Mu s o f f i z i e l Di e s e ik v e l e O r r A u 30. s r ban gan de s ga be is ds S t C chw e i z e h r i s t l ic d a s inge hen he f t et.
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Nachrichten und Meinungen aus der evangelischen Welt
Wer ist Boppi? Andreas und Tamara Boppart übernehmen die Leitung des Missionswerks Campus für Christus.
4 Allianz Thomas Bucher ist neuer Europa-Präsident | 7 Gesundheit Wenn Körper und Seele schmerzen | 11 Männertag Im Spannungsfeld zwischen Gott und dem Mammon 22 Pfarrerskinder Das Pfarrhaus scheint eine andere Welt zu sein www.ideaschweiz.ch
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Pfeiler der Wahrheit Liebe Leserin, lieber Leser Am 3. November feiern die evangelischen Kirchen den Reformationssonntag. Sie rufen die vier Solae, die Kerngedanken der Reformation, in Erinnerung: solus Christus (alleine Christus), sola scriptura (allein die Schrift), sola gratia (allein die Gnade), sola fide (allein durch Glauben). Christuszentrierung, Bibelvertrauen, Gnadentheologie und Glaubenskonzentration sind vier Pfeiler, durch die das Leben Gottes fliesst. Sie sollten nicht von der Stelle gerückt oder durch zusätzliche Lehren erweitert werden. Aber gerade weil sie so grundlegend sind, werden sie angefochten. Mark Galli, leitender Redaktor beim amerikanischen Magazin „Christianity Today“, schrieb kürzlich einen Kommentar mit dem Titel „Was ist mit der Gnade geschehen?“ Galli kommt herum in den USA und besucht sehr viele Kirchen. Er stellt fest, dass in weiten Teilen der amerikanischen Christenheit das Gewicht in der Verkündigung weg von der Gnade und hin zu guten Werken verschoben wurde. Galli wörtlich: „Die radikale Gnade, wie sie im Römerbrief und im Galaterbrief formuliert wird, scheint zu schön, um wahr zu sein. Es ist offenbar sehr schwer zu verstehen, dass Christus für uns starb, weil wir Sünder sind (Römer 5,8), oder dass, bevor wir irgendetwas getan haben, Gott die Welt in Christus mit sich selbst versöhnt hat (2. Kor. 5,19).“ Die Gnade Gottes war zuerst. Sie wirkte, bevor wir das Evangelium geglaubt haben und bevor wir unsere erste Erfahrung im Glauben machten. Schon bevor wir umkehrten und ein neues Leben begannen, war die Gnade Gottes da! Gnade und Barmherzigkeit werden uns ein Leben lang folgen. Was für ein unverdientes Geschenk! Am Anfang steht Gnade, in der Mitte steht Gnade und am Ende des Lebens steht immer noch Gnade. Wir stehen in der Gefahr, die Reihenfolge zu ändern. Wir meinen, zuerst ein bestimmtes theologisches System glauben zu müssen oder bestimmte Gefühle zu haben, bevor wir sicher sein können, dass Gott uns akzeptiert und erlöst hat. Die Zuwendung Gottes ist unsere Rettung. Er hat uns zuerst geliebt. Tragen wir den vier reformatorischen Pfeilern Sorge. Rolf Höneisen
Impressum Idea Schweiz Herausgeber: Idea Information AG, 4410 Liestal Verwaltungsrat: Heiner Henny, Präsident, Sam Moser Stellvertreter, Paul Beyeler, Hans Lendi, Helmut Matthies, Matthias Spiess Ideelle Trägerschaft: Schweizerische Evangelische Allianz (SEA), Verband Evangelischer Freikirchen und Gemeinden (VFG), Arbeitsgemeinschaft Evangelischer Missionen (AEM) Redaktion: Aemmenmattstrasse 22, 3123 Belp, Tel. 031 818 01 44, Fax 031 819 71 60 E-Mail: redaktion@ideaschweiz.ch Internet: www.ideaschweiz.ch
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Chefredaktor: Rolf Höneisen (rh) Büro: Steinackerstrasse 4, 9214 Kradolf-Schönenberg, Tel./Fax 071 642 44 21 E-Mail: rolf.hoeneisen@ideaschweiz.ch Redaktion: Thomas Feuz (tf), Christof Bauernfeind (chb); Erweitertes Team: Christian Bachmann (cb), Mirjam Fisch-Köhler (mf ) Verlagsmanager: Roger Schenk, 031 818 01 33 verlag@ideaschweiz.ch Kundenberatung Anzeigen: Jordi AG – das Medienhaus, Aemmenmattstr. 22, 3123 Belp, Tel. 031 818 01 42; Fax 031 819 38 54 E-Mail: inserate@ideaschweiz.ch
Bildnachweis: Campus für Christus (Titelseite); zvg (Seite 3)
Als ich umherging und eure Heiligtümer besichtigte, fand ich einen Altar mit der Aufschrift 'Dem unbekannten Gott'. Was ihr nun, ohne es zu kennen verehrt, das verkünde ich euch. Apg. 17,22-23 Was kann die Kirche heute tun, damit die Verkündigung nicht weltfremd daherkommt? Paulus hat es uns vorgemacht: In Athen war er aufgewühlt, weil er aus Thessalonich fliehen musste. Trotzdem nutzte er die Zeit, um Stadt und Leute kennenzulernen. Er beschäftigte sich mit dem, was er sah und hörte. Schliesslich wurde er auf dem Areopag in ein öffentliches Gespräch verwickelt. Paulus lobte die Athener zuerst, knüpfte bei ihrer Lebenswelt und bei ihren Fragen an. Auf die Menschen so zuzugehen braucht Kreativität, neue Formen und neues Denken. Ich bin sicher, dass die Menschen dem zuhören, der so seinen Glauben zum Thema macht. Ein Lieblingsbibelwort von Markus Baumgartner, Kommunikationsprofi und Herausgeber des Dienstagsmail.ch, Baar ZG.
Aboservice: Jordi AG – das Medienhaus, Franziska Schüller, Aemmenmattstr. 22, 3123 Belp, Tel. 031 818 01 20, Fax 031 819 38 54 E-Mail: abo@ideaschweiz.ch Abopreise: Jahresabo Fr. 145.–, Seniorenabo Fr. 117.–, Halbjahresabo Fr. 77.–. Das Abo ist unter Einhaltung einer vierwöchigen Frist jeweils zum Bezugsende kündbar. Einzelverkaufspreis: CHF 4.– Konto: PC-Konto 40-788586-4 Idea Information AG, 4410 Liestal Layout/Druck/Versand: www.jordibelp.ch Spendenkonto: Idea Information AG, 4410 Liestal PostFinance, 3013 Bern, Konto-Nr. 40-788586-4 IBAN-Nr. CH14 0900 0000 4078 8586 4 BIC-Code POFICHBEXXX
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N ac h r ic h t e N sc h w e i z
PArDON Fussball-WM in Brasilien – qualifiziert! Ich habe mich gefreut. Doch bei aller Freude über die nächsten Mega-Sportevents mischen auch ungute Gefühle mit. In Sotchi ..., ach lassen wir das, denn Putin und seine Untertanen machen nur wütend. Auch in Brasilien geht der Sportanlass auf Kosten der Ärmsten. Die Ausbeutung von menschlichen Arbeitskräften für die Fussball-WM in Dakar löst Dauerkopfschütteln aus. Und die Sportwelt schaut zu! Macht irgendwelche Feigenblatt-Aktionen und wird nicht müde, alle wirtschaftlichen Vorteile für die entsprechenden Regionen zu preisen. Verlogen! Die schöne heile Sportwelt, der olympische Geist wurde geopfert auf dem Alter der Gewinnmaximierung, der Macht und dem politischen Kräftemessen. Wenn aber ein paar Greenpeace-Aktivisten auf die Ausbeutung der Arktis hinweisen, werden die russisch-diktatorischen Muskelspiele aller Welt gezeigt. Im Vergleich zu all diesen korrupten Sportfunktionären und -verbänden sind diesen Umweltaktivisten die reinsten Friedensboten. Menschen, die sich mit Leben, Zeit und Geld einsetzen für Ideale, von denen wir alle profitieren würden. Und dann ärgern mich Christen, die über diese Menschen herziehen, als hätten sie ein Schwerverbrechen begangen. Die gleichen Christen reagieren, angesprochen auf die Umstände rund um diese sportlichen Grossanlässe, nur mit kritisch-zweifelndem Blick. Ich sehne mich nach einer Predigt mit dem Thema: Die korrupte Sportwelt im Kontext zur Aussage von Jesus: „Was ihr einem der Geringsten angetan habt, habt ihr mir angetan.“ Verena Birchler ist Leiterin Kommunikation bei ERF Medien in Pfäffikon ZH.
„Das ist ein schlafender riese“ eUrOPÄiSCHe eVANGeLiSCHe ALLiANZ Der Zürcher Thomas Bucher ist seit Oktober neuer Generalsekretär der Europäischen Evangelischen Allianz (EEA). Wir fragten ihn nach seinen Prioritäten und Zielen. Thomas Bucher, Sie haben die EEA bereits seit Januar 2013 interimistisch geleitet. Was hat Sie motiviert, sich definitiv für die Leitungsaufgabe zu entscheiden? In meinem Leben bin ich immer wieder in Situationen geraten, wo es zuzupacken galt. Oft waren es Krisensituationen, wo Leitung gefragt war, um die Entwicklung einer Vision und Strategie und die dazugehörenden Prozesse und Strukturen vorwärtszubringen. Die EEA ist an einem solchen Punkt. Nach zehn Jahren in der europäischen Leitung von OM und dem Abschluss von einigen gewichtigen Projekten, hatte ich seit einiger Zeit den Eindruck, dass meine OMAufgabe ein Ablaufdatum hatte. So war ich innerlich auf eine Veränderung eingestellt. Überrascht war ich, dass es diese EEA-Rolle sein sollte. Aber der Zeitpunkt war richtig. Wie stellt sich die EEA heute dar? Wo liegen die Chancen? Für mich ist die EEA ein „schlafender Riese“. Es gibt in den nationalen Allianzen viele Initiativen, Ideen und grosse Kompe-
thomas Bucher Der 57-jährige Zürcher ist am 9. Oktober zum neuen Generalsekretär der Europäischen Evangelischen Allianz (EEA) gewählt worden. Bucher hat die Allianz bereits seit Januar 2013 interimistisch geleitet. Von 2002 bis 2008 präsidierte er die Schweizerische Evangelische Allianz (SEA). "Seine festen christlichen Überzeugungen, seine hohen sozialen Fähigkeiten und die Bereitschaft zu einer breiten Zusammenarbeit" seien ausgezeichnete Voraussetzungen für diese Tätigkeit beim grossen evangelischen Dachverband, schreibt die SEA. Die EEA vertritt nach eigenen Angaben rund 15 Millionen evangelische Christen in 35 Ländern.
tenzen. Vieles ist aber nicht über die nationalen Grenzen hinaus bekannt. Da liegt ein ungeheures Potential, das füreinander und damit auch für die Gemeinden in Europa zugänglich gemacht werden kann. Wo ist aktuell besonders viel in Bewegung? Bewegung, die auch öffentlich wahrgenommen wird, sehe ich im Netzwerk gegen den Menschenhandel (www.europeanfreedomnetwork.org) und in der EEA-Arbeit in Brüssel, wo im Juni von den EU-Aussenministern neue Leitlinien zur Religionsfreiheit verabschiedet wurden, die der EEA-Delegierte wesentlich mitgestaltet hat. Die grosse Chance sehe ich darin begründet, dass die Allianz von der Gemeindeebene zur nationalen und europäischen bis hin zur Weltebene durchgängig vertreten ist und auch wahrgenommen wird. Was sind mittelfristig die grossen Herausforderungen für die EEA? Matthias Spiess, Generalsekretär der Schweizerischen Evangelischen Allianz, hat das Bild des Parketts geprägt. Die EEA sehe ich ebenfalls als genau das und nicht als Dachorganisation. Zurzeit besteht meine Hauptaufgabe darin, dieses Parkett für das zu nutzen, wozu es wirklich geschaffen worden ist. Die verschiedenen Akteure sollen sich begegnen und einen regen Austausch von Ideen, Projekten und Initiativen pflegen. Es sollen auch gemeinsame Aktionen entstehen und gleichzeitig die europäische Ebene mit ihrem besonderen Beitrag wirkungsvoller werden. Dafür braucht es gut funktionierende Strukturen und Prozesse. Die sind jetzt am Entstehen. Welche Dynamik haben die in den letzten Jahren neu aufgenommenen Länderallianzen in die EEA gebracht? Da ist leider in den letzten vier Jahren wegen Vakanzen und personellen Verände44.2013
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rungen nicht sehr viel passiert. Für mich gilt es nun, vor allem die zentral- und osteuropäischen Allianzen so zu integrieren, dass sie ihre Besonderheiten mehr einbringen können und so die EEA bereichert wird. Wohin möchten Sie die EEA führen? Eine der Schlüssel-Bibelstellen für die EEA ist für mich Lukas 4,17 bis 21. Diese Vision des Reiches Gottes ist zentral. Wenn Christen in Europa wieder im guten Sinne prägend sein wollen, dann geht das nur über einen ganzheitlichen Ansatz. Er muss alle Lebensbereiche berühren und er muss glaubhaft zeigen, dass Gott ein Gott ist, der sich um die Bedürftigen kümmert. Das schliesst für mich selbstverständlich die geistliche Bedürftigkeit ein. Dann möchte ich Leiter stärken, damit sie dieser Aufgabe gerecht werden können. Kleine nationale Allianzen sollen so unterstützt werden, damit sie die Bedürfnisse der Gemeinden und Organisationen in ihrem Land abdecken können. Und durch die Vernetzung auf europäischer Ebene sollen Synergien entstehen, die zusätzlichen Schub verleihen.
Bild: zvg
Hat die EEA nachhaltigen Einfluss inner innerhalb der EU? Hat sie in Brüssel eine Stimme? Die EEA ist mit ihrer Stelle in Brüssel sehr gut positioniert, um auch auf europäischer Ebene Einfluss zu nehmen. Es geht dort aber nicht darum, Machtpositionen aufzubauen, sondern im Rahmen unserer Möglichkeiten die Stimme der allianznahen Christen zu aktuellen Themen einzubringen und Meinungsbildung und Gesetzgebung mitzugestalten. Was sind die wichtigen Themen der EEA? Wichtige Themen für die christliche Gemeinde in Europa und damit für die Evangelische Allianz sind unter anderen Gemeindebau und -gründung unter besonderer Berücksichtigung der demografischen Entwicklung, neue Formen der Evangelisation, ein neues Selbstverständnis in einem immer säkulareren Umfeld – wie bringen wir uns ein? –, Menschenhandel, Migranten inklusive der vielen Migrantengemeinden. 44.2013
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Bibelstand an der Basler Herbstmesse Seit einigen Jahren führen die Bibelgesellschaften beider Basel zusammen mit den katholischen und reformierten Kirchen an der Herbstmesse den Bibelstand. Damit wird versucht, Brücken von der Bibel zu den Menschen zu schlagen. In diesem Jahr geschieht dies mit einem Augenzwinkern: Dank moderner Technik können sich die Besucher in biblische Szenen hineinversetzen und so Teil der Bibel werden. Als Geschenk erhalten sie ihr Bild gleich als Fotoprint mit auf den Weg. Seelsorgende beider Basel stehen am Stand bereit, um über das eigene Bild zu diskutieren. Die Basler Herbstmesse findet vom 26. Oktober bis 10. November statt. (idea/kipa) bwww.bibelstand.net
Thomas Bucher: „Ungeheures Potential.”
