Idea Spektrum Schweiz 15/2013

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10. April 2013 | 15

Nachrichten und Meinungen aus der evangelischen Welt

Wann immer wir wollen?

Streitgespräch um längere Ladenöffnungszeiten: Nationalrätin Streiff gegen Gewerbe-Direktor Bigler

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7 Frauen-Impulstag Sich als Geschenk Gottes begreifen | 9 idea-Serie Diese «Quelle» fliesst auch ins Quartier | 11 Theologie Pfarrer Klaas Hendrikse glaubt nicht so ganz an Gott 28 Glaubensbekenntnis Wie Gott die Geschichte der Welt schreibt www.ideaschweiz.ch


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I nse r at e

16. Januar 2013 | 3

Nachrichten und Meinungen aus der evangelischen Welt

STELLENINSERATE werden zusätzlich zur gedruckten Ausgabe auch

Was bringt die Zukunft? Markus Müller über kommende Veränderungen Seite 4 und die Chance der Christen 7 Gründung Neue Allianz-Sektion im Seeland | 10 Ausbildung Die Jugendverbände Cevi und Besj und der Seilbahnbau | 13 Gassenarbeit Das Zürcher «Chrischtehüsli» braucht mehr Platz | 24 Parkinson Wie Jürgen Mette mit seiner Krankheit umgeht www.ideaschweiz.ch

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02.07.12 16:06 idea Spektrum 15.2013


E DI T OR I A L

22 000, 16 000, 1500 In fast zwanzig Schweizer Kinos lief Luke Gassers Doku «The Making of Jesus Christ». Der Film beschreibt Gassers Spurensuche rund um Jesus Christus. Das Werk ist eine gute Vorlage, um sich dem Thema zu nähern. Bewusst brachte «idea Spektrum» im Vorfeld ein ausführliches Interview mit dem wild gelockten Filmemacher. Wer ins Kino ging, profitierte. Im Anschluss wurde mancherorts engagiert diskutiert. Eine junge Frau verliess das Kino mit Tränen in den Augen. Der Film war eine Chance. Gut besuchte Kinos hätten nach aussen signalisiert, dass in der Bevölkerung ein Interesse am Thema Jesus besteht! Und was ist passiert? Trotz positiver Medienkritiken und obwohl sich eine Handvoll Christen kräftig für den Film engagierte, blieb die Resonanz aus. Die Kirchenleitungen von katholisch über evangelisch bis freikirchlich nickten zwar wohlwollend, befassten sich aber nicht damit. Betrachten wir mal die Besucherzahlen anderer Schweizer Filme. «Drei à la carte», eine liebliche, aber filmisch eher bescheidene Produktion über drei behinderte Brüder, lockte 16 000 Menschen ins Kino; die Behindertenverbände hatten mobilisiert. In «Arme Seelen» erzählen ältere Menschen von ihren Geisterbegegnungen. Diesen esoterischen Inhalt wollten 22 000 Kinogänger sehen, wohl ganz ohne Lobbyarbeit. «The Making of Jesus Christ» sahen 1500 Personen. Das sagt uns dreierlei: 1. Es herrscht Desinteresse am Thema. 2. Die Interessengruppen sind träge und schlecht vernetzt. 3. Man war skeptisch, weil ausgerechnet einer wie der Rockmusiker Gasser sich des Themas annahm. Am Karfreitag strahlte Fernsehen SRF eine stündige Kurzfassung aus. In der anschliessenden Diskussionsrunde mit der reformierten feministischen Theologin Esther Straub und dem katholischen Theologen und Filmpublizisten Charles Martig erwies sich Luke Gasser als Kenner der historischen Zuverlässigkeit der biblischen Überlieferung. Geschickt und bibelfest reagierte er auf die Einwände der kritischen Theologen. Anders als Gasser taten diese sich nämlich vor allem mit dem Hinterfragen der biblischen Ereignisse hervor. – Mich macht das nachdenklich. Gott hätte durch Luke Gassers Film zu viel mehr Menschen reden können. Rolf Höneisen

Impressum Idea Schweiz Herausgeber: Idea Information AG, 4410 Liestal Verwaltungsrat: Heiner Henny, Präsident, Sam Moser Stellvertreter, Paul Beyeler, Hans Lendi, Helmut Matthies, Matthias Spiess Ideelle Trägerschaft: Schweizerische Evangelische Allianz (SEA), Verband Evangelischer Freikirchen und Gemeinden (VFG), Arbeitsgemeinschaft Evangelischer Missionen (AEM) Redaktion: Aemmenmattstrasse 22, 3123 Belp, Tel. 031 818 01 44, Fax 031 819 71 60 E-Mail: redaktion@ideaschweiz.ch Internet: www.ideaschweiz.ch Chefredaktor: Rolf Höneisen Büro: Steinackerstrasse 4, 9214 KradolfSchönenberg, Tel./Fax 071 642 44 21 E-Mail: rolf.hoeneisen@ideaschweiz.ch Redaktor: Thomas Feuz Erweitertes Team: Esther Reutimann, Christian Bachmann, Mirjam Fisch-Köhler, Christof Bauernfeind Praktikum: Eveline Mergaert

ideaSpektrum 15.2013

Verlagsmanager: Roland Rösti, 031 818 01 25, verlag@ideaschweiz.ch Kundenberatung Anzeigen: Jordi AG – das Medienhaus, Aemmenmattstr. 22, 3123 Belp, Tel. 031 818 01 42; Fax 031 819 38 54 E-Mail: inserate@ideaschweiz.ch Aboservice: Jordi AG – das Medienhaus, Franziska Schüller, Aemmenmattstr. 22, 3123 Belp, Tel. 031 818 01 20, Fax 031 819 38 54 E-Mail: abo@ideaschweiz.ch Abopreise: Jahresabo Fr. 145.–, Seniorenabo Fr. 117.–, Halbjahresabo Fr. 77.–. Das Abo ist unter Einhaltung einer vierwöchigen Frist jeweils zum Bezugsende kündbar. Konto: PC-Konto 40-788586-4 Idea Information AG, 4410 Liestal Layout/Druck/Versand: Jordi AG – das Medienhaus, Aemmenmattstrasse 22, 3123 Belp www.jordibelp.ch Einzelverkaufspreis: CHF 4.–

Bilder: Andrea Vonlanthen, fotolia/adisa (Titelseite); zvg (Seite 3)

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BIBLISCH Ein Lieblingsbibelwort von Markus Hausammann, SVP-Nationalrat und selbständiger Landwirt, Langrickenbach TG.

«Gott der Herr ist Sonne und Schild; Gnade und Ehre gibt der Herr. Er versagt nicht Gutes dem, der in Frömmigkeit wandelt.» Psalm 84,12 «Für das Wort, welches mir von Frau Pfarrer Ruth Mauz anlässlich meiner Konfirmation vor 33 Jahren mit auf den weiteren Lebensweg gegeben wurde, bin ich sehr dankbar. Es hat in mir ein grosses Vertrauen auf einen starken Begleiter wachsen lassen. Darauf aufbauend, konnte und kann ich mit einer beruhigenden Gelassenheit die Herausforderungen des täglichen Lebens angehen. Der Schluss des Verses lautet: ‹Der Herr versagt nicht Gutes dem, der in Frömmigkeit wandelt.› Dies mahnt mich im Unterbewusstsein zu einer Grundhaltung, welche ich im heutigen gesellschaftlichen Leben eher als ethisch, denn als fromm bezeichnen würde.»

WÖRTLICH «Ostern ist das Fest der Auferstehung Jesu. Aber diese Geschichten von Jesus bleiben bedeutungslos, so lange wir nicht mit ihm aufgestanden sind. (...) Erst wenn die Kraft der Auferstehung in uns lebt, kann sie uns verwandeln. Es ist die Kraft, die in der Geborgenheit in Gott wurzelt. Aus ihr wächst Leben. Und der Tod liegt hinter uns.» Das schrieb Lars Spring, evangelischer Pfarrer in Bühler AR, in einem Gastkommentar in der «NZZ am Sonntag» zur Aktualität der Auferstehung. Der Titel des Kommentars lautete «Es gibt ein Leben vor dem Friedhof». CMYK COLOURS C: 100 M: 57 Y: 0 K: 40 C: 5 M: 100 Y: 71 K: 22 C: 0 M: 1 Y: 0 K: 51

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BR E N N P U N K T

Wer will nachts und sonntags shoppen? ladenöffnungszeiten Einkaufen bis 20 Uhr, vermehrter Sonntagsverkauf in Tourismuszonen, 24-Stunden-

Verkauf in Tankstellenshops: Das Parlament will längere Ladenöffnungen. Wem dient das? Marianne Streiff, EVP-Nationalrätin, und Hans-Ulrich Bigler, Direktor des Gewerbeverbands, im Streitgespräch. Wann haben Sie Ihre Ostereinkäufe besorgt? Marianne Streiff: Am Gründonnerstag habe ich zusammen mit meinem Mann eingekauft. Hans-Ulrich Bigler: Für den Ostereinkauf war wie immer meine Frau zuständig… Worauf achten Sie als Christ beim Einkauf speziell? Bigler: Mein Christsein hat mit dem Einkaufsverhalten wenig zu tun. Als Konsument schaue ich in erster Linie auf die Qualität und natürlich auch darauf, ob ein Produkt dem entspricht, was ich wirklich brauche. Streiff: Für mich sind Fairtrade und die Ökobilanz eines Produktes wichtige Aspekte. Ich schaue auch darauf, ob ein Produkt saisongerecht ist, wobei ich manchmal Ausnahmen nicht widerstehen kann… Ziehen Sie Geschäfte vor, die von überzeugten Christen geführt werden? Streiff: Wenn sie mir bekannt sind, schon. Wir haben auch schon auf der IVCG-Liste nach Namen gesucht, wenn wir Handwerker gesucht haben, um Christen berücksichtigen zu können. Bigler: Das kann ein zusätzliches Argument sein, aber immer vorausgesetzt, die Qualität stimmt und ein Geschäft deckt wirklich meine Bedürfnisse ab. National- und Ständerat haben sich in der letzten Session für längere Ladenöffnungszeiten bis 20 Uhr und auch für eine Ausweitung der Tourismuszonen, in denen Sonntagsverkäufe zulässig sind, ausgesprochen. Was stört Sie daran, Frau Streiff? Streiff: Die längeren Öffnungszeiten gehen vor allem auf Kosten des Verkaufspersonals. Wir wissen ja, dass das Leute sind, die nicht sehr viel verdienen, aber auf einen Verdienst angewiesen sind. Vielfach sind es Alleinerziehende. Wenn die Läden abends länger offen sind, geht das auch ganz klar auf Kosten der Familie. Der Sonntag ist für mich sowieso ein ganz anderes Kapitel. Man sollte auch nicht meinen, die Leute würden mehr einkaufen, wenn die Läden länger geöffnet sind. Die Bedürfnisse ändern sich deswegen nicht. Warum wollen Sie dem ohnehin schlecht bezahlten Verkaufspersonal diese Arbeit «nach Feierabend» und am Sonntag zumuten, Herr Bigler? Bigler: Die Behauptung, längere Öffnungszeiten gingen zu Lasten der Arbeitnehmenden, ist absolut falsch. Sie sind ja geschützt durch

zu den Personen Marianne Streiff-Feller, 56, verheiratet, drei erwachsene Kinder, wohnhaft in Oberwangen/Köniz. Ursprünglich Lehrerin und Legasthenietherapeutin. Seit 2010 Nationalrätin der EVP. Präsidentin INSOS Schweiz, Branchenverband der Institutionen für Menschen mit Behinderungen, Präsidentin des Hilfswerks Tear-Fund Schweiz, Vizepräsidentin EVP Schweiz. Hans-Ulrich Bigler, 55, verheiratet, drei erwachsene Kinder, wohnhaft in Affoltern am Albis. Ökonom (lic.rer.pol.), Management-Ausbildung an der Harvard Business School/USA. Seit 2008 Direktor des Schweizerischen Gewerbeverbandes (sgv). Mitglied der Bildungskommission der FDP des Kantons Zürich.

Bilder: Andrea Vonlanthen

«Wollen wir diesen gesellschaftlichen Wandel wirklich noch weiter fördern?» Marianne streiff, nationalrätin eVP Gesamtarbeitsverträge. Und ins Arbeitsrecht wird mit den aktuellen politischen Vorstössen überhaupt nicht eingegriffen. Es geht darum, dass man den Flickenteppich von völlig unterschiedlichen Ladenöffnungszeiten in den Kantonen beseitigt und zu einer vernünftigen Harmonisierung kommt. Eine Ladenöffnung von 6 bis 20 Uhr, wie sie nun angestrebt wird, ist die normale Tagesarbeitszeit, wie sie das Arbeitsrecht heute schon für die ganze Wirtschaft definiert. Streiff: Wenn eine Verkäuferin abends bis acht Uhr arbeiten muss, kommt sie um halb neun nach Hause, und dann müssen die Kinder schon ins Bett. Das ist nicht familienfreundlich. Früher war das am Abend die Zeit, in der man miteinander das Nachtessen einnahm und den gemeinsamen Austausch pflegte. Bigler: Es ist jeder Familie völlig unbenommen, am Nachmittag einzukaufen und am Abend gemeinsam zu essen. Die Lebensgewohnheiten haben sich einfach massiv verändert. Wir haben neue Familienformen und flexible Arbeitszeitmodelle. Von daher gibt es auch andere Einkaufsgewohnheiten. Längere Öffnungszeiten ermöglichen zudem vermehrt Teilzeitbeschäftigungen, zum Beispiel für Studentinnen, und beleben den Arbeitsmarkt. Frau Streiff, der gesellschaftliche Wandel ist eine Tatsache, und Touristen haben einfach das Bedürfnis, auch sonntags einzukaufen... Streiff: Der gesellschaftliche Wandel ist eine Tatsache. Aber wollen wir ihn wirklich noch weiter fördern? Wir haben ohnehin schon eine enorm beschleunigte Gesellschaft. Wenn wir jetzt den Sonntag noch weiter zum Einkaufstag machen, erhöhen wir nur den Stress dieser Gesellschaft. Es heisst zwar, die Ladenöffnung am Sonntag treffe nur auf Touristenorte zu, doch gleichzeitig sagt man auch, es gebe halt überall Touristen und will deshalb die Ladenöffnungszeiten ganz liberalisieren. idea Spektrum 15.2013


BR E N N P U N K T Das Stimmvolk hat sich in letzter Zeit laufend gegen längere Öffnungszeiten ausgesprochen, Herr Bigler, zuletzt in Zürich, Luzern und Basel. Was Sie wollen, entspricht offensichtlich keinem breiten Bedürfnis. Bigler: Es geht ja nicht nur um den Konsumenten, sondern auch um den Detailhandelselber.WirhabenheuteEinkaufstourismusimUmfangvon 8 Milliarden Franken. Damit sind gegen 20 000 Arbeitsplätze gefährdet. Im grenznahen Ausland haben wir überall längere Öffnungszeiten, zum

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Streiff: Man muss dem Bürger nicht alles zugestehen. Er darf auf der Strasse auch nicht so schnell fahren, wie er vielleicht möchte. Er darf nicht überall Alkohol konsumieren, wenn er noch nicht 18 ist. Klar, die Bestimmungen des Arbeitsrechts werden mit längeren Öffnungszeiten nicht überschritten. Doch wer am Abend nicht bis 20 Uhr und auch am Sonntag nicht hinter dem Ladentisch stehen möchte, verdient unsern Schutz. Bigler: Wir müssen einfach aufhören mit der Behauptung, es komme zu einer Ausdehnung der Ladenöffnung am Sonntag. Streiff: Die von den Räten angenommene Motion des Tessiner Nationalrats Abate strebt das sehr wohl an. Er sagt, Tourismus sei heute überall. Er möchte auch am Sonntag überall verkaufen können. Einige Tankstellenshops sollen künftig auch nachts das ganze Sortiment anbieten dürfen. Dagegen haben Sie das Referendum ergriffen, Frau Streiff. Wäre das nicht einfach kundenfreundlich? Streiff: Vor allem Alkohol… Ich finde das so bedenklich, dass das gerade an Tankstellen möglich sein soll. Die wichtigsten Lebensmittel – das ist o.k. Bigler: Hier liegt ja der Unsinn dieses Referendums. Tankstellenshops müssen heute nachts von ein bis fünf Uhr einen Teil ihres Angebots abdecken. Doch das Personal ist ohnehin da. Aber der Konsument muss bis fünf Uhr warten, bis er alles einkaufen kann. Das ist ein bürokratischer Unsinn und weiss Gott nicht konsumentenfreundlich. Ob man in Tankstellenshops Alkohol kaufen kann oder nicht, ist eine andere Frage. Streiff: Ich habe einfach kein Verständnis dafür, wenn man meint, man müsse auch nachts zu jeder Zeit alles kaufen können.

