Idea Spektrum Schweiz 12/2012

Page 1

12 21. März 2012

Nachrichten und Meinungen aus der evangelischen Welt

www.ideaschweiz.ch

Einzelverkaufspreis: CHF 4.–

Die Kirche entdeckt das Heilen

Pfarrer und „tecum“-Leiter Thomas Bachofner über Heilungsgebete und eine Garantie für leidende Menschen

Seite 4

7 Hans-Ulrich Bigler: Gewerbechef 12 Werte-Forum: Jürg Opprecht hofft baut auf eine Strategie mit Gott

auf Neuorientierung der Schweiz

8 Cevi-Tag: 100 Jungscharen werben 28 Lebensfreude: So fand ein blinder 9 Kopten: Jeden Tag wird in Ägypten ein christliches Mädchen entführt

inspirierend.

brasilianischer Junge sein Glück

30 Pro und Kontra: Brauchen auch

die Juden Jesus zu ihrem Seelenheil?

Reklame

mit packenden Freizeitprogrammen

www.meinseminarhotel.ch


2

I NSE R AT E



elfen: h ie S n e lf He jektpate.

   

Werden Sie

Pro

und.ch www.tear4f47 44 00 Tel.: 044

     

 





 



Eine LEBENS-Schule, anders als erwartet! Pfingstkonferenz

Jahresschule

Tag der Erneuerung Heilungswochenende mit Dr. Arne Elsen

sfhg.ch

Wir suchen Dich!

Wir suchen Dich! Wir sind eine lebendige Kirchgemeinde mit rund 11 000 Mitgliedern, aufgeteilt in vier Kirchenkreise. Ein grosses Team, bestehend aus Pfarrpersonen, sozialdiakonischen Mitarbeitenden, Wir sind eine lebendige Kirchgemeinde mitVerwaltungsrund 11'000 Mitgliedern, aufgeteilt in vier Kirchenkreise. Ein Jugendarbeiter, Unterrichtenden, und Sekretariatsmitarbeitenden teilt sich in grosses Team, bestehend aus Pfarrpersonen, sozialdiakonischen Mitarbeitenden, Jugendarbeiter, Unter- sowie die vielseitigen Aufgaben. Ein engagierter Kirchgemeinderat und Fachkommissionen richtenden, Verwaltungsundentscheidend Sekretariatsmitarbeitenden teilt sich in die vielseitigen Aufgaben. Ein engaviele Freiwillige tragen mit. gierter Kirchgemeinderat Fachkommissionen sowie viele wird Freiwillige tragen entscheidend mit. Im Team der Kinder-,und Jugendund Familienarbeit infolge Mutterschaft eine Stelle frei! Deshalb suchen eine und engagierte Im Team der Kinder-,wir JugendFamilienarbeit wird infolge Mutterschaft eine Stelle frei! Deshalb suchen

Jugendarbeiterin 70% Jugendarbeiterin 70% wir eine engagierte

Aus Gründen der Teamzusammensetzung (2 Jugendarbeiter mit total 90%) bevorzugen Aus eine Gründen derzwischen Teamzusammensetzung (2 Jugendarbeiter mit total 90%) bevorzugen wir eine Frau zwi-nach wir Frau 25 und 40 Jahren. Der Stellenantritt erfolgt auf 1.9.2012 oder schen 25 und 40 Jahren. Der Stellenantritt erfolgt auf 1.9.2012 oder nach Vereinbarung. Vereinbarung. Dein Profil Dein Profil  Du Du hast theologische, pädagogische oder soziale Ausbildung vielfältige Erfahrungen in kirchli• hasteine eine theologische, pädagogische oder sozialeund Ausbildung und vielfältige Erfahrcher Kinderund Jugendarbeit. ungen in kirchlicher Kinder- und Jugendarbeit.  Du Du bist Teenager und Jugendliche in ihrer Lebenswelt ernst zu nehmen und zu es macht dir Freude, • bistbereit, bereit, Teenager und Jugendliche in ihrer Lebenswelt ernst nehmen und es macht sie zu begleiten, ermutigenfördern, und ihnenermutigen etwas zuzutrauen. dir Freude, siefördern, zu begleiten, und ihnen etwas zuzutrauen. • bistimim christlichen Glauben verwurzelt schätzt die evangelisch-reformierte Landes Du Du bist christlichen Glauben verwurzelt und schätztund die evangelisch-reformierte Landeskirche.  kirche. Du bist flexibel für unregelmässige Arbeitszeiten (Abende, Wochenenden, Lagerwochen). • bistSozialflexibel unregelmässige Arbeitszeiten (Abende, Wochenenden,  Du Du hast undfür Selbstkompetenz, viel Initiative, Kreativität, Humor und bist belastbar. Lagerwochen). • Du hast Sozial- und Selbstkompetenz, viel Initiative, Kreativität, Humor und bist belastbar. Deine Aufgaben

Deine Aufgaben  Mitgestaltung der Jugendgottesdienste • der Jugendgottesdienste  Mitgestaltung Begleitung verschiedener Teams (Jugendgruppe, Hauskreise, Ten Sing, Tanzgruppe Roundabout u. a.) • verschiedener Hauskreise, Ten Sing, Tanzgruppe Round Begleitung Haupt- und Mitleitung von LagernTeams (Action(Jugendgruppe, Camp, Konflager, u.a.) about u. a.)  Vernetzung mit anderen Angeboten der Kirchgemeinde und der KUW • Haupt- und Mitleitung von Lagern (Action Camp, Konflager, u.a.)  Mitwirkung in und Entwicklung von neuen Projekten • Vernetzung mit anderen Angeboten der Kirchgemeinde und der KUW AlsMitwirkung Arbeitgeberin in bieten dir Freiraum, EntwicklungsGestaltungsmöglichkeiten. In deiner Arbeit • undwirEntwicklung von neuenund Projekten wirst du vom Fachteam, den Behörden und einem Netz von freiwilligen Mitarbeitenden unterstützt. Wir bie-

Als Arbeitgeberin bieten wir dir Freiraum, Entwicklungsund Gestaltungsmöglichkeiten. ten dir zeitgemässe Anstellungsbedingungen und eine gute Infrastruktur. In deiner Arbeit wirst du vom Fachteam, den Behörden und einem Netz von freiwilligen Wir freuen uns über deine Bewerbung mit den üblichen Unterlagen. Diese erwarten wir bis spätestens am Mitarbeitenden unterstützt. Wir bieten dir zeitgemässe Anstellungsbedingungen und eine 18. April 2012 an folgender Adresse: Kirchgemeinde Steffisburg, Fachkommission Kind, Jugend und Famigute Infrastruktur. lie, Walkeweg 1, 3612 Steffisburg. Wir freuen uns über deine Bewerbung mit den üblichen Unterlagen. Diese erwarten wir bis Für Auskünfteam wende bitte an den Pfr. Lukas Mühlheim, 033 438 29 33 oder den Präspätestens 18.dich April 2012 anFachteamleiter, folgender Adresse: Kirchgemeinde Steffisburg, Fachkommissisidenten Fachkommission, Rainer Schmid, 0331,438 37 83. on Kind,der Jugend und Familie, Walkeweg 3612 Steffisburg. Für Auskünfte wende dich an den Fachteamleiter, Lukas Die Vorstellungsgespräche findenbitte am Donnerstag, 26. April 2012 ab Pfr. 16 Uhr statt.Mühlheim, 033 438 29 33 oder den Präsidenten der Fachkommission, Rainer Schmid, 033 438 37 83. Die Vorstellungsgespräche finden am Donnerstag, 26. April 2012 ab 16 Uhr statt.

011-2012_Ref-Steffisburg.indd 1

12.03.12 10:49

Bild: Oli Rust, TearFund Schweiz

Schule für Heilung Gwatt / Thun Gwat

Ihre Hilfe schenkt Hoffnung. Mit nur CHF 30.- pro Monat schenken Sie Hoffnung, die weitergeht. Als Projektpate sind Sie am Puls der Veränderung und hören bewegende Geschichten. Informieren Sie sich jetzt über unsere aktuellen Projektpatenschaften in Afrika, Asien und Südamerika. Helfen Sie helfen. Werden Sie Projektpate.

Ein Hilfswerk der Schweizerischen Evangelischen Allianz | www.tearfund.ch Josefstrasse 34 | 8005 Zürich | PC-Konto 80-43143-0 | Vermerk «A3021»

idea Spektrum 12.2012


G RÜ e z i

Ganzheitlich gesund Heilt Gott auch heute noch? Für die einen ist das Thema Heilung tabu, für die anderen ein «Muss». Landes- und freikirchliche Gemeinden sind herausgefordert. Das verdeutlicht eine Initiative der Evangelischen Landeskirche des Kantons Thurgau. Pfarrer Wilfried Bührer, Kirchenratspräsident der Evangelischen Landeskirche Thurgau, bringt es auf den Punkt und will das Feld nicht esoterischen oder extremen christlichen Gruppierungen überlassen: «Das Thema Heilung wird, obwohl es ein sehr biblisches Thema ist, häufig etwas stiefmütterlich behandelt. Und wenn extreme Gruppen damit Schlagzeilen machen, ist das auch nicht unbedingt der Sache gedient oder im Sinn der Bibel.» Wichtige Aspekte rund um ganzheitliche Heilung werden deshalb von «tecum», dem Zentrum für Spiritualität, Bildung und Gemeindebau der Evangelischen Landeskirche des Kantons Thurgau, neu in den Focus gerückt. «tecum»-Leiter und Pfarrer Thomas Bachofner geht voran. Über seine Beweggründe und Erfahrungen gibt er in dieser Ausgabe Aufschluss (Seite 4). Persönlich wurde mir an einem Seminar von «tecum» in unserer Kirchgemeinde neu bewusst, was das Zusammenspiel von Körper, Seele und Geist bedeutet. Der Körper, unser «handfester» Teil, wird stark beeinflusst von unserer Seele, unseren Gefühlen. Wer sich aber von Gefühlen bestimmen lässt, läuft Gefahr, Gefangener seiner selbst zu werden. Gefühle können unser Selbstbewusstsein mindern, machen gewisse Umstände zu einer schweren Last, lassen

uns unversöhnlich sein oder führen dazu, dass wir uns selber oder anderen etwas nachtragen. All dies wirkt sich hinderlich in unserem Leben, ja oft auch belastend auf unseren Körper aus. Da braucht es die dritte Dimension: die Ebene des Geistes, den ich als die direkte Verbindung zu Gottes Geist erlebe. Wie befreiend, wenn Gott seine Wahrheit durch seinen Geist direkt in meinen Geist hineinspricht und ganzheitlich heilt! Das darf ich immer wieder erleben, körperlich und psychisch: Gott heilte mich von einem chronischen Ohrenleiden, und er setzte in mir ungeahntes Potenzial frei – ein Wachstumsprozess übrigens, der nie aufhört. Die psychologische Beraterin Ruth Mühlemann bestätigt dies. Sie ist immer wieder tief berührt, wie sich Menschen öffnen und wie Anliegen im persönlichen Gebet «nüchtern und realistisch» mitgetragen werden. Der Glaube könne helfen, psychologisch ergründete Erkenntnisse besser zu verarbeiten. Zudem sei es wichtig, dass Menschen im Alltag in Kirchgemeinden einen geschützten Rahmen vorfänden, wo der Heilungsprozess weitergehen könne. Das entspricht ganz dem biblischen Auftrag an die Gemeinden: Im Jakobusbrief werden Gemeindeglieder herausgefordert, zusammen mit Gemeindeleitern Heilungsgebet und Vergebung in Anspruch zu nehmen und Vergebung zu üben – einer der wichtigsten Schlüssel, damit Gott unseren Geist und unsere Gesundheit ganzheitlich erneuern kann!

BiBlisch Ein Lieblingsbibelwort von Frédéric Guerne, Gründer der «Digger»-Minenräumtechnologie, Direktor der Stiftung «Digger DTR», die Hilfsprojekte im Bereich der Minenräumung fördert, Courtelary BE:

«Jenen, die Gott lieben, müssen alle Dinge zum Besten dienen.» (Römer 8,28) «Seit 14 Jahren bin ich in der Konstruktion und dem Einsatz von humanitären Minenräumgeräten tätig. Ich bin überzeugt, dass Gott mich mit meinen Veranlagungen und Empfindungen an meinen jetzigen Wirkungsort geführt hat. Der Vers erinnert mich daran, dass Gott nie in den Ferien ist. Wir meinen oft, dass ‹gut› so etwas bedeutet wie ‹angenehm›. Ich möchte vermehrt erkennen, dass ‹gut› für Gott ‹das Beste› meint. Im täglichen Einerlei realisiere ich immer wieder, was für Gott die wichtigste ‹Baustelle› ist, nämlich unser Herz. Der Schöpfer will uns begegnen und Leben wecken, täglich neu. Wir dürfen uns geliebt wissen – nicht, weil wir so vieles ‹gut› machen, sondern weil wir in Gottes Augen unendlich wertvoll sind.»

WöRtlich «Was ist denn so schlimm daran, wenn Menschen den christlichen Glauben annehmen? Meine Beobachtung: weniger Drogen, Gewalt, Kriminalität, mehr Freundlichkeit, Ehrlichkeit und Rücksichtnahme. Wünschen wir uns das als Gesellschaft und Einzelperson nicht?» Barbara Ruth Schatzmann aus Riggisberg BE in einem Leserbrief in der «NZZ am Sonntag». Das Blatt hatte polemisch über einen «evangelikal geprägten» Gottesdienst am Engadiner Ski-Marathon berichtet.

Praktisch

ROMAN SALZMANN

Der Autor ist Kommunikationsberater und Präsident der Evangelischen Kirchgemeinde Bischofszell-Hauptwil.

www.igw.edu Reklame

idea Spektrum 12.2012

3


4

BR E N N P U N K T

«Jesus hat uns beauftragt, die Kranken zu heilen» HEILUNGSGEBET Eine körperliche Heilung ist die Ausnahme, und doch lohnt sich das Gebet für Kranke und Leidende.

Das stellt Pfarrer Thomas Bachofner fest. Der Leiter von «tecum», dem Zentrum für Spiritualität, Bildung und Gemeindebau der Evangelischen Landeskirche Thurgau, baut stark auf das Gebet um Heilung. Er gibt auch eine Garantie ab. Wann haben Sie selber zum letzten Mal ein Heilungsgebet beansprucht? Thomas Bachofner: Das war letzte

das Evangelium zu verkündigen und die Kranken zu heilen. Er behält das Charisma der Heilung nicht bei sich. Es gehört zur Ausbreitung des Reiches von Gott. Wir sind als Jesu Nachfolger auch in diesen Dienst gerufen.

Woche. Es gibt im Thurgau eine Gruppe von Leuten, welche die Schule für Heilung in Thun besucht haben und sich nun monatlich treffen. Wir können in dieser Gruppe gerade auch seelische Verletzungen, die wir vielleicht aus unserer Biografie mitbringen, vor Gott bringen.

Wie war die Resonanz auf Ihr Seminar «Sei ganz!», das Sie kürzlich am «Tag der Kranken» angeboten haben?

Was erwarten Sie von einem Gebet um Heilung?

Wir treten durch das Gebet in Gottes Gegenwart ein, spüren, wie sich Gott uns ganzheitlich zuwendet. Vielleicht nehmen wir auch wahr, wie der Heilige Geist durch uns fliesst, wie wir innerlich berührt werden. Ich erwarte auch, dass seelische Wunden, die sich auf den körperlichen Bereich auswirken können, geheilt werden.

Wie kam es dazu, dass Ihnen das Thema Heilung so wichtig wurde?

Das Thema beschäftigt mich seit Jahren. Auslöser war vor allem der Tod meiner krebskranken Mutter, als ich 20 war. Ich stand schon damals im Glauben und flehte zu Gott um Heilung. Das ist nicht passiert. Das löste bei mir viele Fragen aus. Mit 23 war ich zu einem Studienaufenthalt in Los Angeles und kam hier mit einer

Thomas Bachofner Jahrgang 1965, in zweiter Ehe verheiratet mit Mirjam, vier Kinder. Aufgewachsen im Zürcher Oberland auf einem Bauernhof. Studium der Theologie in Zürich und Los Angeles. 1994 bis 2010 Gemeindepfarrer in der Evangelisch-reformierten Kirchgemeinde Gossau ZH, wo er ein Gebets- und Heilungsteam gegründet hatte und regelmässig Gebet für Kranke anbot. Seit Juli 2011 leitet er das «tecum», das Zentrum für Spiritualität, Bildung und Gemeindebau der Evangelischen Landeskirche Thurgau in der Kartause Ittingen. Bild: idea/av

Pfarrer Thomas Bachofner wünscht sich eine «charismatischere» Kirche.

Kirchgemeinde in Berührung, die das Gebet um Heilung auf eine feine Art integrierte. Am FullerSeminary besuchte ich einen Kurs mit Peter Wagner und John Wimber zum Thema Heilung, und das hat mich sicher geprägt.

Sie wurden also auch von freikirchlich-charismatischen Kreisen stark inspiriert?

Wichtig für mich war sicher die Schule für Heilung in Thun mit Walter Bernhard, einem ehemaligen EGW-Pastor. Daneben habe ich das Thema weiter vertieft in Gesprächen mit Ralph Kunz, Zürcher Professor für Praktische Theologie. Es galt, eine Form zu finden, die in den Kontext der Kartause Ittingen passt, einem ehemaligen Kartäuserkloster. Innerlich bin ich ganz eins mit der Schule für Heilung, doch wir sind schlichter in der Form. Zum Glück ist das Wirken des Heiligen Geistes nicht an eine bestimmte Form gebunden.

Warum gelingt es dem Menschen nicht, stets gesund zu bleiben?

Das hat manchmal mit eigenem, ungesundem Verhalten zu tun. Das andere sind belastende Situationen und Erlebnisse, die auf die Seele drücken und sich auch in körperlichen Beschwerden auswirken können. Dazu kommt, dass

wir Teil einer gefallenen Schöpfung sind, in der noch nicht alle Tränen abgewischt wurden.

Sie haben sich in einem Studienurlaub mit der theologischen Basis für das Gebet um Heilung beschäftigt. Welches waren Ihre wesentlichen Erkenntnisse?

Der halbjährige Studienurlaub bot mir 2006 die Möglichkeit, entsprechende Literatur zu lesen und in der Schule für Heilung in Thun die praktische Seite kennenzulernen. Mir ist bewusst geworden, dass das Thema Heilung durch die ganze Kirchengeschichte hindurch präsent war. Doch das Phänomen Heilung fand mehr und mehr am Rand der Kirche statt. Man hat es eher als Bedrohung empfunden. Raum bekam es dort, wo neue Orden oder Aufbruchbewegungen entstanden sind. Heilungen sind Zeichen von Gottes Herrschaft. Sie sind Vorboten der Auferstehungskraft und ein Teil der neuen Schöpfung. Sie weisen über sich hinaus auf den eigentlichen Heiler, nämlich Jesus Christus. Er will sich nicht nur um die Reparatur eines kaputten Knies kümmern, sondern um die ganzheitliche Heilung des Menschen.

Welche Heilungszusagen von Jesus sprechen Sie besonders an?

Jesus hat die Jünger beauftragt,

Wir haben mit 20 bis 25 Leuten gerechnet. Letztlich waren es dann 65 Personen, etwas mehr Frauen als Männer. Es kamen viele Leute mit inneren Belastungen, körperlichen Schmerzen, auch mit Beziehungsfragen. Ziel ist, möglichst an die Wurzeln eines Leidens zu kommen. Wichtig ist mir, mit lokalen Kirchgemeinden zusammenzuarbeiten, dieses Mal mit Bischofszell. Es sollte normal werden, dass leidende Menschen am Ort eine Anlaufstelle haben.

Glauben die stark kopflastigen Schweizer Christen zu eng?

Das ist sicher so. Der Vernunftglaube ist in kirchlichen Kreisen nach wie vor verbreitet. Das Wirken des Geistes lässt sich nicht gut rational einordnen. Dieser Glaube geht oft davon aus, das Gebet um Heilung sei ein Spritzkannengebet und wirke in jedem Fall. Vielleicht aber will der Geist Gottes einfach aufzeigen, wo die Wurzeln eines Leidens liegen und Kraft schenken, um ein Leiden zu tragen. Aber tief im Herzen hat auch jeder verkopfte Mensch eine Sehnsucht nach Heilung. Solche Menschen müsste jemand an der Hand nehmen und feinfühlig zum Heilungsgebet führen. Auch die Angst vor Druck und geistlichen Übergriffen kann mitspielen.

«Gesundbeter» werden im Volk nur belächelt. Wie kann das Thema eine breite Akzeptanz finden?

Das ist auch eine Frage des Vertrauens. Das Vertrauen nimmt zu, wenn ein realistischer Ansatz da ist. Man darf den Menschen nicht das Blaue vom Himmel versprechen und Erwartungen wecken, idea Spektrum 12.2012


BR E N N P U N K T

die nie eingelöst werden können. Das Vertrauen wächst auch, wenn der Seelsorger interdisziplinär vernetzt ist mit Medizinern und Psychologen und wenn ein klar ersichtlicher institutioneller Rahmen vorhanden ist.

Dann müssten in modernen Gesundheitszentren folgerichtig auch Seelsorger mitwirken?

Das könnte ich mir als Zukunftsmodell gut vorstellen, natürlich immer im Sinne eines Angebots, das man freiwillig nutzten kann.

Bei Jesus wurden die Kranken reihenweise geheilt. Warum kommt das heute nur noch vereinzelt vor?

Ich erlebe es so, dass eine körperliche Heilung eher die Ausnahme ist. Doch auf der inneren Ebene von Seele und Geist passiert manche Heilung von Wunden, auch im Sinne einer Stärkung. Die Frage stellt sich immer wieder, warum Gott ein Gebet um Heilung nicht konkret erhört. Die Frage muss offen bleiben. Gott will uns wohl bewusst machen, dass körperliche Heilung nicht einfach verfügbar ist. Trotzdem sollen wir immer wieder die Beziehung zum Heiler, zu Jesus, suchen. Ich kann mir auch vorstellen, dass die Trefferquote grösser wird, wenn wir noch mehr lernen, im Team um Heilung zu beten.

Was braucht es denn, damit Gott Heilung schenken kann?

