Idea Spektrum Schweiz 42/2011

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42 19. Oktober 2011

Nachrichten und Meinungen aus der evangelischen Welt

www.ideaschweiz.ch

Einzelverkaufspreis: CHF 4.–

Senioren sind nicht einfach die Alten

Wie evangelikale Werke und Gemeinden das Potenzial der älteren Generation nutzen 7 Christen und Israel: Der neue

13»AngelForce»: 5000 Jugendliche

11 Fromme Lehrer: Evangelikale

18 Datenreport 2011: Wie geistlich

12 Messies: Helene Karrer begleitet

26 Management: Was heisst denn

in der Schule stark übervertreten?

Menschen mit gestörtem Verhalten

engagieren sich für Mitmenschen

sind Ost und West ist Deutschland?

Führen nach biblischen Massstäben?

Reklame

Amzi-Leiter will Netzwerke nutzen

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I nse r at e

Wählen Sie für die EVP

Wieder in den Nationalrat

Maja Ingold, bisher Kanton Zürich Liste 7

Hans-Ulrich Bigler

Christliche Werte. Menschliche Politik. Soziale und ökologische Politik dient der ganzen Schweiz. Dafür stehen die beiden Nationalrätinnen ein.

«Ich nehme Partei für Gewerbe und KMU.» In den Nationalrat

weil Werte zählen

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Ursula Köppel

Ihre idea Spektrum 42.2011


G RÜ e z i

Alt werden – aber wie? «Alt werden wollen alle, alt sein dagegen niemand», sagt ein Sprichwort. Eine aktuelle Umfrage von «idea Spektrum» zeigt auf, welche Auswirkung diese simple Aussage auf Verbände und Gemeinden hat: Die «Säulen der Gemeinde» werden alt, frisch Pensionierte fühlen sich «noch nicht alt genug» fürs «60+» und ähnliche Angebote, «junge Alte» reissen sich nicht um die Mitarbeit in einem Seniorenteam. Und: Noch nie zuvor wurde so viel gemacht für Seniorinnen und Senioren wie heute. Eine Gemeinde bietet Mittagstisch, Altersnachmittag und Seniorengebet an – je einmal im Monat, versteht sich. Somit steht an drei Freitagnachmittagen ein volles Programm bereit. Davon träumten unsere Altvorderen. Für sie galt: «Alte mit den Jungen». Und so, wie viele Gemeinden lange Zeit keine Jugendarbeit unterhielten, fehlten andererseits auch Angebote für die Semester ab gefühlten 65. «Das einzig Konstante ist der Wechsel», meint ein anderes Sprichwort. Daran kommen auch Kirchen und freikirchliche Gemeinden nicht vorbei. Auch nicht, wenns um Verbands- und Gemeindeblätter geht. Erzeuger von Printprodukten stehen in einem schwierigen Umfeld, meint unser Praktikant Christof Bauernfeind (Seite 8). Viele (nicht nur Jüngere!) laden sich mal eben so schnell die neusten Informationen herunter. Und dies möglichst gratis. Das hat Folgen, wie die Auflagenentwicklung christlicher Periodika zeigt. Kann die Talfahrt gestoppt werden? Wären neue Modelle denkbar, zum Beispiel übergemeind-

liche Informationsblätter? Die Zukunft wirds weisen. Übrigens: «idea Spektrum» konnte die Auflage weiter steigern, nun auf gut 4000 bezahlte Abonnements. Wir danken unserer Leserschaft für ihre Treue und heissen auch die neuen Leserinnen und Leser herzlich willkommen! Im Herbst starten viele Angebote fürs letzte Lebensdrittel. Sie reichen von klassischen Seniorenfreizeiten in VCH-Hotels über kreative Angebote bis hin zu Projekten wie «Perspektive 55+». Seniorinnen und Senioren sei die Teilnahme an solchen Angeboten bestens empfohlen. Nicht selten erleben Teilnehmende, was die bekannte Autorin und Referentin Judith Giovanelli-Blocher in ihrem Buch «Das Glück der späten Jahre. Mein Plädoyer für das Alter» über ihre Erfahrung mit Krebskranken schreibt: «Ich habe immer wieder erlebt, dass am Ende ihres Lebens ungeahnte Aufbrüche stattfinden, die Patienten zu malen, zu schreiben, zu modellieren beginnen und sich mit einer Kraft ausdrücken können, die sie selbst früher nicht für möglich gehalten hätten.» Das ist doch eine ganz andere Sicht auf diesen letzten Lebensabschnitt, nicht wahr? «Altes Eisen» war gestern! Der «Brennpunkt» auf den Seiten 4 und 5 zeigt auf, wie kreativ und vielfältig ältere Gemeindeglieder oft Eigeninitiative entwickeln. Da ist es durchaus gut, wenn man sich noch nicht zu schnell «alt» fühlt. Auch wenn wir doch alle älter werden wollen.

BiBlisch Ein Lieblingsbibelwort von Jens Kaldewey, Pfarrer, Bibellehrer und Seelsorger, Riehen BS:

«Dieser

ist mein geliebter sohn, an dem ich Wohlgefallen gefunden habe!» (Matthäus 17,5) «Damit ist alles zusammengefasst, was Gott über seinen Sohn Jesus denkt und wir über ihn denken sollen. Damit ist aber auch alles zusammengefasst, was Gott über mich denkt! Denn ich bin ‹in Christus›. Durch den Glauben bin ich so real an Christus angeschlossen, so mit ihm identifiziert, dass ich an diesem Urteil Gottes vollen Anteil habe. Dieses grundlegende Urteil Gottes steht über jedem Menschen, der sich vertrauensvoll an Jesus angeschlossen hat. Es gilt immer und ist völlig unabhängig von der Tagesbefindlichkeit.»

Wörtlich «Mit dem alten und dem neuen Gottesvolk ging eigentlich fast alles schief. Die Zukunft war jedoch stets unendlich viel besser als erwartet. Das ist die Gnade Gottes. sie tröstet auch heute über Banker, Bundesräte und scharlatane hinweg. Der Petrusbrief bringt es auf den Punkt: ‹Alle eure sorge werft auf ihn, denn er sorgt für euch› (1. Petrus 5,7).» Peter Ruch, protestantischer Pfarrer in Küssnacht am Rigi, in der «Weltwoche». Unter dem Titel «Grund zur Hoffnung» schreibt er, ein Blick in die Bibel genüge, um zu sehen, dass die Wende vom Unheil zum Heil das Leitmotiv jüdischchristlichen Denkens sei.

Praktisch

www.igw.edu

THOMAS FEUZ

Reklame idea Spektrum 42.2011

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BR E N N P U N K T

Gemeinden und Verbände zählen auf die Senioren GEMEINDELEBEN Die Bevölkerung wird immer älter. Aber niemand will «alt» sein. Welche Auswirkungen hat das auf

freikirchliche Gemeinden? Wir fragten nach Zukunftserwartungen und Konzepten für die Seniorenarbeit. Fazit: «Midlifer» und «Jung-Senioren» haben grossen Stellenwert. Und: «Nachwuchsförderung» wird eminent wichtig!

Zwischen dem Aneignen von Grundlagen, dem inneren Reiftum, dem Wachstum zu Dienstreife und Lebensreife bis zur Konvergenz vergehen rund 65 Jahre. Danach folgt der «Nachklang». Wie können Gemeinden diesen interessanten Lebensabschnitt zum Klingen bringen, was soll «nachklingen»?

beitsgruppe «Horizont50+» unterstützt die Bundesleitung und bietet Gemeinden Seminare an. Die FEG-Seniorenarbeit ist dem Bereich «Gemeindeentwicklung» angegliedert. Verschiedene bisherige Arbeitsgruppen und Schulungsangebote vermochten nicht ganz zu überzeugen, weshalb neue Mittel und Wege gesucht werden, wie die Gemeinden und Regionen die Arbeit mit den Senioren attraktiv und wirkungsvoll tun können.

Durchwegs hoher Stellenwert

«Seniorinnen und Senioren geniessen einen hohen Stellenwert in der Heilsarmee. Sie werden ernst genommen und respektiert«», bringt es Hanny Boschung auf den Punkt. Dorothea Gebauer von der Pilgermission St. Chrischona sagt: «Senioren sind Partner und Teilhaber eines Werkes mit einer traditionsreichen Geschichte. Sie sind die treuen Beter im Hintergrund und die mitdenkenden Spender.» «Die Seniorenarbeit kommt nicht zu kurz», schreibt Werner Jampen vom EGW. Nach der Schaffung einer Fachstelle für Kinder- und Jugendarbeit vor 12 Jahren hat die EMK (Evangelisch-methodistische Kirche) vor zwei Jahren eine 50-Prozent-Stelle im Fachbereich «Seniorenarbeit 55+» geschaffen. Susanne Vögeli: «Wir gehen davon aus, dass wir in den nächsten Jahren vor allem Gottesdienstbesucher und Gemeindeglieder in diesem Alterssegment haben werden.» «Einzelne Pastorinnen und Pastoren haben die Seniorenarbeit in ihrem Pflichtenheft. Einzelne Gemeinden pflegen einen guten Mix von verschiedenen GottesdienstStilen, damit sich auch die ältere

Hintergrundinfos «idea Spektrum» hat für diese Umfrage 13 Gemeindeverbände angefragt. Leider wurde die Umfrage von Trendkirchen sowie von Gemeinden sehr traditioneller und andererseits ausgeprägt charismatischer Ausrichtung nicht beantwortet. Trotzdem zeichnen sich interessante Trends ab, die hier aufgezeigt und mit einem Augenschein vor Ort ergänzt werden. Bild: Regine Wittwer

(K)eine Seniorengemeinden

Söhne und Töchter des Königs: Seniorenananlass der Heilsarmee.

Generation nicht ausgeschlossen fühlt», schreibt der Bund ETG (Evangelische Täufergemeinden). «Die Baptistengemeinde in Basel macht sehr viel für Senioren. Wir betreuen auch ein eigenes Altersheim, das Pflegehotel St. Johann», sagt Urs Gassmann. Siegfried Nüesch vom Bund FEG (Freie Evangelische Gemeinden) ist überzeugt, dass die Bedeutung der Senioren noch zunehmen wird. «Einerseits wird ihre Zahl ansteigen und andererseits steckt ein grosses Potenzial an Ressourcen in ihnen (Begabungen, Dienste, Zeit, Kraft, Gebet…).» Senioren hätten sehr unterschiedliche Bedürfnisse: Jungsenioren möchten sich aktiv einbringen, ältere Leute dagegen brauchten eher Unterstützung und Begleitung. Seit über zehn Jahren führt die VFMG nationale Seniorentage durch. Dabei werde immer der Wunsch nach Veranstaltungen «so wie früher» laut, meint Elisabeth Trummer. Kein nationales Angebot unterhalten die Neutestamentlichen Gemeinden; in einzelnen Gemeinden sind Gefässe für Seniorenarbeit vorhanden, wie etwa dem «Thalgut» in Wichtrach.

«Dann brummt der Berg»

Entsprechend dem Stellenwert der Senioren(arbeit) schaffen die

verschiedenen Gemeindeverbände und Gemeinden auch unterschiedliche Gefässe. Nebst den traditionellen Seniorennachmittagen und Ausflügen schafft die BewegungPlus Pensionierten in der dritten Lebensphase bewusst Möglichkeiten zum Engagement in allen Bereichen der Gemeindearbeit. Das «Arbeitsteam 55+» unterstützt die verschiedenen Lokalgemeinden. Die meisten EGW-Gemeinden haben einen Ressortvertreter in der Gemeindeleitung (Bezirksrat) und ein Seniorenteam, das die Arbeit plant und gestaltet. Seit 1992 führt die Pilgermission St. Chrischona Seniorentage mit rund 600 Teilnehmenden durch. «Dann brummt der Berg», schreibt die Medienverantwortliche. Das EMK-Ressort «Seniorenarbeit 55+» will die Bezirke fördern, damit die Kompetenzen und Ressourcen der Jungsenioren besser genutzt werden können und gleichzeitig «den fragilen alten Menschen entsprechende Beachtung geschenkt und Hilfe geboten werden kann.» Auf ETG-Verbandsstufe widmet sich kein Ausschuss direkt der Seniorenarbeit. Ein solcher besteht aber in einzelnen Gemeinden – vor allem jenen, die auch ein Altersheim führen. Die Ar-

«Wie hoch ist der Seniorenanteil in Ihrer Gemeinde?», fragten wir. Die Antworten beziffern einen Anteil von einem Viertel bis einem Drittel (EGW, VFMG) bis zu «reinen Seniorengemeinden» (EMK), wobei der Durchschnitt in Methodistenkirchen zwei Drittel betragen dürfte. Bei der BewegungPlus sind 19 Prozent der Gemeindeglieder über 15 Jahren im Seniorenalter. Keine Statistik führt der Bund FEG. Die Heilsarmee stellt fest, dass die Mitgliederzahlen von Seniorengruppen tendenziell steigen, die Frauengruppen jedoch eher abnehmen.

Vom Basteln bis zum Wandern

Die verschiedenen Heilsarmeekorps unterhalten Frauengruppen, Männergruppen und Seniorentreffen. Diese bieten zum Beispiel Gemeinschaftsnachmittage, Besichtigungen, Weiterbildung, kreatives Gestalten an. Das EGW bietet als einziges Werk Gedächtnistrainingskurse an. Die FMG Thun will bewusst Leben teilen, zum Beispiel mit Picknick und Brunch, Seniorennachmittag, Adventsfeier und Ausflug. Der Verband VFMG bietet weiterhin Seniorenfreizeiten und den nationalen Seniorentag an. Klassische Seniorennachmittage als «betreute» Veranstaltungen sind in den meisten EMK-Kirchen anzutreffen. «Wir legen Wert auf einen Paradigmenwechsel und dass Anlässe mit Beteiligung der Jungsenioren aufgebaut werden.» Vermehrt sollen auch gottesdienstliche Feiern für Überidea Spektrum 42.2011


BR E N N P U N K T

gänge angeboten werden, wie etwa Ehejubiläen, Pensionierungen. An den «Seniorennachmittagen» der ETG wird gesungen, geplaudert, aber auch Bibelarbeiten haben ihren Platz. Einmal im Jahr findet in Wilderswil eine «Seniorenwoche» statt. Die Pflege des «alten» Liedguts ist dabei Programm. Geleitet werden diese Ferientage von noch rüstigen Jungsenioren. Die Seminare von «Horizont50+» auf dem Bienenberg richten sich an jüngere Senioren. Die ETGGemeinden Bern, Stäfa, Au ZH und Pfäffikon ZH führen je ein Alters- und Pflegeheim.

Fit bleiben

Und wie halten sich die Gemeinden fit, um für «Midlifer» attraktiv zu bleiben? «Eine lebendige, generationenübergreifende Gemeinde ist für alle Altersgruppen attraktiv», ist der Bund FEG überzeugt. Auch das EGW arbeitet daran, damit «Midlifer» ihre Wertschätzung bekommen. Viele Organisationen und Vereine sind an dieser Altersgruppe interessiert und setzen sich dafür ein. Deshalb: «Eine christliche Gemeinde braucht eine motivierte Kerngruppe, um ansprechende Angebote, auch mit evangelistischer Ausrichtung, zu organisieren.» Die EMK versucht, diese Altersgruppen «als attraktive Zielgruppe» zu gewinnen. Deshalb wird bereits jetzt der Kontakt gepflegt, damit sie «im Alter» dabei bleiben. Die Heilsarmee versucht seit jeher, alle Altersgruppen anzusprechen und mögliche Herausforderungen rechtzeitig anzugehen. Die freiwillige Mitarbeit ermöglicht es, sich für diese Lebensphase vorzubereiten, aktiv zu bleiben und das Interesse wach zu halten. «Es ist gar nicht so einfach, die Leute rechtzeitig zu erfassen», stellt Elisabeth Trummer fest. Jedoch: «Wo 3-Generationen-Gemeinden gepflegt werden, sind die Voraussetzungen für die Zukunft sicher gut.» Die Frage, wie die jungen Trendkirchen und -gemeinden das (gemeinsame) Altern ihrer Mitglieder gestalten wollen, blieb leider unbeantwortet. «Ohne die Mithilfe von freiwilligen Seniorinnen und Senioren wäre die Arbeit undenkbar», schreibt die Heilsarmee. Will heissen: Die Zeit der Seniorinnen und Senioren in ihren Gemeinden kommt erst noch! THOMAS FEUZ idea Spektrum 42.2011

«Nicht nur unterhalten»

PODIUM

SENIORENARBEIT Sie gehörten zur Gründungsgeneration

Respekt, bitte!

der Freien Missionsgemeinde Solothurn. Wie geht es weiter, wenn sie selber einmal «alt» geworden sind?

Wichtig ist ebenfalls der kulinarische Aspekt. Abwechselnd backen verschiedene Senioren Kuchen und Cakes und engagieren sich auch im Service.

Wie gross ist das Team?

Heinrich und Judith Kunz

«idea Spektrum»: Wie kamen Sie dazu, Seniorenarbeit zu machen?

Dieser Arbeitszweig war nie richtig organisiert und eigentlich «am Absterben». So sagten wir uns: Okay, wir wollen gemeinsam etwas machen, und haben angepackt.

Wie hoch ist der Stellenwert der Seniorenarbeit im «Forum G»?

Das Seniorenprogramm ist im Gemeindeleben fest verankert; die Angaben werden regelmässig publiziert. Für jeden Anlass gibt es eine persönliche Einladung in Form eines Flyers. Pro Monat wird ungefähr ein Anlass veranstaltet.

Und die Beteiligung?

Von den Eingeladenen nehmen praktisch alle teil. Für ältere und alleinstehende Leute bedeuten sie oft ein «Highlight».

Was bieten Sie den Senioren?

Wir wollen nicht nur «unterhalten», sondern betreuen die Leute, bieten Seelsorge an und helfen uns gegenseitig praktisch. Der soziale Aspekt ist uns sehr wichtig. Dazu gehören zum Beispiel auch Geburtstagsfeiern und zum Teil auch Sterbebegleitung. Wir pflegen den Kontakt auch zwischen den Anlässen, telefonieren und besuchen uns oder laden einander nach dem Gottesdienst zum Essen ein. Das Programm wird gemeinsam erarbeitet. Dazu gehören Zeugnisnachmittage, Missionsveranstaltungen, Themen wie Gesundheit im Alter oder Erben/Testament, Interviews, Inputs mit gruppenweisem Austausch und das gemeinsame Singen. Ein Höhepunkt ist der jährliche Ausflug.

