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Spektrum l idea
Nr. 19
11. Mai 2011
G 7405
Nachrichten und Meinungen aus der evangelischen Welt
Kompetente Diakonie
lässt Gemeinden aufblühen
TDS-Rektor Paul Kleiner zum wirkungsvollen Miteinander von Wort und Tat Seite 9: Langzeitfolgen
SEA im Dienst der Politik und der Ehe
Noch mehr behinderte Kinder in Tschernobyl
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Gerhard Fischer als Darf man als Christ grosser Brückenbauer im Extremfall töten?
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grÜezi
Diakonie braucht Werte Die reformierte Landeskirche des Kantons Aargau nennt sich seit Jahrzehnten «diakonische Kirche». Das Thema «Kompetente Diakonie – lebendige Gemeinde», welche das Landeskirchenforum (LKF) am letzten Freitag über seine Tagung in Aarau setzte, ist für uns von zentraler Bedeutung. (Siehe dazu den «Brennpunkt» auf den Seiten 4 und 5) Im vergangenen Jahr reiste ich durch Laos und Kambodscha. Bei einer der Touristenattraktionen sprach ich mit einem jungen Einheimischen. Er sagte mir, dass er je nachdem Christ oder Buddhist sei. Manchmal lohne sich das Christsein mehr und manchmal das Buddhistsein. Das wollte mir nicht einleuchten, obwohl auch bei uns viele Menschen mal ein bisschen Christen sind und dann wieder sagen, mit diesen christlichen Kirchen hätten sie nichts zu tun. Für mich gilt die Maxime: Was ich als Christin glaube, das möchte ich auch leben und so handeln – und zwar nicht nur ein bisschen, sondern ganz. Wir können nicht ein bisschen christlich reden und handeln – und dann wieder ein bisschen anders, wenn es gerade besser passt. Was wir tun, ist stets auch ein sprechendes Zeugnis von dem, was wir glauben. Beispiele dafür gibt es viele. Zu unserem Glauben gehört, dass wir von der gleichen Würde aller Menschen überzeugt sind. Wir haben darum als reformierte Kirche im Aargau schon vor 62 Jahren den Frauen das Stimmrecht gegeben,
22 Jahre früher als der Staat. Wir haben wichtige Sozialwerke gegründet: «Schürmatt» für Menschen mit schwersten körperlichen und geistigen Behinderungen, «Satis» für Suchtkranke, die «Stollenwerkstatt» für Arbeitslose und andere mehr. Heute hat der Staat die Verantwortung dafür übernommen. Er gibt das Geld und setzt die Rahmenbedingungen, nach denen sich die Institutionen zu richten haben. Viele christliche Werte, die wir über Jahrhunderte mit den Menschen eingeübt haben, spiegeln sich gerade bei diesen Sozialwerken. Diakonie ist wesentlich mehr als nur handeln. Sie beginnt damit, dass wir Werte setzen für dieses Handeln. Christliche Werte geben dem Leben eine Weite, die es sonst nicht hat. Wo stehen wir heute? Werte setzen wir noch immer, und doch gilt es, sich für die Diakonie neu aufzumachen: «Man entdeckt keine neuen Weltteile, ohne den Mut zu haben, alle Küsten aus dem Auge zu verlieren», sagt André Gide. Unsere Diakonie ist wie die Kirche ständig dem Wandel in der Gesellschaft ausgesetzt. Darum braucht es immer wieder den Mut zu neuen Ufern, ohne das «Glaubensschiff» zu verlassen. Unsere Diakonie bleibt durch allen Wandel hindurch Zeugnis für das Evangelium. Sie ist Predigt mit unseren Händen und Füssen.
3 biblisch Ein Lieblingsbibelwor t von lilo Keller, Musikerin, Referentin, Autorin, Winter thur:
«Folge du mir nach!» (Johannes 21,22b) «In diesen vier Wor ten hat Jesus dem Petrus den Kurs für sein Leben vorgezeichnet. Für mich ist die kleine Rüge eine riesige Ermutigung. Jesus sucht die Freundschaft mit mir! Er will der erste sein in meinem Leben, er will mich prägen, an ihm soll ich Mass nehmen. Ich muss mich nicht vergleichen, ich habe einen eigenen DNA. Dass er mir dazu noch seine Geheimnisse anver trauen will, mich hören und sehen lassen will, was ihm wichtig ist, das begeister t mich.»
WÖrTlich «ich glaube, wir werden den einsatz von Atomwaffen noch erleben. Die situation zwischen indien und Pakistan beispielsweise kann jederzeit eskalieren … ich glaube nicht an einen Automatismus der Verbesserung des Menschengeschlechts. in extremen situationen kann alles wieder passieren, vielleicht in noch schrecklicheren Formen.» Karl schlögel, Professor an der EuropaUniversität Viadrina in Frankfur t an der Oder und einer der besten deutschsprachigen Kenner der osteuropäischen Geschichte, in einem Inter view mit der «Weltwoche».
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Die Autorin ist Kirchenratspräsidentin der reformierten Landeskirche Aargau.
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TDS-Rektor Paul Kleiner zum diakonischen Handeln der Kirchen
«In mancher Situation sind Freiwillige besser» Wer diakonisch arbeitet, muss auch das Evangelium kennen, nicht nur die soziale Wirklichkeit. Das betont Paul Kleiner, Rektor des Theologisch-Diakonischen Seminars Aarau (TDS). Diakonie sei die Verkündigung des Evangeliums durch heilsame Zuwendung. Kleiner war Hauptreferent am Landeskirchen-Forum vom 6. Mai zum Thema «Kompetente Diakonie – lebendige Gemeinde».
«idea Spektrum»: Ist Diakonie trendiger als vor zehn Jahren? Paul Kleiner: Sie ist mehr ins Bewusstsein gerückt worden und erscheint auch mehr in den Medien. Landeskirchen und Freikirchen achten vermehrt auf die eigene Gesellschaftsrelevanz. Die Diakonie ist in der Bevölkerung breit anerkannt. Welche biblische Geschichte beschreibt Ihr Verständnis von Diakonie am besten? Ich denke an die Geschichte der zehn Aussätzigen, die von Jesus geheilt werden. Hier kommen verschiedene Aspekte von Diakonie zum Tragen. Es werden Grenzen überschritten – hier im Grenzgebiet zu Samaria. Die Wirklichkeit der Aussätzigen, die von weither schreien, wird wahrgenommen. Jesus erkennt von weitem, dass es sich um Aussätzige handelt, und er lässt sich sogar von seinem Tagesplan abbringen. Sehr schön wird auch sichtbar, dass Jesus die Kranken selbst handeln lässt, indem er sie auffordert, sich auf den weiten Weg zu den Priestern in Jerusalem zu begeben. Er bevormundet sie nicht, sondern lässt sie im Rahmen ihrer Möglichkeiten
Zur Person
Paul Kleiner, 50, verheiratet, Pfr. Dr. theol., ist Rektor des Theologisch-Diakonischen Seminars Aarau (TDS). Seine Dissertation zum Thema «Bestechung» hat er bei Prof. Dr. Hans Ruh an der Universität Zürich verfasst. Zehn Jahre lang arbeitete er als theologischer Dozent in Angola. Der vollständige Text seines Referats am Landeskirchen-Forum kann heruntergeladen werden: www.tds-aarau.ch
Bild: Fritz Imhof
nen sich ihre Stelle aussuchen.
Verkündigung durch die Tat: Paul Kleiner, Rektor des TDS Aarau.
handeln – sie können hören, sehen und gehen. Ein weiterer Aspekt: Als der eine der zehn Geheilten und sozial wieder Integrierten zurückkommt, wird deutlich, dass Jesus erwartete, dass auch ihre Beziehung zu Gott wieder ins Lot kommt. Die körperliche Heilung, die Wiedereingliederung in die Gesellschaft und die Wiederherstellung der Gottesbeziehung gehören selbstverständlich zusammen. Es gehört zum Wesen der Diakonie, dass man beides als Teil des Handelns Gottes mit den Menschen sieht.
Was unterscheidet das diakonische Verständnis der Landeskirchen von dem der Freikirchen? Wenn ich an die Diakonie im Diakonissen-Mutterhaus St. Chrischona denke, treffe ich auf das traditionelle Diakonieverständnis in Institutionen. Im freikirchlichen Publikum denkt man eher an neuere Formen, an Sozialprojekte wie Mittagstisch, Migrationsprojekte und ähnliche Arbeiten. Das deckt sich mit dem, was man in der Landeskirche unter Diakonie versteht. Leute, die Essensgutscheine oder eine Schuldenberatung brauchen, klopfen hier an. Freikirchen sind weniger öffentlich und werden daher nicht so spontan von Hilfesuchenden angegangen. In der Landeskirche ist der Begriff «Sozialdiakonie» üblich. Ein «weisser Schimmel»? Vor einigen Jahren wurde um das Zusammenführen der beiden Begriffe «sozial» und «diakonisch» gekämpft. Die Mitarbeitenden wollten die Professionalität im Begriff «sozial» mit dem theolo-
gischen Inhalt des Begriffs «diakonisch» verbinden. Die ganze christliche Gemeinde soll diakonisch im Sinne christlicher Nächstenliebe sein. Die andern Berufsgruppen in der Kirche sind auch diakonisch tätig. Aber der Sozialdiakon soll für diese Aufgabe eine Ausbildung in Sozialer Arbeit mitbringen. Er soll erhöhte Sensibilität für diakonische Fragen mitbringen.
Weshalb nennt sich das TDS immer noch «theologischdiakonisch»? Wir hiessen einmal «Bibelschule» und betonten stark die biblischtheologischen Inhalte. Vor 20 Jahren wechselten wir den Namen und integrierten «diakonisch», weil sich der Begriff in den Kirchgemeinden etabliert hatte. Diakonie sollte nicht nur in Heimen, sondern auch in der Gemeinde ihren Platz haben. Den Begriff «theologisch» behielten wir bei, weil wir das Bezeugen des Evangeliums durch die Tat fördern wollen. Wer diakonisch arbeitet, muss das Evangelium kennen, nicht nur die soziale Wirklichkeit. Diakonie ist die Verkündigung des Evangeliums durch heilsame Zuwendung. Es gibt in der Landeskirche einen Trend, mehr Sozialarbeitende mit einem Fachhochschul-Diplom anzustellen. Gerät das TDS in Bedrängnis? Ob mehr Leute aus Fachhochschulen angestellt werden, ist fraglich. Tatsache ist, dass es mehr offene Stellen gibt, als ausgebildete Leute dafür zur Verfügung stehen. Heute können nicht alle Stellen besetzt werden. Unsere Abgänger, die bereit sind, auch Jugendarbeit zu machen oder mobil sind, kön-
Welche Rolle spielen die Profis in der Diakonie und welche die Freiwilligen? Wir versuchen, unsere Leute so auszubilden, dass sie es als zentrale Aufgabe sehen, mit Freiwilligen zusammenzuarbeiten, sprich sie zu motivieren, zu beteiligen und zu fördern. Der Übergang zwischen den Mitarbeitenden und der Zielgruppe ist dann oft fliessend. Denn selten braucht jemand nur materielle Hilfe oder Beratung. Es gilt, die Empfangenden auch in die Gemeinschaft der Gemeinde und mit Gott zu integrieren. Die Teilnehmenden, zum Beispiel am traditionellen Seniorennachmittag, pflegen Gemeinschaft miteinander, tauschen Erfahrungen aus und muntern sich gegenseitig auf. Sie tragen zur guten Stimmung bei. Das ist auch zu würdigen. Gibt es Bereiche, die den Profis vorbehalten bleiben? Es geht hier vor allem um die «Triage». Ein Profi muss merken, wenn er es mit einem komplexen Problem zu tun bekommt. Und er muss wissen, wo es spezialisierte Hilfsangebote oder stützende Netzwerke gibt. Er muss die privaten und staatlichen Angebote kennen. Gibt es Freiwillige, die für bestimmte Aufgaben besser sind als die Profis? Unbedingt! Ein Profi wendet sich dem Rat- oder Hilfesuchenden zu, weil es sein Job ist. Die Liebe und Empathie der Freiwilligen haben eine andere Qualität, denn sie gehen eine freiwillige Beziehung ein. Profis müssen schon zum Selbstschutz Freizeit und Arbeitszeit auseinander halten, besonders in einer Kirchgemeinde. Beim Freiwilligen bedeutet die Nähe zu einem Menschen auch Lebensnähe. Eine Kollegin kann einer ungewollt schwangeren Freundin auf menschlicher Ebene anders helfen. Sie steht ihr näher als die angestellte Jugendarbeiterin, auch wenn diese die Beratungsangebote besser kennt. Die Profis müssen die Tatsache würdigen, dass Freiwillige in bestimmten Situationen besser sind! Inter view: FRITZ IMHOF
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«Kompetente Diakonie – lebendige Gemeinde»: Zwei Praxisfenster
PODIUM
Rothrist: Netzwerk für Menschen in Not
Gott sei Dank!
Rémy Beusch erhielt als neuer Sozialdiakon in der reformierten Kirchgemeinde Rothrist den Auftrag, einen Teil seiner Zeit für neue Projekte einzusetzen. Daraus entstand das «Netzwerk Diakonie Rothrist», das Familien und Einzelpersonen in Notlagen unterstützt. Beusch begann mit Aktionen wie «Carton du Coeur», welche Lebensmittel für Menschen in schwierigen sozialen und finanziellen Verhältnissen sammelt. Er arrangierte eine offene Weihnachtsfeier, zu der Randständige und Immigranten eingeladen wurden. Aus diesen «Zeichen der Nächstenliebe» entstanden Kontakte, welche die Kapazität des Sozialdiakons immer mehr sprengten.
Widerstand
Beusch schaffte es, dass die Kirchgemeinde grünes Licht für den Ausbau der Arbeit gab. Dagegen gab es Widerstand von Gemein-
degliedern. Etliche konnten nicht verstehen, weshalb Leuten ausserhalb der Kirchgemeinde geholfen werden soll. Darauf kam die Kirchenratspräsidentin Claudia Bandixen nach Rothrist und erklärte das Leitbild der Reformierten Kirche Aargau. Dieses hält fest: «Weil Gott den Menschen nach seinem Bilde schuf, fördern und fordern wir die Würde des Menschen … Unsere Kirche nimmt Partei für Schwächere, ist Stimme der Verstummten und schärft den Blick für Ungerechtigkeit. Sie sucht die Versöhnung.»
Zeit nehmen und im Auftrag der Kirche die Not mit ihnen teilen.» Beusch vernetzte sodann die Arbeit mit örtlichen und regionalen Institutionen. Heute stellt der Diakon aufgrund von Feedbacks fest: «Die Reformierte Kirche Rothrist wird in der Öffentlichkeit wahrgenommen als Institution, in der das Evangelium im Wort verkündigt und in der Tat erfüllt wird.»
Vernetzung
Die Kirchenratspräsidentin überzeugte die Skeptiker. Beusch konnte sich jetzt daran machen, ein Netz von Freiwilligen für Nachbarschaftshilfe, Familien- und Einzelberatung für Menschen in besonderen Notlagen aufzubauen. Das Ziel: «Menschen, die sich in einer Notlage an die Kirche wenden, finden bei uns Mitmenschen, die sich
«Zeichen der Nächstenliebe»: Aktion «Carton du Coeur».
Münsingen: Dienst gegen das Vergessen «Ich bin mit offenen Augen, offenen Ohren und einem offenen Herz unterwegs, um zu merken, wo ältere Menschen benachteiligt werden oder wo Vereinsamung droht.» Das sagt Ursula Käufeler vom Besuchsdienst «Vergiss-meinnicht» aus Münsingen. Die Psychiatrieschwester und Sozialdiakonin ist in der reformierten Kirchgemeinde Münsingen für die Männer und Frauen ab 60 Jahren sowie die Freiwilligenarbeit tätig. Ihre Beobachtung: «Mit zunehmendem Alter werden die sozialen Kontakte immer weniger, die Mo-
bilität wird eingeschränkt und die rasante technische Entwicklung gibt vielen älteren Personen das Gefühl, nicht mehr dazu zu gehören.»
«Vergiss-mein-nicht»
Zwar sei dies nicht allein Aufgabe einer Kirchgemeinde, stellte sie am Landeskirchenforum in Aarau fest. Zahlreiche weitere Institutionen wie Pro Senectute, Spitex, Frauenvereine oder Vereine von «Senioren für Senioren» kümmerten sich um diese Menschen. Trotzdem gebe es etliche, die ausserhalb der politischen Gemeinde oder der Kirchgemeinde wohnen und bestehende Kontak-
Wertvolle Kontakte: Münsinger Senioren gemeinsam unterwegs. Bilder: zVg
te verloren hätten. Daher hat sie den Besuchsdienst «Vergiss-meinnicht» aufgebaut. Das Angebot gilt älteren Gemeindegliedern, die in einem Heim ausserhalb der Kirchgemeindegrenzen wohnen. Mit ihnen pflegen Käufeler und ein Freiwilligenteam persönliche Kontakte. Sie hat eine Besuchergruppe mit zwei Männern und acht Frauen aufgebaut, die etwa 50 Menschen in Heimen besuchen, pro Jahr mindestens zweimal. Im Lauf der Zeit hat sich ein Vertrauensverhältnis entwickelt. Ursula Käufeler betreut die Freiwilligengruppe und lädt sie viermal pro Jahr zum Erfahrungsaustausch ein. Die Besucher schildern Erlebnisse und bringen Fragen ein. So lernt das Team die verschiedenen Heime kennen. «Und die Besuchten erhalten ein Gesicht», so Käufeler. «Wir nehmen an ihrem Leben teil, und es bleiben nicht einfach Namen auf einer Liste.» Bei diesen Treffen werde auch Abschied von Menschen genommen, die begleitet worden sind. FRITZ IMHOF
«Dieu merci!», rief die welsche Kollegin. Eben hatte sie von ihrem Vater vernommen, die Krebstherapie sei erfolgreich. Das Leben neu geschenkt. Gott sei Dank! Voll Glück und Freude stelle ich mir das kongolesiche Elternpaar Bezwa Mbokani vor, als es seinem Neugeborenen die Vornamen gab: Dieudonné «Dieumerci». Der heute 26-Jährige ist ein international bekannter Fussballer. Ich finde es erstrebenswert, den Dank an Gott als allgegenwärtigen Teil der eigenen Person zu wissen. Danken lernten wir schon als Kleinkinder, und Generationen lehren es auch ihrem eigenen Nachwuchs: «Da, da...!» Danken ist Herzlichkeit, ist Staunen, ist die Kraft aus der Liebe. Danken macht bescheidener und ist letztlich auch Glauben. Danken kann und sollte Lebensmotto bleiben bis zur AbDankung. Vielleicht fragen Sie sich: Wie kann die Streiff bloss so «HeileWelt-Sätze» von sich geben, wenn die Welt rings um uns brennt, Hundertausende Menschen auf der Flucht sind vor Krieg, Elend und unvorstellbarer Not? Zugegeben, angesichts der immensen weltweiten Katastrophen bleibt mir oft der Gottesdank im Halse stecken. Wird dann zum bittenden Flehen nach Erbarmen und Gnade. Die uns zugesagte Hoffnung bringt mich oft zurück zum Danken. Die Sommersession der eidgenössischen Räte steht vor der Tür. Höhepunkt wird die Energie-Sonderdebatte sein. Danken und bitten wir Gott, dass es viele Verantwortungsträger als Chance sehen, eine Kehrtwende im Verhalten, Denken und Handeln einzuläuten. Ich werde mich engagiert dafür einsetzen, dass nicht der Wahlkampf, sondern die Sorge um die Sicherung der Zukunft unserer Kinder und Enkelkinder im Vordergrund steht. Das gibt mir Zuversicht. Dieu merci – Gott sei Dank! MARIANNE STREIFF Die Autorin ist Nationalrätin der EVP und wohnt in Köniz.