Was bringt uns die Zukunft? Ich wäre nicht verwundert, wenn es in den nächsten Jahren einige Turbulenzen auf wirtschaftlicher Ebene geben würde. Das wird einen Domino-Effekt im sozialen Bereich zur Folge haben. Damit werden sich vermehrt auch wieder klassische Felder der christlichen Nächstenliebe eröffnen. Als Menschen, die von der Auferstehung von Jesus her leben, können wir jetzt und dann Zeichen der Hoffnung sein und tun und damit Reich Gottes bauen. Interview: Fritz Imhof
Katholische Kirche wirbt in Tram und Kino um Personal Es fehlt an Priestern, Pastoralassistenten, Seelsorgern und Religionspädagogen. Jetzt kämpft die katholische Kirche in der Schweiz mit einer Werbekampagne gegen ihren Personalmangel. Unter anderem wird im öffentlichen Verkehr Werbung geschaltet mit Slogans wie „Vergiss Energizers. Die Arbeit mit den Kids verleiht Flügel“ oder „In so viel Leben eintauchen. Kein Film, kein Buch ist so packend“. Auch in Kinos soll geworben, die Medienarbeit verstärkt und die Präsenz an Berufsmessen erhöht werden. Das Massnahmenpaket kostet rund 900 000 Franken. (idea)
» Sie können einen Kirchenraum nicht mehr einfach nur für den Gottesdienst nutzen, ein, zwei Tage in der Woche, für ein paar Stunden. Niemand würde auf die Idee kommen, sein Restaurant oder seine Firma nur an zwei von sieben Tagen zu bewirtschaften. Aber bei den Kirchen ist dieses Umdenken noch nicht angekommen. Obwohl dies dringend nötig wäre.“ So der Architekt und Bauexperte Daniel Zehnder gegenüber der Agentur Kipa. Zehnder leitet den Architekturwettbewerb für den Neubau der reformierten Kirche in Turgi AG. Rund 400 Personen haben dagegen eine Petition eingereicht. Sie wollen nicht, dass die renovierungsbedürftige Kirche abgerissen wird.
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Die ALPHAVISION ist Programmveranstalterin von FENSTER ZUM SONNTAG auf SRF zwei und produziert das Magazin von FENSTER ZUM SONNTAG. Zur Verstärkung unserer Redaktion suchen wir per 1. April 2014 oder nach Vereinbarung eine/n
Fernseh-Redaktor/-in (80–100%) Sie beherrschen den Redaktions-Alltag, sind in der Lage, präzise und kritisch zu recherchieren. Geschichten von Menschen können Sie spannend und kreativ mit Fernsehbildern erzählen. Sie können gut mit Menschen kommunizieren, haben dazu ein Gespür für Trends und aktuelle Themen und arbeiten effizient, teamorientiert und terminsicher. Wir bieten Ihnen die Herausforderung zur eigenständigen Produktion von Fernsehbeiträgen in einem 8-köpfigen Redaktionsteam an einem gut eingerichteten Arbeitsplatz. Wenn Sie sich mit den Inhalten von FENSTER ZUM SONNTAG identifizieren können und aktives Mitglied in einer Landes- oder Freikirche innerhalb der Evangelischen Allianz sind, senden Sie Ihre vollständigen Bewerbungsunterlagen bis zum 22. November 2013 an: ALPHAVISION AG Jürgen Single, Chefredaktor In der Ey 35, 4612 Wangen bei Olten Tel. 062 205 90 50, E-Mail: juergen.single@sonntag.ch ALPHAVISION, FENSTER ZUM SONNTAG, Postfach 114, CH-4612 Wangen Tel. 062 205 90 50 / Fax 062 205 90 59 – Website: www.sonntag.ch FENSTER ZUM SONNTAG ist ein Projekt von Christen aus Freikirchen und der Evangelischen Allianz
Stelle im Personalbereich
Suchen Sie eine anspruchsvolle Aufgabe im internationalen Personalumfeld ? Dann sind Sie bei uns richtig. Als weltweit tätiges Missionswerk sind wir auf die Vermittlung von Schweizer Mitarbeitenden an in- und ausländische Missions- und Partnerorganisationen spezialisiert. Als professioneller Dienstleistungsbetrieb bietet unser Team in der Deutsch- und Westschweiz unseren Mitarbeitenden international den nötigen administrativen und geistlichen Rückhalt. Wir arbeiten dabei eng mit den Kirchen im In- und Ausland, den Evangelischen Gemeinden sowie Projektpartnern in der ganzen Welt zusammen. Weitere Details zu unserer Organisation und Projekten finden Sie auf www.smgworld.ch. Für unsere Geschäftsstelle in Winterthur suchen wir per sofort eine/n
Bereichs-PersonalleiterIn (100%) Hauptaufgaben Rekrutierung von Lang- und Kurzzeit-Mitarbeitenden für Einsätze im In- und Ausland Vollumfängliche Betreuung dieser Mitarbeitenden, das bedeutet: - Fachspezialist für alle Fragen vor und während der Anstellung sowie beim Abschluss des Einsatzes resp. Rückkehr in die Schweiz - Ansprechperson in Sozialversicherungsfragen - Support und Beratung der Mitarbeitenden in der Zusammenarbeit mit den Partnern und in den Projekten Unterstützung des Missionsleiters in verschiedenen Personalprojekten Kontaktpflege mit Kirchen und Evangelischen Gemeinden, welche Mitarbeiter aussenden möchten oder ausgesandt haben Kontaktpflege und Betreuung der Partnerorganisationen weltweit Öffentlichkeitsarbeiten, z. B. Missions-Ausstellungen und SMG-Events Anforderungsprofil Kaufmännische Grundausbildung mit Weiterbildung Personal-Fachfrau/-mann und/oder mehrjährige berufliche Erfahrung im Personalumfeld Ideal wäre Erfahrung aus einem persönlichen Missionseinsatz Gute Sprachkenntnisse in Deutsch, Englisch und Französisch oder Spanisch Ihr Glaube an Jesus Christus ist Ihre Lebensgrundlage Bereitschaft langfristige Beziehungen zu den Mitarbeitenden im In- und Ausland aufzubauen
Wir freuen uns auf Ihre Bewerbung per Post oder E-Mail! SMG Schweizerische Missions-Gemeinschaft Roman Jösler, Missionsleiter Industriestrasse 1, Postfach 8401 Winterthur joesler@smgworld.ch Tel. 052 235 32 52 www.smgworld.ch
Nahe bei Gott – Nahe bei den Menschen Wir leben in der Gegenwart Gottes. Als von ihm Beschenkte sind wir in unseren Dörfern präsent und für andere da. (Auszug aus unserem Leitbild)
Für unsere Kirchgemeinde suchen wir auf Frühjahr/Sommer 2014
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Aufgrund der aktuellen Teamzusammensetzung wird bei gleicher Qualifikation ein Mann bevorzugt. Was wir uns wünschen: • Sie sind verwurzelt im Glauben an Jesus Christus und verbunden mit der reformierten Landeskirche. • Sie haben Freude daran, das Evangelium authentisch und lebensnah weiterzugeben. • Sie sind eine visionäre Persönlichkeit und gestalten zusammen mit Kirchenpflege und Mitarbeiterschaft das Gemeindeleben. • Sie begrüssen die Arbeit mit verschiedensten Teams, können die Menschen motivieren und verfügen über Leitungserfahrung. Was wir Ihnen bieten: • eine Atmosphäre der gegenseitigen Wertschätzung und Offenheit • eine lebendige Kirchgemeinde mit einem breiten Angebot und vielen freiwillig Mitarbeitenden • ein engagiertes Mitarbeiterteam (Ergänzungspfarrstelle 50 %, 2 Sozialdiakone 120 %, u.a.) • eine aktive Kirchenpflege • ein grosses Pfarrhaus mit schönem Garten Wir freuen uns auf Ihre Bewerbung per Post bis spätestens 15. November 2013 an: Kirchgemeinde Rorbas-Freienstein-Teufen, Susanne Dätwyler-Frei, Präsidentin der Pfarrwahlkommission, Postfach 81, 8427 Rorbas. Auskünfte erteilt Ihnen gern Susanne Dätwyler-Frei unter 044 865 25 73, www.kirche-rft.ch idea Spektrum 44.2013
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Wenn Körper und Seele schmerzen GeSundheit Fast 700 Personen aus medizinischen, theologischen und therapeutischen Berufen nahmen am 24. Riehener Seminar teil.
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nOtiert GR: Kultussteuer soll bleiben Das Bündner Kantonsparlament hat die von den Jungfreisinnigen lancierte Volksinitiative „Weniger Steuern für das Gewerbe" abgelehnt. Die Fraktionen waren sich einig, dass die beiden Landeskirchen sinnstiftende Aufgaben im sozialen und karitativen Bereich wahrnehmen. Sie trügen zum gesellschaftlichen Zusammenhalt bei, würden ethische Werte vermitteln und historische Bausubstanz erhalten. (idea)
BS: Mehr Konfessionslose
Ulrich T. Eble im Gespräch; Brigitta Wössmer, musikalische Einlage zur Entspannung (v.l.n.r.)
uf St. Chrischona referierten Fachleute aus Medizin, Psychotherapie, Seelsorge und Pflege zum Thema „Körperschmerz, Seelenschmerz, spiritueller Schmerz“. Sie zeigten auf, wie sich seelische Schmerzen auf die körperliche Verfassung auswirken und umgekehrt. So wiesen Schmerzpatienten mit Migrationshintergrund aufgrund ihrer körperlichen Symptome oft gleichzeitig auf ihre seelische Verfassung hin. Als Beispiel wurde der Fall einer Frau aus Bosnien genannt, die über starke Herzschmerzen klagte. Zuvor war sie wegen vermuteten Diebstahls entlassen worden. Medizinisch konnte kein Befund erhoben werden. „Die Abklärungen ergaben jedoch, dass die Frau im metaphorischen Sinn des Wortes an gebrochenem Herzen litt“, erklärte Samuel Pfeifer, Initiant des Seminars. Wegen mangelnder Sprachkenntnisse blieben bei Patienten oft Fragen offen und somit die Befürchtung, die eigentliche Ursache der Beschwerden werde verschwiegen. Die Psychologin Brigitta Wössmer wies darauf hin, dass Gruppentherapien mit Migranten gute Resultate erzielt.
Bindungsunfähigkeit führt zu Schmerzen Der Facharzt für psychosomatische Medizin und Schmerztherapie, Prof. Dr. Ulrich 44.2013
Egle aus Freiburg im Breisgau, betonte, dass die frühkindliche Bindung weitreichende Auswirkungen auf das Schmerzempfinden in späteren Jahren habe. „In den ersten zwei Lebensjahren braucht ein Kind eine dauerhafte und gute Beziehung zu mindestens einer verlässlichen Bezugsperson.“ Kuscheln sei für den Aufbau einer Bindung ganz wichtig. Es vermittle dem Kind die Sicherheit, die es brauche, um die Welt zu erforschen und weitere Fähigkeiten zu entwickeln. Die stabile Bindung schütze zudem vor Stress und Schmerz. Fibromyalgie, chronische Schmerzen im ganzen Bewegungsapparat, könne eine Folge fehlender Bindung in der Kindheit sein. In der Celenus Klinik Kinzigtal, der Egle vorsteht, gelinge es dank intensiver Gruppentherapie, Betroffene nach rund sechs Wochen schmerzfrei aus der stationären Behandlung zu entlassen.
Therapeuten sollen immer wieder den Ausgleich suchen Als Ausgleich zur therapeutischen Arbeit nannten die Referierenden die Gemeinschaft mit Familie oder Freunden, Sport, heitere Filme oder schöne Musik als Quelle der Entspannung und Spender neuer Kraft. Als Abschluss der Tagung genossen die Anwesenden deshalb nochmals einen kleinen Flöten-und Klaviervortrag. (mf) P
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Zwischen 1980 und 2012 haben die evangelisch-reformierte und die römisch-katholische Kirche im Kanton Basel-Stadt über die Hälfte ihrer Mitglieder verloren. Die Reformierten haben noch 31 880 Mitglieder (16,5 Prozent), die Katholiken 29 464 (15,3 Prozent). Die christkatholische Kirche zählt 1273 Mitglieder und die Israelitische Gemeinde 1000 Mitglieder. Auf der anderen Seite bezeichnen sich immer mehr Menschen im Kanton Basel-Stadt als religionslos. Derzeit sind es über 44 Prozent (1980: knapp 25 Prozent). Die Muslime machen 9,3 Prozent der Bevölkerung aus. Die Zahlen stammen vom Statistischen Amt und der Koordinationsstelle für Religionsfragen. Zu den Konfessionslosen – rund 86 000 Personen – werden im Kanton Basel-Stadt auch die Angehörigen privatrechtlich organisierter Glaubensgemeinschaften und damit die Mitglieder von Freikirchen gezählt. (idea)
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„Geballte Ladung Dynamit“ ANDREAS UND TAMARA BOPPART Leiterwechsel bei Campus für Christus. Nach 30 Jahren übergeben Hanspeter und Vreni Nüesch den Stab an Andreas 'Boppi' und Tamara Boppart. Warum traut sich Boppi diese Aufgabe zu, weshalb ist Tamara zuversichtlich? Rolf Höneisen hat die beiden besucht. Fünf der 872 einwohner von Jenins Gr heissen mit nachnamen boppart: Andreas (34), tamara (29), Lynn (3), nele (2) und Juna (1). Das Dorf liegt oberhalb Maienfeld, mitten im Heidiland – oder in der bündner Herrschaft – je nach dem, was einem besser behagt. Von hier aus schweift der blick über weite rebberge hinab ins rheintal. Aber die bopparts haben ihre Wurzeln nicht hier. Andreas wuchs erst in Arbon tG, dann in Grabs SG auf, tamara im schaffhausischen Weindorf Hallau. beide sind sportlich. Der grossgewachsene boppi spielt Volleyball, die zierliche tamara ist eine ausdauernde Joggerin. kennengelernt haben sie sich über das gemeinsame Musikmachen in einer band.