Wir arbeiten in einem Fünferteam und mit tatkräftiger Unterstützung unseres Pastors Markus Burkhart. Das älteste Teammitglied wird 74, wir beide sind um die 70 Jahre alt, die anderen beiden sind «junge Senioren» von etwa 62 Jahren. Wir wollen hier bereits «Nachwuchsförderung» betreiben und jüngere Leute in die Arbeit hineinwachsen lassen. Zurzeit läufts sehr gut. In zehn Jahren kann es wieder ganz anders sein.

Was sind Ihre Hauptanliegen?

Unser Wunsch ist es, auch aussenstehende Menschen miteinzubeziehen. An den Strategiesitzungen mit unserem Pfarrer ist das immer wieder ein Thema. Wir wollen auch verbindend wirken und ziehen die Jugendarbeiterin in unser Programm ein. Ein grosser Schwerpunkt liegt auf der Seelsorge und auch der Vorbereitung aufs Sterben. Immer wieder stellen wir fest, dass viele Altlasten vorhanden sind, und auch viele Unversöhnlichkeiten oder Verbitterung. Hier erlösend und befreiend mitzuwirken, bleibt uns ein grosses Anliegen.

…und Ihre Vision?

Wir wollen mithelfen, damit Senioren ein freudiges Lebensende geniessen dürfen. Ein Umzug ins Altersheim bedeutet oft einen brutalen Einschnitt. Wie gelingt es uns, dass jüngere Gemeindeglieder die älteren Geschwister umsorgen und pflegen? Auch Wohngemeinschaften dürften zunehmend ein Thema werden. Und dann müssten die Begriffe «Senioren» und «60 plus» überdacht werden. Viele Menschen können nicht dazu stehen, dass sie älter werden. Der Übergang ins «Seniorenalter» sollte fliessender werden. Interview: THOMAS FEUZ

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Eine kleine Meldung ist mir in die Augen gestochen: «Gemeindepräsident tritt zurück». An sich nichts Überraschendes, doch speziell ist der Rücktrittsgrund. Nachdem der Gemeindepräsident von Spreitenbach das gute Zusammenleben von Schweizern und Ausländern in seiner Gemeinde gelobt hatte, erhielt er Drohbriefe. Meines Erachtens sind Ausländerinnen und Ausländer aus unserem Leben nicht mehr wegzudenken. Ohne sie gäbe es kaum eine zuverlässige Alters- und Krankenpflege, kein funktionierendes Gastgewerbe, zahlreiche industrielle Produktionsstätten stünden ganz oder zumindest teilweise still. Und ohne sie wäre die Schweiz nicht, was sie ist: ein Land mit niedriger Arbeitslosenquote und hohem Wohlstand, ein Land, das sogar fähig ist, den grossen Herausforderungen der Zeit erfolgreich zu trotzen. Ein Land auch, das es immer fertiggebracht hat, Minderheiten, Andersgläubige und Andersdenkende zu integrieren. Wenn nun genau diese Integrationsfähigkeit in Frage gestellt wird, ist das mehr als ein kultureller Bruch. Wenn Leute bedroht werden, weil sie die Integrationsfähigkeit eben dieser Gesellschaft loben, für die sie sich im Rahmen eines politischen Amtes engagieren, geht das zu weit. Das hat mit einem Kampf der politischen Ideen nichts mehr zu tun. Ich erhebe meine Stimme, wenn ich mit politischen Entwicklungen nicht einverstanden bin. Das gestatte ich auch jedem politischen Gegner. Was ich aber verlange, sind Anstand, Respekt und Fairness. Deshalb ist das, was in der aargauischen Gemeinde geschehen ist, nicht weit davon entfernt von dem, was FussballChaoten kürzlich in Zürich angerichtet haben. Für mich liegt es nahe, von der «Schande von Spreitenbach» zu reden. HANS-ULRICH BIGLER Der Autor ist Direktor des Schweizerischen Gewerbeverbandes und Mitglied der FDP. Er wohnt in Affoltern am Albis.


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I nse r at e

Ich bin nichts als ein Tropfen im 0zean!

Ehrlich, alle meine Anstrengungen sind lächerlich

Ebenso gut nichts machen

… und alle sagten das Gleiche

© Alain Auderset

Hast du schon gewählt? Jetzt an die Urne. Deine Stimme zählt!

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tag e ssc h au

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Martin Rösch will Versöhnungsarbeit fortsetzen NEUE AMZI-LEITUNG Der neue theologische Leiter der «Arbeitsgemeinschaft für das messianische Zeugnis an Israel»

heisst Martin Rösch. Am 23. Oktober wird der deutsche Theologe auf St. Chrischona in sein Amt eingesetzt. Amzi steht für die «Arbeitsgemeinschaft für das messianische Zeugnis an Israel». In der Zusammenarbeit mit Gemeinden und Institutionen vor Ort soll die Botschaft des Messias Jesus an jüdische und arabische Menschen in Israel und den angrenzenden Gebieten, aber auch an jüdische Menschen in Europa weitergegeben werden. Martin Rösch, der neue theologische Leiter, betont: «Ja, es gibt in Israel Juden und Araber, die an Jesus Christus glauben! Es ist mir ein grosses Anliegen, dass dies in den Kirchen und Gemeinden wahrgenommen wird.» Die Wurzeln der Amzi reichen ins 19. Jahrhundert zurück. Damals sandte die Pilgermission St. Chrischona mit Conrad Schick und Ferdinand Palmer zwei ihrer ersten Absolventen ins damalige Palästina aus. Das Engagement der Pilgermission ruhte danach, bis 1968 auf Initiative von Konrad Meyer und unter der Leitung von

Gebetsmail über deren Anliegen informiert. Catherine Meerwein, die als administrative Leiterin die Publikationen redigiert: «Mit der Zeitschrift und dem Gebetsmail wollen wir die Leser ermutigen und zur Fürbitte motivieren. Ich staune immer wieder, wie Gott in Israel wirkt.» (CM)

Zur Person Engagiert im Dienst: Catherine Meerwein (links) und das Ehepaar Rösch.

Edgar Schmid, dem damaligen Chrischona-Direktor, die Amzi gegründet wurde. In den Anfangsjahren bildeten Literatur- und Konferenzarbeit (Konferenzzentrum «Beth Jedidja») den Schwerpunkt. Unter der Leitung von Andreas Meyer, dem Sohn von Konrad Meyer, (1991-2001) und verstärkt unter Hanspeter Obrist (2001-2010) weitete sich die Arbeit auf verschiedene Partner aus.

Fürbitte hat Auswirkungen

Heute besteht ein weitverzweigtes Netzwerk von Partnerschaften mit über 40 Institutionen. Besonderes Gewicht kommt angesichts des Nahostkonflikts der Versöhnungsarbeit zu. Die Amzi unterstützt messianische Juden und arabische Christen, indem sie im deutschsprachigen Europa durch die Zeitschrift «focus israel» und eine wöchentliche

Martin Rösch, 59, ist verheiratet mit Uta, hat zwei erwachsene Töchter (Tabea 29, Amrei 26) und wohnt im deutschen Schopfheim-Wiechs. Er war 28 Jahre als Gemeindepfarrer in der badischen Landeskirche tätig. Die messianische Bewegung sowohl in Israel als auch in Deutschland kennt er aus seiner ehrenamtlichen Tätigkeit beim «Evangeliumsdienst für Israel». Seinen Dienst bei der Amzi trat Rösch am 1. August an. www.amzi.org

Das Internet kann auch die Theologie verändern DIPLOMARBEIT Der IGW-Absolvent David Staub untersuchte im Internet verschiedene Blogs. Fazit: Das Internet kann eine Wirkung auf theologische Grundhaltungen haben. Er beschreibt im Folgenden drei Beispiele.

Das Internet hat die Welt erobert und revolutioniert. Sein Einfluss auf unser Leben – sei es am Arbeitsplatz, zu Hause oder unterwegs – ist nicht zu leugnen. Soziologen stellen fest, dass die Internetnutzung unser Denken, Verhalten und sogar unsere Wertvorstellungen prägt. Kann der Austausch über Glaubensfragen über Internet auch unsere Theologie beeinflussen?

Zur Person

David Staub lebt mit seiner Frau und seinem Sohn in Jegenstorf BE. Neben seinem Theologiestudium an der Universität von Südafrika (UNISA) arbeitet Staub idea Spektrum 42.2011

Eine Art dynamische Reise

Ein Blogger steht beim Schreiben immer in einem direkten Austausch mit Andersdenkenden. So erlebt er oft, dass seine Meinung hinterfragt, differenziert und korrigiert wird. Er wird sich bewusst, dass seine Vorstellungen nur als vorläufig betrachtet werden können. Theologie wird von ihm nicht so sehr als ein Festhalten von Standpunkten, sondern viel-

bei IGW (Institut für Gemeindebau und Weltmission) als StudienleiterAssistent im Lerncenter Burgdorf. Seine Diplomarbeit wurde mit dem Förderpreis 2011 ausgezeichnet. Sie kann kostenlos heruntergeladen werden. www.igw.edu/downloads

heilige Orte und Momente reduziert, sondern in völlig «ungeistlichen» Situationen gesucht und auch gefunden. Am Puls der Zeit: Das Institut für Gemeindebau und Weltmission

mehr als dynamische Reise empfunden.

Keine Frage des Standorts

Blogeinträge erzählen oft von Erlebnissen und Gedanken aus dem Alltag des Verfassers. Diese Erlebnisse werfen theologische Fragen auf. Theologie und Alltag werden eng verbunden – und zwar in zweifacher Weise: Zum einen wird sich der Blogger bewusst, dass der Glaube sich im Alltag zeigen muss. Zum anderen wird das Wirken Gottes nicht auf bestimmte

Jeder wird ernst genommen

Jeder Mensch, der über einen Internetanschluss verfügt, kann an einer Blogdiskussion teilnehmen. Da die Diskussion in rein schriftlicher Form stattfindet, spielen weder Alter noch Geschlecht, Beruf, Aussehen oder gesellschaftlicher Status eine Rolle. Sie legt nicht viel Wert auf akademische Titel und Referenzen. Der Diskussionspartner wird ungeachtet seines Hintergrundes ernst genommen und wertgeschätzt. Ob diese Veränderungen der Theologie nutzen, kann und soll weiter im öffentlichen Gespräch diskutiert werden. DAVID STAUB Bild: zvg


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TAG E SSC H AU

JOURNAL Peter Gloor für Winkler Der 59-jährige Peter Gloor aus Bubendorf BL soll neuer Leiter der Schweizer Chrischona-Gemeinden und damit Nachfolger von René Winkler werden. Winkler war Ende September zum neuen Direktor der Pilgermission St. Chrischona gewählt worden. Gloor war bisher Regionalleiter West der Schweizer Chrischona-Gemeinden. Er soll gemäss «Chrischona Panorama» am 19. November von der Schweizer Delegiertenversammlung gewählt werden und sein Amt voraussichtlich im Januar antreten. (idea)

«idea Spektrum» trotzt dem Trend MEDIEN Die medialen Angebote im Internet wachsen. Traditionelle Print medien geraten zunehmend unter Druck. Will bald niemand mehr für Informationen bezahlen?

Gedrucktes weiterhin beliebt

Anderseits erfreuen sich kostenlose Verbandszeitschriften weiterhin einiger Beliebtheit. Chrischona vermeldet mit seinem «Panorama» über die letzten vier Jahre eine steigende Tendenz. Die Freien Evangelischen Gemeinden haben erst vor einem Jahr das «feg.ch» lanciert. Die VBG (Vereinigte Bibelgruppen) ist sicher, dass die Verteilzeitschrift «bausteine» «nicht gelesen würde», wäre sie nur online zu finden.

Besuch aus Korea Das Theologische Seminar Bienenberg hat Pastoren aus Südkorea Impulse für ihr Christsein vermittelt. «Neben Fragen der theologischen Ausbildung standen auch die Herausforderungen eines authentischen christlichen Lebens und einer ethisch in der Nachfolge Jesu verwurzelten Gemeindeentwicklung im Mittelpunkt des Gesprächs», heisst es in einer Medienmitteilung. (idea) www.bienenberg.ch

Thailand: Soforthilfe Die Überseeische Missionsgemeinschaft (ÜMG) hat für Thailand einen Nothilfefonds eingerichtet. Inzwi-

Printmedien: Was sind Zeitschriften dem Leser heute noch wert?

Es rauscht im Blätterwald. Die «NZZ» veröffentlichte im September die Leserzahlen verschiedener Tageszeitungen seit 2001. Praktisch alle verzeichneten einen Rückgang. Einzig die Gratisblätter lieferten einen Gegentrend.

Wenig genaue Zahlen

In der evangelischen Medienlandschaft sieht die Situation ähnlich aus. Auf Anfrage von «idea Spektrum» wollten die verschiedenen Verlage und Verbände keine genauen Zahlen nennen. Der Trend ist aber deutlich rückläufig. Der

Bundesverlag zum Beispiel konnte zwar in den letzten fünf Jahren die Gesamtauflage um 1000 auf 21 000 steigern, das Wachstum beschränkt sich aber auf Neuerscheinungen wie «Lebenslust» und «Faszination Bibel». Die anderen Titel stagnieren beziehungsweise verlaufen leicht rückläufig. «idea Spektrum» hingegen konnte die Auflage auf gut 4000 Exemplare steigern, nachdem sie vor sechs Jahren noch bei 2500 Exemplaren lag. Es wird wöchentlich von rund 12 000 Personen gelesen.

Lieber schnell und … gratis

Die Bibellesebund-Titel wie «atempause» und «pur» sollen zum Lesen der Bibel anleiten. Die Gesamtauflage ist in den letzten fünf Jahren um 15 Prozent gesunken. Die Praxiszeitschrift «Forum Kind/Jugend» des BESJ (Bund Evangelischer Schweizer Jungscharen) hat seine Printausgabe im September eingestellt. Alle Artikel sind in einem Online-Archiv verfügbar. Das liege nicht am grundsätzlich mangelnden Interesse. Doch jüngere Leser würden sich Informationen lieber schnell und gratis im Internet holen. CHRISTOF BAUERNFEIND

Und wieder seitenweise Spannung NEUERSCHEINUNGEN Was macht einen gemütlichen Abend komplett? Das «richtige» schen steht mit 12 000 Quadratkilometern ein Drittel des Landes unter Wasser. Der Schweizer Ulrich Kohler und sein Team helfen beim Verteilen von Trinkwasser und Lebensmitteln. (idea) – www.omf.org

Kritik an Lehrplan Die Schweizerische Evangelische Allianz (SEA) verlangt, dass der Religionsunterricht im Lehrplan 21 erhalten bleibt. Dieser sieht nur einen konfessionsneutralen Religionsunterricht vor. Die Vermittlung von Ethik und Religion müsse viel enger mit dem Christentum verbunden sein, meint die SEA. Sie hat neun Postulate zum Lehrplan 21 formuliert. (idea) – www.each.ch Bild: idea/chb

Buch! Verschiedene Verlage präsentieren in diesen Tagen ihr neues Programm.

Die Bibelübersetzung «Hoffnung für alle» ist neu in vielen weiteren gefälligen Titelbildern erhältlich. Wünschen Sie Hintergründe, Einsicht in historische und geografische Zusammenhängen? «Hoffnung für alle. Die Bibel mit grossem farbigem Bibelführer» umfasst 1530 Seiten plus einen 240-seitigen Bibelführer (40 Franken); der Bibelführer als 240-seitige Sonderausgabe ist für knapp 30 Franken zu haben. Manuela Zweifel und Christian Meyer präsentieren ein «Gottesdienst-Tagebuch», das viel Platz für Notizen und Gebete bietet. Die Kleinen schätzen die neuen Ausmalbibeln, die nun

in fünf Bänden erhältlich sind.

Grundwerte – Grundworte

Für ältere Leser warten Vreni und Dieter Theobald mit einer Überraschung auf: «Farbtupfer und Zwischentöne» bringt eine Sammlung von Erkenntnissen, Erlebnissen und Weisheiten aus 70 Jahren. Der Erfolg der «Kaminski-Kids» reisst nicht ab. Carlo Meier fügt den zwölf Ausgaben eine weitere bei. An dieser Stelle sei auch auf eine Neuerscheinung im Kreuz-Verlag hingewiesen. In «Darauf vertraue ich. Grundworte des christlichen Glaubens» beschreibt Wolfgang Huber (alt Ratsvorsitzender der

EKD) wie wichtig der Glaube für eine offene, menschenfreundliche Gesellschaft ist. Ein Buch, das auch das Gespräch mit suchenden Mitmenschen bereichert! Jossy Chacko erzählt in «Unglaublich» von seiner Vision, unter den am wenigsten erreichten Volksgruppen Asiens 100 000 Gemeinden zu gründen. Sein Traum erfüllt sich mehr und mehr… Wer Bücher gerne «elektronisch» liest oder hört, findet auch hier ein breites Angebot. THOMAS FEUZ www.brunnen-verlag.ch www.kreuz-verlag.de, www.empart.ch idea Spektrum 42.2011


TAG E SSC H AU

Kirche kämpft «um jedes Mitglied»

ÄXGÜSI

MITGLIEDERWERBUNG Die Reformierte Kirche Baselland versucht ab dem 24. Oktober

Ort zum Sterben

mit einer Plakatkampagne, neue Mitglieder zu gewinnen. Kirchliche Aktionen dieser Art werden immer beliebter. Eine Allschwiler Freikirche wählt einen anderen Weg.

«Um jedes Mitglied kämpfen» will Paul Dalcher, Kommunikationsleiter der Evangelischreformierten Kirche Baselland. Darum soll ehemaligen Kirchenmitgliedern der Wiedereintritt erleichtert werden. Eine Website wurde aufgeschaltet, auf der sich melden kann, wer einmal zur Kirche gehört hat. Der Wiedereintritt muss nicht mehr begründet werden, auch die Taufe ist «kein entscheidendes Kriterium» mehr. Paul Dalcher möchte hauptsächlich ältere Menschen ansprechen, deren Einstellung zur Kirche sich geändert hat. Alle Kirchgemeinden erhalten einen mit Werbematerial gefüllten Plexiglasständer. So könne die Kirche auch allgemein in der Öffentlichkeit Präsenz markieren.