«Mich stört, dass man der gesellschaft aufzwingen will, wie sie zu leben hat.» Hans-ulrich Bigler, direktor schweizerischer gewerbeverband Teil bis Mitternacht. Wir haben eine enorme Abwanderung von Konsumenten ins grenznahe Ausland. Die Ökobilanz ist ihnen völlig egal. Es geht in erster Linie um die tieferen Preise. Insofern müssen wir uns überlegen, wie wir Arbeitsplätze und Lehrstellen im Schweizer Detailhandel sichern können. Streiff: Das kann ich widerlegen. Basel-Land hat heute schon längere Öffnungszeiten am Abend als Lörrach auf der andern Seite der Grenze. Trotzdem gibt es den Einkaufstourismus, vor allem wegen der Preise und dem Konsumverhalten. Man geht nach einem langen Arbeitstag nicht noch ins Ausland einkaufen, nur weil man es dort vielleicht länger kann. Das hat andere Gründe. Bigler: Denken Sie doch an den enormen Einkaufsverkehr nach Konstanz oder nach Waldshut. Klar, das hat nicht nur mit den Öffnungszeiten zu tun, aber auch. Sie sind ein wichtiger Faktor. Sie wollen offensichtlich den mündigen Bürger in seiner persönlichen Freiheit einschränken, Frau Streiff.

neue anläufe für längere öffnungszeiten Ständerat und Nationalrat haben sich in der Frühjahrssession für längere Ladenöffnungszeiten ausgesprochen. Allen Läden in der Schweiz soll es ermöglicht werden, unter der Woche von 6 bis 20 Uhr und am Samstag von 6 bis 19 Uhr offen zu haben. Bereits ist allerdings das Referendum angekündigt, so dass die Gesetzesänderung noch die Hürde einer Volksabstimmung nehmen muss. Sollte die Vorlage angenommen werden, müssten 18 Kantone ihre Bestimmungen ändern, weil sie restriktivere Ladenschlussgesetze kennen. Im kommenden Herbst muss sich das Volk bereits an der Urne zu den Tankstellenshops äussern. Das Parlament hatte im Dezember beschlossen, dass idea Spektrum 15.2013

Das Referendum gegen die Verlängerung der Öffnungszeiten bei Tankstellenshops ist in Rekordzeit zustande gekommen. Die Abstimmung dürfte im Herbst stattfinden. Wie sehen Sie die Chancen? Streiff: In nur zwei Monaten sind schon 60 000 Unterschriften zusammengekommen. Wenn ich das sehe, gebe ich dem Referendum gute Chancen. Wir hatten in den letzten Jahren in den Kantonen sicher zehn Abstimmungen zur Verlängerung der Ladenöffnungen, und fast immer sagte das Volk Nein. Bigler: Der Stimmbürger muss entscheiden, ob er sich mit Gesetzesvorschriften gängeln lassen will oder ob er sich für mündig genug betrachtet, selber zu entscheiden, wann er was einkaufen will. Wer zum späten Einkauf motiviert wird, meidet den sozialen Kontakt im Ortsverein oder auch die Gebetsstunde in der christlichen Gemeinde, Herr Bigler. Wirklich eine positive Entwicklung? Bigler: Alles ist letztlich eine Frage, wie attraktiv sich diese Angebote präsentieren und ob man die Leute zu etwas motivieren und überzeugen kann. Immer Angst zu schüren mit solchen Schutzbehauptungen, das lenkt nur vom Problem ab. Streiff: Wer am Abend bis 20 Uhr arbeiten muss, hat es schwerer, noch am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen oder in die Gebetsstunde zu gehen.

es Tankstellenshops an Autobahnraststätten und Hauptverkehrsachsen mit starkem Reiseverkehr künftig erlaubt sein soll, ihr ganzes Sortiment auch nachts anzubieten. Dagegen hat die «Sonntagsallianz» das Referendum ergriffen und am 3. April 67 000 Unterschriften eingereicht. Es handelt sich dabei um ein Netzwerk von 26 Organisationen, vornehmlich Kirchen, Parteien (SP, Grüne, CSP, EVP), Gewerkschaften und Frauenorganisationen. Für die «Sonntagsallianz» ist die 24-Stunden-Regelung für Tankstellenshops nur der erste Schritt, um die Ladenöffnungszeiten vollends auszuweiten. Zudem hat sich das Parlament in der Frühjahrssession für eine deutliche Ausweitung der Tourismuszonen, in denen Sonntagsverkäufe zulässig sind, ausgesprochen (Motion Abate). Diese Änderung soll der Bundesrat via Verordnung verabschieden können, was ein Referendum verunmöglichen würde.


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BR E N N P U N K T

Bigler: Das hat weniger mit den Ladenöffnungen zu tun als mit heutigen Arbeitszeitmodellen. Streiff: Man kann doch die Läden nicht ohne Verkäuferinnen offen haben. Bigler: Mit der gleichen Logik müsste man am Abend auch die Restaurants und Spitäler schliessen. Mich stört, dass man einer Gesellschaft staatlich aufzwingen will, wie sie zu leben hat. Widerspricht der Einkauf am Sonntag nicht der biblischen Sonntagsheiligung? Bigler: Es geht ja bei den aktuellen Vorlagen nicht zuerst um eine Ausdehnung des Sonntagsverkaufs. Streiff: Sehr wohl! Nationalrat Abate will mit seiner Motion eine Liberalisierung am Sonntag, wenn er sagt, es sei nicht sinnvoll, die Tourismusorte so eng zu definieren. Bigler: Das könnt ihr dann ja im Parlament noch genauer festlegen! Für mich ist klar, dass es einen Ruhetag braucht. Das ist zentral. Doch man darf daraus kein Dogma machen. Nicht für alle ist der Ruhetag am Sonntag möglich. Im Gesundheitsbereich sind wir froh, wenn das Fachpersonal auch am Sonntag im Einsatz ist. Abt Martin Werlen von Einsiedeln wehrt sich mit der «Sonntagsallianz» für einen arbeitsfreien Sonntag als Sicherung gegen zu viel Leistung und Konsum. Was antworten Sie dem Abt, Herr Bigler? Bigler: Den Auftritt des Abtes finde ich insofern problematisch, als damit die Kritik aufkommt, die Kirche mische sich in die Politik ein. Und gemäss seiner Argumentation will er gegen eine Entwicklung ankämpfen, die gar niemand will. Streiff: Wenn ich das Leben von Jesus anschaue, dann war auch er höchst politisch. Von daher hat auch ein Abt Martin das Recht, sich einzumischen. Ich sehe das genau wie er: Unsere Gesellschaft darf nicht nur auf Konsum und Kommerz ausgerichtet sein. Bigler: Mich stört nicht Abt Martin, aber dass sich die Kirche einmischt. Würde es denn von ernsthaften Kirchbürgern verstanden, wenn sich ausgerechnet die Kirche für eine Verkommerzialisierung des Sonntags aussprechen würde? Bigler: Das würde nicht verstanden. Aber genau darum geht es eben nicht. Wir reden von einer Vereinheitlichung der Ladenöffnungszeiten während der geltenden Arbeitszeiten. Streiff: Ich erinnere nochmals an die Motion Abate. Sie will die völlige Liberalisierung. Bigler: Die entscheidende Frage ist, wie diese Motion umgesetzt wird. Dazu braucht es einen konkreten Vorschlag des Bundesrats, der dann auch unter den Sozialpartnern diskutiert wird. Jesus sagte zu den Pharisäern, der Sabbat habe den Menschen

zu dienen, nicht umgekehrt. Welche Einkaufspraxis dient den Menschen wirklich? Streiff: Für mich ist es schwer vorstellbar, dass es dem Menschen wirklich dient, wenn er auch am Sonntag einkaufen soll. Darunter leidet zuerst die Familie. Bigler: Ich kann mir nicht vorstellen, dass man am Sonntag mit prall gefüllten Einkaufstaschen aus der Migros kommt. Doch es kann Gebiete geben, wo es auch am Sonntag einen gewissen Bedarf für das Einkaufen gibt. Als Tourismusland stehen wir einfach im internationalen Wettbewerb. Doch wie gesagt: Den Ruhetag an sich finde ich zentral für den Menschen, damit er in die Stille und zu sich selber finden kann. Wo ziehen Sie die Grenze zwischen Wirtschafts- und sozialen Interessen? Bigler: Da gibt es keine Grenze. In der sozialen Marktwirtschaft suchen wir immer den Ausgleich zwischen den Interessen von Arbeitgebern und Arbeitnehmern. Streiff: Im Prinzip sollte das eine Einheit sein. Doch das ist nicht immer so, weil der Mensch so veranlagt ist, dass ihm das eigene Hemd am nächsten ist. Soziale Interessen können nur angestrebt werden, wenn die wirtschaftlichen Voraussetzungen stimmen. Doch die Wirtschaft sollte so handeln, dass es sozialverträglich ist. Wo liegt nach Ihrer Einschätzung als Christ die Gefahr der momentanen Entwicklung zur 24-Stunden-Gesellschaft? Streiff: Die grösste Gefahr sehe ich darin, dass der Sonntag verloren geht. Für eine Familie ist es wichtig, dass der gleiche Tag als Ruhetag gilt. Bedroht ist auch das Gemeindeleben in der Kirche, das noch immer vorwiegend am Sonntag stattfindet. Auch für die ganz persönliche Erholung ist der Sonntag nicht zu verachten. Bigler: Es gibt keine Entwicklung zu einer 24-Stunden-Gesellschaft. Das ist eine Theorie von politischen Kreisen, die diese Thematik für ihre Ziele ausnutzen wollen. Was tun Sie, wenn Sie am Sonntag nach dem Gottesdienst feststellen, dass die Eier für den Auflauf fehlen? Bigler: Ich hole sie mir im Tankstellenshop. Streiff: Ich läute bei der Nachbarin. Bigler: …die ihrerseits die Eier im Tankstellenshop gekauft hat. Warum ist Ihnen der Gottesdienst am Sonntag wichtig? Streiff: Es ist der Ort, wo ich Gott begegne, wo ich zur Ruhe komme, wo ich Gemeinschaft habe mit andern Menschen aus der Gemeinde. Bigler: Es ist ein bewusster Moment, um mich unter das Wort von Gott zu stellen und mich damit auseinanderzusetzen, aber auch um innerlich zur Ruhe zu finden. Gesprächsleitung: ANDREA VONLANTHEN

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das Potenzial in den eigenen Reihen entdecken Gemeindebau Wie finden Gemeinden die passenden Leitungspersonen und Pastoren? Vertreter verschiedenster

Denominationen trafen sich zu einem Inspirationsmorgen in der GvC Winterthur, Thema war Nachwuchsförderung.

Das Thema Nachwuchsförderung stiess auf grosse Resonanz. Ob es um Bereichsleiter für Musik oder Teenager oder um die Nachfolgeregelung für den Pastor geht: die geeigneten Leute zu finden stellt eine grosse Herausforderung dar. Zwar können extern ausgebildete Leiter durchaus zu tragfähigen Stützen einer Gemeinde werden. Doch das grösste Potenzial sitzt in den eigenen Reihen. Wie solche Ressourcen entdeckt und gefördert werden können und was dies für die Gemeinde bedeutet, teilte Johannes Wirth, Pastor der GvC Winterthur, an diesem Morgen den über 60 Anwesenden mit.

entdecken, rufen, befähigen

Manchmal braucht es Mut, auf junge Frauen und Männer zuzugehen und ihnen Verantwortung zu übergeben. Doch genau dieser Vertrauensvorschuss kann Begabungen freisetzen. Es sind aber auch Berufs- und Geschäftsleute, die zum Dienst innerhalb der Gemeinde berufen sind.

befähigt werden können, braucht es entsprechende Schulungsangebote, die sich flexibel in den Alltag einfügen. Stefan von Rüti, Schulleiter bei ISTL: «Im Quereinsteigerprogramm des ISTL erwerben die Studierenden nebenberuflich ein solides Fundament im Bereich von Theologie, Bibelstudium und Leiterschaft. Dieses massgeschneiderte Studium verschafft ihnen die Möglichkeit, sich gezielt Fachwissen zu erarbeiten und gleichzeitig weiterhin in Beruf und Gemeinde tätig zu sein.» Spannende Referate: Johannes Wirth, ISTL-Leiter Stefan von Rüti (r.u.).

Wie können diese Menschen befähigt und eingesetzt werden? Dazu sagt Johannes Wirth: «Jungen Menschen bieten wir ein Jahrespraktikum an. In dieser Zeit zeigt sich, ob die Chemie stimmt, welche Talente vorhanden sind und ob unter den Händen dieser Person etwas wächst.» Dabei wird grosses Gewicht auf das Vorleben

durch die Gemeindeleitung gelegt. Denn ihr Vorbild prägt den Charakter der Mitarbeiter und die Kultur der Gemeinde mehr als alles andere.

Quereinsteigerprogramm

Damit auch Menschen, die bereits mitten im Leben stehen, für den Dienst in der Gemeinde

lokale Gemeinden sind wichtig

Dabei sind die Lokalgemeinden wichtige Ausbildungspartner. Die Studierenden werden dort geprägt, in ihrem Dienst gefördert und vom Pastor gecoacht. Die Entscheidung, eigene Leute heranzuziehen, ist für die Zukunft der Gemeinden von immenser Bedeutung. Katrin Koch www.istl.ch/quereinsteiger

die Kunst, sich als Geschenk Gottes zu begreifen FRauen-imPulStaG 340 Frauen trafen sich am 6. April in der FEG Wetzikon ZH, um sich der Frage «Ich – ein Geschenk

Gottes?» anzunähern. Der restlos ausgebuchte Anlass bot zwölf lehrreiche Workshops zu frauenspezifischen Themen.

Welche Frau kennt sie nicht, die Probleme mit dem Selbstwert? Nicht umsonst stand der diesjährige Frauen-Impulstag unter dem Thema «Ich – ein Geschenk Gottes?» Der Schulungsanlass wollte eine Hilfe und Motivation für alle sein, die sich mit dem Wunsch nach einer wachsenden Frauenarbeit, deren Veränderung oder Neubildung, beschäftigen.

ein weibliches Problem

Im Bezug auf den Selbstwert ist eine verstärkte Frauenarbeit in der Gemeinde dringend nötig. Kathi Kaldewey, psychologische Beraterin und Erwachsenenbildnerin, wörtlich: «In meiner therapeutischen und seelsorgerlichen Arbeit erschrecke ich seit Jahren über idea Spektrum 15.2013

dass du atmest, sein Geschenk an dich.» In ihrem Hauptreferat setzte sich Kahti Kaldewey mit den vier Stufen der Liebe auseinander, die schon Kirchenvater Gerhard von Clairvaux im 12. Jahrhundert identifizierte. «Die höchste Stufe der Liebe ist die Liebe zu sich selbst, um Gottes Willen. Diese Liebe hat nichts mit Narzissmus, sondern mit Selbstverantwortung zu tun. Gott hat uns uns selbst gegeben, damit wir zu uns selber schauen», erklärte Kaldewey und gibt zu: «Dies zu begreifen ist tägliche, harte Knochenarbeit.» Der nächste Frauen-Impulstag findet am 5. April 2014 statt.

das mehr oder weniger verzerrte Selbstbild vieler Frauen. Dieses nimmt wenig Rücksicht auf das jeweilige Alter, Begabung, Aussehen oder Bildung.» Unzufriedenheit mit sich selbst, Perfektionismus und Selbstzweifel würden unbarmherzig zuschlagen. Auch führe die Überidealisierung der christlichen Frau nicht selten zu Zusammenbrüchen oder Erkrankungen aller Art. Von Essstörungen über Depressionen sei alles möglich.

Selbstliebe, um Gottes Willen

Bereits das Einstiegslied brachte auf den Punkt, warum wir uns als Geschenk Gottes annehmen dürfen: «Vergiss es nie, dass du lebst war eines anderen Idee, und

EvElinE MErgaErt

Kathi Kaldewey: Gott rückt verzerrte Selbstbilder gerade.

www.fit-frauen-impulstag.ch Bilder: Katrin Koch; idea/Eveline Mergaert


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SE R I E | TAG E SSC H AU

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Die «Quelle» fliesst auch ins Quartier JOURNAL ICF wieder im Maag-Areal

KIRCHE UND GESELLSCHAFT Nach einem Burnout hatte Kurt Kammermann genug

vom Gemeindedienst. Seine Vision von echter Jüngerschaft wurde anders Wirklichkeit: Der Verein Quelle in Kehrsatz BE ist ein Dorftreffpunkt mit 300 Besuchern pro Woche. «Zugang zur ‹Quelle› zu finden ist sehr einfach», betont Gesamtleiter Kurt Kammermann. «Die meisten Leute gehören schon zu unserer Bewegung, bevor sie zum Glauben kommen.» Der Verein Quelle im bernischen Kehrsatz ist ein offener Ort, wo Menschen dem christlichen Glauben auf unkomplizierte Weise begegnen können. Schwerpunkt bildet nicht der sonntägliche Gottesdienst, sondern verschiedene «Marktstände».

Ein lebhaftes Treiben

«Auf einem Marktplatz herrscht ein lebhaftes Treiben, ist viel Raum für Kreativität», erklärt der 57-jährige Kammermann. Seit drei Jahren verfolgt der Verein Quelle verstärkt die Zielrichtung mit Marktständen. Am Montagabend treffen sich Jugendliche aus dem Quartier, tanzen, boxen, lachen und essen zusammen. 90 Prozent der Box-Trainees haben keinen Bezug zur «Quelle». Bei der «Schatzkiste», einem MütterKinder-Treffpunkt, sind einige Mütter aus der Nachbarschaft dabei, die kein anderes Angebot nutzen. Weitere Marktstände sind etwa das öffentliche «RössliArtBistro» mit Live-Musik, wo Laien servieren, sowie «Warm Blankets», ein in der Dritten Welt tätiges Hilfswerk. Pro Woche nutzen rund 300 Leute die Angebote des Vereins Quelle. Doch bis es soweit war, mussten viele Hürden überwunden werden.

Neue Chance nach Burnout

Im Jahr 1998 wurde Kurt Kammermann angefragt, ob er seine lang gehegte Vision fürs Zentrum «Rössli» umsetzen wolle: ein Ort, wo Menschen für Lebens- und Glaubensfragen sensibilisiert werden und echte Jüngerschaft gelebt wird. Der Entscheid fiel dem Familienvater nicht leicht. 1991 hatte er sein Amt als Pastor bei der New-Life-Bewegung in Bern wegen eines Burnouts abgegeben. «Dass vor allem das Programm zählte und nicht die Beziehungen, war für mich eine idea Spektrum 15.2013

Der ICF Zürich muss den alten Güterbahnhof Ende April verlassen. Lange Zeit war unklar, ob die Freikirche in Zürich etwas Geeignetes finden würde. Nun zieht sie zurück in ihre frühere «Location», das Maag-Areal. Ab dem 28. April finden die sonntäglichen Gottesdienste vorläufig bis Ende Jahr in der Maag-Eventhalle statt. (idea)

Aus für «schön&buch»

Ein Ort für Begegnung, Kultur und Genuss: Im «RössliArtBistro» in Kehrsatz trifft man sich einmal im Monat zu Live-Musik.

Kurt Kammermann: «Menschen sind wichtiger als Programme.»

schmerzhafte Erfahrung.» Nach einem Jahr Aufenthalt in den USA, arbeitete er für sechs Jahre mehrheitlich auf seinem Beruf als Automechaniker. Daneben betreute er eine kleine Gemeinde in Kehrsatz, den Verein Quelle.