Das Baby-Wunder Dass Andreas boppart heute so quicklebendig agiert, ist für eingeweihte ein Wunder. Denn nach der Geburt bewegte sich klein Andreas nicht richtig. Zerebrale Störungen – die sonst üblichen reflexe funktionierten nicht. Man vermutete Sauerstoffmangel als ursache. Dazu kamen Schreikrämpfe, bis ihm die Luft wegblieb. es erforderte das eingreifen der eltern, damit das blau angelaufene kind wieder atmen konnte. eine schwierige Situation. Ihr bub war etwa ein Jahr alt, als die eltern die Leitung ihrer kirche einluden, um für dessen Heilung zu beten und ihn mit Öl zu salben, wie es in der bibel geraten wird. Damals betete Mutter elisabeth: „Lieber Gott, wenn du meinen Sohn nicht gesund machst, dann werde ich das jetzt akzeptieren. Wenn du ihn aber heilst, dann soll sein ganzes Leben dir gehören.“ In den Monaten und Jahren darauf verschwanden die einschränkungen. Dass boppi später theologie studierte und in ein Missionswerk wechselte, war für die eltern keine Überraschung. Seine Mutter sagt: „Ich habe gewusst, dass es so kommen wird – weil Gott mein Gebet ernst genommen hat.“
Andreas und Tamara Boppart Er ist Sekundarlehrer und Theologe, sie Primarlehrerin. Seit zehn Jahren arbeitet Andreas Boppart bei Campus für Christus. Tamara ist Familienfrau und Teilzeit-Lehrerin. Mit ihren drei Kindern leben sie in Jenins GR. Am 2. November lösen die beiden Hanspeter und Vreni Nüesch an der Spitze von Campus für Christus ab, die das Werk während 30 Jahren geleitet haben. b ww.cfc.ch
Heilung für verletzte Herzen tamara beschreibt ihren Mann als „kommunikativ, gewinnend, visionär, gross denkend, humorvoll“. Ist das nicht anstrengend? „Wenn er mein Chef wäre, vielleicht schon“, lacht sie, „aber zu Hause spüre ich eher seine ruhigere Seite.“ boppi kontert: „tamara ihrerseits ist sehr aktiv.“ er sei durchaus nicht der einzige, der Dampf mache. Auch die „drei prinzessinnen“ würden für „ordentlich Zug sorgen“. Schon mit 18 spürte er den Drang und die berufung zu predigen. Doch zuerst wollte er noch eine andere Ausbildung machen. er studierte an der pädagogischen Hochschule St.Gallen. Lehrer wollte Andreas boppart nicht bleiben, mit Jugendlichen arbeiten aber schon. es habe ihn nicht happy gemacht, jungen Menschen den pythagoras beizubringen, während sie sich „fast die köpfe einschlugen, weil sie nicht in die gleiche Gruppe wollten“. er weiss, dass soziale probleme in verletzten Herzen wurzeln. Dann kam der umzug ins bündnerland. Im rahmen der Stiftung Gott hilft prägte boppart die Jugendstation „Alltag“, einen Ort für Jugendliche in problemsituationen. Hier landeten vor allem straffällig gewordene Jugendliche. „Das war meine Wüstenzeit“, meint er. An den Wochenenden predigte er auf events, erhielt er das grosse klatschen. und am Montag war alles anders. Da stand er vor abgelöschten Jugendlichen, die fluchten und in ihrer Wut explodierten. Das habe seine Identität geprägt. er habe gelernt, dass es nicht wichtig sei, was Menschen über ihn sagen, sondern allein das, was Gott über ihn denke. Immer mehr drängte es boppi, den Jugendlichen das evangelium zu bringen, „botschafter der Versöhnung“ zu sein, wie er sagt. 2004 stieg Andres boppart bei Campus ein. Am Institut für Gemeindebau und Weltmission (IGW) studierte er theologie.
Wenn ein Zimmermann eine Revolution anzetteln kann, sollte doch ein Lehrer Campus für Christus leiten können. Wenn andere nicht mitziehen ... Gross, sportlich, intelligent: Wo hat dieser Mann Schwächen? boppi überlegt. Vielleicht dies – er setze manche seiner vielen Ideen nicht um, und zwar dann, wenn keiner 44.2013
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tergeben. „DIe4punkte“, die kernaussagen des evangeliums in vier App-Symbole verpackt, trägt er auf einem Armband.
Bild: Campus für Christus
„Ich brauche in Zukunft dicke Socken“
mitziehe. bei Campus habe er gelernt, seine Schwächen „sehr genau zu skizzieren“. So können Menschen mit anderen begabungen als ergänzung eingesetzt werden. Aufgrund dieser erkenntnis hat er sich eine eigene truppe aufgebaut. “Die power eines sich ergänzenden t teams ist unglaublich“, strahlt er. „Wenn du in Leiterschaft wachsen willst, dann steh zu deinen Schwächen und setze genau dort Menschen ein, die darin eine Stärke haben.“
Am t tag, an dem t tamara in der Schule unterrichtet, übernehmen papi boppi und t tamaras Schwester die drei Mädchen jeweils halbtags. Seine Hobbys neben der Familie: Grillieren mit Freunden – und Campus. Die Arbeit als Hobby? boppi sieht sein Leben als Ganzes, nicht in Sektoren. er glaube und lebe nach einer Aussage von Jesus (Johannes 5,19): „Der Sohn kann nichts von sich selbst aus tun; er tut nur, was er den Vater tun sieht.“ So komme es gut. es muss an dieser Grundhaltung liegen, dass Andreas boppart am 2. november in die Fussstapfen von Hanspeter nüesch als Leiter von Campus für Christus treten will. Am 23. Januar 2013 war es offiziell: Die bopparts folgen auf Hp und Vreni nüesch. boppi tippte ins Facebook: „Das ist der Grund, warum ich ab dem 2. november 2013 dicke Socken brauche.“ Dass er diese Aufgabe ohne Managementausbildung anpackt, hindert ihn nicht: „Wenn ein Zimmermann eine Weltrevolution anzetteln kann, sollte doch ein Lehrer Campus leiten können.“ Mit Gott sei dies möglich. Campus verfügt über eine erfahrene Geschäftsleitung. Auch jeder Arbeitsbereich ist gut geleitet. Sie alle werden den neuen Leiter unterstützen. Andreas boppart soll das Werk visionär leiten. Mit seinem evangelistischen Herzen soll er die kernkompetenz von Campus schärfen und mit seiner Liebe für Gemeinden und kirchen die einheit der Christen fördern. Organisation und personalführung übernehmen andere.
Denominell ungebunden
Die Partner der Mitarbeitenden sind wichtig
Aufgewachsen ist Andreas boppart in einer pfingstgemeinde und in einer Freien evangelischen Gemeinde, wobei er immer auch in reformierten kirchen mitgearbeitet hat. Das Gospelhouse in buchs SG entstand aus einer evangelistischen Hauszelle, zu der auch er gehörte. tama t ra stammt aus einer Chrischona-Familie. Heute besuchen sie den ICF in Chur. Denominationen sind dem Auftrag untergeordnet. Diese Campus-Devise gefällt boppi. kirchen sollten „nach aussen wirken“, sie hätten gemäss Johannes 20,21 eine Sendung; er zitiert: „Wie mich der Vater gesandt hat, so sende ich euch.“ Gesegnete sollen den Segen weiterschenken. Alles andere führe irgendwann „zur Verstopfung“. boppi ist bekannt als Jugendevangelist. Geschickt setzt er seine redebegabung ein. Mal lässig, mal provozierend, mal versöhnlich. Das von Campus umgesetzte Webportal „MyStory.me“, das Lebensberichte bringt und kontakte zu Christen ermöglicht, nutzt er auch selbst. er hat immer kärtchen dabei, auf denen der Link zu seiner eigenen Lebensgeschichte hinterlegt ist. Mit Hilfe dieser plattform könne jeder seine persönliche Geschichte mit Gott wei-
bei Campus legt man Wert auf den einbezug der partner der Mitarbeitenden. Stellt sich jemand vor, muss auch dessen partnerin oder partner antreten, und zwar alleine. tamara boppart hat kein schriftliches Mandat bei CfC. Sie wird ihre bisherigen tätigkeiten weiterführen. Zurzeit sieht sie ihren platz in der Familie, ihren Dienst unter den Müttern im Dorf. t trotzdem ist ihre Identifikation mit dem Werk hoch. Die Arbeit ihres Mannes unterstützt sie mit ganzem Herzen. Was genau ihre Aufgabe im Zusammenhang mit dessen erweitertem Campus-engagement sein wird, will sie offen lassen. Gott soll alles führen. es ist ihr innerstes Anliegen, dass Menschen zurückfinden zu Gottes Herz. Ihre ehe haben sie unter psalm 84,11 gestellt: „ein t tag in deinen Vorhöfen ist besser als tausend andere sonst.“ Ihr Leben und ihre Zeit gehören Gott. Da sind sie sich einig. Sie suchen bei ihm immer wieder Weisung, was dran ist und was nicht.
44.2013
Wo hört der Spass auf? boppi ist bekannt als Jugend-evangelist mit Spassfaktor. Gibt es Momente, wo selbst bei ihm der Spass aufhört?
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br e n n p u n k t
„Ja, wenn du mir mein Lieblingsfleisch vom Grill wegnimmst!“ boppi rollt mit den Augen, spasseshalber. es gebe kaum etwas, bei dem ihm das Lachen vergehe. tamara bestätigt dies. und was ist, wenn jemand nicht so tickt, wie boppi will? „tatsächlich nervt es mich, wenn ich etwas siebzehnmal wiederholen muss“, gesteht er. Deshalb sei er weder Lehrer noch pastor geworden. er denke positiv, nach vorne gerichtet. Ihm fehle die Geduld, um ständig zurückzublicken und probleme zu wälzen. es gibt schon entwicklungen, die ihn nachdenklich stimmen. „In europa sehe ich eine grosse not, weil wir Christen keine konsequente nachfolge mehr leben.“ boppi wirkt ernst. „Wir haben uns einen Weichspüler-Jesus zurechtgelegt.“ es fehle an Jüngerschaft. Man müsse junge Christen im unterwegssein mit Jesus begleiten. Jetzt wirkt Andreas boppart ernst. er verweist aufs Lukasevangelium: „Darum kann auch keiner von euch mein Jünger sein, wenn er sich nicht von allem trennt, was er hat.“ Dies widerspreche dem heutigen Lifestyle. er warnt: „Wir dürfen das preisschild der nachfolge nicht entfernen.“ Der event als solcher sei „ein Magnet für suchende Menschen“. Deshalb sei er legitim. Aber Campus achte stark auf die Vor- und nacharbeit rund um jeden Anlass.
Es macht einfach Freude, so leben und arbeiten zu dürfen. Menschen sollen Gott begegnen können
Reklame
„Menschen sollen Gott begegnen können. Dafür investieren wir uns“, unterstreicht der neue Campus-Leiter. „Wir sollten eigentlich immer so nahe bei Gott sein, dass die Menschen zuerst Gott suchen müssen, damit sie uns finden.“ Christen müssten echt sein im Leben und im Glauben. Das schaffe dem Heiligen Geist raum, dann beginne Zerbrochenes zu heilen. er tue alles mit Leidenschaft, be-
Mach dein Herz jetzt zum Beruf! tdsaarau.ch
tont boppi und schnippt mit dem Finger, eine Geste, die auch Hanspeter nüesch gerne einsetzt. Überhaupt erinnert er durch die Art zu argumentieren und die Sprache, die gespickt ist mit begriffen wie „Leidenschaft“, „träumen“, „Visionen“, „einheit“, „evangelium“ an Hanspeter nüesch, den abtretenden CfC-Leiter.
Aufbruchstimmung bei Campus für Christus Campus zählt zu den grössten christlichen Organisationen der Schweiz. 40 Jahre nach der Gründung ist das Missionswerk in 25 Arbeitsfeldern mit 100 Mitarbeitenden im Inland und 800 freiwilligen Mitarbeitenden im Ausland tätig; der Jahresumsatz beträgt rund 12 Millionen Franken. „es braucht Drive, eine solch ‚grosse kiste‘ zu führen“, ist sich Andreas boppart bewusst. Da müsse Zug drauf sein, damit alles in bewegung bleibe. Aber er strahlt: „es macht einfach nur Freude, so leben und arbeiten zu dürfen.“ Zusammen mit der Weisheit der alten Garde und dem Übermut der Jungen bilde das Werk eine „geballte Ladung Dynamit“. bei Campus herrsche Aufbruchstimmung. eine Art rückbesinnung auf den kernauftrag der evangeliumsverbreitung habe eingesetzt. Vor über 30 Jahren, mit der einführung der „Vier geistlichen Gesetze“, diesen knallgrünen Mini-booklets, hatte das Werk viele Christen motiviert, anderen Menschen das evangelium zu erklären. Heute arbeitet Campus mit „MyStory“ und „DIe4punkte“. Das sind Werkzeuge, die es Christen ermöglichen, ihre Geschichte mit Gott und ihren Weg zu Gott zu beschreiben oder anhand einfacher Symbole zu erklären. Man müsse das evangelium nicht neu erfinden, aber herausschälen, wie man es für diese Generation transportiere, sagt Andras boppart mit nachdruck. „europa muss zurückkehren in die nachfolge. Dann wird es auch hier zu geistlichen Aufbrüchen kommen.“ er trinkt sein Glas leer und blickt in die Ferne. „Wir beten für eine neue Dimension der einheit der Christen in der Schweiz. Gemeinsam können wir grössere Dinge tun.“
Jetz und t jeden DoMo schn Vormit tag u pp 062 836 ern! 43 4 3
Mit einem landes- und freikirchlich anerkannten Diplom in Sozialdiakonie Theologisch-Diakonisches Seminar Aarau 44.2013
N ac h r ic h t e N Sc h w e i z
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Die Berufung leben – sich wie ein Fisch im Wasser fühlen FraUenFrÜhStÜck Zum 30-Jahr-Jubiläum wurde ein gesamtschweizerischer Frauentag durchgeführt. „Leben mit Perspektive“ lautete das Thema am Frühstückstreffen von Frauen für Frauen in Emmenbrücke.
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rauen, wohin das Auge blickt! Orange Gerberablüten, orange Taschen mit dem Logo der Treffen und orange gekleidete Mitarbeiterinnen hellten die GersagHalle auf, wo gefeiert wurde. Maja Guidon, Koordinatorin der Deutschschweizer Frühstückstreffen, hielt fest, dass die Anlässe ganz von und für Frauen durchgeführt werden. Campus für Christus unterstütze das Leitungsteam geistlich und organisatorisch. Dass Hanspeter Nüesch und sein Team Frauen immer auf Augenhöhe und mit grosser Wertschätzung begegnet seien, schätze sie dabei sehr.
Aufstehen, weitergehen Umrahmt wurde der Anlass von Carmen Fenk mit Band, Jodelliedern und den eigens choreografierten Tänzen der Gruppe „Tanzidee“ aus Hinwil. Moderatorin Brigitte Frei ermutigte die Frauen, diesem Slogan zu folgen: „Hinfallen, aufstehen, Krone richten, weitergehen!“ Die Referentin, Birgit Schilling aus Köln, sprach vor
über 500 Gästen darüber, wie frau ihre Berufung findet oder wieder neu entdeckt. Als ihr jüngster Sohn in den Kindergarten kam, stellte sie fest, dass ihre Leidenschaft und Begabung mehr der Erwachsenenarbeit gilt. Parallel zur Familie bildete sie sich aus in Coaching und Supervision. „Das Leben in deiner Berufung lässt dich wachsen und reifen. Du darfst als Frau, Ehefrau und Mutter mit Begeisterung berufstätig sein!“
Anteil nehmen und geben „Bei welchen Tätigkeiten blühst du auf, wo vergisst du die Zeit, wenn du dich damit beschäftigst?“, fragte sie. Es brauche Mut, Neues zu wagen, und manchmal finde man nicht auf Anhieb genau das Richtige. Doch dann könne der Kurs korrigiert werden. „Erlaube dir, wirklich Mensch zu sein, und sei barmherzig mit dir. Unsere Berufung finden wir nicht alleine. Wir brauchen das Feedback und die Unterstützung von anderen.“ Birgit Schilling ermutigte, ehrliche, nahe Beziehungen zu leben, Anteil
Carmen Fenks Band riss alle mit (v.l.n.r.): Brigitte Frei, Birgit Schilling, Maja Guidon.
am Leben zu geben und zu nehmen, Verfehlungen zu bekennen, miteinander zu beten und einander zu ermutigen. Dies sei auch per Telefon möglich. „Wenn du das ausleben kannst, was in dir steckt, fühlst du dich wie ein Fisch im Wasser!“ (mf) P b www.frauenfruehstueck.ch
Im Spannungsfeld zwischen Gott und dem Mammon MännertaG Das Finanzsystem ächzt. Im Vertrauen auf Gott und im Befolgen biblischer Prinzipien sollten Christen ihre Mittel alternativ und menschendienlich anlegen, sagte Kurt Bühlmann in Wettingen.
