollte ich nicht mehr ausrasten, wenn meine Schwester meine Schminke klaut, und ich wollte netter zu meinen Eltern sein, aber … Es fällt mir so schwer. Ich hatte gerade ziemlich Zoff. Das tut mir so leid! Vielleicht sollte ich einen Neuanfang machen. Ab morgen, das schwör ich dir, werde ich versuchen, die Ruhe in Person zu sein. Außerdem werde ich keine Hausaufgaben mehr abschreiben und

nach der Schule nicht so lange rumtrödeln. Dann bist du bestimmt bald wieder zufrieden mit mir. Bitte veränder mich! Joanna Liebe Joanna, du hast recht: Ich bin nicht zufrieden. Aber aus einem anderen Grund. Warum glaubst du, von vorne anfangen zu müssen? Das hast du doch schon hinter dir. Was jetzt zählt, ist ein wenig Geduld. Natürlich will ich dich verändern, aber meinst du nicht auch, dass das Zeit braucht? Was würden deine Freunde denken, wenn du von einem Tag auf den anderen nicht mehr die Joanna bist, die sie kennen? Glaub mir, das wäre gar nicht gut. Und nun zu deinem Problem: Deine Vorsätze in Ehren, aber ich denke nicht, dass du sie durchhältst. Vor allem, weil es so viele sind. Nimm dir doch stattdessen eine Sache vor oder zwei. Ich unterstütze dich gerne, das weißt du. Im Übrigen hast du gesagt, dass du mit deinen guten Taten die schlechten aufbessern willst. Du musst kein Karma sammeln. Ich schicke dich auch nicht ins Fegefeuer. Mein Sohn hat schon alles getan! Du kannst mich nicht mit guten Werken beeindrucken. Das ist nicht nötig. Komm einfach zu mir und lass dir Gnade schenken. Bitte mich und ich werde dir geben. Das tu ich nämlich gerne für dich. Gott

Winter 2005: Hi Gott, hab vielen Dank für deine Hilfe bei Mathe! Ohne dich hätt ich den Test nicht gepackt. Es wird immer besser mit meinem Leben. Seitdem du da bist, fühle ich mich nicht mehr so allein. Mit meiner Clique läuft alles bestens. Selbst mit meiner Familie streite ich nicht mehr so oft. Echt cool, dass du mich verändert hast! Jetzt kann ich deine Liebe richtig spüren. Bitte, bitte, bitte nimm mir das tolle Gefühl nicht wieder weg! Ich hab keinen Bock auf mein altes Leben, als ich ständig an mir rumgenörgelt habe. Gerade heute kam mir der Gedanke, dass ich dir immer ähnlicher werde … Deine überglückliche Joanna ideaSpektrum 44.2010


Mein Mädchen, ich freue mich, dass es dir so gutgeht! Doch meinst du nicht, das liegt eher daran, dass du gerade im Chatroom mit Steve ein Gespräch hattest? Ich weiß, dass du schon seit längerem versuchst, ihm näherzukommen, und dass du dich schlecht gefühlt hast, weil er sich nie für dich interessiert hat. Du bist im Moment aufgedreht, weil er dir das erste Mal Aufmerksamkeit geschenkt hat. Natürlich habe ich dich schon verändert und ich bin stolz auf deine Lernbereitschaft. Aber es liegt noch ein gutes Stück vor uns. Ist dir aufgefallen, dass du mir gar keine Sünde bekannt hast? Du bist nicht ohne Schuld, obwohl ich es wünschte. Bis zu unserem Treffen von Angesicht zu Angesicht wirst du Fehler machen. Ich habe das alles auf mich geladen. Du bist frei. Trotzdem möchte ich, dass du deine Sünden bekennst und um Entschuldigung bittest. Meine Vergebung ist schließlich keine Freikarte! Zum Beispiel hast du dich heute im Chat nicht als Joanna angemeldet, sondern als deine Freundin Katja. Das war eine Lüge. Du wolltest, dass Steve dir zurückschreibt, weil er angeblich auf Katja steht. Da hast du seine Gefühle ausgenutzt. Außerdem hast du über Gina gelästert, die du als Konkurrentin ausschalten wolltest. Dabei verstehst du dich in der Schule gut mit ihr. Wem willst du was vormachen? Das hast du doch gar nicht nötig. Ich liebe dich, wie du bist! Du musst dich nicht verstellen. Komm einfach vor mich und gib deine Verfehlungen ab. Dann wirst du dich besser fühlen, als wenn du mit Steve im Internet flirtest. Der, der dich immer liebhat