136 000 Lose gerubbelt

Dieses Ziel wurde im September auch mit dem sogenannten «Kirchenglücksspiel» verfolgt. In der dreiwöchigen Aktion richteten sich die reformierten Kirchen der Kantone Aargau, Bern, Solothurn und Zürich an kirchenferne Mitglieder, um das Interesse am kirchlichen Angebot zu wecken. Rubellose wurden verteilt, mit denen man 50 Franken für Hilfsprojekte gewinnen konnte. Bei 136 000 Spielen kam ein Betrag von 32 100 Franken zusammen. Mit der Bilanz ist man durchaus zufrieden. Das 200 000 Franken teure Unternehmen war

Zur Person Rosmarie Lüthi, 29, ist gelernte Floristin. Von 2006 bis 2009 absolvierte sie das Seminar für biblische Theologie Beatenberg. In dieser Zeit sammelte sie Erfahrungen in der Medienarbeit durch ein Band-Projekt, mit dem sie in verschiedenen Kirchgemeinden Konzerte gab. Seit 2009 ist sie in der Christlichen Gemeinde Allschwil zu 50 Prozent angestellt für Öffentlichkeitsarbeit, Frauenarbeit und Musikförderung. Gleichzeitig arbeitet sie weiterhin als Floristin. idea Spektrum 42.2011

«An Hecken und Zäune gehen»: Der Marktstand der CGA Allschwil.

aber intern nicht unumstritten. Zumindest zeigt das «Kirchenglücksspiel», dass die Reformierten bereit sind, ungewöhnliche Wege zu gehen, um Aufmerksamkeit zu erregen.

Adresse mit Leuchtbuchstaben

Freikirchen haben für solche Massnahmen meist nicht die nötigen Mittel zur Verfügung. Doch auch sie sind sich bewusst, dass Öffentlichkeitsarbeit wichtig wäre. Was mit einem kleineren Budget möglich ist, zeigt zum Beispiel die Christliche Gemeinde Allschwil (CGA) im Baselbiet. Mit durchschnittlich 25 bis 30 Gottesdienstbesuchern gehört sie zu den kleineren Gemeinden. Trotzdem möchte sie als Ortsgemeinde wahrgenommen werden. Zweimal im Jahr stellt sie eine entsprechende Aktion auf die Beine. So hat man Theaterabende in einem öffentlichen Raum veranstaltet oder verschickt jetzt 500 Briefe mit einem kleinen Präsent an Neuzugezogene. Die Gemeinde ist auf dem Dorfmarkt mit einem Stand vertreten, an den Fenstern prangt in Leuchtbuchstaben die Internetadresse der Gemeinde.

Persönliche Kontakte

Als prioritäre Massnahme hat man eine Beauftragte für Öffentlichkeitsarbeit angestellt und dafür auf zusätzliche Räumlichkeiten verzichtet. Rosmarie Lüthi schreibt regelmässig Artikel im «Allschwiler Wochenblatt».

Wichtig sind ihr aber besonders die persönlichen Kontakte. Den Redaktor des Wochenblatts hat sie am Anfang besucht, um sich ein paar Tipps zu holen. Danach war die Zusammenarbeit schon viel einfacher. Wenn möglich ist sie bei Einwohnerratssitzungen, Vernissagen oder Konzerten anwesend. «Man kann von den Leuten nicht erwarten, dass sie zu einem kommen, wenn man nicht auch bereit ist, zu ihnen zu gehen», lautet ihre Devise.

Aktiv Vorurteile abbauen

Durch Rosmarie Lüthis häufige Präsenz kennt man sie inzwischen und bringt sie mit der CGA in Verbindung. Viele Leute haben auch ihre Artikel gelesen. An einem Frauenabend der Gemeinde wurde eine Kosmetikerin aus dem Dorf engagiert, was daraufhin mit Bild im Wochenblatt publiziert wurde. Nun wird diese Kosmetikerin von ihren Kundinnen auf die CGA angesprochen und empfiehlt selbst die Frauenabende. «Es ist wichtig, dass man immer wieder an verschiedenen Orten wahrgenommen wird», meint Rosmarie Lüthi. Dabei geht es ihr zunächst einmal darum, aktiv Vorurteile abzubauen. Ziel jedoch sei es nicht in erster Linie, neue Mitglieder zu werben, sondern Menschen mit dem Evangelium vertraut zu machen. Dafür will sie Schwellenängste überwinden. CHRISTOF BAUERNFEIND www.kircheneintritt.ch, www.cga.ch Bild: idea/chb

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Riesige Felder, weiter Himmel und prachtvolle Baumalleen prägen das Landschaftsbild. Unsere Ferienreise führte an die Ostsee. Wir wollten die Kraniche und Wildgänse sehen, die dort zu Tausenden in den Boddengewässern Halt machen, sich voll fressen und dann nach Süden weiterziehen. Wir haben viel Schönes gesehen, das sich uns eingeprägt hat und das wir mit in den Alltag nehmen. Ein besonderes Bild aber werde ich nicht mehr los. «Kein Ort zum Sterben!» konnten wir auf Plakaten unzählige Male lesen. Sie standen stets am Anfang der vielen Baumalleen, die die Landstrassen von Mecklenburg Vorpommern säumen. Meistens sind es schmale Strassen, die sich wegen dieser alten Baumbestände nicht verbreitern und dem heutigen Verkehrsaufkommen anpassen lassen. Zugelassene Geschwindigkeit: Tempo 100! Die Folge davon: Bei manchen Bäumen steht ein Kreuz, umgeben von vielsagenden staubigen Blumen... «Kein Ort zum Sterben!» Wenn nicht in der Baumallee, wo ist dann der richtige Ort zum Sterben? Etwa Ertrinken im See? Abstürzen beim Wandern oder beim Gleitschirmfliegen? Oder doch lieber im Spitalbett? Bei allem Nachdenken finde ich keinen Ort, der zum Sterben einlädt. Nach rein menschlichem Ermessen hat der Tod eine ungeheuerliche, totale Macht über alles, was lebt. Deshalb will man lieber gar nicht über ihn nachdenken. Und deshalb gibt es eigentlich keinen Ort, der zum Sterben geeignet ist. Doch gemäss 2. Timotheus 1,10 hat Jesus Christus dem Tod die Macht genommen und unvergängliches Leben ans Licht gebracht. Wer daran glaubt, für den ist der Ort, wo er einst sterben wird, nicht mehr wichtig. Es geht einzig und allein um die Frage, wo wir die Ewigkeit verbringen. ESTHER REUTIMANN Die Autorin leitet Fundraising und Öffentlichkeitsarbeit der Quellenhof-Stiftung und wohnt in Winterthur.


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SYNERGIE Zunehmende Distanzierung Innerhalb des Nationalforschungsprogrammes «Religionsgemeinschaften, Staat und Gesellschaft» (NFP 58) wurde im vergangenen März ein spannender Bericht veröffentlicht: Religiosität in der modernen Welt. Darin werden empirische Befunde für die Schweizer Gesellschaft dargestellt, ohne nicht-christliche Religionsgemeinschaften zu berücksichtigen. Stutzig macht mich der Satz: «Starke religiöse Überzeugungen - ob positiv oder negativ - sind ein Minderheitsphänomen» (Seite 7). Begründet wird diese Aussage mit dem

Ergebnis, dass fast zwei Drittel der Befragten (64 Prozent) der Gruppe der Distanzierten zuzurechnen sind. 10 Prozent gehören zu den Säkularen, 9 Prozent zu denen mit einer alternativen Spiritualität und 17 Prozent zu den Institutionellen. Das sind Christen aus Landes- und Freikirchen, denen ihr Glaube viel bedeutet und die wöchentlich oder mehrmals pro Monat in den Gottesdienst gehen. Diese Gruppe wird seit den 60erJahren immer kleiner und wird gemäss Prognose weiter schrumpfen. Die Gruppe der Distanzierten dagegen wird weiter anwachsen. Dass so viele Menschen zu den «Distanzierten» gehören, macht nachdenklich: Starke religiöse Überzeugungen als ein Minderheitsphänomen! Man mag das für ein aufgeklärtes Ideal halten, als Zeichen des gesellschaftlichen Fortschritts. Ich neige dazu, es

kritisch zu interpretieren, als Zeichen der inneren Verarmung. Manch einer ist durch schwierige Lebenserfahrungen zu einem Distanzierten geworden und weniger aufgrund von rationalen Argumenten: Krankheit und Schicksalsschläge, erfahrene Ungerechtigkeit und nicht erhörte Gebete, Enttäuschungen im kirchlichen Umfeld durch das «Bodenpersonal». Ich gehe davon aus, dass die Gruppe der Distanzierten auch in den Freikirchen anwächst. Offensichtlich schwindet das ungetrübte Vertrauen auf Jesus Christus und die Liebe zu ihm im real existierenden Alltag. Wenn es stimmt, dass die Gruppe der Distanzierten grösser wird, während die der Institutionellen schrumpft, dann ist es Zeit für eine Trendumkehr. Als Einzelner kann ich die

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religiöse Distanziertheit vor allem im eigenen Leben angehen und unabhängig von den Umständen Jesus Christus konsequent nachfolgen. Das schliesst ein, dass ich gegen die eigene Bequemlichkeit und gegen den gesellschaftlichen Trend lebe und handle. Einfach war das noch nie. Aber lohnend ist es: für sich selbst, für die Menschen in der nächsten Umgebung und darüber hinaus. Es steht zu viel auf dem «Spiel», um es distanziert anzugehen. DIETER BÖSSER Der Autor, lic. theol. und lic. phil I, ist Studienleiter der Akademie für christliche Führungskräfte (AcF) Schweiz in Basel und Geschäftsleiter des Fachkreises Psychologie und Glaube bei den Vereinigten Bibelgruppen (VBG).

Freikirchler in der Schule stark übervertreten? FROMME LEHRER An den Pädagogischen Hochschulen sind Freikirchler «stark übervertreten». Das behauptet der

Sektenspezialist Hugo Stamm. Fromme Studenten hofften, «dass der Samen im freikirchlichen Sinn aufgeht». Warum sich ausgerechnet der Sektenspezialist Hugo Stamm mit den frommen Studierenden an den Pädagogischen Hochschulen (PH) beschäftigt und warum er es gerade jetzt tut, bleibe dahingestellt. In der Ausgabe des «TagesAnzeiger» vom letzten Montag beschäftigt ihn jedenfalls die Frage: «Unterwandern Evangelikale die Volksschule?» Stamm erinnert an Protestaktionen an der PH Zürich vor zwei Jahren. 10 bis 30 Prozent der angehenden Lehrer seien freikirchlich organisiert, hiess es damals. Die «Fundis» würden beim Sexualunterricht aus Protest die Vorlesung verlassen, sich weigern, die Evolutionstheorie zu akzeptieren, und sich abschotten. Befürchtet wurde auch, «dass sich die strenggläubigen angehenden Lehrer später nicht religiös neutral verhalten und die Schule als Missionsfeld missbrauchen werden». Deshalb seien sie für den Lehrerberuf nicht geeignet.

«Überdurchschnittlich viele»

Unter dem Titel «Starke Übervertretung» erinnert Hugo Stamm daran, dass die Anhänger von Freikirchen nur rund 3 Prozent der Gesamtbevölkerung ausmaideaSpektrum 42.2011

Montags-Story von Hugo Stamm: Die frommen Lehrer als «Problem».

chen. Die kürzlich veröffentlichte Nationalfonds-Studie «Beruf oder Berufung?» belege nun, dass an der PH Bern 15 Prozent der Studierenden zum freikirchlichen Umfeld gehören und eine «absolute Glaubensgewissheit» vertreten. («idea Spektrum» berichtete in Nr. 33 darüber.) Am christlich orientierten Institut NMS, das der PH Bern angeschlossen ist, sind es gar 34 Prozent. Somit ist laut Stamm auch die Schätzung des Zürcher PH-Rektors Walter Bircher von 15 Prozent frommen Absolventen «recht präzis». Die Beobachtungen der Zürcher Studierenden seien also nicht aus der Luft gegriffen: «Überdurchschnittlich viele Anhänger von Freikirchen drängen in den Lehrerberuf.»

Göttliche Bestimmung

Laut der Studie gibt es zwei Gruppen von frommen Studenten: Zuerst jene, die in einer freikirchlichen Familie aufgewachsen sind, und dann jene, bei denen es sich laut Stamm «im weitesten Sinn um Konvertiten» handelt. Sie sollen in der Mittelschule missioniert worden sein, vor allem von Event-Kirchen wie dem ICF. Stamm erklärt: «Diese Neubekehrten fassen den Lehrerberuf laut Studie als Berufung auf und fühlen sich von Gott auserwählt, in der Welt christlichen Sinn zu stiften. Sie mischen sich ein, suchen die Diskussion und provozieren. Für sie hat der Glaube Lifestyle-Charakter.» Für den Sektenspezialisten ist klar:

«Da viele Gläubige aus Freikirchen eine göttliche Bestimmung spüren, drängt es sie in den Lehrerberuf: In der Schule können sie ihre christliche Überzeugung den Kindern vorleben und hoffen, dass der Samen im freikirchlichen Sinn aufgeht.» Dabei sei ihnen aber bewusst, dass sie in der Schule nicht aktiv oder offensiv missionieren dürften. Wie beurteilt ein frommer Dozent an der PH Bern die Situation? Stamm zitiert dazu das Interview in der Ausgabe Nr. 33 von «idea Spektrum»: «Beat Spirgi empfindet den Vorwurf der Unterwanderung der Schule durch Fromme als bösartig und diskriminierend. Es sei vielmehr erfreulich, ‹wenn junge Christen mit einer persönlichen Beziehung zu Gott den Mut haben, an einer PH zu studieren›.» Spirgi gebe aber auch zu, hält Stamm abschliessend fest, «dass die Frommen manchmal undifferenziert denken oder sich wissenschaftlichen Reflexionen verweigern würden». Unterwandern Evangelikale die Volksschule? Hugo Stamm will die Antwort offensichtlich seinen Lesern überlassen. Immerhin. ANDREA VONLANTHEN


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W I R T SC H A F T

In der Küche standen 16 Flaschen Abwaschmittel MESSIES Helene Karrer aus Wallisellen lässt Parkplätze polizeilich sperren, um dort Container aufstellen zu können.

Sie hat schon tonnenweise Material eingelagert oder entsorgt. Sorgsam begleitet sie Menschen, die sich von vielem trennen wollen und müssen. Helene Karrer und ihr Mann Oski helfen Messies, sich wieder wohl zu fühlen. «Es sind faszinierende Persönlichkeiten. Messies interessieren sich für vieles, sammeln viel und bringen diese Fülle dann nicht unter einen Hut», erzählt die 55-jährige Zürcher Geschäftsfrau. «Dann häufen sie Material an in ihren Wohnungen, zum Beispiel Zeitungen, Zeitschriften, Bücher, Briefe, Nippes, Kleider, Schuhe, Tüten und Taschen oder auch Esswaren.» In der Küche einer ledigen Frau fanden sich 16 Flaschen Abwaschmittel, die meisten original verpackt. «Was genau der Auslöser ist für dieses Verhalten, weiss niemand», erklärt Helene Karrer. Oft habe es mit Verlusterlebnissen zu tun, mit seelischen Schmerzen, die durch Material zugedeckt werden. Dabei müsse eine Wohnung nicht schmutzig und von Ungeziefer bevölkert

Impressum Idea Schweiz Herausgeber: Idea Information AG, 4410 Liestal Verwaltungsrat: Heiner Henny, Präsident; Sam Moser, Stellvertreter; Paul Beyeler, Hans Lendi, Hansjörg Leutwyler, Hanspeter Schmutz Ideelle Trägerschaft: Schweizerische Evangelische Allianz (SEA), Verband Evangelischer Freikirchen und Gemeinden (VFG), Arbeitsgemeinschaft Evangelischer Missionen (AEM) Redaktion: Aemmenmattstr. 22, 3123 Belp, Tel. 031 818 01 44, Fax 031 819 71 60 E-Mail: redaktion@ideaschweiz.ch Internet: www.ideaschweiz.ch Chefredaktor: Andrea Vonlanthen Büro: Bahnhofstr. 65, 9320 Arbon Tel. 071 446 70 02, Fax 071 446 74 88 E-Mail: andrea.vonlanthen@ideaschweiz.ch Redaktor: Thomas Feuz Erweitertes Team: Esther Reutimann, Sibylle Zambon, Christian Bachmann, Mirjam Fisch-Köhler, Marlies Reutimann Praktikum: Christof Bauernfeind Inserateservice: Jordi AG – das Medienhaus, Roland Rösti, Aemmenmattstr. 22, 3123 Belp, Tel. 031 818 01 25, Fax 031 819 38 54 E-Mail: inserate@ideaschweiz.ch Aboservice: Jordi AG – das Medienhaus, Ursula Seifried Jordi, Aemmenmattstr. 22, 3123 Belp, Tel. 031 818 01 20, Fax 031 819 38 54 E-Mail: abo@ideaschweiz.ch Abopreise: Jahresabo Fr. 145.–, Seniorenabo Fr. 117.–, Halbjahresabo Fr. 77.–. Das Abo ist unter Einhaltung einer vierwöchigen Frist jeweils zum Bezugsende kündbar. Konto: PC-Konto 40-788586-4 Idea Information AG, 4410 Liestal Layout/Druck/Versand: Jordi AG – das Medienhaus, Aemmenmattstr. 22, 3123 Belp www.jordibelp.ch

bei ihm zuhause.» Seine Frau verlangte schliesslich eine Lösung. Oft sind es auch Psychiater oder Sozialämter, welche die Adresse von Helene Karrer vermitteln.

sein. «Messie ist nicht gleichbedeutend mit verwahrlost», erklärt die Fachfrau. Es gebe Messies, die ausgesprochen pingelig auf Sauberkeit achten. Nur fehle ihnen dann die Zeit für anderes.

Neue Perspektive

Mutter und Geschäftsfrau

Als junge Mutter von zwei Kindern gründete Helene Karrer 1995 die Firma Fidato. Diese bietet Non-Profit-Unternehmen und KMU Buchführung und Sekretariatsarbeiten an. Die Kauffrau und Hauswirtschaftliche Betriebsleiterin HHF führte von zuhause aus jahrelang das Sekretariat ihres Berufsverbands und anderer Dachverbände aus der Berufsbildung. Seit 2006 organisiert sie als Chefexpertin die Abschlussprüfung von Lernenden. Sie bildete sich weiter in Öffentlichkeitsarbeit, Erwachsenenbildung und Coaching. Als Selbständige hatte sie sich vor neun Jahren eben ein grosszügiges Büro in Wallisellen eingerichtet, als ein Personalwechsel die Zusammenarbeit mit ihrem grössten Kunden massiv verschlechterte. Wegen Mobbing kündigte sie schliesslich das Mandat. Nun fehlten ihr die Einkünfte, um die Arbeitsräume zu finanzieren. Dies einfach ihrem Mann Oski zu überlassen, befriedigte sie nicht.