Bilder: Mirjam Fisch-Köhler; Peter Scmid
U
m Verantwortung für ihre Finanzen zu übernehmen, bräuchten Christen einen nüchternen Blick auf Banken, Finanzmärkte und verschuldete Staaten. Sie sollten Verwalter werden, statt verwalten zu lassen. Dafür vermittelte Kurt Bühlmann am Männertag des Männerforums biblische Grundsätze. Laut dem Westschweizer Unternehmer müssen Christen heute „in andere Dimensionen eintreten“; so können sie Gottes Segen an Menschen vermitteln. „Wenn wir dort säen, wo Gott uns dazu auffordert, gibt er es uns in der Ernte zurück. Lass los, was du in deiner Hand hast, dann wird Gott loslassen, was er in seiner Hand hält.“ Kurt Bühlmann plä44.2013
dierte dafür, zuerst in Menschen zu investieren „mit Liebe und Finanzen“, dann in die Landwirtschaft, die Nahrung erzeugt, in Wohn-Immobilien und schliesslich in Silber und Gold. Christen sollten gemäss
Gott vertrauen, schöpferisch verwalten: Lis und Kurt Bühlmann.
den Prinzipien des Reiches Gottes wirtschaften, dann würden sie Vermehrung erleben. Es gelte auf Gottes Stimme zu hören und ihr zu folgen. Lis Bühlmann erzählte, wie Gott sie versorgte, als sie ihm für fehlende Mittel vertraute. Die Probleme Jugendlicher sprach der Berner Schuldensanierer Bernhard Zaugg an: „Umgang mit Geld muss vorgelebt und geübt werden.“ Eltern sollten den Jugendlichen die wahren Kosten aufzeigen und ihnen frühzeitig Verantwortung übertragen. Ein Budget hilft, die Kaufkraft zu erkennen, Prioritäten zu setzen und Ziele zu erreichen. (psc) P b www.maennerforum.ch
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P ro u N d KoN t r a
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1:12-Initiative: Welcher Lohn ist gerecht? abstImmung vom 24. november Bringt die 1:12-Initiative mehr Gemeinschaft statt „the winner takes it all“? Oder gar weniger statt mehr Gerechtigkeit? Beide Lager argumentieren christlich. Simeon Marty studiert in Fribourg Theologie und Geschichte. Er ist Mitglied der Jungsozialisten, die die Volksinitiative lanciert haben.
Pro
Heiliger Bimbam! 2009 verdiente Brady Dougan, Chef der Crédit Suisse, 1820-mal mehr als der Mitarbeiter mit dem tiefsten Lohn in seiner Bank. Dieser hätte beinahe seit der Geburt von Jesus ununterbrochen arbeiten müssen, um gleichviel zu verdienen wie Dougan in einem Jahr. Ein solches Lohnverhältnis bewegt sich jenseits jedes gesunden Verstandes. Bei einem Verdienst, der 100-, 200- oder 1000-mal höher ist als ein anderer: Da scheint jegliche Relation zum Rest der Gesellschaft verloren. Wenn es erstrebenswert erscheint, Millionen zu verdienen, ohne Rücksicht auf andere zu nehmen, in einer Welt, in der ein Viertel der Menschen unter der Armutsgrenze lebt, dann befinden wir uns in einem Zustand der masslosen Gier. Dass exorbitante Löhne und Boni eine Perversion unseres Systems sind, bezweifelt heute kaum noch jemand. Die Frage ist: Was unternimmt eine Gesellschaft als Ganzes gegen diese Übertreibung Einzelner? Unsere Mitmenschen sind zu Recht irritiert, wenn wir als Botschafter von Jesus Christus jene verteidigen, die von einem System profitieren, das auf Ausbeutung und Gier basiert. Das Wirtschaftssystem sollte allen Menschen dienen, damit alle gemeinsam in Würde leben können. Und das Evangelium? Jesus hat klare Worte, wenn es um Reichtum geht: In Markus 6 ruft er dazu auf, nicht dem Mammon zu dienen. Dem lässt er handfeste Taten folgen und vertreibt vor dem Passahfest die Händler und Banker aus dem Tempel (Kapitel 11). Damit setzt er sich mutig gegen eine profitorientierte und gemeinschaftsverachtende Mentalität ein. Wir sind gefragt, in unserer Rolle als Bürger und Bürgerinnen einer direkten Demokratie sowie als Christinnen und Christen, unsere Chance zur Partizipation am Stammtisch wie auch an der Urne zu nutzen. P
Bilder: zvg
Darum geht es
Werner Messmer ist Präsident des Schweizerischen Baumeisterverbandes und früherer Nationalrat der FDP.
Kontra
Die Initianten der 1:12-Initiative versprechen mehr Gerechtigkeit und mehr Geld für Leute mit tiefen Einkommen. Das sind falsche Versprechen, die bei einer Annahme der Initiative zu einem harten und unsanften Aufwachen genau derjenigen Menschen führen werden, für welche die Jungsozialisten mit 1:12 angeblich ins Feld ziehen. Denn statt zu mehr Gerechtigkeit zu führen, untergräbt die 1:12-Initiative die heute funktionierende Solidarität. Paradebeispiel dieser gelebten Solidarität ist die Altersvorsorge, bei der auf das volle Einkommen 8,4 Prozent AHV-Beiträge bezahlt werden. Und alle Erwerbstätigen, auch wenn sie Beiträge von mehreren 100 000 Franken bezahlen, erhalten nicht mehr als die 2340 Franken Maximalrente. 1:12 greift diese Solidarität direkt an. Denn unser Sozialstaat ist auf die hohen Einkommen angewiesen. Werden die hohen Löhne gedeckelt, führt dies automatisch zu massiven Ausfällen bei den Sozialversicherungen. In der Folge fehlen der AHV jährlich bis zu 2,5 Milliarden. Allein bei der direkten Bundessteuer werden der Allgemeinheit bis zu 1,5 Milliarden entzogen. Statt tiefe Einkommen zu heben, wird 1:12 Menschen mit einem niedrigeren Lohn weiter unter Druck setzen. Es ist eine bewusste Irreführung zu behaupten, oben „eingesparte“ Gelder würden auf der unteren Ebene neu verteilt. Dass die tieferen Löhne steigen sollen, weil die grossen Unternehmen im internationalen Wettbewerb wegen 1:12 unter Druck geraten, entbehrt jeder wirtschaftlichen Logik und dem gesunden Menschenverstand. Leidtragende werden all die Menschen sein, die bisher von der funktionierenden Umverteilung, von Arbeitsplätzen und den persönlichen Entwicklungsperspektiven im Erfolgsmodell Schweiz profitiert haben. Darum: Hände weg von sozialistischen Experimenten! Es braucht am 24. November ein klares Nein zur 1:12-Initiative. P
Ziele der 1:12-Initiative: Der bestbezahlte Mitarbeiter einer Firma soll höchstens zwölfmal so viel verdienen dürfen wie der schlechtestbezahlte Angestellte. Die Löhne innerhalb eines Unternehmens sollen dadurch gerechter verteilt werden. Was wird geändert? Das Verhältnis zwischen dem höchsten und dem tiefsten Lohn innerhalb eines Unternehmens soll maximal 1:12 betragen. Dadurch sind die Unternehmen in ihrer Lohnbestimmung nicht mehr unabhängig. Innerhalb der Bestimmungen der 1:12-Initiative können die Löhne frei bestimmt werden. Eine vertraglich festgelegte Lohnobergrenze gibt es nicht. (tf) 44.2013
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KOLU M N E / LE SE R BR I E F E
SYNERGIE LOSLASSEN Spätestens dann, wenn ein Kind volljährig wird, ist für Eltern Zeit, es loszulassen. Beim letzten Kind, welches das Haus verlässt, könnte dies besonders schwerfallen. Ein Brief an unsere Tochter. Liebe Simone träglich halt, sehr schmerzhaft. Seit gut 18 Jahren haben wir dich Andrea ist ein bisschen abrupt als Eltern betreut, dich begleitet aus- und mit ihrem Freund auf deinem Weg, in der Schule zusammengezogen. Michael und der Lehre. Jetzt hast du in machte es etwas harmonischer. Biel eine Jüngerschaftsschule Bei beiden war es aber doch ein angefangen, wohnst auswärts. Loslassen, ein Prozess, für Eltern Es ist absehbar, dass du dann und Kinder. Christoph Wirz nicht mehr lange daheim wohUnd nun du, Simone. Du bist die nen wirst, sondern es wohl eine WG sein Stärkste von allen, ich bin sicher, dass du darf. Du bist das letzte von vier Kindern, deinen Weg machst. Du kannst hartnäckig bei dem wir loslassen müssen. Bei deiner sein. Es ist dir immer wieder gelungen, Schwester Nicole war das Loslassen von auch deinen Vater ein bisschen zu erzieäusserster Härte, weil endgültig. Wir wis- hen. Du hast es mit deiner schier grenzensen beide noch um die Schreckensnach- losen Liebe geschafft, dass ich mich von richt vor sieben Jahren – Nicole sei von ei- meiner Selbstzentriertheit auf einen Weg ner Lawine verschüttet worden. Dann die hin zu einer gewissen Zufriedenheit begeTodesnachricht, Beerdigung, wieder den ben konnte. Ich freue mich darüber, wie Tritt finden im Alltag. Manchmal schien die rasch du denken kannst! Sehr früh hast du Zeit stillzustehen. Kann man das Loslassen angefangen, dir eine eigene Meinung zu nennen, ist das nicht vielmehr ein Entreis- bilden. Du weisst, was du willst, hast Ziele. sen? Nun, es ist wohl ein Loslassen, nach- Nun ist dein Zimmer leer, dein Fehlen fast
Der Autor ist Notar mit Büro in Oberhofen am Thunersee; er wohnt in Lyss.
Antworten machen ratlos Zu: „Nicht jeder Mann mag Küsschen”, (Nr. 43, S.8-11)
Mann gleich pauschalisierend und wertend über die Frauen sprechen würde, wäre wohl schnell als sexistisch abgestempelt. Martin Streckeisen, Bern
Papst und seinen Nachfolgern all die anstehenden „Reformationen” endlich gelingen. Reinhard Roth, Spiez BE
Dann halt ohne sie Zu: „Das Evangelium gemeinsam feiern”, (Nr. 42, S. 4 und 5)
Korrigenda
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Nachrichten und Meinungen aus der evangelischen Welt
Ist die Kirche zu weiblich? IVCG-Leiterin Franziska Enderli und Freikirchen-Präsident Max Schläpfer im Gespräch
5 EGW Bern Grosses Fest in der renovierten Kapelle | 7 Mütter Ulrike Walker ergreift die Initiative für starke Mütter | 15 ACL Heilsames Leben in christlichen Gemeinschaften 22 Sterben Wie man sein Leben einschätzt– Nachrufe auf sich selbst www.ideaschweiz.ch
Lasst doch um Gottes Willen die katholische Kirche mit Bischof Koch in ihrer Trotzhaltung „wir sind die einzige Kirche” alleine. Lasst uns diese Art von Ökumene vergessen. Es war eine Täuschung zu meinen, die Annäherung wäre auf beiden Seiten gleichzeitig verlaufen. Wie zur Zeit Jesu, als die Pharisäer sich im Recht wähnten und dann Jesus verurteilten, so wird es in einem Jahrzehnt mit dieser Institution kommen. Sie wird untergehen, ähnlich wie der Kommunismus. Sobald die Chinesen die Mehrheit der Christen stellen (falls sie die römisch-katholische Lehre überhaupt in Betracht ziehen!) wird die Musik im Vatikan nicht mehr spielen. Da kann nur noch Beten helfen, damit dem heutigen
Selbst wenn nur wenige unserer Leserinnen und Leser es bemerkt haben dürften, möchten wir richtigstellen, dass die Kolumne „Podium” in „idea Spektrum” Nr. 43-13, S. 15, nicht aus der Feder von Marianne Streiff stammte, sondern von ihrer EVP-Kollegin im Nationalrat, Maja Ingold. Obwohl wir aufpassten wie die „Heftlimacher”, unterlief uns während der Heftproduktion diese falsche Autoren-Zuteilung, die wir sehr bedauern und wofür sich die Redaktion bei unseren beiden Kolumnistinnen entschuldigt hat.
Leserbriefe entsprechen nicht unbedingt der Meinung der Redaktion. Wir beachten alle Zuschriften, können aber nicht jede veröffentlichen. Kürzungen unter Wahrung des Sinns behalten wir uns vor. Die Redaktion
Bild: zvg
Ich zitiere einige der Aussagen von Franziska Enderli zum Thema Mann und Kirche: „Frauen halten mehr aus und haben eine höhere Leidensgrenze. – Ich stelle auch fest, dass der Wille der Frau stärker ist. – Ich beobachte aber auch, dass die Offenheit der Männer oftmals zu wünschen übrig lässt. – Männer haben viele Probleme. – Jeder (Mann) sollte einen Mentor haben. – Männer, seid ehrlich, steht auch zu euren Schwächen!” Das Thema an sich erachte ich als wichtig, die Fragen gut und treffend gestellt. Die zitierten Aussagen von Frau Enderli hingegen lassen mich etwas ratlos zurück. Das hier skizzierte Männerbild mag wohl Männer für einige stimmen; eine differenziertere Sicht steht auf! würde aber der Mehrheit unseres Geschlechts gerechter werden. Wer als
unwirklich. Wie soll ich je einmal akzeptieren, dass die Meinung des Vaters nicht mehr so viel zählt, wie diejenige anderer Menschen? Dein Lachen, aber auch deine Sorgen werden mir fehlen. Du hast grosse Fähigkeiten. Du musst es nur noch selbstbewusst abrufen. Du hast in deinem kurzen Leben schon einiges mitgemacht – mehr als die meisten. Aber du bist gewachsen daran, stärker geworden, wirst dich durchsetzen. Dein gewinnendes Wesen lässt dich schnell das Vertrauen anderer Menschen erlangen. Aber Simone, warum bleibst du nicht bei uns, wenigstens noch ein paar Jährchen ... Nein, eben nicht! Geh, weil wir uns gern haben. Kinder sind nur Leihgaben. Dein Vater
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N ac h r ic h t e N sc h w e i z
meos feierte den 50. Geburtstag
Podium
Jubiläum Die interkulturelle Missionsgesellschaft Meos feierte am Samstag in Aarau ein buntes Geburtstagsfest mit fast 500 Gästen.
Der Herbst ist da. Er färbt das Land neu ein. Vielleicht kennen Sie das Gedicht von Rainer Maria Rilke, das den Herbst so wunderbar beschreibt:
e
in Tag voller Überraschungen sollte es werden, und das sei gelungen. „Unsere Erwartungen wurden übertroffen” berichtet Meos-Mitarbeiter Urs Städeli von der Jubiläumsfeier in Aarau. 1963 startete Meos Svizzera (Missione Evangelica per Operai Stranieri in Svizzera) ihre Arbeit mit dem Anliegen, den italienischen Gastarbeitern in der Schweiz die Liebe Gottes bekannt zu machen. In dem halben Jahrhundert ihres Bestehens wuchs daraus ein umfangreicher interkultureller Dienst. Knapp 500 Gäste feierten am Samstag das Meos-Jubiläum. Gleichzeitig konnte der Arbeitszweig „Christen begegnen Muslimen” (CM) sein 10-jähriges Jubiläum begehen.