Grundsätzlich will Gott, dass allen Menschen geholfen wird,

Anlässe zum Thema Am Pfingstmontag, 28. Mai, 19.30 Uhr, findet in der Klosterkirche der Kartause Ittingen eine Segnungsfeier «Ich bin dir nah» statt. Hier sollen Menschen Gottes heilende Nähe durch Worte, Lieder und Segnungshandlung erfahren. Um 18.45 Uhr findet vorgängig im Raum der Stille eine Meditation statt. Am 22. und 23. September wird am gleichen Ort ein Seminar «Heilwerden in Gottes Gegenwart» mit dem Thema «Meine Kraft ist im Schwachen mächtig» durchgeführt. Veranstalter ist das «tecum», Zentrum für Spiritualität, Bildung und Gemeindebau der Evangelischen Landeskirche Thurgau. www.evang-tg.ch

idea Spektrum 12.2012

unabhängig von einer Leistung. Auch Ungläubige können berührt und geheilt werden. Doch aus der Sicht von Jesus gehört immer Glaube dazu, sei es der Glaube eines Betroffenen, eines Angehörigen, eines Freundes oder der Glaube von Jesus selbst.

Wenn körperliche Heilung trotz intensivem Beten so ungewiss ist: Warum raten Sie trotzdem zum Heilungsgebet?

Ich nehme das Beispiel meiner Mutter. Sie wurde körperlich nicht geheilt, doch sie ist ihren Weg mit grosser innerer Zuversicht gegangen und als innerlich heiler Mensch gestorben. Ich wünschte, ich hätte mehr Anteil genommen an ihrem inneren Weg. Doch ich war zu sehr auf äussere Heilung fixiert. Der Krebs konnte bei meiner Mutter nicht auch die Seele und den Geist wegfressen. Wenn kranke Menschen durch das Gebet Stärkung und Trost bekommen, ist das für mich auch Heilung.

Braucht es eine besondere Gabe der Heilung?

Das verhält sich ähnlich wie beim Weitersagen des Glaubens. Jeder Christ ist aufgerufen, Rechenschaft abzulegen von seinem Glauben. Doch es gibt Leute, die das auf eine besonders überzeugende Art machen können. Genau gleich ist es mit der Gabe der Heilung. Der Auftrag gilt allen, doch einzelne sind besonders begabt. Interessant ist, dass Paulus zwar von Aposteln, Hirten, Leitern und Lehrern spricht, aber nicht von Heilern. Der eigentliche Heiler ist Jesus.

Raten Sie auch bei Pornosucht und Okkultismus zum Heilungsgebet?

Gerade bei einer Pornosucht ist es ein Teil der Therapie, an die Löcher heranzukommen, welche die Sucht auslösen. Oft spielt eine tiefe Sehnsucht nach Liebe und Anerkennung mit, auch eine Angst vor echten Beziehungen. Da muss zuerst der innere Sumpf ausgetrocknet werden, damit ein neues Verhalten eingeübt werden kann. Ja, auch Süchte und Bindungen können Thema des Gebets um Heilung sein.

Wann wird Ihr Heilungsgebet auch zum Befreiungsdienst?

5

Eine Art «Stifti» auch für das Heilungsgebet Wie kann man das Beten um Heilung praktisch lernen? Thomas Bachofner: Grundsätzlich kann man das aus Büchern lernen. Aber noch besser finde ich, wenn man in einer Gruppe mitmacht, die das Heilungsgebet praktiziert. So kann man in diesen Dienst hineinwachsen, indem man eine Art «Stifti» macht. In wie vielen Thurgauer Kirchgemeinden kann man diese «Stifti» schon machen? So weit mir bekannt ist, gibt es etwa sechs Kirchgemeinden, die das Gebet um Heilung pflegen. Doch es gibt sicher mehr Gemeinden, die ab

und zu eine Segnungsfeier anbieten. Welche Hemmschwellen müssen da überwunden werden? Vielleicht zuerst die Angst, enttäuscht zu werden, wenn es nicht funktioniert. Vielleicht will sich jemand auch in gutschweizerischer Zurückhaltung nicht aufdrängen. Man scheut in unserer Kultur eher die nahen Begegnungen, wie sie im Heilungsgebet stattfinden können. Wir müssen auch lernen, in eine neue Gelassenheit zu finden. Menschen, die mit andern beten, sind nur Werkzeuge. Es hängt nicht an ihnen und ihrer Kraft, ob jemand geheilt wird.

Binden und lösen gehören laut Bibel zum seelsorgerlichen Repertoire. Wenn sich offensichtlich destruktive Belastungen zeigen, beziehen wir diese Ebene ein.

sen Zuspruch kann ich leidenden Menschen auf jeden Fall geben.

Würden Sie einem stark leidenden Christen raten, an einem charismatischen Heilungskongress teilzunehmen?

Das Gebet für Kranke sollte mehr Raum bekommen und ein normaler Teil des Gemeindelebens werden. Ich wünschte mir, dass Menschen mit einem breiten Spektrum von Anliegen unangemeldet kommen können und jemand da ist, der ihnen zuhört und mit ihnen betet. Leidenden Menschen sollte angeboten werden, einen gemeinsamen Weg mit ihnen zu gehen.

Obwohl sich bei solchen Veranstaltungen Fragen stellen, würde ich empfehlen, hinzugehen und eine Begleitperson mitzunehmen. Es sollte jemand da sein, der den Betroffenen auch nach dem Kongress auffangen kann. Auch an unserm Seminar «Sei ganz!» kamen etliche Menschen mit Begleitern. Es ist wichtig, dass man Teil einer heilenden Gemeinschaft werden kann.

Was heisst für Sie «ganz sein» bei Gott?

Im Hintergrund steht das Wort aus 1. Mose 17,1. Gott sagt zu Abraham: «Wandle vor meinem Angesicht und sei ganz!» Das Wort wird zum Teil mit vollkommen, untadelig, rechtschaffen übersetzt, was uns auf eine falsche Spur führt. Es ist etwas, das Gott den Menschen zuspricht, die in seiner Gegenwart leben. Es ist die Wiederherstellung von Gottes Ebenbild in uns. Doch das heisst nicht zwingend körperliche Unversehrtheit. Abraham war 99, als er diese Verheissung bekam, und da hatte er bestimmt schon einige Altersbeschwerden.

Welche Garantie können Sie betenden Kranken geben?

Gottes Nähe! Diese Garantie, die-

Welche mutigen Schritte wünschen Sie sich gerade auch von der Landeskirche?

Soll die Landeskirche «charismatischer» werden?

Ja, in dem Sinn, dass der Heilige Geist wirklich Raum bekommt und Menschen sich mit ihren Gaben einbringen können. Noch konzentriert sich das Gemeindeleben oft auf Pfarrpersonen und Diakone. Das Priestertum aller Gläubigen müsste noch konsequenter umgesetzt werden.

Welche biblische Heilungsgeschichte hätten Sie persönlich miterleben wollen?

Ich denke an die Heilung der blutflüssigen Frau in Markus 5. Die Geschichte ist so eindrücklich, weil es nicht beim Heilungsphänomen bleibt. Jesus schaut der Frau in die Augen und spricht sie als Tochter an. Er nimmt eine Beziehung zu ihr auf und gibt ihr ihre Würde als Frau zurück. Dadurch bekommt sie auch wieder einen Platz in der Gemeinschaft. Interview: ANDREA VONLANTHEN


6

I nse r at e | s t e lle n

Auf Beginn des Schuljahres 2012/2013 suchen wir für unsere

Oberstufe in Dübendorf eine(n)

Unsere 20 zeitgemässen Magazine bringen Gott in den Alltag. bvMedia Christliche Medien ist als Nonprofit-Verlag in Ins/Bern in einem Neubau zu Hause, nah an der Sprachgrenze, mitten im Drei-Seen-Land. Für die Verstärkung des Vertriebs unserer 21‘000 Abos in der Schweiz suchen wir ab sofort oder nach Vereinbarung eine verantwortungsvolle Persönlichkeit, die sich in diese missionarische Aufgabe berufen lässt:

Sekundarlehrer(in)

Redaktion | Marketing | stellvertretende Geschäftsführung (100 %) Aufgaben  Leitung der Schweizer Redaktionen der Magazine | Schnittstelle zwischen den Chefredaktionen in Deutschland und den Schweizer Autoren  Ausführung und Weiterentwicklung des Bereiches „Marketing“ zusammen mit dem Geschäftsführer | Durchführung eigener Marketingprojekte  Assistenz, Verstärkung und Vertretung des Geschäftsführers Profil  Sie leben Christsein praktisch im Alltag und in Gemeinschaft  Sie sind Netzwerker, kontaktfreudig, kreativ, interessiert und initiativ  Sie bringen Erfahrung in den oben erwähnten Bereichen mit (entsprechende Ausbildung nicht zwingend, jedoch Bereitschaft zur Weiterentwicklung)  Zielstrebigkeit, Innovationsfähigkeit, Führungskompetenz und hohe Leistungsbereitschaft sind Eigenschaften, die Sie verkörpern  Schweizerdeutsch ist Ihre Muttersprache, Sie können sich gut mündlich und schriftlich in Hochdeutsch ausdrücken  Bereitschaft zur engen Zusammenarbeit im kleinen Fünferteam vor Ort Entspricht Ihnen nur einer der Bereiche „Redaktion“ oder „Marketing“, kann eine Aufteilung in zwei 50 %-Stellen geprüft werden. Kein Freundeskreis-Job. Bewerbung und Auskunft: Niklaus Mosimann | Geschäftsführer | bvMedia Christliche Medien GmbH | Rämismatte 11 | Postfach 128 | 3232 Ins Fon 043 288 80 15 | niklaus.mosimann@bvmedia.ch | www.bvmedia.ch

mit mathematisch-/ naturwissenschaftlicher Richtung Pensum 50 – 100 % Wenn Sie über eine entsprechende Ausbildung verfügen, eine persönliche Beziehung zu Jesus haben und das Anliegen für christliche Schulen teilen, würden wir uns über Ihre Bewerbung sehr freuen. Christliche Schule Rüti I Christliche Schule Dietikon Oberstufe Dübendorf Information: www.asbb.ch Ihr Dossier nimmt gerne entgegen: Urs Schwarz, Sekretariat ASBB, Postfach 11, 8704 Herrliberg Tel.: 044 915 40 45, E-Mail: urs.schwarz@asbb.ch

002-2012_ASBB.indd 1

15.03.12 10:32

Die AMS Walzenhausen ist eine Musikschule und eine jüngerschaftlich ausgerichtete Lebensgemeinschaft. www.ministryschool.ch

Für unser junges Unternehmen suchen wir ab sofort eine Persönlichkeit, die Freude am Beruf hat, exakt arbeitet und gerne Verantwortung übernimmt.

Wir suchen:

Geschäftsführer-in/Studienleiter-in

Zu Ihren Aufgaben gehören

Ihre Aufgabe ist es, die betrieblichen und schulischen Abläufe in personeller und betrieblicher Hinsicht weiter zu entwickeln. Zu Ihren Tätigkeiten gehört:  Mitarbeiter – und Schülerbetreuung  Theologischer Unterricht  Öffentlichkeitsarbeit  Geschäftsführung

Über ihre Kontaktaufnahme und Bewerbung per E-Mail freuen wir uns! Home-Styling Bähler GmbH Barbara Bähler Hertistrasse 24 8304 Wallisellen Tel: 044 975 20 76 info@home-styling.ch, www.home-styling.ch

Haben wir Ihr Interesse geweckt? Dann freuen wir uns auf Ihre vollständigen Bewerbungsunterlagen: Ernst Züst, Rheineck ernstzuest@bluewin.ch 078/656 42 05

011-2012_Arts-Ministry.indd 1 Nachrichten und Meinungen aus der evangelischen Welt

1. Fo Beilag 8 22. Februar 2012 rum e: Ta chri gung stlic shef her t fü Füh r das rung skrä fte www.ideaschweiz.ch

Einzelverkaufspreis: CHF 4.–

• das Ausführen diverser Näharbeiten • Kundenberatung • die technische Leitung der Näherei mit drei bis vier Mitarbeiterinnen Wenn für Sie kundenorientiertes Arbeiten eine Selbstverständlichkeit ist und Sie gerne Andere praktisch anleiten, dann sind Sie bei uns genau richtig.

STELLENINSERATE

12.03.12 16:43 009-2012_Homestyling.indd 1

werden zusätzlich zur gedruckten Ausgabe auch Ein starkes Duo für eine starke Allianz Was Marc Jost und Matthias Spiess als neue Generalsekretäre der SEA vorhaben 8 Führungskraft: Warum Brigadier Peter Stocker auf Gott vertraut

Seite 4

19 Kulturmonat: So will „Arts+“ mit Kunst die Herzen für Gott öffnen

11 Fixe Buchpreise: Marianne Streiff 30 Passionszeit: Süsses, Internet,

beim Strichplan keineswegs einig

Alkohol – wie fasten junge Leute?

36 Seelsorge: Als Pfarrer an Bord

eines modernen Kreuzfahrtschiffes

Reklame

im Clinch mit Hans-Ulrich Bigler

13 Prostitution: Zürcher Christen

Berufsbegleitend Theologie studieren

27.02.12 15:

'ŽƐƉĞů͕ WŽƉ͕ ^ƉŝƌŝƚƵĂůƐ

tŝƌ ƐƵĐŚĞŶ͗ ĞŝŶĞͬŶ ŶĞƵĞͬŶ ŚŽƌůĞŝƚĞƌ/Ŷ ĚŝĞͬĚĞƌ ƵŶƐ ĚŝƌŝŐŝĞƌƚ ƵŶĚ ŶĞƵĞ >ŝĞĚĞƌ ŵŝƚ ƵŶƐ ĞŝŶƐƚƵĚŝĞƌƚ͘ tŝƌ ƺďĞŶ ũĞǁĞŝůƐ Ăŵ ŽŶŶĞƌƐƚĂŐ ϭϵ͘ϯϬ ŝŶ ĞƌŶ ƺŵƉůŝnj͘ /ŶƚĞƌĞƐƐŝĞƌƚ͍ <ŽŶƚĂŬƚĂƵĨŶĂŚŵĞ ƵŶƚĞƌ ǁǁǁ͘ďĂŶĚĐŚŽƌͲĐƌĞƐĐĞŶĚŽ͘ĐŚ

2 Wochen auf unserer Website veröffentlicht!

Ihr Ansprechpartner: Christian Aeschlimann, 031 818 01 63, inserate@ideaschweiz.ch

ŽĚĞƌ ƵŶƚĞƌ Ϭϳϴ ϲϬϱ Ϭϳ ϯϭ

idea Spektrum 12.2012 Stellen_idea2012_achtel.indd 1

27.02.12 11:26


TAG E SSC H AU

7

JOURNAL

Hans-Ulrich Biglers Strategie mit Gott

Leutwyler zu MAF

BEKENNTNIS «Gott hat ein Lebenskonzept für mich.» Davon ist Hans-Ulrich Bigler,

Hansjörg Leutwyler, abtretender Zentralsekretär der Schweizerischen Evangelischen Allianz (SEA), wird ab 1. Juli Geschäftsleiter des Schweizer Zweiges von Mission Aviation Fellowship (MAF). Leutwyler war in den 80er- und 90er-Jahren als Pilot und im Management beim internationalen christlichen Flugunternehmen tätig, zuletzt als Regionaldirektor für Osteuropa und Zentralasien. 1999 übernahm Leutwyler die Leitung der SEA. Er wird am 4. Mai an der Delegiertenversammlung in Aarau die Führung der SEA an Matthias Spiess und Marc Jost übergeben. (idea)

Kein Religionsartikel

Der Verfassungsartikel zu Kirche und Staat soll nicht durch einen neuen Religionsartikel ersetzt werden. Der Nationalrat hat eine Standesinitiative des Kantons Baselland mit 108 zu 40 Stimmen abgelehnt. Weiter lehnte er mit 117 zu 29 Stimmen eine parlamentarische Initiative ab, in welcher der Berner EVP-Nationalrat Walter Donzé Verfassungs- und Gesetzesänderungen forderte, um «bewährte christliche und freiheitliche Werte» zu schützen. – Siehe dazu «Podium» auf Seite 11. (idea)

Kritik an Suizidbeihilfe

Die Zentrale Ethikkommission (ZEK) der Akademie der Medizinischen Wissenschaften beklagt «in Einzelfällen» eine «nicht vertretbare Praxis» der ärztlichen Suizidbeihilfe. Das sei vor allem bei der «Ausweitung der Sterbehilfe auf lebensmüde oder psychisch kranke Personen» der Fall, die nicht am Lebensende stünden. Eine gesamtgesellschaftliche Diskussion sei «unerlässlich». (idea)

Müller statt Denoth

Bei den Wahlen in den St. Galler Kantonsrat konnte die EVP ihre zwei bisherigen Sitze verteidigen. Im Wahlkreis St. Gallen wurde aber Jascha Müller gewählt, nicht wie gemeldet Reto Denoth, der nicht mehr zur Wahl stand. (idea)

5000 Buchtitel

Der Buchladen auf dem Missionsschiff «Logos Hope» führt 5000 und nicht bloss 500 verschiedene Titel, wie in der letzten Ausgabe berichtet. Dies stellt das Missionswerk Operation Mobilisation (OM) richtig. (idea) idea Spektrum 12.2012

Direktor des Schweizerischen Gewerbeverbands, überzeugt. Der 54-Jährige sprach vor der IVCG Thurgau auch zu seinem Engagement für die 300 000 KMU-Betriebe.

«Strategie – nur eine unternehmerische Aufgabe?» Zu diesem Thema sprach der SGV-Direktor im Romanshorner Hotel Inseli vor der Internationalen Vereinigung Christlicher Geschäftsleute (IVCG). Viele Unternehmer und Führungspersonen seien so intensiv engagiert, dass Privates in den Hintergrund trete, erklärte Bigler. Dabei gehe es im Unternehmerischen wie im Privaten oft um ähnliche Fragestellungen: um Orientierung, um die Frage, worauf es ankommt, und um die Frage, wohin die Reise geht. Eine Strategie sei die Voraussetzung, um langfristig Erfolg zu haben, erklärte Bigler, der seit 2008 den grössten Dachverband der Schweizer Wirtschaft führt. Zwischen unternehmerischen Fragestellungen, Bildungsthemen und Gewerbepolitik hat der Verbandsdirektor auch für seinen Lebensentwurf ein klares Konzept gefunden.

Die Einladung des Pfarrers

Als junger Mann habe er sich drei wichtige Fragen gestellt: Woher komme ich? Warum bin ich da? Wohin gehe ich? Der bekannte Pfarrer Jörg Gutzwiller habe ihn in eine Schülerbibelgruppe ein-

Bewusster Entscheid für Gott: Hans-Ulrich Bigler vor der IVCG.

geladen und versprochen: «Du kannst Gott kennenlernen!» Die klare Botschaft des Pfarrers habe ihn angesprochen. Er habe mit Gott abgemacht, er wolle es versuchsweise mit ihm wagen. Noch vor seinem 20. Altersjahr sei er dann bewusst eine «strategische Partnerschaft mit Gott» eingegangen. Es brauche einen klaren Entscheid, seinen Lebensentwurf auf Gott auszurichten. Die Bibel ist seither Biglers Orientierungshilfe, und er erlebt auch in seinem Berufsalltag Gottes Führung. Sein Wort habe sich vielfach als real erwiesen. Die zweite Prioriät gelte Ehe und Familie. Dass seine Frau

Als Christ im harten Geschäft der Politik Als Direktor des SGV steht HansUlrich Bigler an der Spitze von rund 300 000 KMU. Sie bildeten nach wie vor das Rückgrat der Schweizer Wirtschaft. Darum müsse die Wirtschaftspolitik mithelfen, dass diese Unternehmen gut funktionieren könnten. Regulierungen zu reduzieren bleibe das Kernanliegen. Wie kann sich ein bekennender Christ in der Politik glaubwürdig betätigen? Ist es nicht ein dreckiges Geschäft? «Ja, es ist ein hartes Geschäft, aber es ist wichtig für das Zusammenleben in unserem Land», betonte Bigler. Politik sei ein knallharter Wettbewerb um Meinungen. Da solle man um Überzeugungen kämpfen dürfen. Die Bibel äussere sich durchaus zum Grundsatz, dass Menschen

Fragen des Zusammenlebens regeln und sich deshalb politisch engagieren sollen. Eine christliche Politik per se aber gebe es nicht. Man könne in guten Treuen unterschiedliche Lösungen vertreten. Nicht statthaft ist es laut Bigler, politische Projekte mit Bibelversen legitimieren zu wollen. Er setze vielmehr auf Eigeninitiative und Eigenverantwortung und damit auf eine liberale Einstellung. Bedeutend sei das christliche Fundament, auf das sich auch die Bundesverfassung berufe. Bigler sieht den Segen daraus in Form des Wohlstandes und in einer 200-jährigen Phase ohne Krieg. Dieses Privileg der Schweiz basiere auf einer geballten Ladung von Wertvorstellungen, die auf der Bibel gründen.

sein Lebenskonzept teile, sei ein wichtiger Wert. Die dritte Priorität sei seine Berufung. Gerade weil er im Beruf so stark beansprucht sei, wolle er keinen Stress, sondern Freude haben. Das häufige Klagen über Stress im Arbeitsalltag könne er nicht nachvollziehen. Er sei froh darüber, Arbeit zu haben. Viel Arbeit bedeute für ihn meist positiven Stress.

Vom Leistungsdruck befreit

Seine eigene Linie zu verfolgen, sich nicht mit anderen Menschen zu vergleichen oder sich nach ihnen auszurichten, hält Bigler für eine bedeutende Erkenntnis. Nicht das Ansehen gegen aussen sei entscheidend, sondern die Frage «Wie sieht Gott mich, stehe ich vor Gott richtig da?». Christen seien nicht bessere Menschen, aber sie seien von Gott akzeptiert. Sie hätten die Möglichkeit, zu Gott zu gehen, Fehler zu bekennen und um Vergebung zu bitten. «Gott hat ein Lebenskonzept für mich, über den Tod hinaus«, schilderte Bigler seine Gewissheit. Das befreie vom Leistungsdruck, denn Jesus habe letztlich die Antwort auf die wichtigen Fragen der Herkunft und der Zukunft. Sicher könne es nicht auf alles Antworten geben, auf Todesfälle in der Familie zum Beispiel. Doch das Vertrauen in Gott bleibe. Und wenn er ab und zu Probleme wälze, die den Schlaf raubten, dürfe er sicher sein, bei Gott Ruhe zu finden. MARTIN SINZIG Bild: Martin Sinzig


8

TAG E SSC H AU

Nach dem Drohbrief gabs Bananen zur Versöhnung CEVI-TAG Über 100 Ortsgruppen haben am dritten nationalen Cevi-Tag vom Samstag mitgemacht. In Rüschlikon-

Kilchberg-Adliswil ZH zum Beispiel haben 30 Kinder einen spannenden Nachmittag verbracht, zwei zum ersten Mal. «Schnell, schnell!», schreien die Kinder durch den Wald, «sonst erwischen sie uns!» Die 30 Kinder müssen während eines Geländespiels Buchstaben durch ein Gebiet bringen, das von Druckereiaufsehern überwacht wird. Werden sie erwischt, müssen sie die Buchstaben abgeben und wieder neue holen. Die Buchstaben brauchen sie, um der Sozialarbeiterin Frau Rosenbaum einen Drohbrief zu schreiben. Den Brief mit dem Inhalt «Lassen Sie Schlunz bei Familie Schmidtsteiner» haben sich Lukas und Schlunz ausgedacht. Die Geschichte ist von der Kinderbuchreihe «Der Schlunz» des deutschen Bibellesebunds inspiriert: Lukas Schmidtsteiner hat Schlunz ein paar Tage zuvor im Wald gefunden. Schlunz hat dort gelebt und kann sich ausser an seinen Namen an nichts mehr erinnern. Lukas und seine Mutter wollen ihn bei sich aufnehmen, doch die Sozialarbeiterin Frau Rosenbaum will das verhindern. Um ihrem Anliegen Nachdruck zu verleihen, haben also Lukas

der Familie Schmidtsteiner. Und: Schlunz darf bleiben! Die Kinder jubeln aufgeregt.