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SEA verabschiedet Resolutionen zu Ehe und Politik
JOURNAL
Warum ein politisches Engagement?
Bibel in mehr Sprachen
«Politik im Dienst der Menschen» und «Die Ehe ist das Modell der Zukunft»: So lauten die beiden Resolutionen der Schweizerischen Evangelischen Allianz (SEA). Gastreferent Ronald J. Sieder zeigte an der Delegiertenversammlung Möglichkeiten auf für ein Christsein in der Zukunft. «Wohl denen, die in deinem Hause wohnen!» Die von SEA-Zentralsekretär Hansjörg Leutwyler verlesene Tageslosung aus Psalm 84,4 schien perfekt auf die Räumlichkeiten der gastgebenden Jahu-Gemeinde in Biel zugeschnitten.
Mehr Zusammenarbeit
«Der europäische Kontinent treibt die Säkularisierung weiter. Wir müssen die Zusammenarbeit verstärken, damit wir glaubwürdig bleiben», betonte Norbert Valley in seinem Grusswort. Der Präsident des «Réseau Evangélique Suisse», der Evangelischen Allianz in der Romandie, wünscht sich Menschen mit einer vernetzten Sicht. In einem multikulturellen Umfeld sollten Christen Brücken zu anderen Menschen bauen. SEA-Zentralpräsident Wilf Gasser sieht eine Tendenz zum Rückzug in ein vertrautes, homogenes Umfeld. «Das Andersartige flösst vielen Angst ein. Doch die Bibel gibt uns einen anderen Blick.» Für den Ehetherapeuten ist klar: «Gott hat Mann und Frau sehr unterschiedlich geschaffen. Es ist eine Herausforderung, in diesem Andersartigen die wunderbare Ergänzung zu entdecken.» Als Deutschschweizer liegt ihm viel an der Zusammenar-
Neuer SEA-Vorstand Die 38 Delegierten verabschiedeten in Biel einstimmig Geschäftsbericht, Jahresrechnung und Budget 2012. Als Ersatz für die austretenden Vorstandsmitglieder Hanspeter Schmutz und Richard Stäheli wurden Christian Haslebacher, Beat Ungricht und Werner Messmer gewählt. Dem Zentralvorstand gehören weiter Wilf Gasser als Präsident, Sabine Aschmann, Brigitte Müller-Kaderli und Hansjörg Leutwyler als Zentralsekretär an. Bilder: idea/tf, zvg
Aktuell liegt die Bibel in 2527 Sprachen vor. 19 Sprachen sind erstmals dabei. Das Neue Testament liegt gar in 22 zusätzlichen Sprachen vor. Wie die Schweizerische Bibelgesellschaft mitteilt, wurden einzelne biblische Bücher in 18 weiteren der weltweit 6900 Sprachen publiziert. (idea) – www.die-bibel.ch
Begrüssungspakete
Werte-orientiert leben kann auch Freude machen: Referent Ronald J. Sider (links) mit Übersetzer in Biel.
beit mit dem «Réseau». Denn: «Im Himmel wird es keine Romands mehr geben. Und auch keine Deutschschweizer!»
Resolutionen der SEA
Politik soll im Dienst der Menschen stehen, die Ehe ist ein zukunftsfähiges Modell: Dies ist der Ansatz von zwei Resolutionen, die einstimmig verabschiedet wurden. Damit will die SEA im Wahljahr ihre Stimme in die politische Debatte einbringen. «Christliche Werte und Lebensauffassungen stehen in einem wesentlichen Zusammenhang mit politischem Verhalten und Entscheidungen», fasst die erste Resolution zusammen. Die Delegierten wünschten vom Parlament eine vorausschauende Politik. «Diese soll dem Umgang mit natürlichen Ressourcen und Finanzen, der Bedeutung der Familie und den Chancen der Bildung Priorität einräumen.» Die Tendenzen zur Lancierung neuer Lebensformen bringe es mit sich, dass viele Ehen scheitern oder gar nicht mehr geschlossen würden. Die Kosten müssten erfasst werden, um entsprechend in die Prävention investieren zu können. «Die Ehe hat ein grosses Potenzial. Es ist im Interesse der Bevölkerung, die wichtige Funktion dieser Institution nicht nur zu erhalten, sondern auch zu fördern.»
Werke beeinflussen Handeln
Auf die Wichtigkeit eines von der Bibel geprägten öffentlichen Engagements ging Ronald J. Sider in
seinem Vortrag ein. Der studierte Historiker ist Theologieprofessor. «Jeder Mensch hat eine Wertegrundlage, die auf der Herkunft oder einer Philosophie gründet. Diese beeinflusst unser Handeln», betonte der Autor von über 30 sozialkritischen Büchern. «Wir müssen die Bibel studieren – und die Welt um uns herum», meinte der Mennonit mit Schweizer Wurzeln. Die biblische Vorgabe bestehe darin, sich für Arme und Bedürftige sowie für soziale Gerechtigkeit einzusetzen. Er plädierte für eine tätige Nächstenliebe, für intakte, «starke» Familien und für funktionierende Partnerschaften zwischen Mann und Frau.
Evangelisation vor Politik
«Zu Abtreibung und Euthanasie/ Sterbehilfe müssen wir Nein sagen», betonte Sider. Doch Tabak töte jährlich Millionen von Leben, was von vielen ausgeblendet werde. Er plädierte für eine demokratische Grundordnung auf Basis von sozialer Gerechtigkeit und der Menschenrechte, für eine Dezentralisation der politischen und wirtschaftlichen Macht, Handelsfreiheit und den Einbezug nichtbehördlicher Organisationen (NGOs) in den Bereichen Familie, Schule, Medien und Arbeit. Sider zeigte sich überzeugt, dass evangelische Christen politisch nicht «abstinent» leben dürften. Trotzdem ist für den Theologieprofessor klar: «Politik ist nicht so wichtig wie die Evangelisation.» THOMAS FEUZ
Die Organisation «Christen begegnen Muslimen» stellt Begrüssungspakete für Nordafrika bereit. «Wir möchten uns auf die mögliche Flüchtlingswelle aus Tunesien, Libyen, Ägypten, Yemen, Bahrain und Iran vorbereiten», schreiben die Koordinatoren. Das Welcome Package enthält unter anderem die evangelistische DVD «More than Chocolate and Cheese». (idea) – www.w3plus.ch
Hansjörg Leutwyler geht Nach zwölfjährigem Engagement tritt der Zentralsekretär der Schweizerischen Evangelischen Allianz (SEA), Hansjörg Leutwyler, tritt auf Mai 2012 zurück. Das teilte der 56-Jährige an der Delegiertenversammlung vom letzten Samstag in Biel mit. «Die Aufgabe gefällt mir nach wie vor, die Beziehungen sind intakt, und ich darf ein sehr gutes Team um mich haben.» Ursprünglich hat Leutwyler ein Engagement von rund zehn Jahren als sinnvoll erachtet. (idea) www.each.ch
«Sunnebad» geschlossen Nach einem hoffnungsvollen Anfang verlässt der neue Pächter Joachim Ernst das Hotel «Sunnebad» in Sternenberg ZH bereits wieder. Wie die Eigentümerin mitteilt, haben sich die Umsatzzahlen nicht wie erwartet entwickelt: «Die Stiftung Diakonissen-Mutterhaus St. Chrischona bedauert sehr, dass der Betrieb mit sofortiger Wirkung geschlossen werden musste.» Damit ist die Zukunft des «Sunnebad» wiederum ungewiss. Möglichst rasch soll nun ein geeigneter Käufer gefunden werden. (idea)
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Gerhard Fischer zieht als abtretender Kantonsratspräsident eine sehr positive Bilanz
Als «höchster Zürcher» lebte er seinen Glauben 20 Jahre nach einem ersten EVP-Präsidium hat wieder ein EVP-Kantonsrat ein Jahr lang die Sitzungen des Zürcher Kantonsrats geleitet: Der Biobauer Gerhard Fischer aus Bäretswil. «Es gab Begegnungen, die ich ohne dieses Amt nie hätte machen können», sagt Gerhard Fischer am Ende seines Präsidialjahres. So wurde er im September 2010 kurzfristig und unerwartet zum Empfang des deutschen Bundespräsidenten in Zürich eingeladen. «Ich kam zur Hintertüre herein und sass dann plötzlich neben der Gattin des Bundespräsidenten», erinnert er sich. Solche Verantwortungsträger «ganz als Mensch kennenzulernen, die einfach echt ernst genommen werden möchten», war für ihn eindrücklich und bewegend. «Ich wurde in meinem Vorsatz bestätigt, auf Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens ganz persönlich zuzugehen.»
Ein Brückenbauer
Als EVP-Mitglied fühlte sich Fischer keinen parteipolitischen und wirtschaftlichen Interessen verpflichtet. Er hatte somit auch keine Machtbasis und weniger Informationen als Kollegen aus Regierungsparteien. Doch er sieht
darin einen Vorteil: «Ich konnte allen begegnen ohne den Makel, eine grosse Partei zu vertreten.» Dadurch war er auch prädestiniert, Brückenbauer zwischen dem Parlament und der Regierung zu sein. Fischer war gefordert, mit politischen Machtspielen und Profilierungswünschen umzugehen und für einen fairen und geordneten Sitzungsverlauf zu sorgen. «Mir war es wichtig, einzugreifen, wenn in der Debatte gewisse Grenzen überschritten wurden.» Einige Male habe er zu rasch interveniert und sich anschliessend dafür entschuldigen müssen. «Als Christ verliert man nicht das Gesicht, wenn man sich entschuldigt», ist der EVP-Politiker überzeugt.
Als Menschen überzeugen
Im Präsidialjahr hat Fischer auch zahlreiche landes- und freikirchliche Gemeinden besucht und über christliche Werte und das Thema «Christen und Politik» gesprochen. Er habe viele ermutigende Echos erhalten: «Die Leute waren dankbar, dass der christliche Beitrag in der Politik zum Tragen kommt. Viele sagten, persönlich für eine solche Politik einstehen zu wollen.» Für Fischer ist entscheidend, dass sich Christen zuerst mit ihrem
meinem Glauben heraus». Fischer hat erfahren: «Ein transparenter und mitfühlender Glaube erlaubt es, auf Menschen zuzugehen und ihnen zu zeigen, dass man sie wertschätzt und liebt. Das ist unser Auftrag. Der gelebte Glaube bewirkt vieles.»
Und die Zukunft?
Gerhard Fischer war gerne Präsident und Brückenbauer.
Menschsein einbringen. «Sie können zeigen, dass sie sich um diese Gesellschaft und ihre Probleme kümmern und die Menschen lieb haben. Sie können deutlich machen, dass sie die biblische Herausforderung angenommen haben, für die Menschen in dieser Welt Verantwortung zu tragen.» Fischer ist auch im Parlament als bekennender Christ bekannt. Und als einer, dem die Nöte der Kollegen nicht gleichgültig sind. «Im Kantonsrat gibt es Menschen, die durch schwierige Zeiten und Krankheiten gehen.» Mit ihnen kommt er ins Gespräch und ermutigt sie «aus
Fischer will bei den Nationalratswahlen im Herbst nochmals kandidieren. Beim letzten Mal landete er auf dem ersten Ersatzplatz und ist jetzt gespannt, ob es diesmal reichen könnte. Beruflich steht er vor der Herausforderung, das Präsidium der Vereinigung «Pro Zürcher Berggebiete» zu übernehmen. Noch ringt er um die richtige Entscheidung. FRITZ IMHOF
«... und Gottes Säge!» EVP-Kantonsratskollegin Lisette Müller sagt: «Gerhard Fischer führte die Verhandlungen klar und freundlich. Er vermochte auch auf dem ‹Bock› (Präsidentenstuhl) seine tiefe Überzeugung einfliessen zu lassen. Bei Gratulationen etwa oder bei einer traurigen Mitteilung war immer wieder das wohltuende ‹...und Gottes Säge› zu hören. Er war ein Präsident, der stets auch als Mensch spürbar war. Ich schätze ihn sehr.»
«YES»: Frontiers, OM, ÜMG und WEC führen gemeinsame Informationsabende durch
Vier Werke bekennen sich zu gleicher «DNA» Die vier Werke teilen mit allen anderen Missionsorganisationen denselben Auftrag. Das Besondere an einem YES-Anlass liegt darin, sich auf die unerreichten Volksgruppen zu konzentrieren. Die Aktion startet Anfang September. «Normalerweise werden die Missionsgesellschaften und Werke angefragt, ob sie in einer Gemeinde einen Orientierungsabend gestalten können», erklärt Beat Forster. Der Öffentlichkeitsbeauftragte bei Frontiers verbrachte die letzten 13 Jahre in Albanien und hat viel zu erzählen. Jedoch: Bild: Peter Schmid
«Mein Herz schlägt nicht für die Arbeit von Frontiers allein. Ich verstehe den Missionsauftrag von Gott gesamtheitlich.» Dieser Ansatz steht hinter dem Projekt «YES»: Die vier Werke Frontiers Schweiz, OM Schweiz (Operation Mobilisation), ÜMG (Überseeische Missionsgemeinschaft) und WEC (Weltweiter Einsatz für Christus) haben ein Konzept für gemeinsame Informationsanlässe ausgearbeitet.
«God‘s Team» aktiv
Das Spezielle an diesen Abenden ist, dass nicht Werbung für ein bestimmtes Werk gemacht wird.
«Wir gehen mit dem Gedanken der Mission in die Gemeinden und wollen gemeinsam das missionarische Engagement fördern», sagt der 48-Jährige. Sein Herz schlägt für die Mission, wie das seiner Kollegen bei den drei andern Werken. Seit einiger Zeit veranstalten Werke gemeinsame Anlässe, etwa die punktuellen «Zeltmacher-Wochenenden». «Fakt ist, dass es im konkreten Missionsfeld oft nur ein grosses Team gibt, gebildet aus Mitarbeitenden verschiedener Werke.» Die Mitarbeitenden von Werken und Gemeinschaften werden als «God‘s Team» bezeichnet. Diese
Einheit soll vermehrt auch gegenüber der Basis in der Heimat gelebt werden.
«Yes» in gleicher DNA
«Unser Herz schlägt für Mission, das ist unsere gemeinsame DNA», bekennt Forster. «Wir möchten zeigen, dass wir als Missionswerke am gleichen Auftrag dran sind und gesamthaft ein Team bilden.» Mit «YES» scheint das werkübergreifende Mittel gefunden, um dies auch in der Heimat sichtbar werden zu lassen und die gemeinsame Vision zu verstärken. THOMAS FEUZ
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25 Jahre nach der Katastrophe von Tschernobyl – Am Or t des Geschehens
ÄXGÜSI
«Kinder zu beerdigen, das ist schwer»
Endzeit, na und? Sie ist allgegenwärtig, die Bemerkung von Christen, dass nun allen klar sein müsse, dass wir in der Endzeit lebten. Dabei dient die Euro-Krise genauso als Begründung wie Fukushima oder der arabische Umbruch.
Auf ihren Reisen in die Ukraine und nach Weissrussland begegnete Hanna Maurer immer wieder Menschen, die mit den Folgen der Katastrophe von Tschernobyl leben. Die Mitarbeiterin von «Licht im Osten» berichtet. Vor vier Jahren stand ich unmittelbar vor den Toren von Tschernobyl. Das Ausmass der Tragik wird durch das hermetisch verriegelte und bewachte Tor bewusst.
Mann und Freunde starben
Tanja war im Kraftwerk leitende Lageristin und hatte in dieser Schicksalsnacht Dienst. Mit dem letzten Bus wurden Tanja und ihre Familie evakuiert. Nach zwei Monaten starb ihr Mann – er half bei den Löscharbeiten. Sie musste miterleben, wie nacheinander auch alle ihre Freunde starben. Tanja selber leidet unter Schwächeanfällen. Die Ärzte stellten keine Diagnose. Auf der Nase stört sie eine unheilbare Wunde. Die Leiden von Tschernobyl haben viele Schattierungen. Die Menschen sind oft krank, oft ernsthaft. Sie tragen ihre Kinder und Eltern viel zu früh zu Grabe. Eine junge Mutter wurde gefragt, ob es schwierig sei, heute Kinder zu gebären. Sie antwortete: «Kinder gebären ist nicht schwer, aber sie zu beerdigen, das ist schwer.» Immer mehr kommen behinderte Kinder zur Welt. Ein Kind wurde mit sechs Herzkammern geboren. Ljuba erzählte mir von ihrem siebenjährigen Neffen. Er hat an der linken Hand nur den
25 Jahre danach Die erste direkte Begegnung mit Tschernobyl hatte Hanna Maurer, Mitarbeiterin beim Missions- und Hilfswerk Licht im Osten, im Jahr 1990. Damals kam eine Gruppe von Kindern aus Weissrussland zu einem Erholungsurlaub ins Zürcher Weinland. Seither begegnete sie auf ihren vielen Reisen in die Ukraine und nach Weissrussland immer wieder Menschen, die leiden an den Folgen der Explosion des vierten Reaktorblocks im Kernkraftwerk «Lenin» in Tschernobyl am 26. April 1986. Bild: LiO
Licht ins Dunkel der Hoffnungslosigkeit: Alexander (rechts) liest regelmässig mit einigen jüngeren Freunden die Bibel.
Daumen und den kleinen Finger. Seine Behinderung kann als harmlos bezeichnet werden gegenüber Kindern, deren Glieder überhaupt nicht vorhanden sind. Ljuba musste selbst einen bösartigen Tumor entfernen lassen. Mit ihr im Zimmer lagen noch vier Frauen. Sie ist die einzige, die noch lebt. Bereits bei Mädchen wird heute Brust- und Gebärmutterhalskrebs diagnostiziert. Viele Menschen leisten Hilfe. Darunter auch Alexander und Vitalja, Mitarbeiter von «Licht im Osten». Sie gehörten zum Team, das 2007 erstmals entlang der 30-Kilometerzone von Tschernobyl in 38 Schulen etwa 5000 Kindern Weihnachtspäckli aus der Schweiz verteilte. 400 Kinder lernen die Bibel heute mit einem Fernbibelstudium kennen. Mittlerweile haben sich kleine Hauszellen gebildet.