Tamilische Tanzschritte Das Fest wurde in Meos-Manier gefeiert. Städeli beschreibt: „Viele Sprachen, viele Kulturen, unterschiedliches Aussehen und Jesus mittendrin.” Der Tag sollte bewusst nicht von langen Reden und vielen Informationen geprägt sein. Stattdessen wurde ein bunter Mix in lockerer Atmosphäre geboten. Ein Marktplatz mit unterschied-
Meos feierte in Aarau: Viele Sprachen, viele Kulturen und Jesus mittendrin.
lichen Ständen brachte den Besuchern die Arbeit der Meos näher. Ob man nun tamilische Tanzschritte lernen oder äthiopischen Kaffe rösten wollte, vieles war möglich. In einem Workshop erhielten die Teilnehmer einen Crashkurs in Sachen interkultureller Kommunikation. Das Buffet bot kulinarische Spezialitäten aus vier Kontinenten an. Etwa 40 Personen beteiligten sich an einem Sponsorenlauf, dessen Ertrag der Meos zugutekam. Die kurzen Plenumsveranstaltungen wurden umrahmt von den rockigen Gospel-Klängen der Band „ManUp” aus Wülflingen. (chb) P www.meos.ch b
animato und animato JeuneSSe: Vielfalt mit dynamik und auSStrahlunG
Junges Gotteslob auf vier Saiten
Bild: zvg
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Seit 20 Jahren erfreut das „ensemble animato” mit seinen Klängen. Am Samstag bot das 50-köpfige Ensemble zusammen mit „animato jeunesse” ein Programm vom Feinsten. Nach individuellem Heimstudium und drei Proben überzeugten die 30 Teenager im Zentrum der Gemeinde für Christus in Steffisburg BE. Von Beethovens Ouvertüre zu „Egmont” über Sonaten, Violinkonzerte und moderne Kompositionen spannte sich ein vielfältiger musikalischer Bogen. Markus Geissbühler, Mitinitiant und musikalischer Leiter, überzeugte einmal mehr als Dirigent, Moderator und 44.2013
Komponist („Spiritual Symphony”). Die Solistinnen Debora und Letissia Fracchiolla spielten sich mit „„Tango Sin Nombre” und „On a Bus in Uruguay” in die Herzen des Publikums. Die „Hatikva” und ein sprudelndes Gospel-Medley betonten das geistliche Anliegen des Ensembles. (tf) b www.animato.ch
„Die Blätter fallen, fallen wie von weit, als welkten in den Himmeln ferne Gärten. Sie fallen mit verneinender Gebärde. U Und in den Nächten fällt die schwere Erde aus allen Sternen in die Einsamkeit. Wir alle fallen. Diese Hand da fällt. Und sieh dir andre an, es ist in allen. Und doch ist Einer, welcher dieses Fallen unendlich sanft in seinen F Händen hält.“ Für mich liegen in diesen Zeilen so viel Zuversicht und Vertrauen, dass ich diese Worte immer wieder lesen muss. Die Vergänglichkeit des Lebens und die Hoffnung auf ein sanftes Ankommen bei Gott sind so treffend ausgedrückt und umfangen mich mit Wärme und Liebe, dass alle Zweifel verstummen. Gerade jetzt, wo die Dunkelheit, die Kälte und der Nebel wieder vermehrt unser Leben begleiten, ist es ein Geschenk, wenn wir die Schönheiten des Herbstes sehen und die Verheissung erkennen, die in diesem Welken und Fallen der Natur steckt. Ja, ich bin sicher, dass man daraus Kraft, Ruhe und Freude schöpfen kann und die langen Nächte nicht nur Dunkelheit und Kälte, sondern vielmehr Kerzenschein und Wärme bedeuten können. Es liegt lediglich an der Betrachtungsweise und dem Willen, das Schöne zu sehen. Brigitte Häberli ist Thurgauer Ständerätin und stellvertretende Fraktionspräsidentin der CVP.
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P U BL I R E P OR TAG E
«Ich glaube an den Heiligen Geist ...» – wie denn? Wir lassen im Rahmen der Publiseiten des VFG – Freikirchen Schweiz Präsidenten und leitende Personen von Freikirchen zu Worte kommen, die darüber schreiben, wie sie durch Persönlichkeiten aus andern Konfessionen, Bewegungen und Gemeinden geprägt worden sind. Heute Dr. Jürg Bräker von der Konferenz der Mennoniten.
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ordon Fee, emeritierter Professor für Neues Testament am Regent College, Vancouver, leitete einmal eine Vorlesung mit der Bemerkung ein, dass das Bekenntnis zur Trinität Gottes für viele Christen in etwa laute: «Ich glaube an Gott, den Vater. Ich glaube an Jesus Christus, seinen Sohn. Ich bin mir nicht so sicher, was es mit dem Heiligen Geist auf sich hat.»
Nicht leicht zu fassen In der Gemeinde, in der ich aufgewachsen bin, sprach man zwar durchaus vom Heiligen Geist, wenn es um das Taufverständnis ging; aber man schwieg sich lieber darüber aus, welcher Raum ihm in der gelebten Beziehung zu Gott zukommen sollte. Und in der Tat, der Geist, die Kraft in Person, die an und in uns das Werk Christi zur Gegenwart bringt, wie Fee die Lehre vom Geist bei Paulus zusammenfasste, dieser Geist ist ja auch nicht leicht zu fassen. Ich sehe, dass oft Begegnungen mit Menschen aus andern Kirchen und Gemeinschaften mich einige Facetten davon entdecken liessen. Die Leidenschaft für die Kirche des trinitarischen pfingstkirchlichen Theologen Fee war einer dieser Wegweiser: Die Gaben des Geistes leben in der Gemeinschaft des Leibes Christi. Einen ganz anderen Aspekt entdeckte ich beim orthodoxen Theologen Alexander Schmemann: Die Gegenwart des Geistes in der materiellen Schöpfung, der in allen Dingen ihr ureigenstes Wesen, zu dem sie geschaffen sind, zum Leuchten bringt. Wie das im Dienst an Bruder und Schwester gelebt werden kann, darin hat mich James Houston geprägt, einer der Gründer von Regent College. Von den Brüdergemeinden her kommend, ist er sein Leben lang dem Geheimnis der Person – dem interpersonaDer Autor Dr. Jürg Bräker ist Vertreter der Konferenz der Mennoniten beim VFG – Freikirchen Schweiz. Als Mitarbeiter der KMS koordiniert er die Zusammenarbeit der Mennonitengemeinden der Schweiz und berät sie in personellen und theologischen Fragen.
verwoben war in all dem, was ihm begegnete. Dass der Geist selbst zum Reifen bringen würde, was jetzt vielleicht nur verborgen durchschimmerte. Der Geist als Wirkender, wo sich die Leben von denen berühren, die sich nach dem Einen sehnen: dass ihr Leben ins Einssein mit Jesus münde. Jürg Bräker
Taufe in Mennonitengemeinde
len Raum als Ort der Spiritualität – nachgegangen. Er war ein gesuchter Ratgeber. Er konnte oft mit überraschenden Einsichten auf den Punkt bringen, was sich in meinem Leben unter der Oberfläche abspielte und wo Christus daran war, mich in sein Bild zu formen.
Ich gebe nur weiter ... Ein Gespräch mit ihm ist mir in besonderer Erinnerung geblieben. Es war am Ende des Vormittags. Die lange Liste an seinem Arbeitszimmer zeigte an, wie viele Gespräche er schon geführt hatte. Ich war überrascht, mit welcher Konzentration und Frische er zuhörte. Ein betender Zuhörer: Er hörte nicht nur die Worte, die Lebensgeschichte seines Gegenübers, er hörte durch die Worte hindurch auch das Reden des Geistes. Am Ende des Gespräches fragte ich ihn, ob er nach diesem langen Vormittag nicht müde sei. Er meinte nur: «Ich gebe im Grunde nur das weiter, was ich bekomme. Ich erhalte im einen Gespräch eine Erkenntnis, einen Eindruck, und das gebe ich dann an den Nächsten weiter.» Sein Rat gründete nicht auf seinen eigenen Erfahrungen. Er verstand sich nur als Vermittler: Bei ihm kreuzten sich die Leben von Menschen aus aller Welt, in denen Jesus in unterschiedlichsten Formen Gestalt annahm.
Der Geist bringt zur Reife In seinem Hören und Raten verknüpfte Houston einfach diese Leben miteinander. Er lebte im tiefen Vertrauen, dass Gottes Geist
Konferenz der Mennoniten der Schweiz KMS www.menno.ch • 14 Gemeinden, 2500 Mitglieder (deutsch- und französischsprachig) • Die Gemeinden sind in ihren personellen und theologischen Entscheidungen frei, die KMS bildet die Ebene der Zusammenarbeit und der gegenseitigen Unterstützung • Das oberstes Entscheidungsorgan ist die Versammlung der Delegierten der Gemeinden • Präsidium (Ehrenamt): vakant; Vizepräsident: Andy Martin Arbeitszweige • Pastorale Mennonite Romande PMR / Ältestenrat • Gruppe für Altersfragen AGAF • Mennonitische Jugendkommission MJKS www.mjks.ch • Zeitschrift PERSPEKTIVE perspektive-menno.ch • Schweizerische Mennonitische Mission SMM www.swiss-mennonite-mission.org • Täufergeschichtliches Archiv Jeanguisboden Trägerschaft im Ausbildungs- und Tagungszentrum Bienenberg ATB Liestal (zusammen mit weiteren europäischen täuferischen Gemeindeverbänden) www.bienenberg.ch Mitgliedschaft im der Mennonitischen Weltkonferenz MWK. www.mwc-cmm.org Die einzelnen Gemeinden entwickeln ihre eigenen Leitbilder. «Ein Stück Himmel auf Erden im Baselbiet ...» gibt die Gemeinde Schänzli an: viele Gemeinden betonen in ihrer Vision die verbindliche und bezeugende Christusnachfolge in Wort und Tat, verbunden mit dem Friedenszeugnis, das der Gewaltfreiheit verpflichtet ist. Aktuelle Info Tagung der PMR mit Stuart Murray (Bristol, England) Autor von «The Naked Anabaptist»: Christ und Gemeinde sein im Postchristentum. Projekt: Forum Frieden Im Sommer 2013 wurde ein Round Table Peace zusammengerufen. Ziel des Forums Frieden ist es, nach Formen und Möglichkeiten zu suchen, wie die Verpflichtung zum Frieden regional je unterschiedlich Gestalt gewinnt. Es geht darum, in unserer Gesellschaft aktiv Strukturen zu unterstützen und zu schaffen, die ein gewaltfreies Miteinander fördern.
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N ac h r ic h t e N sc h w e i z
Wo der gute Samen Frucht bringt licHt im oSten Die Schwerpunkte des LIO-Festes bildeten die Lage vieler Waisenkinder in Oststaaten sowie der Menschenhandel.
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offnung säen – so das Thema des Festes von „Licht im Osten“ (LIO). An den Anlässen in Bern und Winterthur, mit Gästen aus Jakutien, Moldawien und der Ukraine, liessen sich 450 Personen von der hoffnungsvollen Botschaft anstecken. Pastor Valentin Nikonenko aus Jakutien, einer Republik im Nordosten Russlands, sprach über das Gleichnis vom Sämann in Lukas 8. Jesus habe den guten Samen dort gesät, wo keine Hoffnung war. Vier Punkte würden die Frucht beeinflussen: der Samen selber, die Qualität des Bodens, der Arbeitseinsatz des Sämanns sowie unsere Erwartung. Die Jakuten beteten die Sonne an und hofften auf eine gute Ernte, so Nikonenko. Doch nur von Gott hänge die Frucht unserer Arbeit ab. In Jakutien werde in Waisenkinder, Aidskranke und Gefangene gesät.
Die moderne Sklaverei Missionsleiter Matthias Schöni machte deutlich, dass die Frohe Botschaft das beste Saatgut der Welt ist. Leere Versprechen, meist für attraktive Jobangebote, seien Teil eines dunklen Kapitels – des Menschenhandels: „In Moldawien verschwinden jedes Jahr 7000 junge Frauen.“ Das EDA definiere Menschenhandel als moderne Form der Sklaverei. Weltweit gibt es bis zu 2,5 Millionen Opfer, davon 80 Prozent Frauen und Mädchen. Im November 2012 führte LIO eine Konferenz zum Kampf gegen den Menschenhandel in Moldawien durch, um Politiker und christliche Schlüs-
selpersonen zu sensibilisieren. Moldawien sei ein Land ohne Perspektive: 80 Prozent Arbeitslosigkeit, 70 000 Waisenkinder. Jeder Vierte suche im Ausland Arbeit. LIO unterstützt deshalb christliche Grossfamilien, die völlig verwahrloste Waisenkinder aus staatlichen Heimen aufnehmen und ihnen Liebe, Geborgenheit und Hoffnung schenken. Bis heute haben 200 Kinder eine Familie in der Ukraine und in Moldawien gefunden. Die Bibel fordere uns auf, den Armen Recht zu schaffen und Waisen in ihrer Not zu helfen, betonte Schöni. Vitalij Sus, Gründer des Vereins „Zukunft den Kindern der Ukraine“, erzählte, wie seine drei aufgenommenen Waisenkinder dank Gottes Liebe körperlich und seelisch geheilt wurden.
Bis an den äussersten Rand Nicolae und Swetlana Sili aus Moldawien, Landesleiter des Projekts „In jedes Haus“, verkünden das Evangelium auch im allerletzten Haus des Dorfes. Durch die Kinder würden oft auch Eltern und Grosseltern zum Glauben finden. Von Januar bis September 2013 wurden in zwölf osteuropäischen Ländern insgesamt 1,5 Millionen Haushalte erreicht. In Nordostsibirien unterstützte LIO die Neuauflage des Neuen Testaments und der Psalmen. Auf waghalsigen Reisen ans nördliche Eismeer wurde der gute Samen unter die Urvölker Jakutiens gesät. Heute gibt es dort 65 Gemeinden. (cb) P b www.lio.ch
Matthias Schöni (vorne) mit Gästen aus Jakutien, Moldawien und der Ukraine.
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Zitiert „Für mich ist alles eine Sekte, was eine Nachfolgegemeinschaft ist. Darum sind für mich auch die evangelische und die katholische Kirche Sekten, allerdings auf tiefer Stufe. Landeskirchen lehnen die übereinstimmende Lehrmeinung ab. Sie fördern das Denken. Kritik ist möglich. Das ist bei radikalen Sekten ganz anders. Gruppen auf hoher Sektenstufe sind am Schluss totalitäre Gemeinschaften, sie sind vereinnahmend. Die Mitglieder opfern Freundschaften, Freizeit, Geld.“ Georg Schmid, langjähriger Leiter der Evangelischen Informationsstelle KirchenSekten-Religionen, definierte dem „St. Galler Tagblatt“, was für ihn eine Sekte ist.
