Idea Spektrum Schweiz 25/2013

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19. Juni 2013 | 25

Nachrichten und Meinungen aus der evangelischen Welt

Soll sich die Kirche einmischen? Jost vs. Mörgeli – ein Streitgespräch Seite 4

7 CREA Seit 20 Jahre Kreativität und Tiefgang 9 SEA Grosse Sorge um die Christen und die Religionsfreiheit in Syrien 11 ETG Wie viele Eingangstüren hat das Gemeindehaus? 27 Musik Jochen Rieger über die passende Musik in der Gemeinde www.ideaschweiz.ch


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Bausteine in der Jugendarbeit

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e di t or i a l

Europa stirbt aus Na ja, ganz aussterben werden wir Europäer schon nicht. Aber spürbar weniger werden wir durchaus. Bis zum Ende dieses Jahrhunderts soll Deutschland einen Drittel seiner Bevölkerung (26 Mio.) verlieren. Insgesamt, so rechnet die UNO hoch, wird Europas Bevölkerung von heute 740 Millionen Menschen auf 639 Millionen schrumpfen. Der europäische Anteil an der Weltbevölkerung soll im Jahr 2100 gerade noch 6 Prozent betragen. Die Schweiz ist «im selben Spital krank». Auch hierzulande fehlt der Nachwuchs. Ein Schweizer Paar hat im Schnitt 1,5 Kinder. Das Durchschnittsalter der verheirateten Mütter bei der Geburt des ersten Kindes steigt kontinuierlich an. Im letzten Jahr lag es bei 30,4 Jahren. Es ist unumstösslich: Wirtschaftlicher Wohlstand führt dazu, dass Familien weniger Kinder haben. Gleichzeitig steigt die Lebenserwartung. Wir sind von allem Möglichen und Unmöglichen derart absorbiert, dass wir meinen, zu wenig Ressourcen für den Nachwuchs zu haben. Wir hetzen durchs Leben – um irgendwann auszusterben. Es gibt allerdings Weltregionen, in denen die Bevölkerung rasch wächst, vor allem in den ärmsten Ländern. Schon bis zum Jahr 2050 werden sich die Afrikaner von heute einer Milliarde auf 2,4 Milliarden mehr als verdoppeln. Die Hälfte der afrikanischen Bevölkerung ist jünger als 29 Jahre. In Asien, in Nord- und Südamerika und in Ozeanien werden zum Ende dieses Jahrhunderts mehr Menschen leben als heute. Irgendwie passt dazu eine andere Nachricht auf meinem Pult. Die Freie evangelische Gemeinde Hollstenwall in Hamburg wird von Menschen aus 40 Nationen besucht. Jeden Sonntag werden vier Gottesdienste gefeiert: in Deutsch, Englisch, Spanisch, Japanisch. Dabei ist diese Gemeinde alles andere als eine Neugründung. Sie besteht seit fast 120 Jahren, hat aber einen Erneuerungsprozess durchlaufen, der Zukunft hat. Der Seher Johannes notierte: «Danach sah ich eine riesige Menschenmenge aus allen Stämmen und Völkern, Menschen aller Sprachen und Kulturen; es waren so viele, dass niemand sie zählen konnte. In weisse Gewänder gehüllt, standen sie vor dem Thron und vor dem Lamm, hielten Palmzweige in den Händen» (Offb. 7,9 NGÜ). Rolf Höneisen

Impressum Idea Schweiz Herausgeber: Idea Information AG, 4410 Liestal Verwaltungsrat: Heiner Henny, Präsident, Sam Moser (Stellvertreter), Paul Beyeler, Hans Lendi, Helmut Matthies, Matthias Spiess Ideelle Trägerschaft: Schweizerische Evangelische Allianz (SEA), Verband Evangelischer Freikirchen und Gemeinden (VFG), Arbeitsgemeinschaft Evangelischer Missionen (AEM) Redaktion: Aemmenmattstrasse 22, 3123 Belp, Tel. 031 818 01 44, Fax 031 819 71 60 E-Mail: redaktion@ideaschweiz.ch Internet: www.ideaschweiz.ch Chefredaktor: Rolf Höneisen Büro: Steinackerstrasse 4, 9214 Kradolf Tel./Fax 071 642 44 21 E-Mail: rolf.hoeneisen@ideaschweiz.ch Redaktion: Thomas Feuz, Christof Bauernfeind Erweitertes Team: Christian Bachmann, Mirjam Fisch-Köhler

ideaSpektrum 25.2013

Verlagsmanager: Roland Rösti, 031 818 01 25, verlag@ideaschweiz.ch Kundenberatung Anzeigen: Jordi AG – das Medienhaus, Aemmenmattstrasse 22, 3123 Belp, Tel. 031 818 01 42; Fax 031 819 38 54 E-Mail: inserate@ideaschweiz.ch Aboservice: Jordi AG – das Medienhaus, Franziska Schüller, Aemmenmattstrasse 22, 3123 Belp, Tel. 031 818 01 20, Fax 031 819 38 54 E-Mail: abo@ideaschweiz.ch Abopreise: Jahresabo Fr. 145.–, Seniorenabo Fr. 117.–, Halbjahresabo Fr. 77.–. Das Abo ist unter Einhaltung einer vierwöchigen Frist jeweils zum Bezugsende kündbar. Konto: PC-Konto 40-788586-4 Idea Information AG, 4410 Liestal Layout/Druck/Versand: Jordi AG – das Medienhaus, Aemmenmattstrasse 22, 3123 Belp www.jordibelp.ch Einzelverkaufspreis: CHF 4.–

Bilder: Parlamentsdienste Bern, Andrea Vonlanten (Titelseite); zvg (Seite 3)

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BiBLiSCH Ein Lieblingsbibelwort von Hans Kipfer, Grossrat der EVP Thun und Leiter der Hotellerie des Spitals Interlaken.

«Wahrlich, wahrlich, ich sage dir: Als du jünger warst, gürtetest du dich selbst und gingst, wo du hinwolltest; wenn du aber alt wirst, wirst du deine Hände ausstrecken und ein anderer wird dich gürten und führen, wo du nicht hinwillst.» Johannes 21,18 «Dieser Vers ist wohl nicht als ‹Liebling› zu bezeichnen, sondern eher als eine Bibelstelle, die mich prägt. Kein Zuspruch, kein Segen, keine ‹schöne› Textpassage – vielmehr der Aufruf, sich Gott ganz anzuvertrauen. Das Vertrauen, dass jemand mich gürtet und führt, auch an Orte wo ich eigentlich nicht hin will, ist hart zu erarbeiten. Gerade als auftragsorientierter Zeitgenosse mit eigenem Willen muss ich die völlige Verfügbarkeit und Hingabe in Gottes Willen täglich neu lernen. Gottvertrauen in seiner vollendeten Form: ‹Dein Wille geschehe!›.»

WöRTLiCH «Lasst uns Gegen-Trendsetter sein, indem wir uns dem Rennen, Hetzen, Sich-beweisen-wollen verweigern, weil uns ein in Gott eingesenktes Herz wichtiger ist, als der Leistungsnachweis einer Stressgesellschaft, die auch die Welt der Christen fest im Griff hat.» Ein Zitat von Theologe und Autor Thomas Härry, aufgeschnappt an einem SEA-Treffen für Jugendverantwortliche.

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BR E N N P U N K T

Wie politisch war denn Jesus? KIRCHE UND POLITIK Prediger sollten nicht politisieren und Politiker nicht predigen, meint SVP-Nationalrat

Christoph Mörgeli. Doch, für ihre Überzeugungen soll die Kirche Position beziehen, kontert Marc Jost, Zentralsekretär der Schweizerischen Evangelischen Allianz. Ein Streitgespräch im Bundeshaus. Wann erfüllt die Kirche ihren Auftrag? Marc Jost: Sie hat grundsätzlich den Auftrag, das Evangelium zu verkündigen, und zwar in Wort und Tat. Es ist ein ganzheitlicher Auftrag, der letztlich dem Gemeinwohl und der ganzen Gesellschaft dient. Christoph Mörgeli: Ich stimme dem zu. Die Kirche hat den Auftrag, die Botschaft der Gnade zu verkündigen und den Menschen mit Seelsorge beizustehen. Sie erfüllt den Auftrag dann nicht, wenn ihre Prediger politisieren. Und umgekehrt sollten wir Politiker nicht predigen. Ist die die SVP eine christliche Partei, Herr Mörgeli? Mörgeli: Die SVP ist eine christliche Partei, gerade weil sie das nicht explizit in ihrem Namen tragen muss. Sie trägt aber das Wort «schweizerisch» im Namen, und die Schweiz ist für mich ein christlicher Staat. Das zeigt sich durch die Anrufung Gottes in der Bundesverfassung, aber auch im Wappenkreuz. Die SVP war übrigens mal fast ausschliesslich protestantisch, heute aber ist sie interessanterweise die grösste katholische Partei der Schweiz. Was ist an der EVP speziell christlich, Herr Jost? Jost: Die Menschen, die in der EVP politisieren, sind Christen, das heisst ihr Glaube ist geprägt vom biblisch-christlichen Bekenntnis. Das wiederum definiert die Werte dieser Personen und natürlich die Kernthemen der Partei. Das zeigt sich in Themen wie dem Einsatz für die Religionsfreiheit, der Bewahrung der Schöpfung und auch beim Schutz des menschlichen Lebens vom Anfang bis zum Ende. Die Kirchen haben sich jetzt erneut lautstark eingemischt und die Asylgesetzrevision zur Ablehnung empfohlen. War das in einer Frage, die verfolgte Menschen betrifft, nicht ihre Pflicht? Mörgeli: Das wäre sicher so, wenn es vor allem verfolgte Menschen betreffen würde. Doch die Realität zeigt leider das Gegenteil. Die jungen Männer, die massenhaft bei uns einreisen, suchen einfach bessere wirtschaftliche Bedingungen und Aufstiegschancen. Das ist nicht illegitim, hat aber nichts mit dem Flüchtlingswesen zu tun. Wir betreiben mit dem Asylantismus ein Milliardengeschäft, bei dem wir unglaublich viel Geld und Kraft für eine falsche Sache einsetzen.

Zu den Personen Christoph Mörgeli, 53, wohnhaft in Stäfa. Promovierter Historiker, Diplom für das Höhere Lehramt. 2001 zum Titularprofessor für Medizingeschichte an der Universität Zürich ernannt. Von 1985 bis Herbst 2012 Leiter des Medizinhistorischen Museums der Universität Zürich. 1986 bis 1994 Mitglied und Aktuar der reformierten Kirchenpflege in Stäfa. Seit 1999 Nationalrat der SVP. Programmchef der SVP Schweiz. Gilt als einer der Chefstrategen seiner Partei. Oberstleutnant der Schweizer Armee. Vizepräsident der Europäischen Totentanz-Vereinigung. Regelmässiger Kolumnist («Weltwoche»). Marc Jost, 39, wohnhaft in Thun. Ursprünglich Realschullehrer. Theologische Ausbildung am Seminar St. Chrischona, dann Pfarrer des Evangelischen Gemeinschaftswerks (EGW) in Thun. Seit 2012 Generalsekretär der Schweizerischen Evangelischen Allianz und Geschäftsführer von «Interaction», einem Verband von 23 christlichen Hilfswerken, Entwicklungsorganisationen und Missionsgesellschaften. Seit 2006 Mitglied des Berner Grossen Rates, Vizepräsident der EVP-Fraktion. Von seiner Fraktion für 2015 als Grossratspräsident vorgeschlagen. Regelmässiger Kolumnist («Berner Oberländer», «idea Spektrum»).

Bilder: Andrea Vonlanthen

Jesus hatte natürlich einen massiven politischen Einfluss durch sein Reden und Tun. Marc Jost, Zentralsekretär der SEA Jost: Es stimmt, die Landeskirchen haben eine ablehnende Empfehlung abgegeben. Die Schweizerische Evangelische Allianz hat sich bewusst einer Parole enthalten, weil wir wie der Bundesrat und grosse Teile des Parlamentes nicht glauben, dass durch diese Revision zusätzliche Menschen in Not geraten. Das wegfallende Botschaftsasyl oder der wegfallende Schutz der Dienstverweigerer wird durch andere Möglichkeiten aufgefangen. Dann hätten Sie als Evangelische Allianz auch eine Ja-Empfehlung abgeben können … Jost: Im Bewusstsein, dass unsere Basis in der Beurteilung der Asylgesetzrevision vielfältige Einschätzungen vornimmt, haben wir auf eine Parole verzichtet. Denn gleichzeitig hielt sich ja auch die Begeisterung der Befürworter in Grenzen. Die SEA muss nicht zu jeder politischen Frage die Stimme erheben. Oftmals kommt die bürgerliche Kritik auf, Herr Jost, die Kirche mache sich einseitig zum Sprachrohr linker Politik. Jost: Die Kirche setzt sich für verschiedenste Anliegen ein. Oft geht es idea Spektrum 25.2013


BR E N N P U N K T darum, dass sie Menschen an Leib und Leben bedroht sieht oder dass die Schwachen oder Fremden geschützt werden sollten. Das sind nicht einfach linke Anliegen. Wenn sich die Kirche zum Beispiel für die Religionsfreiheit stark macht, dann ist das ein liberales Anliegen. Oder wenn sie sich für den Schutz des Lebens einsetzt, dann geht es um konservative Werte. Ganz klar arbeitet die Kirche dort mit sozialen Kräften zusammen, wo es um die Bekämpfung von Armut oder den Schutz von Schwachen geht.

Jesus war sicher kein Politiker und schon gar kein Staatsanbeter. Christoph Mörgeli, Nationalrat SVP Mörgeli: Es hat sich leider bestätigt, dass der Eindruck nicht unberechtigt ist. Da kommen allerdings Kräfte zusammen, die nicht unbedingt zusammengehören. Es gibt nirgends sonst so viel bewusste und demonstrierte Ablehnung des christlichen Gedankenguts und auch erklärten Atheismus wie in linken Kreisen. Es gehört zum linken ideologischen Gedankengut, dass man mit dem christlichen Glauben nichts zu tun haben will. So gesehen handelt es sich um ein hoch problematisches Spannungsverhältnis. Die Politik stützt sich auf eine Verfassung, die sich auf «Gott den Allmächtigen» beruft, Herr Mörgeli. Folglich kann die Politik Gott nicht einfach ausklammern. Mörgeli: Die Politik kann und soll Gott nicht ausklammern. Aber die Politik und speziell die Parteien dürfen Gott auch nicht vereinnahmen. Parteien sind – das sagt schon der Name – nur ein Teil des Ganzen und darum parteiisch. Gott aber ist das Ganze. Jost: Die Verfassung ist Grundlage unseres Staates. Dementsprechend bilden die Verfassung und damit auch die Präambel einen wichtigen und verbindlichen Rahmen für die Politik. idea Spektrum 25.2013

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Wie politisch war der Sohn Gottes in seinem irdischen Leben? Jost: Ganz grundsätzlich hatte Jesus natürlich einen massiven politischen Einfluss durch sein Reden und Tun. Das zeigt sich darin, wie er mit Kranken, mit Frauen, mit Kindern umging, also mit damaligen Tabuthemen. Doch Jesus war nicht im eigentlichen Sinn ein Amtspolitiker, sonst hätte er dem Hohen Rat angehört. Mörgeli: Jesus war sicher kein Politiker, kein Staatsvertreter und schon gar kein Staatsanbeter. Das Einzigartige von Jesus macht für mich aus, wie er den Wert des Individuums betonte. Der Einzelne ist für ihn wichtiger als die Gemeinschaft, als der Staat. So gesehen hatte Christus auch sehr liberale Züge. Er rief die Menschen zur Selbstverantwortung auf, natürlich auch zur Nächstenliebe. Doch das Wort heisst «Nächstenliebe» und nicht «Fernstenliebe». Wir müssen also nicht meinen, wir könnten als Einzelne die ganze Welt retten. Jesus sagt zu den Pharisäern, sie sollten sowohl dem Kaiser als auch Gott geben, was ihnen zustehe. Was steht dem Kaiser oder eben dem Staat heute von der Kirche zu? Mörgeli: Dem Rechtsstaat steht zu, dass er von der Kirche nicht bekämpft wird und dass sie sich mit diesem Staat identifiziert, solange er human und gesetzestreu funktioniert. Wir lesen ja in der Bibel auch, dass der Staat dem Bürger gewisse Mittel wegnehmen darf, um öffentliche Aufgaben zu erfüllen. Jost: Ich sehe wenige Ansprüche des Staates an die Kirche selber. Für die Kirche geht es vielmehr darum, zu fragen, wo es in unserm Staat besondere Lücken gibt, bei denen es die Kirche braucht. Der Staat hat sehr viel gelernt von der Kirche und gute Anliegen übernommen. Doch es sollte nicht zu sehr zur Vermischung kommen. Mörgeli: Wenn es ein guter Staat ist, hat er von der Kirche wichtige Anliegen übernommen, zum Beispiel die Achtung des Einzelnen. Der Staat darf nicht nur darauf achten, was der Gemeinschaft dient. Genau darum hat die Politik grundsätzlich die Aufgabe, etwa das einzelne Leben zu schützen, wenn es speziell gefährdet ist, und das im ganz frühen Stadium und dann wieder, wenn das Leben erlöscht. Jost: Herr Mörgeli betont, wie sehr Jesus die Eigenverantwortung hervorgehoben habe. Jesus wollte aber ebenso die Gemeinschaft stärken im Sinne der Mitverantwortung und der Solidarität. Auch das ist Nächstenliebe. Und das hat unsere Gesellschaft je länger desto mehr nötig. Mörgeli: Das sollte allerdings nicht so weit führen, dass Kirchenvertreter und Vertreter sogenannt christlicher Parteien eine nationale Erbschaftssteuer fordern. Wir leben und arbeiten ja auch dafür, um den eigenen Kindern später einmal etwas mitgeben zu können. Wenn man uns alles wegbesteuert, ist das für mich nicht christlich. Die Bibel redet noch vom Zehnten, doch heute ist es bald die Hälfte, die wir dem Staat abgeben müssen. Jost: Ja, vom Zehnten ist im Alten Testament für gottesdienstliche Aufgaben die Rede. Gleichzeitig gab es im Alten Testament auch das Prinzip der Wiederverteilung, der neuen, gerechten Aufteilung. Von daher kann man die These aufstellen, dass eine Erbschaftssteuer einen biblisch-jüdischen Hintergrund hat. Zudem spricht niemand davon, den Erben die Hälfte, geschweige denn alles wegzunehmen. Der grüne Zürcher Regierungsrat Martin Graf bezeichnet die katholische Kirche öffentlich als «rückständig» und «geschützte Werkstatt» und kritisiert, dass «die Kirchenoberhäupter in Chur und Rom meinen, weiterhin an den verfassungsrechtlich geschützten Grundrechten vorbeipredigen zu können». Das Bistum Chur wertet dies als «Ausdruck einer totalitären Gesinnung». Zu Recht? Mörgeli: Ich kann es ein Stück weit nachvollziehen. Ich bin ja protestantisch, aber die Art der Kritik, wie sie in letzter Zeit gegenüber dem Bistum Chur geschieht, ist billig und populistisch. In meiner Wohngemeinde Stäfa sagte einmal ein reformierter Pfarrer: «Wenn man das und das und das aus der katholischen Kirche nimmt, dann ist diese Kirche eben nicht mehr katholisch.» Herr Graf kann nicht befehlen, die katholische Kirche dürfe nicht mehr katholisch sein.