Frühling 2006:

Foto: privat

Gott, ich könnte ausrasten! Dieser gemeine Manuel hat heute in der Pause voll über mich hergezogen. Steve hat mich ausgelacht. Das hat so wehgetan! Hab als Rache wieder als Katja im Chat mit ihm geschrieben. Er merkt das gar nicht. Aber ich weiß ja, dass es dir nicht gefällt. Ich kann irgendwie nicht mehr aufhören … Vergib mir bitte deswegen und hilf mir, davon wegzukommen. Du willst ja nicht, dass wir lügen. Das habe ich verstanden. Aber Steves Worte waren wie Balsam für meine Seele, nachdem Manuel mich so geärgert hat. Das macht Manuel schon seit der Grundschule. Ohne Grund! Bestraf ihn doch. Der hat das echt verdient. Manchmal entwickle ich richtigen Hass auf ihn. Ich kann mich nicht gegen ihn wehren, weil er viel schlagfertiger und selbstbewusster ist als ich. Aber wenn du eingreifen würdest … Dir gefällt es bestimmt nicht, wie er mich behandelt. Bitte tu was, sonst dreh ich durch! Joanna Liebes Kind, es tut mir weh, dich so verbittert zu hören. Wenn meine Kinder traurig sind, bin ich es auch. Aber dein Hass macht mich auch traurig. Manuel kennt mich nicht und er wehrt sich dagegen zu erkennen, wie weh es anderen tut, wenn er sie beleidigt. Du bist nicht die Einzige, über die er lacht, auch wenn es dir so vorkommt. Und ich allein weiß, warum er das tut. Ich will ihn natürlich nicht verteidigen. Er sündigt ja gegen mich. Trotzdem habe ich ihn lieb und ich wünsche mir nichts mehr, als dass er mich kennenlernt! Weißt du was? Du könntest für ihn beten. Ich werde dir zuhören. Und dann warte ab. Erinnerst du dich eigentlich daran, was du sonntags im

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asium u m Gy m n ), Johanne latz beim 8 (1 l se ch re .P Christina D sse 12. Sie hat den 1 Kla , rn o rb e t. H g milie“ bele Thema „Fa

Vaterunser betest? „Vergib uns unsere Schuld, wie auch wie vergeben unseren Schuldigern …“ Wie kann ich dir vergeben, wenn du nicht selbst vergeben kannst? Denk mal darüber nach. Dein Vater im Himmel

Herbst 2006: Hallo Gott, du musst mir glauben! Ich tu wirklich alles, um nicht verbittert zu werden. Warum stellst du mich auf eine solch harte Probe? Ich bete mehr oder weniger regelmäßig für Manuel, aber er ist immer noch so wie vor einem halben Jahr. Fast jede Woche muss ich mir anhören, wie schlecht ich in der Schule bin oder wie hässlich ich aussehe. Zum Glück lacht Steve nicht mehr so oft darüber … Trotzdem sinkt mein Selbstbewusstsein ganz schön in den Keller. Richtig wohl fühle ich mich nur in meiner Clique. Da kann er nicht so laut rumschreien, weil Katja und Gina da sind und Steve ihm deshalb sagt, er soll sich nicht danebenbenehmen. Aber er fährt mit demselben Bus heim wie ich. Dann klopft er immer so fiese Sprüche. Bin froh, wenn ich aus dem Bus komme und er weiterfährt. Ich möchte ihm ja gerne vergeben. Warum fällt es mir so schwer? Gruß, Joanna Geliebte Joanna, mittlerweile lädst du deine Sorgen und Nöte bei mir ab. Das ist gut so! Glaub mir, bei mir sind sie gut aufgehoben, weil ich sie ernst nehme. Schön ist, dass du prinzipiell bereit bist, Manuel zu vergeben. Wieso knüpfst du diese Bereitschaft an Bedingungen? Habe ich das getan, als ich meinen Sohn auf die Erde schickte? Stell dir mal vor, ich hätte gesagt: „Ja, ich errette euch, aber erst, wenn ihr das und das macht.“ Nein! Liebe und Vergebung kennen kein „Aber“. Dieses Wort benutzt du oft. Versuch mal, Dinge zu tun, ohne etwas zu verlangen. Das nenne ich Demut. Kennst du eigentlich die Geschichte von meinem Sohn, als seine Jünger ihn fragten: „Wie oft muss ich meinem Schuldiger vergeben? Sieben Mal?“ Und mein Sohn antwortete: „Sieben mal siebzig Mal.“ Du musst jetzt keine Strichliste führen, wie oft du vergibst, und nach dem vierhundertneunzigsten Mal sagst du: „Ab jetzt nicht mehr!“ Das ist so gemeint: Sieben ist für mich die Zahl der Vollkommenheit. Das heißt, du sollst vollkommen oft vergeben. Ich weiß, dass es dir schwerfällt, doch vertrau darauf, dass ich dich unterstützen werde! Dein liebender Vater