Cevi-Tag ist ein Erfolg

Die Spannung steigt: Die Kinder hören sich die Standpauke der Mutter an.

und Schlunz mit engagierter Hilfe der Cevi-Kinder diesen Brief aus gedruckten Buchstaben zusammengesetzt.

Süsse Wiedergutmachung

Doch als sie den Brief bei Frau Rosenbaum vor der Tür deponieren wollen, werden sie von ihr entdeckt. Sie fliehen und kehren nach Hause zurück. Dort wartet allerdings ein Donnerwetter auf Lukas, Schlunz und die Cevi-Kinder. Frau Rosenbaum hat Lukas’

Mutter angerufen und ihr von der «Schandtat» erzählt. Um die Sozialarbeiterin wieder zu besänftigen, hat die Mutter sie kurzerhand zu Schokobananen eingeladen. Doch die Zutaten dazu müssen sich die Kinder erst mit Würfelspielen, Sackhüpfen und einem Hindernislauf verdienen. Schliesslich kommt Frau Rosenbaum. Lukas und Schlunz entschuldigen sich bei ihr. Nachdem sie – wie auch alle Kinder – die Schokobanane gegessen hat, versöhnt sie sich mit

Für Schlunz und Lukas ist die Geschichte gut ausgegangen. Doch wie zufrieden ist Deborah Wickli v/o Farfalla, Abteilungsleiterin im Cevi Rüschlikon-Kilchberg-Adliswil mit dem Nachmittag? Immerhin hat sie im Vorfeld zusammen mit ihren Leiterinnen und Leitern Flyer und Plakate zum Cevi-Tag 2012 in der Gemeinde verteilt. «Ich bin sehr zufrieden», sagt Farfalla. «Wir konnten zwei neue Kinder im Cevi begrüssen. Die Leiter haben ein super Programm auf die Beine gestellt.» Zwei Kinder mehr – ein Grosserfolg? «Das grosse Ganze ist wichtiger als die Anzahl der Kinder, die neu zu uns kommen», meint die Abteilungsleiterin. «Der Erfolg des Cevi-Tags hängt davon ab, wie viele Abteilungen sich in der ganzen Schweiz beteiligen.» GreGor Gubser www.cevitag,ch

MUSICAL ZU OSTERN: «THE WAY BACK»

Neuer Coup der ICF-Kreativabteilung Schon wieder ein neues ICF-Musical? Erst an Weihnachten ging man mit «California King» auf grosse Tournee. Nun kommt zu Ostern bereits die nächste Produktion: «The Way Back» lautet der selbstredend englische Titel. Dieser Schaffensdrang ist allerdings bald schon Routine. Seit vier Jahren stellen die Zürcher jeweils zu Ostern und zu Weihnachten ein aufwändiges Musical auf die Beine. Gut, an die grossen Broadway-Werke reichen sie noch nicht ganz heran. Für eine Laiengruppe erzielt die Trendkirche jedoch erstaunliche Ergebnisse. Wie machen sie das nur?

Beim ICF steckt mehr dahinter

Dazu braucht es kreative Köpfe hinter den Kulissen wie Nicu Bachmann. Er schreibt nicht nur die Texte, sondern arrangiert auch die Musik. Dabei bedient er sich gerne bei den aktuellen Popcharts. Der Wiedererkennungswert der Stücke sei wichtig. Das war auch das Rezept für das Schweizer ErfolgsBilder: zvg

Musical «Ewigi Liebi». Musicals sind eben Unterhaltungs-Shows, die normalerweise keinen höheren Anspruch erheben. Beim ICF steckt aber mehr dahinter: «Ich mag die alten Geschichten der Bibel», sagt Nicu Bachmann. «Mein Herz schlägt dafür, sie so zu erzählen, dass die Menschen sie heute verstehen.» «The Way Back» ist tatsächlich eine moderne Adaption der Geschichte des verlorenen Sohnes. Die Hauptfigur Ben ist der neue Stern am Pophimmel. Doch dann baut er einen folgenreichen Autounfall. Der unvermeidliche Absturz beginnt.

Musicals sind ein Schlüssel

«Natürlich bedeutet so ein Musical einen Riesenaufwand», räumt Nicu Bachmann ein. «Das geht nur, weil die Leute mit Leidenschaft dabei sind.» Durchschnittlich 70 bis 80 Personen sind an einem Projekt beteiligt. Die grosse Gemeinde im Rücken macht es letztlich möglich. Nicu Bachmann schwärmt: «In einem Musical werden die Kreativi-

tät, Schönheit und Vielfalt des Reiches Gottes sichtbar. Ich finde es genial, wie sich in so einer Produktion die verschiedenen Talente und Begabungen der Leute entfalten.» Die Vorstellungen mit durchschnittlich 1200 Besuchern pro Abend wecken ein breites Interesse. ICF-Pressesprecher Daniel Linder erklärt das so: «Musicals sind ein Schlüssel, der in die Kultur unserer Zeit passt.» Beim ICF sind sie der Event, zu dem auch viele kirchenferne Menschen kommen. Denn: Wer geht nicht gerne mit Freunden und Verwandten zu einem Musicalabend? CHrIsToF bAuerNFeIND www.thewayback.icf.ch idea Spektrum 12.2012


TAG E SSC H AU

Jeden Tag wird ein Mädchen entführt

ÄXGÜSI

SCHICKSALSTAGE Wie erging es koptischen Christen in Ägypten während und nach der

Timo

Revolution? Der freie Journalist Daniel Gerber hat sich mit Medhat Klada vor Ort ein Bild gemacht und seine Erfahrungen jetzt in einem Buch veröffentlicht. Es war ein Bild des Schreckens, das sich dem Schweizer Exil-Kopten Medhat Klada und seinem Begleiter, dem freien Journalisten Daniel Gerber, in der St. MinaKirche in Kairo bot. Nachdem sie sich durch eine Menschenansammlung und Militärs gearbeitet hatten, standen sie auf dem Schauplatz eines Massakers. Daniel Gerber beschreibt die Szenerie: «Je näher wir dem Eingang der Kirche kommen, desto lauter dringt ein schmerzvolles Wehklagen an unsere Ohren … Noch immer scheinen die Mauern die Hitze des nächtlichen Feuers in den Saal im Erdgeschoss abzugeben. Die Überreste der Bänke sind bereits in eine Ecke geräumt … Weinende Menschen irren durch die Trümmer.» Wenige Stunden zuvor hatte an diesem Ort eine wütende Horde moslemischer Extremisten gewütet – von Anwohnern geduldet und von der Polizei ignoriert. Und das nur, weil hier eine Frau Zuflucht gesucht hatte, die vom Christentum zum Islam konvertiert war. Ihr Ehemann hatte sie misshandelt, und so wandte

Treffen mit den Autoren Die nächste Autorenlesung zum Buch «Schicksalstage am Fusse der Pyramiden» mit Daniel Gerber und Medhat Klada findet am Samstag, 24. März, um 16 Uhr in der Brunnenbuchhandlung, Spalenberg 20, in Basel statt. idea Spektrum 12.2012

Daniel Gerber (links) und Medhat Klada am letzten Samstag an der Autorenlesung in der Freien Evangelischen Gemeinde in Bern.

sie sich in ihrer Not wieder an die Kirche. Traurige Bilanz des Übergriffs: 15 Tote und 230 Verletzte.

Die Revolution gestohlen

Der Arabische Frühling weckte die Hoffnung, dass solche Szenen bald der Vergangenheit angehören würden. Die Revolution hatte gut begonnen. Während einer gewissen Zeitspanne ergaben sich ungeahnte Freiheiten. Christen traten öffentlich auf der Strasse für ihre Rechte ein. «Der Umsturz war ursprünglich von jungen Ägyptern aus allen Schichten gemeinsam ausgegangen», erinnert sich Medhat Klada. Klada wohnt in Opfikon ZH und ist Geschäftsführer der koptischen Menschenrechtsorganisationen in Europa. «Dann kamen die radikalen Kräfte und haben die Revolution gestohlen.» Sie schafften es, das Militär auf ihre Seite zu bringen. Die darauffolgenden Wahlen gewannen die islamistische Muslimbruderschaft und die Salafisten. Laut Medhat Klada machten sie sich dabei massiven Betrugs schuldig. Er schätzt, dass etwa neun Millionen Stimmzettel gefälscht wurden. «Es gibt Menschen, die haben 20 verschiedene ID-Karten», sagt er.

Situation der Christen

«Schicksalstage am Fusse der Pyramiden» heisst das Buch, das

Daniel Gerber in Zusammenarbeit mit Klada verfasst hat. Am Samstag stellten sie es in der Freien Evangelischen Gemeinde Bern einer Zuhörerschaft von etwa 30 Interessierten vor. Das Werk beschreibt die Situation der Kopten (Sammelbegriff für die ägyptischen Christen) seit Beginn der Aufstände. Medhat Klada verschaffte Daniel Gerber wichtige Informationen und Kontakte. Für ihre Recherchen besuchten sie gemeinsam verschiedene Gemeinden und Familien vor Ort.

Entführt und misshandelt

Eine davon ist die Familie von Mariem. Extremisten hatten das junge Mädchen entführt, eingesperrt und misshandelt, mit dem Ziel, sie zum Islam zu «bekehren». Vorfälle dieser Art haben seit dem Umsturz leider zugenommen. «Im Durchschnitt wird jeden Tag ein Mädchen entführt», sagt Daniel Gerber. Wenn diese sich der Gewalt fügen, wartet bald darauf die Zwangsheirat. Das Schlimme daran ist, dass die Behörden den Opfern kein Gehör schenken. Die Polizei sieht zu und verharmlost das Geschehen. Das habe sich unter der neuen Regierung in keiner Weise geändert. Mariem hatte aber Glück: Nach 35 Tagen kam sie durch eine Lösegeldzahlung frei. CHRISTOF BAUERNFEIND Bilder: idea/chb, zvg

9

«Timo, zum Coiffeur!» So hallte es Ende der 60er- und anfangs der 70er-Jahre durch die Fussballstadien der Schweiz. Es war eine Zeit, in der sich die Fans vorwiegend auf den Sport konzentrierten und sich meistens ohne gröbere Prügeleien und pyromane Ergüsse zufrieden geben konnten. Wenn schon, dann blieb es meist bei Wortschlachten. Timo war ein ganz spezieller Mensch. Er kam aus der deutschen Bundesliga und wurde bekannt, weil er der allererste Torschütze in der Geschichte dieser Liga war. Er war ein exzellenter Fussballer und eine Art «Torfabrik». Sein Markenzeichen: Der Bürstenschnitt. Andere Profis liessen sich in jener Zeit durch die Hippiebewegung inspirieren und trugen ihre Haarpracht entsprechend lang. Timo Konietzka war ein grosser, ehrgeiziger und erfolgreicher Kämpfer. Nach seiner langen Karriere als Fussballer und Trainer wurde er Wirt in einem Gasthof in Brunnen SZ. Vor einigen Jahren sandte ich ihm eine Sportlerbibel. Im Begleitbrief erzählte ich ihm, was mich motivierte, ihm dieses Buch zu schenken. Eine Reaktion erhielt ich nie. Vor einigen Monaten kam Konietzka in die Schlagzeilen, weil er gesundheitlich angeschlagen war. Er konnte nicht einmal mehr Joggen. Nach einigen Wochen ging es ihm wieder besser. Da sind wir uns kurz begegnet. Ich sagte ihm, dass ich mich darüber freue, dass es ihm besser gehe. Er selber war auch froh. Später erklärte er in einem Interview, dass er nicht an einen Gott glauben könne. Vor ein paar Tagen wählte der krebskranke Timo den Freitod. Er nahm Sterbehilfe in Anspruch. Ich war erschüttert und dachte für mich, dass es ihm doch viel besser getan hätte, wenn er Lebenshilfe angenommen hätte. «Timo, zum Coiffeur?» Nein: «Timo, zum Herrn Jesus!» Leider kann er das nicht mehr hören. THOMAS PRELICZ Der Autor ist Pfarrer in Arth.


10 P u bl i r e P or tag e

7)2å(%,&%.å$)2%+4å 7 )2å(%,&%.å$)2%+4å INå.OTSITUATIONENåUNDå+ATASTROPHEN å.OTSITUATIONENåUNDå+ATASTROPHEN

EIN GUTES ZUHAUSE HEILT WUNDEN PFLEGEKINDER UKRAINE Kindern in ukrainischen Heimen fehlt es an Liebe, Zuwendung und Förderung. Luba Chutornaja hat 11 Kinder aus Heimen bei sich aufgenommen. In der familiären Umgebung erfahren sie Geborgenheit und lernen, Teil einer Gemeinschaft zu sein. Luba Chutornaja ist Präsidentin des Vereins für Pflegefamilien Kiew. Sie erzählt von ihren eigenen Erfahrungen als Pflegemut-

Im Kreis der Pflegefamilie finden ehemalige Heimkinder echte Geborgenheit und Wärme.

ter: «Als meine eigenen Kinder selbständig wurden, machte ich mir Gedanken darüber, was ich mit meinem Leben anfangen sollte. Ich liebte Kinder und kannte die Situation in den ukrainischen Kinderheimen. So beschloss ich, Kinder aus Heimen aufzunehmen und ihnen ein Zuhause zu schenken. Der Staat stellt mir für die Zeit meiner Pflegemuttertätigkeit eine 7-Zimmer-Wohnung zur Verfügung. Die Nebenkosten muss ich allerdings selber bezahlen. Wasser, Strom und Heizung sind sehr teuer in Kiew und die staatlichen Kinderzulagen sind extrem knapp bemessen. So leben wir in einfachen Verhältnissen, aber meine Kinder und ich sind glücklich. Dass uns die Christliche Ostmission mit Kleidern und Lebensmitteln unterstützt, hilft sehr und stimmt uns dankbar. Die schwierige Vergangenheit hinterlässt Wunden Meine Pflegekinder kommen aus sehr unterschiedlichen Ver-

Bei Pflegemutter Luba erfahren die Kinder Nähe und Fürsorge. hältnissen und Lebenssituationen. Einige sind Waisen, doch die meisten haben Eltern. Sie kamen ins Heim, nachdem ihren Eltern das Erziehungsrecht entzogen wurde, weil sie Alkoholiker waren und ihre Kinder verwahrlosen liessen. Es sind schreckliche Erlebnisse, welche die Kinder in ihrer frühen Kindheit gemacht haben. Die heisst es nun mit ihnen gemeinsam aufzuarbeiten. Ich staune immer wieder, wie heilsam ein gesundes Familienleben ist. Die Kinder entwickeln Gemeinschaftssinn und Fürsorge und wagen es wieder, wirklich Kinder zu sein. Ich setzte auch alles daran, dass jedes meiner Pflegekinder eine Ausbildung machen kann, die seinen Fähigkeiten entspricht. Diese Grundlage für ein gutes Leben kann ein Kinderheim nicht bieten.

Lisa lebte in der Hundehütte Lisa ist heute 13 Jahre alt. Sie kam in unsere Familie, als sie sieben war. Die letzten drei Jahre, bevor sie zu uns kam, durchlief sie unzählige Heime und Institutionen. Niemand wollte sie, weil man sie als hoffnungslosen Fall ansah. Verantwortlich dafür waren die schrecklichen Erlebnisse ihrer ersten vier Lebensjahre. Als schwere Alkoholiker waren ihre Eltern selbst völlig verwahrlost und kümmerten sich kaum um ihr Kind. Lisa brauchte Liebe, Wärme und Zuwendung, doch sie fand diese nur draussen beim Hund. Oft lebte sie tagelang in der Hundehütte und wurde praktisch vom Hund aufgezogen. Ab und zu bekam sie von den Eltern wohl etwas zu essen und ein paar Lumpen, eine Beziehung gab es aber nicht. Lisa lernte nicht einmal sprechen und schaute ihr Verhalten dem Hund ab. Als Lisa vier Jahre alt war, wurde sie von den Behörden entdeckt und den Eltern weggenommen. Sozialarbeiter und Betreuer beurteilten Lisa als nicht erziehbar und geistig schwach. Als sie nach drei Jahren, in denen sie nur herumgeschupst worden war, endlich zu uns kam, brauchte es viel Geduld, ihr Vertrauen zu gewinnen. Doch die Liebe und das sichere Zuhause öffneten ihr Herz. Lisa lernte schnell und entwickelte sich in den vergangenen Jahren zu einem ganz normalen, begabten Mädchen. Heute hat sie weder schulische noch medizinische Probleme, alle ihre Defizite hat sie aufgeholt.»

Bodengasse 14 3076 Worb Tel. 031 838 12 12 Fax 031 839 63 44 www.ostmission.ch PC 30-6880-4 idea Spektrum 12.2012


f oru m | tag e ssc h au

SYNERGIE Christliche Kindererziehung Als Grossvater bin ich von der unmittelbaren Kindererziehung befreit. Aber während einer intensiven Diskussion mit Freunden über Erziehung wurde hinterfragt, wieso die Schweiz als eines der letzten Länder Europas die UN-Konvention gegen die Körperstrafe noch nicht unterschrieben hat. Dann wurde behauptet, dass für einige christliche Kreise die körperliche Züchtigung von Kindern biblisch sei. Das hat mir keine Ruhe gelassen. Ich habe mich mit einem biblisch-therapeutischen Seelsorger und Kinder-Trainer unterhalten und dabei Erstaunliches erfahren. Unabhängig von der gesetzlichen Grundlage, die in praktisch allen europäischen Ländern die körperliche Bestrafung schlicht verbietet, gibt es zu diesem Thema eine heisse, ja hitzige Diskussion unter Christen. Warum dies? Es gibt wahrscheinlich gegen hundert christliche Erziehungs-

bücher. In den USA erlauben mehr als 20 Staaten die Körperstrafe, und viele amerikanische Autoren unterstützen diese Auffassung in ihren Publikationen. Die deutschsprachigen christlichen Fachleute hingegen propagieren mehrheitlich eine gewaltfreie Erziehung als die richtige Wegleitung. Wahr ist, dass die drei Wörter, die in der Bibel für eine mögliche körperliche Züchtigung stehen, von einigen Evangelikalen durchaus mit der Körperstrafe in Verbindung gebracht werden. Das Wort «Rute» (hebräisch Shabet) hat nicht weniger als zehn Bedeutungen, aber nur eine weist auf einen Stock hin. Die Mehrheit der Bedeutungen versteht darunter «Autorität». Für das Wort «Züchtigung» stehen die beiden Begriffe «Paideia» und «Musar», die in der Bibel in den Sprüchen und in Hebräer 12 und Epheser 6,4, aber auch in Apostelgeschichte 7,22 benützt und mit «lehren» und «unterweisen» übersetzt werden. Der Begriff «Strafe» oder gar «körperliche Strafe» scheint eher eine Interpretation als eine Übersetzung zu sein. «Strafe» als eigenen Begriff habe ich im Neuen Testament im Zusammenhang mit Kindererzie-

hung nicht gefunden, auch nicht in Hebräer 12,5-11, denn auch da sprechen wir von Zurechtweisung und nicht von körperlicher Strafe.

PODIUM

Christus predigt Liebe und Vergebung, so zum Beispiel in Epheser 6,1 und 6,4: «Ihr Kinder, seid gehorsam euren Eltern in dem Herrn, denn das ist recht» und «Ihr Väter, reizt eure Kinder nicht zum Zorn, sondern erzieht sie in der Zucht (Paideia – Unterweisung und Ausbildung) und Ermahnung (Nouthesia – Zurechtweisung, Warnung) des Herrn.» Für mich ist die Liebe das oberste Erziehungsprinzip. Auch in der Liebe gegenüber Kindern wird Gottes Gesetz erfüllt. Das Evangelium ist keine Drohbotschaft, sondern eine Freudenbotschaft.

Nationalrätinnen von CVP und EVP haben verlangt, dass für die Bundesverfassung ein neuer Religionsartikel geprüft wird. Der Artikel sollte den Willen der Schweiz verankern, für ein friedliches und diskriminierungsfreies Zusammenleben der verschiedenen Religionsgruppen bewusster einzustehen.

HANS-ULRICH ROHRBACH Der Autor ist Mitinhaber der IT Handelsfirma DigComm GmbH für Sicherheitslösungen im Internet und Unternehmensberater in Pfäffikon SZ. Er engagiert sich in verschiedenen christlichen Gruppen. rohrbachconsult@bluewin.ch

560 wollen weglassen, um zu gewinnen TIME-OUT Die Aktion «time-out: lass weg was zu viel ist!» des Blauen Kreuzes ist gut unter-

wegs. Die Idee dahinter: Weglassen, was nicht sein muss, zum Beispiel Süssigkeiten, Alkohol, Medien und Games. Der Aufruf findet auch bei Jugendlichen erfreuliche Resonanz.

«Nimm dir die Freiheit: Mach mit!» In der Zeit vom 26. Februar bis 7. April fühlen sich viele «so frei». 560 Personen haben sich bis jetzt gemeldet. Schwerpunkte zeichnen sich in den Regionen Zürich, Thurgau und Bern ab. Aus den Kantonen Aargau, BaselLand und Basel-Stadt, Solothurn und St. Gallen gingen bis jetzt je rund 30 Anmeldungen ein. Während der Aktionszeit berichtet Radio Life Channel jeweils am Dienstag und am Freitag um 7.10 und 9.10 Uhr. Die Anmeldefrist läuft noch bis am 2. April.