Jugend lernt Werte kennen

Im November 2001 wurde Kurt Kammermanns Vision schliesslich Wirklichkeit: Der damals noch deutlich kleinere Verein, den er zusammen mit seiner Frau Christine leitet, zog im Zentrum «Rössli» ein – ein grosser Glaubensschritt. Der 1997 gegründete

Verein Quelle will sich aktiv in Kehrsatz engagieren und gehört zur Bewegung der «Foursquare Suisse», die ihren Ursprung in Kalifornien hat. Er sehe sich nicht als Gemeindeleiter, sondern als Entwickler und Prozesslenker, sagt Kammermann. Er wolle Menschen dazu ermutigen, ihre Gaben zu entdecken und eigenständige Schritte im Glauben zu tun. «Jugendliche haben in der Partygesellschaft oftmals Mühe mit verbindlichen Beziehungen. Bei uns lernen sie Werte kennen, die sie auch in ihrem Quartier leben.» Der Verein Quelle bietet viele Möglichkeiten, mitzuarbeiten und gemeinschaftsbildende Erlebnisse zu machen. Dabei lernen die Freiwilligen, den Glauben im Alltag zu leben und eigenverantwortlich zu handeln. Bei den Passionsspielen vom Karfreitag, einer interaktiven Reise durch die Ostergeschichte, wurden die über 300 Besucher selber Teil des Mobs und erlebten so das Evangelium hautnah mit. CHRISTIAN BACHMANN www.quelleonline.ch

Die Quellenhof-Stiftung gibt ihren Buchladen in Winterthur per Ende April auf. Vor einem Jahr hatte sie den «Olivenbaum» übernommen, um benachteiligten Menschen einen geschützten Arbeitsplatz zu bieten. Das Ziel konnte «nicht im erhofften Mass» erreicht werden, wie die Stiftung mitteilt. Ab 1. Mai führt der Brunnen-Verlag den Buchladen als 15. Filiale der «BibelPanorama»Kette weiter. (idea)

Neueröffnung Alterszentrum

Die Stiftung «Diaconis» feierte am 4. April die Wiedereröffnung des Alters- und Pflegeheims «Altenberg» in Bern. 12 Mio. kostete der Umbau. Diese Woche kehren 65 ältere Menschen von Grosshöchstetten BE zurück. Neu ist das «Altenberg» wieder bestens ausgerüstet auch für komplexe Pflegesituationen, verfügt über eine moderne Infrastruktur und ein grosszügiges Raumkonzept. Am 1. Juni ist «Tag der offenen Tür». (idea) – www.diaconis.ch

Beliebter Ostergarten

1500 Personen besuchten den österlichen Erlebnisparcours in Gstaad BE, der nach einer Vorlage des Bibellesebundes angelegt wurde. In 74 Führungen erlebten die Besucher die Ostergeschichte, die dank Schauspielern lebendig wurde. Auch 19 Schulklassen nahmen teil. Trotz des Erfolges wird das Projekt im Saanenland aufgrund des grossen Aufwandes voraussichtlich einmalig bleiben. (idea)

«Wort zum Sonntag» mit EMK

idea-Serie: Aufbrechen zu den Menschen Was bewegt einzelne Christen und Gemeinden, sich auf den Weg zu machen, um den Menschen in ihrem Umfeld zu dienen? Welche gesellschaftlichen Nöte fordern sie heraus? Welche Erfahrungen machen sie mit dem sozialen Engagement? «idea Spektrum» stellt in einer Serie Christen und Gemeinden vor, die den Aufbruch zu den Menschen wagen. Bilder: zvg

Seit April 2013 ist beim «Wort zum Sonntag» auf SRF 1 ein neues Team auf Sendung. Mit dabei ist auch Walter Wilhelm, Pfarrer der evangelisch-methodistischen Kirche in Birsfelden BL. Bis Ende Jahr wird er an fünf Samstagabenden das «Wort zum Sonntag» halten. (idea)


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TAG E SSC H AU

Evangelisation kann man in der Schule lernen CONFESSION Im September startete die Confession, Jahresschule für Evangelisation, mit dem ersten Kurs. Wie sind

die Erfahrungen bisher und wie sieht die Zwischenbilanz aus? Mitbegründer Stefan von Rüti zeigt sich zufrieden. An der «Confession» wird gelehrt und gelernt, wie man den Glauben weitersagt – aber muss man dafür wirklich extra die Schulbank drücken? «Die Idee hinter der Schule ist es, den Teilnehmern noch mehr Substanz zu geben. Heilsgeschichtliche Themen werden angesprochen sowie biblische und theologische Grundlagen gelegt», erklärt Stefan von Rüti, Mitbegründer und Schulleiter des International Seminary of Theology and Leadership (ISTL). Sozialkompetenz und Teamentwicklung gehören ebenso zu den Bestandteilen des Unterrichts wie Apologetik, also die Verteidigung des Glaubens durch Argumente. Es gehe nicht darum, eine bestimmte Form von Evangelisation zu betonen. «Jeder hat seine eigene Art, den Glauben weiterzusagen», so von Rüti. Anliegen der Schule sei es, das Thema Evangelisation bei den Studenten und in Gemeinden und Werken zu stärken.

Im Alter von 20 bis 71 Jahren

Die «Confession» ist eine Jah-

handen. Für das nächste Schuljahr, das im September beginnt, sind bereits einige Anmeldungen eingegangen. Stefan von Rüti zieht eine positive Zwischenbilanz: «Ich bin begeistert davon, wie die Klasse miteinander unterwegs ist. Sie wollen gemeinsam vorwärtsgehen. Das spürt man in der Atmosphäre des Kurses.» Christof Bauernfeind

Die Teilnehmer des ersten Kurses prägt ein grosser Zusammenhalt – trotz ihres unterschiedlichen Alters und Hintergrunds.

resschule, der Unterricht findet einmal in der Woche statt. Neben der Theorie stehen regelmässig praktische Einsätze auf dem Stundenplan. Im September 2012 startete der erste Kurs mit 25 Studenten im Alter von 20 bis 71 Jahren. «Wir waren positiv überrascht», sagt von Rüti. «Zehn Anmeldungen wäre das Minimum gewesen.» Die Teilnehmer sind nicht nur unterschiedlich alt, sondern haben auch sehr verschiedene Hintergründe und Ziele. Während

die einen sich selbst weiterbilden wollen, sind andere ehrenamtlich oder vollzeitlich in Gemeinden und Werken tätig. Im Juni wird der Kurs abschliessen. Danach wäre ein Weiterstudium am ISTL möglich. Weitere Optionen wie beispielsweise Praktikumsplätze sind im Gespräch.

Positive Zwischenbilanz

Das Projekt «Schule für Evangelisation» scheint also bestehen zu können. Das Bedürfnis nach einer solchen Ausbildung ist vor-

Wie es weitergeht Der nächste Kurs bei Confession findet von September 2013 bis Juni 2014 statt. Der Unterricht wird jeweils am Montag in Zürich durchgeführt. Jeder Studierende sollte sich zusätzlich in einer evangelistischen Arbeit engagieren. Wer einen genaueren Einblick in die Schule erhalten und die Studierenden und Leiter persönlich kennenlernen möchte, hat jederzeit die Möglichkeit, sich für einen Schnuppertag anzumelden. www.theconfession.ch

Kleingruppen engagieren sich im grossen Auftrag JugENdKIrChE «BLESS2N» Innert Jahresfrist hat sich die Besucherzahl der Jugendgottesdienste von «Bless2n» auf

600 Personen verdoppelt. Die Veranstalter wollen mit Kleingruppen die Atmosphäre in der Region Thun verändern. Die Jugendarbeit «Bless2n» (Bless Thun) wurde vom Christlichen Zentrum Thalgut in Wichtrach BE und der GPMC (Generation Post Modern Church) lanciert. «Der monatliche Gottesdienst im ‹Bärensaal› platzt aus allen Nähten», sagt Gerhard Furrer. Der 25-Jährige studierte bei GPMC und am ISTL Theologie.

Kollegen sollen mitkommen

Wie kann die postmoderne Gesellschaft erreicht werden? Gerhard Furrer zum Konzept von «Bless2n»: «Jugendliche können ihre Kollegen mitbringen. Auch Kirchenferne sollen sich wohlfühlen.» Nebst dem monatlichen Gottesdienst ist das Leben Bilder: idea/zvg, Sarah Schwarz

Gott wirkt in Thun: Gerhard Furrer (rechts) interviewt einen Besucher.

in den Kleingruppen wichtig. In den «Livegrooves» treffen sich wöchentlich fünf bis zwölf Personen, essen gemeinsam, lesen die Bibel und beten, teilen ein Stück Leben. «Hier findet unser Gemeindeleben statt.» Im Mitei-

nander sieht er den Schlüssel zum Wachstum. Pro Jahr entstehen vier bis fünf neue Kleingruppen.

Immer genug Freiwillige

Wie stehts mit den Leitern? «Wir hatten noch nie zu wenig Mitar-

beitende», freut sich Gerhard Furrer. «‹Bless2n› will Reich Gottes bauen. Das wirkt ansteckend.» Sein persönliches Ziel: Menschen zu Jüngern machen, Gemeinden gründen, die Atmosphäre der Stadt positiv verändern. Dazu gehören das Engagement für Menschen am Rand der Gesellschaft und das Beten für Kranke. «Wir erleben immer wieder das übernatürliche Wirken Gottes. Viele Menschen werden dadurch offen für das Evangelium und entscheiden sich, Jesus Christus nachzufolgen», sagt Gerhard Furrer. Für ihn sind Kleingruppen ein Mittel, um im heutigen Kontext «etwas Grosses» zu wirken. thoMas feuZ idea Spektrum 15.2013


TAG E SSC H AU

Ein (nicht ganz) atheistischer Pfarrer

ÄXGÜSI

THEOLOGIE Kann jemand Pfarrer sein und gleichzeitig nicht an Gott glauben? Der

Welttheater

inzwischen pensionierte holländische Pfarrer Klaas Hendrikse sagt ja. Am Donnerstag war er Gast im «Forum für Zeitfragen» der reformierten Kirche Basel-Stadt. Die Leonhardskirche in Basel ist gut gefüllt. Ein Pfarrer, der sich gleichzeitig als Atheist bezeichnet – das weckt Interesse. Der protestantische Geistliche Klaas Hendrikse machte über die Grenzen Hollands auf sich aufmerksam, weil er von der Kanzel verkündigte: «Gott gibt es nicht.» 2007 sorgte er mit seinem Manifest «Glauben an einen Gott, den es nicht gibt» für Furore, das nun auch in der Schweiz erschienen ist. Ein Zuhörer zeigte sich am vergangenen Donnerstag dennoch etwas enttäuscht: «Ich habe mir vom Gegensatz ‹Pfarrer› und ‹Atheist› ein etwas grösseres Rätsel versprochen.» Dem protestantischen Theologen geht es mit seinem Atheismus weniger um Gott selbst. Vielmehr wehrt er sich vehement gegen alle vorgefertigten und festgelegten Gottesbilder. «Atheismus verneint nicht Gott, sondern das, was andere über Gott gesagt haben», so Hendrikse in Basel. In seinem Buch schreibt er: «Ich fühle mich als Bundesgenosse des zweifelnden Lesers, der ringt mit überholten Gottesvorstellungen, der sich verabschieden möchte von dem, was die Kirchen von Gott behaupten, aber nicht von seinem Glauben.» Dass Hendrikse mit dieser Haltung den Nerv der Zeit und die Einstellung vieler – nicht zuletzt von der Kirche enttäuschten – Menschen trifft, lässt sich nicht bestreiten. Man merkt Hendrikse an, dass er als Pfarrer

Zur Person Der Niederländer Klaas Hendrikse, Jahrgang 1947, wuchs in einem atheistischen Elternhaus in Groot-Ammers auf. Nach einem Wirtschaftsstudium und einigen Berufsjahren als Marketingfachmann, studierte er Theologie und wurde protestantischer Pfarrer in Middelburg. Seit Kurzem ist er im Ruhestand. Sein Manifest «Glauben an einen Gott, den es nicht gibt» wurde in den Niederlanden mehr als 40 000-mal verkauft. idea Spektrum 15.2013

Klaas Hendrikse im Gespräch mit SEK-Vizepräsident Peter Schmid: «Gott bedeutet für jeden etwas anderes.»

die Menschen und ihre Zweifel ernstnehmen und ihnen aufrichtig begegnen möchte. Doch was glaubt der Kirchenmann, der sich «gläubiger Atheist» nennt?

Wissen wie Gott nicht ist

Hendrikse verlegt sein eigenes Gottesbild ganz ins Diesseits. Gott «ist» nicht, sondern er «geschieht» und zwar in den Erfahrungen des Menschen und vor allem in den zwischenmenschlichen Begegnungen. «Gott» ist also eigentlich ein anderes Wort für spirituelle Erlebnisse. «Was ich über Gott sage, sagt nichts über Gott selbst aus. ‹Gott› bedeutet für jeden etwas anderes», so Hendrikse in seinem kurzen Vortrag. Hier liegt aber auch das Problem. Denn es ist nicht so, dass Klaas Hendrikse selbst keine allgemeingültigen Aussagen über Gott machen würde. Er will zwar keine Antworten darauf geben, wie Gott ist, dafür aber umso mehr, wie Gott nicht ist, oder sein kann. Gott könne nicht allmächtig sein, er könne nicht in Jesus Mensch geworden sein und vor allem könne Gott keine Person sein. Hier hakt der Gesprächspartner Hendrikses an diesem Abend, der Vizepräsident des Evangelischen Kirchenbundes (SEK)

Peter Schmid ein: «Weshalb ist es so wichtig, dass Gott keine Person sein kann?» Das «Beziehungsmässige» sei im Glauben doch ganz entscheidend, lautet Schmids Einwand. Hendrikse lässt die Antwort offen. «Ich will ja niemanden davon überzeugen, dass es Gott nicht gibt», erwidert er. Ein Besucher stellt die Frage: «Warum sind sie denn noch in der Kirche? In ihrer Theologie fällt so vieles Wichtige weg, wie zum Beispiel die Fürbitte.» Ja, es falle vieles weg, stimmte Hendrikse zu, doch es komme auch vieles hinzu. Nur was das genau sein soll, mag an diesem Abend nicht recht deutlich werden.

Viele offene Fragen

Das Gleiche gilt für die Frage nach der Zukunft der Kirche. Die Strategie, sich einfach kategorisch allen Antworten zu verweigern, kann als rettende Antwort kaum überzeugen. Die Wortmeldung einer Zuhörerin – «aber die Kirche hat ja noch ihren sozialen Auftrag» – wirkte da fast wie die Suche nach einem Strohhalm. Am Schluss bleiben also vor allem viele offene Fragezeichen – aber das war wohl durchaus auch so beabsichtigt. CHRISTOF BAUERNFEIND Bild: idea/chb

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Evangelisation bedeutet für mich nichts anderes, als Menschen ins Nachdenken über Gott zu bringen. Mehr geht nicht. Das funktioniert für mich nicht an den jährlich wiederkehrenden Events, die nicht selten mit dem Label, «wir sind die richtigen Christen», auftreten. Vielmehr erlebe ich tiefe und echte Gespräche an Veranstaltungen, die ganz anders mit Sinnfragen umgehen. Kürzlich habe ich die Ausstellung zum «Grossen Welttheater» in Einsiedeln besucht. Einmal mehr werden in diesem Sommer 500 Laiendarsteller dieses grossartige Werk von Don Pedro Calderón aufführen. Ich habe bereits drei verschiedene Inszenierungen gesehen, und auch in diesem Jahr werde ich mir dieses Theaterstück auf dem Einsiedler Klosterplatz nicht entgehen lassen. Jedes Mal faszinierte mich, wie die Autoren die verwirrten und leidgeplagten Figuren aus dem 17. Jahrhundert in die Gegenwart versetzten. Es ist die Geschichte, wie Gott alles erschaffen hat. Doch Gottes letztes Werk, der Mensch, interessiert sich nur für sein eigenes, kleines Dasein. Und jetzt, vierhundert Jahre später, ist der Mensch noch mächtiger und agiert noch selbstbestimmender. Und Gott lässt das zu. Auch in der Neuinszenierung werden Calderóns Figuren durch die Neuzeit stolpern. Die Schönheit, der Bauer, Krösus, König, Bettler, das ungeborene Kind und die Weisheit. Alle diese Figuren träumen von mehr Sinn und Erfüllung für ihr Leben. Wo finden Sie Antworten auf die Sinnfragen des Lebens? Der moderne Mensch hat alle Möglichkeiten der Sinngestaltung, aber er zerbricht an sich selbst, weil er das wesentliche Glück verspielt. Selten hatte ich so intensive Diskussionen über Gott, die Welt, das Leben und das Glück, wie nach einer Aufführung des «Grossen Welttheaters». VERENA BIRCHLER Die Autorin ist Leiterin Kommunikation bei ERF Medien in Pfäffikon ZH.


12 I nse r at e

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SYNERGIE Schulen sind Teil von Gottes Reich!

gegenüber anderen Glaubensrichtungen intolerant seien. Seit 1991 heisst das Fach «Natur-Mensch-Mitwelt». Im Parlament gab es eine Gegenstimme.[1]

Die multikulturelle Gesellschaft etabliert heute andere Werte und verlangt vom Staat eine mehr und mehr neutrale Haltung gegenüber den verschiedenen Kulturen. Die christlichabendländische Weltanschauung ist eine von vielen geworden.

Dieser politische Prozess zeigt deutlich auf, wie schnell die christlichen Werte in unserem Lande verblassen. Auch die Volksschule kann sich diesem Prozess nicht verschliessen. Umso wertvoller sind die immer noch vielen Schulen, wo kein Blatt vor den Mund genommen werden muss.

Das ist exemplarisch ersichtlich am Berner Lehrplan, der sich in den letzten 60 Jahren grundlegend geändert hat: 1951 hiess das Fach Religion «Christliche Religion auf der Grundlage der biblischen Geschichte». Im Parlament gab es eine Gegenstimme. 1979 wurde das Fach in «Religion/ Lebenskunde» umbenannt. Die Begründung war, dass christliche Werte

Der neue Aufbruch von christlichen Privatschulen (www.icbs.ch und www.instruire.ch) steht nicht in Konkurrenz mit der Volksschule. Mit der Gründung von Schulalternativen soll der Erziehungs- und Bildungsanspruch der Bibel und das damit verbundene Mandat der Christen, in der Bildung Einfluss zu nehmen, ernst genommen werden.

Soweit ich die aktuelle Lage überblicken kann, werden die noch wenigen christlichen Schulen von der breiten christlichen Gemeinde wohlwollend behandelt, aber zu wenig unterstützt. Bis heute fehlen in den Kantonen bis auf wenige Ausnahmen die gesetzlichen Grundlagen für die Finanzierung dieser Schulen durch den Staat. Entsprechend schwierig gestaltet sich die Finanzierung. Es ist ein Aufbruch im Gange, der noch mehr Unterstützung braucht! DaviD SchneiDer

[1] Studie von Daniel Kummer (VBG) Der Autor ist Geschäftsleiter der Stiftung SalZH (Schulalternative Zürich), FDPGemeinderat und Präsident der Evangelischen Allianz Winterthur.