net FORUM FÜR JUNGE CHRISTEN

Mein Gott, ich könnt mich … Es tut mir wahnsinnig leid! Ich hatte geglaubt, ich hätte es geschafft, und dann fall ich heute wieder. Entschuldigung, dass ich dir Kummer mache. Ich bin echt wütend auf mich. Dabei hatte ich mir fest vorgenommen, nicht mehr mit Steve zu chatten. Eine Zeit lang hab ich es ja auch hingekriegt und nun das. Er weiß immer noch nicht, dass er gar nicht mit Katja flirtet, sondern mit mir. Hoffentlich bekommt er es nie raus! Was ich eigentlich sagen will: Ich bereu es wirklich, dich mit demselben Schrott belasten zu müssen. Bitte, vergib mir! Ich brauche deine Hilfe, um das loszuwerden. Joanna Meine Joanna, was meinst du mit „schon wieder“? Ich kann mich nicht daran erinnern, dass du je mit Steve gechattet hast vor heute. Das verzeih ich dir, keine Frage. Du benimmst dich echt vorbildhaft, wenn es darum geht, Sünde zu bekennen. Hast du eine Ahnung, was ich mit den Sünden mache? In meinem Wort sage ich, dass ich sie ins tiefste Meer werfe, wo sie keiner mehr rausholen kann. In anderen Worten könnte man es mit „vergeben und vergessen“ ausdrücken. Ich gedenke der Schuld nicht mehr. Sie sind aus meinem Gedächtnis gelöscht und ich greife sie nicht mehr auf, um sie dir unter die Nase zu halten. Das machst du von dir aus und es macht dich unglücklich. Lass es los. Gib es mir. In Liebe, dein Gott

Sommer 2007: Vater, erhöre mich! Es ist passiert. Das, was ich befürchtet habe. Wie peinlich das alles ist. Kannst du mich nicht entrücken? In der Pause kam Steve

zu Katja und hat sie gefragt, ob sie mit ihm gehen will. Sie hatte keine Ahnung, warum er sie fragte. Sie wusste ja nichts von meinen Chats und hat ihn zurückgewiesen. Er hat nachgehakt, ob das im Chat denn nichts für sie bedeutete. Und dann habe ich es ihnen gebeichtet. Der ganzen Clique. Ich habe mich tausend Mal entschuldigt. Aber sie haben sich von mir abgewandt. Manuel hat mich ausgelacht. Katja und Gina wollen nichts mehr mit mir zu tun haben. Steve erst recht nicht. Er ist voll sauer auf mich. Ich bin bei allen unten durch. So kann ich mich doch nicht mehr in der Kirche sehen lassen, wo es auch die anderen Mädchen vom Schulhof mitbekommen haben. Das Schlimmste ist, dass ich jetzt keine Freunde mehr habe. Meine Clique war alles! Wer will sich jetzt noch mit mir anfreunden? Joanna Geliebte Joanna, ich fühle deinen Schmerz. Es ist nicht einfach zu sehen, wie sich nach und nach alle von dir abwenden. Dein Betrug hat sie misstrauisch gemacht und es wird dauern, bis sie sich dir wieder annähern. Aber du musst keine Angst haben, alleine zu sein. Es gibt genug andere Mädchen, mit denen du dich anfreunden kannst. Nicht jeder, der das mitbekommen hat, will über dich herziehen. Du solltest dich nicht zu sehr an deine Clique klammern und dadurch allen anderen keine Chance lassen, deine Freundin zu werden. Auch die Gemeinde ist nicht dazu da, um dich fertigzumachen, sondern um dich aufzubauen. Und ich bin immer für dich da. Vergiss das nie! Ich möchte dir durch diese Krise helfen und dich halten. Doch ich möchte auch, dass du aus deinen Fehlern lernst und die Folgen für das trägst, was du angerichtet hast. Sei stark, mein Kind. Ich gebe dir Kraft. Und ich bin stolz auf deine Ehrlichkeit, als sie angebracht war. Mit der größten Liebe, die es gibt … Dein ewiger Vater P