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Jost: Solange auch die katholische Kirche eine Landeskirche sein will, muss die Bereitschaft da sein, sich in dem Gefüge einzuordnen und gewisse Kompromisse einzugehen. Für mich hat dieser Streit auch mit den beteiligten Persönlichkeiten zu tun, die gescheiter einmal bei einem Mittagessen über die aufgeworfenen Fragen reden sollten. Und ja, das Ganze ist auch etwas populistisch. Der politisch regsame Einsiedler Abt Martin Werlen engagiert sich auch in einer Allianz gegen längere Ladenöffnungen am Sonntag. Stört Sie das? Mörgeli: Ja, das stört mich, denn er ist unglaubwürdig. Sein KlosterShop in Einsiedeln ist den ganzen Sonntag geöffnet und macht einen hervorragenden Umsatz. Und zwar nicht nur mit Rosenkränzen, sondern auch mit Lebensmitteln. Jost: Mich stört es nicht, ganz im Gegenteil! Wenn jemand bei diesem Thema die Stimme erheben soll, muss es doch jene Institution sein, für die der Auferstehungstag eine enorme Bedeutung hat. Dass der Sonntag als Tag der Ruhe, der Einkehr und Stille gerade heute für den Menschen eine besondere Bedeutung hat, darf die Kirche ruhig sagen, ja muss sie sagen. Worüber würden Sie gerne einmal im Berner Münster predigen, Herr Mörgeli? Mörgeli: Ich würde als Nichttheologe nicht predigen, sondern vortragen. Eine unglaublich starke Münsterpredigt hielt einst Markus Feldmann, damals Berner Kirchenvorsteher und später SVP-Bundesrat. Er hat im Berner Münster seine Stimme erhoben gegen den berühmten Theologen Karl Barth, der gesagt hatte: «Ein Mann vom Formate Josef Stalins…» Solch fundamentale Auseinandersetzungen fehlen heute. Mein Thema wäre wahrscheinlich «Die Kirche und die Posaunen der Gnade». Was würden Sie als Politiker freikirchlichen Pastoren gerne einmal an einer Retraite sagen, Herr Jost? Jost: Ich würde die Pastoren gerne einladen zu einer breiten Debatte über Glaubens- und Gewissensfreiheit. Ich würde sie fragen, welche Rahmenbedingungen sie sich in der Schweiz wünschen würden. Sie dürften aber nur solche Wünsche äussern, die sie auch den Menschen anderen Glaubens zugestehen. Wie müssten Kirche und Politik zusammenspielen, damit es der Gesellschaft dient? Jost: Christen verschiedener Konfessionen bilden einen wichtigen Teil der Zivilgesellschaft. Die Politik tut gut daran, das nicht nur zu würdigen, sondern die Kirche auch in Zukunft als Partner anzuschauen. Christen und die Kirche in den Privatsektor zurückzudrängen oder öffentlich zu stigmatisieren, wäre der Gesellschaft nicht dienlich. Die Kirche ihrerseits tut gut daran, sich nicht auf hergebrachte Machtposi-

tionen zu berufen, sondern auf Augenhöhe mit anderen Gruppen der Gesellschaft im Dialog zu stehen. Mörgeli: Es wäre sinnvoll, man würde dort aufeinander hören, wo man sich etwas zu sagen hat, und man würde sich dort weniger äussern, wo man nichts zu sagen hat. Das gilt übrigens für beide Seiten. Sie kritisieren beide in Publikationen die wachsende Verfolgung von Christen in islamischen Ländern. Wer müsste sich hier energischer zu Wort melden: die Schweizer Kirche oder die Schweizer Politik? Mörgeli: Ich würde eher meinen die Schweizer Kirche. Sie ist nicht neutral und muss es auch nicht sein. Doch ich bin ein Verfechter der politischen Neutralität unseres Landes. Ich glaube nicht, dass es sinnvoll ist, wenn wir diese Länder politisch angreifen und den Terror ins Land holen. Jost: Wenn Länder die Menschenrechte und insbesondere die Religionsfreiheit missachten, dann hat sich die Politik einzuschalten. Die Kirche muss das Thema der verfolgten Christen im Bundeshaus einbringen und mit den Politikern gemeinsam auf Missstände hinweisen. Der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble stellt in einem Buch fest, die Gesellschaft komme nicht ohne Religion aus. Braucht auch unsere Politik mehr Religion – oder einfach mehr Glaube? Jost: Mehr Religion wäre mir zu unpräzise. Aber natürlich wünsche ich mir Politiker, die nach Gott fragen und zum Glauben finden. Ich bin überzeugt, dass der christliche Glaube für den Einzelnen und christliche Werte für die Gemeinschaft sehr hilfreich sind. Mörgeli: Ich bin überzeugt, dass es von Vorteil wäre, wenn Politiker einen inneren Kompass hätten, der von der Religion und vom Glauben her bestimmt ist. Ein religionsloser Zustand wäre unserer Gesellschaft nicht dienlich. Eine gottlose Gesellschaft läuft eher Gefahr, das Leben und das Eigentum der Menschen zu bedrohen. Welches ist denn Ihr persönlicher Kompass? Mörgeli: Mein Kompass ist die Beachtung der Rechte der Einzelnen. Darum habe ich mich auch einer Partei angeschlossen, die das selbstverantwortliche Individuum betont. Das ist auch der grosse Vorteil des christlichen Glaubens gegenüber andern Religionen. Wir dürfen nicht mit Sprenggürteln auftreten und möglichst viele in den Tod mitreissen. Bei uns hat jeder Einzelne eine grosse Würde. Das ist der Kompass, der meinen Glauben und mein Handeln prägt. Jost: Einmal abgesehen von den Zehn Geboten, die ich sehr hoch halte, sind für mich die sogenannten «Früchte des Geistes» im Galaterbrief eine grosse Ermutigung und zugleich eine Herausforderung: Bin ich geduldig, freundlich, gütig, treu, keusch? Fördere ich den Frieden und die Nächstenliebe? Interview: ANDREA VONLANTHEN

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crea: 20 jahre kreativität und geistlicher tiefgang juGendcamP Gegen 2000 Besucher und 300 Mitarbeiter, die christliche Botschaft im Zentrum: Auch dieses Jahr

war das Crea-Meeting auf Chrischona eine fröhliche Party für Gott. Das fiel selbst der Polizei positiv auf. Einmal mehr verwandelte sich der traditionsreiche Chrischonaberg bei Basel über das Wochenende in eine bunte Erlebniswelt für Teenager und Jugendliche. Das jährliche Crea-Jugendmeeting machte seinem Namen alle Ehre, kreative Entfaltungsmöglichkeiten in Hülle und Fülle: Missionsparcours, Workshops, Zeltlager, Konzerte, ein evangelistischer Einsatz und sogar Berufsberatung. «Wir bieten den Jungen ein ‹Bergerlebnis›, bei dem sie auf kreative Weise Gott hautnah entdecken können und in ihrem Glauben wichtige Schritte gehen», erklärte CampLeiter Peti Bruderer. Die ausgelassene und ausgesprochen friedliche Stimmung freute sogar die Polizei. «Das Crea ist aus polizeilicher Sicht ein sehr angenehmer Anlass. Dafür gibt es eine Menge Gründe: Ein wichtiger Punkt ist die christliche Gesinnung der Teilnehmer», betonte der Bettinger Wachtmeister Andreas Widmer. Und das, obwohl es dieses Mal richtig etwas zu feiern gab: den 20. Geburtstag des gemeinsamen Jugendcamps

der FEG, VFMG, Chrischona und ETG. Das Crea habe einen wesentlichen Einfluss auf die christliche Generation der letzten 20 Jahre ausgeübt, ist sich Peti Bruderer sicher: «Ganz viele Menschen sind hier geprägt worden. Das Camp wurde zu einem wesentlichen Bestandteil ihrer Glaubensentwicklung.» Das Jubiläum beging man am Samstagnachmittag standesgemäss an der Aussenbühne mit viel Spass und Musik.

Weniger ist mehr

Der Trubel stand allerdings ein bisschen im Kontrast zum diesjährigen Crea-Motto: «Reduce to the Max», was so viel heisst wie «Weniger ist mehr». Im Mittelpunkt der Veranstaltung standen wie immer die geistlichen Inputs. In diesem Jahr mit Reto Pelli von der Kirche im Prisma Rapperswil. «Die junge Generation ist heute so vielen Einflüssen und Eindrücken ausgesetzt. Wir hatten das Gefühl, dass es ein dringendes Thema ist, Wichtiges von Unwichtigem zu unterscheiden und zu entdecken,

Ausgelassene Stimmung und bestes Wetter zur Jubiläumsfeier.

wo der wahre Schatz begraben liegt», so Peti Bruderer. «Es geht da-rum, auch mal auf etwas zu verzichten, um diese eine Perle zu entdecken, durch die wir dann überreich beschenkt werden. In Jesus haben wir die ganze Fülle, die wir im Leben brauchen.» Er

selbst könne sich von den jungen Leuten dabei oft eine Scheibe abschneiden und bewundert deren Motivation Gott nachzufolgen – trotz und gerade in der «ganzen Komplexität, mit der sie heute aufwachsen.» Christof Bauernfeind

GoSPelriderS in aktion – fünf jahre Biker-eVent auf dem achenBerG Bei Bad ZurZach

«Vollrohr»: PS-starkes Gotteslob in Bad Zurzach Die «GospelRiders» Schweiz feierten am Sonntag einen Gottesdienst mit Konzert von Déborah Rosenkranz. Mit dabei: 300 Biker samt ihren «heissen Öfen». Zum Programm gehörten ein «Rideout» (gemeinsame Ausfahrt), Gesellschaftsspiele, Wettbewerb und ein gemütlicher Grillplausch. Im Gespräch nach der Predigt interessierte das Thema «Freiheit» mehr als die Anzahl Chromteile oder Kilometer. Thom Hächler, Präsident und Pastor, zieht ein positives Fazit: «Wir erlebten ein geniales Treffen. Unser Ziel ist nicht der Mega-Event, sondern dass möglichst viele Leute mit dem Evangelium erreicht werden.» Nächste Anlässe: Das 10-Jahr-Jubiläum (24. August) und die Harleyidea Spektrum 25.2013

Davidson-Tage Mitte Juli in Lugano. Da sind die «GospelRiders» auch dabei. Und verschenken Bibeln. thomas feuz www.gospelriders.ch Bilder: idea/Christof Bauernfeind, Stephan Bégue


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P u bl i r e P or tag e

Bund Schweizer Baptistengemeinden

«Die Taufe war für mich überwältigend» Auch wenn die Taufe das Kennzeichen der Baptisten ist, sind ihre Grundanliegen das persönlich überzeugte und bekennende Christensein und die Unabhängigkeit von der staatlichen Obrigkeit. Setzt die Taufe eine persönliche Überzeugung voraus, kann sie nur vollzogen werden, wenn der Entscheid selbständig gefällt wird. Vor 28 Jahren liess ich mich taufen. Dem persönlichen Entschluss ging voraus, dass ich ein Christsein erlebt hatte, in dem Kult und Riten das Entscheidende und Grundlegende waren. Die Erfahrung der eigenen persönlichen Beziehung zu Gott war für mich derart überwältigend, dass mir jenes Ereignis bis heute präsent ist. Das Zentrale des persönlichen Glaubensentscheids ist ureigenste baptistische Überzeugung.

Drei Traditionsstränge des Täufertums Baptisten haben eine vielfältige Tradition. Die direkten Nachfolger der Täufer aus der Reformationszeit (Felix Mantz) waren die altevangelisch Taufgesinnten, die sich in der Folge Mennoniten nannten. Die sogenannten Neutäufer, die heutigen Evangelischen Täufergemeinden (ETG), entstanden ab 1832 durch den früheren reformierten Pfarrverweser Samuel Heinrich Fröhlich. Dagegen fussen die Schweizer Baptistengemeinden auf dem Wirken von Johann Gerhard Oncken, dem Gründer der deutschen Baptisten. Er reiste im Oktober 1847 in die Schweiz, wo er am 12. Oktober in Basel die erste Taufe vollzog. Über Bern und Langnau traf Oncken am 20. Oktober in Zürich ein. Es war die Zeit des Sonderbundskriegs mit den entsprechenden Unruhen in der Schweiz, die das Reisen zusätzlich erschwerten. Als Gründungstag der ersten Schweizer Baptistengemeinden

Der VFG

Gemeindewoche der Baptistengemeinde Zürich in Seewis. (Bild: zVg)

gilt der 27. Oktober 1847. Oncken war damals wegen starkem Regen und Schneefall in «Ober Tockenburg bei Cappeln in St. Gallen», wo er 12 Personen taufte. Der Bund der Schweizer Baptistengemeinden wurde 1924 gegründet und umfasste damals 9 Gemeinden mit 1105 Mitgliedern. Heute sind es 12 Gemeinden mit 1057 Personen.

Unser Engagement in der Jugendarbeit Die freie Glaubensentscheidung ist die Grundlage für das Christsein der Baptisten. Als Mitglieder der Gemeinden stehen zunächst Erwachsene im Fokus, da von ihnen verantwortliches Handeln erwartet wird. Kinder und Jugendliche werden in Glaubensfragen unterrichtet, damit sie zum gegebenen Zeitpunkt ihren persönlichen Glaubensentscheid fällen können. Jugendarbeit ist aus diesen Gründen primär Unterrichtung. Dabei wird das Miteinander der Generationen praktiziert, welches wir auch aus der Bibel kennen. Ergreifend ist für mich die bekannte Schilderung, nach welcher David Saul Melodienklänge auf seiner Harfe spielte, um dessen Niedergeschlagenheit aufzuhellen. Nach dem Bericht pflegte David täglich zu spielen. Mit Posaunen, Trompeten, Flöten, Harfen, Zithern und Lauten wurde von alters her

Musik gemacht. Musik und Lieder sind Teil des Glaubenslebens. Nach der Nationalfondsstudie zur «Sich verändernden religiösen Landschaft in der Schweiz» wissen wir, dass für Jugendliche das musikalische Erlebnis in den Gottesdiensten zentral ist. Es ermöglicht neue Freundschaften und gemeinsame Glaubenserfahrungen. Zentrales Element in der Jugendarbeit ist daher heute die Musik. Erst an zweiter Stelle ist das religiöse Wissen gefragt. Auch auf die Frage, wie mit einem jugendlichen Randgänger umzugehen sei, finden wir Hinweise im Neuen Testament. Ein konkreter Vorfall kommt im Paulusbrief an Philemon zum Vorschein. Paulus meint, er sei eigentlich berechtigt, ihm vorzuschreiben, was sich gebühre. Er bittet aber Philemon, Onesimus nicht als Leibeigenen zu behandeln, sondern so, wie er es mit Paulus tun würde. Auch Jugendliche erfahren Le-

Zum Verband «VFG – Freikirchen Schweiz» gehören 16 freikirchliche Körperschaften mit über 700 lokalen Gemeinden, vorwiegend in der deutschen Schweiz. Wir bringen auf dieser Seite eine Folge von persönlichen Beiträgen der Leiter, welche über Erfahrungen mit Christen aus andern Bewegungen und Kirchen berichten. Diese Seite wurde vom Bund Schweizer Baptistengemeinden als Publireportage in eigener Verantwortung geschrieben. Mit der Form der Publireportage unterstützt der VFG auch die Arbeit von «idea schweiz». www.freikirchen.ch www.baptisten.ch

bensbrüche, in welchen sie an den Rand ihrer Existenz geraten, wo sich ihnen plötzlich Grundfragen des Lebens aufdrängen. Jugendarbeit berücksichtigt zunächst den ersten Lebensbruch, den Austritt aus der Herkunftsfamilie, welcher häufig gleichzeitig die Suche nach eigenen Glaubenserfahrungen mit sich bringt. Neue Lebensformen und neue Glaubensformen von Jugendlichen wollen anerkannt sein, was die bestehende Glaubensgemeinschaft häufig distanziert aufnimmt. Wie wir alle in Umbruchszeiten, benötigen auch Jugendliche ein Umfeld, das sie begleitet und unterstützt und ihnen eigene Perspektiven ermöglicht. Jugendliche sind dafür dankbar. Dr. Franz N. Brander ist Psychotherapeut und Präsident des Bundes Schweizer Baptistengemeinden

Bund Schweizer Baptistengemeinden 12 Gemeinden: Baden-Wettingen; Basel; Igreja Brasileira Batista em Basel; Bern; Bülach; Lugano; Rüschlikon International Baptiste Churches of Zürich; Kirche Bild St. Gallen; Schaffhausen; Thalwil; Zürich; Igreja Batista Brasileira de Zurich. Bundesleitung: Franz N. Brander, Zürich, Roland Baumgartner, Rüschlikon, Bernd Gellert, Wettingen, Erwin Gull, Effretikon Wir planen mittels öffentlichen Aktionen das Projekt Resgate der Igreja Batista

Brasileira de Zurich finanziell zu fördern. Statt Zwangsprostitution werden die betroffenen Frauen bei ihren Ausbildungen unterstützt und ihnen verbindliche Kontakte mit den Gemeinden in Brasilien vermittelt. Es gibt einen Ausweg aus der sexuellen Ausbeutung! www.baptisten.ch www.projektresgate.ch

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TAG E SSC H AU/ KOLU M N E

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sorge um religionsfreiheit in syrien

ÄXgüsi

nothilfe Die Leiter der in der Arbeitsgemeinschaft für Religionsfreiheit (AGR)

Dead Man Walking

zusammengeschlossenen Hilfswerke sind tief besorgt über die Lage in Syrien. Die Christen leben wie andere Teile der Bevölkerung durch den langen und brutalen Krieg in täglicher Not und Angst um ihr Leben. Sie haben viel ihrer Habe verloren und sind oft auf der Flucht im Land oder bereits ins Ausland geflohen. Zu dieser Not kommt bei ihnen, wie bei anderen religiösen Minderheiten auch, die Angst vor der Zukunft.

ungewisse Zukunft

Auch ein Sieg der oppositionellen Kräfte würde ihre Lage kaum verbessern. Viele gegen das Regime kämpfende Gruppierungen sind zunehmend von extremen islamistischen Kräften unterwandert. Unter diesen hätten Christen keine Perspektive. Sie müssten vielmehr mit Verfolgung und Diskriminierung rechnen. Militante Islamisten sind nicht bereit, der christlichen Bevölkerung den nötigen Schutz zu geben, geschweige denn, ihnen Religionsfreiheit zu gewähren. Die grosse Frage, ob Syrien nach dem Bürgerkrieg den Weg zu einer freiheitlichen und prosperierenden Gesellschaft findet, ist aus heutiger Sicht noch offen. Zu den

Syrische Christen vor ungewisser Zukunft: Grosse Zerstörung in Homs.

wichtigsten Grundlagen einer offenen, toleranten und gerechten Gesellschaftsordnung gehören die Meinungsäusserungs- und Religionsfreiheit. Diese müssen der ganzen Bevölkerung, insbesondere auch den religiösen Minderheiten, zugestanden werden.