Starke regionale Verankerung

«Die 28. Aktion ist nicht schlecht angelaufen», bestätigt Hansruedi Seiler. Der 59-jährige Projektleiter freut sich, dass «time-out» gerade auch bei einem jüngeren ZielideaSpektrum 12.2012

publikum gut ankommt. «Über 100 Jugendliche wollen ihren Umgang mit den Neuen Medien überdenken und zum Beispiel auf Facebook, Games, iPod oder Handy verzichten.» Die Hälfte der bisherigen Teilnehmenden verzichtet bewusst auf Alkohol (60) oder Tabak (20 Rückmeldungen). Andere wollen auf Süssigkeiten verzichten. «time-out» wird regionalisiert durchgeführt. Mit einer Ausnahme: Seit rund zehn Jahren findet auf dem Barfüsserplatz Basel ein mehrstündiger Event statt. Seiler war am letzten Samstag selber dabei: «Verschiedene Gesundheitsligen, die Blue Cocktailbar, Rapper, Kinderzirkus, eine Kletterwand mit ‹Alkoholsimulationsbrille› und die Kantonspolizei BaselStadt sensibilisierten vielseitig

11

für die Aktion.» Diese wurde live von einem Lokalradio begleitet. Im Vorfeld des Anlasses meisterte der vierfache Familienvater und begeisterte Jogger «noch schnell» einen Städtelauf.

Nachfolgeprojekte denkbar

«Handysucht und Facebook ist ein wichtiger Punkt bei der diesjährigen Aktion», bestätigt Hansruedi Seiler. Die Thematik kommt deshalb auch bei Präventionsprojekten in Schulen zur Sprache. «Bezüglich Nachfolgeprojekten sind die Regionen gefordert. Als Ergänzung der Kampagnen zu den klassischen Suchtmitteln wie Alkohol und Tabak wäre das sinnvoll», ist Seiler überzeugt. THOMAS FEUZ www.blaueskreuz.net

Religionsartikel

Die Minarett-Initiative hat die Fronten verhärtet. Islamophobe Tendenzen in der Bevölkerung sind unverkennbar. Die Muslime sind die drittgrösste Glaubensgemeinschaft. Sie haben keinen mit anerkannten Kirchen vergleichbaren Rechtsstatus. Das ist richtig, denn die muslimischen Dachverbände haben sich bis heute nicht eindeutig und bedingungslos für die Akzeptanz des schweizerischen Rechtssystems ausgesprochen. Sie sind jetzt aber auf dem Weg, eine innermuslimische Organisation zu gründen als Gegengewicht zum islamischen Zentralrat. Diese Schritte sollten wir positiv begleiten. Es geht um die Klarheit unserer Rechtsordnung, an die sich alle zu halten haben. Genau zu diesem Zweck soll der konstruktiv-kritische Austausch mit anderen Religionsgemeinschaften verbindlicher werden. Die Gefahr ist gross, dass wir die Plattform des interreligiösen Dialoges und die Bemühungen um Religionsfrieden den politischen Scharfmachern überlassen. Deshalb könnte ein Religionsartikel ein Signal dafür sein, dass uns in der Schweiz der Religionsfrieden wichtig ist. Und er könnte ein Anstoss sein, den Weg des konstruktiven Dialoges aktiv zu gehen, statt misstrauisch und feindselig auf die neuen Ereignisse zu lauern, die unsere Vorbehalte nähren. Leider wurden der Vorstoss (Kathrin Amacker/Maja Ingold) und zwei Initiativen dazu (Kanton Baselstadt und Walter Donzé/Marianne Streiff) vom Parlament letzte Woche abgelehnt beziehungsweise nicht behandelt. MAYA INGOLD Die Autorin ist Nationalrätin der EVP und wohnt in Winterthur.


12

W I R T SC H A F T | F ORU M

«Biblische Werte könnten Defizite verhindern» WERTE-FORUM Die Schweiz braucht eine Neuorientierung mit christlichen Werten. Das betont Jürg Opprecht, Präsident

des ersten Schweizer Forums christlicher Führungskräfte. Der Anlass vereinigt am 23. und 24. März in Bern mehr als 400 Persönlichkeiten. Opprecht erwartet auch einen Schulterschluss zwischen Wirtschaft, Politik und Kirche. Warum ist das Forum christlicher Führungskräfte der wichtigste Anlass des Jahres in der Schweiz? Jürg Opprecht: In den vergange-

nen Jahren waren Skandale und drohende Pleiten in Politik und Wirtschaft an der Tagesordnung, und das auf höchster Ebene. Wertmassstäbe sind verloren gegangen. Wohl gibt die Bibel nicht direkt Antwort auf viele Sachfragen, aber wenn biblische Werte das Wertefundament bilden würden, so könnten manche Defizite verhindert werden. Wir müssen bezüglich Werte wieder «Back to the Basics».

Was erwarten Sie vom Forum für das Land?

Ein Reflektieren darüber, was unserem Land bisher Wohlstand und Frieden gebracht hat. Die Schweizer waren immer Men-

Impressum Idea Schweiz Herausgeber: Idea Information AG, 4410 Liestal Verwaltungsrat: Heiner Henny, Präsident; Sam Moser, Stellvertreter; Paul Beyeler, Hans Lendi, Hansjörg Leutwyler, Hanspeter Schmutz Ideelle Trägerschaft: Schweizerische Evangelische Allianz (SEA), Verband Evangelischer Freikirchen und Gemeinden (VFG), Arbeitsgemeinschaft Evangelischer Missionen (AEM) Redaktion: Aemmenmattstr. 22, 3123 Belp, Tel. 031 818 01 44, Fax 031 819 71 60 E-Mail: redaktion@ideaschweiz.ch Internet: www.ideaschweiz.ch Chefredaktor: Andrea Vonlanthen Büro: Bahnhofstr. 65, 9320 Arbon Tel. 071 446 70 02, Fax 071 446 74 88 E-Mail: andrea.vonlanthen@ideaschweiz.ch Redaktor: Thomas Feuz Erweitertes Team: Esther Reutimann, Christian Bachmann, Mirjam Fisch-Köhler Praktikum: Christof Bauernfeind Inserateservice: Jordi AG – das Medienhaus, Roland Rösti, Aemmenmattstr. 22, 3123 Belp, Tel. 031 818 01 25, Fax 031 819 38 54 E-Mail: inserate@ideaschweiz.ch Aboservice: Jordi AG – das Medienhaus, Ursula Seifried Jordi, Aemmenmattstr. 22, 3123 Belp, Tel. 031 818 01 20, Fax 031 819 38 54 E-Mail: abo@ideaschweiz.ch Abopreise: Jahresabo Fr. 145.–, Seniorenabo Fr. 117.–, Halbjahresabo Fr. 77.–. Das Abo ist unter Einhaltung einer vierwöchigen Frist jeweils zum Bezugsende kündbar. Konto: PC-Konto 40-788586-4 Idea Information AG, 4410 Liestal Layout/Druck/Versand: Jordi AG – das Medienhaus, Aemmenmattstr. 22, 3123 Belp www.jordibelp.ch

schen, die nicht nur an sich selbst, sondern auch ans Wohl des Ganzen gedacht haben. Doch viele Werte sind am Abbröckeln. Es braucht eine Neuorientierung. Ich erwarte aber auch einen Schulterschluss zwischen Wirtschaft, Politik und Kirche.

Briefen, die ich schreiben muss, Sitzungen und Begegnungen führe ich oft einen kurzen Dialog mit Gott. Manchmal bitte ich während einem Gespräch still um Weisheit für meine nächste Antwort.

Wie möchten Sie im Schaufenster der Öffentlichkeit gesehen werden?

Was erwarten Sie für sich selber?

Durch die Vielfalt an Referenten erwarte ich Inspiration für neue Denkansätze. Ich möchte Führungskräfte aus anderen Gesellschaftsbereichen kennenlernen, die mein Anliegen teilen und die mit mir und anderen heraustreten und für die biblischen Werte einstehen.

Welche drei brennenden Fragen sollen am Forum möglichst beantwortet werden?

• Was ist eigentlich mit Werten für den Führungsalltag gemeint? • Bringt es Nachteile, wenn man wertorientiert handelt und führt? Ist das nicht Schöndenkerei und profitfeindlich? • Gibt es neue kreative Möglichkeiten, um den Führungskräften einen wertorientierten Führungsstil schmackhaft zu machen?

Wofür sind christliche Verantwortungsträger verantwortlich?

Ihr Vorbild ist gefragt. Sie sollen die biblischen Werte in erster Linie leben und erst in zweiter Linie predigen, ganz nach dem Motto: «Lebe die Werte, und wo nötig predige sie!» Der persönliche Stil des Verantwortungsträgers prägt das Klima unter den Mitarbeitern.

Was zeichnet eine werteorientierte Führungskraft aus?

Integrität, Authentizität, Dialogbereitschaft, um nur einige zu nennen. Die Mitarbeiter erhalten Lob, aber auch Korrektur. Der Chef muss seine Mitarbeiter gern haben, ohne Kumpel zu sein.

Wie viel Gewinn ist ethisch vertretbar?

Nicht die Höhe des Gewinns ist entscheidend, sondern die Art und Weise, wie er erwirtschaftet

Als authentische Persönlichkeit. Als jemand, der auch das Wohl der Nächsten im Auge hat und in deren Leben etwas Positives bewirkt.

Was sollen die Medien am Ende Ihres Lebens über Sie schreiben? Neue Denkansätze: Der 61-jährige Unternehmer Jürg Opprecht aus Muri BE ist Präsident des Forums christlicher Führungskräfte. Er präsidiert auch die Stiftung Business Professionals Network, die in zahlreichen Ländern einheimische Unternehmer fördert.

wurde. Natürlich ist auch die Verwendung wichtig. Alle, die am wirtschaftlichen Erfolg beteiligt sind, sollen auch angemessen honoriert werden.

Was heisst es für Sie, einen christlichen Lebensstil zu führen?

Das zu leben, an was ich glaube. Ich möchte korrekturfähig bleiben. Ich möchte Andersdenkende achten und über andere in deren Abwesenheit nicht negativ reden.

Welche biblischen Prinzipien sind für Sie als Unternehmer zentral?

Einem Ziel zu dienen, das höher ist als ich selber – mich in den Dienst einer grossen Aufgabe zu stellen und mich selber nicht so wichtig zu nehmen. Nicht nur das eigene Interesse zu verfolgen, sondern auch auf die Bedürfnisse anderer einzugehen. Aber auch Leistungsbereitschaft, Zielorientiertheit, Qualität und Durchhaltevermögen sind mir wichtig.

Wie und wie oft holen Sie sich im Alltag göttlichen Rat?

Vor wichtigen Entscheiden, bei

Nicht über das, was ich erreicht habe, sondern über das, wer ich war. Welchen Unterschied ich im Leben anderer gemacht habe, und dass ich ein Segen für andere war.

Was würde Jesus als moderne Führungskraft wohl zuerst tun?

Für Recht, Gerechtigkeit, Ausgleich und Frieden sorgen, aber die Menschen auch zu Fleiss, Genügsamkeit und gegenseitigem Respekt aufrufen. Er würde sicher dahin wirken, dass seine Nachfolger respektive Untergebenen mehr aus der Perspektive der Ewigkeit handeln als zugunsten kurzfristiger Resultate.

Welche Rolle spielt Jesus Christus am kommenden Forum? Er soll das Fundament sein.

Interview: ANDREA VONLANTHEN

Grosses Interesse Das erste Forum christlicher Führungskräfte zum Thema «Werte leben – Zukunft gestalten» findet am 23. und 24. März in Bern statt. Hinter dem Anlass stehen ein Verein unter der Leitung von Jürg Opprecht (Präsident), Paul Beyeler, Wilf Gasser, Christian Kuhn und Nica Spreng und ein Patronatskomitee mit 16 Persönlichkeiten aus Wirtschaft, Politik und Kirche. Mit deutlich über 400 Anmeldungen ist das Forum bereits ausgebucht. www.christliches-forum.ch

idea Spektrum 12.2012


TAG E SSC H AU

13

Kulturmonat März findet nur verhaltenen Anklang ZWISCHENBILANZ Auch in diesem Jahr hat die Künstlerplattform «Arts+» wieder seinen Kulturmonat lanciert. Eine

Umfrage unter den teilnehmenden Künstlern zeigt aber, dass die Resonanz der Gemeinden zurückhaltend ausfällt.

Getanzte Geschichten

Die Reaktionen sind in diesem Jahr offenbar eher verhalten. Auf Nachfrage gaben viele Künstler

ARBEITS

GEMEINS

CHAFT

ARTS+

g 30 012 : : Freita enster 2 rf u lt u K ARTS+

splus.ch www.art

Der Evangelisch-methodistischen Kirche (EMK) in Hunzenschwil ist Kunst und Kreativität ein wichtiges Anliegen. Das wird schon auf Homepage der Gemeinde ersichtlich, die von verschiedenen Aquarellen zu biblischen Themen geschmückt wird. Es ist also nicht verwunderlich, dass sich die EMK auch am Kulturmonat beteiligt. Der Kulturmonat ist ein jährliches Angebot von «Arts+», der Plattform für Kunst und Kultur der Schweizerischen Evangelischen Allianz (SEA). Sie stellt eine Liste mit Kunstschaffenden aus verschiedenen Bereichen zusammen. Für ein vergünstigtes Honorar können diese während des Kulturmonats für den Gottesdienst engagiert werden.

. März :

: Zürich

:::::::

:::::

ition d a r T n e Zwischoderne und M

ng eihu 012 Verl 2 Mit xPlus re Pri de des beson um r fü ienste ltur u Verd und K e tung Kirch ranstal ss

Ve schlu urDie Ab ult zum chen-K 2 Kir 201 des onats M

Das Kulturfenster schliesst am 30. März den Kulturmonat ab.

an, kein Engagement erhalten zu haben. So erging es auch Emanuel Reiter aus Bichwil SG. Der Musiker spielt eigenen Akustik-PopRock, hat aber auch bekannte Lobpreissongs im Repertoire. In der kirchlichen Landschaft ist er damit noch nicht auf grosses Interesse gestossen und hat auch im Kulturmonat keine Anfrage erhalten. «Es sind Berührungsängs-

te vorhanden. Viele Gemeinden scheuen sich auch davor, einen finanziellen Aufwand in diesem Bereich zu betreiben», analysiert er die Situation. Dabei könnte es sich durchaus lohnen. Die Erfahrungen der EMK sind jedenfalls positiv. Am 11. März luden sie das Tanztheater «dito» unter der Leitung von Astrid Künzler in den Gottesdienst ein. Diese un-

terstützten die Predigt, indem sie die biblische Geschichte «Vom Pharisäer und Zöllner» tänzerisch darstellten. «Das haben sie super gemacht», freut sich Pastor Thomas Matter. Die ungewöhnliche Darbietung regte dazu an, die bekannte Geschichte aus einem neuen Blickwinkel wahrzunehmen.

«LiedTurgie» statt Liturgie

Ein bekannterer Name, wie der Sänger Markus Dolder, hatte in den letzten Jahren immer ein Engagement. Am Sonntag gestaltete er in der reformierten Gemeinde Winterthur-Seen einen Gottesdienst mit Liedern seiner neuen CD-Produktion «I syr Gägewart» (2010). Diese enthält eine Sammlung von neuen berndeutschen Liedern, die an der kirchlichen Liturgie entlang führen. Einen Gottesdienst mit einer so speziellen «LiedTurgie» haben die Zuhörer wohl auch noch nicht erlebt. CHRISTOF BAUERNFEIND

EVP und EDU würden Adoptionsrecht bekämpfen ADOPTION Der Ständerat hat am vergangenen Mittwoch mit 21 zu 19 Stimmen eine Motion überwiesen, die eine Öffnung des Adoptionsrechts für gleichgeschlechtliche Paare verlangt. Was sagen Vertreter der E-Parteien dazu? Wie bewerten Sie das Anliegen der Motion? Maja Ingold, Nationalrätin EVP:

Alle erwachsenen Personen, ungeachtet ihres Zivilstandes und ihrer Lebensform, sollen ein Kind, insbesondere das Kind des Partners oder der Partnerin, adoptieren können. Aber nur, und jetzt kommt der wichtigste, aber interpretationsbedürftige Satz, «wenn eine Adoption für das Kindeswohl die beste Lösung darstellt». Richtig und wichtig an dieser Motion ist, dass sie vom Kindeswohl ausgeht und nicht in erster Linie vom Erwachsenenrecht. Hans Moser, Präsident der EDU Schweiz: Das ist eine Entwicklung, die sich über die vergangenen Jahre in der Gesellschaft abgeidea Spektrum 12.2012

zeichnet hat. Als im Jahr 2005 das Partnerschaftsgesetz für die Eintragung gleichgeschlechtlicher Paare verabschiedet wurde, war von Adoption noch keine Rede. Nun wird auf einmal das Adoptionsrecht eingefordert. Es handelt sich hier um eine «Salamitaktik», mit der Stück für Stück der Stellenwert der Familie geschwächt wird. Man handelt nicht mehr zum Wohl des Kindes.

Welche gesellschaftlichen Folgen hätte eine Gesetzesänderung? Hans Moser: Die Familie und die

Partnerschaft von Mann und Frau werden entwertet. Gleichgeschlechtliche Paare wollen die Familienvorzüge für sich nut-

zen. Aber mit homosexuellen Eltern fehlt dem Kind entweder das Vaterverhältnis oder das Mutterverhältnis. Das führt zu einer falschen Entwicklung in der Gesellschaft. Maja Ingold: In der Motion wird grundsätzlich die Volladoption (gleichgeschlechtliches Paar kann nicht-leibliches Kind adoptieren) und darin «insbesondere» die Stiefkindadoption (Adoption des leiblichen Kindes eines Partners) ermöglicht. Die Berechtigung der Stiefkindadoption hätte eine Stärkung der Kindesrechte zur Folge für viele Kinder, die schon jetzt in Regenbogenfamilien leben. Die Volladoption würde die Gleichberechtigungsziele der Schwulen und Lesben in der Gesamtgesellschaft erfüllen und den Fokus eher von der Familie entfernen.

Wie würde Ihre Partei auf eine Gesetzesänderung reagieren? Maja Ingold: Für die EVP ist das

Recht des Kindes auf Vater und Mutter zentral. Sie würde sich auch im Falle einer Gesetzesänderung maximal für das Wohl des Kindes und das der Familie einsetzen. Die Volladoption würde die EVP deshalb entschieden bekämpfen. Hans Moser: Falls es zu einer Gesetzesänderung kommen sollte, wird die EDU sich dagegen wehren. Wie das konkret aussehen wird, ist allerdings zurzeit noch nicht entschieden. Ich gehe persönlich davon aus, dass es zu einem Referendum kommen könnte. Die Kreise, die die Einheit der Familie kippen wollen, sind sehr aktiv. Sie werden nicht nachgeben, bis sie alle Rechte eingefordert haben. CHRISTOF BAUERNFEIND Bilder: zvg


14

I NSE R AT E

2012

TOP-INTERNET Ferien | Mission

MÄRZ 2012 Traktate für Karfreitag/Ostern www.christliche-schriften.ch

Ferien und Seminare mit Weitblick

Blockiert von Zweifeln?

www.ferienzentrum-aeschiried.ch Tel: 033 654 18 10

2012_v3-Christl-Schriften.indd 1

27.02.12 15:29

www.hoffnungsnetz.ch

APRIL 2012

www.ideaschweiz.ch

2012-Top-Internet.indd 8

23.01.12

swisscreate.ch

e suberi Sach

3604 Thun www.daellenbach.ch Tel/Fax 033 336 83 30 / 29

Gipserei und Malerei

Arbeitsplätze schaffen

W. DÄllenbach AG

Dienstleistungen DIE MEISTER

30. März bis 1. April, Lebensmitte – Weichenstellung? Impulsweekend mit Marcel Dürst und Team. Anmeldung: www.aem.ch/veranstaltungen

direktkurier.ch büsslivermietung.ch

weininger-keramik.ch persönliche Geschenke z.B. Kinderteller und Tassen

15. – 20. April, Malferien Kurs in Montmirail mit Don Camillo und 13:58 Mut zur Gemeinde Infos: www.doncamillo.ch 15. – 20 April, Tanzwoche Kurs in Montmirail mit Don Camillo und Astrid Künzler-Büchter Info: www.doncamillo.ch 28. April, Tag der offenen Türe - Impuls- und Spieltag für die ganze Familie, SCM bvMedia, 3232 Ins 11 bis 17 Uhr. www.bvmedia.ch

MAI 2012 11. Mai, Symposium «Wirtschaft und

Swisscreate 45x29.5-2.indd 1

NEU_Top-Internet_2012.indd 1

13.01.2012 15:36:55

Wir freuen uns auf Sie 05.10.2009 www.garage-sigrist.ch

yourlovech_2009-2010.indd 1

30.01.12 15:47Soziales», 9.30 bis 12.30 Uhr, im Seminar-

Christliches Webportal

Chancen für alle 07:57:25

www.oelzweig.ch

www.papyrus-rolli.ch Schurwollduvets CH-Naturbetten

Kontrollen, Audits, Kurse, Shop

Wollbekleidung Icebreaker

062 962 11 52 www.pünter.ch

IDEA-MARKT

www.kamele.ch

www.crealeader.ch

crealeader.indd 1

22.11.11 13:48

Private Kleinanzeigen Gesucht

Immobilien

Buch: «Der geheimnisvolle Turm», Stephen English, BLB Verlag, Winterthur (vergriffen) Angebote an: Helena Gysin, 043 928 22 24 oder t.h.gysin@gmx.ch

Empfehle mich höflich für die Vermietung, Verwaltung oder den Verkauf Ihrer Liegenschaft, Eigentumswohnung oder Bauland. MAIENFISCH Immobilien / Verwaltungen, Telefon 044 830 21 08, www.maienfisch.ch

IHR BUCHEN AUCH SIE T RA SE IN KT MAR HWEIZ.CH AUF W W W.IDEASC

Fellwaren

IDEA-MARKT-Inserate

bequem online aufgeben www.ideaschweiz.ch unter: Inserate | Werbung, idea-Markt-private, Kleinanzeigen

Rubriken:

Kontakte / Immobilien / Zu verkaufen / Zu vermieten / Stellengesuch (für Privatpersonen)

hotel Lihn, Filzbach. Info und Anmeldung: www.lihn.ch

JUNI 2012 16. Juni, Bauchreden Adonia-Grundlagenseminar Kontakt 062 746 86 48 www.adonia.ch/kurse

JULI 2012 14. – 27. Juli, Open House Sommerferien für Familien in Montmirail/ Don Camillo Info: www.doncamillo.ch

OKTOBER 2012 29. – 31. Oktober, Warum lässt der gute Gott uns leiden? Kurs in zwei Teilen in Montmirail mit Pfr. Heiner Schubert, Pfr. Niklaus Schubert, MS Patient und Gerdi Schirl, Ärztin für Psychiatrie. Info: www.doncamillo.ch Agenda Eintrag buchen unter: inserate@ideaschweiz.ch - Erscheint 4x - Kostet CHF 100.00 exkl. MwSt.

idea Spektrum 12.2012


14

PUBLIREPORTAGE

9/2012 9/2012 ll ideaSchweiz ideaSchweiz

P u bl i r e P or tag e

15

Aufbruch beginnt manchmal mit der richtigen Frage.