Schon am Morgen betrunken
Alexander liest regelmässig mit ein paar jüngeren Männern die Bibel. Es kommt aber vor, dass alle bereits am Morgen betrunken sind. Die Arbeitslosigkeit, Krankheiten, der Verlust von Angehörigen haben die Menschen lethargisch gemacht. Perspektiven sind kaum vorhanden. Das fördert den Alkoholismus. Alexander stand schon viele Male am Grab eines guten Freundes. Er ist aber überzeugt, dass die Botschaft von Gottes Liebe Licht zu den verbitterten Menschen bringt. Mit einem Freund will Alexander eine kleine Bäckerei aufbauen.
Das ist mutig in der heutigen Ukraine, die darauf ausgeht, dass mittlere und kleinere Betriebe die Tore schliessen müssen. Brot wird aus 120 Kilometern Entfernung gebracht. Mit einer Bäckerei wird es täglich Brot geben, und ein paar Menschen finden Arbeit. Auf die Frage, ob er keine Angst vor der erhöhten Radioaktivität habe, meint Alexander: «Die Menschen brauchen Jesus.»
Kartoffeln in 20 000 Jahren
Obwohl heute die Radioaktivität auf dem Areal des Kraftwerkes bis 1000 Mal höher ist als die natürlichen Umgebungsstrahlungen in Europa, arbeiten 3500 Menschen im Kernkraftwerk. Sie entsorgen aus den stillgelegten Reaktoren die Brennstoffe und bauen am Mantel um den beschädigten Sarkophag. Eine Schicht dauert vier Tage. In dieser Zeit leben die Arbeiter in der Stadt Tschernobyl. Nach zwei Wochen müssen sie für zwei Wochen die Sperrzone verlassen. Laut Igor Gromotkin, Direktor der Anlage, können innerhalb der Sperrzone erst wieder in 20 000 Jahren Kartoffeln und Kohl angebaut werden. Tschernobyl wirft weiter dunkle Schatten. Allein der Glaube an Jesus Christus wirft Licht in die verletzten und resignierten Leidenden von Tschernobyl. Einer von Alexanders Freunden hat durch die Begegnung mit Jesus Christus sich sogar der Polizei gestellt, obwohl er wusste, dass eine vierjährige Gefängnisstrafe auf ihn wartet. HANNA MAURER
Aber was wird eigentlich genau bezweckt mit der Aussage, wir lebten in der letzten Zeit? Endzeit, na und was jetzt? Soll ich mich weniger gegen Ungerechtigkeit einsetzen, weil wir in der Endzeit leben? Soll ich mich nicht mehr um die Bewahrung der Schöpfung kümmern, weil wir in der letzten Zeit leben? Soll ich mich nicht mehr für die Hungernden engagieren, weil das Ende nah ist? Soll ich keine Familie mehr gründen? Oder soll ich statt des Evangeliums Gericht predigen? Das sei ferne, würde Paulus schreiben, der wie wir in der Endzeit lebte; im letzten Zeitabschnitt der Heilsgeschichte Gottes. Vor mehr als 2000 Jahren hat die Endzeit mit dem Kommen des Messias Jesus begonnen. Manchmal kommt es mir so vor, als wollten die Apokalyptik-Freaks ihre Bibelkenntnis zur Schau stellen, wenn im aktuellen Geschehen biblische Prophetien erkannt werden. Aber eigentlich sollten sie ihre Bibel besser lesen: Wenn Jesus von der letzten Zeit zu seinen Jüngern sprach, dann deshalb, weil er in ihnen Hoffnung wecken wollte. «Erschreckt nicht!», sagt er ihnen. Jesus ermutigt die Jünger, seinen Auftrag treu, ausdauernd und wachsam wahrzunehmen: «Und es wird gepredigt werden das Evangelium vom Reich in der ganzen Welt zum Zeugnis für alle Völker ...» Es haben sich schon viele Christen durch all die Jahrhunderte in einem Endzeitfahrplan versucht, und sie lagen alle falsch. Wenn uns erschreckende Ereignisse an etwas erinnern sollten, dann daran, dass wir Gottes Liebe für diese Welt predigen und leben sollen! MARC JOST Der Autor ist Geschäftsführer des Hilfswerkverbandes «Interaction» und Berner Grossrat. Er wohnt in Thun.
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Sommerlager
Über 4‘000 Kinder und Jugendliche nehmen im Sommer an einem Ferienlager teil. Hunderte von ehrenamtlichen Leiterinnen und Leitern kümmern sich hingebungsvoll um die Kinder und Jugendlichen. Sie schenken ihnen die Wertschätzung und Liebe, die viele der Kinder im Alltag nicht erleben. Bei Sport und Spiel, bei kreativen Tätigkeiten und im täglichen Zusammenleben lassen sie die Kinder erfahren, wie kostbar, begabt und von Gott einzigartig geschaffen sie sind.
Voller Einsatz Schon zum vierten Mal verbringt Ljuba Dudencova ihre Ferien als Leiterin in einem Sommerlager für Behinderte in Moldawien. «Das ist die beste Woche im Jahr», beteuern sie, «es macht uns glücklich zu sehen, wie die Behinderten und ihre Mütter lachen und strahlen.» Ljuba und ihr Mann kümmern sich um eine Gruppe von TeilnehmenMarina (links) mit Ljuba
PublirePortage
den, die wie eine Familie die ganze Woche zusammenlebt. Am Abend führen sie oft tiefgründige Gespräche in ihrer Gruppe. Sie erklärt: «Wir wollen Kindern und Erwachsenen im Namen Gottes Gutes erweisen und sie mit Liebe beschenken. Das fehlt ihnen so sehr.» Erholung für alle Kinder und Jugendliche kommen in Begleitung ihrer Mütter oder Grossmütter ins Lager. Am Tag gibt es getrennte Programme für Behinderte und Betreuungspersonen. Alle werden gefördert und umsorgt, damit sie sich vom schwierigen Alltag erholen. Sie kochen und basteln, manche springen auf dem Trampolin oder spielen Fussball... Daneben bleibt viel Zeit zum Austausch. Zuhause leben diese Menschen häufig sehr isoliert. Zu erleben, dass sie mit ihren Problemen nicht allein sind, macht ihnen Mut. Ljuba hat Schweres und Lustiges gehört und erlebt in den Lagern: «Ich denke oft an die Kinder, die ich betreut habe. Da war zum Beispiel die 15-jährige Marina,
träume Kinder und
wahr werden ben! ern Le veränd
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so gut. Ich bin überglücklich, dass ihr mein Kind als Persönlichkeit schätzt!»
die zum ersten Mal im Lager war. Das Mädchen mit Down-Syndrom klebte am ersten Tag an seiner Mutter und wollte unbedingt nach Hause. Am zweiten Tag begann es, an seinem eigenen Programm teilzunehmen, einen Tag später musste die Mutter ihre Tochter schon überall suchen. Marina war so begeistert bei der Sache, dass sie ihre Mutter völlig vergessen hatte. Sie war sehr traurig, als sie nach einer Woche wieder abreisen mussten.»
Die Christliche Ostmission bietet vier verschiedenen Lager an: • Genesungsferien für kranke Heimkinder • Ferien für Kinder und Jugendliche • Ferienwochen für behinderte Kinder und ihre Betreuungspersonen • Ferien für Heimkinder Helfen Sie mit, den Kindern ihre Träume zu verwirklichen!
Auch die Mütter wachsen Ljuba ans Herz. Sie erinnert sich, wie einer von ihnen Tränen über die Wangen liefen, als sie Ljuba dankte: «Es gefällt uns prächtig hier im Lager. Wir erholen uns richtig und tanken auf. Gewöhnlich will niemand etwas mit unseren Kindern zu tun haben. Hier hingegen erhalten sie Liebe und Aufmerksamkeit; das tut ihnen Christliche Ostmission Bodengasse 14, 3076 Worb Tel. 031 838 12 12 Fax 031 839 63 44 www.ostmission.ch PC 30-6880-4 mail@ostmission.ch
FORUM
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LESERBRIEFE
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SYNERGIE
Bestimmte Zielgruppen ansprechen Bei der Verbreitung des Evangeliums ist die Zielgruppenarbeit eine äusserst effektive Art, um Menschen anzusprechen. Jugendliche geben jungen Menschen mit jugendlicher Romantik das Evangelium weiter. Geschäftsleute laden Menschen, die im Wirtschaftsleben stehen und die gleiche Sprache sprechen, zu einem Vortragsabend mit einem christlichen Manager ins Hotel ein. Inzwischen darf ich mich zu den Senioren zählen. Seit einem halben Jahr wohnen meine Frau und ich in einem grossen Haus mit elf altersgerechten Eigentumswohnungen, mitten im Dorf. Wir versuchen mit allen Bewohnern, meist
ein christliches Thema mit DVD 17.00 Uhr: Steh-Rimuss 17.30 Uhr: Abschluss Wir haben vorerst einfach für den ersten Nachmittag eingeladen mit dem Thema «Christsein unwichtig, unwahr oder unattraktiv?». Dann können die Teilnehmer entscheiden, ob sie auch das nächste Treffen zum Thema «Wer ist Jesus?» besuchen wollen. Die Zusammenkünfte sollen auch eine Hilfe sein, die nachbarlichen Bande zu vertiefen. Erfreulicherweise haben eine ganze Anzahl für den ersten Nachmittag zugesagt. Wir sind gespannt, wie die Leute angesprochen werden und beten, dass die meisten weiter an den Treffen teilnehmen und so Licht in Herz und Haus kommen darf.
auch Senioren, einen herzlichen Kontakt zu pflegen und haben alle schon zu Kaffee und Kuchen oder zu einem Essen bei uns am Tisch eingeladen. Die meisten von diesen Gästen gehen kaum zur Kirche. Nun sind meine Frau und ich auf den Gedanken gekommen, mit interessierten Senioren an einem Nachmittag von 15.30 bis 17.30 Uhr einen Alphalive-Kurs in unserer Wohnung durchzuführen. Wir nennen ihn jedoch «Senioren-Nachmittage mit Tiefgang». Wir haben in der Einladung unser Vorhaben vorgestellt: 15.30 Uhr: Austausch bei Kaffee und Kuchen 16.00 Uhr: Praktischer Input über
Vielleicht habe ich einen Gedan-
Miteinander ist möglich Eher Knochen als Filets «idea Spektrum» Nr. 17 – «Freude am Papst-Buch, Mühe mit der Papst-Kirche» In dieser Ausgabe wird dem jüngsten Papst-Buch und dem Katholizismus ein prominenter Platz eingeräumt. Das finde ich gut, gestatte mir aber, drei Bemerkungen zum «Grüezi» und zum «Brennpunkt» mit dem Interview über die katholische Kirche und der Buchbesprechung. Im «Grüezi» lobt Hanspeter Nüesch von Campus für Christus das Miteinander geisterfüllter Geschwister aus verschiedenen Kirchen, macht
4.00 Einzelverkaufspreis: Fr.
Spektrum l idea
Nr. 17
G 7405
28. April 2011
schen Welt angeliischen evangel gen aus der eva Nachrichten und Meinun
Freude am Papst-Buch, Mühe mit der Papst-Kirche
er über Freikirchen-Präsident Max Schläpf Brutale Kreuzigung schockte die Basler Seite 9: Offener Brief
Seite 4
die Distanz zur katholischen Kirche
Seite 7: Strasseneinsatz
Grosse Sorge um die reformierte Kirche
Seite 13: Gottvertrauen
Machen Gebete die Flugreisen sicherer? Seite 24: Alltag
Die Bibel macht die Menschen glücklicher
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«idea Spektrum» Nr. 17 – «Der Papst und seine Kirche waren nie evangelikal», Interview mit Max Schläpfer Lieber Max Schläpfer, mit Interesse habe ich Ihr Interview gelesen. Sie sagen, dass Sie von keinen fruchtbaren Modellen örtlicher Zusammenarbeit von Freikirchen und Katholiken wissen. Nun, da lade ich Sie gerne in den Thurgau nach Berg ein, um Ihren Horizont zu weiten! Seit Jahren arbeiten in unserem Dorf die örtliche Freikirche (Evangelische Gemeinde Kehlhof) und die beiden Landeskirchen bestens zusammen. Jährlich organisieren wir gemeinsam die Kinderbibelwoche mit 180 bis 200 Kindern, selbstverständlich mit Abschlussgottesdienst am Sonntagmorgen mit rund 600 Leuten. Auch der evangelistische Alphalivekurs wird gemeinsam getragen. Daraus sind Hauskreise entstanden, in denen sich Katholiken und Freikirchler treffen, um zu beten und Gottes Wort zu vertiefen – sogar Älteste und Kirchenvorstände. Am Nationalfeiertag, so er auf einen Sonntag fällt, feiern wir gemeinsam Gottesdienst mit anschliessendem Dorffest. Und am Bettag sind die drei Gemeinden beim Mittagessen vereint. Es gibt sie durchaus – Gott sei Dank: die fruchtbare Zusammenarbeit zwischen Freikirchen und Katholiken und Evangelischen, und zwar nicht nur bei uns in Berg. HANSPETER HERZOG, evangelischer Pfarrer, Berg TG
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aber ein Fragezeichen zu einem Zusammengehen mit der «Kirche als Institution». Als Leiter einer international tätigen Institution weiss er auch, dass das Miteinander von Individuen vom Miteinander von Organisationen unterschieden werden muss. Im zweiten Fall schlagen die Defizite noch mehr zu Buche. Im Interview über die katholische Kirche wiederholt Max Schläpfer seine Mühe mit der Mariologie. Dazu frage ich etwas salopp, ob das Zuviel an Maria der Einen mit dem Zuwenig der Andern zu tun haben könnte. Bei den Reformatoren fällt mir die hohe Wertschätzung der Mutter Jesu auf, abzulesen etwa an Luthers Magnificat oder am Ave Maria in Zwinglis Liturgie. Die positive Bewertung des PapstBuches teile ich mit Sam Moser. Stutzig machte mich nur eine Formulierung im letzten Satz über die «Filetstücke des christlichen Glaubens». Gibt es das, und darf man so reden, wo es um dogmatische Eckpfeiler geht? Sind das nicht vielmehr Knochen, an denen Katholiken, Protestanten und Freikirchler ein Leben lang gleichermassen nagen? Vermutlich nicht immer an den gleichen. HANS CORRODI, Wetzikon
Alle sind schuldig Das Zusammenwirken ist für Katholiken, Protestanten und Freikirchler ein Knochen, an dem sie noch lange zu nagen haben, meint Leser Hans Corrodi.
«idea Spektrum» Nr. 17 – «Ein Buch über Kernstücke des Glaubens» Samuel Moser stellt in seiner Besprechung fest, für den Papst gebe es in seinem neuen Buch keine
ken weitergegeben, der von vielen Leserinnen und Lesern nachgeahmt wird. Nicky Gumbel, der Gründer des Alphakurses, spricht auf der DVD in einer äusserst sympathischen Weise, so dass die Leute gepackt werden. Die DVD-Serie kann man bei Campus für Christus in Zürich kaufen, samt Material. Streuen wir doch den Samen aus – besonders in unserer Zielgruppe, zur Zeit oder zur Unzeit! ROBERT RAHM Der Autor ist Mitbegründer der Rimussund Weinkellerei Rahm AG, Hallau. Er engagiert sich in der IVCG und verschiedenen christlichen Werken sowie als Referent lebensnaher Themen. robert.rahm@rimuss.ch
Kollektivschuld der Juden. Diese Aussage des Papstes halte ich für falsch. Wir alle, jeder Mensch auf der Erde, ist Schuld am Tod von Jesus Christus. Es gibt also die Kollektivschuld aller Menschen, die Juden eingeschlossen. Wir alle sind Sünder und haben mit unserer Schuld Jesus ans Kreuz gebracht. In Apostelgeschichte 4,27+28 steht: «Wahrhaftig, sie haben sich versammelt in dieser Stadt gegen deinen heiligen Knecht Jesus, den du gesalbt hast, Herodes und Pontius Pilatus mit den Heiden und den Stämmen Israels, zu tun, was deine Hand und dein Ratschluss zuvor bestimmt hatten, dass es geschehen solle.» Die Römer (als Vertreter aller Menschen) und die Juden haben Jesus gekreuzigt. Vielleicht muss man die Aussage des Papstes vor dem Hintergrund seiner deutschen Herkunft sehen. HANSJÖRG SCHÄRER, Wallisellen
Hilfreiche Antworten «idea Spektrum» Nr. 16 – «Gott lässt das Leiden nah an sich herankommen» Ich möchte Andrea Vonlanthen einfach sehr herzlich danken für das Interview mit Dr. Samuel Pfeifer. Die präzisen Fragen haben die Möglichkeit zu hilfreichen Antworten gegeben. Ich musste mir sofort einiges herausschreiben, das mich persönlich angesprochen hat. Herzlichen Dank auch Samuel Pfeifer für seine Antworten. MAX HOFMANN, Wetzikon
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Im Kanton Zürich wird am 15. Mai über zwei Suizid-Vorlagen der EDU abgestimmt
Wie wird die Menschenwürde definiert? Leben ist wertvoll
Zwei kantonale Volksinitiativen lassen die Emotionen hochgehen. Sie wollen den «Sterbetourismus» im Kanton Zürich verhindern und den Kanton Zürich zur Einreichung einer Standesinitiative «Stopp der Suizidbeihilfe» verpflichten. Eine Momentaufnahme. Die Meinungsbildung ist wie immer in ethischen Belangen sehr komplex. Mit ganzseitigen Inseraten wirbt die Sterbehilfeorganisation Exit für ein Nein zu den beiden Initiativen. Darin plädieren prominente Schweizerinnen und Schweizer für das Recht auf eigene Meinung, gerade auch in Bezug auf die letzten Dinge.
Suizidhilfe verhindern
Urheberin der beiden Volksinitiativen ist die EDU (Eidgenössisch-Demokratische Union) des Kantons Zürich. Sie hat sich
Impressum Idea Schweiz Herausgeber: Idea Information AG, 4410 Liestal Verwaltungsrat: Heiner Henny, Präsident; Sam Moser, Stellvertreter; Paul Beyeler, Hans Lendi, Hansjörg Leutwyler, Hanspeter Schmutz Ideelle Trägerschaft: Schweizerische Evangelische Allianz (SEA), Verband Evangelischer Freikirchen und Gemeinden (VFG), Arbeitsgemeinschaft Evangelischer Missionen (AEM) Redaktion: Josefstr. 32, 8005 Zürich, Tel. 044 444 16 44, Fax 044 444 16 49 E-Mail: redaktion@ideaschweiz.ch Internet: www.ideaschweiz.ch Chefredaktor: Andrea Vonlanthen Büro: Bahnhofstr. 65, 9320 Arbon Tel. 071 446 70 02, Fax 071 446 74 88 E-Mail: andrea.vonlanthen@ideaschweiz.ch Redaktor: Thomas Feuz Er weitertes Team: Esther Reutimann, Sibylle Zambon, Christian Bachmann, Mirjam Fisch-Köhler, Marlies Reutimann Praktikum: Benjamin Fisch Inserateservice: Jordi AG – das Medienhaus, Roland Rösti, Aemmenmattstr. 22, 3123 Belp, Tel. 031 818 01 25, Fax 031 819 38 54 E-Mail: inserate@ideaschweiz.ch Aboservice: Jordi AG – das Medienhaus, Ursula Seifried Jordi, Aemmenmattstr. 22, 3123 Belp, Tel. 031 818 01 20, Fax 031 819 38 54 E-Mail: abo@ideaschweiz.ch Abopreise: Jahresabo Fr. 145.–, Seniorenabo Fr. 117.–, Halbjahresabo Fr. 77.–. Das Abo ist unter Einhaltung einer vierwöchigen Frist jeweils zum Bezugsende kündbar. Konto: PC-Konto 40-788586-4 Idea Information AG, 4410 Liestal Layout/Druck/Versand: Jordi AG – das Medienhaus, Aemmenmattstr. 22, 3123 Belp www.jordibelp.ch
Bild: zVg
Hart umkämpft: Die Initianten sagen Ja zu einem Schutz des menschlichen Lebens.
ein zweifaches Ziel gesteckt: Die Volksinitiative «Nein zum Sterbetourismus» verknüpft Suizidbeihilfe mit einer Wohnsitzpflicht. Damit sollen die Aktivitäten der Sterbehilfeorganisation Dignitas eingeschränkt werden, die verschiedentlich auch ausländischen Staatsbürgern zum «Freitod» verholfen hat und wegen Bürgerprotesten mehrmals ihre Domizile wechseln musste. Mit der Standesinitiative «Stopp der Suizidhilfe» soll der Bund beauftragt werden, in Zukunft landesweit «jede Art von Verleitung oder Beihilfe zum Selbstmord» unter Strafe zu stellen.