Werke leisten nothilfe

In der momentanen Situation geht es für die Menschen in Syrien ums pure Überleben. Die Mitgliederorganisationen der AGR leisten derzeit nach ihren Möglichkeiten Hilfe. Vier der sieben in der AGR zusammengeschlossenen Hilfsorganisationen haben Nothilfe-Projekte in Syrien

und unter den Flüchtlingen in den umliegenden Ländern. Zehntausende vom Krieg betroffene Menschen können dadurch mit den nötigsten Überlebensgütern versorgt werden. Mitglieder der SEA-Arbeitsgemeinschaft für Religionsfreiheit (AGR) sind Open Doors (OD), Hilfe für Mensch und Kirche (HMK), Christian Solidarity International (CSI), Christliche Ostmission (COM), Aktion für verfolgte Christen (AVC), Osteuropamission (OEM) und Licht im Osten (LIO). thomas hanimann www.agr-glr.ch; www.each.ch

MeDair hilft syrischen flüchtlingen iM libanon unD in JorDanien

Würde und ein Dach über dem Kopf Die Hilfsorganisation Medair informierte in Zürich über das Ausmass der Flüchtlingskrise in Syrien. 1,6 Millionen Menschen sind seit Beginn des Bürgerkrieges vor gut einem Jahr in Nachbarländer geflüchtet. Dort werden die Ressourcen zunehmend knapp. Seit September 2012 unterstützt Medair Tausende Flüchtlinge im Libanon und in Jordanien, verteilt Matratzen, Decken, Hygienepakete und Isoliermaterial für ihre Unterkünfte. Holzöfen spenden den Vertriebenen etwas Wärme. Jim Ingram, Geschäftsführer von Medair, hat ein Flüchtlingscamp in Jordanien besucht. Im für 50 000 Menschen ausgelegten Camp leben idea Spektrum 25.2013

bis zu dreimal so viele Menschen. Am meisten betroffen gemacht hat ihn der Schmerz der vertriebenen, oft kinderreichen Familien, die alles zurücklassen mussten: «Es ist kaum vorstellbar, was es für einen Vater bedeutet, seine Familie nicht mehr ernähren zu können.» Um bei einer Krise unverzüglich reagieren zu können, ist Medair neben institutionellen Mitteln auf private Spenden angewiesen, die sofort verfügbar sind. Medair begegnet nicht nur den dringendsten Nöten der Flüchtlinge, sondern setzt sich auch dafür ein, Familien zusammenzuhalten, ihnen Würde und ein Dach über dem Kopf zu geben. Damit sich in den überfüllten infor-

Flüchtlingskinder im Libanon. mellen Siedlungen keine Seuchen ausbreiten, legt die Hilfsorganisation besonderen Wert auf Gesundheit und Hygiene. Sobald sich eine Möglichkeit dafür eröffnet, will Medair auch in Syrien selber Nothilfe leisten. christian bachmann www.medair.ch Bilder: Bo Yasr; Andrew Robinson

In der Schweiz sind wir uns einig: Kaum jemand befürwortet die Todesstrafe. Die USA dagegen macht als letztes westliches Land immer noch von dieser umstrittenen Form der Bestrafung Gebrauch. Obwohl die Verurteilten über zehn Jahre in einer Todeszelle verharren, unmenschliche Behandlungen über sicher ergehen lassen müssen und die Hinrichtung ausgesprochen kostenintensiv ist, findet nur in wenigen US-Bundesstaaten ein Umdenken statt. Ich habe vor einiger Zeit eine Brieffreundschaft mit einem Todeshäftling des San Quentin State Prison in Kalifornien begonnen. Vieles hat mich dazu bewogen. Einen dieser Gründe will ich kurz erläutern. Früher bezeichneten die Gefängniswärter die Häftlinge, die auf dem Weg zur ihrer Hinrichtung waren, als «Dead Man Walking», als «wandelnde Tote». Nur noch eine kurze Wegstrecke durften sie am Leben bleiben. Per Gerichtsbeschluss waren sie ja bereits tot. Ich habe in meinem Leben Parallelen dazu entdeckt. Bevor ich mich nämlich für ein Leben mit Jesus entschieden habe, war ich selbst nicht mehr als ein «wandelnder Toter». Ich war durch meine Sünden von Gott getrennt und somit für den Tod bestimmt. Nur durch den Opfertod von Christus konnte ich von Neuem geboren werden und habe nun das Leben erhalten, das Gott mir in seiner Liebe schenken wollte. Je mehr ich das merke, desto grösser wird der Wunsch, dass genau dieses Licht in noch viel mehr verschlossene Herzen scheinen kann. Nach einigen Briefwechseln mit dem Häftling weiss ich, dass Gottes Liebe in jeder noch so finsteren Gefängniszelle wirken kann! Ich habe erkannt, dass ich schuldig war, nun aber frei bin, nicht einmal Gefängnistore können uns von Gottes immenser Liebe trennen. steven GiGer Der Autor ist Praktikant bei der SEA und studiert ab September Journalismus an der ZHAW in Winterthur.


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TAG E SSC H AU

Mangelnder Wille oder entwicklungsdefizite? Streetchurch «Mir alles scheissegal!» Unter diesem Titel fand in Zürich eine Fachtagung statt. Psychologin Michèle Fark lotete aus, was hinter diesen Worten steckt. Damit half sie, Jugendliche in Krisen besser verstehen zu lernen.

P.M. kam vor zweieinhalb Jahren zur Streetchurch – obdachlos und mit 30 000 Franken Schulden. Ausserdem brachte der 20-jährige Schweizer folgende Geschichte mit: Als er sechs Jahre alt war, liessen sich seine Eltern scheiden. Zu seinem Vater hatte er fortan keinen Kontakt mehr und wuchs bei seiner Mutter und seinem Stiefvater auf. Es gab immer wieder Spannungen in der Familie. Als Jugendlicher verstrickte sich P.M. in Gewalt und Drogenhandel, landete im Heim und schliesslich auf der Strasse. Diese Fallgeschichte präsentierte Michèle Fark am vergangenen Mittwoch im Trainings- und Begegnungszentrum der Streetchurch. Junge Menschen wie P.M. sitzen Michèle Fark tagtäglich gegenüber, denn sie bietet in der Streetchurch psychologische Beratung an. Fark geht bei ihrer Arbeit so vor, dass sie – anhand eines selber entwickelten Modells – Gründe für die vorhandene Krise sucht. Bei

Michèle Fark gab den Teilnehmenden der streetchurch-Tagung Einblick in ihren Erfahrungsschatz im Umgang mit Jugendlichen.

P.M. erklärte sich der Stillstand vor allem aus einem tiefen Selbstwert. Ausserdem hatte er Mühe, mit seinen Gefühlen richtig umzugehen. Statt negative Emotionen beispielsweise im Gespräch zu verarbeiten, griff P.M. zu Drogen. Anhand solcher Analysen setzt die Psychotherapeutin in der Beratung ihre Schwerpunkte. Nebst der Bearbeitung von Defiziten hält es Fark für enorm wichtig, dass die Jugendlichen

am Anfang des Beratungsprozesses Stress abbauen sowie positive Gefühle erleben können. Dies geschieht beispielsweise dadurch, dass die Therapeutin langfristige Verfügbarkeit signalisiert: «Es darf jemand zehn Mal aus der Beratung rauslaufen und beim elften Mal werde ich immer noch bereitstehen.» Bei P.M. war die Beratung trotz schwierigen Phasen erfolgreich. Dank einer Lehrstelle ist er seinen Lebensträumen ein

grosses Stück näher gekommen. Der Vortrag endete mit dem Fazit, dass meist beides eine Rolle spielt: Das Nicht-Können und das Nicht-Wollen. Hinter dem Nicht-Wollen steckt jedoch meistens mehr als oberflächliche Lustlosigkeit. Michèle Fark: «Die Jugendlichen brauchen motivationale Unterstützung, um wieder ins Handeln zu kommen.» Nach diesen Ausführungen nutzten die rund 50 Zuhörer aus verschiedenen sozialen Organisationen und Werken die Gelegenheit, über das Gehörte zu diskutieren. Die Streetchurch ist ein Zweig der reformierten Kirche Zürich. Unter dem Motto «love can do it» engagiert sie sich für junge Menschen zwischen 16 und 28 Jahren. Nebst psychologischer Beratung können diese auch Sozialberatung in Anspruch nehmen oder in ein Tagesstruktur-Programm einsteigen. simone Pflüger www.streetchurch.ch

Bunte Ballone und Segensbitten auf dem rütli FeG-KinderSeKretariat Seit zehn Jahren unterhält der Bund Freier Evangelischer Gemeinden ein Sekretariat für die Unterstützung der Arbeit mit Kindern. Das Jubiläum wurde in Stans NW und auf dem Rütli gefeiert.

«Was früher ehrenamtlich geleistet wurde, bekam durch die neu geschaffene Stelle mehr Ressourcen und Gewicht», erklärt Sabine Jäggi. Sie und ihre Kollegin Christina Wenger teilen sich die 100 Prozent. «Bestehende Schulungsangebote wurden ausgebaut. Zudem entstanden diverse neue Projekte und Initiativen, einige davon in Zusammenarbeit mit anderen Verbänden.»

Zu den Kindern gesandt

Am 8. Juni trafen sich in der FEG Stans NW rund 80 Personen zu einer Jubiläumsfeier. Unter den Gästen befanden sich die Visionäre eines Kindersekretariats, wie auch Unterstützer und Leitungsverantwortliche aus Gemeinden und Verband. In VideoBilder: Simone Pflüger; FEG/zvg

schreibt Sabine Jäggi. Zusammen mit der Kinderkommission stellt das Kindersekretariat FEG Beratung und Support für Kindermitarbeitende, Mitarbeitertreffen sowie verschiedene Dienstleistungen in den Gemeinden sicher.

die Vision bleibt «unterwegs»

Farbe ins Leben bringen: Die FEG feierte auf dem Rütli.

Statements erzählten zehnjährige Kinder von ihren Erlebnissen mit Jesus Christus. Die Clownfrau Myrielle zeigte auf, was «Mission» auch noch bedeuten kann: gesandt sein zu den Kindern im eigenen Land. Dieses Hauptanliegen wird zum Teil auch verbands-

übergreifend wahrgenommen. «Wir tragen zu verschiedenen Projekten bei: zum Kindergottesdienst-Modell KIDS TREFF, zur Mitarbeiter-Ressource ‹Forum Kind›, zu ‹Kinder im Fokus› (neue Zusammenarbeit in Weiterbildung) und ‹Orange leben›», be-

Das Motto «Gemeinsam unterwegs» gilt über den Jubiläumsanlass hinaus. Auf dem Rütli wurde das nächste Wegstück unter Gottes Führung und Segen gestellt. Nach einer Gebetszeit stiegen farbige Ballone mit Gebetskarten auf. Sabine Jäggi: «Wir wollen Farbspuren von Jesus in das Leben von Kindern bringen.» THomAs feUZ www.feg.ch idea Spektrum 25.2013


tag e ssc h au

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Wie viele türen hat das gemeindehaus? Journal Etg-lEitErkonFErEnz Es geht nicht allein um den Platz im Himmel, sondern auch um

den Dienst auf Erden. Wer missional leben will, der muss Jesus vor Augen haben. Zur Motivationstagung am letzten Samstag trafen sich rund 60 Leiter und Leiterinnen aus ETGGemeinden in Erlen TG. Die Impulsreferate und Workshops beleuchteten unterschiedliche Aspekte zur Frage «Wie finden Menschen heute zum Glauben?»

andere zugangswege

Es sei nicht zu übersehen, dass Menschen zu Beginn des 21. Jahrhunderts anders in den christlichen Glauben hinein finden, als noch eine oder zwei Generationen zurück, so Bernhard Ott, der Präsident des ETG-Bundes. Er beleuchtete die Begriffe «believing» (Glaube), «belonging» (Gemeinschaft) und «behaving» (Lebensgestaltung). Ott zeigte auf, dass die Reihenfolge kein Dogma sein darf. Menschen stünden an unterschiedlichen Orten. Die einen hätten die Frage, «wem kann ich vertrauen?», die anderen «wo gehöre ich hin?» und wieder andere «wie soll ich leben?» Es sei darüber nachzudenken, ob diese Menschen mit ihrer individuellen Frage bei uns «andocken können» oder anders bildhaft ausgedrückt, ob «unser

Bernhard Ott (2.v.r.) freut sich über die neu gewählten Mitglieder der Bundesleitung: Martin Bracher, Thomas Schnyder, Daniel Plessing.

Gemeindehaus mehrere Eingänge hat». Der IGW-Studienleiter Thomas Schnyder erklärte die Grundpfeiler missionaler Theologie: «Der dreieinige Gott hat eine Mission, sein Reich kommt.» Christen sollten in der Gesinnung Jesu leben, so als «wäre der Himmel schon da». Schnyder betonte, es gehe nicht nur darum einen Platz im Himmel zu haben, sondern sich auf der Erde dem Zerbrochenen zuzuwenden und den Menschen zu dienen.

neue leitungsmitglieder

Im geschäftlichen Teil wurden Rechnung und Budget genehmigt, das Alters- und Pflegeheim Neuhof Pfäffikon als Werk in den Bund aufgenommen, dem Schenkungsvertrag einer Liegenschaft in Uster zugestimmt. Zudem wurden drei neue Mitglieder in die Bundesleitung gewählt: Thomas Schnyder (Erlen), Martin Bracher (Bachenbülach) und Daniel Plessing (Lindenwiese). rolf höneisen www.etg.ch

Einstehen für mehr Werte und Ethik

idea Spektrum 25.2013

2012 entschied sich jede achte schwangere Frau in der Schweiz, ihr Kind abzutreiben. Das Bundesamt für Statistik meldet 10 853 Abtreibungen bei 81 500 Geburten. Rund 108 Abtreibungen wurden bei Frauen im Alter von weniger als 16 Jahren durchgeführt. In 67 Prozent aller Fälle wurde das Kinderleben unter dem Einsatz von Medikamenten beendet, bei 33 Prozent durch chirurgische Eingriffe. (idea)

2016 grosses cEVi-Festival

Forum christlichEr FührungskräFtE organisiErtE Ein lokaltrEFFEn in roggWil tg

Das Forum christlicher Führungskräfte organisierte das erste Ostschweizer Multiplikatorentreffen in Roggwil TG. Verantwortungsträger aus verschiedenen Bereichen liessen sich am Anlass inspirieren. Die Vertreter der Kybun-Unternehmensführung aus Roggwil berichteten in ihren Räumlichkeiten über den neuen Ansatz ihrer Firmenentwicklung. Ziel sei es, die Verantwortung zukünftigen Generationen gegenüber bewusst wahrzunehmen. Geschäftsführer Karl Müller sagte, dass es im Unternehmertum nicht nur einfach darum gehen könne, möglichst viel Geld zu verdienen. Der Verantwortliche für Vertriebsentwicklung, Franz With, zeigte sich überzeugt,

Jedes achte kind stirbt

dass auch ein Unternehmen nicht aus eigener Kraft geführt werden könne. Wichtig seien für ihn im Geschäftsalltag eine starke Vertrauensbasis und auch ein tragendes Glaubensfundament. Der Geschäftsführer des Forums christlicher Führungskräfte, Paul Beyeler, informierte über das Engagement seiner Organisation: Einerseits würden in Basel, Bern, Olten und Zürich regionale Multiplikatorentreffen organisiert, anderseits sei er bereits jetzt daran, das FORUM 2014 mit Ausstellung vom 28. und 29. März 2014 in Bern vorzubereiten.

neuer name, neue räume

Die Stiftung Bund der Taube heisst neu Stiftung Ancora. Seit rund 30 Jahren setzt sie sich für die Rehabilitation psychisch beeinträchtigter Menschen ein. Dazu bietet sie Wohnen, Arbeiten und gemeinschaftliches Leben an und versteht sich als Brücke zwischen psychiatrischer Klinik und der Rückkehr ins «normale» Leben. Neu ist der ganze Arbeitsbereich unter einem Dach. Dieses Wochenende fand ein Tag der offenen Tür am neuen Standort in Bronschhofen bei Wil SG statt. Hier sind nun Schreinerei, Industriearbeiten, Atelier und Administration unter einem Dach vereint. (idea) – www.stiftung-ancora.ch

Diskussion um Babyfenster

roman salzmann www.christliches-forum.ch

An der Delegiertenkonferenz des Cevi Schweiz fiel der Startschuss für das grosse nationale Festival «Conveniat Due», das 2016 geplant ist. An der Erstausgabe im Jahr 2009 nahmen fast 3 500 Kinder und Jugendliche teil. Am nächsten «Conveniat» werden bis zu 4 500 Lagerteilnehmer erwartet. Der Cevi ist der drittgrösste Jungendverband in der Schweiz. Er umfasst rund 15 000 Mitglieder in über 200 lokalen Gruppen. (idea)

Kybun-Chef Karl Müller schnürt Paul Beyeler die Schuhe. Bilder: idea/Rolf Höneisen; salcom/zvg

Der Zürcher Regierungsrat will nicht auf eine Motion eintreten, welche die Schaffung eines «Babyfensters» fordert. Nun hofft die EDU auf die Vernunft der kantonalen Politikerinnen und Politiker. Sie sollen «Herz für solche Extremsituationen zeigen». Es gehe «um in grösste Not geratene Mütter und um das Leben ihrer Babys». Ein Babyfenster stünde dem bevölkerungsreichsten Kanton gut an, schreibt die EDU, welche die regierungsrätliche Weigerung kritisiert. (idea)