Als Kirche aufbrechen Die Kirche hat eine grossartige Sendung: Sie ist in diese Welt gesandt, um als Zeugin die Botschaft von Jesus Christus zu leben und zu verkündigen. Ist dies neu? – Nein! Im Gegenteil: Wie Gott seinen Sohn und den Heiligen Geist in die Welt gesandt hat, sendet er seine Gemeinde in diese Welt. Diese längst bekannte Tatsache immer wieder neu zu betonen ist, auf den Punkt gebracht, das Anliegen der missionalen Theologie. Sie will die Kirche anregen, ihre Sendung aufzunehmen und in der Kraft des Heiligen Geistes zu leben. Die richtige Frage Am Anfang steht oft eine einfache und ehrliche Frage, so wie bei einer unserer Studierenden: Wie viele Ausländer besuchen eigentlich unsere Kirche? So klar wie die Frage war auch die Antwort: keine! Von dieser Antwort bewegt schrieb die Studentin ihre Abschlussarbeit über den Umgang mit Fremden in der Bibel. Die Auswirkungen der Frage wie auch der Abschlussarbeit können sich sehen lassen: Heute leitet diese Absolventin in ihrer Kirche eine Sprachschule für über 150 Männer und Frauen aus mehr als 20 Nationen. Am Anfang stand nur eine einfache Frage. Impulse für die Kirche Die missionale Theologie will helfen, die wichtigen Fragen zu stellen. Auch das IGW-Impulsheft „Als Kirche aufbrechen“ verfolgt dieses Ziel. Roland Hardmeier greift darin Fragen an die Kirche von heute auf. Wie kann Kirche so Kirche sein, dass sie ein glaubwürdiges und verständliches Zeugnis des Reiches Gottes wird? Ihre erste und vornehmste Sendung ist, denen das Evangelium zu verkünden, die gebrochenen Herzens sind; dort Hoffnung zu verbreiten, wo keine Hoffnung ist; dort zu helfen, wo keiner hilft; jene zu besuchen, die nicht besucht werden. Roland Hardmeier: „Die Urkirche weigerte sich, anstössige Elemente aus ihrer Ver-

kündigung zu entfernen, obschon das Evangelium vom Kreuz für die Juden ein Ärgernis und für die Griechen eine Torheit war. Das Evangelium ist ein Skandal für die Selbstgerechten, eine Anmassung an die Toleranten und ein Rätsel für die Postmodernen“ (Hardmeier, Impulsheft 02, S. 8). Kirche als Kirche in der Welt Im gleichen Impulsheft vertieft Hans-Peter Lang die Sehnsucht nach einer Kirche, welche die Gesellschaft des 21. Jahrhunderts in hohem Masse prägt. Wenn wir die Liebessprache Gottes verstehen und Jesu Beispiel folgen, müssen wir als seine Nachfolger zuerst für die Benachteiligten – die Geringsten unserer Brüder und Schwestern – da sein. Die Präambel der Schweizer Verfassung formuliert diesen Anspruch: „Die Stärke des Volkes misst sich am Wohl der Schwachen.“ Trotz Sozialhilfe leben in der Schweiz jedoch bereits heute 800‘000 Menschen unter der Armutsgrenze, die Scheidungsrate beträgt 50 %, 10‘000 ungeborene Kinder werden pro Jahr abgetrieben und jeden Tag begehen 3 - 4 Personen Selbstmord. Hinter diesen Zahlen verbergen sich Menschen mit Namen und einem Gesicht. Der Staat kann ihnen zwar Geld geben; die Kirche jedoch kann ihnen Würde und Liebe geben. Nimmt die Kirche ihre gesellschaftliche Verantwortung

IGW-Impulshefte

Die IGW-Impulshefte sind Arbeitsmaterialien für die Gemeinde, für Gemeindeleitungen, für Hauskreise, Jugendgruppen. Biblisch fundiert greifen die Hefte aktuelle Themen des Christseins auf. Dabei haben sie immer den Auftrag der Kirche und ihre Verantwortung in der Welt im Blick. Heft 1: Mit Jesus leben. Heft 2: Als Kirche aufbrechen (zusammen mit der Fachschule für Sozialmanagement) Heft 3: Geistgewirkt leben (erscheint Sept. 2012) Leseprobe & Bestellung unter: www.igw.edu/ueber-uns/publikationen/

Konferenz: Gemeinsam handeln II Samstag, 17. November 2012 in Hunzenschwil (AG)

Mit Prof. Johannes Reimer, Nationalrat Ulrich Giezendanner, Urs Hofmann, Hanspeter Lang u. a. Organisatoren: Fachschule für Sozialmanagement und IGW International Weitere Informationen auf www.igw.edu/gemeinsam-handeln

wahr, wird sie zum Licht der Welt. Kirche ist nur Kirche, wenn sie für andere da ist, nicht herrschend, sondern helfend und dienend. Der Auftrag der Kirche ist es, Botschafterin des Himmels in allen Bereichen unserer Gesellschaft zu sein. Es ist höchste Zeit, dass wir im Vertrauen auf die Zusagen Jesu unsere Verantwortung wahrnehmen.

Philipp Philipp Schön Schön Schulleiter Schulleiter FachFachschule schule für für SozialSozialmanagement management

IGW International

Fachschule für Sozialmanagement

www.igw.edu

www.sozialmanager.ch

Das Institut für Gemeindebau und Weltmission (IGW) wurde 1991 in Zürich gegründet. Es bietet eine breite Auswahl an Bachelor- und Masterstudiengängen an, aber auch einjährige Kurzprogramme und Fernstudiengänge. Bisher haben über 470 Personen ihre Aus- oder Weiterbildung bei IGW erfolgreich abgeschlossen und arbeiten als (Jugend-)Pastoren, sozialdiakonische Mitarbeiter, Missionare IGW IGW ist ist eduQua-zertifiziert eduQua-zertifiziert sowie als Bewegungs- und Gemeindeleiter.

idea Spektrum 12.2012

Fritz Fritz Peyer-Müller Peyer-Müller Rektor Rektor IGW IGW InterInternational national

Seit ihrer Gründung 2004 hat sich die Fachschule für Sozialmanagement zu einer der wichtigsten Kompetenzträgerinnen im Aufbau sozial-diakonischer Angebote entwickelt. Sie bildet im Rahmen einer berufsbegleitenden Weiterbildung Männer und Frauen zu Sozialmanagern aus. Die Fachschule fördert darüber hinaus das soziale Engagement der Gemeinden durch spezifische Kompakt-Angebote und bietet mit dem Forum für Sozialmanagement eine Plattform für Kompetenzträger der sozialdiakonischen Arbeit.


16

N AC H R IC H T E N

Was Christen in Deutschland von Joachim Gauck alles erwarten BUNDESPRÄSIDENT Führende Repräsentanten der Kirchen und Freikirchen sowie der evangelikalen Bewegung haben dem neuen deutschen Bundespräsidenten Gauck (72) Gottes Segen gewünscht.

D

er frühere mecklenburgische Pfarrer ist der erste Theologe im höchsten deutschen Staatsamt. Der EKD-Ratsvorsitzende, Präses Nikolaus Schneider, schrieb in seiner Gratulation: „Gottes Segen möge Sie leiten und begleiten, heute und an allen Tagen Ihres Lebens.“ Die Sehnsucht sei groß nach einer Persönlichkeit, die das Amt wieder in „ruhige Fahrwasser“ geleite. Gauck habe mit seiner Lebensgeschichte und seinem Einsatz für Demokratie und Freiheit viele Menschen erreicht und überzeugt. Umso größer seien die Erwartungen und Hoffnungen, die sich an ihn richteten. Der Ratsvorsitzende: „Ich hoffe, dass Ihnen und Ihrer Lebensgefährtin Daniela Schadt diese hohen Erwartungen nicht zur Belastung werden, sondern Antrieb und Ermutigung bleiben.“ Der Vorsitzende der (katholischen) Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch (Freiburg), äußerte: „Ihre christliche Prägung und Ihr Wirken in der evangelischen Kirche, Ihr Kampf für die Überwindung der Unfreiheit und vor allem die tatkräftige Aufarbeitung der Stasi-Vergangenheit der ehemaligen DDR sind große berufliche und menschliche Verdienste.“

Allianz: Das Amt „heilen“ Für den Vorsitzenden der Deutschen Evangelischen Allianz und Präses des Evangelischen Gnadauer Gemeinschaftsverbandes,

Michael Diener (Kassel), kann Gauck dazu beitragen, dass das Amt des Bundespräsidenten „heilen und neu mit Profil gefüllt werden kann“. Er wünsche sich von Gauck, dass dieser „weitgehend unabhängig gegenüber Parteien und Medien agiert“ sowie dass erlebbar werde, dass christlicher Glaube dem Leben „Rückgrat verleiht“.

genüber den Empörungsritualen der Politiker und Medien: „Möge Gauck verschont bleiben vor unheiliger, moralistisch selbstgerechter Inquisitionsmentalität der Presse und Talkshows! Wir hoffen, dass die ihm als Pastor bekannten Koordinaten christlicher Ethik Richtschnur seines Wirkens werden, zum Segen Deutschlands.“

Freikirchen: Alle mitnehmen!

Bürgerrechtler erwartet „Engagement gegen Gottvergessenheit“

Der Präsident der Vereinigung Evangelischer Freikirchen (VEF), Präses Ansgar Hörsting (Witten), wünscht Gauck, dass er mit „Verve und Weitsicht die für das Wohl unserer Gesellschaft notwendigen Klärungen auf eine Art und Weise ansprechen kann, die alle mitnimmt“. Zudem wünsche er Gauck, dass ihm „nie die Gewissheit abhandenkommt, dass wir einen gnädigen, menschenfreundlichen Gott haben, der uns diese Welt anvertraut, uns Aufgaben zutraut und auf dessen Hilfe wir setzen dürfen“.

Bekennende Gemeinschaften: Bloß nicht diese Talkshows! Der Vorsitzende der (theologisch konservativen) Konferenz Bekennender Gemeinschaften in den evangelischen Kirchen Deutschlands, Pastor Ulrich Rüß (Hamburg), erklärte gegenüber idea, Gauck möge sich von der von Martin Luther beschriebenen „Freiheit eines Christenmenschen“ leiten lassen, die innere Souveränität schenke ge-

Nach den Worten des früheren Bürgerrechtlers Oberlandeskirchenrat i. R. Harald Bretschneider (Dresden) ist Gauck „ein Christenmensch, der sich in der DDR für das Evangelium und für die daraus erwachsende Freiheit eingesetzt hat. Er war nicht von Anfang an für die Bürgerrechtsbewegung aktiv, er ist ihr gegenüber aber aufgeschlossen gewesen und hat gegen Ende der DDR versucht, die Wirkung der Bürgerrechtler zu verstärken“. Er erwarte von Gauck, dass dieser „durch evangelisches Engagement der Gottvergessenheit in unserer Gesellschaft entgegentritt“. Zudem erhoffe er sich, dass Gauck „den laizistischen Tendenzen wehrt, die häufig ein Grund für die gegenwärtigen Krisen sind. Die religiöse Dimension des Lebens darf in der Öffentlichkeit nicht verleugnet werden.“ Bretschneider hatte die Kampagne „Schwerter zu Pflugscharen“ (Micha 4,3) durchgeführt und damit die Friedliche Revolution in der DDR vorbereitet. P

Während die bürgerliche Presse hohe Erwartungen an den neuen Bundespräsidenten hat, lehnen ihn linksstehende Tageszeitungen weithin ab. Die kommunistische „junge Welt“ ist prinzipiell gegen ihn, ebenso das sozialistische „Neue Deutschland“.

Staatsoberhaupt Joachim Gauck

Präsident Moses Seelsorger der Nation


Das Bild der Woche TERRORISMUS

SAUDI ARABIEN J EMEN SANAA HAUPTSTADT Tais Der Ort des Anschlags

12.2012

Im Jemen können Christen ihres Lebens nicht mehr sicher sein – selbst wenn sie nur der armen Bevölkerung helfen wollen. In diesem Auto wurde der US-amerikanische christliche Sprachlehrer Joel Shrum (30) am 18. März in der Stadt Tais erschossen. Er war auf dem Weg zur Arbeit, als Motorradfahrer das Feuer auf ihn eröffneten. Eine mit dem islamischen Terrornetzwerk al-Qaida in Verbindung stehende Gruppe erklärte, der Anschlag richte sich gegen eine „Evangelisierungskampagne“. Doch das Internationale Ausbildungs- und Entwicklungszentrum, an dem Shrum tätig war, wies alle Missionierungsvorwürfe zurück. An dem Zentrum arbeiten Muslime und Christen zusammen. Shrum hinterlässt seine Frau und 2 Kinder. Wenige Tage zuvor war eine 32-jährige Schweizer Sprachlehrerin in der Hafenstadt Hobeida entführt worden. Von ihr fehlt jede Spur. Auch christliche Entwicklungshelfer aus Deutschland sind im Jemen Opfer von Entführungen und Ermordungen geworden, darunter Johannes und Sabine Hentschel aus dem sächsischen Meschwitz bei Bautzen. Am 12. Juni 2009 wurden sie mit ihren 3 Kindern und 4 anderen Christen verschleppt. Von den Eltern und ihrem Sohn Simon sowie von einem britischen Ingenieur fehlt jede Spur. 2 deutsche Krankenschwestern und eine südkoreanische Lehrerin wurden erschossen. Hentschels Töchter Lydia (7) und Anna (5) wurden 2010 überraschend befreit und kehrten nach Deutschland zurück.


18

N AC H R IC H T E N

INTERNET

Jetzt schon über 1.000 idea-Fans bei Facebook FACEBOOK Die idea-Redaktion stellt „Nummer“ 1.000 vor: Monika Karb, dreifache Mutter und Internetmissionarin

l

Die idea-FacebookSeite erfreut sich wachsender Beliebtheit: Monika Karb ist Fan „Nummer“ 1.000.

großes Missionsfeld. Ich bin in einigen Foren aktiv, aber auch in Facebook und auf Twitter. Dort verbreite ich Gottes Wort genauso wie moderne Lobpreismusik, evangelistische und seelsorgerliche Themen.” Dazu betreut sie das Blog http://4gott.de/lampertheim und lernt, wie sie Nichtchristen in ihrer Stadt im Netz erreichen kann.

b www.facebook.com/ideade

idea Fernseh- und Hörfunk-Tipps

Foto Karb/privat

Monika Karb ist der 1.000. idea-Fan auf Facebook. Die 46-jährige Mutter dreier Kinder kommt aus dem südhessischen Lampertheim. Dort ist sie seit 2003 in der Baptistengemeinde aktiv und leitet den örtlichen Gebetstreff. „Durch idea zeigt mir Gott sein Handeln und Wirken – weit über meinen begrenzten Horizont hinaus. Es wird von vielen unterschiedlichen christlichen Gemeinschaften berichtet, und ich bekomme oft hervorragende geistliche Impulse. Es geht um christliche Nachrichten, die ich eben sonst nirgendwo erfahre”, beschreibt Karb ihr Interesse an idea. Auch beruflich ist die Baptistin im Auftrag Gottes unterwegs: Alle 14 Tage moderiert sie für das christliche Ichtys- Radio die Sendung „Samstag Abend mit Jesus”. Zudem sendet sie einmal wöchentlich Predigten aus der Evangelisch-Freikirchlichen Gemeinde Lampertheim, erfüllt Hörermusikwünsche und moderiert den Radiochat auf der Webseite. Ihr neuestes Projekt: Sie lässt sich zur Internetmissionarin ausbilden. „Das Netz ist durchaus ein

24. bis 30. März

FERNSEHEN Sonntag, 25. März

Dienstag, 27. März

Mittwoch, 28. März

Donnerstag, 29. März

Freitag, 30. März

9.30–10.15 Ev. Gottesdienst aus Nidderau-Ostheim/Hessen

20.15–21.15 Nie wieder Fleisch? Die Konsequenzen der massenhaften Fleischproduktion

21.00–21.30 ERF 1 Fanny Crosby – Der erstaunliche Erfolg einer blinden Poetin (Teil 2 um 21.00)

22.15–23.10 Fasten und Heilen. Altes Wissen und neueste Forschung. Dokumentation

21.15–21.45 Mut zur Taufe – Wenn Muslime Christen werden

20.15–21.00 Baustelle Bildung. Ein indisches Missionszentrum gibt mit dem Bau einer Schule den Kindern Hoffnung

22.45–23.15 Die Lohnsklavinnen – Billigmode aus Indien, wo Eltern ihre Töchter an die Textilindustrie verkaufen

22.30–23.15 Glaube, Liebe, Couscous. Dokumentation über eine Kölner Familie zwischen Bibel und Koran

21.45–22.30 Hoffnung für Burkina Faso. Wie ein afrikanisches Pastorenehepaar mit einer Ausbildungsstätte Mädchen neue Perspektiven gibt

Donnerstag, 29. März

Freitag, 30. März

20.00–21.00 ERF Plus Bilanz: Wir haben nur drei Waffen. Pastor Horst Marquardt im Gespräch mit Gerda Ehrlich, die Woche für Woche eine Mahnwache für gefangene und gefolterte Christen vor der nordkoreanischen Botschaft in Berlin hält

16.00–17.00 ERF Plus Heilung durch Gebet – und wenn keine Heilung sichtbar wird? Dr. Arne Elsen über ein thematisch heißes Eisen

10.00–10.30 Allah und die Politik - das Verhältnis zwischen Staat und Religion im Iran 12.05–12.35 Mit der Familie in den Slums

HÖRFUNK Sonntag, 25. März 8.30–9.00 9.45–10.00 Gott in die Arme fallen - Wie Ev.-reformierte Predigt der Bibliolog Kirchgemein10.00–11.00 ERF Plus den neu belebt Gottesdienst aus der Ev. 8.40–9.00 Freien Gemeinde HüttenEntscheidung finden berg-Hochelheim

10.00–11.00 Ev. Gottesdienst aus Burgstädt (bei Chemnitz)

9.04–9.30 Von Zellklümpchen und göttlichem Odem

12.05–12.30 Karl May – Missionar des christlichen Edelmuts

10.00–11.00 Evangelischer Gottesdienst aus Lengede (bei Salzgitter)

11.30–12.00 Demut – Heilmittel gegen den Machbarkeitswahn

20.00–21.00 ERF Plus Das Kreuz – ein nicht mehr hoffähiges Symbol? Eine Sendung mit Michael Kotsch

Wer reagieren möchte, kann dies unter folgenden Rufnummern tun: ARD: 089/5900-3344 | Bibel.TV: 040/4450660 | Das Vierte: 0180/5843783 Deutschlandfunk und Deutschlandradio: 0221/345-1831 | DRS 2: (0)848/808080 | ERF: 06441/957-0 | HR (TV): 069/1555111 | Kabel 1: 0180/5011150 KiKa: 0180/2151514 | Luth. Stunde: 04264/2436 | MDR: 0341/300-5401 | NDR: 0511/988-2393 | Phoenix: 0180/28213 | RBB: 030/97993-2171 SF 2: (0)62/2059050 | SR 2: (0)681/6022222 | SWR: 07221/929-0 | WDR (Radio): 0221/5678-333 | WDR (TV): 0221/5678888 | ZDF: 06131/7012164

12.2012


N AC H R IC H T E N

19

Unternehmer: Wer verschenkt, wird reich ETHIK & WIRTSCHAFT „Handelsblatt“ stellt vorbildliche Spitzenkräfte vor.

W

as zeichnet „gute Unternehmer“ aus? Mit dieser Frage beschäftigt sich Deutschlands auflagenstärkste Wirtschaftszeitung, das „Handelsblatt“ (Düsseldorf, 16. März). Als Beispiele werden auch zwei bekennende evangelische Christen genannt: Nicola Leibinger-Kammüller (Ditzingen bei Stuttgart), Chefin des schwäbischen Maschinen- und Anlagenbauers Trumpf, und Heinrich Deichmann (Essen), Chef der größten Schuheinzelhandelskette Europas. In einem Interview in der Ausgabe bekennt er: „Geld ist für mich

Leibinger-Kammüller Heinrich Deichmann

als Christ etwas, was mir anvertraut wurde. Über die Verwendung des Geldes muss ich vor Gott Rechenschaft ablegen.“

Fotos: Inacker/idea/kairospress; Übrige/PR

Ich hätte ein schlechtes Gewissen Der 49-Jährige führt das Familienunternehmen in der dritten Generation. „Ich muss vor Gott die Frage beantworten können: Welche sinnvollen Dinge habe ich mit meinem Geld, meinem Einfluss, meiner Zeit bewirkt?“, sagte Deichmann. Das Unternehmen engagiert sich auch humanitär, etwa in Indien und Tansania, vor allem mit seinem Sozialwerk „Wort&Tat“. Menschen helfen zu können, sei eine „unheimlich bereichernde Erfahrung“, so Deichmann. Auf die Frage, ob es ihn belaste, vor Gott Rechenschaft ablegen zu müssen, antwortete er: „Als Christ hätte ich ein schlechtes Gewissen, wenn ich keinen Weg finden würde, andere Menschen an meinem materiellen Wohlstand teilhaben zu lassen.“ Aus seiner Sicht wird man reich, wenn man verschenkt. Deichmann verwies in diesem Zusammenhang auf das Jesuswort: „Sammelt euch Schätze im Himmel, wo weder Motten noch Rost sie zerfressen“ (Matthäus 6,20). Als arm sieht 12.2012

Deichmann Menschen an, die so selbstsüchtig sind, dass andere in ihrem Leben nicht vorkommen. Ein „großes Übel“ sei es, wenn Menschen sich und ihre Familie nicht ernähren könnten: „Solche Menschen gibt es weltweit leider immer noch viele, viel zu viele.“

Bekenntnis: Jesus ist die Wahrheit Im Handelsblatt-Interview beschreibt der vierfache Vater, der in eine Freie evangelische Gemeinde geht, auch seine Vorstellung von Jesus: „Gott hat sich in ihm offenbart, indem er ihn sagen lässt: Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben.“ Deichmann ist mit dieser Botschaft in seinem Elternhaus und seiner Gemeinde aufgewachsen. Der Leitsatz seiner Firma, die weltweit rund 32.500 Mitarbeiter beschäftigt – davon 14.000 in Deutschland –, sei: „Das Unternehmen muss den Menschen dienen.“ Unter anderem bietet Deichmann seien Beschäftigten Gesundheitswochen und eine Betriebsrente.