Was ist «evangelikale Erziehung»? ERzIEhuNG Die Fachstelle Infosekta analysierte Erziehungsliteratur. Solche,

die zu körperlicher Züchtigung anleiten, bezeichnet sie als höchst problematisch. «Gottgefällig dank Gewalt und psychischem Druck», solche Schlagzeilen generierte ein 60-Seitenbericht der Zürcher Fachstelle Infosekta. Die Evangelikalen würden rigide Erziehungsmethoden anwenden, Kinder physischer und psychischer Gewalt aussetzen. Tun sie das wirklich? Menschen, die an den Sohn Gottes als ihren persönlichen Erretter glauben und die Bibel als Richtschnur fürs Leben ernstnehmen, engagieren sich in Landeskirchen, Freikirchen und Gemeinschaften. Pflegt dieser bunte Haufen – es ist wohl im Verhältnis zur Gesamtbevölkerung eher ein Häufchen – einen einheitlichen Erziehungsstil mit systematischen Körperstrafen? Sicher nicht. Sowenig wie es eine Definition gibt, was «christliche Erziehung» genau ist. Infosekta analysierte 21 «evangelikale» Erziehungsratgeber. Die am schärfsten kritisierten sind die gleichen, die in Deutschland schon im Jahr 2010 angeprangert worden waren, zum Beispiel Ted Tripps «Eltern – Hirten der Herzen». ideaSpektrum 15.2013

Der Bericht teilt die Erziehungsbücher in vier Erziehungsverständnisse ein. Beim dogmatischmachtorientierten Verständnis, das am vehementesten abgelehnt wird, würden Kinder regelrecht «ins Bekenntnis hineingepresst», so die Studie. «Die ewige Verdammnis dient in erster Linie als Drohkulisse». Im Mittelpunkt der Erziehung stehe die Rute.

Die Frage der Relevanz

Fünf Bücher werden diesem Erziehungsstil zugeordnet. Die Frage, welche Beachtung diese Literatur findet, bleibt unbeantwortet: «Gerade bei den sehr problematischen Ratgebern ist es schwierig, sich über die tatsächliche Verbreitung innerhalb von Gemeinschaften ein Bild zu machen.» Offen bleibt auch, ob sämtliche Ratschläge wirklich so übernommen werden. Bei der Schärfe der Kritik und dem grossen medialen Echo, wäre es wichtig, Zahlen zu nennen, um die Dimensionen richtig einzuschätzen. Auch, um allenfalls reagieren zu können. Dafür hat sich der Vorstand des Verbandes

der Freikirchen und Gemeinden (VFG) bereits anerboten. Doch die Verfasser der Studie stellen in Frage, ob es überhaupt möglich sei, Kindern den Glauben zu vermitteln und dabei gleichzeitig ihre Autonomie zu fördern. Hier wittern sie psychische Gewalt. Die Antwort des VFG ist deutlich: «Keinesfalls dürfen Kinder persönlich unter Druck gesetzt werden, indem ihre familiäre Verbundenheit zu ihren Eltern ausgenützt wird, um missionarische Ziele damit zu erreichen.» Die Schweizerische Evangelische Allianz (SEA) und ihre Arbeitsgemeinschaft «Forum Ehe+Familie» lehnen gewaltvolle Erziehungsmethoden – physisch wie psychisch – genauso ab. Sie propagieren keine Erziehungsmittel, die Gewalt empfehlen. Infosekta erhofft sich vom Bericht eine breite, interne Diskussion – ausserhalb ist sie garantiert. Dafür sorgt Nationalrätin Jacqueline Fehr. Dem «Beobachter» sagte sie, es sei an der Zeit, dass der Bundesrat die evangelikale Bewegung kritisch beobachte. rOLF hÖneiSen

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poDIum Wehrpflicht ade! Die Schweizer Akten zum 2. Weltkrieg liegen offen. Untersuchungen unabhängiger Historiker wiesen nach, dass die Schweizer Armee faktisch nichts zur Verschonung vor Kriegswirren beitragen konnte. Harte Kost für die AktivdienstGeneration und deren Familien. Desinformationskampagnen vor, während und noch Jahrzehnte nach dem Krieg hatten Spuren hinterlassen. Eine Rechtfertigung wider besseres Wissen führte zu unnötigen und unnützen Opfern der Soldaten und deren Familien, zudem zur Rückweisung Verfolgter in den sicheren Tod. Über die Ostertage las ich erneut das Zeugnis zu Tod und Auferstehung von Jesus Christus in der Bibel. Nebst dem erlösenden Geheimnis der Vergebung durch den Tod des Sohnes Gottes am Kreuz, fiel mir erneut das Verhalten von Simon Petrus auf. Engagiert griff er zur Verteidigung seines Herrn zum Schwert. Und wie reagierte Jesus? Der Arzt Lukas berichtet, dass Jesus seinen Angreifer als «verletztes Opfer» betrachtete, dem verletzten Knecht des Hohepriesters das abgehauene Ohr wieder ansetzte und ihn heilte (Lukas 22, 51b). Matthäus bezeugt im Kapitel 26, Vers 52 b, dass Jesus gar einen Fluch aussprach: «Wer das Schwert nimmt, soll durch das Schwert umkommen.» Auch unter Christen können sich Mythen oder einfache Erklärungen verbreiten. Das Geheimnis von Tod und Auferstehung Christi, die Souveränität Gottes zum Eingreifen bei Hunger, Krankheit und Leid, das Schenken von Gelingen und Segen lassen sich nie vollständig erfassen, schon gar nicht schlüssig erklären. Der Mythos des «gesegneten Krieges» hat Christus allerdings höchstpersönlich mehrfach widerlegt. Die Abschaffung der Wehrpflicht bewahrt vor Dilemma und faulen Kompromissen. PhiLiPP haDOrn

Der Autor ist Nationalrat der SP und Gewerkschafter des Verkehrspersonals SEV. www.philipp-hadorn.ch


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Christen in Nordkorea stellen sich auf Krieg ein GEBET Christen in Nordkorea bitten die weltweite Christenheit, für sie zu beten.

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as berichten internationale christliche Werke, die mit Christen in Kontakt stehen, die in dem kommunistisch regierten Land im Untergrund leben. In einer Information der in Asien tätigen Überseeischen Missionsgemeinschaft heißt es, die Bevölkerung Nordkoreas sei aufgerufen, jederzeit „kampfbereit“ zu sein. Das bedeute, dass die Menschen ihr normales Leben aufgeben müssten. Die meisten litten zudem unter Hunger. Das Regime unter dem 30-jährigen Diktator Kim Jong-Un droht den USA und dem mit ihm verbündeten Südkorea mit einem nuklearen Militärschlag. Das Missionswerk ruft zur Fürbitte auf. Gott könne dafür sorgen, dass sich

viele Nordkoreaner gerade in einer Zeit großer Unsicherheit an ihn wenden. Ferner solle man dafür beten, dass dem politisch unerfahrenen Herrscher Ratgeber an die Seite gestellt würden, die ihn von unüberlegten Kriegsplänen abhalten. Vor allem die Volksrepublik China könne einen mäßigenden Einfluss ausüben.

Überall Kriegsvorbereitungen Auch das internationale Hilfswerk Open Doors (Santa Ana/Kalifornien) steht in Kontakt mit Christen in Nordkorea. Nach Angaben ihres US-Zweiges berichten Christen im Norden, dass rund um die Uhr Kriegsvorbereitungen getroffen würden. Heer,

Marine, Luftwaffe und die Roten Garden seien gefechtsbereit. Die Christen, die von dem Regime als Staatsfeinde verfolgt werden, verlören jedoch nicht ihren Glauben.

Gemeindeleiter: Gott sorgt für uns Der Leiter einer Untergrundgemeinde habe erklärt: „Egal, wie schwierig unsere Situation ist, wir beklagen uns nicht. Gott verspricht uns in der Bibel, dass er für uns sorgen wird, wenn wir zuerst nach seinem Reich trachten.“ Nordkorea gilt als das Land mit der schärfsten Christenverfolgung. Die Zahl der Christen wird auf bis zu 400.000 geschätzt; etwa 70.000 sollen sich in Straf- und Arbeitslagern befinden. P

Haben Forscher die Festung von König Jerobeam entdeckt? ARCHÄOLOGIE Ausgrabungen im Nahen Osten bestätigen immer wieder, dass das Alte Testament als historische Quelle vertrauenswürdig ist. Zu den neueren Beispielen gehört eine Entdeckung im Jabboktal.

Foto: PR

I

m 1. Buch der Könige (Kapitel 12, Vers 25) wird beschrieben, dass König Jerobeam I., der von 926 v. Chr. bis zu seinem Tod 907 v. Chr. das jüdische Nordreich regierte, dort die Festung Pnuel als seine vorübergehende Residenz ausgebaut oder errichtet hat. Pnuel sollte an einer Furt des Flusses Jabbok liegen. Der ganzjährig Wasser führende Fluss mündet auf halber Strecke zwischen dem See Genezareth und dem Toten Meer in den Jordan. Aufgrund der Angaben hielt man bisher 2 Orte für möglich. Jetzt ist sich der Dortmunder Theologieprofessor Thomas Pola sicher, Pnuel eindeutig auf einem Berg zirka 8 Kilometer östlich der Jabbok-Mündung lokalisieren zu können. Mit einem Team von Archäologen und Studenten führte er dort gemeinsam mit der jordanischen Antikenbehörde bereits 6 Mal Grabungen durch. Dabei entdeckte er unter den Trümmern einer hellenistischen Palastanlage aus dem 2. vorchristlichen Jahrhundert Reste aus der Eisenzeit (um 1000-900 v. Chr). Besonders wichtig sind die in späteren Mauern verbauten 15.2013

Bruchstücke von Ritzzeichnungen. Die bisher für den altsyrischen Raum einmaligen Funde weisen in die Königszeit (vgl. Hes 8,10; 1.Kön 6,26–36). Die dargestellte Kultszene (Frau oder Kind hinter einer

Ziege) könnte ein Hinweis auf die Existenz eines eisenzeitlichen Heiligtums sein. Eine 7. Grabungskampagne im August soll weitere Klarheit bringen. P www.tulul-adh-dhahab-verein.de b

LIBANON See

SYRIEN

ISRAEL Genezareth Grabungsstätte Jabboktal

AMMAN HAUPTSTADT

J O R DA N I E N

Prof. Thomas Pola (links) mit Mitarbeitern bei den Ausgrabungen

SAUDI ARABIEN


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Die Bibel ist das am besten bezeugte Buch SPRING Der Wahrheitsanspruch der Bibel wird unter Christen oft angezweifelt. Aber kein anderes Buch ist so gut bezeugt.

D

iese Ansicht vertrat der Generalsekretär des (deutschen) CVJM-Gesamtverbandes, Roland Werner (Kassel), beim GemeindeFerienFestival SPRING in Willingen (Nordhessen). Nach seinen Worten zeigt die Bibel auf, „was wir über Jesus wirklich wissen können“. Auch außerbiblische Quellen belegten dessen Existenz. Er wolle nicht beweisen, dass Jesus auferstanden sei, sondern dass die Schreiber der Bibel überzeugt davon gewesen seien, sagte Werner. Für ihn stehe fest, „dass wir es bei der Bibel mit einer wahren Geschichte zu tun haben“. Obwohl niemand beweisen könne, dass alles in der Bibel wahr ist, sei sie ein Wegbereiter für die Menschen, um

CVJM-Chef Roland Werner bei SPRING

an Jesus Christus zu glauben. In einer weiteren Veranstaltung ging es um die Frage, wie Gemeindeleiter eine Reformation in ihrer Gemeinde anstoßen können. P

Mit der Bibel Geld vermehrt ENGLAND Er nahm die Bibel beim Wort und erlebte eine Geldvermehrung: der anglikanische Dorfpfarrer Richard Steel aus Kirkheaton in Nordengland.

E

r ließ sich vom Gleichnis von den „anvertrauten Pfunden“ leiten und händigte im November 55 Gemeindemitgliedern jeweils eine Zehn-Pfund-Note (11,80 Euro) aus. Ihr Auftrag: Sie sollten mit originellen Ideen das Kapital vermehren. Das Ergebnis: Aus den umgerechnet 648 Euro wurden bis Ostern 11.777 Euro. Das Geld wird dringend zur Renovierung der Johanneskirche gebraucht. Der anglikanische Geistliche ist nach Angaben der Zeitung „The Times“ begeistert vom Einsatz der Gemeindemitglieder. So kaufte der 49-jährige Ingenieur Steve Jackson mit seinen zehn Pfund Holz und baute Vogelhäuschen. Er konnte sich nach eigenen Angaben kaum vor Bestellungen retten. Seine Schwester Sara Jackson stellte Pralinen her und verkaufte sie für 330 Euro. Ein Mädchen veräußerte selbst gemachte Grußkarten. Ein Mann trennte sich von einigen geerbten Schmuckstücken und erzielte einen Gewinn von 590 Euro. Die Idee, auf biblische Weise Geld zu vermeh-

NOTIERT Empfehlung: „Aus Wut mach Mut“ Christen sollten Ärger nicht hinunterschlucken, sondern Konflikte offen ansprechen. Dazu hat Margitta Rosenbaum von der Arbeitsgemeinschaft Biblische Frauenarbeit auf dem GemeindeFerienFestival SPRING im nordhessischen Willingen aufgerufen. Sie beklagte, dass Frauen dazu neigten, Wut in ihrem Leben möglichst auszuklammern: „Ohne Wut nehmen wir unserem christlichen Glauben etwas weg.“ Ihr Rat: „Aus Wut mach Mut.“ Man sollte Ärger möglichst schnell ansprechen. Sie verwies auf eine Stelle im Epheser-Brief (4,16): „Versündigt euch nicht, wenn ihr in Zorn geratet! Versöhnt euch wieder und lasst die Sonne nicht über eurem Zorn untergehen.“ Um Zorn abzubauen, empfahl sie beispielsweise, die „überschüssige Energie“ zum Brotbacken zu verwenden. Ihr Tipp: „Joggen Sie, hacken Sie Holz, trommeln Sie oder gehen Sie in den Wald und schreien Sie laut.“ Bei andauerndem Ärger in Gemeinden empfahl sie, notfalls die Gemeinde zu wechseln. Nur wer Grenzen ziehe, könne mit anderen gut umgehen.

Pakistan: Verurteilter Christ frei

Pfarrer Steel mit dem gewonnenen Geld

ren, ist nicht neu. Auch christliche Gemeinden in Deutschland haben damit gute Erfahrungen gemacht. Im Gleichnis von den anvertrauten Pfunden oder „Talenten“ (Matthäus 25,14–30) erzählt Jesus die Geschichte von einem reichen Herrn, der verreist und seinen Angestellten jeweils einen Geldbetrag übergibt.

Jesus tadelt den, der untätig ist Bei seiner Rückkehr haben fast alle das Kapital vermehrt und werden gelobt. Getadelt wird der, der sein „Talent“ vergrub und nichts daraus machte. P

Der in Pakistan zum Tode verurteilte Christ Younis Masih ist am 3. April auf Anordnung des Hohen Gerichtshofs in Lahore freigelassen worden. Das gab die christliche Menschenrechtsorganisation CLAAS bekannt. Der heute 40-jährige Vater von drei Kindern war am 30. Mai 2007 zum Tode verurteilt worden. Ein islamischer Geistlicher hatte ihm vorgeworfen, sich am 9. September 2005 gegenüber Teilnehmern einer religiösen Feier beleidigend über den islamischen Propheten Mohammed geäußert zu haben. Masih bestritt dies. Nach Angaben seiner Ehefrau hatte er gegen Mitternacht die Teilnehmer der Feier gebeten, ein wenig leiser zu singen, da er um seinen verstorbenen Neffen trauere. Daraufhin wurde der Christ tätlich angegriffen und am nächsten Tag wegen Blasphemie angezeigt. Die Internationale Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM) und idea hatten Masih im September 2007 als „Gefangenen des Monats“ benannt und zu seiner Unterstützung aufgerufen.

Fotos: Spring, PR

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Das „neue Pfingstwunder“ in Lateinamerika ANALYSE Viele Katholiken wechseln in Lateinamerika zu den evangelikalen Pfingstkirchen. Der evangelische Theologieprofessor Friedrich Wilhelm Graf aus München äußerte sich jetzt zu den Gründen. aren zu Beginn des 20. Jahrhunderts 99 % der Brasilianer Katholiken, sind es inzwischen nur noch 65 %. Der Bevölkerungsanteil der pfingstkirchlichen Christen stieg seit 1980 von drei auf über 13 %. Im mittelamerikanischen Guatemala verdoppelte sich seit 1990 fast der Anteil der Protestanten – meist Pfingstler – von 20 auf 38 %. Wie Graf in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung schreibt, zeugen die Zahlen von einem „neuen Pfingstwunder“. Dass viele Katholiken zu den Pfingstlern wechseln, hänge mit dem Armutsthema zusammen. Der Katholizismus in Lateinamerika gelte bei den kirchendistanzierten säkularen Eliten oft als eine Religion von Doppelmoral und korrupter Oberschicht.

Was Pfingstler anziehend macht Graf: „Die Pfingstchristen hingegen vertreten eine zumeist äußerst strenge Auffassung innerweltlicher Askese.“ Gegen die herrschende Promiskuität würden „außereheliche Sexualbeziehungen tabuisiert sowie Drogen, Alkohol und nicht selten auch Tabbakkonsum abgelehnt“.

Vor allem Frauen treten über Zum Erfolg der Pfingstkirchen trage entscheidend bei, dass sie eine religiös-sittliche Disziplinierung von Männern ermöglichten. Das mache ihre Gemeinden für Frauen attraktiv: „Vor allem sie verlassen die katholische Kirche und gehen zu den Pfingstlern, bei denen sie sich als gleichberechtigt erfahren können.“ Wo außereheliche Beziehungen, Bordellbesuche und „öffentliches Saufen“ erfolgreich unter

Tabu gestellt würden und kein Geld dafür ausgegeben werde, könnten Familien mehr in die Bildung der Kinder investieren. Das verbessere die Chancen für einen sozialen Aufstieg.

1910

5,8%

1970

11,0%

1980

Graf zufolge erzielen die Pfingstler ihre größten Erfolge in den Randgebieten der Megastädte und dichtbevölkerten Siedlungen all jener Armen, „die auf der Suche nach ein bisschen Geld und Lebensglück vom Lande in die Stadt gewandert sind“. Die katholische Kirche habe in der dramatisch schnellen Entwicklung schon deshalb keine hinreichenden pastoralen Dienstleistungsstrukturen aufbauen können, weil es ihr in einigen lateinamerikanischen Ländern an Priestern fehle. Pfingstler aber brauchten in ihrer undogmatischen Glaubenspraxis keine Geistlichen, „sondern rekrutieren den oder die männlichen wie weiblichen Leiter der Gemeinde unter den einfachen Geistgläubigen“. Pfingstgemeinden brauchten auch keine Kirchengebäude, sondern könnten ihre Gottesdiensten in alten Kinos und Turnhallen feiern.