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idea Spektrum 25.2013


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SYNERGIE Gott liebt fröhliche Geber! Wer das Geben als Einschränkung seines Wohlstands sieht, dem wird es zu einer Last. Wer Jesus von Herzen liebt und wem das Reich Gottes zu einem Herzensanliegen geworden ist, der gibt von Herzen. Es braucht einen Willensentscheid, ob ich mit meinem Leben so viel wie möglich den Wohlstand geniessen will oder ob es mein Ziel ist, Jesus zu dienen. Die Bibel zeigt: Gott segnet die fröhlichen Geber mit einem erfüllten Leben! In 1. Timotheus 6,17 bis 19 schreibt Paulus den Reichen – und wir Schweizer sind mehr oder weniger alle reich – wie erfüllt das Leben werden kann, wenn wir die uns anvertrauten Mittel von Herzen einsetzen: «Den Reichen dieser Welt gebiete, dass sie nicht stolz seien, auch nicht hoffen auf den ungewissen Reichtum, sondern auf Gott, der uns alles reichlich darbietet, es zu geniessen, dass sie Gutes tun, reich

Es wird ja gesegnet «idea Spektrum» Nr. 24 – «Gottes Heil in der Arbeitswelt» Andi Bachmann-Roth spricht die bewusste Sendung von Menschen in die Berufswelt/Ausbildung usw. an. Meines Erachtens findet dies jedoch bereits im wöchentlichen Gottesdienst statt. Gott ‹würdigt› unsere Berufung und unsern Auftrag in der Familie, im Berufsalltag und in der Ausbildung, indem er jedem am Schluss des Gottesdienstes seinen speziellen Segen zuspricht. Segen und Sendung gehören zusammen. Vielleicht ist das vielen ‹Normalos› zu wenig bewusst. Dieser Segen und Sendung nach der Predigt ist mehr als der Übergang zum Chilekafi. 4. Mose 6,24-27: Der Herr wendet sich dir zu, lässt sein Licht über dir leuchten, ist dir gnädig, schenkt (z.B. auch im Arbeitsstress) seinen Frieden und legt seinen Namen (d.h. seinen Schutz, seine Autorität) auf sein Volk. Wem ist jeweils vor Arbeitsbeginn dieser Segen und die Erinnerung an seine Berufung noch bewusst? Darin liegt eine grosse Ermutigung und befähigt, mit einer von Gott geschenkten Perspektive als Gesandte im Alltag Licht und Salz zu sein. Das schliesst jedoch nicht aus, dass auch ideaSpektrum 25.2013

werden an guten Werken, gerne geben, behilflich seien, sich selbst einen guten Grund legen aufs Zukünftige, auf dass sie ergreifen das wahre Leben.» Die Bibel sagt uns und die Erfahrung zeigt es, dass materieller Reichtum allein unser Leben nicht erfüllt. Im Dienen findet der Mensch die grösste Erfüllung. Nun – es braucht Glauben, dass Gott so handelt, wie er es in Maleachi 3,10 denen verheissen hat, die den Zehnten geben: «Prüfet mich, ob ich nicht des Himmels Fenster öffnen werde und herabschütte die Fülle!» Wenn auch das Neue Testament nicht mehr vom Zehnten spricht, so denke ich, dass das Geben des Zehnten nach wie vor Gottes Wille ist und jeder auch Anteil am verheissenen Segen hat. Wir haben ja mit unseren Predigern und Missionaren auch unseren «Stamm Levi», den es zu versorgen gilt. Der Heilige Geist kann Gläubige auch führen, über den Zehnten hinaus zu geben, wenn sie die Nöte dazu drängen. Ich denke, dass das Verhalten, wie freudig jemand gibt, ein guter Gradmesser ist im Blick auf die Liebe zu Jesus und auf das Vertrauen zu Gott. Dabei geht es nicht um die punktuell Menschen in der Gemeinde für eine spezielle Aufgabe oder einen Einsatz ‹freigesetzt› werden können. ursula kuhn, Weinfelden TG

Hat gut getan «idea Spektrum» Nr. 23 – zum WillowCreek-Jugendkongress Wir haben mit sieben Leuten (zwei davon 49 und 50 Jahre alt) am Kongress teilgenommen. Unser Eindruck war sehr positiv. Deshalb hat mich die Art der Berichterstattung etwas befremdet. Ich habe die Atmosphäre als offen und locker empfunden und Vorträge und Sprache an die Teilnehmer angepasst. Dabei sind durchaus wichtige Inhalte transportiert worden. Der Jugendhauskreis unserer Teilnehmer hat sich z.B. anschliessend zur Unterstützung eines Missionars und für eine Patenschaft entschieden. Ich denke, wir werden auch über das generationenübergreifende Miteinander in der Gemeinde im Gespräch bleiben. Die Geschichte von Bob Mitchell hat uns tief berührt. Mein Sohn hat das Buch gleich gelesen! Und bei allen Anekdoten konnte man von den Referenten durchweg ihre tiefe Liebe und Hingabe an Jesus Christus spüren. Insgesamt hat es

Grösse der Gaben, sondern um die Treue. Jesus hat die arme Witwe, die ihre beiden letzten Scherflein in den Opferkasten gelegt hat, mehr gerühmt als die Reichen, die etwas vom Überfluss gaben. Jesus formuliert es in Matthäus 6,33 noch umfassender: «Trachtet am ersten nach dem Reich Gottes und nach seiner Gerechtigkeit, so wird euch solches alles zufallen!» Das ist kein leeres Versprechen. Ich durfte es während meines ganzen Lebens erfahren, dass Jesus seine Verheissung erfüllt und seinen Kindern das schenkt, was sie brauchen, oft sogar im Überfluss. Der grösste Segen ist wohl, wenn die eigenen Kinder spüren, dass ihren Eltern Jesus viel bedeutet und sie auch von Herzen Jesus dienen. Dann wird der Segen zu einem Segensstrom, der weiterfliesst! robert rahm Der Autor ist Mitbegründer der Rimussund Weinkellereien Rahm AG, Hallau SH. Er ist in der IVCG und verschiedenen christlichen Werken engagiert und Referent für lebensnahe Themen.

uns gut getan zu erleben, wie gross, bunt und international die Gemeinde Jesu ist. christine asbeck, DE-Hilchenbach

Armutsflüchtlinge «idea Spektrum» Nr. 24 – «Armutsflüchtlinge» Es geht auch um Sinti und Roma, um Zigeuner. Aber dieses Wort ist heute tabu, obwohl sich viele selbst so nennen, während andere es als abwertend empfinden. Schon das zeigt, wie verschieden sie sind. Gemeinsam ist ihnen nur, dass sie kein Herkunftsland haben, sondern in vielen Staaten leben. Mir persönlich gefällt das Wort Zigeuner besser. Zigeuner ist eher eine Lebensart, Sinti und Roma ein Politikum. In Rumänien gehören die traditionell bunt gekleideten Roma zum Strassenbild. In Deutschland muss man sich erst wieder an sie gewöhnen. Als EU-Bürger geniessen die Roma dasselbe Recht auf Freizügigkeit wie alle anderen. In der EU leben 12 Millionen Roma. Vor allem in Ost- und Südosteuropa leben sie in grösster Armut, und die sozialen Unterschiede wachsen. Wir sind alle gefragt. Für die Herkunftsländer alleine ist diese Aufgabe zu gross. rainer beel, DE-Freudenberg

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podIum Eigentor In diesen Tagen ist Lionel Messi – ein Weltstar des Fussballs – für einmal in der Wirtschaftsrubrik in die Schlagzeilen geraten. «Fussballgott im Abseits» titelte die Sonntagspresse. Für Aufregung sorgte die Enthüllung, wonach Messi Millionenbeträge an den spanischen Steuern vorbei geschleust haben soll. Noch nichts bewiesen, und es gilt die Unschuldsvermutung. Sollte sich der Vorwurf allerdings bestätigen, so hätte er ein veritables Eigentor geschossen. Derartige Fälle kamen bei anderen Sportpersönlichkeiten in der Vergangenheit auch schon vor. Man mag sich fragen, weshalb trotz enormer Vermögenseinkünfte Steuerbetrug immer wieder geschieht. Wäre nicht eine gewisse Bescheidenheit angesagt? Doch Vorsicht, ein vorschnelles Urteil ist rasch gefällt und es wird übersehen, dass andernorts mit zweifachen Ellen gemessen wird. Anschauungsunterricht liefert die aus Mitte-Links-Kreisen eingereichte Volksinitiative zur Besteuerung von Erbschaften über 2 Millionen Franken. Obwohl Einkommen, Vermögen und daraus resultierende Wertsteigerungen heute dreifach besteuert werden, wollen die Initianten weiter hemmungslos in die Taschen der Steuerzahler greifen. Mit dem Argument «Gerechtigkeit» wird eine ungerechtfertigte Umverteilung angestrebt. Egal ist da auch der Volkswille, der auf kantonaler Ebene aus guten Gründen die Besteuerung von Erbschaften in der direkten Nachfolge weitgehend abgeschafft hat. In den Zehn Geboten werden wir angehalten, nicht das Haus unseres Nächsten zu begehren. Dieser Aufforderung, gerade auch angesichts einer hohen Steuerehrlichkeit in unserem Lande, ohne Not nicht nachzukommen, würde auch hier einem Eigentor gleichkommen. hans-ulrich bigler

Der Autor ist Direktor des Schweizerischen Gewerbeverbandes.


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Eine Frau leitet die Kirche in Nordostpreußen RUSSLAND Zum 1. Mal ist eine Russlanddeutsche zur Pröpstin der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Kaliningrad/Königsberg gewählt worden.

M

aria Goloshapowa war bisher Pastorin in Insterburg (auf Russisch: Tschernjachowsk). Die 36-Jährige stammt aus der Stadt Astrachan am Wolgadelta, wo ihre Eltern einer Brüdergemeinde angehören. Die Pröpstin hat zwei Kinder. Ihr Ehemann bleibt Pastor in Insterburg (41.000 Einwohner). Der Propsteirat wählte Maria Goloshapowa zur Nachfolgerin von Propst Thomas Vieweg, der ihr für zwei Jahre als

V.l.: das Ehepaar Goloshapowa, Bischof Dietrich Brauer, die Vorsitzende des Propsteirates Tatjana Iljenko und Vizepropst Thomas Vieweg.

Mentor und Stellvertreter zur Seite steht. Vieweg – zuvor Dekan im Kirchenbezirk Kirchheimbolanden – wurde im August letzten Jahres vermutlich der letzte von der EKD entsandte Kirchenleiter in Nordostpreußen. Seine Aufgabe war, einen einheimischen Nachfolger zu finden, und ist jetzt, ihn einzuarbeiten. Die Propstei zählt 38 Gemeinden und 2.100 Mitglieder im Norden des 1945 von der Roten Armee besetzten Ostpreußens. Nordostpreußen (auf Russisch: der Kaliningrader Oblast) zählt knapp eine Million Bürger und ist so groß wie Schleswig-Holstein. Dort leben auch fast 15.000 Russlanddeutsche, die nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion 1991 unter anderem aus Sibirien eingewandert sind. Die neue Pröpstin wurde vom Bischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche Europäisches Russland, Dietrich Brauer (Moskau), eingeführt. P b www.propstei-kaliningrad.info (007) 4012 916987

Erfolg für die „Freikirchen in Österreich“ MEHR RECHTE Die fünf Bünde haben zusammen rund 19.000 Mitglieder.

F

ünf freikirchliche Bünde in Österreich stehen vor der gesetzlichen Anerkennung. Sie werden voraussichtlich im August unter der Bezeichnung „Freikirchen in Österreich“ den bisher 15 anerkannten Kirchen und Religionsgemeinschaften gleichgestellt. Bei den Freikirchen handelt es sich um den Bund der Baptistengemeinden, den Bund Evangelikaler Gemeinden, die Christengemeinde-Pfingstgemeinde, die Elaia Christengemeinden und die Mennonitische Freikirche. Sie haben zusammen 142 Gemeinden mit rund 19.000 Mitgliedern und bisher nur den Status „eingetragene religiöse Bekenntnisgemeinschaft“. Damit seien sie gegenüber den gesetzlich anerkannten Kirchen benachteiligt, sagte der Vize-Vorsitzende des Bundes Evangelikaler Gemeinden, Reinhold Eichinger, idea. So hätten Prediger nur einen

eingeschränkten seelsorgerlichen Zugang zu Krankenhäusern und Gefängnissen. Nach österreichischem Recht müssen einer Kirche mindestens 0,2 % der Gesamtbevölkerung angehören (derzeit etwa 17.000 Personen), damit sie gesetzlich anerkannt werden kann. Ein solcher Status berechtigt z. B. dazu, Religionsunterricht an öffentlichen Schulen zu erteilen. P

Österreich

8,4 Mio. Bürger

Katholiken Konfessionslos Muslime Orthodoxe ev.-landeskirchlich ev.-freikirchlich Juden

64,0 % 21,2 % 5,5 % 5,0 % 3,9 % 0,2 % 0,2 %

NOTIERT Indien: Ein Hindu köpft seinen christlichen Schwiegersohn In Indien ist ein Christ geköpft worden, weil er sich weigerte, zum Hinduismus überzutreten. Das Verbrechen verübte der Schwiegervater des Opfers mit Hilfe eines Schamanen. Die Kommission für Religionsfreiheit der Weltweiten Evangelischen Allianz ruft zum Gebet für die Ehefrau des Ermordeten und den einjährigen Sohn auf, die ebenfalls um ihr Leben fürchten. Die Bluttat ereignete sich in der Stadt Teliamura im Bundesstaat Tripura im äußersten Osten Indiens. Nach Polizeiangaben brachten der 55-jährige Gobinda Jamatia und sein Komplize Krishnapada Jamatia den 35 Jahre alten Tapas Bin in einem hinduistischen Stammesritual um und warfen die Leiche in einen Bach. Der 42-jährige Krishnapada Jamatia wurde später gefasst und gestand die Tat. Der Schwiegervater des Mordopfers ist untergetaucht. Die Witwe Jentuly Bin befürchtet, dass er auch sie und ihren Sohn umbringen will. Das Paar war seit 3 Jahren verheiratet.

Heilsarmee: Generalin tritt zurück Überraschend hat die internationale Leiterin der Heilsarmee, Generalin Linda Bond (London), ihren Rücktritt erklärt. „Nach reiflicher Überlegung und einer Zeit des Gebets“ habe sich die 66-Jährige am 13. Juni entschlossen, mit sofortiger Wirkung in den Ruhestand zu treten, teilte das Internationale Hauptquartier Linda Bond in London mit. Die Kanadierin, die seit 2011 an der Spitze der rund 3 Millionen „Soldaten Christi“ stand, war noch auf dem deutschen Heilsarmee-Kongress am 25. und 26. Mai in Siegen aufgetreten. Es habe keine Hinweise auf einen Rücktritt gegeben, teilte Heilsarmee-Pressesprecher Andreas Quiring (Köln) idea mit. Nähere Gründe für den Schritt seien nicht bekannt. Die Generalin erreicht am 22. Juni ihr Ruhestandsalter von 67 Jahren. Bis zur Wahl eines Nachfolgers nimmt Stabschef André Cox (London) die Amtsgeschäfte wahr. b www.heilsarmee.ch

Fotos: Vieweg, Shairon Paterson

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25.2013


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Die evangelikalen Katholiken sind auf dem Vormarsch ÖKUMENE In den USA – und teilweise auch Europa – breitet sich eine Bewegung „evangelikaler Katholiken“ aus.

S

ie betonen die Bedeutung einer persönlichen Beziehung zu Jesus Christus durch Bibelstudium, den Empfang der Sakramente (besonders des Heiligen Abendmahls) und der Evangelisation. Mit geistlicher Beratung versuchen sie, römischkatholische Pfarreien und Studentengemeinschaften an Universitäten für den Missionsauftrag auszurüsten. Sie sehen sich dabei im Einklang mit den Päpsten Johannes Paul II., Benedikt XVI. und Franziskus, die sich eine geistliche Erneuerung der Kirche zum Ziel gesetzt haben. Große Schnittmengen ergeben sich auch mit der evangelikalen Bewegung im Protestantismus, denn auch sie betont ein persönliches Verhältnis zu Christus, die Autorität der Bibel und die Mission.

Der neue Katholizismus Einer der besten Kenner ist der Theologe George Weigel (Washington), der die Bewegung in seinem Buch „Evangelical Catholicism: Deep Reform in the 21st Century Church“ (Evangelikaler Katholizismus: Tiefenreform in der Kirche des 21. Jahrhunderts) beschreibt. Nach seiner Über-

Fotos: IME, ddp images / Camera Press, privat

George Weigel

Bernhard Meuser

zeugung ist ein „Vollzeit-Katholizismus“, der das ganze Leben durchdringe sowie zu Heiligung und Mission aufrufe, „der einzig mögliche Katholizismus des 21. Jahrhunderts“. Die Antwort auf die Verweltlichung des Westens sei ein Leben „in radikaler Treue zu Christus und dem Evangelium“. Der evangelikale Katholizismus setze auf Bekehrung, Glaubenstreue, Jüngerschaft und Evangelisation. Wichtig seien der tägliche Umgang mit Gottes Wort und der regelmäßige Empfang des Heiligen Abendmahls (im Katholizismus Eucharistie 25.2013

genannt). Ein solches Leben lasse Mitmenschen nach dem Glauben fragen. Katholiken erfüllten den Missionsbefehl Jesu, indem sie das Evangelium verbreiten und „Freundschaft mit Jesus“ anbieten.

„Der evangelikale Katholik“ Unter dem Namen „Der evangelikale Katholik“ firmiert ein Missionswerk mit Sitz in Madison (Bundesstaat Wisconsin). Es bietet evangelistische „Rüstzeiten“, Seminare an 14 Universitäten, darunter der bedeutendsten: Harvard, sowie Gemeindeberatung an und will ein evangelistisches Gemeindeleben fördern sowie dabei Laien einbeziehen. Regelmäßig finden Ausbildungskurse für Gemeindeberater statt. Wie es in einer Selbstdarstellung heißt, hätten Katholiken den besonderen Auftrag, „nicht-praktizierende Katholiken zu evangelisieren“. Gemeinsam mit protestantischen Evangelikalen wolle man ferner Menschen erreichen, „die ohne Jesus, das Licht der Welt, leben“.

Evangelikale Katholische Kirche Seit 1997 besteht sogar eine „Evangelikale Katholische Kirche“ mit Sitz in Chicago (Bundesstaat Illinois). Sie gründet sich auf den brasilianischen Bischof Carlos Duarte Costa (1888–1967), der sich gegen das Unfehlbarkeitsdogma, den Zölibat und den Gebrauch von Latein in der Liturgie wandte. 1945 wurde er von Papst Pius XII. exkommuniziert. Heute amtiert James Alan Wilkowski als Leitender Bischof der Evangelikalen Katholischen Kirche. Sie hat vier Diözesen in den USA und eine in Irland. Eines ihrer Hauptziele ist die Gründung von Missionspfarreien.