„Doppel-Moral ist ihr fremd“ Das Blatt porträtiert ferner die TrumpfChefin Leibinger-Kammüller. Das Unternehmen beschäftigt 8.600 Mitarbeiter und ist mit zwei Milliarden Euro Jahresumsatz ein Weltmarktführer in der Fertigungs- und Medizintechnik sowie für industrielle Lasersysteme. Dem Handelsblatt zufolge hängt der Erfolg der Unternehmerin auch von ihren christlichen Wurzeln ab: „Die evangelische Kirche hat sie geprägt.“ Die Zeitung zitiert Leibinger-Kammüller mit den Worten,

Unternehmer brauchten neben h b h b Klugheit, l h Besonnenheit und Leistungsbereitschaft auch „den Willen zum Verzicht“. Die Mutter von vier Kindern sei davon überzeugt, dass man Werte nicht in privat und öffentlich trennen könne: „Doppel-Moral ist ihr fremd.“ Die Unternehmerin pflege einen intensiven Dialog mit Politik, Gesellschaft und Kirchen.

Profilierter Christ wird Vizechef Neu in die Chefredaktion der führenden deutschen Wirtschaftszeitung steigt zum 1. April ein engagierter evangelischer Christ ein: der Historiker Michael Inacker. Er wird Stellvertretender Chefredakteur des Handelsblattes und Leiter ihres Hauptstadtbüros. Bisher war er Leiter der Bereiche Konzernkommunikation und Politik bei der Metro-Gruppe. Inacker ist ehrenamtlich Vorsitzender der Internationalen Martin Luther Stiftung. P Michael Inacker

Die christlichen Bestseller im Februar 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10

(7) Lynn Austin: Bibliothek der Träume • Francke • 22.90 SFr. (1) Burpo/Vincent: Den Himmel gibt’s echt • SCM Hänssler • 22.50 SFr. (4) Eric Metaxas: Bonhoeffer • SCM Hänssler • 44.50 SFr. (3) Sarah Young: Ich bin bei dir • Gerth • 23.50 SFr. (2) Nick Vujicic: Mein Leben ohne Limits • Brunnen • 25.50 SFr. (5) Axel Kühner: Ein Lächeln macht die Runde • Aussaat-Verlag • 14.90 SFr. (-) Lynn Austin: Luisas Töchter • Francke • 11.90 SFr. (-) James L. Rubart: Das Haus an der Küste • Gerth • 24.50 SFr. (8) Phillip Keller: Was mein Hirtenhund mich lehrte • Francke • 13.50 SFr. (-) Rebecca James: Du bist geliebt • Gerth • 19.50 SFr.

(Roman) (Biografie/Erzählung) (Biografie) (Andachten) (Biografie) (Lebenshilfe) (Roman) (Roman) (Biografie) (Erzählungen für Frauen)

Umfrage bei evangelischen Buchhandlungen in Zusammenarbeit mit der Vereinigung Evangelischer Buchhändler und Verleger.


N AC H R IC H T E N

Wo 6.000 Deutsche nach 1945 umkamen SCHLESIEN Deutsche & polnische Repräsentanten haben der Opfer der „Oberschlesischen Tragödie“ im ehemaligen polnischen KZ gedacht.

P OL E N Schlesien

WARSCHAU HAUPTSTADT

Görlitz

TSCHECHIEN

Lamsdorf (Lambinowice)

UKRAINE

DEUTSCHLAND

I

n dem ehemaligen polnischen Konzentrationslager Lamsdorf sind nach Kriegsende 1945 aufgrund von Folterungen und Mord bis zu 6.000 deutsche Zivilisten umgekommen. Bei der Feier sagte laut Magazin „Schlesien heute“ (Görlitz) der Vorsitzende des Verbandes der Deutschen Gesellschaften in Polen, Bernard Gaida: „Der Friedhof in Lamsdorf ist ein Beispiel des symbolischen Gedenkens des Nachkriegsterrors auf schlesischer Erde … Wir gedenken auch derjenigen, die nach dem Krieg in ihren Häusern getötet, vergewaltigt oder als Sklaven in die Sowjetunion verschleppt wurden. Für viele endete der Krieg nicht im Jahre 1945. Es gab viele Lager, die nicht nach seinem Ende geschlossen wurden. Dieser Ort, wie auch Hunderte andere, ist ein Beweis dafür.“ Damit spielte Gaida darauf an, dass nach 1945 in den Staaten, die sowjetisch besetzt waren – wie auch das Gebiet der späteren DDR –, die nationalsozialistischen KZs oft von kommunistischer Seite übernommen wurden und dort weitere Hunderttausende starben. Vor der Kranzniederlegung fand ein Gottesdienst mit dem Pfarrer für die deutsche Minderheit und dem Ortspfarrer statt. Auch der polnische Vize-Gouverneur Antoni Jastrzembski benannte das Unrecht

SLOWAKEI

beim Namen: „Die Oberschlesische Tragödie war eine historische Tatsache. Ihre Betroffenen waren die deutschen Schlesier ... Ihr Leiden – Morde, Aussiedlung nach Osten, wo Menschen zur Arbeit wie Sklaven gezwungen wurden, Vergewaltigungen, die über Jahre hinaus zum Tabuthema wurden – kann nicht durch Kriegsrecht oder Rache erklärt werden.“ Der einstige Kommandant des polnischen KZ Lamsdorf, Czeslaw Gemborski, wurde zwar angeklagt (1947 und 1959), es kam jedoch – wie es heißt – aus politischen Erwägungen zu keiner Verurteilung des Massenmörders. Nach seinem Tod 2006 bedauerte die Präsidentin des Bundes der Vertriebenen, Erika Steinbach (Berlin), dass er nicht für seine Verbrechen zur Rechenschaft gezogen wurde. P

Der deutsche Abgeordnete im polnischen Parlament Gaida (l.) und Vize-Gouverneur Jastrzembski

Deutsche und Polen legten am Gedenkkreuz im polnischen Ex-KZ Lamsdorf Kränze nieder.

NOTIERT Empörung: Medizinethiker geben Babys zum Töten frei Weltweite Empörung haben zwei Medizinethiker ausgelöst. Nach ihrer Ansicht sollte es Eltern erlaubt werden, ihr neugeborenes Baby umbringen zu lassen. Im „Journal für medizinische Ethik“ (London) begründen Alberto Giubilini und Francesca Minerva von der Monash-Universität in Melbourne ihre Ansicht damit, dass ein neugeborenes Kind noch keinen „moralischen Status als Person“ habe. Deshalb sei das Töten eines Babys nichts anderes als ein Schwangerschaftsabbruch: „Sind die Umstände nach der Geburt so, dass sie eine Abtreibung gerechtfertigt hätten, dann sollte die Abtreibung auch nach der Geburt noch möglich sein.“ Dies könne der Fall sein, wenn sich Eltern überfordert fühlten. Ein Mitglied des Deutschen Ethikrats zeigte sich „entsetzt“ über diese Thesen. Das sei „vorchristliches Heidentum“, sagte der Landesbischof Christoph Kähler i. R. (Leipzig) idea. „Die Tötung von Neugeborenen ist in keiner Hinsicht verantwortbar.“ Er kenne keinen ernstzunehmenden BioEthiker in Deutschland, der sich so eine Position zu eigen machen würde.

Intelligenzforscher: Gute Noten werden nicht vererbt Studierte Eltern brauchen kein schlechtes Gewissen zu haben, wenn ihre Kinder in der Schule nicht die erhofften guten Noten erreichen. Denn intelligente Eltern bringen nicht automatisch intelligenten Nachwuchs hervor. So der Marburger Psychologieprofessor Detlef H. Rost in der Zeitschrift „Eltern Family”. „Gute Noten werden nicht vererbt“, so der Intelligenzforscher. Nach seinen Angaben setzt sich Intelligenz aus vermutlich mehr als 100 Genen zusammen. Bei der Vererbung könnten daraus unzählige Kombinationen entstehen. Sehr intelligente Eltern brächten im Durchschnitt nicht ganz so intelligente Kinder hervor. Dagegen hätten Väter und Mütter mit geringerer Intelligenz im Schnitt etwas schlaueren Nachwuchs. Rost rät Eltern im Blick auf die Noten ihrer Kinder zu mehr Gelassenheit: „Es ist keine Katastrophe, wenn ein Kind keine Gymnasialempfehlung bekommt. Und mit Schuld hat das nichts zu tun.“

Fotos: VdG

20

12.2012


N AC H R IC H T E N

21

Glaskathedrale: Vom Weltruhm zur Spaltung NIEDERGANG Kaum eine andere Gemeinde in den USA ist in den letzten 50 Jahren neben Willow Creek (Chicago) so zu Weltruhm aufgestiegen wie die Glaskathedrale in Garden Grove (Kalifornien), aus der der weltweit verbreitete Fernsehgottesdienst „Stunde der Kraft“ (Hour of Power) kommt.

T

ausende aus dem deutschsprachigen Europa besuchten und bestaunten die Gemeinde. Inzwischen ist sie nicht nur insolvent, sondern auch gespalten. Der reformierte Pastor Robert H. Schuller (85), der die Gemeinde 1955 in einem Autokino gegründet hatte, hat sie im Streit verlassen und verklagt die neue Leitung. Mit ihm gingen seine Frau Arvella, seine Töchter Sheila Schuller Coleman und Gretchen Penner mit ihren Ehemännern sowie ein Teil der bisherigen Mitglieder. Schuller Coleman – ehemalige Hauptpastorin – gründete sofort eine neue Gemeinde mit Missionswerk: das „Hope Center of Christ“ (Hoffnungszentrum Christi). Der erste Gottesdienst fand am 18. März in einem Großkino im AMC-Einkaufszentrum statt. Robert H. Schuller will sich aber nicht der Gemeinde seiner Tochter anschließen.

Wie lange noch sendet die „Stunde der Kraft“? Die Glaskathedralengemeinde und die Trägerorganisation der „Stunde der Kraft“ werden jetzt von John Charles geleitet. Die deutschsprachigen Ausstrahlungen über die Fernsehsender Tele 5 und Bibel TV gehen nach Auskunft des Geschäftsführers von „Hour of Power“ Deutschland, Frank Handrich (Augsburg), zumindest bis Ende Mai wie bisher weiter.

Positives Denken verhinderte nicht den Niedergang Wie kam es zu diesem Niedergang? Schuller predigte eine vom positiven Denken beeinflusste ermutigende Glaubensbotschaft, die von Beginn an auf große Resonanz stieß. 1970 begann er mit den Ausstrahlungen der „Stunde der Kraft“, die weltweit bis zu 20 Millionen Zuschauer hatte. 1980 wurde die mit 10.000 Glasscheiben sowie 2.700 Sitzplätzen ausgestattete Glaskathedrale eingeweiht. Die Gemeinde wuchs auf bis zu etwa 10.000 Mitglieder. 2008 kam es zum Zwist in der Großfamilie Schuller, die in der Leitung stark vertreten war. Der designierte Nachfolger des Gründers, der älteste Sohn Robert A. Schuller (57), trennte sich von der Gemeinde. Hauptpastorin wurde seine Schwester Schuller Coleman. Im Oktober 2010 musste die Gemeinde Insolvenz anmelden, weil sie mit über 40 Millionen Euro in der Kreide stand. Im Februar 2012 wurde die Glaskathedrale für knapp 44 Millionen Euro an die katholische Diözese von Orange County verkauft. Sie räumte der reformierten Gemeinde ein Mietrecht über drei Jahre ein.

Fotos: AP

Die Gemeindeleitung wurde verklagt Zur Spaltung beigetragen haben nicht nur unterschiedliche Vorstellungen von der geistlichen Ausrichtung der Gemeinde und des Fernsehgottesdienstes, sondern auch Streit um Geld. Nach seinem Abschied erhob Robert H. Schuller in einer Videobotschaft schwere Anschuldigungen gegen die Gemeindeleitung: 12.2012

Die 2.700 Plätze zählende Glaskathedrale in Garden Grove in Kalifornien. Oben: Robert Schuller junior mit seinem Vater Robert Schuller senior.

Seine Altersversorgung sei bedroht. Jahrzehntelang habe er auf Honorare für seine Bücher, Schriften und anderes geistiges Eigentum zugunsten der Gemeinde verzichtet und darauf vertraut, dass die Gemeinde ihn im Ruhestand versorgen würde. Man habe auch einen entsprechenden Vertrag abgeschlossen. Doch die neue Gemeindeleitung wolle ihn nicht erfüllen. Wegen Vertragsbruchs haben die Schullers die neue Gemeindeleitung verklagt. Es gehe um einen Gesamtbetrag von 4,2 Millionen Euro. P

b www.crystalcathedral.org • www.hopecenteroc.org www.hourofpower.de Anzeige Seit mehr als 20 Jahren Reisen nach Israel

Neue Horizonte entdecken. Menschen begegnen. Urlaub genießen.

27. August bis 10. September 2012

Frühbucher-Rabatt verlängert bis 30.04.12

50,–

Mut zur Stille

KurReise ans Tote Meer in Israel

Mit Vorträgen und Ausflugsm smögglichkeiten. Reiseleitung: Barbara Schneiide der, „Israel heute“ Heiner Zahn GmbH . Postfach 65 . 72222 Ebhausen Tel. 07458 99990 . Fax 999918 . info@handinhandtours.de . www.handinhandtours.de


22

IN T ERV IEW

Auch Gesunde müssen sterben CHRISTEN IM GESUNDHEITSWESEN Christen erwarten viel von Ärzten und Pflegepersonal. Doch was ist ihnen überhaupt möglich? Aus Anlass des dritten Christlichen Gesundheitskongresses vom 22. bis 24. März in Kassel dazu ein Interview von Karsten Huhn mit dem Vorsitzenden des Vereins der „Christen im Gesundheitswesen“, Chefarzt Georg Schiffner aus Hamburg.

Ersetzt heute der Arzt den Priester? Ein Pionier des modernen Krankenhauses, Rudolf Virchow (1821–1902), erklärte: „Ich scheue mich nicht zu sagen, es ist die Wissenschaft für uns Religion geworden. Wissenschaft hat aber nur ein einziges Ziel, dem Humanismus zu dienen und in die Rolle einzutreten, welche in früheren Zeiten den transzendenten Strebungen der verschiedenen Kirchen zugefallen war.“ Das war die fortschrittsoptimistische Epoche des 19. Jahrhunderts. Von solchen Vorstellungen hat sich die Ärzteschaft entfernt, wenn nicht sogar verabschiedet. Die Ärzte haben einen Gegner, gegen den sie letztendlich immer als Verlierer dastehen: den Tod. Da haben wir viel von der Hospizbewegung gelernt. Auf der letzten Lebensetappe hat es keinen Sinn, gegen den Tod anzuarbeiten. Die lindernde Behandlung unheilbar Schwerstkranker, die Palliativmedizin, gehört inzwischen zum Prüfungsstoff für Medizinstudenten. Inzwischen gibt es auch einen ersten Lehrstuhl für „Spiritual Care“, der sich mit Seelsorge und Sinnfragen am Krankenbett auseinanGeorg Schiffner (51) ist Facharzt für Innere Medizin, Naturheilverfahren, Geriatrie und Palliativmedizin sowie Chefarzt des Geriatriezentrums und Palliativbereiches im katholischen Krankenhaus Groß-Sand in Hamburg-Wilhelmsburg. Zudem ist er Vorsitzender von „Christen im Gesundheitswesen“ (cig). Er gehört der Nordelbischen Evangelisch-Lutherischen Kirche an, ist verheiratet und Vater von fünf Kindern. b www.cig-online.de • 04104 9170930

dersetzt. Das alles hilft, den Tod als Bestandteil des ärztlichen Berufes anzunehmen.

Ein Giftcocktail zum Lebensende Der an Krebs erkrankte ehemalige Bundesligaspieler Timo Konietzka nahm sich in diesen Tagen mit einem Giftcocktail das Leben. Er sagte: „Ich will kein Pflegefall werden, angeschlossen und künstlich am Leben erhalten.“ Was hätten Sie ihm geraten, wenn er bei Ihnen in Behandlung gewesen wäre? Ich hätte zunächst versucht, ihm zuzuhören und ihn kennenzulernen. Natürlich ist es als Palliativmediziner und Christ mein Credo, dass es nicht in unserer Hand steht, das Leben selbst zu beenden, aber ich bin auch nicht der Richter über die Entscheidungen anderer Menschen. Krankenhäuser sind heute hochmoderne Fabriken, in denen die Patienten wie am Fließband abgefertigt werden. Haben Sie als Chefarzt überhaupt die Zeit, mit ihren Patienten lange Gespräche zu führen? Natürlich muss ich meine Zeit sehr gezielt einsetzen und kann nicht mit jedem lange Gespräche führen. Aber wir arbeiten in einem Team von Ärzten, Pflegenden, Therapeuten, Sozialarbeitern, Seelsorgern und Psychologen. Wenn z. B. ein älterer Mensch andeutet „Ich möchte nicht mehr“, kann ich unsere Seelsorger darum bitten, ergänzend zum ärztlichen Gespräch den Patienten zu begleiten.

Krankenhäuser als „Insel der Menschlichkeit“ Sie arbeiten in einem katholischen Krankenhaus mit dem Motto: „Insel der Menschlichkeit“. Was macht ein Krankenhaus menschlich? Menschlichkeit versuchen wir erfahrbar zu machen, indem wir den Menschen Zuwendung und Zeit entgegenbringen. Zum Beispiel führe ich die ärztliche Visite – wo immer möglich – nicht mit einem Meter Höhenabstand zum Patienten durch, sondern in Augenhöhe. Gerade ältere Patienten spüren, welche Herzenshaltung man ihnen entgegenbringt.

Das Zuhören bezahlen Krankenkassen nicht Zuhören wird von den Krankenkassen nicht bezahlt. Natürlich können wir nur in den uns vom Gesundheitssystem vorgegebenen Rahmenbedingungen arbeiten – wir müssen also auch mit unseren Grenzen leben. Der an Zungengrundkrebs erkrankte langjährige „Spiegel“Redakteur Jürgen Leinemann bekannte: „Wenn es auf die Pfle-

Foto: idea/kairospress

idea: Herr Schiffner, Ärzte sind die Hohepriester unserer Zeit. Das Heil, das man sich früher vom Priester erhoffte, erwarten viele heute von ihrem Arzt. Georg Schiffner: Das sehe ich nicht so. Sicher gibt es hohe Erwartungen an unseren Berufsstand, aber wir haben uns vom falschen Arztbild eines Halbgottes in Weiß, der über Leben und Tod entscheidet, verabschiedet. Ärzte sind Menschen mit Schwächen und Fehlern, und wir müssen es zulassen, hinterfragt zu werden. So haben wir lernen müssen, dass Behandlungen allein mit Apparaten zu kurz greifen. Deutschland hat eines der besten Gesundheitssysteme der Welt. Dennoch nehmen Leid und Schmerz kein Ende. Ja, beides gehört zum Menschsein dazu. Mancherorts ist von der modernen Medizin zu Unrecht erwartet worden, sie könnte allen Schmerz und alle Probleme mit Logik und Technik überwinden.

ideaSpektrum 12.2012


IN T ERV IEW

23

„Christus heilt den Gelähmten”, so sah es der italienische Maler Pedro de Orrente (1588–1645). Heute gibt es kaum noch ähnliche Heilungen. Statt dessen werden Kranke gesalbt und es wird über wie für sie gebetet. In Hamburg laden z. B. in regelmäßigen Abständen Ärzte des Vereins der „Christen im Gesundheitswesen” ihre Patienten zu Gottesdiensten in Kirchen ein. Vorne der Initiator, der Arzt Volker Brandes.

ge ankommt, dann bist du in konfessionellen Häusern besser aufgehoben. Das gilt für die katholischen wie für die evangelischen. Die Schwestern, aber auch die Ärzte haben einfach ein anderes Menschenbild.“ In der Tat ist auch in unserem Krankenhaus das christliche Menschenbild prägend – es ist in unseren Leitlinien formuliert, die im Eingangsbereich für jeden erkennbar aushängen. In der Regel interessiert es weder Mitarbeiter noch Patienten besonders, was in den Leitlinien steht. Ich hoffe, dass das bei uns anders ist. Erst bei der letzten Führungskräfteklausur haben wir wieder darüber gesprochen, wie wir die Leitlinien leben können.

Ich kann mit Patienten beten

Repro: akg-images; Foto: CiG

Wie lebt man das christliche Menschenbild im Arbeitsalltag? Zum Beispiel, indem man die Würde des Menschen am Lebensende als nicht verfügbar ansieht. Wir wollen lindern und unterstützen – bis zum letzten Atemzug. Der Wert eines Menschen ist nicht von seiner Leistung abhängig, sondern ist von Gott geschenkt. Zudem kann ich als Christ – wenn die Patienten es wünschen – mit ihnen beten, ihnen die Hände auflegen und Gottes Segen zusprechen. Gebet und Segen – das hilft? Ja, es wird mit sehr viel Dankbarkeit angenommen. Gebet und Segen sind kein Wundermittel, kein magisches Ritual, aber es kann dadurch eine tiefe Beziehung zu Gott entstehen, eine Art „Kerngesundheit“, die den Menschen im tiefsten Innern seines Wesens den Frieden mit Gott erleben lässt.

Christ bedeutet das, dass ich meinen Patienten auch als Christ gegenübertrete. Deshalb lege ich auch die Hände zum Segnen auf. Viele ältere Menschen gehen deshalb so häufig zum Arzt, weil er oft der einzige Gesprächspartner ist, der körperliche und geistige Zuwendung zeigt. Ich hoffe, dass sie dabei etwas von dem erfahren, was sie suchen, aber es wird oft auch eine Enttäuschung sein, weil der Arzt nicht alle Erwartungen erfüllen kann. Deshalb braucht unsere Gesellschaft tragende Gemeinschaften wie die Gemeinden, um Menschen, die alleine sind, zu begleiten. In den letzten 100 Jahren gab es in den Kirchengemeinden den Trend, die Diakonie an Krankenhäuser und Einrichtungen auszulagern. Inzwischen wird der diakonische Auftrag innerhalb der Gemeinden neu entdeckt. Es ist eines der Ziele von „Christen im Gesundheitswesen“, dass das professionelle Gesundheitswesen und die seelsorglichen Dienste der Kirchen wieder vermehrt zusammenfi nden. Wir wünschen uns, dass die Gemeinden ihr diakonisches Potenzial stärker einbringen!