Menschen dienen

Einst hatte Helene Karrer Grosshaushalte organisiert. Doch den Menschen zu dienen, lag ihr als Christin besonders am Herzen. «Soziales und Wirtschaft haben mich schon immer interessiert», erklärt sie. Ein Zeitungsartikel machte sie dann auf die Probleme von Messies aufmerksam und führte dazu, dass sie 2004 die «homeManagement GmbH» gründete, um solchen Menschen Hilfe anzubieten. Sie gehört damit zu den ersten Dienstleistern in der Schweiz, die sich dieser Aufgabe annehmen. Zahlreiche Medien haben seither über ihr Engagement berichtet. Trotzdem setzt sie nicht einfach ihre sechs Teilzeitangestellten ein, sondern

Helene Karrer liegt daran, auch Messies dienen zu können.

packt bei Wohnungsräumungen selber mit an.

Klienten respektvoll behandeln

«Die Mobbingerfahrung war hart für mich, aber ich habe viel gelernt», hält Helene Karrer fest. Mobbing erleben zu müssen habe sie abgehärtet und gelehrt, dass es nicht so wichtig ist, was andere über sie denken: «Ich muss verantworten können, was ich mache.» Der Erfolg ihrer Arbeit gibt ihr recht. Für Helene Karrer ist es sehr wichtig, dass Klienten respektvoll behandelt werden. Sie stellt nur Leute an, die selber schon Krisen durchlebt haben. «Man muss im Tempo der Messies vorwärtsgehen. Druck nützt nichts, ihre Seele muss mitkommen», weiss sie. Der Leidensdruck, niemanden in die Wohnung lassen zu können oder eine Kündigungsandrohung führen dazu, dass Betroffene sich melden. «Ein Mann kaufte teure Velos, um damit ein Geschäft zu eröffnen. Doch dazu ist es nicht gekommen. Die Velos lagern nun

«Es braucht sehr viel Energie, mit Messies zu arbeiten», so Helene Karrer, «vollamtlich kann man das nicht tun.» Manchmal schickt sie ein Stossgebet zum Himmel, wenn sie eine Wohnung betritt. Sie erlebt immer wieder, dass sie den richtigen Ton trifft und die nötige Geduld aufbringt, um nachhaltige Veränderungen zu erreichen. Seit ihr 63-jähriger Mann pensioniert ist, unterstützt er sie im Marketing und bei Räumungen. Daneben entlasten Karrers einen Unternehmer bei speziellen Anlässen im administrativen Bereich. Das Ehepaar tankt Kraft durch seinen Glauben und besucht Gottesdienste im ICF Zürich, wo ihr 30-jähriger Sohn Michael angestellt ist. Es freut sich an den drei Enkelkindern von Tochter Susanne, die in den USA lebt. Und es zieht sich gerne ins Bündnerland zurück, wo die Beiden herkommen. Inmitten von Weinbergen verbringen sie Arbeits- und Ruhezeiten und geniessen auch die neue Phase ihrer Ehe. MIRJAM FISCH-KÖHLER

Weniger Unordnung Helene Karrer hat den Verband «lessmess» (weniger Unordnung) mitbegründet, der über Verhaltensmuster von Messies informiert. Das Verhalten selbst wird nicht als eigene Krankheit definiert, kann aber die Folge einer Krankheit sein. Die Antriebslosigkeit depressiver Menschen kann zum Beispiel dazu führen. Helene Karrers Firma homeManagement GmbH bietet Dienstleistungen an für die Haushaltführung. Durch Kurse und Einzelberatungen unterstützt sie Personen und Institution in der ganzen Schweiz. www.lessmess.ch www.homeManagement.ch

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Engel statt Bengel: Jugendliche engagieren sich AKTIONSTAG Am 5. November werden im ganzen Land 5000 Kinder und Jugendliche am Aktionstag «AngelForce»

Gutes tun. Ziel der Aktion ist es, dem vermeintlich schlechten Ruf der «Jugend von heute» entgegenzuwirken. In diesen Herbsttagen werden wieder «jugendliche Engel» auf der Strasse anzutreffen sein, wie das Nachrichtenportal Livenet.ch berichtet. Durch eine kleine Aktion im eigenen Dorf oder in der Stadt machen die Jugendlichen, ausgestattet mit einer grünen «Engelsmütze», positiv auf sich aufmerksam. Sie verteilen Selbstgebackenes, lesen betagten Menschen Geschichten vor, suchen bei heissem Punsch das Gespräch mit Passanten oder tragen ihren Mitmenschen schwere Einkäufe nach Hause.

Positive Kraft

In diesem Jahr findet die Aktion bereits zum fünften Mal statt. Dahinter stehen die reformierten und römisch-katholischen kantonalen Fachstellen für Jugendarbeit und Jugendseelsorge. Die Idee von «AngelForce» ist es,

richte in den Medien über diese solidarischen Aktionen. So soll in Erinnerung gerufen werden, dass die Jugend eine positive Kraft verströmt.

5000 Teens aktiv

Die Jugendlichen von «AngelForce» beschenken Passanten in Aarau.

die Jugendlichen mit positiven Schlagzeilen in die Medien zu bringen, wie die Organisatoren in ihrer Mitteilung schreiben. Denn die grosse Mehrheit der Jugendlichen engagiert sich – entgegen

der häufigen Schlagzeilen – zum Wohle der Gesellschaft und setzt sich für andere ein. Genau diesen Jugendlichen will «AngelForce» eine Stimme verleihen. Die Aktion hofft auf möglichst viele Be-

In der Woche vom 24. bis 30. Oktober findet eine Werbewoche für den Aktionstag statt. Mittlerweile beteiligen sich neun Kantone an «AngelForce», und auch die Zahl der Teilnehmenden steigt stetig. Die Aktion findet in den Kantonen Aargau, Baselland, Baselstadt, Freiburg, Luzern, Schaffhausen, Solothurn, Thurgau, Zürich und Obwalden statt. So werden am 5. November mehr als 5000 Jugendliche auf kreative Weise dazu beitragen, dass die Welt ein bisschen heller wird. CHRISTOF BAUERNFEIND www.angelforce.ch, www.livenet.ch

Brian Doerksen begeisterte in der «Schleife» EINZIGES SCHWEIZER KONZERT Mit «Stories of Grace» gastierte der kanadische Anbetungsmusiker Brian Doerksen letzten Donnerstag in Winterthur. Doerksen führt ein bewegtes Leben. Zwei seiner sechs Kinder sind behindert.

Das Konzert in der «Schleife» wurden von 500 Gästen besucht. Eine Eigenheit der Konzertreihe «Stories of Grace» ist es, dass sich Brian Doerksen zwischenzeitlich unters Publikum mischt und die Bühne anderen überlässt, die vom Eingreifen Gottes in ihrem Leben berichten. Der 46-Jährige war einige Jahre mit «Jugend mit einer Mission» unterwegs und leitete mit 22 Jahren die Anbetung in seiner Gemeinde. Damit die Gemeindebesucher die Songs auch ausserhalb der Gottesdienste anhören konnten, publizierte er die Titel auf CD. So wurde er von «Vineyard Music» entdeckt. Demnächst wird Doerksen Pastor in der ersten kanadischen VineyardGemeinde.

Dürrezeiten nach erstem Erfolg

1994 erfüllte sich der begabte Musiker einen Herzenswunsch: Er veröffentlichte das Musical idea Spektrum 42.2011

«Father›s House». Zwei Jahre lang wurde es mit grossem Erfolg aufgeführt. Dann folgte eine Flaute. Das Haus der Familie Doerksen wurde gepfändet. Doch zeichnete sich bald ein weiterer Schritt in Gottes Plan ab: Die VineyardGemeinde in Grossbritannien suchte einen Lobpreis-Leiter und Trainer für Songwriter. Brian zog mit seiner Familie nach England, wo er in den folgenden Jahren an zahlreichen Alben arbeitete. Eines davon ist «Hungry»; es wurde zum «Best Worship Project 2001» ausgezeichnet.

Zwei behinderte Kinder

Als das sechste Kind der Familie, Isaiah Robert, einjährig wurde, bemerkten die Eltern, dass ihr Sohn unter dem «Fragilen X-Syndrom» leidet. Das ist eine Krankheit, die je nach Stärke eine Lerneinschränkung bedeuten kann, auch die kognitiven

Brian Doerksen mit Sohn Isajah.

Fähigkeiten können stark beeinträchtigt sein. Brian Doerksen berichtet in einem CD-Booklet: «Ich war resigniert, wollte meinen musikalischen Dienst einstellen und mich auf das Grossziehen meines Sohns konzentrieren. Ich merkte aber, dass Gott das nicht akzeptiert. Er will, dass ich ihm vertraue und daran glaube, dass

er uns durchträgt.» Isaiah hält keinen Lärm aus und war noch nie auf einem Konzert seines Vaters. Dieser sagt: «Isaiah ist ein Segen für uns. Durch unsere Söhne lernen und erleben wir uneingeschränkte Liebe.» Auch der erste Sohn der Familie, Benjamin, leidet unter dem gleichen Syndrom. Den beiden Söhnen widmet Brian Doerksen den Song «Your Faithfulness». «Es gibt im Leben nur etwas, auf das man zählen kann, selbst wenn wir die Situation nicht verstehen: die Treue Gottes», ist Doerksen überzeugt. Bekannt wurde Brian Doerksen mit Anbetungsliedern, wie «Come, now is the time», «Hallelujah (your love is amazing)» oder «I lift my eyes up». Das Konzert in Winterthur war ein weiterer Beweis göttlicher «Gnadengeschichten». DANIEl GERBER www.briandoerksen.com, www.schleife.ch Bilder: zvg


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G A S T KOM M E N TA R

Man kann aus biblischen Texten nur das herauslesen, was auch drinsteht. Die Auslegung steht nicht über dem Text. Dr. theol. Sebastian Moll (31) ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Kirchen- und Dogmengeschichte der Evangelisch-Theologischen Fakultät der Universität Mainz.

Eure Rede sei ja, ja, nein, nein … Liebe Leserin, lieber Leser, auf Theologen wie mich, für die Wort und Sprache das Handwerkszeug der beruflichen Existenz bilden, wirkt die Anweisung Jesu Christi aus dem Matthäusevangelium 5,37 – „Eure Rede aber sei: Ja, ja; nein, nein. Was darüber ist, das ist vom Übel.“ – zunächst einmal sehr ernüchternd. Wozu habe ich denn Theologie- und Rhetorikseminare besucht, um anschließend nur noch mit dem Kopf zu nicken oder ihn zu schütteln? Wäre das jedoch der eigentliche Sinn dieser Jesu-Worte, so hätte er sich vermutlich selbst zensieren müssen. Denn seine Reden und Gleichnisse zeugen von einer Tiefgründigkeit und Schönheit, die ihresgleichen suchen – und sie sind zugleich sehr einfach und leicht zu verstehen! Eine seiner größten sprachlichen Leistungen liegt vielleicht auch darin, dass er das gesamte Alte Testament auf zwei Sätze heruntergebrochen hat: „Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben von ganzem Herzen, von ganzer Seele und von ganzem Gemüt“; und diesem gleichstellt: „Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst“ (Matthäus 22,37–40).

Einfach ist einfach besser Einfachheit bedeutet letztlich nichts anderes als die Konzentration auf das Wesentliche. Und dieses Wesentliche aus dem Blick verloren zu haben, wirft Jesus stets den Schriftgelehrten und Pharisäern vor – jenen Pseudointellektuellen und Heuchlern, die sich in Spitzfindigkeiten ergehen, aber das Wichtigste beiseitelassen, nämlich das Recht, die Barmherzigkeit und den Glauben (Matthäus 23,23). In meinem jüngsten Buch „Jesus war kein Vegetarier“ habe ich versucht, dieses Einfachheitsprinzip auf die Auslegung der Schrift anzuwenden – auch und gerade bei kontroversen Themen. So warne ich zum Beispiel eindringlich davor, die Frage

nach der sexuellen Orientierung zum Zentrum der biblischen Botschaft zu machen. Gleichzeitig muss ich aber auch feststellen, dass praktizierte Homosexualität nach biblischem Zeugnis sündhaft ist – ebenso wie Ehebruch, Pornografie oder Geiz.

Dann bekenne ich mich gern schuldig Die Kritik meiner Fachkollegen ließ nicht lange auf sich warten: Ich würde die biblischen Texte einfach so nehmen, wie sie „da stehen“. Aber wenn das eine falsche Methode sein soll, bekenne ich mich gern schuldig. Ich kann nicht den Inhalt eines Textes bereits kennen, noch bevor ich ihn gelesen habe. Wenn z. B. die feministische Exegese versucht, das Evangelium vorrangig über die Betrachtung der weiblichen Figuren zu erfassen, gleicht das dem Versuch, Goethes „Faust“ durch die Analyse der Studenten in Auerbachs Keller verstehen zu wollen. In beiden Fällen wird man der Größe des jeweiligen Werkes wohl kaum gerecht! Die wissenschaftliche Exegese hat sich ohne Zweifel große Verdienste um das bessere Verständnis der Schrift erworben, doch muss auch sie um ihre Grenzen wissen. Sie kann den Text interpretieren – aber sie steht nicht darüber. Über ihn mit Methoden herzufallen, die dem Wesen des Textes gänzlich fremd sind, kann nur schiefgehen. 2 plus 2 muss 4 bleiben – auch in Kirche und Theologie. Es grüßt Sie herzlich Ihr

Sebastian Moll: Jesus war kein Vegetarier 110 Seiten • Berlin University Press ISBN 978-3-862-60019-3 19,90 € / 28.50 SFr.

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Bilder der Woche AFGHANISTAN

Zehn Jahre nach dem Sturz des radikal-islamischen Taliban-Regimes ist es um die Religionsfreiheit am Hindukusch immer noch schlecht bestellt. Im ganzen Land gibt es keine einzige öffentlich zugängliche Kirche mehr. Die letzte – die Community Christian Church in Kabul – wurde 2009 nach einem Rechtsstreit um einen Pachtvertrag geschlossen und abgerissen. Die „Bilder der Woche“ sind daher zwei historische Aufnahmen aus dem Jahr 2002, als das christliche Fisch-Symbol an der Kirche noch sichtbar war und Hausmeister Khan Mohammed auf Gottesdienstbesucher wartete. Auch christliche Schulen sucht man heute in Afghanistan vergeblich, so ein Bericht der

Afghanistan Einwohner: 28,4 Millionen Muslime: 99 % Christen (geschätzt): 10.000 davon Einheimische: 2.000–3.000

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US-Kommission für Internationale Religionsfreiheit, den die christliche Hilfsorganisation Open Doors idea bestätigte. Am 16. Oktober stattete der deutsche Bundespräsident Christian Wulff in Kabul Staatspräsident Hamid Karsai einen Besuch ab. Während dessen zehnjähriger Herrschaft hat sich auf dem Gebiet der Religionsfreiheit nicht viel getan. Insbesondere für Konvertiten sei die Lage eher noch schlechter als im Iran, sagte der Referent für Islamfragen bei der Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte, Max Klingberg (Frankfurt am Main), gegenüber idea. Muslime, die zum Christentum wechseln, müssten um ihr Leben fürchten. In Afghanistan ist der Islam Staatsreligion.


Es gehören keiner Religionsgemeinschaft an

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74 %

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65%

Wie geistlich ist Deutschland? DATENREPORT 2011 Wie hat sich das geistliche Leben in Deutschland in den vergangenen 20 Jahren entwickelt?

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ntworten auf diese Frage gibt der Datenreport 2011, den die Bundeszentrale für politische Bildung (Bonn) zusammen mit dem Statistischen Bundesamt (Wiesbaden), dem Wissenschaftszentrum Berlin und dem Sozio-oekonomischen Panel am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (Berlin) herausgibt. Im 21. Jahr nach der politischen Wiedervereinigung ist Deutschland der Untersuchung zufolge geistlich immer noch geteilt: Während im Westen eine Mehrheit nach wie vor religiös ist, sind im Osten die meisten Bürger Atheisten. Allerdings schreitet in Westdeutschland die „freiwillige Säkularisierung“ voran. Gehörten hier 1991 „nur“ 11 % keiner Religionsgemeinschaft an, waren es 2008 bereits 16 %. Im Osten stieg der Anteil der Konfessionslosen im gleichen Zeitraum von 65 % auf 74 %. „Die Ostdeutschen wurden in der DDR ‚entkirchlicht’ und finden auch in der neuen Bundesrepublik nicht wieder zu den Kirchen zurück“, heißt es dazu im Report.

75 % der Ostdeutschen beten nie Der Gottesdienstbesuch in den östlichen Bundesländern entwickelt sich leicht positiv: Während vor 20 Jahren 60 % der Bevöl-

kerung einschließlich der Konfessionslosen erklärten, „nie“ zur Kirche zu gehen, waren es 2008 „nur“ noch 58 %. Anders in den alten Bundesländern: Hier sagten 1991 noch 21 %, nie den Gottesdienst zu besuchen; 2008 waren es 24 %. Auch bei der Häufigkeit des Gebets sind die Unterschiede deutlich: Während der Anteil derer, die nach eigenen Angaben nie beten, im Westen zwischen 1991 und 2008 mit 27 % konstant blieb, stieg er im Osten sogar noch von 70 % auf 75 %.

Keine Wiederkehr der Religion Zusammenfassend heißt es: „Sowohl die Erwartung, dass die Ostdeutschen 1990 weniger religiös seien als die Westdeutschen, als auch die Frage, ob der ostdeutsche Vorsprung bestehen bleibt, wird bestätigt.“ Aber auch in Westdeutschland schreite die Säkularisierung voran: „Die Konfessionen verlieren leicht an Mitglie-

Ost West

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1991

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Es gehen nie zum Gottesdienst 60 %

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Ost West

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Es beten nie 75%

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Christentum ist auch im Westen nicht mehr vorherrschend Das Fazit: „Das Christentum ist heute in Westdeutschland nicht mehr die vorherrschende religiöse Weltdeutung.“

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27 %

27%

Ost West

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dern, die Kirchen leicht an Besuchern, die christlichen Überzeugungen leicht an Anhängern. Von einer Wiederkehr der Religion kann also in keinem Landesteil die Rede sein.“ P

b Der „Datenreport 2011“ ist für 7 Euro erhältlich bei der Bundeszentrale für politische Bildung, Adenauerallee 86, 53113 Bonn, 0228 995150 oder (kostenlos) unter www.bpb.de bzw. www.destatis.de/publikationen

Suche nach den vermissten deutschen Christen ist eingestellt worden ENTFÜHRUNG IN JEMEN Zuschriften von Christen geben den Angehörigen Kraft.