Gibt es fast zwei Millionen Evangelikale in Deutschland? Der Initiator und Mitautor des erfolgreichsten katholischen Buches der letzten 10 Jahre, des Jugendkatechismus YouCat (bisher 3,5 Millionen Auflage), Bernhard Meuser (Augsburg), schätzte gegenüber idea, dass etwa 20 bis 25 % der praktizierenden Katholiken im deutschsprachigen Raum evan-

Ein Gottesdienst der katholischen evangelikalen Emmanuel-Gemeinschaft in Altötting bei München

gelikal orientiert seien – besonders junge oder „fromme alte“. Da in Deutschland die Zahl der Gottesdienstbesucher im Durchschnitt pro Sonntag etwas über drei Millionen beträgt, dürfte es hier rund 675.000 evangelikale Katholiken geben. Die neuen geistlichen Gemeinschaften wie etwa die 1976 in Frankreich gegründete Emmanuel (etwa 8.000 Mitglieder in 56 Ländern) seien alle evangelikal orientiert. Rechnet man in Deutschland die Evangelikalen im Protestantismus (laut Evangelischer Zentralstelle für Weltanschauungsfragen etwa 1,3 Millionen) und im Katholizismus zusammen, gebe es fast zwei Millionen evangelikale Christen. b www.evangelicalcatholic.org

Mitglieder weltweit Röm.-katholische Kirche: 1.200 Millionen Weltweite Evangelische Allianz (Evangelikale)

600 Millionen

Deutschland: Röm.-katholische Kirche: 24,5 Millionen davon evangelikal: 675.000 EKD (23,6 Millionen) und freikirchliche Protestanten (ca. 650.000): 24,3 Millionen davon evangelikal: 1,3 Millionen


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China führt auf weltweitem „Atheisten-Atlas“ STATISTIK China und Japan sind die Länder, in denen sich die meisten Menschen als Atheisten bezeichnen.

D

as ist das Ergebnis einer US-Umfrage mit dem Titel „Weltweiter Index zu Religion und Atheismus“. Befragt wurden 50.000 Menschen in 40 Ländern, ob sie sich selbst als „religiös“, „nicht religiös“ oder „überzeugte Atheisten“ verstehen. Während sich weltweit durchschnittlich nur 13 % als Gottesleugner bezeichneten, war es in China mit 47 % fast jeder Zweite. Der hohe Anteil ist der Studie zufolge auf die politische Entwicklung der kommunistisch regierten Volksrepublik zurückzuführen, die 1949 als atheistischer Staat gegründet wurde. Offiziell herrscht seit den Achtzigerjahren in China Religionsfreiheit. Der kommunistischen Führung seien religiöse Gemeinschaften aber nach wie

vor suspekt, berichtet die Internet-Zeitung „Christian Post“ (Washington). Trotzdem seien in den vergangenen Jahren besonders die staatlich nicht registrierten Hauskirchen stark gewachsen. Schätzungen zufolge halten sich zehn Millionen Katholiken und bis zu 70 Millionen Protestanten zu diesen Gemeinden, während die staatlich anerkannte protestantische DreiSelbst-Kirchenbewegung maximal 20 Millionen Mitglieder zählt. Außer in China bezeichnen sich auch in Japan mit 31 % überdurchschnittlich viele Menschen selbst als Atheisten. Selbst in Saudi-Arabien gaben 5 % der Bevölkerung an, sie seien Atheisten – und das, obwohl Atheismus in dem islamischen Land als Straftat gilt. P

Wo die meisten Atheisten leben: Weltweit

13 %

China Japan Tschechien Frankreich Südkorea Deutschland Niederlande Österreich Australien Irland Schweiz

47 % 31 % 30 % 29 % 15 % 15 % 14 % 10 % 10 % 10 % 9%

Vorwurf: Weltkirchenrat betreibt „antiisraelischen Antisemitismus“ KONTROVERSE Ökumene-Generalsekretär weist die Kritik von zwei Theologieprofessoren zurück.

A

ntiisraelischen Antisemitismus“ werfen zwei evangelische Theologieprofessoren dem Weltkirchenrat vor. „Die alte, religiös begründete christliche Judenfeindschaft wirkt hier nach“, schreiben die Brüder Ekkehard Stegemann (Basel) und Wolfgang Stegemann (Neuendettelsau/Mittelfranken) in der Wochenzeitung „Jüdische Allgemeine“ (Berlin). Der Weltkirchenrat stehe „an vorderster Front derer, die Israels Politik fortgesetzt verurteilen, dessen Feinde jedoch von Kritik verschonen“. Der Weltkirchenrat stelle die Rechtmäßigkeit des politischen Handelns des Staates Israel „nahezu ständig öffentlich infrage, ignoriert jedoch mit Absicht die Realität der anhaltenden militärischen, terroristischen und propagandistischen Vernichtungsdrohungen gegen Israel“. Die Titelseite der Zeitung g aus Berlin:

Israel gilt als Sündenbock im Nahen Osten Die Theologen verweisen auf eine Tagung des Weltkirchenrates im Mai in Beirut (Libanon): Dort „wurde der palästinensisch-israelische Konflikt als Ursache der gewalttätigen Bürgerkriege bezeichnet, die mit dem ‚Arabischen Frühling‘ verbunden sind“. Das sei an sich „schon eine wahnhafte Wahrnehmung der Realität“. Die Erneuerung der Beschuldigungen gegen Israel im Abschlussdokument legten aber zudem noch nahe, „dass nach Meinung des Weltkirchenrates auch hier ‚Israel‘ als der letzte Schuldige anzusehen ist, also als der Sündenbock zu dienen hat“. Weltweit propagierten Gruppen und Funktionäre in kirchlichen Organisationen einen Boykott gegen israelische Produkte: „Für diese Initiativen, die fatal an die Nazi-Parole ‚Kauft nicht bei Juden‘ erinnern, und für Hochglanzbroschüren, die den Staat Israel zum ‚Schurken im Stück‘ erklären, werden reichlich Kirchensteuern und Spenden ohne Scham ausgegeben.“

Weltkirchenrat: Kritik an Israels Politik ist notwendig Der Generalsekretär des Weltkirchenrates, Olav Fykse Tveit (Genf), wies die Kritik als „unbegründet“ zurück. Der Rat habe „niemals antisemitische Positionen vertreten“, sagte er dem Evangelischen Pressedienst (epd). Man habe sich immer für die Existenz des Staates innerhalb der international anerkannten Grenzen eingesetzt. Die Kritik an Israels Politik in den besetzten palästinensischen Gebieten sei jedoch legitim und notwendig. Der Weltkirchenrat setze sich für die Achtung der Menschenrechte der Palästinenser ein. Zum Weltkirchenrat gehören 345 evangelische, anglikanische und orthodoxe Kirchen mit über 500 Millionen Mitgliedern. P 25.2013


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Lutheraner und Katholiken gedenken erstmals gemeinsam der Reformation ÖKUMENE Ein historisches Ereignis: Zum ersten Mal in der fast 500jährigen Reformationsgeschichte wollen Katholiken und Lutheraner im Jahr 2017 dieses Ereignisses gemeinsam gedenken.

Z

Fotos: idea/Polzer, LWF/ D.-M. Grötzsch

iel sei, „Jesus Christus in den Mittelpunkt zu stellen“ und ihn zu bekennen, heißt es in einem von einer gemeinsamen Dialogkommission erarbeiteten Dokument unter dem Titel „Vom Konflikt zur Gemeinschaft“. Es wurde nach dreijährigen Beratungen am 17. Juni in Genf vom Generalsekretär des Lutherischen Weltbundes, Martin Junge (Genf), und dem Präsidenten des Päpstlichen Rates zur Förderung der Einheit der Christen, Kardinal Kurt Koch (Vatikanstadt), vorgestellt. Hohe Vertreter der EKD und der Vereinigten EvangelischLutherischen Kirche Deutschlands (VELKD) begrüßten das Dokument. Bereits die Überschrift benenne die entscheidende Perspektive, erklärte der EKD-Ratsvorsitzende, Nikolaus Schneider (Berlin), nämlich den langen Weg der Klärungen, den die lutherischen Kirchen und die römisch-katholische Kirche zurückgelegt hätten. Der Beauftragte der VELKD für Katholisches, der braunschweigische Landesbischof Friedrich Weber (Wolfenbüttel), begrüßt, dass die Geschichte der Reformation erstmals gemeinsam beschrieben werde: „Wie in keinem ökumenischen Dokument bislang konnte so die Theologie Luthers in ihrer Breite gemeinsam dargestellt werden.“ Laut Weber könne die katholische Kirche die Reformation wegen der Kirchenspaltung nicht „feiern“ , sondern nur ihrer „gedenken“. Aber auch Protestanten wollten nicht die Kirchenspaltung feiern, sondern sich „von Herzen dankbar zeigen für alles, was Luther und die anderen Reformatoren ihnen eröffnet haben“.

Schuld auf beiden Seiten Am 31. Oktober 2017 jährt sich die Veröffentlichung der 95 Thesen Martin Luthers (1483–1546) zum 500. Mal. Wie es in dem Dokument weiter heißt, sei das Gedenken an den Beginn der Reformation für Lutheraner wie für Katholiken Anlass zu Freude 25.2013

Kurt Koch

Martin Junge

wie zu Schmerz. Viele der Erkenntnisse Luthers teilten inzwischen auch Katholiken. Freilich sei die Art der Auseinandersetzung in der Reformationszeit schuldbeladen. Zu den Konflikten hätten Akteure beider Seiten beigetragen. Darum hätten auch beide Seiten Schuld zu bekennen.

Jetzt geht es um die Einheit Gleichzeitig werde immer deutlicher bewusst, dass der Streit des 16. Jahrhunderts vorüber sei: „Die Gründe, sich gegenseitig zu verurteilen, sind entfallen, wenn auch ein Konsens in allen hier behandelten Fragen noch nicht in Sicht ist.“ Nun gelte es, immer von der Perspektive der Einheit und nicht der Spaltung auszugehen, um das Gemeinsame zu stärken. Durch die Begegnung mit dem anderen und dessen Glaubenszeugnisses könnten sie sich ständig verändern lassen. Ferner sollten sie sich verpflichten, die sichtbare Einheit zu suchen. P www.lutheranworld.org b

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ZITIERT » Es verwundert schon, mit welcher

Geräuschlosigkeit der Wandel (in Sachen Ehe und Familie) stattfindet, den man mit Fug und Recht als Zeitenwende bezeichnen kann. Kaum Debatten, keine Lust auf Diskussion, keine öffentliche Streitkultur, was dies für Ehe und Familie bedeuten könnte ... Wenn in einem Land wie Deutschland allzu sehr der Zeitgeist weht und mit dem Finger auf jene gezeigt wird, die anderer Meinung sind, ist dies für die Demokratie generell ungut. « Badische Neueste Nachrichten

» Ich bin zwar weder Bayern- noch

Dortmund-Fan, aber mich stört es, dass Bayern München sich ja jeden Spieler und jeden Titel kaufen kann. «

Für diese Aussage bekam Bischof Stephan Ackermann (Trier) beim Eucharistischen Kongress in Köln großen Beifall. Er hatte zuvor geäußert, er habe beim FußballChampions-League-Finale Borussia Dortmund die Daumen gedrückt.

» Ich verdanke alles der Führung Gottes. Ohne ihn kann man nicht wirtschaften. «

Camill Freiherr von Dungern, Chef des Bankhauses C. L. Seeliger (Wolfenbüttel), eine der ältesten Privatbanken Deutschlands, bei seiner Verabschiedung in den Ruhestand vor 400 Kunden und Mitarbeitern

» Wir haben uns unsere Hochwasser zu einem großen Teil selber

gemacht, indem wir die Natur zurückgedrängt haben. In Deutschland wurden zwei Drittel der ursprünglich vorhandenen Auen durch Deiche von den Flüssen getrennt. Man muss sich nicht wundern, wenn es nun nicht mehr genug Rückhalteflächen gibt, sobald Flüsse steigen. Wir haben eine Karte auf unserer Webseite, die die verloren gegangenen Auenflächen zeigt. Die decken sich an Donau und Elbe vielerorts mit momentan überfluteten Flächen. Das spricht für sich. « Die Präsidentin des Bundesamtes für Naturschutz, Prof. Beate Jessel (Bonn), in der „Süddeutschen Zeitung“ (München)


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Die Evangelische Kirche verlor in einem Jahr 280.000 Mitglieder NEUE STATISTIK Die Mitgliederzahl der 22 (2011) evangelischen Landeskirchen ist in einem Jahr um rund 280.000 auf 23,6 Millionen gesunken. 1990 waren es noch fast 30 Millionen Kirchenmitglieder. as geht aus der jetzt vom EKD-Kirchenamt in Hannover veröffentlichten jüngsten ausführlichen Statistik für das Jahr 2011 hervor. Damit liegt der Anteil der landeskirchlichen Protestanten in Deutschland bei 28,9 % (2010: 29,2 %). 24,5 Millionen Bürger sind römisch-katholisch (29,9 %). Ein Drittel der Bevölkerung (33,7 %) ist konfessionslos. 4,9 % sind Muslime und 1,6 % orthodoxe Christen. Der Anteil der Mitglieder von Freikirchen ist mit 0,4 % angegeben. Aufgeführt sind ferner Buddhisten (0,3 %), Juden und Hindus (jeweils 0,1 %).

2,6 % weniger Austritte, 6,3 % weniger Eintritte Die Zahl der Austritte aus der evangelischen Kirche ist 2011 im Vergleich zum Vorjahr um 2,6 % auf 141.497 gesunken. Deutlich rückläufig mit 53.303 waren die Eintritte (einschließlich Erwachsenentaufen). Das entspricht einem Rückgang um 6,3 % gegenüber 2010.

Zahl der Taufen stabil – Weniger Trauungen und Bestattungen Bei den Amtshandlungen war die Tendenz uneinheitlich. Die Zahl der Taufen blieb mit rund 193.000 konstant. Bei den

Konfirmierten gab es ein Plus von 2,8 % auf 238.487. Dagegen wurde bei den Trauungen ein deutliches Minus verzeichnet. 48.398 Paare traten vor den Traualtar – ein Rückgang um 6,7 % gegenüber 2010. Die Zahl der Bestattungen sank im Vergleichszeitraum um 3,2 % auf 283.101.

Mehr Evangelisationen und Bibelwochen, aber weniger Besucher Laut Statistik wurden 2011 mehr Evangelisationen, kirchliche Wochen und Bibelwochen durchgeführt als im Vorjahr – allerdings mit weniger Teilnehmern. Gezählt wurden insgesamt fast 8.600 Veranstaltungen mit rund 338.000 Teilnehmern. 2010 waren es 8.140 Veranstaltungen mit etwa 364.000 Besuchern. Den größten Zulauf hatten 2011 kirchenmusikalische Veranstaltungen mit fast 7,5 Millionen Teilnehmern. Aus der Statistik geht ferner hervor, dass die Kinder- und Jugendarbeit schrumpft. 2010 gab es rund 35.345 Kinder- und Jugendgruppen mit fast 353.000 Teilnehmern. Im Jahr darauf waren es noch 32.519 Gruppen mit etwa 325.500 Teilnehmern. Stabil ist dagegen die Zahl der ehrenamtlichen Mitarbeiter in den Gemeinden mit rund 1,1 Millionen. Davon sind 69,6 % Frauen. P

Welche Kirchen verloren wie viel Mitgliederverluste der EKD-Mitgliedskirchen 2011 in Prozent im Vergleich zum Vorjahr

Mitteldeutschland

-2,0

Pommern

-2,0 -1,8

Bremen Anhalt

-1,6

Lippe

-1,6

Schaumburg-Lippe

-1,6 -1,5

Hannover

-1,5

Mecklenburg Nordelbien

-1,4

Braunschweig

-1,4

Berlin-Brandenburgschlesische Oberlausitz Sachsen

-1,3 -1,3 -1,3

Kurhessen-Waldeck Westfalen

-1,2

Reformierte Kirche

-1,2

Pfalz

-1,2

Württemberg

-1,0

Hessen und Nassau

-1,0

Rheinland Oldenburg

-0,9 -0,8

Bayern

-0,7

Baden

-0,7

© l ideaGrafik; Quelle: EKD

D

Aufruhr in der Türkei: Die Evangelische Allianz ruft zum Gebet auf

A

Die Proteste verursachten bereits 11.823 Verletzte.

ngesichts der Auseinandersetzungen in der Türkei hat die dortige Evangelische Allianz zum Gebet aufgerufen. Die Polizei war in den vergangenen Tagen mit Wasserwerfern und Tränengas gegen Tausende Demonstranten vorgegangen. Die Proteste richten sich gegen die Regierung unter Ministerpräsident Erdogan. In einem Aufruf des Generalsekretärs der Türkischen Evangelischen Allianz, Umut Sahin (Izmir), heißt es: „Beten Sie für unsere Regierung und besonders für den Ministerpräsidenten, dass er in Ton und Verhalten mäßigend und

sanft auf alle Bürger zugeht. Ein rauer und unnachgiebiger Ton ist in dieser Situation für unser Land wenig hilfreich. Tatsächlich ist dies einer der Gründe, warum die Lage so schlecht geworden ist. Bitte beten Sie für Demut, Ehrlichkeit und Gerechtigkeit seitens der Regierung!“ Die Allianz ruft ferner zum Gebet dafür auf, dass sich die Bürger für die christliche Botschaft öffnen. Von den rund 75 Millionen Türken sind 95 % Muslime. Die Zahl der Christen liegt bei 0,2 % (120.000; darunter sind etwa 4.000 Evangelikale, die die Allianz repräsentiert). P

Foto: picture alliance / dpa

PROTESTE Ministerpräsident Erdogan soll mäßigend auf die Bürger zugehen.

25.2013


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SPD-Team: 7 Protestanten, kein Katholik, 1 Muslimin, 5 Konfessionslose SCHATTENKABINETT Der SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück hat ein zwölfköpfiges Kompetenzteam berufen. Ähnlich könnte seine Regierungsmannschaft aussehen, wenn er Kanzler würde.