Pfingstler ermöglichen Aufstieg Statt der „Option für die Armen“ verkündeten Pfingstler eine „Theologie des Reichtums“, in der wirtschaftlicher Erfolg als Zeichen besonderer Gottesnähe und Heiligung gelte. Graf: „Hier erschließt der Heilige Geist die Option für den Wohlstand. Und all dies bleibt nicht nur religiöse Rede, sondern wird aktiv erzeugte gesellschaftliche Realität.“ Das bewiesen

99 %

21,2%

1990

24,1%

2000

65 %

13 % 0% 1900 2010 Katholiken

1900 2010 Pfingstler

Mitglieder von Pfingstkirchen weltweit

250 Millionen

Deutschland Schweiz Österreich

46.200 9.200 3.800

sozialstatistische Daten. Pfingstler in Brasilien gehörten zunächst zur Unterschicht: „Aber sie haben dank ihrer religiösen Netzwerke vielfältige Chancen zu Aufstieg und allmählichem Wohlstand.“ Zugespitzt formuliert seien Pfingstkirchen „Religionen der Mittelstandsbildung“. In einem weiteren Beitrag der Frankfurter Allgemeinen heißt es, der Zulauf zu den Pfingstkirchen in Lateinamerika sei ein wesentlicher Grund dafür gewesen, dass man den Argentinier Bergoglio zum Papst gewählt habe.

Was glauben Pfingstler? 26,8%

2010

© l ideaGrafik; Quelle: Barrett und Johnson

15.2013

Brasilien gesamt (194 Mio. Einw.)

Die größten Erfolge unter Armen

Anteil der Pfingstler und Charismatiker an der Gesamtchristenheit 0,2%

Immer mehr Pfingstler

© l ideaGrafik

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Die Pfingstkirchen betonen übernatürliche Gaben des Heiligen Geistes wie Prophetie, Heilung und das Gebet in „fremden Sprachen“. Sie gehören zu den Evangelikalen und sind theologisch eng verwandt mit der charismatischen Bewegung. P b www.geistbewegt.de


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Fenster und Türen auf für die Ökumene! VATIKAN Erste Privataudienz für einen deutschen Kirchenvertreter: Papst Franziskus betet mit dem EKD-Chef. apst Franziskus hat am 8. April den EKD-Ratsvorsitzenden, Präses i. R. Nikolaus Schneider (Berlin), zu einem Meinungsaustausch im Vatikan empfangen. Es war die erste Privataudienz für einen Kirchenvertreter aus Deutschland seit dem Amtsantritt des Papstes am 13. März. Das katholische Oberhaupt und der höchste EKD-Repräsentant erörterten unter anderem Fragen der Ökumene.

P

be Stunde dauernden Treffen. Konkrete Schritte seien nicht vereinbart worden, aber man sei sich „von Herz zu Herz“ brüderlich und auf Augenhöhe begegnet. Er habe den Eindruck, dass der Papst bereit sei, Fenster und Türen zu öffnen, um Neues im Miteinander der Kirchen zu ermöglichen. Schneider informierte den Papst über die Vorbereitungen zum 500-jährigen Reformationsjubiläum im Jahr 2017.

„Von Herz zu Herz”

2017 wird ein Christusfest

Der Papst habe betont, wie bedeutsam es sei, dass die Kirchen gemeinsam den Weg des Glaubenszeugnisses beschreiten, erklärte Schneider nach dem etwa eine hal-

Die katholische Kirche steht den Feiern skeptisch gegenüber, weil die Reformation Martin Luthers (1483-1546) zu einer Kirchenspaltung geführt hat. Der Ratsvor-

sitzende betonte, dass das Jubiläum als ein Christusfest gestaltet werden solle; das könne jeder Christ mitfeiern. Franziskus erinnerte nach Angaben von Vatikan-Sprecher Federico Lombardi an die Reden, die Papst Benedikt XVI. 2011 bei seinem Besuch in Erfurt gehalten hatte. Er hatte im Augustinerkloster unter anderem Luthers Suche nach einem gnädigen Gott gewürdigt. Zu Irritationen führte hingegen Benedikts Aussage im Gottesdienst, dass er keine ökumenischen „Gastgeschenke“ zu verteilen habe.

Konkrete Schritte für Ökumene? Die Begegnung des Ratsvorsitzenden mit Papst Franziskus, an der auch Schnei-

Steueroasen sind Ausdruck einer „strukturellen Sünde“ VERANTWORTUNGSLOS Die Affäre um die Steuerflucht über Tausende Briefkastenfirmen in zahlreichen Steueroasen bewegt Medien wie Politik. Was sagt ein christlicher Experte zu den Praktiken? „Für mich ist dieses ganze System ein Ausdruck struktureller Sünde“, sagte ein Analyst des Internationalen Sekretariats des Netzwerkes für Steuergerechtigkeit, Markus Meinzer (Marburg), auf idea-Anfrage. „Denn dieses System gibt Eliten systematisch die Möglichkeit, sich aus der Verantwortung zu stehlen. Sie bedienen sich einer weltweiten Geheimhaltungsindustrie und verabschieden sich dauerhaft finanziell aus ihren eigenen Ländern. Am Gemeinwesen beteiligen sie sich dementsprechend nicht mehr. Damit hat sich die Sünde in den Strukturen verfestigt.“ Der 34-jährige Politikwissenschaftler hatte einige aufgearbeitete Rechercheergebnisse einsehen können. Über ein Jahr hatten mehr als 80 Journalisten aus aller Welt die Unterlagen elektronisch ausgewer-

tet. Diese umfassen rund 2,5 Millionen Dokumente, rund 130.000 Personen aus mehr als 170 Ländern sollen dort aufgelistet sein.

Globale Konzerne zahlen zu wenig Steuern Meinzer hält die Auswertung für gerechtfertigt. Zwar könne man auf der Grundlage der Daten nicht unbedingt auf ein gesetzwidriges Verhalten schließen, da Steueroasen auch legitime Geschäfte ermöglichten: „Es ist aber sehr unwahrscheinlich, dass man sich dieser Strukturen bedient, wenn man nichts zu verbergen hätte. Es gibt wenig legitime Gründe, die diese Strukturen rechtfertigen.“ Es herrsche eine bewusste Undurchschaubarkeit: „Viele westliche Staaten sind sehr darum bemüht, dass hier keine Daten verfügbar gemacht werden.“ Meinzer vertritt die Meinung, dass global agierende Konzerne im Vergleich zu ihren mittelständischen Konkurrenten weltweit – aber vor allem in Entwicklungsländern – zu wenig Steuern zahlen. Dies geschehe, indem sie ihre Gewinne in Staaten mit niedrigen Steuersätzen verschöben und die Verluste in Westeuropa erklärten. Es müsse eine Umkehr zu einem Konzept einer Besteuerung von Konzernen als einer Einheit stattfinden. Gewinne und Umsätze eines internationalen Konzerns sollten länderweise aufgeschlüsselt werden und die Steuerbasis darauf nach dem Anteil an Arbeitsplätzen, eingesetztem Kapital und Umsätzen auf die Länder verteilt werden, in denen das Unternehmen tätig sei (siehe Rückseite). P b www.taxjustice.net • http://steuergerechtigkeit.blogspot.de 15.2013


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ZITIERT » Ich bin ein Verfechter des

v. l.: Der EKD-Ratsvorsitzende Schneider, Papst Franziskus und Kurienkardinal Kurt Koch

ders Ehefrau Anne teilnahm, endete mit einem gemeinsamen Gebet. Ferner traf der Ratsvorsitzende mit dem Präsidenten des Päpstlichen Rates zur Förderung der Einheit der Christen, Kardinal Kurt Koch, zusammen. Nach

Einschätzung des Schweizers wird es im Pontifikat von Franziskus zu konkreten Schritten in der Ökumene kommen. Der Termin im Vatikan war bereits mit Papst Benedikt XVI. vor dessen Rücktritt vereinbart worden. P

Warum so wenig Vertrauen in die Kirchen? UNTERSUCHUNG Die Deutschen vertrauen in erster Linie ihrer Familie.

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enig Zutrauen haben sie dagegen zu Institutionen wie Kirchen, Gewerkschaften und Parteien. Das ergab eine Untersuchung der BAT-Stiftung für Zukunftsfragen (Hamburg). Danach vertrauen drei Viertel der Befragten der Familie. Nur jeder Zehnte vertraut den Kirchen (9 %). Der Wissenschaftliche Leiter der Stiftung, Prof. Ulrich Reinhardt, erklärte zu dem Ergebnis: „Die

Familie Freunden Partner/in Wissenschaft 17% Justiz 17% Nachbarn 15% Kollegen 15% Non-Profit-Organisationen 13% Kirchen 9% Gewerkschaften 5% Banken 5% Politikern 3% Internet (Nutzeraussagen) 3% Parteien 1% Internet (Firmenaussagen) 1%

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75% 61% 55% © ideaGrafik; Quelle: BAT-Stiftung für Zukunftsfragen

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Wem die Deutschen vertrauen

Bevölkerung sucht und findet derzeit nur noch verlässlichen Halt im privaten Umfeld.“

Und was folgt daraus? Unternehmen, Parteien und Einrichtungen werde unterstellt, in erster Linie am eigenen Vorteil interessiert zu sein und die Erwartungen des Bürgers oftmals zu enttäuschen. Der Rat Reinhardts: „Es sollte offener, verlässlicher und ehrlicher agiert werden – denn nur mehr Transparenz schafft Vertrauen.“ Für die Untersuchung wurden repräsentativ über 2.000 Personen ab 14 Jahren befragt. P

Leistungsprinzips. Wer viel für sein Unternehmen leistet, soll dafür auch belohnt werden können. Wir haben doch eine gute Regelung in Deutschland. Über den Aufsichtsrat entscheiden sowohl die Kapitalgeber als auch die Arbeitnehmervertreter, wer die Führung hat und was er verdient. «

Der Präsident des Zentralverbandes Elektrotechnik und Elektronikindustrie (ZVEI), Friedhelm Loh (Haiger), in der Tageszeitung „Die Welt“. Loh ist einer der größten evangelikalen Unternehmer.

» Ich war immer froh, wenn

Karfreitag vorbei war, weil man da jedes Jahr wieder diese Folterdinge noch mal kleinteilig erzählt, und beschrieben bekommt, und das verstört einen als Kind tatsächlich. « Der Fernsehmoderator Markus Lanz (44) im katholischen Kölner Domradio

» Ich hab gebetet, als ich mal kurz

vorm Jordan stand oder als liebe Freunde in die ewigen Jagdgründe rüberwechseln mussten. Ich glaube, dass es Hilfe und Kraft von oben gibt. Beim Gebet falte ich auch ganz brav die Hände und sage: ‚Du, Gott, für den Fall, dass es dich gibt, zeig dich bitte mal in deiner Allmacht – jetzt wär ne gute Chance! Amen.‘ « Einer der bekanntesten deutschen Musiker, Udo Lindenberg, im Magazin Focus

» Unfassbar! Die Nachwuchsorganisationen von Linkspartei

und Grünen fordern dazu auf, sich im Internet als Linksextremisten zu outen. Dabei hat der aktuelle Verfassungsschutzbericht doch deutlich gezeigt, dass linksextreme Gewalt zuletzt um über 20 % zugenommen hat. Was der Nachwuchs von Linkspartei und Grünen da treibt, ist Verharmlosung pur. Und es ist eine abscheuliche Verhöhnung aller Opfer des Linksextremismus, nicht zuletzt der Polizisten, die häufig mit Steinen angegriffen und zum Teil lebensgefährlich verletzt wurden. Bei Linken verwundert eh nichts mehr. Aber die grüne Spitze muss das gefährliche Treiben ihrer Parteijugend sofort stoppen. « CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe (Berlin) auf Facebook


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N AC H R IC H T E N

Viel gesungen wurde auf dem GemeindeFerienFestival SPRING. Das führte zu einem großen Gemeinschaftsgefühl – wie das Foto deutlich macht.

„Meine Behinderung hat mich näher zu Gott gebracht“ GEMEINDEFERIENFESTIVAL Rund 3.000 Teilnehmer erlebten bei „SPRING“ einen einzigartigen Mix. as GemeindeFerienFestival „SPRING“ im nordhessischen Willingen ist am 6. April mit einem Gottesdienst zu Ende gegangen. Sechs Tage hatten knapp 3.000 Teilnehmer aus Landes- und Freikirchen unter dem Motto „Gemein.de sein“ in rund 580 Veranstaltungen gemeinsam gebetet, diskutiert oder auch Sport gemacht. Träger des Treffens ist die Deutsche Evangelische Allianz. Ihr Generalsekretär Hartmut Steeb (Stuttgart) feierte dort sein 25-jähriges Dienstjubiläum. Es fiel zusammen mit dem 15-jährigen Bestehen von SPRING. Steeb zog eine positive Bilanz: „Diese Mischung aus Gemeindefreizeit, Kongress, tiefgehenden Bibelarbeiten und kreativem Freizeitprogramm ist einzigartig. Da wird für mich der Segen Gottes auf dieser Arbeit deutlich.“

Hunger nach der Bibel Besonders die Reihe „Bibel-Uni“ war gefragt. Dazu kamen jeweils bis zu 600 Besucher. „Die Leute wollen mehr über die Bibel wissen. Das ist sehr erfreulich“, sagte der stellvertretende Vorsitzende des SPRINGArbeitskreises, Pastor Erhart Zeiser (Berlin). Der fast blinde Theologieprofessor Siegfried Zimmer (Ludwigsburg) bekannte in einer Bibelarbeit: „Meine Behinderung hat mich näher zu Gott gebracht und demü-

tiger und bescheidener gemacht.“ Seit seinem 50. Lebensjahr hat der Professor eine voranschreitende Sehbehinderung.

Für multikulturelle Gemeinden Der Missionswissenschaftler Johannes Reimer (Dietzhölztal/Mittelhessen) äußerte sich kritisch zur Zusammensetzung christlicher Gemeinden in Deutschland. Viele seien „monokulturell“ geprägt: „Wir erreichen nur die Mittelklasse, aber weder die ganz Reichen noch die ganz Armen noch Menschen aus anderen Kulturen. Was aber hat das noch mit der Bevölkerung zu tun, die rund um das Kirchengebäude lebt?“ Als Vorbild empfahl er die im Neuen Testament geschilderten Urgemeinden: Sie seien alle multikulturell zusammengesetzt gewesen. Reimer sprach sich für einen „interkulturellen Gemeindebau“ aus. Dazu müsse Evangelisation in der Muttersprache stattfinden. Dies umfasse Gottesdienste und die Weitergabe der Bibel in der jeweiligen Landessprache: „Nur so können wir die Herzen erreichen.“ Dann beginne die Aufbauarbeit.

Der Wert eines Kindes „Der Mensch ist mehr als seine Arbeitskraft!“ Diese Ansicht äußerte der baptistische Theologe und Journalist Andreas

Malessa (Hochdorf bei Stuttgart) mit Bezug auf das Gleichnis Jesu von den „Arbeitern im Weinberg“ aus dem Matthäusevangelium. Selbst den Arbeitern, die keiner haben wollte, habe der Weinbergbesitzer eine Chance gegeben und sie am Ende des Tages noch eingestellt: „Bei Gott wird der Kraftaufwand beurteilt, nicht die endgültige Leistung.“ Gottes Gerechtigkeit bestehe in seiner „gnädigen Gleichbehandlung“. Das sei für die Leistungs- und Wettbewerbsgesellschaft eine große Provokation. Sein Rat an die Eltern: „Macht euren Kindern deutlich, dass ihr Wert als Mensch von keinem Mathelehrer dieser Welt beurteilt wird.“

Was bei Wahlen zu beachten ist Der Beauftragte der Deutschen Evangelischen Allianz am Sitz von Bundestag und Bundesregierung, Wolfgang Baake (Wetzlar), empfahl in einem Seminar, bei politischen Wahlen genau zu prüfen: „Wie passen die Inhalte einer Partei und deren Politik mit den Aussagen der Bibel zusammen?“ Besonderen Wert sollten Christen auf die „ethischen Positionen“ der Parteien legen. Das nächste Festival wird vom 21. bis 26. April 2014 wieder in Willingen stattfinden. P b www.meinspring.de

Foto: Spring

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BE R IC H T

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Gewalt an Kindern im Namen Satans Ein satanistisches Ritual auf einem Friedhof

In der Bibel wird an über 80 Stellen vom Teufel oder Satan gesprochen. Satanisten sind Menschen, die sich bewusst auf Teuflisch-Okkultes einlassen oder Gott leugnen und stattdessen den Menschen zum Gott erheben. Wer den Begriff „Satanismus“ hört, denkt an schwarze Messen und andere okkulte Praktiken sowie Tieropfer. Doch ein grausiger Aspekt befindet sich bisher weitgehend in einer Tabuzone: die Gewalt an Kindern und Jugendlichen. Fachleute, die Opfern helfen, fordern Politik und Kirchen auf, sich mit diesem Thema auseinanderzusetzen. „Das Wichtigste ist, das Schweigen zu brechen“, sagt die Psychotherapeutin Michaela Huber (Göttingen). Nach ihren Worten handelt es sich im Kern um Zwangsprostitution. Kinder und junge Frauen würden von bestimmten Tätergruppen – darunter „Hardcore-Satanisten“ – systematisch gefügig gemacht. „Das ist harte Folter durch in erster Linie männliche Täter mit weiblichen Helferinnen, die sadistische Gewalt ausüben bzw. gegen Geld die so ‚Abgerichteten‘ anderen Sadisten zur Verfügung stellen“, so die Trauma-Expertin. Ein Teil der Täter bezeichne die Vergewaltigungen als Religion: „Der Satanismus bietet diesen Männern eine Legitimation, ihre Bösartigkeit auszuMichaela Huber leben“, sagte Huber gegenüber idea.