«Eine Gabe Gottes» Die Haltung der EDU: «Mit den beiden Volksinitiativen soll erreicht werden, dass Tötungshandlungen am Lebensende ausgeschlossen werden, da das Leben eine Gabe Gottes ist. Es ist ein entscheidender Unterschied, ob sterbende Menschen mittels Palliative Care in den Tod begleitet oder durch Sterbehilfeorganisationen in den Tod befördert werden. Ältere, kranke, psychisch kranke oder auch demente Menschen sind vollwertige Mitglieder unserer Gesellschaft und sollen die Kraft der Präambel der Bundesverfassung, wonach sich ‹die Stärke des Volkes am Wohl der Schwachen misst›, erfahren dürfen.»
Die EDU als Initiantin der beiden Volksbegehren argumentiert: «Das Leben bejahen, Gutes und Schlechtes annehmen und seinen Lebensweg meistern: Das sind Grundsätze, die gesellschaftlich breit abgestützt sind.» Menschen, die am Leben scheitern, sollten «mit christlicher Nächstenliebe aufgerichtet» werden, damit sie sich neu orientieren und gestärkt ihre Zukunft angehen können. Allerdings: «Am Lebensende müssen wir einen unbekannten Weg beschreiten, der viele verunsichert.» Diesbezüglich postulieren die Initianten die Suizidprävention statt eine Suizidhilfe. Der Staat müsse dafür sorgen, dass der Tod weder beschleunigt noch verzögert wird. Grosse Bedeutung komme «Palliative Care» zu, also allen Massnahmen, die das Leiden eines unheilbar kranken Menschen lindern und ihm so eine bestmögliche Lebensqualität bis zum Ende verschaffen können.
Es bleibt spannend
Ein Ja zur Vorlage «Einreichung einer Standesinitiative» an der Urne würde den Kanton Zürich verpflichten, in Bern eine entsprechende Standesinitiative einzureichen. Diese müsste vom eidgenössischen Parlament behandelt werden. Sagt dieses Ja, müsste der Bund eine Gesetzesvorlage für ein Sterbehilfe-Verbot
Die EVP hält fest: «Wir sind eine Instant-Soft-Gesellschaft geworden. Alles muss sofort her, möglichst nichts kosten und leicht verdaulich geniessbar sein. Deshalb wollen wir die Voraussetzung schaffen, leidendes Leben schmerzlos zu beenden. Das ist eine ganz gefährliche Entwicklung. Die EVP zweifelt nicht daran, dass die Befürworter der Sterbehilfe gute Motive haben. Aber wie wird die Gesellschaft in zehn oder zwanzig Jahren entscheiden, wenn der Griff zum erlösenden Becher ‹normal› geworden ist? Ist dann noch genug Solidarität zwischen den Generationen da, oder wird das menschliche Leben nur noch nach seinem Nutzen bewertet? Und wer entscheidet darü-
ausarbeiten. Sagt es Nein, könnte das Referendum ergriffen werden – wohl von EVP oder EDU, oder von beiden gemeinsam. BENJAMIN FISCH/THOMAS FEUZ
Darum gehts Kantonale Volksinitiative «Nein zum Sterbetourismus im Kanton Zürich!»: Der Kanton Zürich erlässt rechtliche Bestimmungen, welche jegliche Beihilfe zum Selbstmord an Personen ohne mindestens einjährigen Wohnsitz im Kanton Zürich (Sterbetourismus) nicht gestatten und unter Strafe stellen. Kantonale Volksinitiative zur Einreichung einer Standesinitiative «Stopp der Suizidhilfe!»: Gestützt auf Artikel 160 Absatz 1 der Bundesverfassung reicht der Kanton Zürich der Bundesversammlung folgende Standesinitiative ein: «Der Bund wird beauftragt, jede Art von Verleitung oder Beihilfe zum Selbstmord unter Strafe zu stellen.» Dem Abstimmungskomitee gehören Vertretungen aus den Parteien CVP, EDU, EVP, SVP und Schweizer Demokraten an. EDU und EVP gaben die Ja-Parole heraus; Regierung, Parlament und die Parteien AL, BDP, CSP, CVP, FDP, GLP, Grüne, SP und SVP sowie die Freidenkervereinigung lehnen die beiden Initiativen ab.
ber, welche medizinischen Leistungen wann und bis zu welchem Alter erbracht werden sollen?» Die Familienlobby Schweiz meint: «Eine gedeihende Nation hat die Aufgabe, menschliches Leben vom ersten bis zum letzten Moment zu schützen und zu fördern. Bei der Abtreibung, aber auch am anderen Ende der Lebensachse hat Gevatter Tod seine Krallen ausgebreitet. Sterbewillige aus dem In- und Ausland pilgern in den Kanton Zürich, um hier ihren sogenannt ‹würdigen Freitod› zu inszenieren. Mit einem Ja zu den beiden EDU-Initiativen besinnt sich das Zürcher Stimmvolk auf seine Aufgabe, einer Kultur des Tötens keinen Raum zu gewähren.»
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«Forum 2011» der Arbeitsgemeinschaft interkulturell (AGiK) in Hägendor f SO
Wenn die Taufe zu einem Todeszauber wird Warum führen kulturelle Unterschiede zu Missverständnissen? «Mit unserem Denkrahmen können wir das Verhalten einer fremden Kultur nicht einordnen», erklärte Ethnologe Lothar Käser am AGiK-Forum. Interkulturelle Kontakte sind eine Herausforderung für Gemeinden und Werke. Eine bunte Schar von 180 Personen liess sich am 30. April vom vielfältigen Thema ansprechen.
Mütze ab – Mütze auf
Lothar Käser ist Professor am Institut für Völkerkunde der Universität Freiburg (D) und Dozent an der Freien Theologischen Hochschule Giessen. Er erzählte von einem Erlebnis in einer Genfer Synagoge: «Weil ich meine Mütze abgenommen hatte, wurde ich von einem Rabbiner aggressiv beschimpft.» In dessen Kultur bedeute Ehrfurcht vor dem heiligen Raum, den Kopf zu bedecken. Obwohl Käser die gleiche Absicht hatte wie der Rabbiner, seien ihre beiden Kulturen ungebremst aufeinandergeprallt. «Mit unserem Denkrahmen können wir das Verhalten in der für uns fremden Kultur nicht einordnen, die Kom-
munikation ist gestört», erläuterte der Ethnologe.
Sakrament oder Zauber?
Katholische Missionare hätten im 19. Jahrhundert Ureinwohner Neukaledoniens getauft, deren Lebenszeit sich dem Ende näherte. Die Ureinwohner hätten sich konsequent geweigert, ihre Babys taufen zu lassen. Käser: «Was für die Katholiken eine sakramentale Handlung war, wurde von den Südseeinsulanern ganz anders verstanden – nämlich als Todeszauber, waren doch die älteren Stammesangehörigen jeweils kurz nach der Taufe gestorben.» Der Ethnologe fasste seinen Bericht so zusammen: «Einem Fremden gegenüber muss ich mein Handeln so einrichten, dass er mit dem Denkrahmen seiner Kultur mein Handeln verstehen kann.»
Plattform mit 40 Leitern
Die Leiter-Plattform, genannt «Leaders Track», vernetzt gut 40 Pfarrer, Prediger und Leitende aus Kirchen und Werken, die mit Ausländern aus fast allen Kontinenten zusammenarbeiten. Lothar Käser: «Mit acht Jahren hat ein Kind 80 Prozent von dem gelernt, was eine bestimmte Kultur ausmacht:
Ethnologe Lothar Käser nahm in einer Synagoge den Hut ab.
Sprache, Werte, Verhalten. Wenn die Enkulturation abgeschlossen ist, fehlt die kritische Distanz zur eigenen Kultur.» Käser zeigte die Unterschiede von individual- und gruppenorientierten Gesellschaften auf und wies darauf hin, wie die jeweils typischen Merkmale das Verhalten prägen. Neben dem Leiterforum wurden vier Workshops angeboten über den christlichen Glauben im multireligiösen Umfeld sowie den Umgang mit Migranten.
Zuhause für Migranten
Anne-Käthi Herter vom AGiK-Forum-Team, verantwortlich für interkulturelle Jugendarbeit, sprach über
die Probleme, mit denen ausländische Jugendliche konfrontiert sind. «Da ihre Eltern oft nicht integriert sind und kein Deutsch sprechen, fühlen sich die Jugendlichen alleine gelassen.» Deshalb habe evangelistische Kinder- und Jugendarbeit unter Migranten in erster Linie zum Ziel, diesen ein Zuhause zu geben. Ein Highlight des Forums war der Zeugnisbericht des Arabers Sultan. Der zu Jesus konvertierte Muslim wurde wegen seines Glaubens verfolgt und kam auf vielen Umwegen in die Schweiz. Sein bewegender Bericht dürfte manchem Zuhörer unter die Haut gegangen sein. CHRISTIAN BACHMANN
Das AGiK-Forum Die Arbeitsgemeinschaft interkulturell (AGiK) ist eine Fachgruppe der Schweizerischen Evangelischen Allianz. Sie versteht sich als Kompetenzzentrum für Integrations- und Migrationsfragen und besteht aus Werken und Fachleuten, die in diesem Bereich wirken. Koordinator ist Martin Voegelin. Das Forum 2012 zum Thema «Interkulturelles Gebet» findet am 28. April 2012 statt. www.agik.ch
WEC Schweiz vollzieht am nächsten Samstag den Leiter wechsel
In die Leitung ist auch die Ehefrau berufen Nach neun Jahren als Leiter von WEC (Weltweiter Einsatz für Christus) Schweiz reisen Hansruedi und Elfi Bohl nach Afrika aus. Michael und Gabriela Baltensperger haben am 1. April ihre neue Aufgabe als Leiter angetreten. Familie Baltensperger wohnt in Winterthur. Michael ist Bauingenieur und Missiologe, Gabriela
ist als Ärztin tätig. «Unser tiefster Wunsch ist es, dass wir als Schweizer Gottes Ruf wahrnehmen. Wie können Missionsgesellschaften die Gemeinde Jesu mobilisieren, um die noch 6870 unerreichten Volksgruppen mit dem Evangelium zu bedienen?» Die neuen WEC-Leiter wollen diesbezüglich die jüngste Generation motivieren, die Liebe von Jesus weiterzugeben.
14. Mai: WEC-Treff
Den Gemeinden dienen
Die Stabsübergabe findet am WECTreff vom 14. Mai statt: 9 bis 17 Uhr in der FEG Wetzikon, mit Kinderprogramm. Freitag ab 19 Uhr: Youth Night «mission – pass it on!» www.wec-international.ch
Bilder: Christian Bachmann, Markus Gerlach
Die scheidenden Leiter von WEC Schweiz freuen sich auf die neue Herausforderung. «Wir werden die Teams in strategischen sowie in personellen Fragen beraten. Auch das Organisieren von Konferenzen und Schulungen wird zu
Gelungener Stabswechsel: Michael und Gabriela Baltensperger (von rechts) übernehmen die Verantwortung von Elfi und Hansruedi Bohl.
unseren zukünftigen Aufgaben gehören», sagt Hansruedi Bohl. Elfi freut sich darauf, mit der afrikanischen Harfe (Kora) das Evangelium den islamischen Völkern zu kommunizieren. Ein wichtiges Ziel ist auch, die Christen in Afrika für kulturüberschreitende Mission zu mobilisieren. WEC
beruft jeweils auch die Ehefrau als neue Leitung. Michael und Gabriela Baltensperger betonen: «Als WEC Schweiz ist es unser Wunsch, den Gemeinden im interkulturellen Dienst vor ihrer Türe und ‹bis ans Ende der Welt› beratend und unterstützend zur Seite zu stehen.» THOMAS FEUZ
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INSERATE
AGENDA
ideaSchweiz l 19/2011
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AGENDA MAI 2011
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N AC H R IC H T E N
Werden Christen aus Syrien vertrieben? VOLKSAUFSTAND Islamistische Kräfte setzen Christen unter Druck.
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n Syrien begehren Oppositionelle gegen das herrschende Regime auf, das mit Gewalt zurückschlägt. Insgesamt sind seit März rund 600 Personen getötet worden; mindestens 8.000 wurden festgenommen oder sind verschwunden. Die Christen
Syrische Christen beim Gebet
Syrien 22,5 Mio Einwohner, davon Muslime Drusen Orthodoxe Christen Katholiken Protestanten
halten sich hingegen zurück. Unter dem sozialistischen System der seit 1963 regierenden Baath-Partei von Präsident Baschar al-Assad genießt die christliche Minderheit relative Freiheit. Von radikal-islamischen Regierungsgegnern wurden sie dagegen bereits unter Druck gesetzt: Wenn sie sich nicht den Protesten anschlössen, müssten sie das Land verlassen. Es hat bereits blutige Übergriffe gegeben: In einem von Christen bewohnten Dorf nahe Daraa – einer Hochburg der Regierungsgegner – hatten etwa 20 Männer das Feuer auf ein christliches Haus eröffnet. Wie christliche Organisationen melden, wollten auch Christen für Demokratie demonstrieren, aber sie hätten Angst vor dem drohenden Terrorismus radikal-islamischer Kräfte.
CDU fordert Schutz für Christen 90,0 % 4,0 % 4,0 % 2,0 % 0,1 %
Der außenpolitische Sprecher der CDU/ CSU-Bundestagsfraktion, Philipp Mißfelder, forderte, dass Verbrechen an Christen wie auch an anderen Minderheiten als schwere Menschenrechtsverletzungen weltweit geächtet werden müssten. P
Gebetsgemeinschaften sind in der Krise EC-BUNDESPFARRER Nicht nur Glaubenskurse, auch Gebetskurse!
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as laute gemeinsame Beten – die Gebetsgemeinschaft – steckt in der pietistischen Jugendarbeit in einer Krise. Dieser Ansicht ist der theologische Leiter des (deutschen) Jugendverbandes „Entschieden für Christus“ (EC), Bundespfarrer Rudolf Westerheide (Kassel). In den EC-Kreisen beobachte man einen „schmerzlichen Abbruch beim gemeinsamen Gebet“, schreibt er in seinem „Bundespfarrerbericht 2011“. Eine Umfrage unter den hauptamtlichen Mitarbeitern habe ergeben, dass Jugendliche beim lauten Beten in der Gruppe „sehr zurückhaltend“ geworden seien. Sie haben laut Westerheide oft die Sorge, „nicht an die flüssigen Formulierungen der alten Hasen heranzureichen“ und deshalb schwiegen sie lieber. Damit dürfe man sich
nicht abfinden. Es gebe einfache Hilfen, um Jugendlichen „die gute alte Gebetsgemeinschaft“ lieb zu machen. Ein Beispiel sei das „Popcorn-Gebet“, bei dem jeder jeweils einen Satz oder ein Stichwort einwirft, aber kein ausformuliertes Gebet sprechen muss. Eine weitere Vorstufe zum freien Gebet bestehe darin, Zettel mit Gebeten oder Bibelversen auszuteilen, die dann als Beitrag zur Gebetsgemeinschaft gelesen werden können. Westerheide regte zum Nachdenken darüber an, ob es neben Glaubenskursen auch Gebetskurse geben sollte. Der Deutsche EC-Verband erreicht in seinen 3.000 wöchentlichen Gruppen über 35.000 junge Menschen. P
b www.ec-jugend.de
NOTIERT Nigeria: Muslime kontra Christen Im bevölkerungsreichsten Land Afrikas – Nigeria – lässt die Gewalt gegen Christen nicht nach. Fanatische Muslime hatten etwa 300 Kirchen im überwiegend muslimischen Norden in Brand gesteckt, nachdem sich bei den Präsidentschaftswahlen der Sieg eines Christen – Präsident Goodluck Jonathan – abzeichnete. Gegenkandidat war der Muslim Muhammadu Buhari. Bei den Unruhen kamen mindestens 500 Menschen ums Leben, meist Christen. Die Christliche Vereinigung Nigerias (CAN) – der größte kirchliche Dachverband des westafrikanischen Landes – hält die Übergriffe nicht nur für politisch, sondern auch für religiös motiviert. Außerdem habe es sich um geplante Aktionen gehandelt. CANPräsident Ayo Oritsejafor fordert die Festnahme Buharis. Nigeria ist ein gemischt religiöses Land. Extremisten wollen das islamische Religionsgesetz, die Scharia, überall durchsetzen. Es gilt bereits in zwölf der 36 Bundesstaaten.
EKD: Wir gehen auf Eliten zu Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) geht auf Eliten in der Gesellschaft zu. Sie hat dazu eine Stellungnahme unter dem Titel „Evangelische Verantwortungseliten – eine Orientierung“ herausgegeben. Mit dieser Elite seien evangelische Christen gemeint, „die ihre gesellschaftlichen Aufgaben aus einer christlichen Überzeugung heraus wahrnehmen“, heißt es in der Einleitung. Der EKD-Ratsvorsitzende, Präses Nikolaus Schneider (Düsseldorf), schreibt im Vorwort, die evangelische Kirche habe diesen Eliten viel zu verdanken. Nach seinen Worten drohte in den vergangenen Jahrzehnten eine falsch verstandene Gleichheitsauffassung in der Kirche zu verhindern, „dass evangelische Verantwortungseliten ihre Kraft entfalten konnten“. Es sei nötig, die Mitglieder dieser Elite durch die Kirche anzusprechen und einzuladen: „Sie sollen sich willkommen fühlen, und sie sollten in ihrem Verantwortungsgefühl und in ihrem Selbstverständnis als ‚Elite für andere’ bestärkt werden, denn unsere Kirche braucht ihre Anwesenheit, Mithilfe und Strahlkraft.“ www.ekd.de
Foto: dpa
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Freut sich Gott über Osama bin Ladens Tod? ETHIK-DEBATTE Christen diskutieren nun heftig über geistliche und moralische Fragen.