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ie Suche nach dem seit mehr als zwei Jahren im Jemen vermissten deutschen Ehepaar Hentschel aus Sachsen ist offiziell eingestellt worden. Das teilte der Schwager des Familienvaters, Pastor Reinhard Pötschke (Radebeul), auf Anfrage von idea mit. Johannes und Sabine Hentschel aus dem sächsischen Meschwitz bei Bautzen arbeiteten seit 2003 in der nordjemenitischen Provinz Saada für das niederländische Hilfswerk „Worldwide Services“ in dem staatlichen Krankenhaus „Mustaschfa al Dschimhuri“ in der streng islamischen

Republik. Die evangelikalen Entwicklungshelfer waren am 12. Juni 2009 mit ihren drei Kindern und vier anderen Christen während eines Ausflugs entführt worden. Von den Eltern und ihrem damals einjährigen Sohn Simon sowie von einem britischen Ingenieur fehlt seitdem jede Spur. Drei der Opfer – zwei deutsche Krankenschwestern und eine südkoreanische Lehrerin – wurden kurz nach der Entführung erschossen aufgefunden. Die Kinder Lydia (7) und Anna (5) Hentschel konnten im Mai 2010 überraschend befreit werden und nach Deutsch-

land zurückkehren. Das gab zunächst der Hoffnung Auftrieb, auch ihre Eltern und der Bruder könnten noch leben. Sie gehör(t)en zur Landeskirchlichen Gemeinschaft.

Keine neuen Erkenntnisse „Es gibt keinerlei neue Erkenntnisse“, erklärte Pötschke gegenüber idea. „Deshalb ist das Verfahren von deutscher Seite vorerst eingestellt worden.“ Sollte es neue Hinweise auf den Verbleib des Ehepaares und ihres Sohnes geben, würden die Ermittlungen allerdings wieder aufgenommen. Die AnideaSpektrum 42.2011


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EKD-Magazin: Prominente lieben alte Choräle REFORMATION UND MUSIK Was verbinden Prominente mit Musik und welche Lieder schätzen sie am meisten?

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ntworten darauf geben Politiker, Journalisten, Künstler und Theologen in einem Magazin der EKD mit dem Titel „Reformation und Musik“. Anlass für die Veröffentlichung ist das gleichnamige Themenjahr der Lutherdekade, das 2012 begangen wird. Das Magazin enthält u. a. eine Rubrik „Musik ist für mich/Mein Lieblingslied“. Bei zahlreichen Prominenten liegen Kirchenlieder in der Gunst ganz vorn. Zu den beliebtesten Liedern von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) gehört „Geh aus, mein Herz, und suche Freud“ von Paul Gerhardt (1607–1676). Die frühere EKD-Ratsvorsitzende Margot Käßmann nennt als Lieblingslied „Befiehl du deine Wege“, dessen Text ebenfalls von Paul Gerhardt stammt. Als junge Pfarrerin habe sie in dem Lied bei den ersten Beerdigungen Halt gefunden. Käßmann: „Das Singen hat mir Kraft und Haltung gegeben, die notwendig sind, um Trost und Auferstehungshoffnung zu vermitteln.“

nikern auftritt, nennt ein Werk von Paul Gerhardt – das Adventslied „Wie soll ich dich empfangen?“. „Mich berührt die staunende Frage an den unnahbaren und doch unendlich nahgekommenen Ewigen“, begründet der 29-Jährige seine Wahl.

Junger Starpianist liebt Gerhardts „Wie soll ich dich empfangen?“

Der frühere „Tagesthemen“-Moderator Ulrich Wickert hat ebenfalls ein kirchliches Lieblingslied – den Choral „Ein feste Burg ist unser Gott“ von Martin Luther (1483–

Auch der junge Starpianist Martin Helmchen, der u. a. mit den Wiener Philharmo-

gehörigen des vermissten Ehepaares haben jetzt Einsicht in die Akten zu dem Fall beantragt. „Wir erhoffen uns davon keine neuen Erkenntnisse“, so Pötschke. „Aber es hilft vielleicht, den zeitlichen Ablauf der Geschehnisse noch etwas zu ordnen.“ Wie er weiter sagte, erhält die Familie bis heute Zuschriften von Christen aus ganz Deutschland, die sie ermutigten und ihnen mitteilten, dass sie für sie beteten. „Das gibt uns viel Kraft“, so der Pastor.

Angst vor Bürgerkrieg wächst Im Jemen wächst derzeit die Angst vor einem Bürgerkrieg, der mit dem Zerfall des ohnehin brüchigen Staatswesens enden könnte. Am Wochenende hatten ideaSpektrum 42.2011

Moderne Ausnahme: „Danke“ Die Schauspielerin Martina Gedeck, die 2004 mit dem Deutschen Fernsehpreis ausgezeichnet wurde, führt das Adventslied „Macht hoch die Tür“ (Text: Georg Weissel, 1590–1635) an. Dazu erläutert sie: „Würde, Größe, Freude, Einfachheit sind in diesem Liede – und deshalb mag ich es so.“ ARD-Wettermoderator Sven Plöger bekennt, dass er nicht gerne singt – mit Ausnahme der Kirchenlieder „O du fröhliche“, „Alle Jahre wieder“ und „Danke“. Es gelangte 1963 in einer Version des BothoLucas-Chors in die deutsche Hitparade.

Geigenvirtuosin Anne-Sophie Mutter: Musik ist ein Gottesgeschenk

Sicherheitskräfte in der Hauptstadt Sanaa bei Protesten gegen Präsident Ali Abdullah Salih mindestens 17 Demonstranten getötet. P

Bis heute beliebt: Paul Gerhardt (1607– 1676) aus Gräfenhainichen (Sachsen-Anhalt)

1546). Die Geigenvirtuosin Anne-Sophie Mutter bezeichnet Musik als „ein Gottesgeschenk, das Komponisten und Interpreten an ihre Zuhörer weiterreichen“. Für die Musik gelte eine Aussage des Apostels Paulus ganz besonders: „Wenn ich mit Menschen- und Engelszungen redete, hätte aber der Liebe nicht, so wäre ich nur ein tönendes Erz und eine gellende Zimbel (1. Korintherbrief 13,1).“ Die Geigerin fragt: „Ist Liebe nicht das, was das Leben ausmacht?“

Barth & Schneider: Die Engel würden am liebsten Mozart spielen ... Der EKD-Ratsvorsitzende, Präses Nikolaus Schneider (Düsseldorf), nennt zwei sehr unterschiedliche musikalische Lieblingsstücke: zum einen das Klavierkonzert Nummer 21 in C-Dur von Wolfgang Amadeus Mozart (1756–1791). Schneider bestätigt zugleich eine Aussage des Theologen Karl Barth (1886–1968): „Die Engel würden eigentlich am liebsten Mozart spielen ...“ Außerdem liebt der Präses nach eigenen Angaben das Lied „Killing me softly“, das 1973 durch die US-Soulsängerin Roberta Flack (74) zum Hit wurde. Im Vorwort des EKD-Magazins schreibt Schneider: „Musik war der Herzschlag der Reformation.“ Luther habe die Bibel nicht nur ins Deutsche übersetzt, sondern auch zentrale biblischtheologische Erkenntnisse in Lieder. Heute reiche das Wirken der Kirchenmusik weit über den Gottesdienst hinaus. In ihr fänden viele Menschen einen „ersten oder einen neuen Kontakt“ zur Kirche. P Das Magazin „Reformation“ (DIN A4) mit 84 Seiten kann kostenlos beim Kirchenamt der EKD (Herrenhäuser Straße 12, 30419 Hannover, jessica.fischer@ekd.de) bestellt werden.


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Lutheraner bedauern Erfolg der Antiklerikalen POLEN Kirchensprecher kritisiert: „Palikot“ lehnt alle christlichen Werte ab.

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er Überraschungserfolg der antikle- Vor allem aus dem linken Lager rikalen (speziell antikatholischen) Die erst 2010 gegründete Bewegung „Palikot-Bewegung“ bei den polnischen hatte auf Anhieb rund 10 % der WählerNationalwahlen bereitet der (lutherischen) stimmen erhalten. Laut Pracki kommt Evangelisch-Augsburgischen Kirche in dem ihre Unterstützung vor allem aus dem katholisch geprägten Land keine Genug- linken Lager. Bei der Wahl hatte die kontuung. Vielmehr sei man überrascht und servativ-liberale Bürgerplattform PO von traurig, sagte ihr Pressesprecher, Wojciech Ministerpräsident Donald Tusk 39,2 % erPracki (Warschau), idea. Die Partei des Mul- halten. Trotz leichter Verluste kann er die timillionärs Janusz Palikot (46) lehne alle Regierungskoalition mit der Polnischen christlichen Werte ab. Damit stelle sie sich Bauernpartei (8,4 %) fortsetzen. In der gegen das gesamte Christentum, nicht nur Opposition sind neben der Palikot-Begegen den Katholizismus. Die Lutheraner wegung die stark konservative, antideutkönnten sich auch nicht darüber freuen, sche Partei „Recht und Gerechtigkeit“ dass die Palikot-Bewegung die strikte Tren- (29,9 %) und die postkommunistische nung von Staat und Kirche Partei „Linke und Demokraten“ (8,2 %). Das fordere. Vielmehr wäre es Polen: „schade“, wenn bei staatWahlkomitee „Deutsche Einwohner: 38,2 Millionen lichen Feiern – etwa zum Minderheit“ (0,2 %) ent86,0 % Schuljahresbeginn oder Katholiken: sendet einen Abgeord1,5 % am Nationalfeiertag – kei- Orthodoxe: neten ins Parlament. P 0,2 % ne Gebete mehr gespro- Lutheraner: Zeugen Jehovas: 0,3 % chen werden dürften, wie b www.luteranie.pl Muslime: 0,1 % 0048 22 8870200 es Palikot verlange.

Wenn Kinder um ihr Haustier trauern SEELSORGE Wie sich Eltern dann verhalten sollten

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it dieser Frage befasst sich das evangelisch-methodistische Magazin „unterwegs“ (Frankfurt am Main). Nach Ansicht des Religionspädagogen Prof.

Norbert Collmar haben Kinder zu ihren Haustieren oft eine sehr intensive Beziehung, bis hin zu einer Freundschaft: „Wenn so eine Beziehung abbricht, entsteht eine große Trauer.“ Sie müsse wahrgenommen und gelebt werden dürfen. Collmar empfiehlt, das Tier mit einem Ritual würdig zu verabschieden. Dazu könne man etwa den Kanarienvogel oder Hamster in eine Schachtel legen und begraben: „So kann sich durch den Verlust das Todesverständnis entwickeln. Kinder erfahren auch, dass Tieren Achtung entgegengebracht werden kann und soll.“

Kommen Tiere in den Himmel?

Ein kleiner Junge trauert um sein Haustier

Zur Frage, ob Tiere in den Himmel kommen, sagte Collmar: „Wenn ich die biblischen Belege anschaue, geht es da immer um Menschen, nicht um Tiere.“ P

NOTIERT Journalist und Theologe 75 Der Journalist und lutherische Theologe Uwe Siemon-Netto (Laguna Woods/ US-Bundesstaat Kalifornien) vollendet am 25. Oktober Uwe Siemon-Netto sein 75. Lebensjahr. Der idea-Autor ist seit über 50 Jahren ein gefragter Reporter. Mit 21 Jahren war der gebürtige Leipziger Schichtleiter bei der US-Nachrichtenagentur Associated Press (AP) in Frankfurt am Main. Seine Reportagen über den Mauerbau in Berlin erschienen in fast allen Zeitungen. Als 26-Jähriger wurde er USA-Korrespondent des Springer-Verlags. Mit 29 Jahren ging er als Kriegsberichterstatter für fast fünf Jahre nach Vietnam. Mit 50 Jahren begann er ein Theologiestudium in Chicago, wo er seinen Magistertitel erwarb. Danach promovierte er in Boston. Seine Doktorarbeit erschien unter dem Titel „Der erfundene Luther“. Sie gilt heute in den USA als Standardwerk gegen den Vorwurf, dass Luther den nationalsozialistischen Verbrechen den Weg geebnet habe.

Übersee-Rat Europa: Neuer Vorsitz Der Theologe und Publizist Manfred W. Kohl (Hubbards/Kanada) ist neuer Vorsitzender der evangelikalen Organisation „Overseas Council Manfred W. Kohl Europa“ (ÜberseeRat Europa). Der 69-Jährige trat die Nachfolge des gestorbenen Pfarrers Wilfried Reuter an. Overseas Council engagiert sich in der Dritten Welt für die Ausbildung von einheimischen Gemeindeleitern, Missionaren und Bibelschullehrern. Der Geschäftsführer von Overseas Council Europa, Pfarrer Andreas Kammer (Heidenheim), sagte idea, viele evangelikale Ausbildungsstätten in der Dritten Welt seien wegen Geldmangels in ihrer Existenz bedroht. b www.overseas-council.eu 07321 3496050

Fotos: Trauer/imago; Kohl/idea/Polzer; Siemon-Netto/privat

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Massenkrankheit: Millionen Blinde könnten geheilt werden KRANKHEITEN Weltweit sind rund 39 Millionen Menschen ohne Augenlicht, doch 80 % von ihnen müssten gar nicht blind sein: Ihre Krankheit könnte vermieden werden – oder wäre zu heilen.

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und 90 % aller Blinden leben in Entwicklungsländern; dort ist die Behandlung von Augenerkrankungen oft unzureichend. Sehbehinderungen führen in der Dritten Welt vielfach zu Arbeitslosigkeit und in der Folge zu Armut. Das teilte die Christoffel-Blindenmission (CBM, Bensheim bei Darmstadt) idea mit. Die mit Abstand häufigste Ursache für eine Erblindung bei Erwachsenen wie auch bei Kindern ist der sogenannte Graue Star – eine Trübung der Augenlinse. Darauf ist rund die Hälfte aller Erblindungen – fast 20 Millionen – zurückzuführen. In Industrieländern gibt es dafür gute Behandlungsmöglichkeiten. Mit einem kleinen ambulanten Eingriff kann die Linse ersetzt werden. In Entwicklungsländern kommt diese Operation zum einen aus Kostengründen kaum zum Einsatz, zum

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anderen mangelt es an Medizinern: Statistisch gesehen muss ein Augenarzt eine Million Menschen versorgen.

Was sich bis 2020 bessern soll Bei der „Woche des Sehens“ vom 8. bis zum 15. Oktober hat die CBM auf die Ursachen vermeidbarer Blindheit und deren Bekämpfung aufmerksam gemacht. Seit 1966 fördert die CBM Hospitäler in der Dritten Welt, die Operationen gegen den Grauen Star durchführen. Ein Eingriff bei Erwachsenen kostet 30 Euro. Im vergangenen Jahr konnten rund 644.000 Star-Operationen mit Unterstützung der CBM ermöglicht werden. Zusammen mit anderen Organisationen verfolgt sie das Ziel, bis zum Jahr 2020 die vermeidbare Blindheit weltweit zu überwinden. Die

idea Fernseh- und Hörfunk-Tipps

CBM unterstützt über 800 Projekte mit behinderten Menschen in 89 Ländern. Gegründet wurde sie 1908 von Pastor Ernst Jakob Christoffel (1876–1955), der im Orient blinden und ausgestoßenen Menschen half. P

b www.cbm.de • 06251 131131

Eine Massai-Frau in Kenia erhält eine Salbe, ohne die sie erblinden würde.

22. bis 28. Oktober

FE R NSE H E N Sonntag, 23. Oktober 8.30–9.15 Stunde des Höchsten 10.00–11.00 Sternstunde Religion: Hunger. Talk mit Pater Frido Pflüger 17.40–18.15 SF Info Fenster zum Sonntag: Massvoll mit Bier und Bibel

11.00–12.00 ERF1 h Evangelisch-methodistischer Gottesdienst aus Hannover 20.15–21.15 Mein Leben sei ein Lied – Der Liedermacher Helmut Müller aus Siegen (siehe ideaSpektrum 19/2011, S. 52)

Montag, 24. Oktober

Mittwoch, 26. Oktober

Donnerstag, 27. Oktober

21.00–21.45 Anselm Grün im Porträt

14.30–15.00 Doku: Kommunität in Taizé

22.30–23.00 ERF1 er Hof mit Himmel – Mit der „Apfelgräfin“ Daisy von Arnim

22.30–23.00 Hyperaktive Kinder und ihre Eltern (2. Teil: 2. 11.)

15.00–15.30 ERF1 Wert(h)e Gäste mit dem Musiker Helmut Jost

22.45–23.30 Wenn Mutter plötzlich Pflege braucht – Doku

22.55–23.25 Kampf ums Kind – Wenn Gutachter Familien zerstören

Mittwoch, 26. Oktober

Donnerstag, 27. Oktober

Freitag, 28. Oktober

19.30–20.00 Schwarzrotgold mit Halbmond – 50 Jahre Anwerbeabkommen mit der Türkei

11.00–12.00 Calando – Special über die legendäre Gospelsängerin Mahalia Jackson

9.05–9.30 Ein multikulturelles Lehrerzimmer: Gut für die Integration von Migrantenkindern?