S

echs der 12 Mitglieder des Schattenkabinetts sind evangelisch. Daneben gehören dem Team fünf Konfessionslose an. Katholiken sind nicht vertreten, dafür eine Muslimin. Steinbrück selbst ist wieder Mitglied der evangelischen Kirche. Er war als 18-Jähriger aus der Kirche ausgetreten, weil sie nach seiner Ansicht zu oft auf der Seite der Mächtigen stand und außerdem die Aufklärung behinderte. Rund 40 Jahre später wurde er wieder Kirchenmitglied: „Ich habe festgestellt, dass die Kirche über die Glaubensstiftung hinaus eine enorm wichtige, nicht nur karitative, sondern auch stabilisierende Funktion in dieser Gesellschaft ausübt, und ich würde gerne eine solche Institution stützen wollen.“

Dabei: „Brot für die Welt“-Chefin Mit Cornelia Füllkrug-Weitzel gehört auch eine Pfarrerin zum Schattenkabinett. Die Direktorin der Hilfsaktion „Brot für die Welt“ und der Diakonie Katastrophenhilfe ist zuständig für Entwicklungspolitik und humanitäre Hilfe. Die EKD und die Diakonie begrüßten die Entscheidung. Füllkrug-Weitzel wird ab 15. August auf eigenen Wunsch für den Wahlkampf ohne Bezüge beurlaubt.

Sie hatte bereits 2009 für den Stuttgarter SPD-Kreisverband bei der Bundestagswahl kandidiert. Auf Bitten der Diakonie-Spitze habe sie sich dann aber entschlossen, bei „Brot für die Welt“ zu bleiben, und die Kandidatur zurückgezogen.

Schwesig: Mit der Bergpredigt Evangelisch ist auch die stellvertretende SPD-Vorsitzende Manuela Schwesig, die sich im Kompetenzteam um die Themen Frauen, Familie, Aufbau Ost, Demografie und Inklusion kümmert. Sie war in der DDR ohne Verbindung zur Kirche aufgewachsen und ließ sich 2010 mit ihrem Ehemann und ihrem Sohn taufen. Christliche Basis für ihre politische Arbeit ist nach eigenen Angaben eine Aussage Jesu aus der Bergpredigt: „Selig sind die, die nach der Gerechtigkeit hungern und dürsten, denn sie sollen satt werden (Matthäus 5,6).“ Weitere Protestanten sind der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion, Thomas Oppermann (Innen- und Rechtspolitik), die Designforscherin Gesche Joost (Internet), der Geschäftsführer der Ruhr.2010 GmbH, Oliver Scheytt (Kultur), und die frühere saarländische Wirt-

schaftsministerin Christiane Krajewski (Wirtschaft).

Expertin für Bildung ist Muslimin Für den Bereich Bildung und Wissenschaft hat Steinbrück eine Muslimin berufen: die Deutsch-Türkin Yasemin Karakaşo ğlu, Professorin für Interkulturelle Bildung an der Universität Bremen. Konfessionslos in Steinbrücks Team sind der Bundestagsabgeordnete Karl Lauterbach (Gesundheit), die frühere Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (Verbraucherpolitik), der thüringische Wirtschaftsminister Matthias Machnig (Energie- und Umweltpolitik), der Vorsitzende der Gewerkschaft IG Bau, Klaus Wiesehügel (Arbeit und Soziales) und der bayerische SPD-Landesvorsitzende Florian Pronold (Infrastruktur und Wohnen).

Jesus als „Latten-Gustl“ Pronold hatte 1996 als Juso im bayerischen Kruzifix-Streit Christus als „überflüssigen Latten-Gustl“ bezeichnet. P

Peer Steinbrück

DIE PROTESTANTISCHEN MITGLIEDER DES SCHATTENKABINETTS:

Füllkrug-Weitzel

Joost

Krajewski

Oppermann

Scheytt

Fotos: PR (13)

DIE KONFESSIONSLOSEN MITGLIEDER DES SCHATTENKABINETTS:

Lauterbach

25.2013

Machnig

Pronold

Schwesig DIE MUSLIMIN:

Wiesehügel

Zypries

Karakaşoğlu


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Neue Gemeinden bringen neuen Schwung EVANGELISATION Durch neue Gemeinden kommt Schwung in Landesund Freikirchen, hieß es bei der Fachtagung „Trendwende 2013“.

N

ach Angaben des Sprechers lens, in kirchenfernen Milieus der Konsultation für GeNeues zu beginnen, etwa unter Obdachlosen, Prostituierten meindegründung in Deutschoder Bankern. Die Ausgestalland, Erhard Michel (Dietzhölztung der neuen Gemeinden tal/Mittelhessen), ist der Bund müsse flexibel gehandhabt Freier evangelischer Gemeinwerden: „Gemeindehaus und den auf gutem Weg, sein 2005 Festanstellung des Pastors formuliertes Ziel zu erreichen: Horst Engelmann haben keine Priorität.“ LanInnerhalb von 10 Jahren (ab 2006) sollen 100 neue Gemeinden entste- deskirchlicherseits warb Pfarrer Markus hen. Bereits jetzt ließen sich erfreuliche Weimer (Radolfzell/Bodensee) dafür, „mit Nebenwirkungen beobachten: Die Zahl mutigen jungen Leuten auf bisher under Mitglieder in dieser Freikirche steige erreichte Milieus zuzugehen“. Initiativen jährlich um rund 2 %. Mittlerweile haben hätten inzwischen zu „Kirchen im Nagelsie rund 40.000. In den neuen Gemein- studio, im Surfclub und im Rotlichtmilieu“ den sei die Zahl der Bekehrungen höher geführt. Einige Landeskirchen seien zu Exals im Durchschnitt der alten Gemeinden; perimenten bereit. es würden mehr Menschen Christen, und mehr Mitglieder beteiligten sich am Ge- 80 % des Geldes werden für meindeleben. Michel ist im Hauptberuf 20 % der Mitglieder ausgegeben Leiter der Allianz-Mission im Bund Freier Pfarrer Volker Roschke (Berlin) von der Arbeitsgemeinschaft Missionarische Dienste evangelischer Gemeinden. im Bundesverband Diakonie plädierte für eiPräses: Es geht um das Heil ne Umverteilung der finanziellen und persoBei der Tagung warb der Präsident der Ver- nellen Mittel einer Kirchengemeinde. Zurzeit einigung Evangelischer Freikirchen, Präses würden rund 80 % der Gelder für die BetreuAnsgar Hörsting (Witten) vom Bund Freier ung von 20 % der Mitglieder ausgegeben. evangelischer Gemeinden, für mehr Zu- Besser wäre es, „vom Rest der Gemeinde her sammenarbeit unter denen, die Gemein- zu denken“ – also den vielen, die Mitglieden gründen. Es wäre verkehrt, wenn eine der sind, aber die Kirche kaum in Anspruch Kirche neue Gemeinden wolle, nur um das nehmen. Für den Leiter der Internationalen eigene Ansehen zu vergrößern. – Tatsäch- Christlichen Gemeinschaft (ICF) in Karlsrulich müsse es um das Heil von Menschen he, Steffen Beck, kann man nur mit neuen gehen, die Gott nicht kennen. Wichtigste Gemeinden neue Zielgruppen erreichen. Voraussetzung beim Gründen sei, dass sich Theologische Meinungsverschiedenheiten, die Kirchen mit Respekt begegneten und Machtfragen oder persönliche Animositäten über geistliche Aufbrüche bei anderen freu- dürften nicht der Anlass für die Gründung en könnten. Wer eine neue Gemeinde bilde, einer neuen Gemeinde sein. P müsse sich häufig gegen den Vorwurf weh- b www.konsultation-gg.de ren, anderen Mitglieder abzuziehen. Dieses Argument komme allerdings meist von Gemeinden, die sich nicht ändern wollten.

Junge Christen gehen voran Nach Ansicht von Missionsleiter Horst Engelmann (Bergneustadt) vom Forum Wiedenest (ein Zentrum der Brüdergemeinden) sind besonders junge Leute wil-

Volker Roschke

Steffen Beck

ZAHLEN Fast 10 Milliarden Menschen Bis 2050 wird die Weltbevölkerung auf 9,6 Milliarden steigen, so die Vereinten Nationen. Das sind 250 Millionen mehr, als bisher angenommen worden war. Im Jahr 2100 könnte es dann rund 10,9 Milliarden Menschen auf der Erde geben. Derzeit sind es 7,2 Milliarden.

Wer versteht Englisch? Besonders im evangelikalen Raum werden immer mehr englische Begriffe gebraucht und Lieder gesungen. Laut einer am 14. Juni veröffentlichten repräsentativen Studie des Marktforschungsinstitutes GfK (Nürnberg) sprechen aber nur 1,7 % der Deutschen verhandlungssicher Englisch und 9,2 % fließend. Fast jeder 2. Bürger hat jedoch gar keine (22,7 %) oder nur geringe (24,5 %) Kenntnisse.

Jesus-Marsch in Straßburg Rund 600 meist evangelikale Christen haben sich in Straßburg an einem „Marsch für Jesus“ beteiligt. Auf Transparenten zeigten sie Jesus-Worte aus der Bergpredigt. Vor dem Europarat und an zentralen Orten in der Innenstadt beteten sie für die europäischen Institutionen und Politiker. Der Zug wurde von 5 Lastwagen begleitet, auf denen Musikgruppen christliche Lieder spielten.

††† Bis zum Ende der 25. Woche dieses Jahres werden in Deutschland nach offizieller Statistik etwa 51.250 Kinder im Mutterleib getötet worden sein. – In Kalifornien können sich unfruchtbare Paare fremde Embryonen kaufen und auf diese Weise ein Kind bekommen. 200 Paare haben davon bereits Gebrauch gemacht und dafür jeweils umgerechnet 7.500 Euro bezahlt. Bleibt der Nachwuchs aus, gibt es das Geld zurück. Nach Angaben der Klinik liegt die Erfolgsrate zwischen 65 und 85 %. Menschenrechtler und Bioethiker kritisieren, dass so Embryonen zur Ware degradiert werden.

Fotos: privat, PR, idea/Grasse

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25.2013


INTERNET

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Zensiert Facebook seine Nutzer? FEMINISMUS Gerade die Netzwerke, die in vielen Ländern den politischen Wandel unterstützt haben, unterwerfen sich zunehmend einer Selbstzensur. Mehr als zwei Milliarden Menschen auf der Welt nutzen soziale Netzwerke im Internet, um mit Freunden Informationen auszutauschen. Allein in Deutschland sind es mehr als 40 Millionen. Mit Hilfe dieser Netzwerke können gleichgeschaltete Medien erfolgreich unterlaufen und öffentliche Debatten beeinflusst werden. So geschah es zum Beispiel in Ägypten, in Libyen und in Tunesien. Doch gerade ein Netzwerk wie Facebook mit einer Milliarde Nutzern, das sich vor allem durch Werbung finanzieren soll, löscht mittlerweile in seiner englischen Version systematisch kritische Äußerungen über feministische Ansichten, die viele Christen für unbiblisch halten.

Nutzer für 12 Stunden gesperrt. Im anderen Fall ging es um einen britischen Politiker, der das Bild eines verprügelten Mannes verbreiten wollte, um auch auf männliche Opfer häuslicher Gewalt hinzuweisen. Auch dieses Bild wurde gesperrt. Die strengen Maßnahmen von Facebook verfolgten ursprünglich einen wichtigen Zweck: frauenfeindlichen Gruppen, die in dem Netzwerk sexistische Parolen austauschten, den Boden zu entziehen. Verschiedene Frauenverbände hatten gegen diese Facebook-Gruppen protestiert. Facebook hatte diese Parolen daraufhin unterbunden. Die neuen Bestimmungen führen nun aber dazu, dass jede Kritik an feministischen Positionen gelöscht wird.

Ist keine Kritik am Feminismus mehr möglich?

Hoffmann: Wikipedia zensiert schon seit 2012

Darauf hingewiesen hat Arne Hoffmann, der sich auf seiner Internetseite „Genderama“ (www.genderama.blogspot.de) mit dem Feminismus auseinandersetzt. Er berichtet von zwei Fällen, in denen feminismuskritische Äußerungen von Facebook gesperrt wurden: So wollte ein Amerikaner eine Infografik verbreiten, die die These widerlegen sollte, jede vierte Frau sei Opfer einer Vergewaltigung geworden. Die Grafik wurde gelöscht und der

Nach Hoffmanns Vorhersage droht auch den deutschen Seiten von Facebook der „Zwang zur Einheitsmeinung“, zumindest in Bezug auf feministische Theorien. Die Online-Enzyklopädie Wikipedia zensiere schon seit 2012. Da Facebook solche Selbstzensur vor allem aus Rücksicht auf Werbekunden ausübt, wird Meinungsfreiheit auf die Dauer vielleicht wieder das, was es lange Zeit war: das Recht von 200 Firmen, ihre Meinung zu sagen. Sigmar von Blanckenburg P

l

idea Fernseh- und Hörfunk-Tipps

22. bis 28. Juni

FERNSEHEN Sonntag, 23. Juni 10.00–10.30 Von den weiblichen Wurzeln der Religion – Feministische Theologie und Bibelinterpretation 11.00–12.15 ERF 1 Gottesdienst aus der Freien evangelischen Gemeinde in Düsseldorf

13.00–14.00 Streitfall Altenpflege: Nächstenliebe nach der Stoppuhr? Gesprächsrunde u. a. mit Landesbischof July und Heiner Geißler 15.10–15.30 Rätsel der Geschichte: Die Geburt Jesu

Montag, 24. Juni

Mittwoch, 26. Juni

Donnerstag, 27. Juni

22.00–22.30 Markus, glaubst du an den lieben Gott? Komiker Markus Majowski im Interview

19.30–20.00 ERF 1 Der Schlüssel zu einem erhörten Gebet. Gibt es einen effektiven Weg zu beten?

21.00–22.00 Moskauer Mächte – die russisch-orthodoxe Kirche wächst nach Jahrzehnten der Unterdrückung wieder

21.05–22.00 Das Geheimnis der 7 Schwestern – Die Geschichte des Weltöl-Kartells

22.35–23.05 Trennung, Scheidung, Weiterleben. Wie gelingt es Partnern, sich fair zu trennen?

22.45–23.30 Lohnsklaven in Deutschland: Miese Jobs für billiges Fleisch. Dokumentation über deutsche Fleischbetriebe

HÖRFUNK Sonntag, 23. Juni 7.05–7.30 Peter und Paul – Ein Fest für die Ökumene? Ist der Namenstag der Apostel Petrus und Paulus ein Fingerzeig für die Ökumene? 8.30–9.00 Issa ben Maryam: Jesus im Koran

Donnerstag, 27. Juni 9.45–10.00 Evangelisch-reformierte Predigt von Pfarrer Jürg Rother aus Oberägeri

10.00–11.00 Evangelischer Gottesdienst aus dem Dorfkirchenmuseum Garitz in Sachsen-Anhalt

10.00–11.00 Gottesdienst aus dem Gemeindehaus der Evangelisch-Freikirchlichen Kreuzgemeinde in Bremen

10.05–11.00 Evangelischer Gottesdienst aus der Klosterkirche Loccum

11.30–12.00 Die Mission kehrt zurück: Afrikanische Flüchtlinge bringen einen neuen religiösen Stil nach Europa 12.05–12.30 Jünger Jesu im Land der Hindus: die Thomaschristen

20.00–21.00 ERF Plus Da kann man nur staunen – Horst Marquardt im Gespräch mit Schwester Helene Ristau. Die Diakonisse erzählt von ihren Erlebnissen in der DDR und wie sie eine erfolgreiche Eingabe an Erich Honecker verfasste.

Wer reagieren möchte, kann dies unter folgenden Rufnummern tun: ARD: 089/5900-3344 | Bibel.TV: 040/4450660 | Das Vierte: 0180/5843783 Deutschlandfunk und Deutschlandradio: 0221/345-1831 | DRS 2: (0)848/808080 | ERF: 06441/957-0 | HR (TV): 069/1555111 | Kabel 1: 0180/5011150 KiKa: 0180/2151514 | Luth. Stunde: 04264/2436 | MDR: 0341/300-5401 | NDR: 0511/988-2393 | Phoenix: 0180/28213 | RBB: 030/97993-2171 SF 2: (0)62/2059050 | SR 2: (0)681/6022222 | SWR: 07221/929-0 | WDR (Radio): 0221/5678-333 | WDR (TV): 0221/5678888 | ZDF: 06131/7012164

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Die EKD, die Familie und der Zeitgeist LEBENSFORMEN Am 19. Juni stellt die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) in Berlin ihre neue Orientierungshilfe zum Thema Familie vor. Sie trägt den Titel „Zwischen Autonomie und Angewiesenheit – Familie als verlässliche Gemeinschaft stärken“. Matthias Pankau hat sie sich vorab angesehen und meint, das Papier ist ein weiterer Schritt der evangelischen Kirche in Richtung Beliebigkeit – und damit in die Bedeutungslosigkeit! aneinander binden, füreinander VerVater + Mutter + Kind = Faantwortung übernehmen und fürsorgmilie. Das war lange Zeit das lich und respektvoll miteinander umklassisch verstandene und bigehen, müssen auf die Unterstützung blisch begründete Familienverständder evangelischen Kirche bauen könnis. Und genau das stellt die evangelinen.“ sche Kirche nun infrage. In der jetzt vorgestellten Orientierungshilfe heißt Wir sollen „Familie neu denken“ es: „Wo Menschen auf Dauer und im Die Orientierungshilfe der EKD wurde Zusammenhang der Generationen Ver- unter Vorsitz von Bundesministerin a. D. Angesichts des tiefgreifenden sozialen antwortung füreinander übernehmen, Christine Bergmann (SPD) und Oberkirchen- und kulturellen Wandels sei nämlich sollten sie Unterstützung in Kirche, Ge- rätin Cornelia Coenen-Marx erarbeitet. auch die Kirche aufgefordert, „Familie sellschaft und Staat erfahren. Dabei neu zu denken und die neue Vielfalt darf die Form, in der Familie und Partnerschaft gelebt wer- von privaten Lebensformen unvoreingenommen anzuerden, nicht ausschlaggebend sein. Alle familiären Beziehun- kennen und zu unterstützen“. Diese Anerkennung sei aber gen, in denen sich Menschen in Freiheit und verlässlich „nicht lediglich als Anpassung an neue Familienwirklichkeiten zu verstehen, sondern als eine normative Orientierung“. Und dann lesen wir: „Die traditionellen Leitbilder halten den Herausforderungen in Wirtschaft und Gesellschaft sowie den vielfältigen Erwartungen an Familien nicht mehr stand.“ Mit anderen Worten: Die Bibel hat Unrecht und der Zeitgeist hat Recht. Will das die evangelische Kirche wirklich sagen? Drei Jahre haben die 14 Mitglieder der Ad-hoc-Kommission an dem Papier gearbeitet, bevor die Leitung der EKD – der Rat – die Orientierungshilfe verabschiedet hat. Den Vorsitz hatte Bundesfamilienministerin (1998–2002) Christine Bergmann (SPD). Geschäftsführerin war die Oberkirchenrätin im EKD-Kirchenamt Cornelia Coenen-Marx. Was sollte damit bezweckt werden? „Eine evangelische Verständigung über Ehe, Familie und Partnerschaft im beginnenden 21. Jahrhundert anzuregen“, heißt es da.