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ie Erschießung des Terroristenanführers Osama bin Laden wirft eine Reihe von Fragen auf, die auch unter Christen heftig diskutiert werden. Die meisten Theologen – die sich äußerten – kritisieren, dass US-Spezialkräfte bin Laden erschossen haben, statt ihn gefangen zu nehmen. Das geistliche Oberhaupt der Anglikaner, Erzbischof Rowan Williams (London), erklärte, er habe dabei ein „ungutes Gefühl“. Es sei wichtig, dass auch im Umgang mit einem „offenkundigen Kriegsverbrecher“ deutlich zu erkennen sei, dass Gerechtigkeit geübt werde. Der (deutsche)
Evangelische Militärbischof Martin Dutzmann (Detmold) sagte gegenüber idea, wenn man gar nicht erst versucht haben sollte, bin Laden festzunehmen, halte er die Tötung für „ethisch nicht akzeptabel“.
Militärbischof: Auch ein Massenmörder ist ein Geschöpf Gottes Auch ein Massenmörder sei ein Geschöpf Gottes mit der ihm von Gott verliehenen Würde. Auf die Frage, ob Christen in bestimmten Situationen töten dürften, erklärte Dutzmann, das Gebot „Du sollst nicht töten“ gelte für Christen ohne Einschränkung. „Nun können Christen aber in eine Situation geraten, in der es nötig ist, Gewalt anzudrohen und anzuwenden, um größere Gewalt zu verhindern oder zu beenden.“ Dann entstehe ein ethisches Dilemma, aus dem man nicht herauskomme, ohne schuldig zu werden. „Ein Christ weiß aber, dass er sich mit seiner Schuld an Gott wenden und auf Vergebung hoffen darf.“ Der Präses der Evangelischen Kirche von Westfalen, Alfred Buß (Bielefeld), kritisierte die Tötung des Terroristenführers ebenfalls. Gewalt anzuwenden, um Gewalt aus der Welt zu schaffen, sei eine verhängnisvolle Logik.
Gott will keinen Terror
Ein pakistanischer Junge mit einer Spielzeugwaffe vor einem Poster von Osama bin Laden. In seinem hasserfüllten, von vielen Todesopfern begleiteten Kampf gegen die USA folgten ihm viele fanatisierte Muslime.
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Zwei evangelikale Theologen aus den USA sind überzeugt, dass Gott darüber keine Freude empfindet. Zwar sei der Gott der Bibel ein Gott der Gerechtigkeit und wolle nicht, dass der Terror triumphiere, schreiben der Chefredakteur des Magazins Charisma, J. Lee Grady (Lake Mary/Bundesstaat Florida), und der Baptistenpastor John Piper (Minneapolis/Bundesstaat Minnesota) – aber Gott wolle auch nicht den Tod des Sünders, sondern biete allen reuigen Menschen die Umkehr an. Piper und Grady zitieren ein Wort des alttestamentlichen Propheten Hesekiel (Kapitel 18,23): „Meinst du, dass ich Gefallen habe am Tod des Gottlosen, spricht Gott der Herr, und nicht vielmehr daran, dass er sich bekehrt von seinen Wegen und am Leben bleibt?“
Ist Osama bin Laden in der Hölle? Grady geht auch der Frage nach, ob sich Osama bin Laden jetzt in der Hölle befinde. Der Bibel zufolge gebe es nur eine Möglichkeit, dem Jüngsten Gericht und der ewigen Verlorenheit zu entfliehen – nämlich durch den Glauben an Jesus Christus. Menschen, die die Botschaft von der Vergebung durch Christus nicht kennen – wie möglicherweise bin Laden – , würden nach Gottes Gesetz gerichtet, das in ihr Herz geschrieben sei. Auch bin Laden müsse gewusst haben, dass es böse sei, unschuldige Menschen umzubringen. Die Entscheidungen, die man in diesem Leben treffe, hätten Auswirkungen auf die Ewigkeit, so Grady. Insofern sei der Tod des Drahtziehers der Anschläge vom 11. September 2001 auch „eine ernüchternde Erinnerung daran, dass alle, die Christus nicht kennen, die Ewigkeit ohne ihn verbringen werden“.
Muslimische Verbände erleichtert Muslimische Verbände in den USA und Deutschland reagierten mit Erleichterung auf den Tod des Terroristenführers. „Die Welt ist definitiv besser ohne den Patron aller Terroristen“, zitiert die Zeitung USA Today den Leiter des Islamischen Zentrums von Amerika in Dearborn (Michigan), Imam Hassan Al-Qazwini. Auch unter Muslimen in Deutschland stieß die Nachricht auf Erleichterung, so der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime, Aiman Mazyek.
Christen in islamischen Ländern sind jetzt in erhöhter Gefahr Christliche Minderheiten in einigen islamischen Ländern befürchten jetzt Vergeltungsanschläge muslimischer Extremisten. Die pakistanischen Behörden haben die Sicherheitsmaßnahmen für Kirchen und christliche Einrichtungen erhöht. Aber auch in anderen Ländern, in denen Sympathisanten und Ableger von El Kaida operieren, müssen Christen vor Racheakten auf der Hut sein – etwa in Afghanistan, dem Irak und Somalia. P
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Trotz Religionsfreiheit werden Christen schikaniert ZENTRALASIEN Trotz offiziell garantierter Religionsfreiheit haben es Christen in vielen Nachfolgestaaten der ehemaligen Sowjetunion schwer, ihren Glauben zu leben. Vielerorts werden sie stark diskriminiert. n Usbekistan und Turkmenistan werden christliche Gemeinden schikaniert und willkürlich aufgelöst. Das berichtete der Leiter des Missionsbundes „Licht im Osten“ (Korntal bei Stuttgart), Pfarrer Johannes Lange, beim Jahresfest seines Werkes. So sei es verboten, den christlichen Glauben zu verbreiten. Als besonders schweres Vergehen werde der Versuch angesehen, Muslime zu bekehren. Gemeindeleiter würden verhaftet, christliche Literatur beschlagnahmt und öffentliche Versammlungen unterbunden. Gemeinden, in denen ehemalige Muslime Mitglieder sind, verlören ihre Registrierung. Als Grund für die restriktive Religionspolitik nannte Lange die Furcht der Machthaber, dass religiöse Aktivitäten Unruhen auslösen könnten. Ihre Maßnahmen richteten sich vor allem gegen radikale islamische Gruppen, seien aber am leichtesten gegenüber den christlichen Minderheiten durchzusetzen.
Etwas positiver: Kasachstan und Kirgisistan Unterschiedlich ist die Lage in Kasachstan und Kirgisistan. An manchen Orten stießen Christen auf heftigen Widerstand, so Lange. Allerdings gebe es auch positive Erfahrungen. So könnten Christen in Kasachstan im Allgemeinen ihren Glauben praktizieren, solange sie nicht Missionsarbeit unter Muslimen betrieben. Die kasa-
chische Partnerorganisation von „Licht im Osten“ gebe sogar eigene Zeitschriften heraus. Radio- und Fernsehsendungen seien ebenso möglich wie öffentliche Versammlungen.
Obwohl Russland als christlich gilt … Nach Angaben der Moskauer Straßenevangelistin Schirinaj Dossowa stammen die meisten nach Kasachstan eingeführten Koran-Bücher aus Russland, obwohl Russland als christlich gelte. Das Verhältnis der Russisch-Orthodoxen Kirche zu den Moslems in Kasachstan sei besser als zu den dortigen evangelischen Gemeinden.
Anstößiges gegenüber Muslimen nicht verschweigen Der frühere württembergische Kirchenrat Albrecht Hauser erwartet von Christen, dass sie im Gespräch mit Muslimen nicht Teile des Evangeliums unterschlagen. „Muslimen gegenüber nur solche Elemente über Jesus und den christlichen Glauben zu erzählen, die nicht anstößig sind und welche die Muslime auch akzeptieren können, grenzt an Verleugnen und Versagen“, sagte der Islamexperte in einem Vortrag.
Eine christliche Kinderzeitschrift in acht Sprachen
Turkmenistan 5,0 Millionen Einwohner Muslime (Sunniten) 90 % orthodoxe Christen 9 %
Usbekistan
Das Haupttouristenziel in Usbekistan ist die Stadt Samarkand, in der sich drei Schulen (Foto) für muslimische Geistliche befinden.
27,3 Millionen Einwohner Muslime (Sunniten) 90 % Christen 0,8 % Juden (59.200) 0,2 %
RU S S L A N D
ASTANA K A S AC H S TA N
Kaspisches Meer
BISCHKEK U S B E K I S TA N TU RK M E N I S TA N TASCHKENT K I R G I S I S TA N Samarkand ASCHGABAT HAUPTSTADT
A F G H A N I S TA N
„Licht im Osten“ wurde 1920 in Wernigerode am Harz gegründet, um unter den damaligen russischen Kriegsgefangenen und unter den Völkern der Sowjetunion die biblische Botschaft auszubreiten. Später zog das Werk nach Korntal bei Stuttgart um und weitete seine Arbeit auf den gesamten Ostblock aus. In den 70er und 80er Jahren schmuggelten Mitarbeiter Tausende von Bibeln durch den Eisernen Vorhang. Der Missionsbund hat heute neun Partnerorganisationen in Osteuropa und Zentralasien und unterstützt dort etwa 100 einheimische Missionare und Mitarbeiter. Er stellt ihnen Bibeln, theologische Literatur, Lebensbeschreibungen und Zeitschriften in über 30 Sprachen zur Verfügung. Bestseller ist das russischsprachige Zwei-Monats-Magazin „Glaube und Leben“ mit einer Auflage von 90.000 Exemplaren sowie die Kinderzeitschrift „Tropinka“, die in acht Sprachen erscheint und mehr als eineinhalb Millionen Leser erreicht.
Wo Roma Lesen und Schreiben lernen Außerdem fördert der Missionsbund soziale Projekte, darunter ein Alphabetisierungsprogramm für bulgarische Roma, ein Flüchtlingslager im Kaukasus und die Betreuung von aidskranken Kindern in St. Petersburg. Vorsitzender ist der württembergische Pfarrer Martin Hirschmüller (Ostfildern bei Stuttgart). P
b www.lio.org • 0711 8399080
Foto: PR
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„Gib, so viel du kannst“ HILFSBEREITSCHAFT Das gab es noch nie zuvor in der beliebten RTL-Quizshow „Wer wird Millionär ...?“ mit Günther Jauch: Ein Kandidat gewinnt 125.000 Euro – und kündigt noch in der Sendung an, fast die gesamte Summe einer neunköpfigen Familie in Not schenken zu wollen. Nur deshalb hat er überhaupt auf dem Ratestuhl Platz genommen. Klaus Rösler sprach mit dem spendablen QuizKandidaten, dem evangelisch-methodistischen Pastor Alfred Mignon aus Otterfing südlich von München.
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ission erfüllt: 125.000 Euro gewonnen. Nur 10 % davon behält Alfred Mignon für sich und seine Kirche. Warum so freigiebig? „Ich hatte einen Kessel zu füllen“, lacht der 61-Jährige im Gespräch mit idea – ein Zitat aus einem Asterix-Comic. Und er stellt klar: Sein Verhalten ist nicht generös, auch kein Verzicht. Denn er hatte sich bei RTL nur deshalb beworben, um den Freunden zu helfen. Schon zweimal zuvor hatte er es bis in die Kandidatenrunde geschafft. Doch andere beantworteten die erste und entscheidende Frage schneller als er. Dass es nun geklappt hat, ist sich der Theologe sicher, „da hatte Gott seine Hand mit im Spiel“.
Die richtige Antwort: „Das Lumpengesindel“ Die ersten Fragen meistert er souverän. Bei einer Frage nach einem Reifenlieferanten in der Formel 1 kommt er ins Stocken und benötigt zwei Joker. Bei Frage 13, als es um die 125.000 Euro geht, sind keine Joker mehr übrig. Doch die Antwort kommt wie aus der Pistole geschossen. Eine Märchenfrage: „Um ein Hähnchen, ein Hühnchen, eine Stricknadel und eine Nähnadel geht es im Grimmschen Märchen …?“. Die Antwort C ist richtig: „Das Lumpengesindel“. Er weiß es. Gleich zu Anfang erläutert er, warum er überhaupt mitmacht: „Das Allerwichtigste für mich ist, dass ich einen Freund aus den Schulden rausholen muss. Er hat eine neunköpfige Familie. Wir reden von 80.000 Euro.“
Foto: RTL
Karl Marx oder Wolfgang Thierse? Jenseits der Fragen verstehen sich der Moderator und der Kandidat gut. So will Jauch von ihm wissen, ob sein Äußeres ihn nun mehr an Karl Marx (1818–1883) oder an den SPD-Politiker und Bundestags-Vizepräsidenten Wolfgang Thierse erinnere. Dann schon lieber Thierse, entscheidet sich Mignon. Immer wieder kommen die beiden auch auf die Evangelisch-methodistische Kirche zu sprechen. Da geht es um die freiwillige Mitgliedschaft, das steigende Spendenaufkommen trotz sinkender „Gliederzahlen“, um den Glauben als Christ im Alltag. Dabei wird deutlich: Da sitzt einer,
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Alfred Mignon (li.) stellte sich den Fragen von Günther Jauch
der mit seiner ganzen Person dafür einsteht, was er sagt. Inzwischen ist klar: Der größte Teil der Siegesprämie geht an die Familie von Jürgen Gröblehner (48, Neuried bei München). Sein Freund ist Trompeter – und ebenfalls Methodist. Die beiden kennen sich seit vielen Jahren, als Gröblehner mit seinem Klassik-Ensemble Konzerte in Mignons Kirchengemeinde gab, damals noch im westfälischen Siegen. Als Gröblehners Frau Dorothea (37) Zwillinge bekommt, nimmt der Trompeter einige Monate lang eine Auszeit. Dann will er wieder einsteigen. Das aber lehnen die übrigen Musiker ab. Sie bieten ihm das Management an. Das will er nicht. „Ich bin Musiker. Ich will auf die Bühne, nicht in ein Büro.“ Er zieht vor Gericht – und sitzt schließlich durch Anwalts- und Gerichtskosten auf einem riesigen Schuldenberg. Freunde leihen ihm Geld. Doch das reicht nicht. Mehrmals kommt der Gerichtsvollzieher vorbei – und geht wieder, weil es nichts zu holen gibt. Dank der Hilfe des Pastors hat die Familie nun eine Sorge weniger.
„Eine innere Stimme hat mir die Antwort gesagt“ Noch in dieser Woche will Mignon bei Gröblehners vorbeischauen, um zu feiern und auch um gemeinsam zu beten. Und sie werden vielleicht auch darüber sprechen, warum Mignon vor der Antwort auf die 500.000-Euro-Frage auf Nummer sicher gegangen und ausgestiegen ist. Denn er ahnt die richtige Antwort. „Eine innere Stimme hat sie mir gesagt“, bekennt er gegenüber idea. In der Ruhe des Arbeitszimmers hätte er diese Stimme richtig deuten können – als Stimme Gottes, in der Hektik der Sendung sei ihm diese Unterscheidung zu riskant gewesen. Sein Ziel hat er trotzdem erreicht: Die Freunde können schuldenfrei werden. Der tatsächliche Schuldenstand ist zwar nach einem „Kassensturz” noch höher als die Gewinnsumme. Aber mit kluger Verhandlungsführung kann ein Schuldnerausgleich gelingen, hofft der Pastor. Sein Vorbild ist der Begründer der methodistischen Bewegung, der Erweckungsprediger John Wesley (1703–1791). Der hat einst gesagt: „Erwirb, so viel du kannst; spare, so viel du kannst; gib, so viel du kannst.“ P
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P RO & KON T R A
Darf ein Christ im Extremfall töten? CHRISTEN & GEWALT Die Erschießung des Terroristenanführers Osama bin Laden hat die Frage aufgeworfen: Darf man als Christ in besonderen Fällen töten?
PRO
Prof. Dr. theol. Thomas Schirrmacher (Bonn) ist Direktor des Internationalen Instituts für Religionsfreiheit und Sprecher für Menschenrechte der Weltweiten Evangelischen Allianz.
Das Markenzeichen der Botschaft Jesu ist das Eintreten für Nächstenliebe, auch gegenüber den Feinden, und für vollkommenen Frieden (schalom) der ganzen Schöpfung. Aber Jesus weiß bei aller Orientierung an einer idealen Ordnung, dass diese Welt vom Bösen gezeichnet ist. Deswegen verkündigt die Bibel nicht nur Ideale (z. B. die lebenslängliche Ehe), sondern regelt auch, wie auf das Böse reagiert werden darf oder soll (z. B. der „Scheidebrief“ als Reaktion darauf, dass Ehen – leider – trotzdem zerstört werden). Wer darf gegen brutale physische Gewalt vorgehen? Der Staat existiert nach Römer 13,1–7 gerade deshalb, damit der Schutz des Guten vor dem Bösen von einem Gewaltmonopol ausgeht, das unter der Kontrolle eines Rechtsstaates steht, und nicht zur Privatangelegenheit wird (Römer 12,19). Deswegen darf der Staat Gewalt als letzte Lösung („ultima ratio“) anwenden. Bereits das Festhalten im Gefängnis ist ja ohne Gewalt nicht möglich. Der Staat – und auch der Christ, der für ihn arbeitet – kann dabei in eine
Situation kommen, in der Töten zwar nicht das Ziel ist, aber dennoch nicht ausgeschlossen werden kann: sei es beim finalen Rettungsschuss bei einer Geiselnahme, sei es bei der Selbstverteidigung eines Polizisten gegen einen Mafiakiller, sei es im Verteidigungskrieg – auch wenn dieser erst die letzte Stufe aller Versuche sein darf, um weiteres Morden zu verhindern (Lukas 3,12–14). Was aber ist mit dem Einzelnen? 1. Man darf sich selbst im Extremfall aus Liebe in Lebensgefahr bringen, wenn man dadurch andere rettet (Johannes 15,13). 2. Man ist schuldlos, wenn man sich angemessen wehrt und dabei ein Mensch stirbt, ohne dass man das Ziel hatte, ihn zu töten (2. Mose 22,1–2). 3. Ob man sein Leben durch gezieltes Töten eines Angreifers retten darf, der es auf das eigene Leben abgesehen hat, war in der christlichen Tradition immer umstritten. Es fällt mir schwer, dazu aufzufordern, aber ebenso „vom grünen Tisch aus“ Betroffenen zu verbieten, eine solche Pflichtenkollision grundsätzlich zuungunsten des eigenen Lebens aufzulösen. P
» Für das Töten habe ich als Christ niemals einen Freifahrtschein. Töten darf auch in extremen Situationen nie die erste Option sein. «
Pastor Renke Brahms ist Friedensbeauftragter der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) und Leitender Geistlicher der Bremischen Evangelischen Kirche.