Fotos: imago, PR, Ulrich Bock

Quälen bis zum Tod Nach ihren Worten werden die Opfer in einen Schockzustand versetzt. Sie hätten tagelange Erinnerungslücken, was auch Aussagen vor Gericht erschwere. Huber – sie ist auch Vorsitzende der Deutschen Gesellschaft für Trauma und Dissoziation (u. a. Gedächtnisstörungen – d. Red.): „Zum Zweck der Benutzbarkeit werden die Kinder unter der Folter mit einem anderen Namen angesprochen. Sie geraten in einen anderen Zustand und tun dann alles, was die Täter wollen.“ Für extreme Satanisten sei es das Höchste, ein Kind zu Tode zu quälen. Nach Hubers Erfahrungen sind die Täter meist gut betucht. Darunter seien nach Berichten von Opfern auch Manager, Staatsanwälte und sogar Geistliche. Huber berichtete von einer Kita-Erzieherin, die zwei ihrer Schutzbefohlenen in einen abgelegenen Ort mitgenommen und dort „abartige Filme“ gedreht habe. Der Junge und seine Cousine waren drei und vier Jahre alt. Als die Eltern von dem Unfassbaren erfuhren und Anzeige er-

ideaSpektrum 15.2013

SATANISMUS

Experten fordern: Brecht das Schweigen über okkulte Misshandlungen! – 40.000 Satanisten soll es in Deutschland geben. Ein Bericht von Reiner Waschkowitz. statteten, hätten sie den Glauben an den Rechtsstaat verloren, so Huber. Die Aussagen der Kinder seien von der Staatsanwaltschaft angezweifelt worden. Sie erzählten Fantasiegeschichten, so die Begründung. „Diese Erzieherin arbeitet heute noch im Kindergarten“, bedauert Huber.

Aus Angst keine Strafanzeigen Nach ihren Erfahrungen trauen sich Opfer selten, Strafanzeige zu stellen, weil sie Todesangst hätten. Die Täter verlangten von ihnen, ihr Geheimnis zu hüten. Der Ausstieg von Opfern dauere oft Jahre, so Huber. Dabei würden Helfer extrem beansprucht. Laut Huber sind okkulte Misshandlungen verbreiteter als weithin angenommen. Nach einer Befragung hätten 13 % der niedergelassenen KassenPsychotherapeuten schon Klienten behandelt, die Gewalt im Zusammenhang mit Okkultismus und Satanismus erfahren hätten. Nach Schätzungen soll es in Deutschland rund 40.000 Satanisten geben.

Wo die Therapie mit Gebet begleitet wird Seit 10 Jahren engagiert sich die Baptistin und Psychotherapeutin Gerhild Specht (Meschede/Sauerland) im Netzwerk „Rituelle Gewalt“ (Witten). Sie betreut derzeit zehn Opfer satanistischer Gruppen. Specht behandelt Klienten nur, wenn mindestens zwei Personen sich schriftlich festlegen, für die Betroffenen während des Therapieprozesses zu beten. Sie bietet Einzelgespräche und Gruppensitzungen an. Weil dabei die Patienten füreinander beten, erlebe sie immer wieder, dass Betroffene zum christlichen Glauben gefunden hätten, sagte Specht gegenüber idea. Sie bedauert, dass viele christliche Gemeinden Berührungsängste mit dem Thema „Satanismus“ hätten. Specht ruft dazu auf, vermehrt darüber aufzuklären und für die Opfer und deren Therapeuten zu beten. Die Leiterin des „Arbeitskreises Rituelle Gewalt“ der (katholischen) Bistümer Essen, Münster und Osnabrück, Brigitte Hahn (Münster), fordert „eine viel größere Aufmerksamkeit für das Thema“. Politik und Kirche müssten den Berichten über Gewalt in satanistischen Sekten stärker nachgehen. P b Frau Specht hilft über den Verein „Brunnenhof“: www.brunnenhof-lebenszeichen.de Gerhild Specht 0291 51444 oder 0291 9021960


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N AC H R IC H T E N

Westfälische Präses predigte bei Palästinensern in Jerusalem ISRAEL Präses Kurschus: Seit der Auferstehung Jesu gibt es nichts Aussichtsloses mehr.

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ie Präses der Evangelischen Kirche von Westfalen, Annette Kurschus (Bielefeld), hat die Christen im Heiligen Land aufgerufen, in ihrem Bemühen um Frieden nicht nachzulassen. „Kein Gespräch, keine ernsthaft geführte Diskussion, keine noch so kleine Geste der Verständigung und des Aufeinander-Zugehens wird im Licht der Osterbotschaft vergeblich sein“, sagte sie im Gottesdienst der deutschsprachigen evangelischen Gemeinde in

der Erlöserkirche in Jerusalem. Kurschus weiter: „Wir sind gekommen, um diesen Glauben mit Ihnen zu teilen.“ Zuvor hatte sie im arabischen Gottesdienst der evangelischen Palästinensergemeinde – ebenfalls in der Erlöserkirche – die christliche Hoffnung für den Nahen Osten hervorgehoben. In Jerusalem sei mit der Auferstehung Jesu das Unvorstellbare geschehen. Unvorstellbar seien derzeit auch Frieden und Versöhnung in Israel und Palästina. „Seit Christus auferstanden ist, gibt es nichts mehr auf dieser Erde, was aussichtslos ist“, sagte die Präses. Sie bereiste mit einer Delegation der westfälischen Kirchenleitung das Heilige Land und sprach auch mit dem westfälischen Pfarrerehepaar Michael und Ulrike Wohlrab, das sich um die Seelsorge an Touristen kümmert.

Der Holocaust-Opfer gedacht

Präses Annette Kurschus bei der Kranzniederlegung in Yad Vashem

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Kurschus legte in der israelischen Gedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem einen Kranz nieder. „Als Deutsche können wir der eigenen Geschichte furchtbarer Schuld nicht entkommen“, sagte die Kirchenleiterin. Das beispiellose Verbrechen an Juden dürfe nie vergessen werden. Sie vertraue darauf, dass für jeden Einzelnen der sechs Millionen ermordeten Juden die Verheißung Gottes gelte: „Ich habe dich bei deinem Namen gerufen, du bist mein.“ P b www.evangelisch-in-westfalen.de

idea Fernseh- und Hörfunk-Tipps

12. bis 19. April

FERNSEHEN Freitag, 12. April 21.45–23.10 Kölner Treff: Gesprächsrunde, u. a. mit Jürgen Mette, der an Parkinson leidet Sonntag, 14. April 9.30–10.15 Evangelischer Gottesdienst aus der Karlskirche in Kassel

Freitag, 19. April 10.00–11.00 Evangelisch-reformierter Gottesdienst aus Dombresson/NE mit Pfarrerin Diane Friedli

13.00–13.30 Peter Hahne spricht mit Pastorin Luitgardis Parasie und Schauspielerin Christine Neubauer (siehe 20.15)

11.00–12.15 ERF 1 Evangelischer Gottesdienst aus der St.-Dionysius-Kirche in Sittensen

17.45–18.15 Vergeben und vergessen – Die Eltern des ermordeten Mirco vergeben dem Täter

8.30–9.00 Die Vaterjuden: Juden für die Deutschen – aber nicht für die Juden

9.45–10.00 Evangelisch-freikirchliche e Predigt von Pastor Marlon Heins aus Thun

8.35–8.50 Verdammt noch mal – Warum wir so viel fluchen

10.00–11.00 Gottesdienst aus der Freik. Evang. Christengemeinde Elim in Schönheide bei Zwickau

20.15–21.45 „Die Pastorin“ – Drama mit Christine Neubauer als Pastorin Franziska Kemper Montag, 15. April 22.45–23.30 Der Zschäpe-Prozess – brauner Terror vor Gericht

16.30–17.00 Der Mann, bei dem Honecker wohnte: Pastor Uwe Holmer 20.15–21.50 Der Störenfried: Ermittlungen zu Oskar Brüsewitz – Aus Protest gegen das atheistische DDR-Regime verbrannte sich Pfarrer Brüsewitz selbst

HÖRFUNK Sonntag, 14. April

8.30–9.00 Unversöhnlich? Erklärte Feindschaft – Wenn aus Freunden Feinde werden

20.04–20.30 „Das Wenige, das Du tun kannst, ist viel“ – 100 Jahre Albert-Schweitzer-Zentrum Lambarene

20.00–21.00 ERF Plus Bilanz: „Begabungen finden und fördern“ – Horst Marquardt im Gespräch mit Barbara von Schnurbein. Die ehemalige Vorsitzende der Donnerstag, 18. April Landeselternvereinigung in 20.00–21.00 Bayern kümmert sich um „Bis dass der Tod euch den Aufbau christlicher scheidet“ – Tipps für die Ehe Schulen im Ausland

Wer reagieren möchte, kann dies unter folgenden Rufnummern tun: ARD: 089/5900-3344 | Bibel.TV: 040/4450660 | Das Vierte: 0180/5843783 Deutschlandfunk und Deutschlandradio: 0221/345-1831 | DRS 2: (0)848/808080 | ERF: 06441/957-0 | HR (TV): 069/1555111 | Kabel 1: 0180/5011150 KiKa: 0180/2151514 | Luth. Stunde: 04264/2436 | MDR: 0341/300-5401 | NDR: 0511/988-2393 | Phoenix: 0180/28213 | RBB: 030/97993-2171 SF 2: (0)62/2059050 | SR 2: (0)681/6022222 | SWR: 07221/929-0 | WDR (Radio): 0221/5678-333 | WDR (TV): 0221/5678888 | ZDF: 06131/7012164

Foto: PR

7.05–7.30 „Selbstverständlich glaube ich … nicht“ – Ostdeutschland ist die gottesfernste Region der Welt

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KOM M E N TA R & N AC H R IC H T E N

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Welchen Unterschied macht ein Christ? KOMMENTAR Stimmt es, dass wir Christen weltoffen sein sollen?

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eine Generation der Frauen und Männer um die 40, die sogenannte „Generation X“, hatte sich in der Jugend die große Herausforderung gestellt, ein Christsein zu präsentieren, das nicht so verstaubt und weltfremd sein wollte wie das der vorhergehenden Generationen. Wir wollten unseren nicht-christlichen Freunden sagen: Christen können auch cool sein. Wir dürfen auch Party machen. Eigentlich sind wir alle total weltoffen und genießen die „Freiheit in Christus“. Das wurde uns auch oft von Jugendleitern vorgelebt nach dem Motto „Auch Christen dürfen Spaß haben“.

Warum nennt ihr euch Christen? Aber dieser Schuss ging nach hinten los – wie sehr, ist vielen von uns erst heute bewusst. Denn unsere fast schon krampfhaften Bemühungen, sämtliche Grenzen zu überschreiten und damit in einem Leben voller Kompromisse zu enden, erzeugte bei unserer „Umwelt“ nur die Frage: Warum nennt ihr euch denn überhaupt Christen, wenn da doch eigentlich kein Unterschied mehr ist?

Passt euch nicht an! Das ist Gift! Also: Was ist ein Christ, und wie sollte er leben? Der Apostel Paulus ruft den Chris-

ten in Ephesus zu: „Seid nicht gleichförmig dieser Welt, passt euch nicht diesem Weltlauf an, denn ihr habt Christus nicht so kennengelernt!“ (Epheserbrief 4,17-20). Wir Christen haben das Recht, ja sogar Gottes Geschenk der Gnade, ein Leben zu führen, das unserer geistlichen Berufung würdig ist. Mit sturer und lebloser Gesetzlichkeit hat das nichts zu tun. Letztendlich wird das unser bestes Zeugnis sein, wenn wir – geistlich gesprochen – den neuen Menschen anziehen, der Gott entsprechend geschaffen ist in wahrhafter Gerechtigkeit und Heiligkeit. Das heißt praktisch: wenn sich unser Lebenswandel von dem der meisten Mitmenschen unterscheidet. Der US-Pastor Aiden Wilson Tozer (1897–1963) sagte hierzu: „Die meisten Christen führen heute ein sub-christliches Leben. Dies führt zu einer dermaßen starken Verdünnung des Christentums, dass diese Lösung als Gift niemandem schaden und als Arznei niemandem helfen würde.“

Sind wir Christen Heuchler? In der Heiligen Schrift werden wir Christen immer wieder aufgefordert, uns „nicht der Welt gleichzustellen“. Oft höre ich, dass gesagt wird, Christen seien Heuchler; deshalb sollte man sie meiden. Daran sind wir

Es kommentiert: Pastor Christian Kleinloh

selbst schuld, denn Heuchler sind wir, wenn wir einerseits versuchen, in dieser Welt so „gleichförmig“ wie möglich zu leben, und andererseits von einem Jesus erzählen, der sich überhaupt nicht dem Weltlauf seiner Zeit angepasst hat.

Für einen anderen Lebensstil Er liebte, wo sonst keiner liebte; er diente, wo sonst niemand diente; er vergab, wo so viel Hass war, dass Vergebung unmöglich erschien. Unser Lebensstil wird nur dann sinnvoll zum Glauben einladen, wenn unsere Motivation, nämlich Christus, deutlich erkennbar wird, und nicht, wenn wir jede Modeströmung mitmachen. Wir werden in der Bibel die Herausgerufenen genannt, also lasst uns auch so leben – „Soli Deo Gloria“ (allein zu Gottes Ehre). P (Der Autor, Christian Kleinloh, ist Pastor der freikirchlich-evangelikalen Gemeinde Calvary Chapel in Heidelberg.)

Rick Warrens Sohn nahm sich das Leben

Die christliche Autorin Edith Schaeffer ist im Alter von 98 Jahren gestorben

VERZWEIFLUNGSTAT Eine Tragödie hat die Familie des US-Baptistenpastors und Bestsellerautors Rick Warren heimgesucht.

Die christliche US-Autorin Edith Schaeffer ist am 7. April in Huemoz sur Ollon (Schweiz) gestorben. Die Witwe des evangelischen Theologen und Kulturphilosophen Francis Schaeffer (1912-1984) wurde 98 Jahre alt. Mit ihrem Mann hatte sie Mitte der 50er Jahre in der Schweiz das christliche Lebens- und Studienzentrum L’Abri (Schutz) aufgebaut. Es diente auch als evangelikale Denkfabrik. Aus ihr ging eine internationale Gemeinschaft hervor. Edith Schaeffer beschäftigte sich vor allem mit Fragen der Familie und der Rolle der Frau. Sie verfasste mehr als 20 Bücher. Ihr Mann wurde ebenfalls durch seine Werke bekannt – etwa „Wie können wir denn leben?“. Aus der Ehe gingen 4 Kinder, 15 Enkel, 35 Urenkel und 2 Ururenkel hervor. b www.labri.org

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er 27 Jahre alte Sohn Matthew hat lung seinem Leben ein Ende gesetzt. „Uns sich das Leben genommen. Er habe fehlen die Worte für unsere Seelenpein“, sein Leben lang unter einer psychischen schreibt Warren. Er ist Hauptpastor der Erkrankung gelitten, die ihn Saddleback-Gemeinde mit rund zeitweise in Depressionen mit 22.000 Besuchern und Autor Selbsttötungsabsichten gestürzt des Ratgeberbuchs „Leben mit habe, teilte sein 59-jähriger VaVision“ mit einer Auflage von ter (Lake Forest/Kalifornien) mit. über 52 Millionen Exemplaren. Noch am Vorabend hätten er, Über das Internet haben zahlseine Frau Kay und Matthew eireiche prominente Evangelikanen fröhlichen Abend verbracht. le ihr Mitgefühl für die Familie Danach habe der Sohn in einem Warren zum Ausdruck gebracht plötzlichen Anfall von Verzweif- Matthew Warren und zur Fürbitte aufgerufen. P 15.2013


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P RO & KON T R A

Kommen Protestanten in den Medien zu wenig vor? MEDIEN Kein anderes kirchliches Thema beschäftigte die Medien in den letzten Wochen so stark wie die Wahl des neuen Papstes. TV-Sender unterbrachen ihr Programm, Tageszeitungen berichteten seitenlang. Der ehemalige Ratsvorsitzende der EKD, Bischof i. R. Wolfgang Huber, kritisierte jetzt, die Medien seien zu „Papst-fixiert“. Kommen also Protestanten zu wenig vor?

PRO

Protestanten kommen in den Medien wenig vor, aber das zu Recht. Ich glaube nicht, dass es eine Präferenz der Medien insgesamt für die katholische Kirche gibt, es sei denn, man nimmt die ewig gleichen TalkshowTribunale als Zeichen einer besonderen Wertschätzung. Dass allerdings die Nachfolge im Petrus-Amt, die ja gleichzeitig die Chefposition der weltgrößten Organisation überhaupt bedeutet, die Menschen in aller Welt interessiert, dass sie fasziniert sind von einem Ritual, das aus der Tiefe der Vergangenheit stammt, dass sie vom Charisma eines Amtes genauso wie vom Charisma seines Trägers gebannt sind, dass sie von den Worten der frohen Botschaft, die er bereithält, von der Frömmigkeit und der Hoffnung, die er vermittelt, angerührt sind, das alles geht wohl nicht auf ein positives Vorurteil der Medien zurück,

Die Fokussierung der Medien auf herausragende Persönlichkeiten sollte die Kirche nutzen und nicht kritisieren.

KONTRA

Die Papstwahl war ein perfekt inszeniertes Medienereignis. Spannend, nachrichtenrelevant, geheimnisvoll, mit rotgewandeten Würdenträgern vor großartiger Kulisse. Es war eine Mischung aus Präsidentschaftswahl und königlicher Hochzeit. Hat Wolfgang Huber ernsthaft erwartet, dass sich Medienvertreter, das entgehen lassen? Der Papst ist ein medialer Superstar und die Medien suchen Superstars. Das ist legitim, denn sie wollen ihr Publikum erreichen. Die Starbesetzung hält die Steigbügel dafür. Wenn also Medien die Menschen in den Vordergrund stellen, die – wie der Papst oder Margot Käßmann – Fußballstadien füllen können, dann ist das konsequent. Kritikwürdig ist es nicht. Hubers Beobachtung, dass die Medien nur wenige Personen auswählen und für „die Kirche“ sprechen lassen, mag auf Proporz trainierte Protestanten ärgern. Falsch ist aber, den Medien dies zum Vorwurf zu machen. Die Kritik geht schlicht an

Matthias Matussek (Hamburg) ist Kulturredakteur beim Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ und Buchautor.

sondern auf das Ereignis selber, das Millionen rund um den Globus fesselte.

Schade, dass unsere evangelischen Schwestern und Brüder die reformierte katholische Kirche verlassen haben Es ist da, mitten in unserer Welt, eine machtvolle Gegenwelt zu besichtigen, in ihrem Geheimnis, in ihrer Tradition, die doch eine enorme Sogwirkung entfaltet. Schade, dass unsere evangelischen Schwestern und Brüder, die einst mit großem Recht die Schrift und den Glauben wieder ins Zentrum einer reformbedürftigen Kirche zurückgeholt haben, diese Kirche, die sich tatsächlich reformierte, verlassen haben. Sie haben sich selbst um die großartige Formensprache des Glaubens gebracht, um die Sakramente, um das Strahlen der Heiligkeit, und das schafft es auch im TV-Zeitalter, zu berühren. P

Lars Tutt (Düsseldorf) ist Geschäftsführer der Evangelischen Medienakademie und des Medienverbandes der Evangelischen Kirche im Rheinland.

den falschen Adressaten. Nicht die Medien haben ein Problem, sondern eine Kirche, der es nicht gelingt, ihr Personal so aufzubauen, dass es für die Medien interessant ist.