Ökumenische Patientengottesdienste Wie kann das praktisch aussehen? Zum Beispiel haben wir in Hamburg ökumenische Patientengottesdienste entwickelt, die viermal im Jahr mit 120 bis 200 Teilnehmern stattfinden. Dabei laden Ärzte ihre Patienten zu Segnung und Gebet ein. Ich hoffe, dass dieses Modell noch viele Nachahmer findet.

Darf ein Arzt Patienten segnen?

Und was ist mit Heilungswundern?

Ist es keine Grenzüberschreitung, wenn ein Arzt dem Patienten die Hände zum Segnen auflegt? Ich lege als Arzt relativ oft die Hände auf – zum Beispiel, wenn ich den Patienten mit dem Stethoskop abhöre. Den Patienten zu berühren, gehört zu unserem Beruf. Wir Ärzte sind sensibler geworden, dass die Patienten nicht einem distanzierten Mediziner gegenübertreten wollen, sondern einem Arzt, der ihnen als Person begegnet. Für mich als

Was ist das Ziel dieser Gottesdienste? Heilungswunder? Nein, sondern das Wunder, dass sich Menschen Gott anvertrauen. Besonders chronisch Kranke können von Gott enttäuscht sein und starke Glaubenszweifel haben. Oft gibt es auch Verletzungen und Enttäuschungen gegenüber Ärzten. Dann Ärzte zu erleben, die im Gottesdienst ihre Abhängigkeit von Gott bekennen, ist für viele Menschen eine neue Erfahrung. O

ideaSpektrum 12.2012


24

IN T ERV IEW

Streitpunkt Krankensalbung: Eine Salbungsfeier beim Ökumänischen Kirchentag in Berlin

Sie sind skeptisch gegenüber Veranstaltungen, die „Heilungen und Wunder“ versprechen? Ich bin überzeugt davon, dass der Auftrag, den Jesus seiner Kirche gegeben hat, das Evangelium zu verkündigen und Kranke zu heilen, weiter gilt. Manchmal wird Gott dabei auch außergewöhnliche Heilungserfahrungen schenken. Sie sind aber doch viel seltener, als sich manche das erhoffen. Was ich dagegen häufiger erlebe, sind positive Gesundungsverläufe im Zusammenwirken von medizinischer und geistlicher Begleitung.

Warum erleben wir keine großen Heilungen? „Heilt die Kranken“, fordert Jesus. „Weckt Tote auf, macht Aussätzige rein …“ (Matthäus 10,8). Warum erleben wir das nicht? Das ist eine der großen Fragen, auf die ich keine befriedigende Antwort habe. Nicht alles, worum wir beten, geht in Erfüllung. Deshalb müssen wir seelsorglich weise mit dieser Frage umgehen. Beim letzten „Christlichen Gesundheitskongress“ im Jahr 2010 gab Schwester Stefanie aus Gnadenthal ein Heilungszeugnis. Sie sei durch Gebete vom Speiseröhrenkrebs geheilt worden. Ich saß damals im Saal. Von hinten tippte mich ein Kollege an und fragte: „Gibt es denn dazu eine Histologie [eine feingewebliche Untersuchung]?“ So denken wir Ärzte! Ich empfand das Zeugnis aber als glaubwürdig und kann es gut so stehen lassen. Aus medizinischer Sicht vom Krebs geheilt ist man allerdings erst, wenn man fünf Jahre tumorfrei lebt. Als Arzt könnte ich diese Heilung also nicht sofort bestätigen.

Das Placebo wird zu Unrecht als etwas Dubioses angesehen. Für mich ist es jedoch etwas Positives, denn jeder Mensch lebt mit solchen Suggestionseffekten: Wir nehmen etwas für wahr an, was uns plausibel erscheint. Ohne diese Orientierung würden wir im Leben nicht zurechtkommen. Studien haben zum Beispiel gezeigt, dass eine Behandlung viel wirksamer ist, wenn der Arzt sie dem Patienten überzeugend erklärt, als wenn der Arzt dies unterlässt. Wenn meine Frau mich in den Arm nimmt und sagt, dass sie mich liebt, ist das auch eine Form von Placebowirksamkeit, die ich im Leben brauche. So schwingt liebevolle Zuwendung auch bei der Krankensalbung mit – wobei ich als Christ natürlich glaube, dass über die menschliche Zuwendung hinaus Gott selbst wirksam ist – genauso wie meine Frau und mich auch in Wirklichkeit Liebe verbindet. Wie sollte eine Krankensalbung ablaufen? Der Ablauf sollte zu Beginn erklärt werden, damit der Kranke nicht überrascht wird. In einer Fortbildung der Nordelbischen Kirche habe ich gelernt, dass der Kranke mit Öl ein Kreuzzeichen auf die Stirn und auf beide Handflächen bekommt. Anschließend führt der Kranke die Handflächen zusammen – als Zeichen dafür, dass Christus in ihm gegenwärtig bleibt. Mit diesem Ritual habe ich gute Erfahrungen gemacht. Eine zweite Person kann dem Kranken die Hände zum Segen auf die Schultern legen. Dazu kann es liturgische oder frei formulierte Gebete geben. In Jakobus 5 wird auch dazu aufgefordert, einander die Sünden zu bekennen. Was halten Sie davon? Ich habe das so noch nicht erlebt und würde es aus seelsorglichen Gründen auch sehr zurückhaltend handhaben:

In Jakobus 5 ist von Hausbesuchen und Krankensalbung die Rede. Dies wird jedoch nur in wenigen Gemeinden praktiziert. Es wäre gut, wenn wir diese Tradition wieder entdecken. Die Salbung ist ein Ausdruck der Zuwendung Gottes, sie spricht uns eine „Königswürde“ zu. Die Salbung ist kein magisches Ritual, sondern ein spürbares Zeichen dafür, dass sich Gott uns zuwendet. Hat die Salbung nur symbolische Wirkung? Für evangelische Christen ist es eine symbolische Handlung, für Katholiken ist es ein Sakrament … … und für Atheisten ist es ein Placebo-Effekt: Der Patient profitiert von einer Behandlung, obwohl der dafür nötige Wirkstoff fehlt.

Foto: KNA; Karikatur: Waldemar Mandzel

Sollte man praktizieren: die Salbung von Kranken

ideaSpektrum 12.2012


Anzeige

Buch des Monats Jeder sollte in der Stille die Dinge klären, die zwischen ihm und Gott stehen. Eine überzogene „Entblößung“, in der wir laut bekennen, was in unserem Leben schiefgelaufen ist, wäre problematisch.

Was bewirkt Krankensalbung? Was bleibt von so einer Krankensalbung? Wird ein Krebskranker wieder gesund – oder stirbt er nur getröstet? Was Gott durch eine Krankensalbung bewirkt, liegt letztlich nicht in unserer Hand. Das Getragensein in einer Gemeinschaft ist eine tiefe Erfahrung, die lange nachschwingt. Die Salbung bestätigt, dass der Kranke Gottes „Königskind“ ist – auch dann, wenn die Krankheit fortschreiten sollte. Wir machen es uns zu selten bewusst, dass das letzte Ziel – auf das wir alle zugehen – das Sterben ist. Für Christen gibt es dann die Hoffnung, in der Auferstehung Gott von Angesicht zu Angesicht zu begegnen.

Viele Greise wollen gerne sterben Auch viele Christen tun sich schwer damit, an den eigenen Tod zu denken. Ist es denn im Himmel so schrecklich? Mein Eindruck ist anders: Ich erlebe viele hochbetagte Menschen, die gerne sterben wollen. Dann ist es eine Gratwanderung, wann man Mut zum Leben und wann Mut zum Sterben zusprechen sollte. „Ich habe Lust, abzuscheiden und bei Christus zu sein“, schrieb der Apostel Paulus (Philipper 1,23), obwohl er noch nicht alt war. Heute wäre so eine Aussage nahezu undenkbar. Wir predigen heute seltener über die Ewigkeit, als es von der Bibel her angeraten wäre. Vielleicht ist das eine Gegenbewegung zum Mittelalter, als sehr häufig auf das Jenseits vertröstet wurde. Malen Sie Ihren Patienten den Himmel in leuchtenden Farben aus? Ich frage manchmal Patienten, ob sie daran glauben, dass sie ihre Angehörigen in der jenseitigen Welt wiedersehen werden. Besonders für Menschen, deren Ehepartner bereits verstorben ist, kann dieser Gedanke sehr tröstlich sein. In einem katholischen Krankenhaus sind solche Gespräche zu erwarten. Ist das auch in säkularen Krankenhäusern möglich, oder wäre das eine unzulässige Grenzüberschreitung? ideaSpektrum 12.2012

Wenn die Gespräche sensibel geführt werden, können sie genauso in säkularen Einrichtungen hilfreich sein. Aber zum Teil gehen die Ansichten hier auch auseinander. Derzeit wird Spiritualität als anthropologische Grundkonstante im Gesundheitswesen wieder stärker in den Blick genommen. Im Übrigen sind auch an nicht konfessionellen Krankenhäusern in der Regel katholische und evangelische Seelsorger einbezogen. So gesehen gibt es keine rein säkularen Krankenhäuser.

NEU

Übertriebene Zurückhaltung An Krankenbetten können zwei christliche Extreme auftreten: Auf der einen Seite steht der missionarische Übereifer, auf der anderen Seite eine übertriebene Zurückhaltung, den christlichen Glauben zu bezeugen. Was kommt häufiger vor? Die übertriebene Zurückhaltung. Über die eigene Weltanschauung zu reden, ist in unserer Kultur ungewöhnlich. Dabei zeigen Studien, dass Patienten häufig dankbar reagieren, wenn sie vom Arzt auf Glaubensfragen angesprochen werden.

„Nach dem Tod ist Feierabend“ Was sagen Sie einem Atheisten, der sagt: „Nach dem Tod ist Feierabend“? Ich stelle Patienten gerne Fragen wie: „Was gibt Ihnen in dieser Krankheitssituation innere Kraft?“ Oder: „Würden Sie sich im weitesten Sinn als einen gläubigen Menschen bezeichnen?“ Wenn dann jemand antwortet: „Ich glaube nur, was ich sehe“, kann es sein, das ich das Thema nicht weiter vertiefe. Wenn jedoch eine Offenheit, ein Suchen nach dem Sinn des Lebens deutlich wird, kann ich darauf eingehen und auch ein Gespräch mit unseren Seelsorgern vermitteln.

Dem öffnet sich eine Tür

Bedrängt. verfolgt. getötet Wenn es lebensgefährlich ist, Christ zu sein. Einblicke, Schicksale und Erfahrungsberichte Ein hochaktuelles Buch mit Beiträgen von Volker Kauder, Bischof Damian, Winrich Scheffbuch, Mosab Hassan Yousef („Sohn der Hamas“) u. a. Es schildert die Situation von Christen in Ägypten, Irak, Pakistan, Nordkorea und anderen Ländern. Ein Buch für alle, die Anteil am Schicksal verfolgter Christen nehmen. 192 S., Paperback, 13,8 × 20,8 cm € 12,99 (D) / SFr. *19.50 / € 13,40 (A) Best.-Nr. 111498 ISBN 978-3-7655-1498-2 *(unverbindliche Preisempfehlung)

B E ST E L LCO U P O N einfach ausschneiden und absenden an:

ALPHA Buchhandlung Robert-Bosch-Str. 10 · 35460 Staufenberg Tel. 06406 8346-200 · Fax 06406 8346-110 E-Mail: Best@ALPHA-Buch.de www.ALPHA-Buch.de Bitte liefern Sie mir Exemplare Kuno Kallnbach / Helmut Matthies (Hrsg.) Bedrängt. verfolgt. getötet Best.-Nr. 111498

Name

Was gibt dem Leben noch Sinn, wenn man im Sterben liegt? Viele Patienten sagen, dass ihre Familie ihnen Kraft gibt. Aber eine Perspektive, die über das Leben hier hinausgeht, gewinnt man nur durch den Glauben. Wer dann beten oder ein geistliches Lied mitsingen kann, dem öffnet sich eine Tür. Vielen Dank für das Gespräch!

Kuno Kallnbach/Helmut Matthies (Hrsg.)

P

Straße, Hausnummer

PLZ, Ort

Datum, Unterschrift

Preisänderungen vorbehalten


26 C H R I ST & SP OR T

Wollen Sie so alt wie Johannes Heesters werden? LEBENSSTIL Viele fühlen sich nicht fit. Wie man das nach biblischem „Rezept“ ändern kann, tionszeit kaum Gemüse. Die Menschen ernähren Abraham wurde 175 Jahre alt, Hiob starb sich vor allem von Pferdefleisch. Und: Sie werden mit 140, Ismael mit 137 und Johannes nur sehr selten krank! Ihre liebste FreizeitbeHeesters immerhin mit 108. Warum sterschäftigung ist das Tanzen. Sport – oder gar Leisben wir jünger? Wir wissen, dass jeder mit einem tungssport – ist unbekannt. bestimmten Energiepotenzial auf die Welt kommt. Mit diesem Potenzial könnten wir nach neuesten Feindseligkeiten verkürzen die Lebensdauer Erkenntnissen bis zu 150 Jahre alt werden. Was wir Johannes Heesters von dieser Energie allerdings sinnlos verpulvern, Auch böse Menschen – so hat eine Studie der lässt sich nicht zurückgewinnen. Der größte EnerHarvard-Universität (USA) ergeben – schränken gieräuber ist Stress. Tiere im Zoo werden doppelt so alt wie ihre Lebenserwartung – je feindseliger, umso mehr – erdraußen in der freien Wildbahn, wo sie um das tägliche heblich ein. Streit, Hass, Wut verbrauchen Lebensenergie Futter kämpfen müssen. Wale, die keine Feinde haben, im Schnellverfahren. Der wichtigste Faktor für das werden bis zu 240 Jahre alt. Mäuse, die in ständiger Angst Wohlbefinden und die gesundheitliche Stabilität des Menvor Katzen, Raubvögeln, Wieseln, Hunden und Eulen le- schen ist also eine persönliche, emotionale Gottesbezieben, werden nur zwei Jahre alt – die gleich großen Maul- hung. Wer sie hat, lebt laut Studien über zehn Jahre länger. würfe, die gemütlich unter der Grasnarbe ohne Feinde Wir haben das Glück, dass wir durch den Fortschritt der wühlen, kommen auf ein doppelt so hohes Alter. Technik nicht mehr körperlich hart arbeiten und nicht mehr frieren müssen. Wir verbrauchen also nicht unnötig EnerJeder Marathon nimmt Lebenszeit gie. Zusammen mit einer extrem verbesserten mediziniAuch Tiere, die sich langsam bewegen und langsam fressen schen Versorgung haben wir in den letzten 100 Jahren un– wie Schildkröten, Krokodile oder die Grönlandwale –, kön- sere Lebenserwartung verdoppelt. Aber wir könnten noch nen erstaunlich alt werden. Das lehrt uns: Übertriebenes Fit- länger und noch gesünder leben, wenn wir uns mehr beness-Training – wie es auch unter manchen Christen üblich wegen würden. Denn ein Hauptproblem unserer durch das ist – sorgt also nicht für ein längeres, sondern für ein kürze- Auto bestimmten Welt ist Bewegungsmangel. Bewegung res Leben. „Wer statt eines Marathonlaufes lieber in der Hän- ist aber not-wendig, damit unser Körper in allen Bereichen gematte liegt, wer statt Squash einen längeren Mittagsschlaf funktionieren kann. Ohne Bewegung ist kaum Stoffwechhält, hat die besten Chance, alt zu werden“, fand der Gesund- sel möglich. Im Bestreben, das durch viel Sport auszugleiheitswissenschaftler Prof. Peter Axt (Fulda) heraus. Jeder Ma- chen, beginnt ein Teufelskreis: Je intensiver ich trainiere, rathon nimmt Lebenszeit. Allen Völkern mit hohem Anteil desto mehr wird mein Immunsystem in Anspruch genoman Alten ist gemein, dass sie keinen Spitzensport betreiben. men und leidet schließlich – bis es dann zusammenbricht. Von den Bürgern der japanischen Insel Okinawa, bei denen es viele Hundertjährige gibt, wissen wir, dass sie „Torball“ Die Extreme meiden spielen, eine Art Krocket. Und sie tanzen zur traditionellen Empfehlenswert ist dagegen ein moderates Training. Schon Volksmusik. Sardinien hat einen Landstrich der Langlebigen im Alten Testament ermuntert der Prediger (7,8) dazu: „Es und gilt als Zentrum der europäischen Methusalems. Vor ist gut, wenn du ausgewogen bist (lebst) und die Extreme kurzem starb dort der laut Guinness-Buch älteste Mensch meidest.“ Stressfreie Bewegung kann sogar den Alterungsder Welt – Antonio Todde – mit 113 Jahren. Als Grund für die prozess umkehren! Die Aktivität der Gene von körperlich Langlebigkeit der Sardinier wird genannt: 1. eine intakte aktiven Senioren ähnelt derjenigen von jüngeren MenUmwelt, 2. ein stressarmes Leben, 3. ein stabiler Familienver- schen. Wissenschaftler verglichen die Aktivität dieser band, 4. nur mäßige körperliche Aktivität. Gene vor und nach einer sechsmonatigen Trainingseinheit. Nach den Übungen glich das Aktivitätsmuster in den MiDie ältesten Russen leben dort, wo es keinen Arzt gibt tochondrien (den Kraftwerken der Zellen) der älteren MenDie ältesten Bürger in ganz Russland leben zugleich im käl- schen (70 Jahre) deutlich jenem in einer jüngeren Vertesten Dorf der Welt, Oimjakon, wo die Temperatur im gleichsgruppe (26 Jahre). Die Änderung in der Aktivität Januar durchschnittlich minus 50° C beträgt und das nächs- der Erbanlagen zeugt also von einer „Umkehr der Altete Krankenhaus 800 Kilometer entfernt ist. Es gibt dort kei- rung“. Dies macht auch deutlich, dass es niemals zu spät nen Arzt und wegen der nur zwei Monate langen Vegeta- ist, um mit dem Training zu beginnen.

Foto: PR

dazu geben die Gesundheitspädagogen Marlen & Gert von Kunhardt (Malente bei Kiel) Tipps.

ideaSpektrum 12.2012


C H auch R I STnur & 15 SPMinuten OR T Wer sich täglich bewegt, erkrankt zu

27

10 % weniger an Krebs 11 % weniger an Diabetes 12 % weniger an Schlaganfall 25 % weniger an Herzleiden

Die Deutschen sind sportlich ‌ nicht aktiv:

48,4 %

Grßnde fßr geringe sportliche Aktivität: bin zu bequem 24,9%

sehe keine Notwendigkeit Ich habe mich in den letzten 7 Tagen nicht 10 Minuten mehr als nĂśtig bewegt:

21,3%

mĂźde und erschĂśpft 14,3%

39,2 %

habe keinen SpaĂ&#x; 12,2%

Š lideaGraďŹ k; Quelle: GfK, Apotheken Umschau

Marlen und Gert von Kunhardt brachten 3.800 Besucher beim Kongress christlicher Fßhrungskräfte 2011 in Nßrnberg in Bewegung

Das so oft belächelte Golfspielen ist – neben dem Wandern – ein Beispiel fĂźr mäĂ&#x;ige kĂśrperliche Aktivität. Golfer rennen nicht, sie gehen. Und: Golfspieler leben im Durchschnitt fĂźnf Jahre länger im Vergleich zu anderen Personen. Das hat das Karolinska-Institut in Stockholm herausgefunden. Offenbar Ăźbt das Spiel im GrĂźnen positive Wirkungen auf die Gesundheit der Spieler aus. Anhand der Daten von 300.818 Golfern in Schweden zeigten die Wissenschaftler den gesundheitsfĂśrderlichen Effekt des Spiels auf.

sundheitsfĂśrdernd erwiesen hat, ist also nur etwa halb so groĂ&#x;, wie es gegenwärtig von der Weltgesundheitsorganisation empfohlen wird. Das sollte doch ein Anreiz sein, den „inneren Schweinehund" zu Ăźberwinden.“ Nur 15 Minuten Zeitinvestition täglich und so einen Riesengewinn! Gott will nicht, dass wir unsere Kraft sinnlos verpulvern, sondern gemäĂ&#x; Jesaja 40,31 neue Kraft bekommen, dass wir laufen und nicht matt werden. Das sollten wir zur Ehre Gottes und zur Optimierung der eigenen Gesundheit nutzen! P

Langsam laufen fĂźr ein langes Leben

b www.kunhardt.de

Foto: KcF/kairospress

Eile mit Weile, Mut zur Langsamkeit mĂśchte man rufen. Langsam laufen fĂźr ein langes Leben. Joggeln statt Joggen oder Radeln statt Biken. Bereits 15 Minuten Bewegung am Tag verlängern das Leben um drei Jahre! Laut einer Pressemeldung der Deutschen Gesellschaft fĂźr Neurologie wurden in Taiwan Ăźber 12 Jahre lang mehr als 400.000 Frauen und Männer bei jährlichen Reihenuntersuchungen nach der Dauer und Intensität ihrer kĂśrperlichen Aktivität befragt. Im Durchschnitt acht Jahre lang verfolgten die Wissenschaftler von den Nationalen Gesundheitsforschungsinstituten in Zhunan den Gesundheitszustand der Studienteilnehmer. Der Gruppe mit geringer Aktivität – die Teilnehmer hatten sich durchschnittlich nur 92 Minuten pro Woche oder 15 Minuten am Tag bewegt – konnten die Ă„rzte einen erheblichen Nutzen fĂźr die Gesundheit nachweisen: Sie hatten eine im Durchschnitt um drei Jahre hĂśhere Lebenserwartung. Die Wissenschaftler konnten zeigen, dass bereits das MindestmaĂ&#x; an Bewegung von einer Viertelstunde täglich mit einer verringerten Wahrscheinlichkeit fĂźr Krebs (minus 10 %), GefäĂ&#x;erkrankungen (minus 19 %), Herzleiden (minus 25 %), Schlaganfälle (minus 12 %) und Diabetes (minus 11 %) einherging.