20.05–21.10 Hörspiel: Jüdische Lebenswelten – Kindertransporte nach England 1938/39 & ihre traumatisierenden Folgen

20.00–21.00 Bilanz: Unsere Welt braucht Brückenbauer – Horst Marquardt im Gespräch mit Gerd Goldmann

20.10–21.00 Kaddisch für eine Besessene: Eine bittere Geschichte aus der Jüdischen Gemeinde zu Halle/Saale – Feature

18.30–19.00 Die Sängerin Déborah Rosenkranz im Porträt 19.30–20.00 Alltag in einer Senioren-WG

HÖRFUNK Sonntag, 23. Oktober 8.30–9.00 Perspektiven: Die Seele berühren – Sufi-Musik

10.05–10.35 Ev. Morgenfeier mit Dekan Axel Piper, Weilheim

9.45–10.00 Ev.-reformierte Predigt von Pfarrer Martin Dürr, Basel

12.05–12.30 Leben mit Wachkoma-Kind

Foto Blinde/CBM

10.00–11.00 Gottesdienst aus Mainz

17.30–18.00 Nachspiel: Fußballclubs holen Jugendliche von der Straße

Wer reagieren möchte, kann dies unter folgenden Rufnummern tun: ARD: 089/5900-3344 | Bibel.TV: 040/4450660 | Das Vierte: 0180/5843783 Deutschlandfunk und Deutschlandradio: 0221/345-1831 | DRS 2: (0)848/808080 | ERF: 06441/957-0 | HR (TV): 069/1555111 | Kabel 1: 0180/5011150 KiKa: 0180/2151514 | Luth. Stunde: 04264/2436 | MDR: 0341/300-5401 | NDR: 0511/988-2393 | Phoenix: 0180/28213 | RBB: 030/97993-2171 SF 2: (0)62/2059050 | SR 2: (0)681/6022222 | SWR: 07221/929-0 | WDR (Radio): 0221/5678-333 | WDR (TV): 0221/5678888 | ZDF: 06131/7012164

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Zwei Drittel aller Christen leben im Süden RELIGIONSSTATISTIK Die letzten 100 Jahre brachten die größte Veränderung in der Christenheit.

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er Schwerpunkt der Christenheit hat sich seit Anfang des 20. Jahrhunderts vom Norden der Erdhalbkugel in den Süden verlagert. Heute befinden sich zwei Drittel aller Christen in Afrika, Lateinamerika und Asien. 1910 lebten ungefähr 66 % in Europa; ein Jahrhundert später sind es noch 26 %. Das berichtete der australische Religionsstatistiker Peter Crossing (Sydney) beim Globalen Christlichen Forum in Manado (Indonesien). Crossing arbeitet mit anderen Wissenschaftlern an einem Weltatlas der Christenheit.

In den letzten 100 Jahren hat sich der Anteil der Christen nicht erhöht Wie er erläuterte, sei der Anteil der Christen an der Weltbevölkerung – heute etwa 32 % – über die vergangenen 100 Jahre relativ gleich geblieben, aber das „Gravitationszentrum“ habe sich dramatisch nach Süden verschoben. Früher habe der geografische Schwerpunkt etwa auf der Höhe von Ma-

drid gelegen, heute sei er bei Timbuktu (Mali) anzusiedeln. Finanziell dominierten freilich weiter die Christen in den Industrieländern des Nordens: Zwar lebten rund zwei Drittel aller Christen im Süden, aber sie stellten nur einen Einkommensanteil von 17 %. Die rund 300 Teilnehmer des zweiten Globalen Christlichen Forums kamen aus unterschiedlichen Konfessionen, Kirchen und Frömmigkeitsrichtungen. Vertreten waren in Indonesien der Ökumenische Rat der Kirchen (ÖRK), die Weltweite Evangelische Allianz (WEA), die Pfingstkirchliche Weltgemeinschaft und der Päpstliche Rat zur Förderung der Einheit der Christen.

Keine Religion des weißen Mannes Der Vorsitzende der Asiatischen Evangelischen Allianz, der Koreaner Sang-Bok David Kim (Seoul), sagte, die Entwicklung zeige deutlich, dass das Christentum keine „Religion des weißen Mannes“ mehr sei.

Das Christentum wandert in den Süden Anteil der europäischen Christen an der Weltchristenheit 1910 2010 26 % 66%

Kirchen weltweit Weltbevölkerung: Kirchenmitglieder: Katholische Kirche: Ökumenischer Rat der Kirchen: Weltweite Evangelische Allianz:

6,9 Milliarden 2,2 Milliarden 1,1 Milliarden 560 Millionen Kirchenmitglieder 600 Millionen Evangelikale

„Christen sind jetzt überall“, erklärte der evangelikale Theologe. P

b www.globalchristianforum.org

Großbritannien: Die Vielehe ist bei Muslimen im Kommen POLYGAMIE Die Zahl der Männer mit mehreren Ehefrauen ist nach Angaben des Islamischen Scharia-Rats in Großbritannien in den vergangenen 15 Jahren stark gestiegen.

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leichzeitig suchen immer mehr Frauen die Scheidung, weil sie keine „Nebenfrau“ dulden wollen. Die Vielehe stehe inzwischen an neunter Stelle der Scheidungsgründe von Muslimen, so der Scharia-Rat. Hauptgrund ist nach wie vor häusliche Gewalt. Nach dem islamischen Religionsgesetz – der Scharia – können Männer in einer religiösen Zeremonie eine zweite, dritte oder gar

vierte Frau heiraten. Vielehen sind zwar nicht vor dem britischen Gesetz anerkannt, aber sie gälten in vielen muslimischen Gemeinschaften als legitim. Khola Hasan, Beraterin des Scharia-Rats, nennt verschiedene Gründe für deren Zunahme in der jüngeren Generation. Dazu zähle eine stärkere Bindung vieler Männer an den Islam. Sie wüssten zwar, dass es in Großbritannien verboten sei, mehrere Ehefrauen zu haben, täten es aber aus religiösen Beweggründen trotzdem.

Ein Moslem mit seinen vier Ehefrauen

Die größte Gruppe bildeten jedoch Männer, deren erste Ehe – oft von den Eltern arrangiert – gescheitert sei, deren Frauen aber nicht in eine Scheidung einwilligen wollten. Statt weiter im Streit zusammenzuleben, nehme sich der Ehemann eine andere Frau. Dieses „pragmatische Arrangement“ funktioniere am besten, so Hasan. Außerdem gebe es Ehemänner, die ihre Geliebte nach islamischem Gesetz heiraten. Die Zahl der Muslime unter den 62 Millionen Einwohnern Großbritanniens wird auf zwei Millionen geschätzt. Die meisten sind pakistanischer Abstammung. P

Foto: PR

Wenn sich die Frau nicht scheiden lassen will

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IN T ERV IEW

Landesbischöfe: Friedrich (l.) und Nachfolger Bedford-Strohm

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Wir müssen vom Gericht Gottes sprechen

THEOLOGIE Eine der bedeutendsten Landeskirchen ist die 2,5 Millionen Mitglieder zählende Evangelisch-Lutherische Kirche in Bayern. Sie steht vor einer Zäsur: Am 1. November beginnt Heinrich Bedford-Strohm als neuer Landesbischof und Nachfolger von Johannes Friedrich, der nach 12-jähriger Amtszeit in den Ruhestand tritt. Bedford-Strohm lehrte seit 2004 als Professor für Systematische Theologie und theologische Gegenwartsfragen an der Universität Bamberg. Seine SPD-Mitgliedschaft ruht derzeit. Karsten Huhn sprach mit dem 51-Jährigen, der in Memmingen geboren wurde und mit einer Psychotherapeutin verheiratet ist. Sie haben drei Söhne. idea: Herr Prof. Bedford-Strohm, was ist für Sie die drängendste theologische Frage der Gegenwart? Bedford-Strohm: Die zentrale Frage ist die Frage nach Gott: Wie können wir als moderne, aufgeklärte Menschen so über Gott reden, dass die Menschen uns verstehen können? Dazu müssen wir selbst wissen, was wir glauben und wie wir Gott heute verstehen. Wie verstehen Sie Gott? Gott ist für mich das, was der 1. Johannesbrief 4,16 über ihn aussagt: „Gott ist die Liebe.“ Gott ist eine Kraft und eine Person, die für mich einen Namen hat: Christus. Er wendet sich mir immer wieder gnädig zu, vergibt mir Schuld und lässt mich aus der Freiheit eines Christenmenschen leben.

Foto: dpa

Wie haben Sie Gott kennengelernt? Ich bin in einem evangelischen Elternhaus aufgewachsen. Mein Vater ist Pfarrer, meine Mutter hat ebenfalls Theologie studiert. Biblische Geschichten und der Gottesdienst haben also in meinem Leben sehr früh eine Rolle gespielt. Allerdings wachsen nur wenige Kinder im Pfarrhaus auf – und auch immer weniger in christlichen Elternhäusern. Wie sollen Menschen heute noch Gott kennenlernen? Wie kann ich Menschen erreichen, die bisher keine oder nur schlechte Erfahrungen mit der Kirche haben? Diese Frage zu beantworten, halte ich für die größte Herausforderung als Bischof. Wir müssen die Orte, die es schon gibt, nutzen, um die biblischen Geschichten zu erzählen. Dazu zählen die kirchlichen Kindergärten, der Religionsunterricht und natürlich die Arbeit in den Gemeinden. Mein Anliegen ist es, den sogenannten säkularen Menschen zu vermitteln, welche Kraft die Traditionen des christlichen Glaubens für ihr Leben heute haben. Ich bin davon überzeugt, dass viele

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Fragen, die den modernen Menschen bewegen, in den alten Überlieferungen eine kraftvolle Antwort finden.

Die Grundfrage lautet: Wie werde ich glücklich? Welche Fragen bewegen die Menschen heute? Die Grundfrage lautet: Wie werde ich glücklich? Ich habe mich in letzter Zeit viel mit Glücksforschung beschäftigt. Interessanterweise geben die Glücksforscher genau die Antworten, die schon der christliche Glaube nennt: 1. Lernen Sie vergeben! „Vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern“ – wer das jede Woche im Gottesdienst betet und in seine Seele einsickern lässt, der verändert sich. 2. Lernen Sie, dankbar zu werden! Die Rede vom „self-made man“ ist für mich eine der größten Häresien unserer Zeit. Wir verdanken unser Leben eben nicht uns selbst, sondern Gott, dem Schöpfer. Alles, was wir sind und haben, verdanken wir nicht uns selbst, sondern Gottes Segen – diese Einsicht verändert unser Leben. 3. Lernen Sie, im Augenblick zu leben! Ich zitiere da immer die Bergpredigt: „Seht die Vögel am Himmel: Sie säen und ernten nicht – und euer himmlischer Vater ernährt sie doch“ (Matthäus 6,26). Man muss nur solche Passagen in Erinnerung rufen, um deutlich zu machen, wie zentral die biblische Botschaft für unsere Fragen ist. In der Bibel stecken allerdings auch unangenehme Texte. Es wäre falsch, diese sperrigen Texte einfach wegzulegen. Ein Beispiel dafür ist die Rede vom Gericht Gottes. Wir müssen neu lernen, davon zu sprechen. Allerdings sollten wir damit nicht unseren Zorn über Menschen, die uns nicht gefallen, zum Ausdruck bringen. Die biblischen Gerichtstexte gelten zunächst immer uns selbst, sie sollen uns zur Besinnung rufen. Sie malen uns aber nicht die faktisch zu erwartenden Taten Gottes vor Augen, etwa im Sinne ei-


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ner ewigen Verdammnis. Ich verstehe die Gerichtstexte als Warnschilder – Vorsicht, Schleudergefahr! Diese Verkehrsschilder sagen nicht: „Du wirst am Baum landen, und das ist auch gut so“, sondern sie mahnen zu einer vorsichtigen Fahrweise. Was Gott am Ende tun wird, kann kein Mensch sagen – das dürfen wir getrost in Gottes Hand legen. Was wir auf jeden Fall sagen können, ist, dass am Ende der Zeiten die Wahrheit ans Licht kommt. Denn ohne Gericht gibt es keine Gerechtigkeit. Alles Unrecht, was wir begangen haben, wird auf den Tisch kommen.

Diese Scham ist die Hölle Das wird peinlich! Genau, dann werden wir uns schämen müssen – und diese Scham ist die Hölle. Wir müssen durch das Feuer der Wahrheit gehen. Wir können dann aber darauf hoffen, dass Gott uns in seine offenen Arme nimmt.

bungen tatsächlich um menschliches Leben geht und nicht um eine Sache, über die wir frei verfügen können. Die Frage, wie wir die Zahl der Abtreibungen verringern können, bleibt also auf dem Tisch. Wir sollten uns mit ganzer Kraft dem Ziel widmen, menschliches Leben von Anfang an zu schützen. Allerdings sollten unsere Antworten nicht zu einfach sein. Manche Maßnahmen klingen gut, sind aber kontraproduktiv. Woran denken Sie? Zum Beispiel ist in den Ländern, wo die Abtreibungsgesetzgebung besonders scharf ist, die Zahl der illegalen Abtreibungen besonders hoch. Offensichtlich lässt sich das Abtreibungsproblem mit Strafandrohungen nicht lösen. Stattdessen sollten wir den Menschen Mut zum Leben machen – durch Beratung, Begleitung und materielle Hilfe.

Die einfachen Lösungen scheinen auch beim Kampf gegen den HunSie sind ja ein Bußprediger! Evangelisch-Lutherische Kirche in Bayern ger nicht zu greifen. Buße gehört zum christlichen Jahr 1999 2009 Das ist oft eine Folge von HanGlauben dazu. Das Gericht hängt Kirchengemeinden 1.531 1.540 + 0,6 % delsverträgen. Beispielsweise aber nicht wie ein DamoklesKirchenmitglieder 2.708.310 2.570.041 - 5,2 % machen von Europa subventioSchwert über uns. Buße – also die Gottesdienstbesuch 125.220 113.726 - 9,2 % nierte Agrarprodukte die Märkte Umkehr zum Leben – ist nichts, Austritte 15.139 17.828 + 17,8 % in Afrika kaputt, so dass die Bauwas die Menschen klein und kaEintritte 4.881 3.518 - 28,1 % ern dort ihre Existenz verlieren. putt machen will, sondern sie ist Das Gebot der Nächstenliebe gilt etwas Menschenfreundliches: denn sie lädt zu Gottes Güte und Liebe ein. Deshalb ist es aber auch für die Weltmärkte! Deshalb sollten wir als Chrisgut, dass wir die Art, wie früher das Gericht verkündigt ten auch die Politik in unser Denken mit einbeziehen. wurde, überwunden haben. Wir dürfen heute nur nicht den Fehler machen, gar nicht mehr vom Gericht zu reden! Hat die evangelische Kirche nichts Besseres zu tun? Ihre Landeskirche sammelt Unterschriften für die Einführung Papst Benedikt XVI. sagte in Erfurt, Martin Luthers Frage – einer Finanztransaktionssteuer. Hat sie nichts Besseres zu tun? wie der Mensch einen gnädigen Gott bekomme – kümmere Wir sollten mit solchen Unterschriftenkampagnen in der Tat heute nur noch wenige, selbst unter Christen. zurückhaltend sein. Aber in diesem Fall gibt es gute GrünDeshalb gehört es zu den Aufgaben der Kirche, den Men- de dafür. Eines der zentralen Probleme unserer Gesellschaft schen Sprache zu geben für das, was sie tief in ihrem Herzen ist die fehlende Gerechtigkeit. Die Finanztransaktionssteubewegt. Zum Beispiel spreche ich in meinen Predigten im- er wird seit Jahrzehnten weltweit von den Kirchen gefordert, mer wieder davon, dass weltweit täglich 25.000 Menschen um Spekulationen zu begrenzen. Denn die Wirtschaft muss sterben, weil es ihnen an Nahrung oder Medizin fehlt. Wir dem Menschen dienen – und nicht umgekehrt. spüren, dass hier etwas zutiefst falsch läuft und wir dafür Verantwortung tragen. Jesu Rede vom Weltgericht in Matt- Unter Experten ist umstritten, ob diese Steuer dafür das geeighäus 25 kann uns helfen, dies zur Sprache zu bringen. Wenn nete Instrument ist. wir dabei zugleich unsere Hoffnung auf Vergebung ausdrü- Es gibt natürlich bei fast allen politischen Maßnahmen untercken, ist das viel besser, als zu schweigen und unsere Schuld schiedliche Meinungen. Politik und Wirtschaftswissenschaft zu verdrängen. waren lange Zeit gegenüber der Finanztransaktionssteuer skeptisch. Dieser Zweifel weicht aber zunehmend der ErWann beginnt das Leben? kenntnis, dass diese Steuer eines der wenigen sinnvollen InGilt dies auch für die etwa 115.000 Abtreibungen, die täglich strumente ist, die wir im Kampf gegen die Spekulation haben. weltweit vorgenommen werden? Aus meiner Sicht beginnt menschliches Leben mit der Die EKD tritt mit vielen Denkschriften an die Öffentlichkeit: Verschmelzung von Ei und Samenzelle. Die Bioethik-De- Sie äußert sich zur Landwirtschaft, zu den Kapitalmärkten, batten, die wir in den letzten Jahren in Deutschland führ- zum Weltfrieden, zur Gesundheitspolitik und zum Klimawanten, haben uns neu bewusstgemacht, dass es bei Abtrei- del. Übernimmt sich die Kirche da nicht? ideaSpektrum 42.2011


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Ich denke, dass diese Veröffentlichungen für die Politik hilfreich sind. Unsere Stellungnahmen erfolgen ja nicht allein aus Pfarrersmunde, sondern werden neben Theologen auch von Ökonomen, Physikern und Biologen erarbeitet. Die theologische Begründung der Denkschriften ist oft schwach. Ich habe mich immer dafür eingesetzt, dass wir eine gute theologische Fundierung haben. Manchmal gelingt es uns gut, etwas Kompetentes und Sachdienliches zu erarbeiten – und manchmal vielleicht weniger gut. Aber den Versuch sollte die Kirche schon wagen!