„Aber wer kann sich vorstellen, zur Tochter zu sagen: Du möchtest Prostituierte werden? Wie schön! Wer rät ihr, wenn sie knapp bei Kasse ist, doch nebenbei anschaffen zu gehen? Welcher Mann würde es begrüssen, falls seine Frau zur Aufbesserung der Familienkasse auf den Strich ginge? Wie normal kann ein Beruf sein, wenn kaum jemand diese Fragen mit Ja beantworten kann?” Nina Streeck kritisiert in der „NZZ am Sonntag“, dass die Prostitution zunehmend zu einem Beruf wie jeder andere erklärt und es als normal betrachtet wird, dass Frauen käuflich sind. Sie plädiert für eine Bestrafung der Freier.
“Diese Frauen werden tatsächlich verkauft wie Tiere. Selbst dann, wenn eine Frau in die Prostitution einwilligt, ist sie (...) ein Opfer. (...) In den meisten Fällen behält der Zuhälter das Geld für sich, und viele misshandeln die Frauen körperlich und seelisch. Viele der späteren Opfer werden von den Kinderheimen weg in die Prostitution geholt.” Sandor Szenczy präsidiert das ungarische Hilfswerk Baptist Aid, das versucht, ehemalige Prostituierte wieder in die Gesellschaft einzugliedern.
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N AC H R IC H T E N
Taugt Amerika noch als geistliches Vorbild? USA & EUROPA Lange Zeit galten die USA für viele Europäer – besonders Christen – als Vorbild. Jetzt sind die Amerikaner dabei, ihr Vertrauen zu verspielen. Und zwar nicht nur durch die jüngste Abhöraffäre. S-Geheimdienste haben wahrscheinlich engste Verbündete abgehört, etwa das Mobiltelefon von Bundeskanzlerin Angela Merkel. Politisch in Verruf gebracht haben sich die USA aber in den vergangenen Jahren unter anderem auch durch weithin fruchtlose Militäreinsätze etwa im Irak und in Afghanistan sowie durch einen Berg von Staatsschulden. Nur knapp schlitterte Washington am 17. Oktober an der Zahlungsunfähigkeit vorbei, als die Schuldenobergrenze von umgerechnet 12,3 Billionen Euro erreicht war. Selbst das Vertrauen der USAmerikaner in die eigene Regierung hat mit 19 % einen Tiefstand erreicht und ist seit Januar um sieben Prozentpunkte gesunken, so das Forschungszentrum Pew (Washington).
55 Millionen tote Kinder Auch geistlich und ethisch verlieren die USA – die sich bisweilen als „Gottes eigenes Land“ bezeichnen – an Substanz. So stellen die Vereinigten Staaten bei der Abtreibung traurige Rekorde auf: Jedes Jahr lassen rund 1,2 Millionen Frauen Schwangerschaftsabbrüche vornehmen, oft bis kurz vor der Geburt. Grundlage ist das vor 40 Jahren ergangene Grundsatzurteil des Obersten Gerichtshofs, das die Abtreibung legalisierte. Seither sind in den USA rund 55 Millionen Kinder im Mutterleib getötet worden.
Zahl der Konfessionslosen steigt Auch in geistlicher Hinsicht bröckelt die Glaubensfestung USA. Laut Umfragen wächst die Zahl der Konfessionslosen und Atheisten unter den 314 Millionen Einwohnern so stark wie nie. Nach Angaben des Forschungszentrums Pew stieg der Anteil der Konfessionslosen von 2007 bis 2012 um 4,3 % auf fast 20 %. Mit Besorgnis und Enttäuschung reagiert jetzt ein seit über 30 Jahren in den USA lebender evangelikaler Deutscher mit doppelter Staats-
bürgerschaf t: Werner Bürklin (Boca Raton/ Florida), Gründer und Ehrenpräsident des internationalen Missionswerks „China Partner“.
Aufruf zum Gebet für die USA Der 82-Jährige ruft zu dringendem Gebet für die Vereinigten Staaten auf. Wie er an seine Freunde schreibt, hätten die Gründer der USA vor über 200 Jahren das Land auf biblischen Grundwerten aufgebaut; jetzt scheine sich dies „in immer rasanterer Weise“ zu verändern. Besonders enttäuscht ist Bürklin von Präsident Barack Obama. Dieser habe bei seiner Wahl vor fünf Jahren große Hoffnungen auf Veränderungen zum Besseren geweckt, sie aber nicht eingelöst. So trete er für das Recht von Frauen auf Abtreibung sowie gleichgeschlechtliche „Ehen“ ein. Bürklin war, wie er betont, dankbar, dass Amerika einen Schwarzen zum Präsidenten gewählt habe, aber er sei der falsche Mann im Weißen Haus. Das „Durcheinander“ in Washington zeige seine Führungsschwäche, Unerfahrenheit und Inkompetenz. Es genüge nicht, ein großer Redner zu sein.
Billy Graham fordert Umkehr Besorgt zeigt sich auch der bekannteste US-Evangelikale, Billy Graham (Montreat). Wiederholt mahnte der Baptistenpastor eine geistliche Umkehr seiner Landsleute an. An seinem 95. Geburtstag am 7. November startet eine viertägige evangelistische Kampagne unter dem Motto „Meine Hoffnung Amerika“, an der sich bisher mehr als 25.000 Gemeinden beteiligen wollen. Im Mittelpunkt steht eine Ansprache Grahams unter dem Titel „Das Kreuz“. Dazu sollen Christen ihre Freunde und Bekannten einladen. P
Obama hat viele enttäuscht: Nur 19 % haben noch Vertrauen in seine Regierung.
Fast Spitze bei den Abtreibungen Anzahl pro 1.000 Frauen im gebärfähigen Alter: Österreich:
25,0
USA:
16,0
Deutschland:
7,1
Schweiz:
6,5
Quelle: Eurostat, Weltgesundheitsorganisation
Spitze bei Häftlingen Gefangene pro 100.000 Einwohner: 760
USA: Österreich:
99
Deutschland:
88
Schweiz:
76
Quelle: Statista, Bundesamt für Statistik Bern, International Centre for Prison Studies
Konfessionen in den USA In Klammern: Veränderung zum Jahr 2007
Protestanten:
48 % (-5 %)
Katholiken:
22 % (-1 %)
Konfessionslose:
20 % (+4 %)
Muslime, Juden usw.:
6 % (+2 %)
Mormonen:
2 % (+/- 0 %)
Orthodoxe:
1 % (+/- 0 %)
Quelle: Pew-Forschungszentrum Washington
Fotos: alexfiodorov - Fotolia,AP Photo/Charles Dharapak
U
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Sollen wir alle Flüchtlinge aufnehmen? NÄCHSTENLIEBE Die Flüchtlingstragödien vor der Insel Lampedusa im Mittelmeer mit mehr als 400 Toten haben Europa erschüttert. Die Katastrophe verschärft die Debatte um die Aufnahme der Flüchtlinge, die über Italien nach Deutschland gekommen sind. Wenn ihre erste europäische Station Lampedusa ist, sind sie illegal in Deutschland. Sollten wir alle diese Flüchtlinge aufnehmen?
PRO
Oberkirchenrat Eberhard Grüneberg (Halle) ist Vorstandsvorsitzender des Diakonischen Werkes Evangelischer Kirchen in Mitteldeutschland.
Unser Land kann nicht allein die Flüchtlingsprobleme lösen. Es braucht eine neue gemeinsame Flüchtlingspolitik in der EU. Aber Deutschland hat eine besondere Verantwortung dabei. Panikmache vor Flüchtlingsströmen hilft, sich aus dieser Verantwortung zu stehlen. Niemand verlässt seine Heimat ohne Not, trennt sich leichtfertig von seiner Familie und seiner Kultur. Flücht Flüchtlinge werden in Nordafrika entführt, gefoltert, setzen sich dem Risiko des Ertrinkens aus und verschulden sich für horrende Schlepperkosten – in der Hoffnung, der Verfolgung und der Armut zu entkommen. Deutschland geht es gut. Kein anderes Land ist wirtschaftlich so erfolgreich durch die Weltfinanzkrise gegangen. Viele Staaten weltweit sehen uns als Vorbild. Doch unser Außenhandelsüberschuss hat ein Defizit in anderen Staaten zur Folge. Und unsere Billigimporte und Waffen-
exporte heizen Konflikte in Schwellen- und Entwicklungsländern an. Deutschland und Europa haben eine Verant Verantwortung für das, was in der Welt passiert. Dazu gehört auch die Armutsbekämpfung in anderen Ländern. Wir wissen aus unseren demografischen Hochrechnungen, dass wir Einwanderung brauchen. Da geht es nicht nur um Exzellenz-Berufe. In den neuen Bundesländern leben nur rund 2 bis 3 % Ausländer. Schweden nimmt, gemessen an der Einwohnerzahl, fast viermal mehr Flücht Flüchtlinge auf als Deutschland. Mit einer echten Willkommenskultur, fairen Asylverfahren, der Abschaffung des Arbeitsverbotes im ersten Jahr, der Abschaffung der Residenzpflicht und der Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse würden wir eine humane und zeitgemäße Einwanderungspolitik gestalten, die langfristig für unser ganzes Land positiv wirken wird. P
Komplett offene Grenzen und Zuwanderung in unsere Sozialsysteme überfordern uns.
Günther Beckstein (Nürnberg) ist Vizepräses der EKD-Synode. Von 1993 bis 2007 war er bayerischer Staatsminister des Innern und von 2007 bis 2008 bayerischer Ministerpräsident.
KONTRA
Den Flüchtlingen in Seenot im Mittelmeer muss geholfen werden. Ein der Humanität verpflichteter Staat kann sie nicht einfach ertrinken lassen, sondern muss sie mit aller Anstrengung retten. Auch muss die Lage der Asylbewerber in Deutschland verbessert werden, zum Beispiel durch eine Arbeitserlaubnis nach 6 Monaten Aufenthalt und die Beschleunigung der Verfahren.
Offene Grenzen würden uns bald überfordern Aber eine Kehrtwende in der Ausländerpolitik? Offene Grenzen für Jeden? Das würde den Anreiz, sich unter Lebensgefahr in Richtung EU auf den Weg zu machen, noch verstärken. Außerdem würde die Aufnahme auch in die deutschen Sozialsysteme uns sehr bald überfordern: Die Zahl der 44.2013
Asylbewerber steigt sowieso derzeit stark an, so dass die Aufnahme vielerorts Probleme bereitet. Und wenn wir nur diejenigen aufnehmen, die eine qualifizierte Ausbildung haben, und deswegen bei uns gebraucht werden, werden die Lebensbedingungen gerade in armen Ländern weiter verschlechtert. Zum Beispiel ist es humanitär unverantwortlich, Ärzte aus Ländern abzuwerben, in denen schon jetzt nur ein Arzt je 50.000 Einwohner vorhanden ist.
Fluchtursachen in den Herkunftsländern beseitigen Deswegen heißt für mich die Lösung nicht, allen Menschen Zugang zu unserem Sozialsystem in Deutschland zu geben, sondern die Fluchtursachen in den Herkunftsländern zu beseitigen, auch wenn das sehr teuer und extrem schwierig ist. P
Fotos: Frieder Weigmann, kairospress
Eine humane und zeitgemäße Einwanderungspolitik wirkt sich langfristig positiv aus.
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P FA R R E R SK I N DE R
Das Pfarrhaus ist eine andere Welt PFARRERSKINDER Das evangelische Pfarrhaus galt jahrhundertelang als Kaderschmiede, als Ort von Bildung, Geist und Kultur. Zahlreiche Künstler, Forscher und Politiker sind im Pfarrhaus groß geworden – manche von ihnen sagten sich auch vom christlichen Glauben los. idea-Reporter Karsten Huhn (Berlin) stellt 8 berühmte – oder berüchtigte – Pfarrerskinder vor.
7 Jahre lang ist sie als „Erzieherin der Nation“ bezeichnet worden: Katharina Saalfrank (geboren 1971). Von 2004 bis 2011 moderierte sie die RTL-Fernsehsendung „Super Nanny“, die Eltern in Erziehungsfragen berät. Die Sendung war so populär wie umstritten: Saalfrank erhält sowohl den Deutschen Fernsehpreis in der Kategorie „Bester TV Coach“ als auch einen „Preis der beleidigten Zuschauer“, weil nach Ansicht der Jury die Würde von Kindern durch das Vorführen in Extremsituationen verletzt wurde. Aufgewachsen ist Katharina Saalfrank zunächst in Limburg an der Lahn, später in Wiesbaden als älteste von 5 Geschwistern. Ihr Vater ist Pfarrer, ihre Mutter Lehrerin. Ihr Elternhaus wurde zur Anlaufstelle für Obdachlose: „Deswegen kamen ganz viele – meine Eltern haben sie immer Durchreisende genannt – zu uns. Wir hatten so ein kleines Fensterchen mit einem Fensterbrett, da konnte man die Sachen rausreichen. Wir haben auch Kaffee verteilt, in bestimmten Bechern, die dafür da waren, auch Brote geschmiert.“ In Mainz studiert Katharina Saalfrank Pädagogik. An der Universität der Künste in Berlin bildet sie sich als Musiktherapeutin weiter. Musik begleitet sie seit Kindheitstagen: „Wenn es irgendwelche Adventsnachmittage gab, dann mussten die Pfarrerskinder auch singen. Natürlich waren wir im Kinderchor, ich war im Posaunenchor.“ Saalfrank ist seit 20 Jahren verheiratet und Mutter von 4 Söhnen. Als Jugendliche interessierte Saalfrank die Kirche nicht mehr. Heute sagt sie: Ich hab sehr viel mitgenommen aus meiner Kindheit im Pfarrhaushalt. Ich habe dort erfahren, wie wichtig es ist, Beziehungen aufzubauen, sich auseinanderzusetzen … Und wenn ich mich mit meinen Eltern gestritten habe und die Türe mal hinter mir zugeknallt habe, wusste ich doch: Die Beziehung ist danach nicht zu Ende oder nachhaltig gestört. Die Tür steht auch nach dem Streit immer offen.“
Katharina Saalfrank
Gottfried Benn
Der Dichter: Gottfried Benn Dreimal ist er verheiratet, zudem pflegt er zahlreiche Af Affären. Aufgewachsen ist Gottfried Benn (1886–1956) in Mansfeld (Westprignitz) mit 7 Geschwistern in einem preußischen Pfarrhaus. In Marburg beginnt er ein Theologie- und Philosophiestudium, wechselt dann aber zur Medizin nach Berlin. Benn arbeitet als Pathologe und Militärarzt. In seiner Freizeit schreibt er expressionistische Gedichte, in denen er den körperlichen Verfall und die Banalität der menschlichen Existenz beschreibt. 1933 bejubelt er in den Rundfunkvorträgen „Der neue Staat und die Intellektuellen“ den nationalsozialistischen Staat. Von ihm erhofft Benn sich eine Wiedergeburt der deutschen Nation. In der Folgezeit distanziert sich Benn jedoch von Hitler und geht in die „innere Emigration“. 1938 wird Benn aus der Reichsschrifttumskammer ausgeschlossen und erhält ein Schreibverbot. Das protestantische Pfarrhaus schätzte Benn als „eigentümliches Erbmilieu“, das „in den vergangenen 3 Jahrhunderten Deutschland weitaus die meisten seiner großen Söhne geschenkt hat“. Und Gott? In einem Gedicht wenige Monate vor seinem Tod schreibt Benn: „Ich habe mich oft gefragt und keine Antwort gefunden, woher das Sanfte und das Gute kommt, weiß es auch heute nicht und muss nun gehn.“
Die Terroristin: Gudrun Ensslin Gudrun Ensslin (1940–1977) wächst mit 6 Geschwistern in einem liberalen schwäbischen Pfarrhaus in Stuttgart-Bad Canstatt auf. Ihr Vater gehört während des Nationalsozialismus der oppositionellen Bekennenden Kirche an und ist ein Anhänger der dialektischen Theologie Karl Barths. Gudrun Ensslin studiert in Tübingen und Berlin Germanistik auf Lehramt. Für ihre Doktorarbeit erhielt sie ein Stipendium der Studienstiftung des Deutschen Volkes. 1967 lernt sie Andreas Baader kennen, einen der führenden Köp-
Gudrun Ensslin
Fotos: PR, picture alliance, privat, PR.