Anzeigen

6FK|QH 7DJH LQ GHQ %HUJHQ ZZZ IUHL]HLWKHLP NUHEV GH 7HO

Ein Schiff, das sich Gemeinde nennt

Sommer Kreuzfahrt im Mittelmeer GroĂ&#x;e

18. bis 31. August 2012

VENEDIG KORFU KANAL VON KORINTH PIRĂ„US/ATHEN KUSADASI/EPHESUS FETYJE/MYRA ANTALYA LIMASSOL/ZYPERN HAIFA/GALILĂ„A ASHDOD/JERUSALEM HERAKLION/KRETA KANAL VON KORINTH KORINTH VENEDIG

Lahme springen wie ein Hirsch Dann ist es nicht mehr unwahrscheinlich, dass Lahme wie der Hirsch springen werden (Jesaja 35,6) und ich mit meinem Gott Ăźber Mauern springen kann (wie es in 2. Samuel 22,30 heiĂ&#x;t). Das MindestmaĂ&#x; an Bewegung, das sich als ge-

ideaSpektrum 12.2012

400

bis zu FrĂźhbucher-Rabatt bis 31.03.2012

499

KinderTarif bis 17 Jahre

Mit an Bord:

Beate Ling Sängerin und Gesangscoach und weitere Referenten und Kßnstler Postfach 65 . 72222 Ebhausen . Tel. 07458 9999-0 . Fax -18 . www.handinhandtours.de


28

C H R I ST & LE BE N

Blind und trotzdem glücklich! LEBENSSTIL Johannes Schneider ist blind. Der 17-Jährige hat bei idea ein Schulpraktikum absolviert und dabei darüber geschrieben, wie er durch eine Anzeige in ideaSpektrum Eltern fand. Nur auf dem rechten Auge konnte ich noch ein bisschen sehen. Als wenig später ein deutscher Pfarrer das Heim besuchte, baten die Mitarbeiterinnen ihn, in Deutschland nach einer Familie für mich zu suchen. In Brasilien hatte ich offenbar keine Chance. Der Pfarrer nahm sich dieser Sache an. Als er in seiner Gemeinde keine Familie fand, gab er in ideaSpektrum eine Anzeige auf.

Neue Familie und neue Heimat Sie las mein jetziger Vater, der ebenfalls Pfarrer ist. Er flog mit seiner Familie nach Brasilien – und adoptierte mich. Damals war ich anderthalb Jahre alt. Nach vier Wochen verstanden wir uns so gut, dass wir gemeinsam nach Deutschland fliegen konnten. Da meine „neue“ Mutter aktiv in der Gemeinde mitarbeitete, kam ich schon früh mit dem christlichen Glauben in Kontakt. Neben meinen Eltern habe ich noch einen Bruder und eine Schwester. Beide sind älter als ich.

Das Augenlicht ganz verloren Nach einem Jahr in Deutschland musste ich wegen einer Lungenentzündung ins Krankenhaus. Ich hatte Asthma – und spüre heute noch die Folgen. Hinzu kamen später zwei Operationen am rechten Auge, denn mit dem Auge konnte ich immer weniger sehen. Doch die Operation misslang. Ich konnte jetzt noch schlechter sehen. In dieser Zeit zoge n w i r

von Gladenbach-Mornshausen bei Marburg nach Pohlheim-Holzheim bei Gießen. Von dort aus besuchte ich ab 2001 die Blindenschule in Friedberg. Ich kam zunächst in die Vorklasse und musste – um die Blindenschrift zu lernen – zwei Jahre lang die erste Klasse besuchen. Zwei Jahre später stand erneut eine Operation an. Wieder büßte ich einen Teil meines Augenlichts ein. Nun konnte ich nur noch ein ganz kleines bisschen sehen. Im Jahr 2005 wurde ich wegen einer Entzündung erneut zweimal operiert. Das war die sechste und siebte Operation in meinem Leben. Anschließend war ich – entgegen der ärztlichen Prognose – völlig blind.

Ich war sauer auf Gott Natürlich war ich sauer auf Gott. Warum musste ich blind werden? Warum die Krankheit? Ich fragte mich, wo Gott überhaupt ist. Als der Pfarrer in der Augenklinik mich zu einem Gottesdienst einlud, wollte ich zuerst nicht hingehen. Was sollte der Gottesdienst mir schon noch bringen? Ich ging trotzdem hin. Der Pfarrer sang das Lied „Meine Hoffnung und meine Freude“. Der Text packte mich. Ich werde das Lied nie mehr vergessen! Mir wurde klar, dass Gott einen Plan für mein Leben hat. Ich gewann wieder neuen Mut und Vertrauen in Gott. Nachdem ich aus dem Krankenhaus entlassen wurde, musste ich in der Schule einiges nachhohlen. Noch im selben Jahr zogen wir erneut um – nach Haiger-Sechshelden bei Siegen. Hier wechselte ich die Schule und ging ab 2006 als Integrationsschüler in die „Grundschule Sechshelden“. Integrationsschüler bedeutet, dass ich in der Schule einen Betreuer hatte, der sich nur um mich kümmerte.

Fotos: idea

Ich wurde sofort nach meiner Geburt im Dezember 1994 in Curitiba (Südbrasilien) zur Adoption freigegeben. Meine leiblichen Eltern wollten und konnten wohl auch keine Verantwortung für mich übernehmen: Ich kam fast blind zur Welt. Mein leiblicher Vater war auch blind. Meine Mutter ist damals gerade einmal 20 Jahre alt gewesen. Sie brachten mich also in ein städtisches Kinderheim. Man behandelte uns dort mit großer Zuneigung. Leider gab es aber niemanden, der sich um meine Augen gekümmert hätte.

ideaSpektrum 12.2012


Spektrum l idea

Nachrichten

n und Meinunge

gelischen aus der evan

Welt

C H R I ST & LE BE N

29

Li Links: Mit dieser Anzeige wurden in ideaSpektrum Nr. 21 im Jahr 1996 Eltern für de den damals zweijährigen Johannes gesucht. Foto oben: Bei „idea” arbeitete Jo Johannes mit einem Laptop, der eine spezielle Tastatur für Blindenschrift hat.

Technik für den Unterricht

Gott lässt uns nicht im Stich Ein großer Traum erfüllte sich: Meine Klassenkameraden nahmen mich freundlich auf. Schon bald hatte ich viele Freunde gefunden. Mir wurde klar, dass ich das Gott verdanke. Er lässt die Menschen nicht im Stich. Als im Zuge der Fußballweltmeisterschaft 2006 in Deutschland der aus Brasilien stammende deutsche Nationalspieler Cacau nach Haiger kam und bei einer evangelistischen Veranstaltung von seinem Leben als Christ erzählte, entschied ich mich noch einmal bewusst für ein Leben mit Gott.

Wechsel auf eine neue Schule Ein Jahr später wechselte ich auf eine weiterführende Schule. Wohin ich gehen sollte, war für meine Familie und mich ein Gebetsanliegen. Und wirklich: Gott öffnete uns eine Tür. Die Johann-Textor-Schule in Haiger erklärte sich bereit, mich als Integrationsschüler aufzunehmen. Meine Klassenkameraden nahmen mich ähnlich freundlich wie in Sechshelden auf. Ich fand neben denen, die aus Sechshelden mit nach Haiger gekommen waren, schnell Freunde und lebte mich rasch ein. ideaSpektrum 12.2012

Um im Unterricht mitzukommen, musste ich lernen, zukom sofort mit einem eine Laptop zu arbeiten. Er ist auf meine Bedürfnisse eingestellt: Der Rechner liest mir vor, was auf dem Bildschirm zu „sehen“ ist und eine Braillezeile wandelt den Bildschirminhalt zusätzlich in Blindenschrift um. Ich besuchte einen Kurs, in dem ich lernte, die Tastatur mit zehn Fingern zu bedienen. So arbeite ich jetzt schon seit viereinhalb Jahren. (Auch dieser Text ist auf meinem Computer entstanden.) Meine Klasse akzeptiert mich so, wie ich bin. Ich habe Freunde, die für mich da sind, wenn ich Hilfe brauche. Meistens habe ich viel Spaß in der Schule. Trotzdem kann der Alltag an einer „normalen“ Schule für einen Blinden sehr hart sein. Manches klappt einfach nicht – dann fühle ich mich ausgegrenzt. Aber zum Glück hat Gott mir verständnisvolle Freunde geschenkt. Sie helfen mir bei praktischen Problemen.

Umzug und erstes Praktikum 2009 zogen wir von Sechshelden nach Herborn-Burg. Hier lernte ich neue Freunde kennen, mit denen ich nach der zehnten Klasse wieder auf eine neue Schule gehen werde. Dann wechsle ich nach Herborn aufs Gym-

nasium. Ich werde somit weiter mit Sehenden in die Schule gehen. Als wir in der neunten Klasse ein Praktikum machen mussten, fand ich zunächst keinen Platz. Doch schließlich erklärte sich die Evangelische Nachrichtenagentur idea bereit, dass ich zwei Wochen dort „reinschnuppern“ konnte. Ich lernte also jene Christen kennen, die mit ihrem Magazin dafür gesorgt hatten, dass ich nach Deutschland kommen konnte.

Aktivitäten in der Freizeit In meiner Freizeit höre ich am liebsten Musik, chatte mit Freunden oder lade Lieder aus dem Internet herunter. Mein größtes Hobby ist Fußball. Jede Woche trainiere ich einmal bei der Bli nden f ußball-Bu ndesligamannschaft aus Marburg mit. Natürlich verfolge ich jeden Samstag auch das „normale“ Bundesligageschehen im Radio. Obwohl ich blind bin: Ich bin ein ganz normaler lebensfroher Jugendlicher. Dass ich eine etwas dunklere Hauptfarbe habe als die meisten Menschen hier, nehme ich nicht wahr. Der Glaube an Gott gibt mir immer wieder Hoffnung und hilft mir, über die Blindheit hinwegzukommen. Ich wünsche jedem so tolle Erfahrungen mit Gott, wie ich sie erlebt habe! Er hat mein Leben verändert. Ich bin sicher, er wird es auch in Zukunft tun! P


30

P RO & KON T R A

Brauchen Juden Jesus zum Heil? JUDENMISSION Der EKD-Ratsvorsitzende, der rheinische Präses Nikolaus Schneider, hat jüngst (siehe ideaSpektrum 11/2012, S. 9) geäußert, Christen sollten unter Juden nicht missionieren. Er halte es nicht für angebracht, den Glauben der Juden ändern zu wollen.

PRO

Brauchen Juden Jesus zum Heil? Die Frage ist echt komisch. Sind Juden keine Menschen? Warum erlauben sich Christen, Jesus von Juden fernzuhalten? Warum wagt derjenige, der behauptet, an Jesus zu glauben, überhaupt eine solche Frage zu stellen?

Jesus hat sich vor allem für die Juden geopfert Jesus ist der König und der Messias der Juden. Als Jude kam er in die Welt, um zuerst Juden zu retten. Er hat sich in erster Linie für die Juden geopfert und wird einmal als König der Juden zurückkehren. Die Apostel haben sich bemüht, den Juden das Evangelium zu verkündigen. Sie bezeichneten Jesus als für Juden notwendigen Erlöser und haben von den nichtjüdischen Gläubigen erwartet, dass sie Juden zu Jesus helfen (siehe Römerbrief 11,11–14). Jesus und seine Rolle blieben beständig.

Was gegen eine gezielte Bekehrung der Juden spricht

KONTRA

„Ich will euch, liebe Brüder, dieses Geheimnis nicht verhehlen, damit ihr euch nicht selbst für klug haltet: Verstockung ist einem Teil Israels widerfahren, so lange bis die Fülle der Heiden zum Heil gelangt ist“ (Römerbrief 11, 25). Gibt es im Blick auf unsere Gegenwart irgendeinen Anlass, davon auszugehen, dass die „Fülle der Heiden zum Heil gelangt“ sei? Gibt es Anlass, von der Reihenfolge abzuweichen, die der Apostel Paulus uns Christen als Geheimnis Gottes mitgegeben hat? Ich kann das nicht erkennen. Und so gehört es für mich zur Demut vor Gottes Geheimnis, dass allein er den Zeitpunkt festlegt, wann die Fülle der Heiden eingegangen ist. Es ist nicht an uns, diese Reihenfolge durch gezielte Bekehrung der Juden zu verändern. Davon unberührt bleibt natürlich die Wahrheit, dass wir als Christen „allezeit bereit zur Verantwortung vor jedermann (sein sollen), der von (uns) Rechenschaft for-

Wladimir Pikman (Berlin) leitet den jüdischmessianischen Evangeliumsdienst Beit Sar Shalom, der weltweit unter Juden das Evangelium verbreitet. Es gibt in Deutschland schätzungsweise 6.000 an Jesus gläubige Juden.

Ohne Jesus keine Dreieinigkeit Ohne Jesus kennt man Gott nicht (1. Johannesbrief 2,23), weil sogar das Wesen des dreieinigen Gottes ohne Jesus unmöglich ist. Wenn der „Mosaische Bund“ für Juden ausreichen würde, gäbe es keinen Bedarf für den „Neuen Bund“ (Jeremia 31,31–32) und für Jesu Kommen.

Wie kann man den Juden Jesu Güte vermitteln? Christen sollten wissen, dass Jesus Christus das Beste ist, dessen jeder Mensch bedarf, und aufhören, Juden in Bezug auf ihren Messias zu benachteiligen. Sie sollten stattdessen überlegen, wie man den Juden durch Wort und Tat Jesu Güte und Liebe richtig vermitteln kann. Damit sowie mit weiteren Argumenten und entsprechenden Bibelstellen können wir messianische Juden gut und gerne den anderen Christen helfen. P

Dr. Thies Gundlach (Hannover) ist Theologischer Vizepräsident des Kirchenamtes der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD).

dert über die Hoffnung, die in (uns) ist“ (1. Petrusbrief 3,15). Wir sollen stets Auskunft geben über unseren Glauben, der in diesem Juden Jesus wurzelt und in der heiligen Trinität den Reichtum und die Lebendigkeit Gottes bekennt.

Wir sollten unterscheiden zwischen Bekenntnis & Mission Aber wir Christen sollten unterscheiden zwischen Martyria und Mission: Martyria meint das persönliche Bekenntnis zu Jesus Christus, das allezeit ausgesprochen werden will. Dieses Zeugnis ist zu unterscheiden von dem Auftrag, bewusst Mission zu treiben. Wir Christen können Mission nur in der „Autorität des bittenden Christus“ (so der Theologe und langjährige EKD-Synodale Eberhard Jüngel) betreiben. Da aber Gottes Geist jedenfalls dem Paulus gesagt hat, dass zuerst die „Fülle der Heiden zum Heil“ eingehen solle, sollten wir uns daran halten. P

Fotos: Pikman/privat; Gundlach/Andreas Schoelzel

Jesus ist das Beste und Wichtigste für uns Juden! Christen, benachteiligt uns nicht.

12.2012


DI E K LE I N E K A NZ E L

Wer groß sein will unter euch, der soll euer Diener sein.

31

Samuel Moser (Belp), Präsident i. R. der Vereinigung evangelischer Freikirchen und Gemeinden in der Schweiz

Aus dem Markusevangelium 10,43b

Foto Moser/idea

Den Wölfen in Schafspelzen widerstehen Heinrich Pestalozzi (1746–1827), der große Erzieher und Freund der Armen, hatte wohl Napoleon vor Augen, als er schrieb: „Ewig sagt der Mensch, der mächtig und tierisch zugleich ist, zu der Schwäche seines Geschlechts: Du bist um meinetwillen da; und spielt dann über die gereihten Scharen derselben wie über gereihte Saiten des Hackbretts, was achtet er das Springen der Saiten, es sind ja nur Saiten; so vi el Männer im Land sind, so viel hat er ja Saiten; so viel ihrer springen, so viel wirft er weg; und so viel er wegwirft, so viel spannt er wieder über sein löchriges, klimperndes Brett – es sind ja nur Saiten.“ Diese „Hackordnung“ hatte wohl auch Jesus vor Augen, als die Jünger Jakobus und Johannes einen Platz an der Seite des Meisters in seinem Reich reklamierten. Doch Herrschen wollen und Jünger sein vertragen sich nicht. Auch die postmoderne Dreifaltigkeit „Ich – Mein – Mir“ verträgt sich nicht

mit der Nachfolge Jesu. Sie ist im höchsten Grad egoistisch. „Wir sind dazu da, um für Gott Platz zu schaffen“, sagte der dänische Philosoph Sören Kierkegaard (1813–1855), „aber nicht befehlend, sondern leidend.“ Irdische Herrscher benützen ihre Macht, um ihre Forderungen durchzusetzen. Macht kann Gutes bewirken. Macht kann aber auch blind machen, korrumpieren und zu Arroganz verleiten. Es gibt auch fromme Machtmenschen – Wölfe in Schafspelzen! Das ist eine äußerst subtile Form von Herrschen. Sie muss überall, wo sie auftritt, schonungslos aufgedeckt werden. Jesus gab uns ein anderes Beispiel. Er hat sein Leben im Dienst für die Menschen drangegeben. Sein Sterben diente dazu, versklavte Menschen freizukaufen. Bis zum qualvollen Tod war sein Wille zum Dienen sichtbar. In der Geschichte der Menschheit hinterließ sein Dienen unauslöschliche Spuren. P

Ja, auch ich abonniere idea Spektrum Impuls-Abo 12 Ausgaben für nur Fr. 25.– Jahres-Abo für Fr. 2.96 pro Ausgabe oder Fr. 145.– pro Jahr Halbjahres-Abo für Fr. 3.01 pro Ausgabe oder Fr. 77.– pro Jahr Geschenk-Abo für Fr. 2.96 pro Ausgabe oder Fr. 145.– pro Jahr Abo 66 für Rentner nur Fr. 2.39 pro Ausgabe oder Fr. 117.– pro Jahr Studenten-Abo für nur Fr. 1.48 pro Ausgabe oder Fr. 72.50 pro Jahr (Alle Preise inkl. Portokosten. Das Abonnement ist unter Einhaltung einer vierwöchigen Frist jeweils zum Bezugsende kündbar.)

Adresse für Geschenk-Abo Name Vorname Adresse PLZ/Ort Telefon E-Mail

Mein Abo / Meine Adresse (Rechnungsadresse) Name

Ein heller Kopf ist informiert. Darum lese ich idea Spektrum.

Vorname Adresse PLZ/Ort Telefon E-Mail

12.2012

Einsenden an: Jordi AG - das Medienhaus, Aemmenmattstrasse 22, 3123 Belp Telefon 031 818 01 20, Fax 031 819 38 54, E-Mail: abo@ideaschweiz.ch


PORTRÄT

Vision vom „Haus der Wiederherstellung“ OFFENES HAUS Der Baumaschinenführer Marcel Quirici traute sich nicht zu, eine Familie zu gründen. Er hatte selber keine stabile Familiengeschichte erlebt. Trotzdem wurden er und seine Frau Maria Eltern für viele. Mirjam Fisch-Köhler berichtet. Marcel Quirici war acht Monate alt, als sein Vater seine Mutter fortschickte. Die nächsten drei Jahre verbrachte der Kleine bei seinen Grosseltern. Vor seinem vierten Geburtstag wurde er zur Adoption freigegeben. Auf diese erneute Entwurzelung reagierte er mit Rebellion. Schon als achtjähriger Junge trank er Alkohol, mit 14 begann er zu kiffen, später kamen härtere Drogen dazu, LSD, Heroin, Kokain. Als er 18 war, erkrankte die Adoptivmutter an Krebs. Sie kam vom Krankenhaus nach Hause, um zu sterben. Die Hauspflegerin, die der Familie während jener Zeit beistand, erzählte von Jesus. Marcel besuchte mit ihr die Bibelstunde eines Pfarrers, der früher bei der Motorrad-Gang „Hells Angels“ war. Er war von der Predigt so ergriffen, dass er sich noch am selben Abend für Jesus entschied. Aber er blieb gefangen von Drogen und Alkohol. Wegen Drogenhandel wurde er verhaftet. Während er im Gefängnis sass, nahm sich sein Vater das Leben. Nun plante auch Marcel seinen Suizid. „Doch dann schrie ich zu Jesus. Ich bat Gott um Vergebung. Und ich erhielt einen Frieden und eine Freude wie nie zuvor.“ Gott befreite ihn auch von der Drogensucht – doch auf der Knei-

pentour anlässlich seiner Haftentlassung stürzte er wieder ab. Schliesslich trat er in eine christliche Drogen-Rehabilitation ein. Durch das Zusammenleben hier wuchs die tiefe Sehnsucht in ihm, selber eine Familie zu gründen.

Familienleben gesucht Als er im Januar 1987 die junge Bäuerin Maria kennenlernte, wusste er, dass sie die Frau seines Lebens sein würde. Sie heirateten im September des gleichen Jahres und wuchsen immer mehr in ihre gemeinsame Berufung hinein. Mit ihrem ersten Kind zogen sie von Mägenwil im Aargau nach Zizers im Kanton Graubünden. Marcel arbeitete als Gärtner für das christliche Sozialwerk „Stiftung Gott hilft“, das u. a. jugendliche Straftäter im Offenen Vollzug betreut. Aufgrund seines „Drahtes“ zu den jungen Leuten wurde Marcel allmählich zum „Freizeitpädagogen“: Er beschäftigte die Jungen, die eine Auszeit von der Schule brauchten, verbrachte die Freizeit mit ihnen, machte Bergtouren. In Seminaren zum Thema „Innere Heilung“ bei Frank und Catherine Fabiano von Dynamis Ministries lernten sie viel über die Begleitung von verletzten Menschen. Bald einmal teilten sie ihr Leben mit 37 Pflegekindern. Ne-

ben Liebe und Geborgenheit setzten die Pflegeeltern ihren aufmüpfigen Schützlingen auch Grenzen. Und sie luden sie ein, sich Jesus anzuvertrauen. Einige lebten am Wochenende bei ihnen, andere mehrere Jahre.

Eingebettet ins Gebet Verwurzelt in der ICF-Church Chur leitet Marcel Quirici ein Gebetsteam, das seine Familie im Gebet intensiv begleitet. Am vergangenen 8. September gründeten Quiricis den Verein „Silber und Gold“. Seither arbeitet der 49-Jährige nicht mehr als Baumaschinenführer, sondern als Lebensberater für den Verein. Seine Frau und er bieten Seelsorge und Coaching an und träumen von einem „Haus der Wiederherstellung und Heilung“, wo sie Erwachsene aufnehmen können. „Vor 25 Jahren hat etwas total Neues begonnen in meinem Leben“, resümiert Quirici. „Ich habe seither Unglaubliches mit Gott erlebt. Menschen haben Gott gefunden, sie wurden frei von Drogen, von dämonischen Belastungen oder gesund, auch von Krebs. Solche Erlebnisse mit Jesus sind das Grösste, was es gibt.“ P

DAS WORT DER WOCHE » Gott schuf den Menschen zu seinem Bilde mit der wunderbaren Fähigkeit, Verantwortung zu

übernehmen. Es gibt so viele Geschöpfe auf der Erde, aber nur eines mit der Fähigkeit, für sich selbst, für das Du neben uns und den Raum um uns herum Verantwortung zu übernehmen. «

Der neue deutsche Bundespräsident – Joachim Gauck – in seinem gerade erschienenen Buch „Freiheit. Ein Plädoyer“ (Kösel-Verlag)

12.2012


Turn static files into dynamic content formats.

Create a flipbook
Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.