Foto: istockphoto.com

Winter 2006:

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DI E K LE I N E K A NZ E L

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» Siehe, ich bin zu gering, was

soll ich dir antworten? Ich will meine Hand auf meinen Mund legen. «

Hans-Joachim Martens, Pfarrer aus Woltersdorf bei Berlin

Aus dem alttestamentlichen Buch Hiob 40,4

Foto: Eberhard Scharf

Wer immer schon alles weiß ... „Jemanden, der auf alles eine Antwort weiß, sollte man am besten gar nicht erst fragen.“ Wo er recht hat, hat er recht, der Arzt, Kabarettist und Bestsellerautor Eckart von Hirschhausen. Wir kennen solche Figuren. Ob am Stammtisch, in der Parteiversammlung oder bei der Talkshow – wenn sie den Mund aufmachen, weiß man schon, was kommt. Sie sind die Experten. Sie (allein) kennen sich aus: Keine weitere Diskussion. Basta! Ende der Durchsage! Bei solchen Besserwissern verschlägt es einem die Sprache. Besonders, wenn sie salbungsvoll daherreden. Im Gespräch mit dem Nachbarn am Garagentor haben sie kaum noch Fragen, wenn es um ihren Glauben geht. Mit ihren perfekten Antworten beenden sie ohne Umschweife das Gespräch in jeder Gruppe. Richtig tragisch wird es, wenn sie in jeder Lage für jeden Menschen die einzig richtige Lösung kennen. Ich gestehe: Mir sind Leute unheimlich, die nie um eine Antwort

verlegen sind. Können sie überhaupt noch zuhören und Menschen annehmen, die anders „ticken“ als sie selbst? Ihre Sprache ist vielleicht mit biblischen Vokabeln „gesättigt“. Aber sie stößt ab. Sie lädt nicht mehr zum Hören ein.

Wir sind nicht Gottes Advokaten Nein, keiner muss unbedingt recht behalten. Wir sind nicht Gottes Advokaten. Wir wissen es nie besser als er – oft nicht besser als andere. Erst als der schwer (an)geschlagene Hiob und seine neunmalklugen Freunde vor Gott schweigen – kann es wieder gut werden. Ob ich öfter sagen sollte: Ich weiß es auch nicht? Vielleicht würden sich mir dann noch andere mit ihren Zweifeln und Sorgen anschließen. Um neugierig auf Entdeckungsfahrt zu gehen. In das Land des Glaubens. Jenseits aller tot-richtigen Antworten – und dem überraschend-lebendigen Gott begegnen. P

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PORTRÄT

„Ich wehrte mich mit aller Kraft ...“ CHINA Der 3. Lausanner Kongress für Weltevangelisation vom 16. 6. bis 24. Oktober in Kapstadt war getrübt durch das Fehlen von 200 Christen aus China. Ihnen war die Ausreise verwehrt worden. Die Christin Wang Shuangyan schildert das Vorgehen der Behörden. n. Die Freude am Eröffnungsabend in Kapstadt war getrübt. 200 der über 4.000 Stühle in der riesigen Halle blieben leer. Sie waren für Repräsentanten chinesischer Hauskirchen bestimmt. Doch die waren von Sicherheitsorganen der Volksrepublik an der Ausreise nach Südafrika gehindert worden. Der Grund: Die Organisatoren – die Lausanner Bewegung für Weltevangelisation und die Weltweite Evangelische Allianz – wollten sich nicht auf die Bedingung der kommunistischen Behörden einlassen, nur Vertreter staatlich anerkannter Kirchen zuzulassen. Nicht registrierte – fast ausschließlich evangelikale – Hausgemeinden, die sich nicht der staatlichen Kontrolle unterwerfen wollen, stellen die Mehrheit der Christen in China, deren Gesamtzahl auf 40 bis 130 Millionen geschätzt wird.