Wenn sich die großen Kirchen nicht einig sind Manche Politiker sagen: Warum sollen wir eigentlich auf die Kirchen hören, wenn sie sich auch nicht einig sind? So lehnt die katholische Kirche die Präimplantationsdiagnostik (PID) klar ab, die evangelische Kirche hält Ausnahmen für möglich. Viele unserer Stellungnahmen spiegeln den Pluralismus in der evangelischen Kirche wieder. Das sollte nicht nur negativ beurteilt werden. Ich bin froh, dass wir im Protestantismus die Vielzahl an Meinungen diskutieren können – mit Leidenschaft und an der Wahrheit orientiert. Wir folgen eben nicht einfach dem, was ein päpstliches Lehramt von oben vorgibt, sondern jeder ist aufgefordert, sich selbst ein Urteil zu bilden. Kommt angesichts der politischen Stellungnahmen das Nachdenken über die Mission als Auftrag der Kirche nicht zu kurz? Die bayerische Landeskirche hatte im Frühjahr dieses Jahres eine wunderbare, beflügelnde Synode zur Mission. Auch die bevorstehende EKD-Synode wird sich mit dem Thema beschäftigen. Also: In unseren Debatten kommt das Thema glücklicherweise nicht zu kurz. Wenn die Kirche so viel über Mission nachdenkt: Warum schrumpft sie dann? Ich bin kein Anhänger der Verfallstheorie, derzufolge sich die Kirche „auf dem absteigenden Ast“ befindet. Ich erlebe oft das Gegenteil! Zum Mitgliederverlust kommt es ja nicht nur, weil wir die christliche Botschaft nicht mit Authentizität und Kraft weitersagen. Er hat schlicht und einfach äußere Faktoren wie den demografischen Faktor als Ursache: Wenn weniger Menschen geboren werden, sinkt eben auch die Mitgliederzahl. Dazu kommt, dass wir heute in einer pluralistischen Gesellschaft leben. Früher gehörte es zum guten Ton, Mitglied der Kirche zu sein. Heute entscheiden sich die Menschen viel bewusster, ob sie einer religiösen Orientierung angehören wollen. Die Tatsache, dass in Deutschland mehr als 50 Millionen Menschen diese Entscheidung zugunsten einer Kirche getroffen haben, ist für mich das eigentlich Erstaunliche. Wir sollten uns also nicht kleinreden. Und ich bin zuversichtlich, dass es uns gelingen wird, auch Menschen, die vom Evangelium noch nichts wissen, von dessen Kraft zu überzeugen. ideaSpektrum 42.2011

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Welche Fehlentwicklungen sehen Sie in der Kirche? Ich sehe die Gefahr, dass wir uns als Kirche zu sehr um uns selbst drehen. Wir dürfen nicht die Gemeinschaft der Gleichgesinnten zum Zentrum unseres Gemeindelebens machen – und zu wenig zu den Menschen hingehen, die sich dieser Gemeinschaft nicht zugehörig fühlen.

Der große „Homo“-Streit – auch in Bayern Eines der aktuellen Streitthemen ist das neue EKD-Pfarrdienstrecht, das für das „familiäre Zusammenleben“ von homosexuellen Paaren im Pfarrhaus eine Lücke offenhält. Wie werden Sie bei der nächsten Synode im November darüber entscheiden? Mein Ziel ist es zunächst, dass die unterschiedlichen Positionen dazu ausgetauscht werden können, ohne dass man sich gegenseitig herabsetzt: Für die einen ist Homosexualität Sünde, die anderen setzen sich in dieser Frage für eine Liberalisierung ein. Beide Seiten orientieren sich mit ganzer Leidenschaft an der Bibel. Man kann also aus der gleichen Quelle zu einem unterschiedlichen Ergebnis kommen. Ich persönlich halte die Liberalisierung für richtig, weil ich aus der Begegnung mit homosexuell Lebenden die Erfahrung gewonnen habe, dass auch sie mit ganzem Herzen Christen sind. Wenn diese Menschen die Grundorientierungen der Ehe – Treue, Verlässlichkeit und Rücksicht – praktizieren wollen, sollten sie dies auch im Pfarrhaus tun können – auch wenn die homosexuelle Partnerschaft nicht zum Leitmodell werden kann. Wie kann man zu so unterschiedlichen Positionen kommen, wenn man sich mit der Bibel auf die gleiche Quelle beruft? Mit diesem Phänomen hat die Kirche zu kämpfen, seitdem sie besteht. Das gibt es auch bei vielen anderen Themen. Der Grund dafür ist klar: Wir haben ganz unterschiedliche Lebensgeschichten. Für mich ist die Begegnung mit homosexuell empfi ndenden Menschen ein ganz wesentlicher Punkt gewesen, um zu diesem Thema meine Position zu entwickeln. Ein ganz wichtiges, biblisches Prüfkriterium ist für mich: Kann ich alles, was ich zu diesem Thema denke, den Betroffenen auch ins Gesicht sagen? Das derzeitige Verfahren in der bayerischen Landeskirche sieht vor, dass jede Gemeinde darüber abstimmen muss, ob sie ein homosexuell lebendes Paar im Pfarrhaus zulassen will. Es ist in der Tat so, dass jeder Einzelfall geprüft wird. Gegen den Willen einer Gemeinde geht es nicht.

Wird Bayerns Landesbischof EKD-Chef? Sie sind noch nicht ins Amt eingeführt, da werden Sie in der „Zeit“ bereits als möglicher EKD-Ratsvorsitzender gehandelt. Diese Frage amüsiert mich! Sie interessiert mich in etwa so viel, als wenn in New York ein Fahrrad umfällt. Ich werde jetzt meine ganze Kraft als Landesbischof in Bayern ausüben – alles andere ist irrelevant. Vielen Dank für das Gespräch!

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Wer leitete im Auftrag Gottes? FÜHRUNG IN DER BIBEL In letzter Zeit gab es eine Reihe von Affären in diakonischen, kirchlichen und evangelikalen Einrichtungen. Liegt die Ursache an mangelhaft ausgebildetem Führungspersonal? So die These von Thorsten Alsleben in ideaSpektrum (6. Juli 2011, Seite 3). Er war ZDF-Korrespondent und ist jetzt HauptstadtRepräsentant der Unternehmens- und Personalberatung Kienbaum. Alsleben hat einmal nachgelesen: Wer leitete eigentlich in der Bibel – also im Auftrag Gottes? Allen biblischen Führungskräften ist gemein, dass sie – trotz Schwächen und zum Teil schlimmer Verfehlungen – eine enge Beziehung zu Gott hatten, zugleich jedoch selten zur geistlichen (heute würde man sagen theologischen oder kirchlichen) Elite gehörten. Es gibt Führungskräfte, die nach menschlichen Maßstäben sehr begabt waren (z. B. Joseph oder David), und solche, die als unbegabt beurteilt werden müssen (wie z. B. Mose) und trotzdem von Gott zu großen Aufgaben berufen wurden.

Joseph, der vorbestrafte Ausländer Joseph (1. Mose 37 ff.) wurde von seinen Brüdern als Sklave nach Ägypten verkauft. Aufgrund einer Intrige landete er im Gefängnis. Dort überzeugte er durch sein Talent (Traumdeutung), so dass sich der Pharao für ihn interessierte. Er gab dem Häftling eine Chance, obwohl er kein Ägypter, sondern ein Zuwanderer war. Er lud ihn zu einem Traumdeutungs-Test ein – sozusagen ein frühes „Assessment Center“, also ein Analyseverfahren für Bewerber. Diesen Test bestand Joseph mit Bravour, indem er nicht nur die Anforderung (Traumdeutung) erfüllte, sondern auch noch einen klugen strategischen Rat gab (einen Verwalter einzusetzen und Vorräte anzusammeln, damit man in mageren Jahren genug Nahrung hat). Mit

30 Jahren wurde also der vorbestrafte Ausländer Regierungschef in Ägypten. Er hatte einerseits einen vorurteilsfreien Vorgesetzten, andererseits war er selbst klug und fleißig.

David, der Schafhirte und große König Oder David. Eigentlich war er ein einfacher Schafhirte (1. Samuel). Aber er war mutig, klug und scheute sich nicht vor der Auseinandersetzung – sogar mit dem scheinbar übermächtigen Goliath. Er hatte vielfältige Begabungen, konnte singen, dichten (die Psalmen) und Harfe spielen, wurde zunächst Heerführer und nach einer durchaus turbulenten Entwicklung mit Karriererückschlägen sogar König – der erfolgreichste und wichtigste in der Geschichte Israels!

Mose lehnte seine Berufung vier Mal ab Viele biblische Führungspersonen wären freilich nach rein menschlichen Maßstäben wohl nicht ausgewählt worden. Das unterscheidet heutige Führungskräfte von biblischen bzw. göttlichen. Wenn Gott jemanden auserwählt hat, dann wird er es auch „schaffen“. Jesu Jünger etwa stammten nicht aus der akademischen Elite, sondern waren einfache Handwerker. Und ein besonders prominentes Beispiel für überraschende „Aufsteiger“ ist Mose: ein Totschläger, jähzornig, ohne großes Selbstbewusstsein – und zudem ein schlechter Redner. Er war selbst so wenig von seinen Führungsfähigkeiten überzeugt, dass er vier Mal ablehnte, als Gott ihn an die Spitze des Volkes Israel berufen wollte! Mose stimmt erst zu, als Gott ihm einen Stellvertreter zur Seite stellt – seinen Bruder Aaron. Er hat die Kompetenzen, die Mose fehlen: Aaron sollte als glänzender Rhetoriker Moses Anliegen und Anweisungen so kommunizieren, dass sie bei den Verhandlungspartnern (in dem Fall dem Pharao) und bei den eigenen Leuten gut ankommen.

Gute Mitarbeiter und stimmige Kommunikation sind nötig Auch das größte Führungsgenie kann nicht alles zu 100 % erfüllen. Defizite müssen ausgeglichen werden: durch andere Führungspersonen oder Mitarbeiter. Interessanterweise stellt Gott Mose keinen gleichberechtigten Führer an die Seite, sondern defi niert eine klare Hierarchie: Aaron soll zwar reden, aber Moses hat das Sagen. Zudem gehören Führung und gute Kommunikation zusammen. Der fühMose war – menschlich gesehen – unbegabt, aber Gott machte ihn zu einem der größten Führer Israels. Holzschnitt von J. Schnorr von Carolsfeld

Fotos: Mose/picture alliance; Alsleben/PR

1. Biblisches Führungsprinzip: die Gottesnähe

Thorsten Alsleben

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rungsstärkste Stratege wird scheitern, wenn er seine Ideen nicht „an den Mann“ bekommt, wenn also die Kommunikation nicht stimmt. Er kann dann zwar – wie Mose – trotzdem oberste Führungskraft werden, braucht aber einen herausgehobenen Kommunikator an seiner Seite.

2. Nachfolgeregelung

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kaum lösbare Aufgaben, an denen sie vor aller Augen scheitern sollen. Doch am Ende setzten sich Qualität und Gottesnähe durch: David wurde Sauls Nachfolger. Sauls Abgang wäre nicht schmachvoll, sondern ruhmreich gewesen, hätte er Davids Führungsqualitäten genutzt und geachtet, statt sie zu missachten und zu unterdrücken!

Ein wichtiger, leider bei christlichen Werken oft vernachlässigter Aspekt ist die Nachfolgefrage. In den Führungsgrundsätzen des Axel-Springer-Verlages („Die Welt“, „Bild“, „Hörzu“) heißt es: „Wir suchen nach Exzellenz und fördern vor allem Mitarbeiter, die besser sind als wir selbst.“ Ein hoher Anspruch, aber der einzig richtige, vor allem für Führungspositionen – auch und gerade in christlichen Werken. Wer hier bei der Führungsqualität schlampt, versündigt sich am Anliegen des Werkes – denn darunter leiden der Auftrag, die „Kunden“ und die Mitarbeiter.

3. Personalentwicklung

König Saul, der ängstliche Bremser

4. Forderungen an christliche Führungskräfte

Ein biblisches Beispiel dafür ist Israels erster König, Saul: Er hatte Davids Fähigkeiten erkannt und ihm sofort eine Führungsaufgabe gegeben. Als David besonders erfolgreich war (Sieg über Goliath), wurde er gefeiert – stärker als König Saul selbst. Doch statt sich zu freuen, dass er bei der Personalauswahl „ein gutes Händchen“ gehabt und sein Volk davon profitiert hatte, „ergrimmte Saul sehr“ (1. Samuel 18,8) und versuchte ihn sogar zu beseitigen nach dem Motto: erst gefeiert, dann gefeuert. Als ihm das nicht gelang, beförderte er ihn – als Heerführer im Krieg – in eine Position, von der er annahm, dass David sie nicht würde erfüllen können. Hier wird ein typisches Verhalten schwacher Führungskräfte deutlich: Entweder sie unterdrücken die besonders positiv auffallenden Leistungsträger und versuchen sie loszuwerden – oder sie geben ihnen

Jede Führungskraft muss immer noch besser werden. Wie ihre Kollegen in der Wirtschaft sollten Führungskräfte christlicher Einrichtungen daher • sich regelmäßig von Profis auf Stärken und Schwächen analysieren und dann coachen lassen. • sich mit anderen Führungskräften in Strategie-Klausuren begeben, um die Richtung zu definieren. • sich von Mitarbeitern, anderen Führungskräften und Kunden hinterfragen lassen. • weitere Führungskräfte und eventuelle Nachfolger in einem professionellen, objektiven Verfahren finden, analysieren und dann die passende Person einstellen. Von Gott kann man im geistlichen und weltlichen Leben viel lernen – auch für modernes Management. Gerade christliche Werke sollten das beherzigen! P

Der Bibel ist auch das Thema „Personalentwicklung“ wichtig. Denn bei fast allen erfolgreichen Führungskräften gibt es eine interessante Gemeinsamkeit, die auch für heutiges Führungspersonal gelten sollte: Sie führen nicht nur, sondern lassen sich führen – Christen natürlich von Gott. Er arbeitet mit ihnen, wenn sie sich von ihm bearbeiten lassen. Sie nehmen ihre Ämter nicht einfach an und operieren dann nach eigenem Gutdünken, sondern sind dann erfolgreich, wenn sie an und mit sich arbeiten – mit Gottes Hilfe.

Wer sollte christliche Werke leiten? FÜHRUNG HEUTE Trotz aller Kritik: Kirchliche bzw. freie christliche Werke werden nicht schlechter geführt als Unternehmen in der freien Wirtschaft. Dieser Ansicht ist – anders als Thorsten Alsleben im Artikel zuvor – Prof. Martin Beck. Der Diplom-Betriebswirt (FH) aus Pliezhausen bei Tübingen lehrt an mehreren Hochschulen und ist selbstständiger Unternehmensberater mit den Schwerpunkten Personalberatung und Krisenmanagement. Wer von „christlichen Werken“ spricht, verwendet einen unscharfen Begriff, der sich auf drei Gruppen von protestantischen Institutionen bezieht:

Foto: PR

1. Die Diakonie Die Diakonie in allen Rechtsformen und Unternehmensgrößen; sie sind von Größe, Struktur und Kultur sehr eng

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Martin Beck

mit dem Mittelstand verwandt. Diese Gruppe finanziert sich weit überwiegend aus staatlichen und kommunalen Mitteln sowie aus Versicherungsleistungen und hat sich gegenüber ihren Mitarbeitern auf die Zahlung kirchlicher oder weltlicher Tarife verpflichtet. Spenden werden gerne genommen, spielen aber keine maßgebliche Rolle bei der Finanzierung. O


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2. Freie christliche Organisationen Missions- und sonstige Werke in selbstständiger Rechtsform, die stark familiär und personal ausgerichtet sind. Beziehungen sind hier häufig wichtiger als Strukturen. Diese zweite Gruppe ist stärker von Spenden und freiwilligen Gaben abhängig und verlangt deshalb von ihren Beschäftigten häufig mehr Bescheidenheit bei der Gehaltsfindung – bis hin zur Gehaltskürzung, wenn der Mitteleingang schwankt.

3. Kircheneigene Werke

Der Ist-Zustand in allen Bereichen Für die Diakonie gilt weithin: Fachliche, persönliche und rechtliche Gesichtspunkte werden relativ sachlich behandelt und bewertet. Seiteneinsteiger sind eher selten, weil häufig rechtliche oder fachliche Voraussetzungen an ein Führungsamt geknüpft werden. Der Stahlbauer kann nicht einfach einen Kindergarten führen, und auch der beste Wirtschaftsjurist wird sich im Pflegeheim schwertun. Die freien Werke wiederum wählen ihre Führungsleute sehr beziehungs-, personal- und vertrauensorientiert aus. Sie sind offen für Seiteneinsteiger, die innerlich dem Werk nahestehen, aber aus ganz anderen Berufsfeldern kommen. Bei den kirchlichen Werken gelten Stellenpläne und hierarchische Regeln. Hier ist wenig Spielraum.

Macht die Wirtschaft wirklich alles besser? Immer wieder ist von „Skandalen“ bei christlichen Werken die Rede – wenn etwa Führungskräfte der Diakonie aus dem Amt entfernt werden mussten. Die Behauptung, dies sei nur „die Spitze des Eisbergs“ darf aber guten Gewissens bezweifelt werden! Und dass Fehlbesetzungen auch in der Wirtschaft immer wieder vorkommen, lehrt der Blick in den Wirtschaftsteil vieler Zeitungen: Die Verweildauer von Vorständen in Aktiengesellschaften ist dramatisch zurückgegangen, und auch bei erstklassigen Adressen der deutschen Wirtschaft werden kaum vorstellbare Fehlentschei-

dungen getroffen. In der Sozialwirtschaft dagegen verweilen Führungskräfte relativ lange, und die Zahl der krassen Fehlsteuerungen ist überschaubar – und in ihren wirtschaftlichen Auswirkungen zudem eher marginal.

Insider oder Quereinsteiger? Sollte man bei der Einstellung Insider oder Seiteneinsteiger bevorzugen? Es gibt keine goldene Regel. In der Diakonie etwa muss von völlig branchenfremden Kandidaten eher abgeraten werden. Deren Risikopotenzial beim Wechsel ist sehr hoch. Generell gilt: beides! Führungskräfte von „draußen“ können sehr belebend wirken. Sie brauchen aber lange, bis sie sich zurechtfinden, und die Gefahr des Scheiterns ist wegen der unterschiedlichen Unternehmenskulturen hoch. Insider können sofort starten und kennen die Rechtsund Kulturlage – sie sind aber womöglich zu sehr vernetzt oder gedanklich zu wenig unabhängig.