KONTRA
Durch den Tod des Top-Terroristen Osama bin Laden ist diese Frage in den letzten Tagen wieder hochaktuell. Vom Grundsatz her antworte ich erst einmal: Nein, selbstverständlich nicht. Für das Töten habe ich als Christ niemals einen Freifahrtschein. Natürlich habe ich Verständnis für die Gefühle derer, die ihre Angehörigen in den Türmen des Welthandelszentrums verloren haben. Schließlich war er der geistige Drahtzieher von TerrorAnschlägen, die Unglück über Tausende Menschen gebracht haben. Ich bin auch der Überzeugung, dass es richtig war, bin Laden zu suchen und zur Rechenschaft zu ziehen.
Besser wäre ein Prozess vor dem Internationalen Gerichtshof Gleichwohl gibt es für Rache keine theologische Rechtfertigung. Töten darf auch in extremen Situationen nie die erste Option sein. Mir wäre es lieber gewesen, man hätte
Osama bin Laden gefasst und mit rechtsstaatlichen Mitteln zur Verantwortung gezogen. Ein Prozess vor dem Internationalen Gerichtshof hätte es zudem ermöglicht, sich mit der Entstehung dieses Terrors, dem Netzwerk al-Qaida und der Ideologie bin Ladens kritisch auseinanderzusetzen. Diese Chance hat man mit der Kommando-Aktion in Pakistan vertan und Spekulationen über eine Hinrichtung Tür und Tor geöffnet.
Der Rechtsstaat muss verteidigt werden Für mich als Christ gilt: Der Rechtsstaat muss unzweideutig gegen Terror und Willkür verteidigt werden. Rechtserhaltende Gewalt, z. B. militärische Einsätze bei extremen Menschenrechtsverletzungen, oder Töten als Selbstverteidigung können geboten sein. Einen Vorsatz des Tötens aus Rache oder Genugtuung darf es jedoch nicht geben. P
Fotois: PR
» Man ist schuldlos, wenn man sich angemessen wehrt und dabei ein Mensch stirbt, ohne dass man das Ziel hatte, ihn zu töten. «
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Darf ein Christ töten? CHRISTEN & GEWALT Die Tötung von Osama bin Laden, dem Anführer des TerrorNetzwerks Al Kaida, durch ein US-Sonderkommando hat weltweit heftige Diskussionen ausgelöst: Kann es – im Lichte der Bibel – rechtmäßig sein, einen Menschen zu töten? Pastor Klaus Jürgen Diehl (Wetter/Ruhr), bis 2008 Leiter des Amtes für missionarische Dienste in Westfalen, hat in der Kirchengeschichte geblättert. „Du sollst nicht töten!“ In geradezu lapidarer Kürze ermahnt Gott seine Geschöpfe, niemanden umzubringen (2. Mose 20,13). Verpflichtet dieses Gebot also dazu, das Leben von anderen unter keinen Umständen anzutasten? Wäre es so, dann stünde dieses Verständnis im Widerspruch zu anderen Aussagen der Bibel, in denen Gott die Vollstreckung der Todesstrafe (1. Mose 9,6), das Töten von Menschen in teils sehr grausamen Kriegen (5. Mose 20,11–18) oder auch das Schlachten von Opfertieren (3. Mose 1–7) anordnet. Tatsächlich müsste jedoch das 5. Gebot exakter mit „Du sollst nicht morden!“ übersetzt werden. Das im Hebräischen verwendete Verb ratsach bezieht sich von seiner Wurzel her auf eine verbrecherische Tötungshandlung. Ist das Töten somit im Krieg, in Notwehr oder als Todesstrafe gerechtfertigt? Das könnte man so sehen – gäbe es nicht auch das Neue Testament.
Gott selbst rüstet ab …
Fotos: Diehl/idea/Kretschel; Bergpredigt/PR
Hatte Gott noch im Alten Testament seinem Volk immer wieder den Auftrag erteilt, diesen König oder jenen Volksstamm „mit der Schärfe des Schwertes“ zu vernichten, vollzieht er mit der Verheißung des künftigen Messias eine Kehrtwende. Der neue Davidsohn soll die Sache Gottes als „Friedefürst“ (Jesaja 9,5) durchsetzen; für die messianische Heilszeit prophezeit Jesaja: „Denn jeder Stiefel, der mit Gedröhn daherkommt, und jeder Mantel, durch Blut geschleift, wird verbrannt und vom Feuer verzehrt“ (Jesaja 9,4). Jesus nimmt diese Weissagung auf, indem er für das Gottesreich auf äußere Gewalt verzichtet und seinen Jüngern einschärft, lieber Gewalt zu erleiden als anzuwenden (Matthäus 5,38).
… aber ruft nicht zum Verzicht auf Militär auf Allerdings haben weder Jesus noch später die Apostel die Christen ausdrücklich zum Verzicht auf den Militärdienst aufgerufen. Offensichtlich hatten sie gegen den Soldatenstand grundsätzlich nichts einzuwenden. Biblisch überliefert ist nur ein Wort Johannes des Täufers: „Tut niemandem Gewalt oder Unrecht und lasst euch genügen an eurem Sold!“ (Lukas 3,14), lautet seine Antwort auf die Frage von Soldaten „Was sollen wir tun?“. Bereits hier wird also
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schon unterschieden zwischen dem Reich Gottes und der Ordnung in der (sichtbaren) Welt – Jahrhunderte später veranschaulicht durch Martin Luther mit seiner „ZweiReiche-Lehre“.
Die friedensbewegte Frühe Kirche Getreu der Ermahnung des Apostels Paulus, der staatlichen Obrigkeit untertan zu sein (Römer 13,1), waren die ersten Christen darauf bedacht, sich im Römischen Reich Jesus fordert seine Jünger auf, lieber Gewalt zu erleiden als anzuwenden. So sah ihn der dänische Maler Carl Heinrich Bloch (1834–1890) in seinem Gemälde „Die Bergpredigt“.
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Kaiser Konstantin brachte die Wende (280–337)
Kirchenvater Augustinus (354–430): „Gerechter Krieg“
Gegen jede Gewalt: Menno Simons (1496–1561)
Martin Luther (1483–1546): Es gibt zwei Reiche
als loyale Staatsbürger zu bewähren. Dennoch sprachen sich die Kirchenväter mehrheitlich gegen den Kriegsdienst aus. So schrieb etwa der Kirchenvater Origines 248 n. Chr.: „Wir sind gekommen, den Ermahnungen Jesu gehorsam zu sein, die Schwerter zu zerbrechen … Wir leisten dem Kaiser in unserer geistlichen Waffenrüstung durch unsere Gebete Hilfe.“ Und in einer ägyptischen Kirchenordnung aus jener Zeit steht: „Wer ein Amt übernommen hat, das ihm die Vollmacht zu töten gibt, oder wer Soldat ist, soll nicht in die Gemeinde aufgenommen werden.“ Soldaten, die sich bekehrten, wurden aber trotzdem nicht genötigt, den Militärdienst zu quittieren.
limen und Juden „gesäubert“, die Ureinwohner Lateinamerikas unterworfen. Nach den Religionskriegen zwischen katholischem Kaiser und lutherischen Fürsten lag halb Europa in Schutt und Asche. So zieht sich nach der „Konstantinischen Wende“ eine lange Blutspur durch die Kirchengeschichte. Immerhin finden sich auch in diesen gewalterfüllten Zeiten kleine christliche Gemeinschaften, die mit ihrem Pazifismus (Ablehnung von Krieg) dem Friedefürsten Jesus kompromisslos dienen wollten, etwa Waldenser, Mennoniten (ihr Begründer ist Menno Simons), Hutterer und Quäker. Sie wurden nicht selten für ihre radikale Einstellung wiederum selbst verfolgt.
Der Sündenfall nach der „Konstantinischen Wende“
Luther rechtfertigte Krieg und Kriegsdienst
Nach der Anerkennung des Christentums als Staatsreligion unter Kaiser Konstantin 313 n. Chr. kam es allerdings bald zu jener für die Kirche unseligen Verknüpfung von weltlicher und geistlicher Macht, die als „Bündnis von Thron und Altar“ bis Anfang des 20. Jahrhunderts fortbestand. Schon nach wenigen Jahren war der Kriegsdienst auch für Christen Pflicht. Augustinus (354–430) lieferte die theologische Rechtfertigung für den Krieg und die Teilnahme von Christen: Er sah für sie keinen Grund mehr, sich vom Kriegsdienst fernzuhalten.
Martin Luther (1483–1546) hingegen rechtfertigte Krieg und Kriegsdienst. Auf die Frage seines Freundes, des Söldnerführers Assa von Kram, „ob Kriegsleute in seligem Stande sein können“ (so der Titel einer Schrift von 1526), schreibt ihm Luther: „Ebenso muss man auch dem Amt des Soldaten oder des Schwertes mit männlichen Augen zusehen, warum es so tötet und grausam ist. Dann wird es selber beweisen, dass es ein durch und durch göttliches Amt ist und für die Welt so nötig und nützlich wie Essen und Trinken oder sonst ein anderes Tun. Dass aber einige dieses Amt missbrauchen, ohne Grund töten und schlagen, aus lauter Mutwillen, ist nicht die Schuld des Amtes, sondern der Person.“ Allerdings räumte Luther dem einzelnen Christen das Recht ein, die Kriegsentscheidung seiner Obrigkeit kritisch zu überprüfen, ihr notfalls den Gehorsam zu verweigern, die dafür verhängte Strafe dann aber auch auf sich zu nehmen. Damit bejahte Luther, der ansonsten jede Auflehnung gegen die Obrigkeit scharf ablehnte, eine Verweigerung des Kriegsdienstes aus Gewissensgründen.
Augustinus‘ Lehre vom gerechten Krieg Allerdings war damit kein „Persilschein“ für Kriege jeder Art gemeint. Augustinus und Jahrhunderte später Thomas von Aquin (1225–1274) formulierten Kriterien für einen „gerechten Krieg“: Er musste dem Frieden dienen und diesen wiederherstellen. Er durfte nicht mit negativen Absichten geführt werden, sondern musste sich gegen tatsächlich begangenes, dem Feind „vorzuwerfendes“ Unrecht richten, das wegen dessen feindlichen Verhaltens fortbestand. Außerdem musste ein „gerechter Krieg“ nur von einer legitimen Autorität wie dem Kaiser angeordnet werden und durfte nicht die Vernichtung des Gegners zum Ziel haben. Von diesem hohen Anspruch blieb im Lauf der Jahrhunderte nicht mehr viel übrig. Bald schon beteiligte sich die Kirche an Kriegen, die alles andere als „gerecht“ waren. Im Namen Gottes und mit dem Segen der Kirche wurden Sachsen und Slawen zwangsbekehrt, Jerusalem und das Heilige Land mit blutigen Gemetzeln von Mus-
Wann Gewalt nötig sein kann – und wann nicht Zwar gestand Luther der Obrigkeit prinzipiell das Recht zur Kriegsführung zu und bejahte auch die Todesstrafe, doch fi ndet die Macht des Staates – so der Reformator – an den Maßstäben des Reiches Gottes ihre Grenze. So erklärt er in seiner „Zwei-Reiche-Lehre“ die Bergpredigt Jesu für alle Christen als verbindlich: Jesus fordere von seinen Jüngern Feindesliebe, Vergebung und Gewaltlosigkeit untereinander, aber auch gegen Ungläubige, da
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Papst Urban II. (1040– 1099) ruft zum Kreuzzug ins Heilige Land auf. Holzstich eines unbekannten Künstlers aus dem 19. Jahrhundert.
man niemanden mit Gewalt zum rechten Glauben zwingen dürfe. Christen sollten daher lieber Unrecht erleiden als Unrecht tun – und darauf verzichten, ihren Glauben mit Gewalt zu verteidigen. Da sie jedoch mit Nichtchristen in einer sündigen Welt zusammenlebten, müssten sie Gewalt bejahen – nicht für ihr eigenes Überleben, sondern zum Schutz der Schwachen und zur Bestrafung der Rechtsbrecher. Dies sei die Aufgabe der weltlichen Obrigkeit, durch die Gott die Welt bis zu ihrem Ende bewahre. Abgesehen von den Friedenskirchen wie den Mennoniten haben die Kirchen jahrhundertelang das Recht des Staates anerkannt, auch von Christen den Kriegsdienst einzufordern. So segnete die Kirche noch im 1. Weltkrieg die Waffen, und die Soldaten zogen mit dem Motto „Gott mit uns“ auf ihren Koppelschlössern begeistert in den Krieg. Erst das Fiasko des 1. Weltkrieges und das nationalsozialistische Unrechtsregime brachten Christen dazu, die Grenzen des eigenen Gehorsams zu überdenken.
Fotos: Urban/akg-images; Übrige/dpa
Bonhoeffer: „Dem Rad selbst in die Speichen fallen“ … Besonders der Theologe der „Bekennenden Kirche“, Dietrich Bonhoeffer (1906–1945), hat diese Fragen radikal durchdacht und nach ethisch vertretbaren Antworten gesucht. Bereits als junger Theologe sprach er sich für absolute Gewaltlosigkeit aus. Schon 1934 forderte er ein großes ökumenisches Konzil mit dem Ziel, „dass die Kirche ihren Söhnen im Namen Christi die Waffen aus der Hand nimmt und ihnen den Krieg verbietet“. Er begründete seinen strikten Gewaltverzicht dabei streng christologisch (an Jesus orientiert): Christen „können nicht die Waffen gegeneinander richten, weil sie wissen, dass sie damit die Waffen auf Christus selbst richten“. Doch die jungen Theologen, mit denen Bonhoeffer im Predigerseminar der „Bekennenden Kirche“ zusammenlebte, teilten die pazifistische Haltung ihres Mentors nicht: Sie hatten kein Problem damit, dem „Führer“ Adolf Hitler als Soldaten zu dienen und in den Krieg zu ziehen. Bonhoeffer dagegen entzog sich der drohenden Einberufung zur Wehrmacht, indem er sich als Informant in der Spionage-Abwehr verpflichtete. Dadurch kam er in Verbindung zur Widerstandsbewegung, der er sich (mutmaßlich) 1938 anschloss. Als die Gräueltaten des nationalsozialistischen Regimes immer offensichtlicher wurden, drängte
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Der Theologe Dietrich Bonhoeffer trat für ein Attentat auf Adolf Hitler (im rechten Bild (re.) 1938 mit dem italienischen Diktator Mussolini) als Akt der Notwehr.
sich ihm und den Widerständlern des späteren „20. Juli“ die Frage auf, ob man Hitler nicht gewaltsam beseitigen müsse, um dem Krieg und der systematischen Vernichtung der Juden ein Ende zu setzen. Schon 1934 hatte Bonhoeffer gemahnt, die Kirche müsse angesichts der immer offensichtlicher werdenden staatlichen Willkür gegen die Juden „nicht nur die Opfer unter dem Rad verbinden, sondern auch dem Rad selbst in die Speichen fallen“. Bonhoeffer litt darunter, dass sich die „Bekennende Kirche“ zwar mutig gegen ihre staatliche Gleichschaltung zur Wehr setzte, angesichts der Judenvernichtung jedoch stumm blieb. So sah sich der radikale Pazifist Bonhoeffer unweigerlich vor die Entscheidung gestellt, entweder weiterhin konsequent am Gebot „Du sollst nicht töten!“ festzuhalten und dadurch mitschuldig an den Opfern der Naziherrschaft zu werden – oder aber sich an einem Tyrannenmord zu beteiligen. Zwar bleibe auch dieser ein Mord – und bedeute damit Schuld vor Gott. Doch letztlich werde der, der dem Treiben Hitlers tatenlos zusehe und die Opfer ihrem Schicksal überlasse, in noch höherem, unverantwortlichem Maße schuldig.
… und die Tötung Hitlers in Angriff nehmen Daher entschied sich Bonhoeffer zur Unterstützung eines Attentats auf Hitler als einem „Akt der Notwehr“ und vertraute sich und seine Mittäter der Gnade Gottes an. Während seiner Haftzeit in Berlin-Tegel – Bonhoeffer wurde im April 1943, ein Jahr vor dem Anschlag auf Hitler, verhaftet – verdeutlichte er einem Mithäftling gegenüber noch einmal seine Haltung: „Wenn ein Wahnsinniger auf dem Kurfürstendamm sein Auto über den Gehweg steuert, so kann ich als Pastor nicht nur die Toten beerdigen und die Angehörigen trösten; ich muss hinzuspringen und den Fahrer vom Steuer reißen.“ Wann immer sich die Kirche zu sehr mit dem Staat und der Obrigkeit verbündet hat, ist sie der Gefahr erlegen, Jesu Friedens-Botschaft zu verraten und stattdessen Gewalt zu legitimieren. Das Spannungsfeld zwischen Töten und Verhindern von weiterer Gewalt muss sie jeden Tag aufs Neue aushalten. Dass sich die Kirche zur Tötung von Osama bin Laden nicht allzu lautstark geäußert hat, wird ihre Glaubwürdigkeit als verantwortungsbewusste und zugleich friedliebende Gemeinde stärken. P
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Von Engeln umzingelt ENGEL Laut einer Forsa-Umfrage für das Magazin „Geo“ glauben 66 % aller Deutschen an Engel – 2 % mehr, als an Gott glauben. Heute sind Engel vor allem in der Esoterik ein Thema, wie sich beim 6. Internationalen Engelkongress in Hamburg zeigte. idea-Redakteur Karsten Huhn war einer von 1.000 Teilnehmern – und hat sich sehr über das seltsame Treiben gewundert. „Die Engel fliegen in Hamburg ein und feiern Sie und diesen Kongress“, verspricht der Veranstalter, die esoterische Wrage-Versandbuchhandlung der Hansestadt. Das Licht im Hamburger Kongresszentrum ist gedämpft. Fünf Rednerinnen sind angekündigt, den Anfang macht die US-Amerikanerin Sonia Choquette. Sie trägt eine schwarze Strickjacke, schwarze Hackenschuhe und ein graues Blumenkleid, das bis über die Knie reicht. Sie versteht sich als Botin, die den Geist ihrer Zuhörer mit höheren geistlichen Frequenzen verbinden möchte. „Spüren wir uns mal in die Schwingungen in diesem Raum ein“, empfiehlt sie. „Können Sie die Energie des Universums spüren?“ Nur sehr wenig. Choquette möchte, dass ihre Zuhörer sechs Sinne nutzen, damit die universelle Gnade fließen kann. Leider nutzen Choquette zufolge im Moment nur 22% der Besucher im Saal sechs Sinne. Um Anteil an der göttlichen Energie zu gewinnen, braucht es Atemübungen. Also Hand aufs Herz, atmen und lange und kräftig seufzen. „Aaaah“, ruft der Kongress, aber das reicht nicht. Also noch mal. „Aaaaaaaahhhh“, seufzt der Kongress. Schon besser, so langsam schwingt die Energie. Diese Schwingungen können ganz Hamburg und die Welt verändern, verspricht Choquette. „Also, seid Ihr bereit?“ Sie zieht ihre Jacke aus. Jetzt sollen alle tanzen. Popmusik wird eingespielt. Alles tanzt, Arme hoch und runter – alles schunkelt, „alte Energie wegatmen“. Choquette jodelt und jubelt, der Kongress tanzt. Wenn man jeden Tag 3 Minuten und 49 Sekunden tanzt, kann die Energie besser fließen. Auf einer Videoleinwand wird das Publikum eingespielt. Die Bilder zeigen beschwingte Frauengesichter.