Die Super Nanny: Katharina Saalfrank
Johannes Rau
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P FA R R E R SK I N DE R
fe der Rote-Armee-Fraktion (RAF). Ensslin verlässt ihren Ehemann Bernhard Vesper und das gemeinsame Kind und tritt in den „antiimperialistischen Kampf“ ein. Mit Baader zündet sie 1968 in Frankfurt am Main mehrere Brandansät Brandansätze auf Kaufhäuser. Für die Anschläge werden sie zu 3 Jahren Haft verurteilt. Nachdem sie Revision eingelegt haben, kommen sie jedoch zunächst frei und tauchen unter. In der Folgezeit beteiligt sich Ensslin an Banküberfällen und Sprengstoffanschlägen, bei denen mehrere Menschen ums Leben kommen. 1972 wird sie in einer Hamburger Modeboutique verhaftet und zu lebenslanger Haft verurteilt. Ihr Vater fordert die Aufhebung der angeblichen „Isolationshaft“ und anderer vermeintlicher Benachteiligungen im Hochsicherheitstrakt der Justizvollzugsanstalt StuttgartStammheim. 1977 begeht Ensslin mit den dort ebenfalls inhaftierten Andreas Baader und Jan-Carl Raspe Selbstmord. Sie erhängt sich mit Hilfe eines Lautsprecherkabels. „Es ist wahr, dass wir durch unsere Gudrun von einem Schock in den anderen gefallen sind“, sagten Gudrun Ensslins Eltern nach dem gewaltsamen Tod ihres Kindes. „Uns ist vieles vollkommen rätselhaft geblieben.“
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Der Bundespräsident: Johannes Rau Sein Bekenntnis zum christlichen Glauben trägt ihm – bei Freunden wie bei Kritikern – den Spitznamen „Bruder Johannes“ ein. Der SPD-Politiker Johannes Rau (1931–2006) wird in Wuppertal-Barmen als 3. von 5 Kindern des Evangelisten und Predigers Ewald Rau und der Hausfrau Helene geboren. Das Gymnasium bricht Johannes Rau ab und macht eine Ausbildung zum Buchhändler. Er wird Lektor und Vertreter im Luther-Verlag in Witten und Geschäftsführer des evangelischen Jugenddienst-Verlages in Wuppertal. Nebenher versucht er sich selbst als Schriftsteller: In den Erzählungen „Keine spielt wie Gisela“ und „Klaus und das Feuer“ beschreibt er die Schwierigkeiten junger Menschen mit sich selbst und wie sie ihren Weg zu Jesus Christus finden. Parallel dazu beginnt Raus politischer Aufstieg in der SPD: Rau wird Vorsitzender der Jungsozialisten in Wuppertal, Mitglied des Landtages Nordrhein-Westfalen, SPD-Fraktionsvorsitzender, schließlich von 1978 bis 1998 Ministerpräsident. Mindestens ebenso wichtig war Rau die Mitarbeit in seiner Kirche: Von 1965 bis 1999 war er Stellvertretendes Mitglied der Leitung der Evangelischen Kirche im Rheinland. Als Rau 1999 zum Bundespräsidenten gewählt wird, stellt er seine Amtszeit unter das Motto „Ver-
Horst Wessel
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Karl Friedrich Schinkel
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Das heutige „Haus Fichtengrund” im brandenburgischen Templin. Hier wohnte Pfarrerstochter Merkel mit ihren Eltern im 2. Stock.
söhnen statt spalten“. Beerdigt wird Johannes Rau auf dem Dorotheenstädtischen Friedhof in Berlin-Mitte. An seinem Grab befindet sich eine Stehle mit den Lebensdaten und der Gravur: „Dieser war auch mit dem Jesus von Nazareth“.
Der SA-Sturmführer: Horst Wessel Joseph Goebbels, Propagandachef der Nationalsozialisten, verklärt ihn zum „neuen Märtyrer für das Dritte Reich“ und bezeichnet ihn als „Christussozialisten“: Horst Wessel (1907– 1930). Aufgewachsen ist Wessel in einer nationalkonservativen Familie. Sein Vater Ludwig Wessel wirkte als Pfarrer an der Berliner Nikolaikirche. Den Ersten Weltkrieg begrüßt Ludwig Wessel als „Heiligen Krieg“, zu dem er sich selbst als Freiwilliger meldet. Zum Abschied der Rekruten an die Front zelebriert Wessel eine – von ihm erfundene – „feierliche Waf Waffenweihe“: „Wollt ihr mit Gott ausziehen in unseres deut deutschen Volkes heiligen Kampf, euch ihm freudig weihen mit Herz und Hand, mit Leib und Seele? So antwortet und gelobet: Ja, wir wollen es! … Der Herr segne dich, du deutsches Schwert und deinen Träger, er behüte dich, mein Kamerad, auf allen deinen Wegen …“ Die Weimarer Republik lehnt Ludwig Wessel ab; er bleibt ein Anhänger des Deutschen Kaiserreiches. Sein Sohn Horst Wessel wird 1926 Mitglied der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei (NSDAP). Als Führer von deren paramilitärischen Sturmabteilung (SA) jagt er auf den Straßen von Berlin-Friedrichshain kommunistische und sozialdemokratische Jugendliche. 1929 veröffent veröffentlicht Wessel in der nationalsozialistischen Zeitschrift „Der Angriff“ sein Gedicht „Die Fahne hoch, die Reihen fest geschlossen“, das später mit der Melodie eines Seefahrerliedes zum Horst-Wessel-Lied wurde. 1930 wird Wessel von einem Mitglied des KPD-nahen Roten Frontkämpferbundes durch einen Kopfschuss getroffen. Einen Monat später stirbt Wessel an Blutvergiftung. Joseph Goebbels, Gauleiter der NSDAP
Angela Merkel
Elke Heidenreich
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für Berlin-Brandenburg und später Reichsminister für Volksaufklärung und Propaganda, besucht Wessel mehrfach im Krankenhaus. Nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten 1933 wird der Berliner Bezirk Friedrichshain in „Horst-Wessel-Stadt“ umbenannt – der Name bleibt bis zum Kriegsende 1945.
Der Architekt: Karl Friedrich Schinkel Er baut die schönsten Schlösser, Theater, Museen und Kirchen. Aufgewachsen ist er in einem Predigerwitwenheim in Neuruppin (Brandenburg): Karl Friedrich Schinkel (1781–1841). Er ist das 2. von 5 Kindern. Sein Vater stammt aus einer langen Generationenreihe von Pfarrern und arbeitet als Superintendent der Kirchen und Schulen des Kreises. In Schinkels Elternhaus wird viel musiziert. Schinkel selbst spielt Klavier, zeichnet und spielt mit den Geschwistern Theater. Im Alter von 6 Jahren verliert Schinkel seinen Vater. Er hatte sich bei Löscharbeiten bei einem verheerenden Brand eine Lungenentzündung zugezogen. Als junger Mann besucht Schinkel die Berliner Bauakademie und belegt zudem Vorlesungen der Akademie der Schönen Künste. In den folgenden Jahrzehnten steigt Schinkel zum preußischen Oberlandesbaudirektor und Architekten des Königs auf. Seine Bauwerke prägen bis heute das Stadtbild von Berlins Mitte. Er entwirft das Alte Museum am Lust Lustgarten, das Schauspielhaus am Gendarmenmarkt, die Neue Wache Unter den Linden und in Potsdam das Schloss Charlottenhof sowie Römische Bäder im Park von Sanssouci. Seine Aufgabe als Architekt sieht er als „Veredler aller menschlichen Verhältnisse“. Schinkels Verständnis des christlichen Glaubens ist geprägt von Aufklärung und Romantik. „Die Kunst selbst ist Religion“, äußerte Schinkel. Als Hofarchitekt des preußischen Königs arbeitet sich Schinkel buchstäblich zu Tode. Die Arbeitslast wird für ihn so erdrückend, dass der Kronprinz beim König intervenierte, damit Schinkel kürzertreten kann. Mit 59 Jahren erleidet Schinkel mehrere Schlaganfälle. Fortan ist er halbseitig gelähmt und leidet unter einer Seh- und Sprachstörung. Nach einjährigem Siechtum stirbt er in seiner Dienstwohnung in der Berliner Bauakademie.
Die Bundeskanzlerin: Angela Merkel Sie ist Deutschlands berühmteste Pastorentochter: Angela Merkel. Sie kommt 1954 in Hamburg als 1. von 3 Kindern zur Welt. 3 Monate nach der Geburt siedeln ihre Eltern – Horst und Herlind Kasner – in die DDR über. „Wir wollten nicht bei den Fleischtöpfen Ägyptens herumhängen“, erklärt Kasner später diesen Schritt. „Wir wurden doch im Osten gebraucht.“ In der Kleinstadt Templin in Brandenburg übernimmt Horst Kasner den Aufbau eines Pastoralkollegs, das er über 30 Jahre lang leitet. Kasner gilt als ein „fortschrittlicher“ Kirchenmann, der nicht in Opposition zur SED steht. Das trägt ihm den Spitznamen der „rote Kasner“ ein. Angela Merkels Mutter, Herlind Kasner, ist
von Beruf Lehrerin. Eine Tätigkeit im DDR-Schuldienst bleibt ihr verwehrt, so dass sie als Hausfrau arbeitet. So besucht Angela Merkel weder Kinderkrippe noch Kindergarten. Im Gegensatz zu den meisten Jugendlichen geht sie zur Christenlehre und zum Konfirmandenunterricht – nicht jedoch zur Jugendweihe. „Durch meinen Glauben habe ich in dieser Zeit gelernt, dass es richtig sein kann, anders zu denken und anders zu entscheiden, als es andere Menschen tun“, schreibt Merkel über diese Zeit. Zugleich lernt Merkel früh, sich anzupassen und Kompromisse zu schließen: Sie ist Mitglied der Pionierorganisation Ernst Thälmann und in der Freien Deutschen Jugend (FDJ) und dort später für „Agitation und Propaganda“ zuständig. Anders als bei einigen anderen Pfarrersfamilien darf Merkel studieren. Beim Physikstudium in Leipzig lernt sie ihren ersten Ehemann – den Physiker Ulrich Merkel – kennen. Ihr Vater habe sie „entscheidend geprägt“, sagte Merkel in einem Interview: „Er hat immer viel gearbeitet. Arbeit und Freizeit flossen bei ihm zusammen, und manchmal hat er sich mit der Arbeit vielleicht auch von den Familienpflichten ferngehalten.“ Der Deutschen Einheit steht Horst Kasner kritisch gegenüber. Auch mit der CDU, der Partei, in der seine Tochter ab 1990 eine steile Karriere macht, kann er sich nicht anfreunden. Als Angela Merkel 2005 zur Bundeskanzlerin gewählt wird, kommentiert Horst Kasner kühl: „Das kommt nicht alle Tage vor.“
Die Literaturkritikerin: Elke Heidenreich „Bücher, Bücher, Bücher, Schallplatten, Servietten, Gästezimmer, Händewaschen vor dem Essen, kein Geschrei, Höflichkeit im Umgang miteinander, Bücher, Bücher, Bücher.“ So beschreibt die Literaturkritikerin Elke Heidenreich (geboren 1943 im hessischen Korbach) ihren ersten Eindruck des Pfarrhauses in Bonn, in das sie mit 15 Jahren als Pflegetochter kam. Das Lesen hat Elke Heidenreich als Kind durch die harte Nachkriegszeit gerettet: „Die Ehen hielten mit Ingrimm so gerade noch, die Wohnungen waren eng, die Kinder lästig. Ich war das pflegeleichte Kind, weil ich in der Ecke saß, den Mund hielt und las, wenn sie sich anschrien. Ich las mich weg.“ Heidenreich las „Alice im Wunderland“, „Dr. Dolittle und seine Tiere“ und „Pu der Bär“ – die Bücher entlieh sie aus der evangelischen Leihbücherei. „Das war meine Welt, in die konnten mir die Eltern nicht folgen … Lesen heilt keine kranke Lunge, aber es lenkt ab vom Elendsein, 3, 4 Stunden, und danach ist man müde, schläft und hat schon wieder ein bisschen mehr Kraft.“ Das Lesen hat Heidenreich sehr viel Kraft gegeben: Sie war erfolgreich als Schriftstellerin, Literaturkritikerin, Kabarettistin, Fernsehmoderatorin und Opern-Librettistin. Glaubt sie an ein Leben nach dem Tod? „Nein, da kommt nix. Tür auf, durch, Tür zu – Schluss.“ Schade! Heidenreich schreibt: „Unser Kinderglaube, das vertrauensvolle Händefalten und Bitten am Abend, das ist lange schon verloren. Eine diffuse Sehnsucht ist geblieben, und ideaSpektrum 44.2013
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die Hoffnung, das Händefalten möge doch nutzen, wird stärker, wenn man älter wird. Die Geschichten der Bibel sind noch im Kopf, aber nicht mehr so ganz sicher.“ Was bleibt, sind die Erinnerungen an die Zeit im Pfarrhaus: „Mir kommen die Jahre im Pfarrhaus wie eine Oase der Ruhe vor, dabei war es so ein unruhiges Haus: ein Büro mit
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ständigem Betrieb; Hilfesuchende, Bettler, Kranke, Studenten, unglückliche Eheleute, alle klingelten in ihrer Not beim Pfarrer, und alle wurden eingelassen, und wenn weder er noch sie im Hause war, saßen wie selbstverständlich wir Kinder da und hörten uns traurige Geschichten an und versuchten zu trösten und weinten manchmal mit.“ P
Wie das Pfarrhaus die Gesellschaft prägte AUSSTELLUNG Welchen Einfluss hat das Pfarrhaus auf die Gesellschaft? Dieser Frage geht die Ausstellung „Leben nach Luther. Das evangelische Pfarrhaus gestern, heute und morgen“ im Deutschen Historischen Museum in Berlin nach. Karsten Huhn hat sie besucht. Ja, ein Besuch lohnt sich. Denn diese Ausstellung bietet eine wahre Materialschlacht an Interessantem und Kuriosem, sie bringt verschollenes Wissen in Erinnerung und bietet zudem viel Unbekanntes. Los geht’s natürlich mit den Reformatoren. Luther selbst begründete übrigens nicht das evangelische Pfarrhaus, denn er war Professor, aber nie Pfarrer.
Evangelischer Ablasshandel? Gezeigt werden 550 Exponate, darunter Wandschmuck mit Bibelsprüchen, Fotoalben, Notizbücher, Kalender und Register, dazu kommen Ton- und Filmaufnahmen an 30 Medienstationen. Bis ins 19. Jahrhundert waren Amtshandlungen interessanterweise mit einer Abgabe belegt. So war der „Beichtgroschen“ Teil des Einkommens der Pfarrer. Vergebung gegen Geld – eine Art evangelischer Ablasshandel.