Wo gibt es Freiräume? Was sind die gesetzlichen Vorgaben? Wie groß sind die Freiräume bei der Besetzung von Führungspositionen? Prinzipiell sind die meisten christlichen Werke völlig frei in der Wahl ihrer Führungskräfte, soweit dem nicht arbeitsrechtliche, kirchenrechtliche oder fachliche Grundsätze entgegenstehen. Die Satzung bestimmt, wer für die Besetzung solcher Positionen und auch – im Konfliktfall oder bei Schlechtleistung – für die Entfernung von solchen Stellen zuständig ist. Das ist häufig ein Aufsichtsgremium, manchmal auch ein ehrenamtlicher Vorstand, wenn die Führungsposition nicht „Organ“ des Rechtsträgers ist. Bei Stellen, die nach Tradition oder Satzung Theologen vorbehalten sind (zum Beispiel den Vorstandsvorsitzen von vielen Diakonissenhäusern) gibt es landeskirchliche

Karikatur: Waldemar Mandzel

Kircheneigene Werke unter der direkten Verantwortung der Kirchenleitung; sie sind bürokratisch strukturiert und stark an staatlichen Behörden, weniger an bürgernahen Kommunen ausgerichtet. Sie sind auf den ersten Blick besonders sicher, aber diese Sicherheit hängt vom kirchlichen Steuereingang ab und muss mit den Folgen von schwer berechenbaren Synodal- und Kirchenleitungsbeschlüssen bezahlt werden. Auch hier werden feste Tarife bezahlt. Diese drei Typen von „kirchlichen Werken“ müssen bei der Betrachtung streng voneinander unterschieden werden. Sie haben kaum Gemeinsamkeiten – weder in der Organisation noch in der Finanzierung noch in der Personalstruktur und übrigens auch nicht in ihrer Zielsetzung. Alle Werke zusammen beschäftigen in Deutschland weit über eine halbe Million Menschen und tragen mit einem Milliardenumsatz zur Wertschöpfung in der Volkswirtschaft bei.

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Unterschiede. In manchen Kirchen haben die Gremien freie Hand, in anderen gibt es diskrete oder auch offensichtliche Einflussnahme von Bischöfen oder anderen Kirchenführern. Dies ist aus unternehmerischer Sicht kritisch zu sehen, weil hier Leute agieren, die im Ernstfall nicht für ihre Taten haften. Wo das kirchenpolitisch möglich ist, sollten solche Eingriffe zurückgewiesen werden!

Klüngelei ist selten Handeln gerade christliche Einrichtungen bei der Auswahl ihres Führungspersonals besonders unprofessionell – bis hin zu Netzwerken oder Klüngelei? Dieser Vorwurf kann aus dem Sozialmarkt nicht bestätigt werden. Natürlich werden für fachlich ausgewiesene Stellen auch entsprechende Fachleute gesucht. Einzig bei Theologenstellen gibt es manchmal eigentümliche Besetzungsprozesse, bei denen sich Landeskirchen, Bischöfe oder Ordinariate ins Zeug legen, um „ihre“ Kandidaten durchzubringen. Diese Theologenstellen machen jedoch einen verschwindend geringen Prozentsatz der Spitzenpositionen von Diakonie und Caritas aus.

Erwartungen an die Führung christlicher Werke In den seltensten Fällen ist genau beschrieben, was von einer Führungskraft in einem christlichen Werk erwartet wird. Deshalb bleibt viel Platz für Spekulationen, Interpretationen, Umdeutungen und Missverständnisse – selbst bei bestem Willen aller Beteiligten. Trotzdem sei hier ein kleiner und unvollständiger Katalog genannt: Christliche Führungspersönlichkeiten sollten • glaubwürdig und berechenbar • tüchtig und menschenfreundlich zugleich • sensibel und durchsetzungsfähig • fromm und nüchtern • menschlich zu Mitarbeitern und zugleich klar in der Verfolgung ihrer Ziele • herausfordernd in der Personalführung und • transparent, aber konsequent sein. Das ist zweifellos eine ideale Vorstellung, die in der „freien Natur“ nicht sehr häufig vorkommt.

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Die Theologen sind eine besondere Spezies Spielen Theologen eine übergroße Rolle in kirchlichen Sozialunternehmen? Wohl kaum. Und wenn schon: Entweder sie sind gut (weil häufig doppelt qualifiziert) – dann ist alles wunderbar –, oder sie sind es nicht (wie viele Titel und Abschlüsse sie auch vorweisen oder wie toll sie auch predigen mögen) – dann werden sie sich heutzutage nicht mehr lange auf ihrem Posten halten können. Dafür sorgen schon die sehr selbstbewusst gewordenen Aufsichtsräte.

Nicht zuletzt: das liebe Geld Wer nach mehr Wirtschaftsführern in christlichen Werken ruft, muss auch sagen, wie sie bezahlt und wovon sie finanziert werden sollen. Es gibt nämlich ein gewaltiges Gefälle zwischen Wirtschaftsunternehmen und vergleichbar großen Sozialwerken! In der mittelständischen Wirtschaft ist es in Ordnung, wenn der Chef das fünf- oder zehnfache eines Facharbeiters verdient – in großen Konzernen nicht selten sogar das Hundertfache. In der Wohlfahrtspflege sind solche finanziellen Anreize für Führungskräfte undenkbar – obwohl an sie die gleichen Anforderungen gestellt werden wie an ihre Kollegen aus der Wirtschaft: Sie sollen die Mitarbeiter mit nach vorne nehmen, den Ruf des Werkes halten – oder sogar noch verbessern – und am Ende ein gutes Wirtschaftsergebnis abliefern. Immer mehr Führungskräfte finden sich zudem in 5-Jahres-Verträgen wieder, die ihre Aufsichtsgremien ohne Angabe von Gründen auslaufen lassen können. Einen erfolgreichen Industriemanager dürften solche Aussichten kaum dazu veranlassen, seinen Posten zugunsten eines Jobs in einem christlichen Werk zu verlassen.

Was sich ändern sollte: 1. Bei der Suche Fachleute zu Rate ziehen Das Suchen und Finden von Führungskräften ist ein schwieriges Geschäft, das viel Arbeit macht und bei dem man trotz besten Willens viele Fehler machen kann. Es ist kein Zeichen von Schwäche, wenn sich Aufsichtsgremien dabei von Fachleuten unterstützen lassen.

Erfolg und Misserfolg bei christlichen Werken

2. Nur „fromm“ reicht nicht, nur „professionell“ auch nicht

Das Führungsgeschäft ist in allen drei erwähnten Typen von christlichen Werken in der Regel eine sehr nüchterne Tätigkeit, die sich zwischen Satzung und Recht, Einfluss und Macht, Wünschen und Möglichkeiten, fi nanziellen Zwängen und kirchlich-diakonischem Auftrag bewegen muss. Was man messen kann, dient als Erfolgsmaßstab: Umsatz, Besucher, Patienten, angeworbene Fremdmittel etc. Was sich schwer oder gar nicht messen lässt, wird entweder mit Hilfsinstrumenten wie der Balanced Score Card bewertet – einer Methode zur Bewertung der verschiedenen Erfolgsdimensionen eines Unternehmens, zu denen auch immaterielle Dimensionen gehören können –, oder frei eingeschätzt.

Weil das Führungsgeschäft in der Diakonie und in christlichen Werken eine sehr nüchterne Aufgabe ist, sollten zunächst fachliche Auswahlkriterien im Vordergrund stehen. „Nur fromm“ reicht nicht, um ein großes Werk zu leiten, „nur professionell“ allerdings auf die Dauer auch nicht.

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3. Nicht die Rollen verwischen Aufsichtsgremien und Führungskräfte bilden eine Machtbalance, die im besten Fall einigermaßen ausgewogen ist. Sie müssen eng zusammenarbeiten, aber sie dürfen nicht kungeln und die Rollen verwischen. Es hilft dabei, eine gewisse Distanz zu wahren. Wenn sich alle mögen und alle duzen, wird gelegentlich auch strenge Begleitung schwierig. P


net F O R U M F Ü R J U N G E C H R I S T EN

BETEN Hast Du das Gefühl, dass Deine Gebete wenig bewirken? Diesen Eindruck hatten vor 12 Jahren auch junge Leute in England. Sie begannen, ihre Gebete auf kreative Weise auszudrücken – und schafften so den Beginn der weltweiten „24-7-Prayer“-Bewegung. Simon Jahn stellt sie vor.

Was passieren kann, wenn junge Leute beten 1999

stießen im südenglischen Chichester ein paar junge Christen auf die Idee der Gebetskette von Nikolaus Ludwig Graf von Zinzendorf (1700–1760): Von 1727 an hatten im sächsischen Herrnhut (einem kleinen Ort östlich von Dresden) über 100 Jahre lang Christen rund um die Uhr gebetet. Sie unterteilten die Tage in stündliche Gebetszeiten, für die sich jeweils zwei Teilnehmer pro Stunde eintrugen. In den folgenden Jahrzehnten ereignete sich in dem Ort ein großer geistlicher Aufbruch, Hunderte Missionare wurden ausgesandt.

Von Herrnhut rund um die Welt Diese Kraft des Gebets wollten nun auch die jungen Engländer erleben. Sie beschlossen, einen Monat lang ununterbrochen zu beten. Sie richteten sich einen Gebetsraum ein, in dem sich die Beter stündlich ablösten. Um ihre Gebete auf besondere Art auszudrücken, brachten sie Farben, Papier, CDs und Instrumente mit in den Raum. Während der Gebetszeiten wuchs ihre Begeisterung, so dass sie letztendlich sogar drei Monate am Stück beteten! Andere hörten davon und wurden von der Leidenschaft der jungen Briten angesteckt. Schnell fand die Idee Nachahmer auch außerhalb der Insel. Inzwischen haben mehrere Zehntausend Beter in über 100 Ländern an solchen „24-7-Gebetsket-

B e su cht uns au ch au f

ten“ (24 Stunden, 7 Tage) teilgenommen. Allein in Deutschland richten jährlich rund 100 Gruppen für eine Woche einen 24-Stunden-Gebetsraum ein. Dafür muss man nur genügend Leute motivieren, einen Raum zum gemütlichen Gebetszimmer umgestalten, die „Gebetsschichten“ verteilen und sich auf der Internetseite www.24-7prayer.de eintragen. Konfession, Alter und Herkunft sind unerheblich. Einzige Voraussetzung: Jesus Christus muss im Mittelpunkt stehen.

Jeder kann mitmachen Wie vielfältig die Glaubensschattierungen in der Bewegung sind, zeigte sich beim 24-7-Prayer-Europatreffen Mitte Oktober in Frankfurt am Main: Da beteten Darmstädter Marienschwestern, evangelische Landeskirchler und evangelikale Jesus Freaks einträchtig miteinander. Dass neben dem Gebet auch Mission und soziale Gerechtigkeit zu den Grundwerten der Bewegung zählen, wurde bei diesem Treffen unter dem Motto „Aufstehen“ besonders betont. Der Engländer Brian Heasley vom internationalen Leitungsteam rief die rund 350 Teilnehmer dazu auf, einen „Lebensstil des Antwortens“ zu pflegen: „Wir empfangen Segen nicht, um ihn für uns zu behalten, sondern um ihn an die weiterzugeben, die nicht an Jesus Christus glauben.“

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Beten auf der Party-Insel Ibiza Für Heasley sah dieses „Senden“ so aus: Vor sieben Jahren hatten er und seine Frau den Eindruck, dass Gott sie auf die „Party-Insel“ Ibiza ruft. Sie richteten dort ein kleines Zentrum ein, in dem Gäste beten, entspannen und ins Gespräch kommen können. Außerdem gehen sie und ihr Team nachts in die Clubs, bringen Betrunkene nach Hause und sprechen auf der Straße Leute an, ob ihnen etwas auf dem Herzen liegt, für das sie beten können. „Das Überraschende ist, dass uns jeden Sommer über 1.000 Leute ihre Gebetsanliegen anvertrauen!“, so Heasley. Für junge Menschen ist 24-7 Prayer so anziehend, weil sie Gebet dort ganz neu entdecken können. „Jugendliche glauben heute nicht weniger an Gott – aber sie glauben nicht mehr an die Kirche. 24-7-PrayerGebetsräume bieten ihnen alternative Orte, um Gott zu begegnen“, sagt Heasley. Wer sein Gebetsleben auffrischen will, sollte seine Jugendgruppe oder Gemeinde mobilisieren und mitmachen! Denn: „Gott handelt, wenn wir uns bewegen“, sagt Heasley. Die Geschichte von 24-7 Prayer beschreibt Pete Greig im Buch „Red Moon Rising“ 272 S. • SCM R. Brockhaus • 9,95 EUR/14,98 SFr. ISBN: 978-3-417-20735-4

b www.24-7prayer.de

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DI E K LE I N E K A NZ E L

» Meine Hilfe kommt vom HERRN, der Himmel und Erde gemacht hat. «

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Dr. Ingo Friedrich (Babenhausen bei Frankfurt am Main) ist Rechtsanwalt.

Psalm 121,2

Foto Friedrich/privat

Gott regiert die Welt – nicht das Geld! Geht uns bald das Geld aus? Die abendlichen Nachrichten beunruhigen auch die robusten Gemüter unter uns. Die Welt befindet sich in einer tiefen Finanzkrise, deren Kontrolle selbst den Fachleuten entglitten zu sein scheint. Computer entscheiden in Bruchteilen von Sekunden über Kauf und Verkauf von Summen, die wir uns im Traum nicht vorstellen können. Einfache Zusammenhänge nach dem Motto „Wenn ich das tue, dann passiert jenes“ gibt es nicht mehr. Der Geist „Mammon“ ist aus der Flasche. Wir haben uns verrannt. Die Bibel sagt uns, dass Sicherheit und Geborgenheit nur bei dem allmächtigen Gott zu finden sind: „Der Höchste ist deine Zuflucht“ (Psalm 91,9). Und Gott möchte, dass wir ihm aus freier Entscheidung unser Vertrauen schenken. Vertrauen wächst, wo ich einen Schritt nach vorne wage, ob-

wohl ich das andere Ufer noch nicht sehe. Das fordert unsere Gefühle ganz schön heraus. Wir sagen Ja zu unserer Hilflosigkeit und liefern uns voller Vertrauen dem aus, der das ganze Weltall erdacht hat – und fest in seinen Händen hält. Dann gewinnt vieles Alltägliche ganz neue Bedeutung, und wir merken, dass wir früher Lug und Trug aufsaßen. Der Nachbar, der uns zulächelt, wird uns durch die Finanzkrise nicht genommen. Ein Sonnenuntergang, ein saftiger Apfel und das Gras unter unseren nackten Füßen bleiben wertvoll, auch wenn die Depots schrumpfen und der Rentenbescheid mager ausfällt. Wir haben dem Mammon den falschen Stellenwert eingeräumt, deshalb konnte er so viel Macht über uns gewinnen. Es ist höchste Zeit umzukehren. Über wenig hat Jesus so viel gesprochen wie über Geld. Er wusste warum! P

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PORTRÄT

Leben auf Kredit – für Peter aus Siebenbürgen GOTTVERTRAUEN Ein Ehepaar aus Nordhorn hat dafür gesorgt, dass ein krebskranker Junge aus dem rumänischen Siebenbürgen in Deutschland behandelt wird. Das hat 90.000 Euro gekostet. Warum die Christen das Geld aus eigener Tasche vorgestreckt haben, erfuhr idea-Redakteur Klaus Rösler.

Unbeschreibliche Not in Rumänien Glücklicherweise sind Julia und Sandor Egyed mit den Metelerkamps befreundet. Und das kam so: 1993 gab ein Studentenchor der Theologischen Fakultät in Klausenburg (Cluj) ein Konzert in Nordhorn. Für die Sänger wurden Privatquartiere gesucht. Die Metelerkamps meldeten sich – und lernten so die Egyeds kennen. Die Familien

blieben in Kontakt. Ohnehin interessieren sich Gesine und Hermann Metelerkamp sehr für Land und Leute in Rumänien. Schon nach dem Fall des Eisernen Vorhang wollten sie sich als Mitglieder der Altreformierten Gemeinde darüber informieren, wie es den Christen in Siebenbürgen geht. Sie fuhren hin – und waren schockiert über die Armut. „Die konnten alles gebrauchen, was man hier einfach wegschmeißt“, heißt es rückblickend. Deshalb begann Hermann Metelerkamp, den Menschen dort zu helfen. Bis zu sechs Transporte mit Hilfsgütern organisiert er seitdem jedes Jahr.

Zeitungsleser spenden 55.000 Euro Als Metelerkamps von Peters Erkrankung erfuhren, fanden sie bei Recherchen im Internet heraus, dass seine Überlebenschance bei einer Behandlung in Deutschland bei 93 % liegt! Das Problem: Weil Peter nicht in Deutschland krankenversichert ist, musste das Geld für eine weitere Operation und die Chemo-Therapie vorgestreckt werden. Das Ehepaar nahm einen Kredit über 70.000 Euro auf, erbat 10.000 Euro von einem Freund und

Peter, seine Mutter Julia (r.) und das Ehepaar Hermann und Gesine Metelerkamp

leerte außerdem seinen „Sparstrumpf“. Hermann Metelerkamp kümmerte sich darum, dass die Uniklinik in Münster den Jungen behandelt. Eine Bleibe fanden Mutter und Sohn bei einer ungarischen Ärztin. Die Baptisten in Münster sorgten dafür, dass über den Fall in der Lokalpresse berichtet wurde: Innerhalb weniger Tage spendeten die Leser daraufhin 55.000 Euro! Und wenn die Familie auf den Schulden sitzen geblieben wäre? Für den Familienvater stellt sich diese Frage nicht. Er habe das gemacht, was ihm sein Gewissen – und damit Gott – aufgetragen hat: „Du kannst als Christ viel reden, aber wenn du dich anders verhältst, kannst du deinen Glauben vergessen! Dann bist du unehrlich. Und das geht nicht!“ Entscheidend ist für ihn das Leben des Jungen: Peter ist auf dem Weg der Besserung. P

Foto: Jürgen Lüken

„Es darf nicht sein, dass ein Junge in Europa keine Überlebenschancen hat, nur weil das Geld nicht da ist!“ Hermann Metelerkamp ist empört. Deshalb kümmerte sich der Vermessungsingenieur um den krebskranken Peter Egyed aus Olteni bei Kronstadt (rumänisch: Brasov). Im Juni dieses Jahres bekam der 14-Jährige plötzlich starke Kopfschmerzen. Im Computer-Tomographen entdeckten die Ärzte einen bösartigen Tumor am Kleinhirn. Da man vor Ort keine Spezialisten hatte, wurde Peter im Nachbarland Ungarn operiert. Den Eltern sagten die Ärzte, dass ihr Sohn lediglich eine Chance von 3 bis 5 % habe, noch länger als fünf Jahre zu leben. Was tun?

DAS WORT DER WOCHE » Wir müssen neu lernen, vom Gericht Gottes zu sprechen. Allerdings sollten wir damit nicht unseren Zorn über Menschen, die uns nicht gefallen, zum Ausdruck bringen. Die biblischen Gerichtstexte gelten zunächst immer uns selbst, sie sollen uns zur Besinnung rufen. « Der ab 1. November amtierende neue Landesbischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern, Heinrich Bedford-Strohm, gegenüber idea.

ideaSpektrum 42.2011


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