Das Familienbild, so belehrt uns dieses Dokument, sei in den letzten Jahren erweitert worden – und zwar in einer Weise, die über die biblische hinausgeht: „Familie – das sind nach wie vor Eltern (ein Elternteil oder zwei) mit ihren leiblichen, Adoptiv- oder Pflegekindern, vielleicht erweitert um die Großelterngeneration. Familie, das sind aber auch die sogenannten Patchwork-Familien, die durch Scheidung und Wiederverheiratung entstehen, das kinderlose Paar mit der hochaltrigen, pflegebedürftigen Mutter und das (hier kommt’s) gleichgeschlechtliche Paar mit den Kindern aus einer ersten Beziehung.“ Das traditionelle Familienbild – Vater, Mutter und Kinder – findet keine besondere Unterstützung mehr durch die EKD.

Fotos: ddp images, www.BettinaFlitner.de, EKD / PR

Familie – auch das gleichgeschlechtliche Paar mit Kindern

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Zwar seien nach wie vor 72 % der Familien Ehepaare mit Kindern. Allerdings handele es sich dabei aufgrund der anhaltend hohen Scheidungsraten immer häufiger um Patchwork-Konstellationen. Ebenfalls angestiegen ist der Anteil von Alleinerziehenden – er lag 2012 bei 19 % – und nichtehelichen Lebensgemeinschaften (9 %). Die Zahl gleichgeschlechtlicher Paare, die in einem gemeinsamen Haushalt leben, wird deutschlandweit auf 70.000 geschätzt; davon ist ein Viertel eine eingetragene Lebenspartnerschaft eingegangen. Rund 7.000 Kinder leben in solchen sogenannten „Regenbogenfamilien“.

Breite Vielfalt von Familienformen ist der Normalfall Zunächst beschert uns die von der EKD eingesetzte Kommission aber eine bemerkenswerte Rückblende: Historisch betrachtet sei eine breite Vielfalt von Familienformen anerkannt und normal gewesen, schreiben sie. Die bürgerliche Familie als Ideal habe sich erst im 18. Jahrhundert durch die Trennung von männlicher Erwerbswelt und weiblicher Familiensphäre mit Haushalt und Kindererzie-

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hung entwickelt. „Dieses Ideal setzte sich zunächst langsam und erst nach dem Zweiten Weltkrieg in der Bundesrepublik als Lebensform für alle durch.“ Autonomie und Abhängigkeit seien in diesem Modell aber höchst ungleich verteilt, lassen die Kommissionsmitglieder den Leser wissen. Die DDR habe dagegen die „gleichberechtigte Ehe“ mit zwei in Vollzeit erwerbstätigen Eltern zum Leitbild erhoben und dabei die Familie für die Erziehung der Kinder zur sozialistischen Persönlichkeit in die Pflicht genommen. Ein eigenes Kapitel widmet die Orientierungshilfe den verfassungsrechtlichen Vorgaben und Leitbildern von Ehe und Familie im Familienrecht. Darin heißt es, das Bundesverfassungsgericht orientiere sich für den Schutzbereich des Artikels 6 des Grundgesetzes (nach dem Ehe und Familie „dem besonderen Schutz der staatlichen Ordnung“ anvertraut werden) inzwischen an einem erweiterten Familienbegriff, nämlich an den tatsächlich gelebten Formen von Familie. Geschützt seien demnach alle Formen gelebter Eltern-Kind-Beziehungen – also nicht nur Vater-Mutter-Kind.

Die Ehe ist keine göttliche Stiftung So weit zum weltlich-rechtlichen Aspekt dieses Themas. Nun aber muss eine Kirche auch geistlich argumentieren, und dies geschieht in verblüffender Weise im theologischen Kapitel dieser „Orientierungshilfe“. Da finden wir eine Argumentation, die ominös an die Debatten darüber erinnert, ob gleichgeschlechtliche Paare im Pfarrhaus zusammenwohnen dürften. Also nach dem Motto: Nicht einzelne Bibelstellen sind entscheidend, sondern die Kernaussage der Bibel, dass Gott alle Menschen liebt. So heißt es: „Ein normatives Verständnis der Ehe als ‚göttliche Stiftung’ und eine Herleitung der traditionellen Geschlechterrollen aus der Schöpfungsordnung entspricht nicht der Breite des biblischen Zeugnisses.“ O

Anzahl der Eheschließungen in Deutschland von 2002 bis 2011

Gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaften in Deutschland, in Tausend darunter: Eintragene Lebenspartnerschaften

68

400.000

391.963

382.911

395.992

388.451

373.681

368.922

377.055

378.439

382.047

2002

2003

2004

2005

2006

2007

2008

2009

2010

377.831

70 63

62

63

67

300.000

200.000

100.000

0

Jahre von 2002 bis 2011

© l ideaGrafik; Quelle: Statistisches Bundesamt

2011

12

15

19

19

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2006 2007 2008 2009 2010 2011

Die Ehe zwischen Mann und Frau ist nach wie vor die normale Beziehung. Den 377.831 Eheschließungen allein im Jahr 2011 standen nur 27.000 gleichgeschlechtliche, eingetragene Lebenspartnerschaften insgesamt seit 2006 – also innerhalb von 6 Jahren – gegenüber.

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© l ideaGrafik; Quelle: Destatis

Anzahl der Eheschließungen

Foto: Frankfurter Rundschau / Thomas Plaßmann

500.000


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Ist die bürgerliche Ehe unbiblisch?

Homosexuelle Partnerschaften als gleichwertig anerkennen Nach Ansicht der Orientierungshilfe der EKD erwächst aus diesem Verständnis eine große Freiheit im Umgang mit gesellschaftlichen Veränderungen. Diese Freiheit gönnen sich die Verfasser auch bei der Frage nach der Segnung homosexueller Paare und der Gleichstellung homosexueller Partnerschaften. Deute man die biblischen Aussagen, in denen Homosexualität als Sünde gekennzeichnet werde, als zeitlos gültig, „kann man zu der Meinung kommen, eine homosexuelle Partnerschaft sei mit einer heterosexuellen keinesfalls vergleichbar“, schreiben sie. Es gebe aber auch biblische Texte, „die von zärtlichen Beziehungen zwischen Männern sprechen“. Durch das biblische Zeugnis hindurch klinge als „Grundton“ vor allem aber der Ruf nach einem verlässlichen, liebevollen und verantwortlichen Miteinander. „Liest man die Bibel von dieser Grundüberzeugung her, dann sind gleichgeschlechtliche Partnerschaften, in denen sich Menschen zu einem verbindlichen und verantwortlichen Miteinander verpflichten, auch in theologischer Sicht als gleichwertig anzuerkennen.“ Es zähle schließlich „zu den Stärken des evangelischen Menschenbilds, dass es Menschen nicht auf biologische Merkmale reduziert“.

Für Krippen und Ganztagsschulen Im Anschluss an die theologische Betrachtung analysiert die Kommission Herausforderungen der Familienpolitik. Sie rangieren von der Zeit, die Familien füreinander brauchten, über die Verteilung der Erwerbstätigkeit, Erziehung und Bildung, das Miteinander der Generationen bis hin zu Gewalt in Familien. Schließlich gehen die Autoren der Orientierungshilfe der Frage nach, wie Kirche und Diakonie Familien stärken können. Dort sprechen sie auch Empfehlungen aus. So solle unter anderem der Sonntag als freier Tag geschützt und die Vereinbarkeit von Familie und Erwerbstätigkeit gestärkt werden. Die „familienunterstützende Infrastruktur“ von den Krippen bis zu Ganztagsschulen müsse ausgebaut werden, empfehlen sie. Schließ-

Für die EKD ist die homosexuelle Lebenspartnerschaft – hier Mann + Mann + Kind – genauso wertvoll wie die Ehe von Mann und Frau.

lich regt die Kommission die Einführung eines Siegels „familienkompetente Gemeinde“ an, das Gemeinden innerhalb der EKD motivieren soll, ihre Angebote zu erweitern.

Familie – da ist für die EKD alles möglich Dieses Papier nimmt für sich, wie gesagt, in Anspruch, eine „Orientierungshilfe“ zu sein. Aber es hilft selbst dort kaum weiter, wo einige der abschließenden Empfehlungen richtig und nützlich sind. In der Frage, was denn nun aber Familie sei, vermitteln die Autoren den Eindruck, dass alles möglich wäre. Freiheit wird dabei mit Beliebigkeit verwechselt, so dass sich die evangelische Kirche einmal mehr der Welt und ihren Wegen anbiedert. Glaubt sie ernsthaft, damit wieder attraktiver zu werden für die vielen Menschen, die ihr den Rücken gekehrt haben? Das wird nicht geschehen! Denn wer braucht schon einen Ratgeber, der einem nur nach dem Mund redet, anstatt Irrwege liebevoll, aber deutlich zu benennen?

Wer sich mit dem Zeitgeist vermählt … Die EKD führt doch die Gute Botschaft in ihrem Namen! Fällt ihren Funktionären wirklich nichts Biblisches mehr ein? Anscheinend nicht, denn hier entstand in drei Jahren Arbeit ein Papier, das sich wie ein weiterer Schritt der EKD in Richtung Beliebigkeit liest. Die Kirche sollte zur Ehe zwischen Mann und Frau Mut machen; sie sollte verunsicherte Menschen zu überzeugen versuchen, wie segensreich es ist, Kinder zu haben; sie sollte wegweisend sein. Stattdessen verkündet sie modische gesellschaftliche Klischees – und manövriert sich in die Bedeutungslosigkeit. Wie sagte noch der lutherische Theologe Søren Kirkegaard (1813–1855)? „Wer sich mit dem Zeitgeist vermählt, wird bald Witwer sein.“ P Die EKD-Orientierungshilfe „Zwischen Autonomie und Angewiesenheit” (Gütersloher Verlagshaus, 160 Seiten, 5,99 Euro, ISBN: 978-3-579-05972-3) erscheint am 24. Juni im Buchhandel.

Foto: ddp images / Danny Gohlke

Zu lange sei übersehen worden, dass Altes und Neues Testament das „familiale“ Zusammenleben in einer großen Vielfalt beschrieben: „Nach heutigen Begriffen gibt es PatchworkKonstellationen wie bei Abraham, Sarah und Hagar mit ihren Kindern, zusammenlebende Geschwister wie bei Maria und Martha und tragende Beziehungen zwischen Familienmitgliedern verschiedener Generationen wie bei Rut, Orpa und Noomi.“ Lange habe die Kirche die Ehe als Schöpfungsordnung dargestellt, die der Natur des Menschen eingeschrieben sei. Dazu wörtlich: „Heute wissen wir: Ein Verständnis der bürgerlichen Ehe als ‚göttliche Stiftung’ und der vorfindlichen Geschlechter-Hierarchie als Schöpfungsordnung entspricht weder der Breite biblischer Traditionen noch dem befreienden Handeln Jesu, wie es die Evangelien zeigen.“ Woher „wir“ dies wissen, behalten die Autoren für sich.

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Was sollte man in der Gemeinde singen? MUSIK Choral oder Lobpreis, deutsch oder englisch, Paul Gerhardt oder Arne Kopfermann? In nicht wenigen Gemeinden gibt es Diskussionen über die passende Musik im Gottesdienst. Dazu ein Beitrag des Produzenten und Komponisten Jochen Rieger (Greifenstein/Mittelhessen). Letzten Sonntag war ich für die Musik in meiner Freien evangelischen Gemeinde zuständig: Zusammen mit Schlagzeug, Bass und drei Sängerinnen begleitete ich am Flügel vorwiegend Anbetungslieder. Nächsten Sonntag spiele ich die Orgel in einer Evangelischen Kirchengemeinde mit Liturgie, Chorälen und als Einlage mit dem hiesigen Pastor einige Jazz-Stücke am Piano. Beides macht Freude. Hinter beidem kann ich stehen. Warum es in Gemeinden wegen der Musik zu Streit kommt, liegt oft an der praktizierten Einseitigkeit.

Eine ewige Diskussion Jede Zeit hat offensichtlich ihre Diskussionen über Musik. Nicht allzu lange her war es das Schlagzeug, das wegen seiner Rhythmik und Lautstärke als zu „weltlich“ galt. Vorher waren es die schwungvollen Lieder zur Gitarre, davor – um die Jahrhundertwende – die ach so lauten Posaunenchöre, die angeblich Blasmusik- und Bierstimmung in die Kirchen brachten, und irgendwann vor langer Zeit sogar die Orgel – heute d a s sakrale Instrument –, die ihren Anfang als Radau- und Zirkusinstrument nahm. Jetzt wird über die richtige Art der Anbetung im Lied diskutiert. Doch das Thema ist alt! Anbetungslieder gibt es seit Menschen Gott loben. Wir finden sie in vielfältiger Weise in der Bibel und besonders im Liederbuch der Bibel – den Psalmen. Dabei wird deutlich, dass Menschen Gott von tiefster Trauer bis zu übersprudelnder Freude besingen und anbeten (siehe Psalm 22).

hobenen Händen sanft im Rhythmus wiegend Anbetungslieder singen. Aber auch hier lässt die Bibel alles offen: Gott wird ebenso auf den Knien wie mit erhobenen Händen gelobt und angefleht (Philipper 2,10; 2. Mose 17,8ff).

Was ist eigentlich Anbetungsmusik? Was sind nun „Anbetungs-, Lobpreislieder“ bzw. auf Englisch „Worship-Songs“? Es sind Lieder, die vorwiegend Gott in seiner Dreifaltigkeit (Vater, Sohn und Heiliger Geist) anbeten. Dass damit einige einen bestimmten Musikstil (Genre) verbinden, liegt an den Formen (vorwiegend in den Freikirchen) und der Vermarktung, ist aber musikwissenschaftlich nicht korrekt. Denn Anbetung bezieht sich auf den Inhalt der Liedtexte und sagt über die musikalische Umsetzung zuerst einmal nichts aus. So ist der Choral von Gerhard Tersteegen (1697–1769) „Gott ist gegenwärtig, lasset uns anbeten und in Ehrfurcht vor ihn treten“ sicherlich in den Lob- und Anbetungsteil eines Liederbuches zu setzen. Und doch ist er kein typisches „Anbetungslied“. Denn man verbindet mit dem Begriff inzwischen im innergemeindlichen Sprachgebrauch einen „christlichen Musikstil“, der O

Wenn Gemeindemitglieder überfordert werden Das zeigt: Es gibt in der Bibel kein Plädoyer für einen bestimmten Musikstil. Verwirrung gibt es aber heute durch ständig neue Lieder, die besonders viele ältere Gemeindeglieder irritieren. Statt mehrerer Strophen, die eine Entwicklung des Inhaltes darlegen, gibt es nun sich öfter wiederholende Textpassagen und Melodiephrasen. Statt Orgel oder Posaunenchor nun Band. Statt Chor nun Singeteam oder Solist. Die Liste lässt sich fortsetzen.

Foto: PR

Hände hoch oder Knie runter Auch die gottesdienstlichen Ablaufformen sind im Wandel. Nicht selten wird die Liturgie gekürzt oder weggelassen. Stattdessen wird ein Anbetungsteil mit entsprechenden Liedern vor der Predigt eingefügt. Stein des Anstoßes ist teilweise auch die äußere Haltung. „Hände runter, wer einen Kaffee möchte“, ironisierte bereits der britische Autor Adrian Plass die charismatischen Gemeinden, die mit er-

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Der Komponist Jochen Rieger


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mit moderneren Rhythmen, gitarrenbetonter Begleitung, teilweise wiederholenden kurzen Textpassagen, eingängigen Melodien vorwiegend von Solisten, mit Band oder kleinen Singeteams in Verbindung gebracht wird. Auch andere neue Lieder aus den USA, die nicht Anbetung als Textinhalt haben, werden inzwischen als „Anbetungslieder“ bezeichnet, weil sie ähnlich gesungen werden. Es ist wie mit den „Grünen“: Im allgemeinen Sprachgebrauch sind damit nicht etwa grüne Männchen vom Mars, sondern eine politische Partei gemeint. „Worship“ bzw. „Anbetungsmusik“ ist somit eine Marke geworden – zumindest innerkirchlich. Der hauptsächlich im katholischen Raum verbreitete Ausdruck für aktuelle Lieder für Kirche und Gemeinde „Neues Geistliches Liedgut“ ist umfassender und daher in vielen Fällen zutreffender. Sie schufen viele bis heute gesungene Choräle:

Matthias Claudius

Paul Gerhardt

Gerhard Tersteegen

Sie stehen für moderne christliche Musik:

Albert Frey

Markus Egger

Arne Kopfermann

Wie es zur „Worship-Bewegung“ kam Zwei Entwicklungen haben dabei die Anbetungsliederbewegung unterstützt: 1. das etwas erstarrte gemeindliche und kirchliche Liedrepertoire und 2. der Wunsch einer Generation nach emotionaler Erfahrung – weg vom „verkopften“ stressigen Alltag und ausgeklügelten theologischen Richtigkeiten. Das Liedrepertoire der etablierten Kirchen konnte der schnelllebigen und rhythmisch geprägten Zeit nicht folgen. In den meisten Gesangbüchern fanden sich noch vor ca. 20 bis 30 Jahren kaum neue rhythmisch geprägte Lieder oder Gospelsongs. Als auf dem Musikkongress „Jubila 75“ eine Gruppe aus der Jesus-People-Bewegung um Markus Egger (der beim Musical Hair mitmachte) lautstark christlichen Rock präsentierte, gab es hitzige Diskussionen über „angemessene Musik zur Ehre Gottes“ und viele verlassene Sitzplätze. Und das auf einem Kongress, der die neue geistliche Musik voranbringen wollte und missionarisch geprägt war! Zwar war der Band-Klang damals keineswegs ausgegoren, teilweise ohrenbetäubend laut und

verzerrt, so dass vom Text kaum etwas zu verstehen war, aber der Grundstein zu ganz anderen musikalisch-geistlichen Äußerungsformen aus der ehemaligen weltlichen Szene war gelegt. Doch schon damals waren Kantoren so gut wie nicht zu finden. Auch die offiziellen KirchenmusikAusbildungsstätten hatten geistliche Pop- und Gospel-Musik nicht auf dem Lehrplan. Da ist nicht verwunderlich, dass es neue geistliche Lieder schwer hatten, in den Kirchen und Gesangbüchern Wurzeln zu schlagen. Selbst freikirchliche Sängerbünde waren noch stark „kantoral“ geprägt. Auch die theologische Ausbildung an den Universitäten ist lange Zeit von traditionellen Formen dominiert gewesen. Einen Gospel-Musik- oder Anbetungsteil anstatt der Liturgie konsequent in den Gottesdienstablauf am Sonntagmorgen einzufügen, war bis vor kurzem vielfach kein Thema. Das machte man höchstens zu besonderen Gelegenheiten wie Konzerten, offenen Gottesdiensten, Evangelisationen, soweit sie in Kirchen stattfanden. Aber der Druck von der Basis wuchs. Und eine Generation, die von Pop, Rock, HipHop, Soul, Reggae, Latin, Jazz, Techno, Heavy Metal usw. geprägt war und immer multikultureller wurde, konnte man weder mit Orgelmusik noch mit „Heilsliedern“ oder erwecklichen Liedern zur Gitarre in die Gemeinde ziehen.