Edelsteine und Einhorn-Essenz Nach jedem Vortrag gibt es eine längere Pause, in der die Redner Bücher signieren, andere segnen und umarmen. Für 33 Euro kann man ein Foto der eigenen Aura bekommen („Fotografieren Sie Ihre Gefühle“), dazu gibt es eine
„Botschafterin der Liebe“: Mit diesem Gemälde der US-Amerikanerin Mary Baxter St. Claire warben die Veranstalter für den Engelkongress.
Beratung. Man findet Edelsteine, Engelkarten, Engelbilder und – Einhorn-Essenzen, Messeangebot: 100 Milliliter für 25 statt 29,90 Euro, Anwendung: „drei bis vier Mal direkt in die Aura sprühen“. Und immer gibt es eine Warteschlange am Signiertisch. Die nächste Sitzung hält Prinzessin Märtha Louise, Tochter des norwegischen Königs. Die Prinzessin weist auf ihr Buch „Schutzengel begleiten Dich“ hin, das sie nachher signieren wird. Um Kontakt zum Schutzengel zu bekommen, müsse man meditieren: Die Augen schließen, tief atmen, den Herzschlag spüren. Jeder soll nun sein Herz betreten und sich dort umschauen. Ist es dunkel oder hell? Wer ist noch in diesem Raum? Sprich mit den Leuten, danke dafür, dass sie in deinem Leben sind. Wirf alles raus, was nicht in dein Herz gehört. Gestalte es mit Farben, Stoffen und Möbeln. Danke deinem Herzensraum! Früher habe sie eine Cocktail-Party mit vielen Menschen in ihrem Herzen gefeiert, erzählt Märtha Louise. Sie habe auf andere gehört, aber nicht auf sich selbst. ideaSpektrum 19.2011
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Der Krebs des Planeten Manches, was gesagt wird, erinnert an christliche Veranstaltungen. Kein Wunder, in der Bibel kommen Engel häufig vor. Nun, da von Engeln in den Kirchen kaum noch die Rede ist, werden sie von anderen und in neuer Form verkündigt: Es gibt Videos mit Zeugnissen, wie Engel halfen und heilten. Sünde heißt hier „Krebs des Planeten“, der „alte Adam“ hat nur fünf Sinne, der „neue Mensch“ hingegen sechs, und er spricht auch mit Engeln. Es geht um Trost angesichts von Krankheit und Leid, um die Frage, ob nach dem Tod noch etwas kommt, und darum, was Gebet bewirkt. Immer wieder loben die Rednerinnen ihre Zuhörerinnen: „Du bist unglaublich schön“, „Du bist ein Wunder Gottes“, „Du bist ein Kind Gottes“. Und immer wieder heißt es, dass es überhaupt keine Rolle spiele, welcher Religion jemand anhängt – denn jeder habe ja seinen eigenen Schutzengel.
Der unbekannte Gott Am späten Nachmittag spricht die Kasachin Jana Haas, die am Bodensee eine Schule für geistiges Heilen betreibt. Sie redet ganz zart, feengleich. Sie spricht so lieb und leise, dass man mit der Zeit ein wenig drüselig wird und fast nicht merkt, dass sie schier unglaubliche Sachen sagt. Haas spricht vom Vergessenheitsschleier und von Astralwelten und von früheren Inkarnationen. „Warum kommunizieren wir mit den Engeln und nicht mit Gott?“, fragt Haas. Die Antwort: Mit Gott könne man nicht kommunizieren, weil er eine grenzenlose Schwingung sei. „Die Lösung liegt immer in unserer Hand“, sagt Haas. „Wir müssen lernen, an uns zu glauben.“ Gott ist in dieser Lehre der große Unbekannte.
1.000 Engel im Kongresszentrum Am nächsten Morgen ist der Kongress von Engeln umzingelt. „Hinter jedem von uns steht ein großer violetter Engel“, sagt die Schweizerin Sylvia Wallimann. Wenn das stimmt, drängen sich jetzt 1.000 violette Engel im Saal. Jeder soll seinen Schutzengel begrüßen, fordert Wallimann, und dessen Liebe ein- und ausatmen. „Du bist mein geliebtes Kind, aber ich bin dein Meister“, sagen die Engel. Bei fast allen Anwesenden seien Genick und Hals sehr verkrampft, diagnostiziert Wallimann. Aber bei jedem legt ein violetter Engel nun seine feinstofflichen Hände auf. „Wir danken dem violetten Engel für seinen Liebesdienst“, sagt Wallimann. „Denn die Entkrampfung wird für längere Zeit andauern.“
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auch die Königin der Engel? (Ja.) Mir wird oft gesagt: Ich soll Jesus um Hilfe fragen und nicht die Engel – was sagen Sie dazu? (Engel machen das Leben einfacher.) Ein Mann meldet sich, da gibt es Applaus, denn Männer sind hier rar, 90 % der Besucher sind Frauen. Der Mann ist Musiker. Ob er aus „Engel in meinem Haar“ ein Musical machen könne? Die Engel möchten das nicht, sagt Lorna Byrne.
Engelklänge und Einhorngöttin Nun spricht die Kalifornierin Doreen Virtue. Sie ist in Weiß gekleidet und nach eigener Aussage „spiritueller Doktor der Psychologie“. Auf ihrer Meditationsreise ruft sie 15 Erzengel an: Den aubergine-violetten Jeremiel, der fürs Loslassen zuständig ist; Raphael, den smaragdgrünen Heiler; den blaßblauen Raguel, der für Harmonie sorgt … Eine halbe Stunde dauert es, dazu gibt es sphärische Klänge. „Ihr seht schon viel besser aus“, sagt Virtue. Als Nächstes fordert sie dazu auf, Zahlen in den Raum zu rufen. Virtue hat auch das Buch „Die Zahlen der Engel“ geschrieben. Eine Frau ruft „222“ – Virtue empfiehlt ihr den Jobwechsel. Eine andere Frau soll das Jackett ausziehen, damit sie nicht so männlich wirke, eine weitere auf Koffein und heiße Flüssigkeiten verzichten. Einer Frau, Brigitte, ist der Sohn gestorben – sie will wissen, wie es ihm geht. „Er ist von Engeln umgeben, auch die Heilige Katharina ist bei ihm“, antwortet Virtue. „Der Engel zeigt mir, dass du im Zimmer deines Sohnes nichts verändert hast.“ Brigitte schüttelt den Kopf. Nein, das stimme nicht. „Der Engel möchte, dass ich dir diese Rose zum Muttertag überreiche.“ Virtue überreicht eine weiße Rose und umarmt Brigitte. Als Nächstes kommt ein junges Paar mit Kinderwunsch dran. Es werde drei Kinder bekommen, zuerst ein Mädchen, versichert Virtue. „Ihr werdet es draußen, in der freien Natur, empfangen.“ Das Publikum kichert verzückt, der Kongress geht zu Ende. Doreen Virtue beschließt ihn mit einer guten Nachricht: Keine Angst! Im Jahr 2012 finde kein Weltuntergang statt. Venus, der Planet der Liebe, kehre zurück. Die Engel lassen aber ausrichten, dass wir uns dringend um den Umweltschutz kümmern müssen. P
Foto: Torge Niemann
Engel in meinem Haar Auch die Irländerin Lorna Byrne will einen Engel gesehen haben. Wunderbar, smaragdgrün, strahlend sei er und mit starker maskuliner Ausstrahlung – das kann nur der Erzengel Raffael sein. Byrnes Buch „Engel in meinem Haar“ verkaufte sich weltweit mehr als 500.000 Mal. Byrne beantwortet Fragen aus dem Publikum: Was passiert mit meinem Schutzengel, wenn ich sterbe? (Die menschliche Seele bestehe in Ewigkeit, der Engel auch.) Ist Maria, die Mutter Gottes,
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Märtha Louise, norwegische Königstochter, signiert ihr Engel-Buch
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Gefährliches Schlaraffenland ERNÄHRUNG Jeder zweite Deutsche ist aufgrund falscher Ernährung zu dick. Christen sind da keine Ausnahme! Dabei könnten gerade sie eine Vorbildfunktion wahrnehmen, meint eine Ernährungsberaterin aus Sachsen. Ein Bericht von Matthias Pankau. Für 68 % – also mehr als zwei Drittel – aller Todesfälle sind „ernährungsbedingte Krankheiten verantwortlich“, so die Deutsche Gesellschaft für Ernährung. Das bedeutet: Von den jährlich rund 850.000 Todesfällen in Deutschland sind mehr als 550.000 zumindest teilweise durch falsche Ernährung verursacht. In anderen westeuropäischen Ländern sieht es ähnlich aus. „Der Nahrungsüberfluss in der zivilisierten Welt scheint also im Endeffekt ebenso gefährlich zu sein wie die Mangelernährung in der ‚Dritten Welt‘“, sagt Magdalena Pilz. „Dort sterben die Menschen an Hunger, hier am Überfluss.“
„Es gibt keine falschen Lebensmittel“ Magdalena Pilz ist Ernährungsberaterin. In ihrer Praxis in der Zwickauer Innenstadt ist immer etwas los. Hartz-IVEmpfänger gehen ebenso ein und aus wie Top-Verdiener, Männer ebenso wie Frauen. „Das ist ein gesamtgesellschaftliches Problem“, sagt die 60-Jährige. Viele kommen, weil ihnen ihre Kleidung nicht mehr passt, manche werden vom Hausarzt geschickt, weil Folgekrankheiten nicht anders in den Griff zu bekommen sind als durch Abnehmen. Allen möchte Frau Pilz dabei helfen, ihr Essverhalten dauerhaft zu ändern. „Die meisten Menschen essen vor allem zu fettig und zu süß, dazu noch unregelmäßig“, sagt sie und holt eine „Ernährungspyramide“ hervor. Sie zeigt, wie viel wovon der Mensch zu sich nehmen sollte. Unten, wo die Pyramide breit ist, sind ungezuckerte Getränke, Getreideprodukte sowie Obst und Gemüse zu sehen, oben in der schmalen Spitze Süßigkeiten: Sie sollten nur in Maßen genossen werden. Damit möchte die Ernährungsberaterin aber keine Verbote aufstellen und auch niemandem die Freude am Essen nehmen. „Es gibt keine falschen Lebensmittel, nur verkehrte Mengen“, betont sie.
tet: „Man isst, was herumliegt oder was schnell geht.“ Das heute am weitesten verbreitete Mittagessen in Deutschland ist Currywurst mit Pommes, weiß Hauner. Vor 100 Jahren habe der Durchschnittsdeutsche im Jahr noch 270 Kilogramm Kartoffeln und 40 Kilogramm Brot gegessen; heute seien es noch 70 Kilogramm Kartoffeln und 20 Kilogramm Brot. Der Fleischkonsum habe sich dafür verdoppelt. Das sei eine ungesunde Entwicklung.
Vor 100 Jahren: 14 Kilometer am Tag Hinzu kommt, dass wir uns heute viel weniger bewegen als unsere Vorfahren. Immer mehr Männer und Frauen haben Bürojobs, immer weniger müssen körperlich arbeiten. „Ist der Mensch vor 100 Jahren im Durchschnitt 14 Kilometer am Tag gelaufen, ist es heute gerade mal noch ein Kilometer“, macht Hauner deutlich. „Im Vergleich zu 1945 verbrennen wir heute 500 Kalorien weniger am Tag – das entspricht einer Mahlzeit“, so der Experte. Eine Mahlzeit, auf die aber niemand verzichtet. Das hat dazu geführt, dass heute nach Angaben des Statistischen Bundesamtes (Wiesbaden) 51 % der Deutschen übergewichtig sind (60 % der
Die Ernährungspyramide Je weiter es nach unten geht, umso gesünder sind die Lebensmittel:
Wir haben verlernt maßzuhalten Das Kernproblem liege darin, dass die Menschen verlernt hätten maßzuhalten. „In meiner Jugend gab es drei Mahlzeiten am Tag, Kaffee und Kuchen nur sonntags. Heute dagegen essen viele Menschen ständig und überall.“ Ernährungsmediziner Prof. Hans Hauner von der Technischen Universität München gibt ihr recht. Die Ernährungskultur habe sich in den vergangenen 100 Jahren nachhaltig verändert. Hätten sich Menschen damals noch Zeit genommen bzw. nehmen müssen, um ihre Mahlzeiten zuzubereiten, sei heute eine Schnellimbiss-Mentalität weit verbreiideaSpektrum 19.2011
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Männer und 43 % der Frauen). Zum Vergleich: Zur Jahrtausendwende waren es noch 48 %.
17 Milliarden Euro Schaden durch Übergewicht Der volkswirtschaftliche Schaden geht in die Milliarden. „Mindestens 10 % der gesamten Gesundheitskosten werden durch die Folgekrankheiten von Übergewicht verursacht“, erklärt der Direktor des Instituts für Gesundheitsökonomik in München, Günter Neubauer. Das sind jährlich über 17 Milliarden Euro. Hinzu kämen weitere Ausgaben, etwa für spezielle Operationstische oder Krankenhausbetten für extrem übergewichtige Patienten.
Warum sind Christen hier kein Vorbild? Magdalena Pilz betrachtet das Ganze aber nicht nur unter finanziell-wirtschaftlichen Aspekten. Für die Pfarrerstochter hat es auch eine geistliche Dimension. „In der Bibel heißt es, unser Körper solle ein Tempel des Heiligen Geistes sein“, sagt sie. „Doch schauen wir uns einmal um in unseren Gemeinden: Auch hier ist bestimmt jeder Zweite übergewichtig“, ist sie empört. Dabei könnten Christen bei der richtigen Ernährung Vorbild sein, stehe doch im 1. Korintherbrief „Ob ihr nun esst oder trinkt oder was ihr auch tut, das tut alles zu Gottes Ehre“ (1. Korinther 10,31). Während die Gefahren und Folgen von Alkohol- und Drogensucht in christlichen Kreisen bekannt seien und es für Betroffene zahlreiche Angebote gebe, werde das weite Feld der falschen Ernährung nach wie vor vernachlässigt. Dabei könnte Betroffenen viel Leid erspart werden, wenn offener darüber gesprochen werde.
Pyramide: www.nahrungsergaenzungs.info/die-richtige-ernaehrung Fotos: Pilz/privat; Wurst/imago
Ernährungsberatung ist auch Seelsorge Denn Übergewicht hat häufig seelische Ursachen. „Kaum ein Pfarrer hört wohl die Dinge, die ich bei meiner Arbeit täglich höre“, sagt Magdalena Pilz, deren Beratungsgespräche oft zugleich Seelsorge sind. Bei den einen ist es Frust, bei anderen berufliche Überlastung und bei wieder anderen sind es persönliche Sorgen, die sie dazu treiben, sich unregelmäßig und ungesund zu ernähren. Da ist beispielsweise die Mutter, deren Sohn zu einer Gefängnisstrafe verurteilt wurde: Ihr hat Magdalena Pilz von Mose erzählt hat und davon, wie Gott selbst mit Menschen, die jemanden getötet haben, Geschichte gemacht hat. Oder da ist die Frau, die sich von ihrem Ehemann schon lange nicht mehr wertgeschätzt fühlt und sich mit dem Essen tröstet. Die seelsorgende Ernährungsberaterin könnte zahlreiche Geschichten erzählen. Doch eines ist vielen gemeinsam: Die Männer und Frauen, die zu ihr kommen, versuchen mit ihrem Essverhalten, andere Mängel zu ersetzen. „Deshalb darf diese seelische Dimension auch nicht ausgeblendet werden“, so Magdalena Pilz die Expertin.
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Tausende Übergewichtige hat Magdalena Pilz seit 1991 begleitet. „Ein gesundes Ernährungsverhalten kann man einüben wie Sport“, sagt sie. Und noch etwas ist ihr wichtig: den Betroffenen klarzumachen, dass sie Verantwortung für ihr Leben und ihren Körper haben. „Jeder Mensch ist ein von Gott geschaffenes Unikat und deshalb etwas ganz Besonderes und Wertvolles“, ergänzt sie. „Wir können die Verantwortung nicht auf den Arzt oder die Gesellschaft abschieben, sondern sind in erster Linie selbst für unseren Körper verantwortlich.“ Für viele bedeute das zwar eine Änderung ihrer Lebensweise, zugleich aber einen Gewinn an Lebensqualität und Freude. Wer sich dauerhaft an einfache Essregeln halte, wie „morgens essen wie ein Kaiser, mittags wie ein König, abends wie ein Bettelmann“ und sich an den Vorgaben der Ernährungspyramide orientiere, könne sich zu besonderen Anlässen ruhig auch einmal etwas gönnen. „Denn nur wer bewusst verzichten kann, ist auch imstande zu genießen.“ P
Haben Sie Übergewicht? Übergewicht lässt sich mit dem sogenannten Body-Maß-Index bestimmen. Dieser wird errechnet, indem man das Körpergewicht (in Kilogramm) durch das Quadrat der Körpergröße (in Metern) teilt, wobei auch Geschlecht und Alter eine Rolle spielen. Die Weltgesundheitsorganisation stuft Männer mit einem BodyMaß-Index über 25 (Frauen über 24) als übergewichtig, mit einem Wert über 30 als stark übergewichtig ein. So gilt beispielsweise ein 1,80 Meter großer Erwachsener ab 81 Kilogramm als übergewichtig und ab 97 Kilogramm als stark übergewichtig.
Fünf Tipps für eine gesunde Ernährung • Essen Sie reichlich Getreideprodukte und Kartoffeln! • Essen Sie viel Gemüse und Obst (fünf Portionen täglich)! • Essen Sie täglich Milch und Milchprodukte, ein- bis zweimal pro Woche Fisch und in Maßen Fleisch, Wurstwaren sowie Eier! • Trinken Sie 1,5–2 Liter kalorienarme Getränke täglich)! • Nehmen Sie sich Zeit und genießen Sie Ihr Essen – das fördert auch das Sättigungsempfinden!
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Erkenne die Brüche und tue etwas dagegen! NACHFOLGE Mehr als 3.500 Jugendliche nahmen am Willow Creek Jugendplus-Kongress „Mind the Gap“ (Erkenne die Brüche) in Düsseldorf teil. Im Mittelpunkt stand neben der persönlichen Hinwendung zu Jesus vor allem der Einsatz für die Gesellschaft. Der Philosophiestudent Albert Schmidt (23) aus Trier war für idealisten.net dabei. unternehmen, indem wir Beziehungen aufbauen und Bedürfnisse stillen. Darren Whitehead, Jugendpastor der Willow Creek-Gemeinde in Chicago, verdeutlichte das so: Jeder kennt Situationen, in denen man auf einen Missstand aufmerksam wird und denkt: Jemand sollte etwas in dieser Angelegenheit unternehmen. Wenn man diese Erkenntnis habe, sei man mit hoher Wahrscheinlichkeit auch derjenige, der den Missstand in Angriff nehmen sollte. Die tatkräftige Nächstenliebe sei der einzige Weg, als Christen gehört und verstanden zu werden, sagte Thorsten Hebel
US-Pastor Rob Bell brachte mit seiner lockeren, witzigen Art die Halle mehrfach zum Jubeln, z.B. als er mit seinem Handy eine kurze Videobotschaft an seine Gemeinde aufzeichnete.