Die evangelische Kirche tut sich schwer mit „Stars“ Gerade die Evangelische Kirche tut sich schwer mit „Stars“. Das ist kein Wunder, wenn man sich aus guten Gründen das „Priestertum aller Gläubigen“ auf die Fahnen schreibt. Auch das muss kein Problem sein. Zu einem solchen wird es erst, wenn man gleichzeitig eine breite mediale Präsenz für sich beansprucht. Wer in den Medien vorkommen will, muss deren Verlangen nach Stars nachgeben und die medialen Spielregeln akzeptieren. Käßman hat dies getan und Nikolaus Schneider auch. Jeder auf seine Weise und beide mit Erfolg. Die evangelische Kirche tut gut daran, Persönlichkeiten mit Star-Potenzial zu fördern. Wenn wir wollen sind wir Papst - und das zigfach. P

Fotos: PR

Die Protestanten haben sich selbst um das Strahlen der Heiligkeit gebracht.

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G A S T KOM M E N TA R

Was kommt bei den Leuten gut an? Wenn diese Frage Gemeinden bestimmt, ist Umkehr angesagt. Nicola Vollkommer ist Pastorenfrau, vierfache Mutter und Lehrerin an der Freien Evangelischen Schule Reutlingen.

„Ich habe keine Lust mehr“ Liebe Leserin, lieber Leser, es ist ein immer wiederkehrendes Muster der Kirchengeschichte. Eine Pioniergeneration predigt unter großer Opferbereitschaft ein lebendiges Evangelium. Missionarische Gemeinschaften werden gegründet, Widerstände überwunden, Lieder gedichtet, bestenfalls eine ganze Gesellschaft positiv beeinflusst. Begriffe wie „Aktivismus“ oder „Müdigkeit“ sind unbekannt.

Unterhaltung statt Fürbitte Jahrzehnte später: Einst fröhliche Gesänge werden von Fachmusikern auf der Bühne vorgetragen. Nicht die Zeltmission, sondern die Erweiterung der Kieselsteineinfahrt zum Gemeindehaus ist das Ereignis des Jahres. Die fehlende Tischdekoration für die Grillparty sorgt für mehr Zündstoff als die fehlende Teilnahme am Gebetstreffen. Mitarbeiter klagen über Überstunden. Es wird in einem Arbeitskreis erwogen, ob man einen finanziellen Ausgleich für Ehrenamtliche einführt. Der „Unterhaltungsfaktor“ ist die treibende Kraft hinter dem Gottesdienst. Nicht mehr die Frage „Was will der Herr?“ bewegt den Planungsausschuss, sondern „Was kommt gut an?“. Und manche geschulte Theologen erklären, warum Gott alles nicht so gemeint hat, wie er es gesagt hat.

Wenn Lustlosigkeit zur Tugend wird Und die Folgen? An die Stelle feuriger Pioniere tritt eine Generation von Jungzynikern. An die Stelle einer herausfordernden Verkündigung mit einem Aufruf zur Nachfolge Jesu eine müde Unterhaltungskultur der ewig Gesättigten. Kulturchristen. „Und wenn ich keine Lust habe, Jesus zu bezeugen?“, sagte mir jemand trotzig. „Ist doch 15.2013

Heuchelei, über den Glauben zu reden, wenn mir nicht danach ist.“ Bravo, so macht man aus der Lustlosigkeit sogar eine Tugend!

Voll ins Schwarze Ist es unvermeidlich, dass eine zweite Generation träge und Gott auf eine Freizeitbeschäftigung reduziert wird? Das Phänomen ist so alt wie der Auszug aus Ägypten und das bald darauf folgende Gejammer nach den „guten alten Zeiten“ in der Sklaverei. Was könnte heute helfen? Die Predigt des Kreuzes muss wieder im Mittelpunkt unserer christlichen Kultur fest verankert sein. „Ich nahm mir vor, nichts anderes unter euch zu wissen als nur Jesus Christus, und ihn als Gekreuzigten“ (1. Korinther 2,2).

Gegen eine Golgatha-freie Zone Mit dieser Aussage traf Paulus beim erlebnis- und wellnesssüchtigen Leib Christi seiner Zeit voll ins Schwarze. Eine Golgatha-freie Zone ist ein Friedhof. Ohne das Kreuz wird geistliche Vision zu ehrgeiziger Betriebsamkeit. Aus Lobpreis wird Stimmungsmache, aus Evangelisation Marketing, aus Prinzipientreue Pharisäertum, aus der Freiheit in Christus das Lustprinzip. Wahre, ansteckende Freude kennen die, die eine tiefe, anhaltende Dankbarkeit für Jesu Werk am Kreuz empfinden und diese Dankbarkeit zu einem Lebensstil machen. Es grüßt Sie herzlich Ihre

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net F O R U M F Ü R J U N G E C H R I S T EN

Julius und Jo

hannes

Die Thomaner singen zur Ehre Gottes MUSIK Seit mehr als 800 Jahren trägt der Leipziger Thomanerchor das Evangelium in die Welt. Der berühmteste deutsche Knabenchor, den einst Johann Sebastian Bach von 1723 bis 1750 leitete, hat unter anderem Japan, Südkorea und Australien bereist. Im Juni werden die jungen Protestanten für den Papst singen. Doch vergangene Woche ging die Reise zunächst einmal nur quer über die Straße im Bachviertel: Die Thomaner konnten nach 2 Jahren in ihr frisch renoviertes Alumnat – das Internatsgebäude – ziehen. Julia Bergner hat sie an einem ihrer letzten Tage in der Behelfsbehausung besucht.

Wir sind Vorbilder Doch ansonsten bleibt alles beim Alten: Die Stuben sind altersmäßig durchmischt – von 9 bis 18 Jahren leben sie hier zusammen – und es gibt Stubenälteste, die sich um die Kleinen kümmern. Sind die Hausaufgaben gemacht? Ist der Anzug für das nächste Konzert sauber? Wo sind die Noten? „Das ist für uns Ältere unglaublich lehrreich“, sagt Johannes. „Wir haben eine große Verantwortung und sind Vorbilder.“ Auch ein normaler Wochentag ist genauestens durchgeplant. Ansonsten wäre das Pensum aus Schule, Instrumentalunterricht – jeder Thomaner spielt mindestens ein Instrument – und Chorproben nicht zu schaffen. Von 8 bis 13 Uhr ist Unterricht im Gymnasium, danach haben die Jungen eine Viertelstunde Zeit zum Mittagessen. Der Nachmittag ist komplett für die Musik reserviert. Die meisten Internatsschüler sehen ihre Eltern höchstens einmal pro Woche, diejenigen, die von weiter weg kommen noch seltener.

Wir führen eine jahrhundertealte Tradition fort Die Tradition ist hier in allen Bereichen maßgeblich. „Wir führen ein jahrhundertealtes Brauchtum fort. Wir pflegen ein unglaublich wichtiges Repertoire an geistlicher Musik“, erklärt Julius. Bach, Mendelssohn, Schütz – die Söhne der Musikstadt Leipzig haben

B e su cht uns au ch au f

fa ce b ook .com/idealis te n

viele ihrer Stücke extra für den Thomanerchor komponiert. Dreimal in der Woche werden die Werke von den Jungen aufgeführt: freitags und sonnabends singen sie in der Thomaskirche eine Motette, sonntags im Gottesdienst. Dazu kommen Konzerte zu allen christlichen Feiertagen sowie mehrere Konzertreisen.

Nicht jeder ist Christ – aber viele werden es Die Kinder und Jugendlichen sind mit dem Zyklus des Kirchenjahres bestens vertraut, kennen Gottesdienstabläufe auswendig und verkünden die Frohe Botschaft in ihrer Musik. Trotzdem sind nicht alle, die hier singen, Christen. Die Jungen werden nicht nach Taufschein, sondern nach Stimme und Begabung ausgewählt. Das Christliche soll langsam über die Musik einsickern und erreicht schließlich doch fast jeden. Viele lassen sich hier taufen, um später zur Konfirmation gehen zu können. Für Johannes ist das wichtig: „Ich singe jeden Tag Texte mit christlichem Inhalt. Ich finde, was ich singe, muss ich auch glauben.“ Julius widerspricht: „Ich überbringe nicht nur die christliche Botschaft, sondern auch Lebensfreude. Ich glaube nicht an Gott. Trotzdem setze ich mich immer mit den Inhalten der Texte auseinander und finde das sehr spannend.“ Aber vielleicht, so denkt er, findet er irgendwann doch noch zum Glauben an Christus. Bis dahin sind die Musik und die Gemeinschaft seine größte Motivation: „Wenn ich singe, bin ich einfach mitten in der Musik drin und spüre sie. Außerdem bin ich Teil eines großen Ganzen und kann meinen eigenen Teil dazu beitragen.“

Wir werden begeistert für eine tolle Sache Wenn die beiden im nächsten Jahr ihr Abitur machen, werden sie – wie die meisten aus ihrem Jahrgang – nicht im musikalischen Bereich bleiben. Trotzdem haben die Jahre im Alumnat sie nachhaltig geprägt. Johannes möchte Psychologie studieren, Julius will Pilot werden: „Im Thomanerchor haben wir dafür die richtigen Voraussetzungen gelernt: Verantwortung, Teamgeist, Disziplin und Begeisterung für eine tolle Sache.“ P

Fo l g t uns au f

t w it te r.co m/ id e a lis te n

Foto: dpa, idea / Bergner

„Die Akustik ist total anders als sonst“, sind sich Julius und Johannes (beide 17) einig. Sie laufen durch die Gänge des Containerdorfes, in dem sie die vergangenen zwei Jahre gelebt haben. Hier stapeln sich die Umzugskartons, der Schall ist dumpf. Man merkt sofort, dass das Leben der beiden Elftklässler aus Musik besteht – auch wenn es nur um Pappkartons geht. Zusammen mit den 102 anderen Sängern des weltberühmten Knabenchors freuen sich Julius und Johannes auf das neue Alumnat: Die traditionellen „Stuben“ – zehn Mann in einem Raum – werden gegen großzügige Wohngemeinschaften mit einem Gemeinschaftsraum und Zweibettzimmern getauscht. Der neue Probenraum ist in einem gläsernen Anbau untergebracht.


Welche Bibelübersetzung ist die richtige für mich? WORT GOTTES Es gibt etwa 34 deutschsprachige Bibelübersetzungen. Welche hat das Zeug, zu Deinem ständigen Begleiter zu werden? Katharina Haubold (Marienheide bei Köln), Referentin für Jugendarbeit beim Bibellesebund in Deutschland, stellt Dir fünf ganz unterschiedliche Kandidaten vor. Die BasisBibel Deutsche Bibelgesellschaft • 1.520 Seiten • 19,90 EUR/28.50 SFr Die BasisBibel ist eine crossmediale Bibel-Übersetzung. Das heißt, sie ist sowohl in gedruckter Version als auch als Hörbuch und Online-Version erhältlich. Das Übersetzerteam dieser Bibel, das aus Jugendlichen, Pädagogen und Pfarrern besteht, hat auf eine einfache Sprache geachtet, ohne dabei den Inhalt zu vereinfachen. Außerdem bekommst Du einführende Erklärungen zu den biblischen Büchern und Erläuterungen der wichtigsten Begriffe direkt am Seitenrand. Die Internetseite www.basisbibel.de stellt Dir weitere Serviceangebote zur Verfügung: Dort gibt es einen Bibelleseplan und die Möglichkeit, in einem eigenen Benutzerkonto Notizen zu machen. Das Neue Testament und die Psalmen sind mittlerweile auch als App erhältlich. Falls Du es gerne digital magst, ist diese Übersetzung genau das Richtige für dich.

Fotos: SCM R. Brockhaus (2), Deutsche Bibelgesellschaft (3)

Die Volxbibel SCM Brockhaus • 1.291 Seiten • 25 EUR/35.40 SFr Vielleicht bist Du auf der Suche nach einer Bibel, die Dich provoziert, Bilder aus dem heutigen Alltag benutzt und so ganz anders ist als alle anderen Übersetzungen. Dann greife zur Volxbibel. Sie ist aus einem Internetprojekt entstanden, bei dem jeder an der Übersetzung der Bibeltexte mitwirken konnte. Mittlerweile liegt die Volxbibel komplett vor – auch als App – und wird ständig weiter überarbeitet. Diese Bibel eignet sich besonders für Einsteiger beim Bibellesen und Leute, die einen ganz neuen Zugang zur Bibel bekommen möchten. Eine Besonderheit stellen die Psalmen dar: Wie im hebräischen Original sind sie komplett gereimt und eignen sich zum Rappen und Singen im Jugendgottesdienst oder im Jugendkreis.

Die Neue Genfer Übersetzung Deutsche Bibelgesellschaft • 814 Seiten • 22,90 EUR/42.90 SFr Falls Deine Bibel einen guten Stil haben soll – sowohl sprachlich als auch vom Design –, könnte Dich die Neue Genfer Übersetzung (NGÜ) ansprechen. Von außen sieht sie aus wie ein schickes

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schwarzes Notizbuch. Im Innern erhältst Du eine Übersetzung, die inhaltlich genau und trotzdem gut verständlich ist. Zahlreiche Randnotizen bieten Dir alternative Übersetzungsmöglichkeiten und erklären verschiedene Deutungsvarianten der Texte. Die NGÜ ist für Leute, die es genau wissen wollen und denen eine tiefe Auseinandersetzung mit dem Bibeltext wichtig ist. Bisher sind das Neue Testament und die Psalmen erhältlich. Das Alte Testament ist für 2020 angekündigt.

Die Neues-Leben-Übersetzung SCM Brockhaus • 1.926 Seiten • 15,95 EUR/14.90 SFr In der Neues-Leben-Übersetzung kommt die Bibel in gut verständlicher Sprache daher, ohne Inhalt und ursprüngliche Bedeutung zu verfälschen. Sie eignet sich besonders gut, wenn Du traditionellere Übersetzungen magst und Dich schon ein bisschen besser in der Bibel auskennst und keine Erklärungen zu theologischen Wörtern wie „Schuld“ oder „Gnade“ brauchst. Die Neues-Leben-Übersetzung gibt es auch in einer Variante speziell für junge Leser. In der „Live Teens Bibel“ findest Du nicht nur den Bibeltext, sondern auch Einführungen zu den biblischen Büchern, Fotos, Grafiken und Gedichte, die Dir helfen können, den Bibeltext in Dein Leben zu übertragen.

Luther 1984 Deutsche Bibelgesellschaft • 1.312 Seiten • 17,90 EUR/29.50 SFr Die Lutherbibel ist die älteste der hier vorgestellten Übersetzungen, aber trotzdem noch lange nicht veraltet. Für viele ist gerade sie die Übersetzung. Zum einen, weil sie in evangelischen Kreisen am weitesten verbreitet ist und weil Luther mit seiner Bibelübersetzung die deutsche Sprache nachhaltig geprägt hat. Zum anderen aber auch, weil Luther großen Wert auf die Botschaft der Gnade Gottes legte und diese durch seine bildliche Sprache besonders gut vor Augen führt. Wer Wert auf Tradition legt, Spaß an der Sprachkunst hat und bereit ist, ein bisschen mehr Zeit ins Bibellesen zu investieren, ist hier genau richtig. P


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Gott schreibt Geschichte CREDO „Der Mensch denkt, Gott lenkt“, heißt eine Redewendung. Die Bibel berichtet an vielen Stellen vom direkten Eingreifen Gottes in die Geschicke der Welt. Selbst Pontius Pilatus war bei der Kreuzigung ein Werkzeug in Gottes Hand, erklärt Pastor Klaus Jürgen Diehl (Wetter/Ruhr) im 14. Teil seiner idea-Glaubensserie. Folgt man dem Aufbau des Glaubensbekenntnisses, so fällt auf, dass es im 2. Artikel unmittelbar nach dem Bekenntnis zur Jungfrauengeburt von Jesus sogleich heißt: „gelitten unter Pontius Pilatus“. Kein Wort über das umfangreiche Wirken Jesu in Wort und Tat, das in den Evangelien doch so breiten Raum einnimmt. Man hätte doch erwarten können, dass die zentrale Botschaft Jesu vom Anbruch des Reiches Gottes und seinem unaufhörlichen Wachstum auch Eingang in das christliche Glaubensbekenntnis gefunden hätte. Fragt man nach der Ursache für dieses Schweigen, so gibt es darauf nur eine einleuchtende Antwort: Es ging den Verfassern des Apostolischen Glaubensbekenntnisses, das bis ins 2. Jahrhundert zurückreicht, um die Konzentration auf das Leiden, Sterben und Auferstehen Jesu Christi als der entscheidenden Mitte der neutestamentlichen Heilsgeschichte.

Das Evangelium ist die Passionsgeschichte „Das Bekenntnis überspringt nicht deshalb die vielen Stationen des irdischen Lebens und Wirkens Jesu, weil sie unwesentlich wären, sondern es charakterisiert eben diese Lebensgeschichte in ihrer Ganzheit als Leidensgeschichte“ (der ehemalige Landesbischof der Evangelischen Landeskirche in Württemberg, Theo Sorg). Schon über der Krippe in Bethlehem wird das Kreuz sichtbar, als der König Hero-

Nachdenkenswerte Zitate » Gott macht Geschichte, lenkt sie und handelt in ihr. Dazu bedient er sich verschiedener Menschen, Mächte und Geschicke.« Horst Afflerbach (Wiedenest), evangelischer Theologe » Die Geschichte ist eine Vision von Gottes Schöpfung in Bewegung.« Arnold J. Toynbee (1889–1975), britischer Historiker » Gott würfelt nicht.« Albert Einstein (1879–1955), Physiknobelpreisträger » Ohne Christus wäre alle Geschichte unverständlich.« Ernest Renan (1823–1892), französischer Religionswissenschaftler » Es geht nicht einfach darum, auf den Zug der Geschichte zu springen, man muss auch wissen, wohin die Reise geht.« Édith Cresson, französische Politikerin

des dem gerade geborenen Jesus bereits nach dem Leben trachtet (Matthäus 2,13–18). Und bei seinem ersten öffentlichen Auftritt in der Synagoge seiner Heimatstadt Nazareth erregt Jesus so starken Anstoß, dass man ihn beinahe getötet hätte (Lukas 4,29). Während der Wanderjahre mit seinen Jüngern redet Jesus häufig von seinem bevorstehenden Leiden und Sterben, auch wenn seine engsten Anhänger dies immer wieder mit Unverständnis und Widerwillen quittieren. So sind die Evangelien von Anfang an bestimmt von dem Gedanken an die unausweichliche Passion Jesu. Der Apostel Paulus bringt es später in einem seiner Briefe auf den Punkt, als er das Evangelium von Jesus als „das Wort vom Kreuz“ bezeichnet und damit alle sonstigen Worte und Taten Jesu in das Ereignis seiner Passion einbezogen werden. An die Gemeinde in Korinth schreibt Paulus: „Denn ich hielt es für richtig, unter euch nichts zu wissen als allein Jesus Christus, den Gekreuzigten“ (1. Korinther 2,2). Viele Jahrhunderte später wird der evangelische Theologe Martin Kähler (1835–1912) von den Evangelien als „Passionsgeschichten mit ausführlicher Einleitung“ sprechen.