Behörden wendeten Gewalt an Noch während des Kongresses wurde bekannt, dass die Behörden sogar Gewalt anwendeten, um die Delegierten an der Ausreise zu hindern. Davon berichtet die Pekinger Christin Wang Shuangyan in einem Protokoll, das die US-Hilfsorganisation China Aid Association veröffentlicht hat. Wie

Wang schreibt, eröffneten Behördenn vertreter ihr in Gesprächen, dass ihre Kongressteilnahme die Staatssicherheit gefährde. Deshalb solle sie die Einladung ausschlagen. Das lehnte sie ab, zumal man ihr keine Beweise für eine Gefährdung vorlegen konnte. Ursprünglich wollte sie am 15. Oktober nach Kapstadt reisen. Da alle Delegierten überwacht wurden, beschlossen sie, sich bereits am 13. Oktober im Pekinger Flughafen zu treffen.

Delegierte aus U-Bahn gezerrt „Als ich meine Wohnung verließ, warteten auf dem Flur bereits zwei Männer, die versuchten, mich aufzuhalten“, schreibt die junge Frau. „Doch ich konnte ihnen in den Fahrstuhl entkommen.“ Am Ausgang des Gebäudes versuchten erneut mehrere Personen, sie zu stoppen. Es gelang ihr jedoch, sich loszureißen und gemeinsam mit ihren Eltern die nächste UBahn-Station zu erreichen. Auch dort wollten sie drei junge Männer an der Weiterfahrt hindern, indem sie sie mit brutaler Gewalt aus dem Zug zerrten. „Ich wehrte mich mit aller Kraft. Meine Mutter flehte: ‚Bitte ziehen Sie nicht so an ihr. Sie hat Herzprobleme’“, berichtet Wang, die Verletzungen an Armen und Taille davontrug. Schließlich

erreichte sie doch den Flughafen. Flu lugh ghafen Dort warteten bereits andere Delegierte, die in den beiden Tagen zuvor vergeblich versucht hatten auszureisen. Nachdem ihnen an den Tagen darauf wiederholt die Ausreise verwehrt wurde, seien alle in einem Hotel nahe dem Flughafen untergekommen. Dort trafen sie sich am 17. Oktober zum Bibelstudium. Doch Sicherheitsbeamte und Vertreter der Religionsbehörde lösten die Gruppe auf mit der Begründung, es handele sich um eine „illegale Versammlung“. „Während vier Pastoren befragt wurden, beteten wir übrigen Christen und sangen Lieder.“

Handys und Computer beschlagnahmt Als die Christen das Hotel verlassen wollten, ließen die Beamten das nur unter der Bedingung zu, die Gruppe nach Hause zu fahren. Doch stattdessen wurden sie in ein Gästehaus in den Bergen nahe Peking gebracht. „Dort nahmen sie uns Handys und Computer ab und erklärten uns, wir dürften das Gelände nicht verlassen.“ Wang trat in einen Hungerstreik: „Ich schloss mich in mein Zimmer ein und aß nichts mehr.“ Am nächsten Morgen wurde sie freigelassen und durfte nach Hause zurückkehren. Was mit den anderen geschah, ist noch nicht bekannt. P

DAS WORT DER WOCHE » Ich glaube, es war Gottes Wille, dass ich unter Tage bleiben musste. Er wollte, dass ich darüber nachdenke, was ich in meinem Leben ändern muss. Und ich werde jetzt eine Menge ändern.« Einer der 33 Bergleute in Chile, die nach 69 Tagen aus 625 Metern Tiefe gerettet wurden: der 19-jährige Jimmy Sanchez im Rückblick ideaSpektrum 44.2010


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