(Berlin), Gastgeber des Kongresses. „Wir müssen uns das Recht erwerben, gehört zu werden.“ In Taten allein könne auch der persönliche Glaube reifen, so der Evangelist und Kabarettist.
Jede Biografie zählt Christine Caine vom Leitungsteam der weltbekannten Hillsong-Gemeinde in Sydney beeindruckte mit ihrer eigenen Geschichte die Besucher: Adoptiert und über Jahre sexuell missbraucht, hatte sie allen Grund, nicht an einen Gott zu glauben, der ihr Bestes will. Doch sie glaubte trotzdem an ihn. Der hatte indes noch einiges mit ihr vor: So ist sie vielen Jahren bei Hillsong in der Gemeinde-Arbeit beschäftigt und hält Vorträge rund um den Globus. Als sie eines Tages auf einem Flughafen Such-Plakate von vermissten Kindern sah, die dem Menschenhandel zum Opfer gefallen waren,
Fotos: Marc Gilgen
An vielen Stellen in unserem Leben begegnen wir Nöten: gestörte Beziehungen, soziale Ungleichheiten, aber auch persönliche Verletzungen. Dass wir als Christen dazu aufgefordert sind, in diese Lebensbrüche zu treten und sie aufzufüllen, war Thema des Kongresses. In eindrucksvollen Vorträgen riefen die Referenten dazu auf, die eigenen Bruchstellen zu erkennen und durch Jesus heilen zu lassen. Doch dabei dürfe man nicht stehenbleiben: Wir müssen in unserer Schule oder Uni, in unserer Stadt, ja in der Welt die Brüche erkennen und etwas dagegen
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ließ sie dies nicht mehr los. Ihr wurde deutlich, dass sie nur noch für ihre geistlichen Termine lebte und die Bedürftigen am Wegesrand liegen ließ – wie im Gleichnis vom Barmherzigen Samariter. Nach einigem Ringen mit Gott, bei dem sie ihm immer wieder Einwände entgegengebracht hatte, warum sie als Einzelne doch nichts gegen Menschenhandel tun könne, entschied sie sich schließlich, mehr auf Gottes Fähigkeiten zu vertrauen als auf ihre eigenen. Inzwischen ist Caine Leiterin der „A21-Kampagne“, einer Organisation, die sich in mehreren Ländern gegen Menschenhandel einsetzt und vor allem jungen Mädchen hilft, die entführt und zur Prostitution gezwungen wurden. Und das sind viele. Allein in Griechenland werden täglich fast 2.000 Kinder an Freier verkauft. Doch die Australierin lässt sich nicht von abstrakten Zahlen entmutigen. Ihr ist jede einzelne Biografie wichtig – so wie auch Gott jeden Einzelnen beim Namen kennt. Natürlich kann nicht jeder eine Organisation für Benachteiligte gründen. Doch Caine machte Mut, statt auf die eigene Begrenztheit auf Gottes Grenzenlosigkeit zu schauen. Rob Bell und Darren Whitehead konnten zwar durch ihre lockere Art und witzige Sprüche ideaSpektrum 19.2011
die Menge begeistern. Christine Caine aber war durch ihr persönliches Zeugnis das Vorbild des Kongresses.
Am Anfang war ein Gedicht Rob Bell, Pastor der Mars Hill Bible Church in Grandville (Michigan), sagte, dass die Welt als harmonisches Ganzes geschaffen wurde. Die Welt zeuge von einem kreativen Gott, der voll Freude sei und deshalb die Welt erschuf. Deshalb wird die Welt – nach Meinung Bells – auch wieder zu diesem Frieden zurückgeführt. Der Glaube an Jesus und die Auferstehung sind damit kein Ticket in eine andere Welt: „In der Auferstehung geht es um Gott, der sich weigert, die Welt aufzugeben.“ In diesen Thesen schwingt das Gedankengut der Allversöhnung mit, das Bell auch in seinem neuen Buch „Das letzte Wort hat die Liebe“ anklingen lässt. Danach ist die Hölle nicht für ewig, sondern Gott holt früher oder später alle Menschen zu sich. Diesen Gedanken, dass die Welt nicht nur unser temporäres Zuhause, sondern letztendlich der Ort ist, den Gott für die Ewigkeit vorgesehen hat, kann man sicherlich kritisch hinterfragen. Was wir aber mitnehmen können, ist der Auftrag, der sich für uns daraus ableitet: „Bring dich ein in die Welt!“ Denn sie ist Gottes Haus und zumindest jetzt dein Zuhause, so Bell.
Eine tanzende Generation Auch die Lobpreis-Zeiten waren nicht auf Wohlfühl-Musik ausgelegt, sondern forderten die Teilnehmer der Konferenz heraus. In mitreißenden Liedern wurde
der Beginn einer neuen Generation von Christen proklamiert – einer Generation, die mit ganzem Herzen für Jesus brennt. „Wir werden eine tanzende Generation sein“, heißt es in einem Song. Und so sang und tanzte die ganze Halle, angeleitet vom charismatischen Musiker Brandon Grissom (Foto oben) aus der Willow-Creek-Gemeinde in Michigan. Es war zu spüren, wie so aus einer Vielzahl Einzelner eine starke Gemeinschaft, eine Einheit wurde. In Düsseldorf waren die in den Vorträgen thematisierten Klüfte nicht zu spüren. Vielmehr zeigte sich eine Christenheit, die aufsteht, um voranzugehen. Ob die vielen Jugendlichen und jungen Erwachsenen dieses gemeinschaftliche Ziel auch ganz praktisch im Alltag umsetzen, ist eine andere Sache. Das Traurige am Eventcharakter solcher Veranstaltungen ist ja oft, dass man ein Hochgefühl mitnimmt, das im Alltag schnell wieder verfliegt. Aber das liegt in der Verantwortung jedes Einzelnen. P
Als Christine Caine ihre Geschichte erzählte, war es im Saal totenstill.
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Die Kindheit wird zunehmend sexualisiert ERZIEHUNG Kamen bisher Warnungen davor, Kinder zu früh mit Sexualität zu konfrontieren, vor allem von konservativen Christen, so jetzt zunehmend auch von liberalen Experten.
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ie Kindheit wird zunehmend sexualisiert. Pornografie ist selbst für die Kleinen längst kein Tabu mehr. Mit den Folgen dieser Entwicklung beschäftigt sich die Zeitschrift „Psychologie heute“ (Weinheim bei Mannheim) in ihrer Mai-Ausgabe. „Sex verkauft sich“ – diese Marketingstrategie habe jetzt auch die Kleinsten als Zielgruppe erfasst, heißt es in dem Blatt. Schon Kinder sähen Pornobilder in den Medien und lernten, dass man sexy sein müsse, um erfolgreich zu sein. Einer Studie der Jugendzeitschrift „Bravo“ zufolge haben zwei Drittel der 11- bis 17-Jährigen schon einmal pornografische Bilder gesehen. „Zu frühe sexuelle Erfahrungen können es Kindern erschweren, später gesunde Haltungen in Bezug auf ihren Körper, auf Beziehungen und Sex einzunehmen“, so die US-amerikanischen Autorinnen des Buchs „So früh schon sexy“, Diane E. Levin und Jean Kil-
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bourne. In extremen Fällen könne die Sexualisierung durch die Medien auch krankhaftes Verhalten hervorrufen, wie etwa sexuellen Missbrauch, Pädophilie oder Prostitution.
Was sich alles geändert hat – Was Kinder verwirrt Nach den Worten von Bettina Weidinger (Wien) vom Österreichischen Institut für Sexualpädagogik reagieren Kinder und Jugendliche verwirrt, wenn sie mit sexuellen Botschaften konfrontiert werden, die ihrem Alter nicht angemessen sind. Deshalb hätten Eltern die Pflicht, dem Nachwuchs Sexualität zu erklären und ihm den richtigen Umgang mit Medien zu vermitteln. Als ein Grund für die frühe Sexualisierung wird genannt, dass Jugendliche immer eher körperlich als erwachsen gelten. „Während Mädchen um das Jahr 1900 mit
durchschnittlich 14 Jahren ihre erste Regel bekamen, liegt der Altersdurchschnitt heute bei 10,6 Jahren“, so der Experte Max Friedrich (Wien). Mädchen würden also auch optisch wesentlich früher zu Frauen „und damit von der Gesellschaft zum Objekt der Begierde gemacht“. Die Zeitschrift gibt auch Tipps, was Eltern angesichts der Frühsexualisierung tun können. Dazu heißt es unter anderem: „Vermitteln Sie Ihrem Kind, dass nicht ein schönes Äußeres erstrebenswert ist, sondern die Fähigkeit, positive und liebevolle Beziehungen zu führen!“ P
b www.psychologie-heute.de
idea Fernseh- und Hörfunk-Tipps
14. Mai – 20. Mai
FE R NSE H E N Sonnabend, 14. Mai
Sonntag, 15. Mai
14.30–17.00 Kongress christlicher Führungskräfte 2011: Vortrag Unternehmerin Maria-Luise Dött; Lebenslinien (u. a. mit dem Vater des verunglückten Samuel Koch); Vortrag CDU-Bundestags-Fraktionsvorsitzender Volker Kauder
9.30–10.15 Ev. Gottesdienst aus der Luftwaffenkaserne KölnWahn. Predigt: Militärpfarrer Ernst Rauning
21.15–0.00 Zuflucht. Spielfilm: Familie ten Boom versteckte Juden
ERF 10.30–12.00 Laudate omnes gentes – Lieder und Psalmlesungen. Danach Gottesdienst aus der Freien evangelischen Gemeinde Iserlohn
10.30–11.00 Bedrängte Minderheit – Koptische Christen in Ägypten 13.15–13.50 Viele sehnen sich danach, aber nur wenige haben ihn: den besten Freund. 20.05–21.00 Die Freimaurer: Was steckt hinter dem Mythos? Doku
Montag, 16. Mai
Mittwoch, 18. Mai
21.15–21.45 Kongress christlicher Führungskräfte in Nürnberg. Authentisch führen in Zeiten der Veränderung: Vortrag von Paul Ch. Donders, Geschäftsführer der Unternehmensberatung xpand international
23.30–0.15 Kirche, Karma und Konsum: Was glauben die Deutschen? Geld allein macht nicht glücklich. Aber was dann? 2 TV-Teams sind in die beiden Kirchentagsstädte Stuttgart und Dresden gereist: Gibt es ein Frömmigkeitsgefälle? Was ist den Deutschen heilig, warum ist vielen die Kirche fremd?
HÖRFUNK Sonnabend, 14. Mai 21.30–22.00 Brennpunkt Nahost: Horst Marquardt im Gespräch mit Johannes Gerloff 23.05–0.00 Reportage über die jüdische Dichterin Rose Ausländer (1901–1988)
Sonntag, 15. Mai 7.05–7.30 „Suche den Frieden und jage ihm nach“ – Auf Streife am Hindukusch. Mit Pfarrerin Christina-Maria Bammel 8.30–9.00 Kirchendämmerung. Warum das Vertrauen in die Kirchen sinkt
Donnerstag, 19. Mai 9.30–10.30 Freikirchlicher Gottesdienst aus der ChrischonaGemeinde in Schaffhausen
10.10–11.00 Journal am Vormittag: Mobile Verführung. Jugendliche und die Handynutzung
10.05–11.00 Evangelischer Gottesdienst aus dem Dom zu Meldorf mit Pastor Thomas Baum
Kultur 19.30–20.00 Was brauchen Kinder für erfolgreiches Lernen? Amy Chua und die Folgen
20.00–21.00 Bilanz: Von der Bank zur Kanzel. Horst Marquardt spricht mit Emil Haag, Bankkaufmann und Evangelist 20.30–21.30 50 Jahre Menschenrechte: Amnesty International
ideaSpektrum 19.2011
DI E K LE I N E K A NZ E L
» Ich habe keinen Sohn, der meinen Namen lebendig erhält. «
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Dr. Gregor Heidbrink ist evangelischer Pfarrer in Finsterbergen und Altenbergen bei Gotha im Freistaat Thüringen.
Aus dem 2. Samuelbuch 18,18
Foto: privat
Gott kennt uns beim Namen Rätselfrage: Er hatte lange Haare und meinte, er sei ein König; er hing an einem Stück Holz, dort durchbohrte ihn ein Soldat mit einer Lanze; er wurde außerhalb der Stadt begraben, das Grab mit Steinen verschlossen. Um welche biblische Figur handelt es sich? Richtig: Abschalom, Davids Sohn. Ein Mann der Tat, mit Ausstrahlung und einem starken Sinn für Gerechtigkeit. Aber zugleich ein machtbewusster Mann – bis zur Gier. In seinem Machtstreben gebraucht ihn Gott als Werkzeug des Gerichts gegen David, seinen Vater. Er erhebt sich gegen diesen – doch er verliert die entscheidende Schlacht. David kann auf den Thron zurückkehren. Abschalom wollte alles, sofort und für sich. Denn ein großer Schatten lag auf seinem Leben. Er hatte zwar drei Söhne, sie aber wohl wieder verloren. Ohne Nachkommen war er in seinem Ehrgeiz ganz auf sich beschränkt. Darum setzte er sich noch als Prinz selbst eine Steinsäule zum Denkmal. Sein Ruhm sollte überdauern, denn er sagte sich: „Ich habe keinen Sohn,
der meinen Namen lebendig erhält.“ Abschalom wünschte sich, dass seiner gedacht würde – über den Tod hinaus!
Diesem Mann fehlte die wichtigste Hoffnung Diese Äußerung zeigt uns Abschalom als einen Mann, dem die wichtigste Hoffnung fehlte: der Glaube an die Verheißungen Gottes. Wie oft hatte Gott nicht nur ein Kind verheißen, sondern auch geschenkt! Wie oft hatte er im Leid getröstet und neue Wege gewiesen. Und darüber hinaus glaubten die Frommen des Alten Testaments: Da gibt es einen, der einmal für Recht und Heil und Leben sorgen wird – der Messias, den Gott versprochen hat. Ja, einen Sohn hat Gott allen verheißen. Seinen Sohn, Jesus, den guten Hirten. Der kennt seine Schafe mit Namen. Und wessen Namen er kennt, den erhält er auch lebendig. Wie überflüssig, um weltlichen Ruhm zu streiten! Ob unser Weg auf Erden über Höhen oder durch Tiefen führt: Es bleibt mehr von uns übrig als der Gedenkstein auf unserem Grab. Christus hält unseren Namen lebendig. P
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PORTRÄT ER schenkte Lieder in der Nacht TROST Er ist einer der produktivsten Liedermacher und doch noch einer der unbekanntesten: Helmut Müller. Besonders Christen, die zu leiden haben, werden durch seine Lieder ermutigt. idea-Redakteur Helmut Matthies hat ihn besucht.
220 Lieder ohne eine Stunde Unterricht Der Mann heißt Helmut Müller, hat bei der Sparkasse gearbeitet, ist Mitglied einer Freien evangelischen Gemeinde, besucht aber häufig den Gottesdienst der Kirchengemeinde im Siegener Stadtteil Trupbach-Seelbach, wo er und seine Frau Rita leben. Er hat nie eine Stunde Unterricht in Komposition, Chorleitung, im Notenschreiben oder bei einem Klavierlehrer gehabt. Trotzdem leitete der 75-Jährige mehrere Chöre, führte bis Anfang April insgesamt über 30 Singewochen in Deutschland wie in der Schweiz durch, schrieb und vertonte
über 220 Lieder. Seine inzwischen sechs Liederbücher (alle unter dem Titel „Dein Leben sei ein Lied“), drei Lieder-CDs, eine CD mit Kurzandachten und ein Andachtsbüchlein „5 Minuten Stille“ vertreibt er zum Selbstkostenpreis. Das geht alles über einen Anruf bei seiner Frau.
Trost in dunkelsten Stunden Ein Großteil seiner Lieder entstand, seit ihn ab 2004 eine schwere Krankheit nach der anderen überfiel: Nervenlähmung im Rückenmark, Hirnhautentzündung, Prostatakrebs, Knochenkrebs, Gehirntumor. In diesen schlimmen Jahren beschrieb er – oft im Krankenhaus – mit seinen zahlreichen Liederdichtungen, wie er in dunkelsten Stunden Trost im Glauben bekommen hat: „Ist dir der Weg zu schwer? Siehst du das Ziel nicht mehr? Hör Gottes Stimme, zu dir sie spricht: Fürchte dich nicht! Denn ich habe dein Wandern durch die Wüste dieser Welt auf mein Herz genommen!“ Oder: „Wenn dich Sorge bedrückt, auf der Seele dir liegt, wenn die Last deines Weges zu schwer, sag es Jesus, er hilft dir, der Herr! Mach mich stille in dir,
du mein Heiland und Herr! Stille, ganz stille in dir. Hilf in Stürmen und Not ganz fest vertrauen auf Gott. Mach mich stille, ganz stille in dir!“ Wenn Lieder wie diese vom Chor gesungen werden, bekommt er Dankesbriefe von Christen, die ebenfalls mit großem Leid zu kämpfen haben. Im Marienkrankenhaus in Siegen – wo er oft sein muss – sagt man ihm: „Danke für den Segen, den Sie auf unsere Station gebracht haben.“ Ende April hat er ein Büchlein über seine Erfahrungen im Leid herausgebracht: „ER schenkte Lieder in der Nacht!“, dazu unter dem gleichen Titel ein Liederbuch. Wieder in keinem Verlag, wieder zum Selbstkostenpreis. Sein großer Wunsch ist, trotz schwerer Krankheit noch einmal seine „Singewoche“ in der Schweiz an diesem Wochenende in Männedorf erleben zu können. (So war seine Hoffnung beim Besuch am Vorabend des 1. Mai. Am 6. Mai ist er „nach Hause gegangen“, am 12. Mai wird er beerdigt.) P
b Rita Müller, Wickersbacher Weg 70 D-57072 Siegen
Foto: privat
An der Tür seines Hauses am Rande der westfälischen Großstadt Siegen begrüßt den Besucher ein kleiner Mann. Sein Gesicht ist nach der letzten Operation etwas aufgequollen, die Stimme leise und brüchig. Dennoch geht ein Strahlen von ihm aus. Der Mann hat Schmerzen, die nur noch durch hohe Dosen Morphium gemildert werden können, aber er klagt nicht. Er spricht vom tiefen Frieden, den ihm der Glaube an Jesus Christus gibt, obwohl das Sterben immer näherrückt. „Bitte schreiben Sie nicht ‚sterben’. Als Christ gehe ich nach Hause – zu meinem Vater im Himmel.“
DAS WORT DER WOCHE » Misstrauen gegenüber der biblischen Botschaft lähmt die Verkündigung. Viele Pfarrer sind – was die Bibel anbetrifft – verunsichert. So aber wächst keine Gemeinde. « Der Präses des Evangelischen Gnadauer Gemeinschaftsverbandes i. R., Pfarrer Christoph Morgner (Garbsen bei Hannover), bei der Mitgliederversammlung der Deutschen Zeltmission in Siegen.
ideaSpektrum 19.2011