Ein korrupter Politiker im Glaubensbekenntnis Und nun heißt es im Credo: „gelitten unter Pontius Pilatus“. Wie schafft es dieser Mann, der in den Jahren 26 bis 36 n. Chr. Präfekt – d. h. Statthalter des römischen Kaisers Tiberius – in der Provinz Judäa war, bis ins christliche Glaubensbekenntnis, wo sein Name in den Gottesdiensten der Gemeinden Sonntag für Sonntag millionenfach genannt wird? Ist das nicht allzu viel der Ehre für einen Politiker, der seinen Zeitgenossen als Inbegriff von Korruption, Gier und Gewalttätigkeit erschien und sich deswegen nach seiner Abberufung vor dem Kaiser in Rom verantworten sollte? Da Kaiser Tiberius noch während seiner Reise nach Rom verstarb, wissen wir nichts über einen möglichen Prozess gegen ihn. Sein weiterer Lebensweg liegt jedenfalls im Dunkel der Geschichte, auch wenn sich manche Legenden um seinen angeblichen Selbstmord ranken. Die Evangelien zeichnen das Bild eines zwielichtigen Politikers, der zwar von der Unschuld Jesu überzeugt ist, aber aus Gefälligkeit gegenüber dem Hohepriester Kaiphas und den Mitgliedern des Hohen Rates das Todesurteil über Jesus fällt und vollstreckt. Unseligerweise hat später die Kirche den römischen Statthalter von seiner Schuld am Tod Jesu weitgehend reingewaschen, um einseitig die Juden als „ChrisideaSpektrum 15.2013


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Der Heide Pilatus – vor dem Christus steht – wird von Gott als Werkzeug gebraucht (Gemälde von Mihaly Munkacsy (1844-1900)).

tusmörder“ erscheinen zu lassen, was zum jahrhundertelangen religiös motivierten Antisemitismus mit seinen schlimmen Folgen geführt hat. Tatsächlich aber konnten die Juden unter der römischen Herrschaft gar kein Todesurteil aussprechen, geschweige denn vollstrecken, weil die Blutsgerichtsbarkeit allein dem Statthalter als Repräsentan-

Was die Bibel dazu sagt Der Herr ist der rechte Kriegsmann, HERR ist sein Name. Des Pharao Wagen und seine Macht warf er ins Meer, seine auserwählten Streiter versanken im Schilfmeer (2. Mose 15,3 und 4). Du hast deine Macht bewiesen unter den Völkern (Psalm 77,15b). So spricht der Herr zu Kyros (dem heidnischen König von Persien): Mein Hirte! Er soll all meinen Willen vollenden und sagen zu Jerusalem: Werde wieder gebaut! Und zum Tempel: Werde gegründet! (Jesaja 44,28). Durch mich regieren die Könige und setzen die Ratsherren das Recht. Durch mich herrschen die Fürsten und die Edlen richten auf Erden (Sprüche 8,15 und 16).

Foto: ddp images

Da sprach Pilatus zu Jesus: … Weißt du nicht, dass ich Macht habe, dich loszugeben, und Macht habe, dich zu kreuzigen? Jesus antwortete: Du hättest keine Macht über mich, wenn es dir nicht von oben her gegeben wäre (Johannes 19,10 und 11). Durch seine Kraft hat Gott Jesus von den Toten auferweckt und eingesetzt zu seiner Rechten im Himmel über alle Reiche, Gewalt, Macht, Herrschaft und alles, was sonst einen Namen hat (Epheser 1,20 und 21).

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ten des römischen Kaisers vorbehalten war. Insofern ist Pontius Pilatus im juristischen Sinn allein verantwortlich für die Kreuzigung Jesu.

Pontius Pilatus als Werkzeug Gottes Im Johannesevangelium wird uns ein kurzer Dialog zwischen Pilatus und Jesus überliefert, der ein bezeichnendes Schlaglicht auf die wahren Machtverhältnisse wirft. Er macht deutlich, wie Gott inmitten einer säkularen Geschichte und seinen von ihrer Macht überzeugten Akteuren zielstrebig seine eigenen Pläne verfolgt. Als Pilatus den zunächst schweigenden Jesus mit den Worten anfährt: „Redest du nicht mit mir? Weißt du nicht, dass ich Macht habe, dich loszugeben, und Macht habe, dich zu kreuzigen?“, antwortet ihm Jesus: „Du hättest keine Macht über mich, wenn es dir nicht von oben her gegeben wäre“ (Johannes 19,10– 11). Pilatus ist in diesem Moment nicht der geschichtsmächtige Akteur; er ist – unbeschadet seiner Verantwortung für das zu Unrecht über Jesus verhängte Todesurteil – letztlich nur ein Werkzeug in Gottes Hand. Gott schreibt Geschichte. Wenn auch für viele unsichtbar, so hält er doch die Fäden der Weltgeschichte in der Hand und kommt mit ihr zu dem von ihm vorgegebenen Ziel.

Der rote Faden der Heilsgeschichte In der Mitte des 19. Jahrhunderts wird von Theologen der Begriff der „Heilsgeschichte“ geprägt. Er interpretiert die Menschheitsgeschichte nicht als eine Abfolge zufälliger innergeschichtlicher Ereignisse, sondern als eine von Gott O


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souverän gesteuerte Entwicklung. Sie steuert auf das von ihm gesetzte Ziel hin, nämlich die Verwirklichung umfassenden Heils jenseits dieser Welt. Gott lenkt die Weltgeschichte und gesteht dabei den irdischen Machthabern nicht mehr als die Rolle von Handlangern zu. War Jahwe – wie Gott im Hebräischen genannt wird – zunächst nur der Gott des unbedeutenden Volkes Israel, mit dem er einen unverbrüchlichen Treuebund schließt, so überrascht Gott später die Israeliten mit der Ankündigung, dass auch heidnische Könige Werkzeuge in seiner Hand sind und seine Pläne auszuführen haben.

Ein heidnischer König als Gesalbter Gottes

Der erste atheistische Staat währte nur 24 Jahre Sicher hat es in der Weltgeschichte immer wieder Phasen gegeben, in denen es den Anschein hatte, als ob der Gott der Bibel in dieser Welt abgemeldet wäre. Das war vor allem dann der Fall, wenn es in der Welt drunter und drüber ging oder Machthaber sich anmaßten, den christlichen Glauben auszurotten und seine Anhänger mit der Todesstrafe bedrohten. So erklärte noch 1967 der kommunistische Führer von Albanien, Enver Hodscha, sein Land zum ersten völlig atheistischen Staat der Erde und stellte jede Religionsausübung unter harte Strafe. Schon 1991 wurde die Ächtung der Religion aufgehoben. Heute bekennt sich in Albanien wie in anderen ehemals kommunistisch regierten Ländern eine wachsende Zahl von Menschen wieder zum christlichen Glauben.

Der kommunistische Diktator Enver Hodscha rief 1967 Albanien als ersten atheistischen Staat aus. Heute gibt es dort viele Christen.

Mitten im 30-jährigen Krieg: Gott sitzt im Regimente In der Zeit des Dreißigjährigen Krieges (1618–1648), als marodierende Banden und Soldaten halb Deutschland in Schutt und Asche legten und dazu noch die Pest wütete und viele Menschen hinraffte, ließ sich Paul Gerhardt nicht in seiner Glaubenszuversicht beirren und dichtete in dem Choral „Befiehl du deine Wege“: „Bist du doch nicht Regente, der alles führen soll. Gott sitzt im Regimente und führet alles wohl!“. Sicher gehört zu einem solchen Bekenntnis ein starker Glaube, der trotz augenscheinlichen Gegenteils an der Geschichtsmächtigkeit Gottes festhält. Zugleich ist er ein unübersehbares Zeugnis dafür, dass sich christlicher Glaube nicht auf den Bereich der Innerlichkeit reduzieren lässt, sondern aufs Ganze geht. Der Gott, der in seinem Sohn Jesus unser persönlicher Heiland wurde, ist eben zugleich immer auch der Herr der Welt, dessen Einfluss und Macht niemand und nichts entzogen ist.

Karl Barth am Vorabend seines Todes: Es wird regiert Am Vorabend seines Todes telefoniert der große Theologe Karl Barth (1886–1968) ein letztes Mal mit seinem langjährigen Freund Eduard Thurneysen. Es war das Jahr 1968, als politische Unruhen von den Studentenrevolten, dem Einmarsch der Warschauer Paktstaaten in die Tschechoslowakei bis zum Vietnamkrieg die Welt erschütterten. Auch die beiden alten Männer waren besorgt über die Zeitläufe. Doch dann sagte Karl Barth zu seinem Freund: „Ja, die Welt ist dunkel … Nur ja die Ohren nicht hängen lassen! Nie! Denn es wird regiert, nicht nur in Moskau oder Washington oder in Peking, sondern es wird regiert, und zwar hier auf Erden, aber ganz von oben, vom Himmel her! Gott sitzt im Regimente! Darum fürchte ich mich nicht. Bleiben wir doch zuversichtlich auch in den dunkelsten Augenblicken! Lassen wir die Hoffnung nicht sinken, die Hoffnung für alle Menschen, für die ganze Völkerwelt! Gott lässt uns nicht fallen, keinen Einzigen von uns und uns alle miteinander nicht! Es wird regiert!“ P

Foto: dpa

So überliefert der Prophet Jesaja als Wort Gottes für den persischen König Kyros (600–530 v. Chr.), dessen Herrschaft auch das am Boden liegende Israel neben zahlreichen anderen Nachbarvölkern unterworfen ist: „Mein Hirte! Er soll all meinen Willen vollenden und sagen zu Jerusalem: Werde wieder gebaut! Und zum Tempel: Werde gegründet!“ (Jesaja 44,28). Ja im Anschluss daran spricht Gott Kyros sogar als seinen „Gesalbten“ (hebräisch „Messias“) an. Ein unerhörter Vorgang, wenn man bedenkt, dass in der Antike mit der politischen Unterwerfung eines Volkes häufig auch dessen Religion mit ihren Gottheiten als erledigt galt. Doch nun zeigt sich: Israels nationale Katastrophe mit der Eroberung und Zerstörung Jerusalems und des Tempels sowie der Verbannung vieler Juden ins babylonische Exil ist nicht nur von Gott durch die Propheten vorhergesagt worden. Nein, auch mitten in diesem Zusammenbruch bleibt Gott der geschichtsmächtige Souverän, der auch heidnische Herrscher nach seinen Plänen lenkt. So hat Kyros tatsächlich – wie bei Jesaja vorhergesagt – im Jahr 538 v. Chr. ein Edikt erlassen, das den nach Babylon verbannten Juden die Rückkehr in ihre Heimat ermöglicht und später auch den Wiederaufbau des Tempels und der Stadtmauern in Jerusalem. So lässt sich aus dem Auf und Ab der Menschheitsgeschichte mit seinen Irrungen und Wirrungen auch später immer wieder der rote Faden der Heilsgeschichte Gottes entdecken.

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» Und stellt euch nicht dieser Welt gleich, sondern ändert euch durch Erneuerung eures Sinnes, damit ihr prüfen könnt, was Gottes Wille ist, nämlich das Gute und Wohlgefällige und Vollkommene «

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Christian Schwark ist Pfarrer der Evangelischen Kirchengemeinde Trupbach-Seelbach (Siegen).

Aus dem Brief des Paulus an die Gemeinde in Rom (Römerbrief 12,2)

Foto: privat

Verlernen wir das Denken? Mein Mathelehrer sagte früher immer: Denken ist Glücksache. Ich habe den Eindruck: Dieses Motto passt gut in unsere Gesellschaft. Denn das Denken wird weitgehend ausgeblendet. Zumindest beim Glauben. Man fühlt lieber, statt zu denken: Da, wo ich mich gut fühle, da liege ich richtig, denkt man dann. Dementsprechend verkaufen sich theologische Bücher ganz schlecht. Viel besser gehen Lebensgeschichten und Bildbände. Natürlich ist es gut, beim Glauben auch Gefühle zu haben. Aber die Frage ist: Was bestimmt unsere Entscheidungen? Paulus schreibt, dass wir uns ändern sollen durch die Erneuerung des Sinnes. Das griechische Wort, das hier für „Sinn“ steht, bedeutet: „Denken“. Wir sollen uns also ändern, indem sich unser Denken erneuert. Indem wir unser Denken von Gott prägen lassen. Und nicht von dem, was um uns herum „üblich“ ist.

Das hilft, den richtigen Weg zu gehen. Es hilft, von Moden und Zeitströmungen unabhängig zu sein. Aus der deutschen Geschichte können wir lernen, wie wichtig das ist.

Neu nachdenken – die Bibel lesen! Darum ist es ganz entscheidend, dass wir das Denken nicht verlernen, sondern dass wir neu nachdenken. Im wahrsten Sinne des Wortes nach-denken: den biblischen Gedanken folgen. Dann haben wir festen Grund unter den Füßen. Dann wissen wir, was richtig ist und was nicht. Das gibt eine ungeheure innere Freiheit. Und das hilft uns dann auch, positive Gefühle zu haben. Also: Lesen wir die Bibel! Und fragen wir immer neu: Was möchte Gott uns damit sagen? So kann unser Denken – und unser Leben – neu werden. P

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«Zu meinem Tablet gehört auch ‹idea Spektrum ›. Es ist informativ, innovativ und inspirierend.» 15.2013

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PORTRÄT

Gott will Gerechtigkeit STEUEROASEN Das gab es wohl noch nie: Ein bekennender Christ – er steht der Evangelischen Allianz nahe – kommt gleich dreimal an einem Tag im öffentlich-rechtlichen deutschen Fernsehen in den Hauptnachrichtensendungen zu Wort.

Mit dem Rucksack durch Südamerika Bis heute prägt ihn eine Reise 2001 nach Lateinamerika. Vor allem in der Hauptstadt von Paraguay – Asunción – ist ihm als Rucksacktourist der scharfe Kontrast zwischen Arm und Reich deutlich geworden: „Da gibt es eine Straße mit Bars, Cafés und Clubs – eine Scheinwelt. Denn nicht mal 20 Meter weiter stehen in den Nebenstraßen die Hütten der Armen.“ Er lernt Freunde kennen, die ihm am eigenen Leben deutlich machen, was es für einen Staat bedeutet, wenn viele Reiche ihr Geld außer Landes bringen. Zahlreiche Bürger wissen dann nicht, wie sie finanziell über die Runden kommen. Nach

seiner Rückkehr schreibt er sich deshalb an der Uni in Berlin für Politikwissenschaft ein und schließt sich den Globalisierungskritikern von Attac an.

Ein Treffen in Paris und die Folgen Während des Studiums befasst er sich mit Fragen der Schuldentilgung, Steueroasen und Finanzkrisen. Und er bekommt die Gelegenheit, einen langen Bericht über Peru zusammenzufassen und reist deswegen zu einem Treffen des jungen Netzwerkes Steuergerechtigkeit im März 2003 nach Paris. Er bleibt bei den Verantwortlichen in guter Erinnerung. Denn als er 2008 seine Diplomarbeit über Steuerhinterziehung in Argentinien schreibt, kann er dort als Analyst einsteigen. Parallel erlebt er eine geistliche Entwicklung. Von der christlichen Prägung durch sein Elternhaus hat er sich zunehmend entfernt. „Ich war wie der verlorene Sohn“, sagt er heute. In einer Lebenskrise erfährt er Hilfe durch ein Buch, das ihm Freunde schenken. Die Lektüre des Bestsellers von John Eldredge „Der ungezähmte Mann“ spricht ihn an: Jesus will umfassendes Heil bringen. In der Gemeinde Christus-Treff Berlin lernt er seine Frau kennen. Heute lebt er mit seiner Familie im hessischen Marburg, wo sie eben-

falls in der überkonfessionellen Christus-Treff-Gemeinde geistlich beheimatet sind.

Den Konsum überdenken Dass ihn jetzt zwei Fernsehsender anfragen, überrascht ihn weniger. Denn seit Jahren versorgt er Journalisten mit Hintergrundinformationen zu Steuer- und Finanzfragen. Beruf und Glaube sind für ihn kein Widerspruch: „Gott brennt leidenschaftlich für Gerechtigkeit und segnet, wo wir uns dafür einsetzen.“ Und was können Christen konkret tun? Sein Tipp: Den Konsum überdenken. „Möchte ich meinen Kaffee oder mein Auto von einem Unternehmen kaufen, das keine oder kaum Ertragssteuern hier und in Entwicklungsländern bezahlt?“ Wer sich intensiver mit solchen Fragen auseinandersetzen will, den lädt Meinzer ein, bei der MichaInitiative mitzumachen. Sie kämpft aus christlicher Motivation gegen extreme Armut und für weltweite Gerechtigkeit – und braucht dringend Mitstreiter. P Klaus Rösler

Foto: screenshot ZDF Mediathek / idea

Es geht um ein brisantes Thema: den Steuerbetrug über Briefkastenfirmen in Steueroasen. Dazu nahm am 4. April der Politikwissenschaftler Markus Meinzer (Marburg) in der Tagesschau, in den Tagesthemen und im heute-journal Stellung, denn er ist Analyst vom Netzwerk Steuergerechtigkeit. Und er hat, wie er sagt, einen Traumberuf. Ihn faszinieren Steuergesetze und -schlupflöcher, auch wenn sie sonst als „staubig und trocken“ gelten. Seine Arbeit hilft, dass es auf der Erde etwas gerechter zugeht.

DAS WORT DER WOCHE

» Als Christ soll man den Mund nicht weiter aufmachen als die Hand. « Der Kölner Kardinal Joachim Meisner 15.2013


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