Ein dominanter amerikanischer Einfluss Es war also wieder einmal Zeit für einen Musikstilwandel. Er ist diesmal überkonfessionell gewesen. Christliche Musik sollte nun zeitgemäß klingen. In christlichen Musikerkreisen kursierte das Wort „Radio-tauglich“. Aus den USA kamen zuerst die neuen Songs, die Gefühl, Klang und geistlichen Anspruch in einem Wort vereinigten: „Worship“. Die Lieder fanden schnell Übersetzer. So zog der neue „Musikstil“ zuerst in die Freikirchen ein – besonders in Pfingstgemeinden und charismatische Gemeinden. Der US-Einfluss war und ist heute noch dominant, sind doch in den Charts (Ranglisten) aktuell in Deutschland Namen wie Chris Tomlin, Brian Doerksen, Matt Redman usw. Dauerbrenner. Auch deutsche Liedermacher wie Albert Frey, Lothar Kosse, Daniel Jacobi, Arne Kopfermann u. a. kreierten bald Anbetungslieder, die Einzug in Gemeinden und zunehmend auch Kirchen fanden, weil sie deutsche Texte hatten.

Durchbruch zur Jahrtausendwende Anbetungslieder wurden (obwohl in einzelnen Kirchen und Kreisen schon viel früher gepflegt) spätestens Anfang der Jahrtausendwende zu d e r neuen geistlichen Musik in den Freikirchen und vermehrt auch in beiden Großkirchen. Sie bildeten eine Gegenwelt zur traditionellen Kirchenmusik. Im Laufe der Zeit entstanden explosionsartig Tausende von neuen Liedern, deren Inhalt sich oft nicht wesentlich unterschied, auch klanglich nicht. Einen nicht unerheblichen Anteil an dieser Entwicklung haben auch die christlichen Verlage mit ihren Liederbuchserien „Feiert Jesus“, „Du bist Herr“ usw. Entstanden sind dabei auch

Fotos: H.-D. Falkenstein / ddp images, ddp images, idea Archiv, PR (3)

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Ein traditioneller kirchlicher Kinderchor in Würzburg. Rechts: ein charismatischer Anbetungsgottesdienst in Augsburg.

eingängige, gut nachsingbare Ohrwürmer wie „Ruft zu dem Herrn“ (Darlene Zschech) oder „So groß ist der Herr“ (Chris Tomlin) und wertvolle geistliche Lieder, die inhaltlich keine typischen Anbetungslieder sind, wie „Anker in der Zeit“ (Albert Frey) oder „Lege deine Sorgen nieder“ (Sefora Nelson). Sie machen ihren Weg.

Kein Gloria ohne Kyrie Bei aller Musik – auch der neuen Anbetungsmusik – sollte freilich nicht einfach gelobt werden um des Lobens willen oder weil loben Spaß macht und guttut. Danken hat etwas mit Denken zu tun. Lob und Dank sollen nicht unbegründet sein. Das hat die bewährte Liturgie in den Landeskirchen begriffen und alle, die sie praktizieren: kein Gloria (Lobgesang) ohne vorheriges Kyrie (auf Deutsch: Herr, erbarme dich). Erst wer die Sündhaftigkeit seines eigenen Handelns unter das Kreuz gebracht hat, kann auch aufrichtigen Herzens für Vergebung und Erlösung danken.

Fotos: David Ebener / dpa / lby, Gebetshaus / Michael Augsten

Keine Musik für den Dom Vor allem in Kirchen stoßen freilich rhythmische MelodieFiguren, Schlagzeug und E-Gitarre schnell an akustische Grenzen. Es verschwimmt alles wegen des Halls und Raumklanges zu einem Klang-Brei. Denn Kirchen und Dome wurden von Architekten zu einer Zeit gebaut, in der man musikalisch anders anbetete: durch Choräle, ein- und mehrstimmige Chor- und Gemeindegesänge und Orgelklänge. Sie erfüllten die Teile der Kirche. Der Klang hatte Zeit, sich zu entfalten. Man selbst konnte förmlich auf die (akustische) Antwort von oben warten, weil auch das hohe Gewölbe den Blick und die Gedanken nach oben zog. Eine wunderbare Einheit von Raum und Klang zur Ehre Gottes konnte sich so entfalten. Diesen Aspekt gilt es von den Lobpreisleitern – insbesondere in Kirchen – noch verstärkt zu berücksichtigen.

Jetzt wird die Liturgie wieder entdeckt! Die Angst einiger Freunde traditioneller Lieder und Choräle, dass es bald nur noch Anbetungslieder gibt, ist unbegründet. Der Zenit dieses Booms ist überschritten. Längst suchen die deutschen Lobpreiskünstler nach „neuen-alten“ Wegen. Sie entdecken wieder die Liturgie, die alten „Hymnen“ (Choräle und Heilslieder), die Messe, traditionelle Urklänge und alte biblische Instrumente wie die Harfe und die Lyra und wollen „anders preisen“.

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Was gut ist, kommt wieder Inzwischen habe ich selbst verschiedene Ären der christlichen deutschen Musikszene mitgemacht. Was bleibt? Meist die Lieder, die gute zeitlose und tiefe Texte haben, die Menschen im Inneren bewegen. Texte und Melodien, an die sie im Alltag erinnert werden und die ihnen helfen, sind gefragt. Sich wiederholende Phrasen und eine emotionale Stimmung zeigen nur kurzfristige Wirkung. Das Sieb der Zeit lässt die inhaltsdünnen Zeitgeist-Hits durchfallen. Nur echte Substanz bleibt letztlich erhalten. Es sind eben auch die guten Choräle von Paul Gerhardt oder Martin Luther, Gerhard Tersteegen, Matthias Claudius (1740– 1815) und anderen, die über Jahrhunderte „geistlich relevant“ geblieben sind, auch weil sie in schwerer Zeit praxisnah entstanden (z. B. im 30-jährigen Krieg). Andererseits wurde aber auch zu früheren Zeiten eine Unmenge von Liedern getextet und komponiert, von denen heute keiner mehr etwas weiß. Gelassen kann ich daher die guten reifen Früchte pflücken, Bewährtes genießen und nach 1. Thessalonicher 5,21 handeln: „… prüfet alles, das Gute aber behaltet.“

Ist eine Choral-Quote die Lösung? Was ist also für die Gemeinden bedeutsam? Sicherlich eine gute Mischung. Denn auch in der Gemeinde gibt es Jung und Alt, melancholisch und temperamentvoll veranlagte Menschen. Fans von englischen und deutschen geistlichen (Lobpreis-)Liedern. Und Liebhaber verschiedener Musikstile. Das bedeutet nicht einen Mischmasch aller Formen und Stile, sondern eine am Gemeinde-Profil und den Mitgliedern orientierte Vielfalt, die man nicht allein einigen Lobpreismusikern und Kantoren überlassen sollte. Vielleicht wäre eine Lobpreis- oder Choral-Quote sinnvoll, die man durch Beschluss der Gemeindeleitung bzw. des Presbyteriums empfiehlt (nicht befiehlt!). Es sollten also nicht nur Choräle oder nur Anbetungslieder gesungen werden. In jedem Falle sollen möglichst viele Menschen – auch Kinder! – erreicht und zur Anbetung des Höchsten geführt werden, der Himmel und Erde und die Musik geschaffen hat. So lernen Ältere das eine oder andere Anbetungslied schätzen, weil es sich leicht lernen lässt. Und mancher Jüngere entdeckt vielleicht, dass die traditionellen Lieder genauso das Innere ansprechen und außerdem auch mit Band gut klingen. P


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G A S T KOM M E N TA R

» Im Neuen Testament findet sich ein wichtiger Appell: › Betet für alle Obrigkeit ‹ « Pastor Ertan Cevik lebt seit 1999 als Gemeindegründer in der Türkei. Er leitet die Baptistengemeinde in Izmir.

Die jungen Türken wollen Freiheit Liebe Leserin, lieber Leser, die Türkei steht weltweit in den Schlagzeilen, nachdem es zu blutiger Gewalt zwischen der Polizei und rund 5.000 Demonstranten in Istanbul gekommen ist. Vordergründig ging es darum, dass die Regierung im Gezi-Park im Zentrum der Millionenmetropole ein Einkaufszentrum errichten wollte. Die Demonstranten aber wollten den Park erhalten. Ihnen reichte das Versprechen der Regierung nicht, die Entscheidung eines Gerichts über einen Baustopp zu akzeptieren. Sie wollten mehr - und wurden von der Polizei vertrieben. Auch in anderen Städten wurden Demonstrationen mit Tränengas, Wasserwerfern und Schlagstöcken beendet.

Der Islam wurde kräftig aufgewertet Trotz Toter, vieler Verletzter und Verhafteter: Die Regierungsgegner – vorwiegend junge Leute – gehen weiter auf die Straße. Denn sie wollen vor allem mehr Freiheitsrechte. Über das Internet und über die sozialen Medien sind sie vernetzt. Ministerpräsident Erdogan ist seit zehn Jahren an der Macht. Wer 2003 ein Jugendlicher war, der hat nie einen anderen als diesen konservativen Regierungschef kennengelernt. Der Islam wurde in seiner Zeit kräftig aufgewertet. Doch das wollen nicht alle jungen Leute. Sie möchten so leben, wie

sie wollen, und nicht so, wie es von ihnen als Muslimen erwartet wird. Ein Beispiel: Wenn ein unverheiratetes Pärchen Hand in Hand durch die Straßen schlendert, wird ihnen unmoralisches Verhalten vorgeworfen – von islamischen Geistlichen wie auch einfachen Bürgern.

Ein Kuss in der Öffentlichkeit geht gar nicht Ein Kuss in der Öffentlichkeit – das geht gar nicht. Im Kampf gegen den Alkoholismus hat die Regierung drastisch die Steuern erhöht. Eine Flasche Schnaps kostet nun umgerechnet 30 Euro, vorher 10. Viele können sich das nicht mehr leisten und sind sauer auf die Regierung. Sie fühlen sich gegängelt und bevormundet. Erdogan hat überall im Land muslimische Schulen gründen lassen. Doch viele Eltern wollen lieber eine säkulare Ausbildung für ihre Kinder. Seit Jahren protestieren sie – doch ihre Kritik verhallte ungehört. Alle diese Enttäuschungen haben sich mit den Protesten nun Gehör verschafft.

Die Kehrseite der Medaille Andererseits hat die Regierung große Verdienste: Die Wirtschaft boomt, Straßen wurden ausgebaut, viele haben mehr Geld in der Tasche. Auch den wenigen Christen geht es besser. Erdogan hat Gespräche mit ihnen geführt und dafür gesorgt, dass sie nicht länger so stark diskriminiert werden wie früher. So hat die Zeitung Sabah vor kurzem in einer Reportage über unsere Baptistengemeinde in Izmir berichtet. Noch vor wenigen Monaten wäre das undenkbar gewesen. Früher enteignete christliche Stiftungen haben ihr Vermögen zurückerhalten. Wie geht es weiter? Im Neuen Testament findet sich ein wichtiger Appell: „Betet für alle Obrigkeit“ (1. Timotheus 2,2). Das tun wir. Es grüßt Sie herzlich Ihr

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DI E K LE I N E K A NZ E L

» Da maß er noch tausend Ellen: da war es ein Strom, so tief, dass ich nicht mehr hindurchgehen konnte «

Pfarrer Giselher Quast ist Domprediger am Dom in Magdeburg (Sachsen-Anhalt).

Aus dem Buch des Propheten Hesekiel 47,5

Fotos: PR, privat, Jens Wolf/dpa

Nach uns die Flut Ging die Flut durch unsere Städte? Ging sie nur durch die Medien? Oder ging die Flut durch unsere Herzen? Die Katastrophenmeldungen werden weniger, die Katastrophenalarme aufgehoben, die Sandsäcke weggeräumt. Zum ersten Mal überspülte in Magdeburg die Elbe die Innenstadtmauer, Menschen wurden evakuiert, zwei Stadtteile überflutet. Gemessen an den Dramen anderswo im Land, wo ganze Dörfer weggespült wurden, ein gnädiges Geschick! Die Helfer haben ein Happening aus der Flut gemacht: Die Schüler hatten schulfrei, die Studenten vorlesungsfrei, und alle, alle kamen, um Sandsäcke zu füllen, Dämme zu bauen, Evakuierte aufzunehmen. „Krisen GEMEINSAM bewältigen“ schrieb einer an die Elbmauer. Die Flut der Solidarität war groß, Helfen war vielen eine Freude und Selbstverständlichkeit. Die Flut der Nachdenklichkeit nach dem Hochwasser steht noch aus. Wie leben wir mit der Natur zusammen, die natürlich unberechenbar und nicht zivilisiert ist? Wie nutzen wir Gottes gute Schöpfung, ohne uns und sie in Gefahr zu

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bringen? Nach der letzten „Jahrhundertflut“ (2002) wurden die Pläne zum Elbeausbau von der deutschen Bundesregierung gestoppt. Die Flüsse brauchen Raum; in Gefahr bringt sich, wer zu nah am Wasser gebaut hat. Seither haben die Lobbyisten dies kräftig torpediert. Die geistliche Flut des lebendigen Wassers steht noch aus. Wie wirft uns unser Erleben zurück auf Gott, zu dem wir in der Flut um Hilfe gerufen haben? Während eines Flutgottesdienstes im Dom sprachen zwei angereiste Notfallseelsorger vom „Schlamm des Atheismus“ in unserer Stadt, dem der Schlamm der Flut nachfolge, weil die von ihnen Angesprochenen kein Gebet für nötig erachteten. Wir haben ihre Rede gestoppt. Gott geht dem Verlorenen nach, aber er bestraft es nicht. Der Prophet Hesekiel hat den immer mehr anschwellenden Strom zum Bild der Hoffnung gemacht. Ein Strom vom Tempel Gottes, der nicht zerstört, sondern Leben und Frucht hervorbringt. Ein geistlicher Strom, der als kleines Rinnsal beginnt, wie Gott alle großen Dinge im Verborgenen beginnt. Hesekiel hat dieses Bild unseren natürlichen Flüssen abgeschaut. Die Elbe, die Donau, die Mulde sind nicht Bilder der Angst, sondern Bilder der Hoffnung, dass Gott unser Leben überfluten kann mit Hilfsbereitschaft, Hoffnung und Glauben. P

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25.2013

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PORTRÄT

„Lobt Gott“ von den Fluten weggespült FLUTKATASTROPHE Seit Tagen bestimmt das

In der Credo-Gemeinde (lateinisch: Ich glaube) fällt im Juni der Gottesdienst gleich zweimal aus. Am 2. Juni kann Albilt nicht kommen. Denn die Donau hat die Straße zur Gemeinde überflutet. Also ruft er alle 14 Gemeindemitglieder an und informiert sie. Am Sonntag darauf – 9. Juni – hat Albilt so viel mit dem Aufräumen der Flutschäden zu tun, dass er keinen Gottesdienst halten kann. Und zwischendurch ist er – wie er sagt – so verzweifelt, dass er sich überlegt, als Pastor aufzuhören. Doch der Reihe nach: Als die ersten Warnungen vor der Flut bekanntwerden, sichert er vorsichtshalber das Haus, in dem er zur Miete wohnt, obwohl es 500 Meter von der Donau entfernt liegt. Am nächsten Tag dann der Schock. Er wacht um 6 Uhr auf – und traut seinen Augen nicht. Das Wasser hat fast die Fensterbank im ersten Stock – da ist das Schlafzimmer – erreicht. Er schnappt seine Kamera, als er sieht, wie sein Choralbuch vorbeischwimmt. Es trägt den Titel „Lobt Gott“. Zunächst ist er verstört, später kann er schmunzeln: „Wenn das kein Zeichen für den Humor unseres Gottes ist.“ Das Ehepaar rettet die wich-

Rudolf Albilt mit seiner Frau. Sein Choralbuch schwamm an seinem Schlafzimmer vorbei.

tigsten Sachen. Dann müssen sie das Haus verlassen. Das Wasser im Haus steht 2,70 Meter hoch. Vorläufiges Asyl finden die beiden bei einer baptistischen Freundin. Abends ist Pastor Albilt völlig fertig. Er liest noch in der Bibel und bleibt beim 30. Psalm hängen: „Den Abend lang währet das Weinen, aber des Morgens ist Freude.“ Das ermutigt ihn. Doch Schlaf findet er nicht. Er surft im Internet und sucht nach Wohnungsangeboten.

Das Haus ist ein Totalschaden Am nächsten Tag ist das Wasser etwas gesunken. Die Feuerwehr bringt ihn zu seinem Haus. Denn für Pkws sind die Straßen unpassierbar. Das Haus ist schwer geschädigt, stand doch das Wasser im Erdgeschoss wie im 1. Stock. Dann schmeißt er mit seiner Ehefrau Ines weg, was nicht mehr zu retten ist. Auch seine theologische Büchersammlung landet im Müll. Wie hoch ist der Schaden? Er weiß es nicht. Inzwischen haben er und seine Frau Ines eine neue Wohnung gefunden. Die Gemeindearbeit kann weitergehen. P „Katastrophenfonds P 45004“, Kto.-Nr. 33308, BLZ 500 921 00

Fotos: privat (2)

Hochwasser in Deutschland die Schlagzeilen. Wie geht es den betroffenen Menschen heute? Klaus Rösler sprach mit dem Baptistenpastor Rudolf Albilt. Der 69-Jährige betreut die 2002 gegründete Gemeinde in Obernzell bei Passau. In seinem Mietshaus stand das Wasser der Donau 2,70 Meter hoch.

DAS WORT DER WOCHE » Ich bekenne ausdrücklich, dass es eine Zeit gab, in der auch ich – wie viele bürgerliche und liberale Intellektuelle in den 50er Jahren … – den Antikommunismus für die Grundtorheit der Epoche hielt … Aber wer nicht erkannte, dass es einen Antikommunismus gab und gibt, der entstanden ist aus Leid, aus millionenfachem Tod … der hat das 20. Jahrhundert nicht verstanden. Für mich und unzählige Menschen in Mittel- und Osteuropa ist dieser aufgeklärte Antikommunismus … ein Gebot des Humanismus. « Bundespräsident Joachim Gauck bei der Gedenkstunde des Bundestages zum 60. Jahrestag des Volksaufstandes vom 17. Juni 1953

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