Foto: Deutsches Historisches Museum
Gegen Karneval und Obstschädlinge Im Lauf der Zeit genießen die Pfarrer ähnliche Rechte wie höhere Staatsbeamte: wohlsituiert, sozial gesichert, der herrschenden Klasse zugehörig – und kaum vorbereitet auf die Umwälzungen des 20. Jahrhunderts. Evangelische Pfarrer sind meistens kinderreich. Nebenher arbeiten sie als Züchter oder Dichter, Politiker, Erfinder oder auch Rebellen. Mitunter werden launige Erklärtexte mitgeliefert. So heißt es über einen Pfarrer: „Er kämpfte gegen Aufklärungstheologie, Pressefreiheit, Karneval und Obstschädlinge.“ „Leben nach Luther“ wird finanziell unterstützt von der EKD und der Internationalen Martin Luther Stiftung – unkritisch ist die Ausstellung deshalb aber nicht. Sie zeigt, wo das evangelische Pfarrhaus mutig war und wo es versagte. Wenn es um politische Fragen ging, lag die Kirche nicht selten daneben. Unter Hitler schloss sich die Mehrheit der Pfarrer den „Deut „Deutschen Christen“ an; nur eine Minderheit wagte den Widerstand in der „Bekennenden Kirche“. Wenige Jahre später in der DDR wagten es nur wenige, die gottlose Obrigkeit zu kritisieren, andere, wie der thüringische „rote Bischof“ Mo-
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ritz Mitzenheim, wurden für ihre Vasallendienste mit dem „Großen Vaterländischen Verdienstorden in Gold“ geehrt.
An Bedeutung verloren Am Ende stimmt „Leben nach Luther“ melancholisch. Denn der Bedeutungsverlust des Pfarrhauses ist unübersehbar. Er beginnt schon im 19. Jahrhundert, als Ehen nicht mehr vor dem Altar, sondern im zivilen Standesamt geschlossen werden. Die Pfarrer verlieren die Aufsicht über die Schulen; die Kirche steht zwar noch im Dorf, rückt aber immer mehr an den gesellschaftlichen Rand. „Brennt im Pfarrhaus noch Licht?“, heißt die bange Frage im Begleit Begleitband. Die Ausstellung spart die mögliche Zukunft des Pfarrhauses aus. So wirkt „Leben nach Luther“ wie ein Abgesang auf eine fruchtbare Zeit. P b Deutsches Historisches Museum, „Leben nach Luther ...”, täglich 10 bis 18 Uhr, Eintritt 8 Euro, bis 2. März 2014 www.dhm.de • 030 203040
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Luthers Stunde heute
REFORMATION Am 31. Oktober wird der Reformation der Kirche durch Martin Luther (1483–1546) gedacht. Protestanten in weiten Teilen der Welt kommen am Reformationstag zu Gottesdiensten zusammen. Über Luthers Bedeutung für heute schreibt Klaus Baschang (Karlsruhe), Oberkirchenrat i. R. und zuletzt Stellvertreter des Landesbischofs in Baden.
Die entscheidende Frage: Was will Gott mir sagen? Luthers Stunde schlägt immer dann, wenn Menschen beim Lesen ihrer Bibel fragen: Was will mir Gott damit persönlich sagen? Was hat das mit meinem Leben zu tun, was da in der Bibel steht? Auf dieser Glaubensbasis kommt es zu neuen Lebensperspektiven. Luther schreibt in seinem Kleinen Katechismus: „Wir sollen Gott über alle Dinge fürchten, lieben und vertrauen.“ „Aber warum soll ich denn Gott fürchten?“, fragen heute Menschen, die sich modern fühlen. Es genügt doch, wenn wir ihn liebhaben. Gegenfrage: Kann ich einem Gott vertrauen, der harmlos ist und mir nichts abverlangt? Glaube im Sinne Luthers ist nicht leicht,
aber er ist tragfähig. So wurde aus Luthers Stunde das Jahrhundertereignis der Reformation.
Politisch stark, theologisch schwach Alle wissen: Wenn sich die Lebensperspektive vom Glaubensgrund entfernt, droht Unheil. Das ist oft geschehen, das ist nicht Luther anzulasten. Vielmehr hat sich die Kirche selbst oft genug nicht gut genug um die Glaubensbasis gekümmert. Genau dieses geschieht zurzeit wieder. Die EKD will, dass wir in Vorbereitung auf das Reformationsjubiläum 2017 über die „Schatten der Reformation“ nachdenken. Sie hat dieses Thema sogar zu einem eigenen Programmpunkt erhoben. Stattdessen aber müsste sie zuerst den Glaubensgrund den Menschen nahebringen. Es gibt Kirchenleiter, die mit zentralen Begriffen unseres Glaubens nichts anfangen können: etwa der Jungfrauengeburt, dem Sühnopfer Christi, der Auferstehung, der Schöpfungsordnung und der Ewigkeit. Anstatt dies zu erläutern, fordern sie die doppelte Staatsbürgerschaft für Migranten, die Abschaffung des Betreuungsgelds und die Adoption in gleichgeschlechtliche Partnerschaften. Sie geben sich politisch stark und sind theologisch schwach. Luther aber war theologisch stark und darum auch politisch überzeugend,
Fotos: ekd.de, privat
Die von Martin Luther am 31. Oktober 1517 veröffentlichten 95 Thesen leiteten die bisher größte Neuorientierung in der abendländischen Geschichte ein. Luther deckte die verschüttete Basis des Evangeliums neu auf. Um was aber geht es bei dieser Glaubensbasis? Die Bibel sollte als das persönliche Wort Gottes wieder zur Geltung kommen, das die Herzen bewegt und den Verstand anrührt. Es geht also nicht um philosophische Gedankenspiele über Gott und auch nicht um historische Forschungen zum Ablauf der Geschichte Israels.
Klaus Baschang
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wenn er sich denn in politischen Fragen um des Evangeliums willen äußern musste.
Wenn sich die Kirche auf Luther beruft, dann bitte richtig! Nun hat die EKD in dem sogenannten Orientierungspapier zu Ehe und Familie immerhin Luther mit seiner Aussage zitiert, die Ehe sei „ein weltlich Ding“. Damit hat Luther zwar die Ehe der Verfügungsgewalt der Kirche entzogen und in die Verantwortung der Menschen gestellt, wie das schon am Anfang der Bibel (in 1. Mose 1) zu lesen ist. Doch für ihn ist unzweifelhaft klar, dass Gottes Gebote auch für Ehe und Familie gelten, sagte er doch: „Gott hat die Ehe selbst eingesetzt.“ Und darum muss sie gegen menschlichen Egoismus geschützt werden. Luther kann den Wert der Ehe gar nicht genug betonen, wenn er beispielsweise schreibt: „Der Ehestand ist nicht allein anderen Ständen gleichgesetzt, sondern er gehet vor und über sie alle, es seien Kaiser, Fürsten, Bischöfe und wer sie wollen … Denn es ist nicht ein besonderer, sondern der allgemeinste edelste Stand, der durch den ganzen Christenstand, ja durch alle Welt gehet und reichet.“ Die EKD hat für ihr sogenanntes Orientierungspapier Luther also völlig falsch, verdreht und sinnwidrig in Anspruch genommen. Das ist seit Monaten bekannt und wird von niemand bestritten. Aber niemand ist bereit, sich für diesen Missgriff beim deutschen Publikum zu entschuldigen, das wissen will, ob die evangelische Kirche noch zu Luther steht.
Unterscheiden, nicht vermischen! Die Bibel lehrt uns, zu unterscheiden: gut und böse, richtig und falsch, vorläufig und endgültig (vgl. etwa 1. Thessalonicher 5,21; 1. Johannes 4,1; Epheser 5,10). Auf dieser Linie hat Luther wichtige Unterscheidungen für Theologie und Kirche gelehrt: Es gilt zu unterscheiden: zwischen Gott und
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Mensch, Gesetz und Evangelium, Gottes Gnade und menschlichem Recht, Staat und Kirche, Glaube und guten Werken usw. Beispiel: Mann und Frau müssen unterschieden werden, damit sie in der Ehe zusammengehören können. Oder: Die Kirche kümmert sich um die Gewissen der Menschen, damit sich der Staat um die äußere Ordnung kümmern kann, die wiederum die Wahrnehmung der kirchlichen Aufgabe erleichtern soll. Unterscheiden und verbinden, also nicht trennen und auch nicht vermischen. Diese typisch lutherische Kunst der Unterscheidung hat die EKD vergessen. Darum ist sie in eine „veritable Führungskrise“ geschlittert, wie die Frankfurter Allgemeine Zeitung feststellt. Sie hat Ehe und Familie mit allen möglichen anderen Lebensformen gleichgesetzt. Sie hat Ethik und Seelsorge miteinander vermischt, statt sie zu unterscheiden; in der Ethik geht es um die kirchliche Lehre für alle, in der Seelsorge um die Zuwendung zu Einzelnen, die mit der Lehre persönliche Probleme haben. Dem entspricht die politische Unterscheidung zwischen Mehrheiten und Minderheiten. Minderheiten brauchen Schutzräume. Das muss in den Lebensregeln der Mehrheiten erfolgen, nicht durch die Übernahme der Minderheitenwünsche als neue Lebensregeln für alle. Luthers Stunde ist also auch eine politische. Es geht um die Regeln einer verlässlichen Demokratie.
Ein Reformator auch für die evangelische Kirche heute Wann ist heute Luthers Stunde? Immer wenn die Kirche den Menschen den Zugang zu den Glaubensgrundlagen erschwert. Denn dann kommen ihnen trügerische Lebensperspektiven in den Sinn. Luther stand nicht nur der damaligen Kirche als kritischer Reformator gegenüber. Er steht auch heute der Kirche als kritischer Reformator gegenüber, die aus seiner Reformation hervorgegangen ist. P
FERNSEHEN Sonnabend, 2. November
Sonntag, 3. November
15.00–16.45 Luther – Deutscher Historienfilm von 1953 über das Leben des Reformators
9.20–9.50 „Von wegen fromm und brav!“ Prominente Pfarrerskinder erzählen, wie sie ihr Elternhaus erlebt haben
16.30–17.00 Himmel, Hölle oder gar nix – 10.00–11.00 Wie geht es weiter nach Evangelisch-reformierter dem Tod? Gottesdienst zum Reformationssonntag aus Reinach/BL
Montag, 4. November 11.00–12.15 Evangelischer Gottesdienst aus der Kirche des Nazareners in Frankenthal (Pfalz) 17.30–18.00 Klüger, besser, schneller – Wenn Menschen zu Pillen fürs Gehirn greifen
Donnerstag, 7. November
22.00–22.45 20.15–21.00 Du Opfer – Wenn Gewalt ein Jan Hus – Alles für die Leben verändert. Wahrheit. Dokumentation Dokumentation Freitag, 8. November Dienstag, 5. November 20.15–20.45 20.15–21.45 „Die Rache ist mein.“ Ein Die biblischen Plagen – verzweifelter Witwer will zur Zorn Gottes oder Rache der Waffe greifen, bis er eine unNatur? Dokumentation gewöhnliche Begegnung hat.
HÖRFUNK Sonntag, 3. November 7.05–7.30 Zum Segen berufen – Vom gläubigen Umgang mit Menschen und Schöpfung
8.30–9.00 Das reformierte Pfarrhaus: Was soll das heute noch? Das Pfarrhaus als Beispiel der Veränderung innerhalb der reformierten Kirche
7.30–8.00 Evangelische Morgenfeier mit dem Kirchenpräsidenten 8.40–9.00 der EKHN, Volker Jung Leid und Gerechtigkeit – (Darmstadt) Fragen an das Buch Hiob
9.04–9.30 Melancholie – vom Glück des produktiven Traurigseins
11.30–12.00 Abgegeben – Angenommen: Adoptiert ist man ein Leben lang.
10.00–11.00 Evangelischer Gottesdienst aus der Hauptkirche St. Katharinen in Hamburg
Donnerstag, 7. November
20.00–22.30 Brennpunkt Nahost – Mit Johannes Gerloff und Horst Marquardt
20.30–21.00 Reiseeindrücke – Tobias und 20.00–21.00 Britta Pfeiffer arbeiten für Nur im engsten Familienkreis den christlichen Radiosender Sinn kirchlicher Trauerrituale TWR in Swasiland
Wer reagieren möchte, kann dies unter folgenden Rufnummern tun: ARD: 089/5900-3344 | Bibel.TV: 040/4450660 | Das Vierte: 0180/5843783 Deutschlandfunk und Deutschlandradio: 0221/345-1831 | DRS 2: (0)848/808080 | ERF: 06441/957-0 | HR (TV): 069/1555111 | Kabel 1: 0180/5011150 KiKa: 0180/2151514 | Luth. Stunde: 04264/2436 | MDR: 0341/300-5401 | NDR: 0511/988-2393 | Phoenix: 0180/28213 | RBB: 030/97993-2171 SF 2: (0)62/2059050 | SR 2: (0)681/6022222 | SWR: 07221/929-0 | WDR (Radio): 0221/5678-333 | WDR (TV): 0221/5678888 | ZDF: 06131/7012164
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Wie biblisch ist diese Ökumene? ÖKUMENE Ein großes Ereignis der Christenheit steht bevor: die Vollversammlung des Ökumenischen Rates der Kirchen (ÖRK). Zur Lage des auch als Weltkirchenrat bezeichneten Dachverbandes eine Analyse des Direktors für ökumenische Angelegenheiten der Weltweiten Evangelischen Allianz, Rolf Hille (Heilbronn).
Erst Annäherung an Evangelikale … 1974 lud der US-Evangelist Billy Graham 2.700 Missionare ins schweizerische Lausanne zu eiei nem ersten Kongress für Welt Weltevangelisation ein. In seiner ErEr öffnungsansprache machte GraGra ham keinen Hehl aus seiner Kritik am ÖRK. Mit diesem Kongress traten erstmals die Evangelikalen als eine international bedeutsame BeweBewe gung in der protestanprotestan tischen Christenheit in Erscheinung nene ben dem ÖRK mit Sitz in Genf. Um
die Jahrtausendwende schmolzen die öffentliche Anerkennung des ÖRK und sein Einfluss auf die Christenheit. Hinzu kam, dass die römisch-katholische Kirche – die als welt weltweit größte Kirche nach wie vor nicht zum ÖRK gehört – durch eine Reihe hervorragender Repräsentanten auf dem Stuhl Petri Aufmerksamkeit und Ansehen gewann. Das führte in Genf einige Verantwortungsträger zu der Einsicht, man müsse sich auf neuen Wegen um Annäherung zwischen den sogenannten Ökumenikern und den Evangelikalen bemühen. Dem damaligen ÖRK-Generalsekretär Konrad Raiser war klargeworden, dass besonders die evangelikalen Kirchen in Afrika, Asien und Lateinamerika sehr stark wachsen. Vertrauensbildende Maßnahmen zwischen dem ÖRK und der Weltweiten Evangelischen Allianz, also dem Dachverband der Evangelikalen, stehen seither auf der Tagesordnung. Deshalb verwundert es nicht, dass viele gespannt auf die Vollversammlung in Busan warten.
… jetzt wieder eine kalte Dusche für die Evangelikalen Inzwischen hat der Zentralausschuss des ÖRK als ein wichtiges Vorbereitungspapier für das Treffen in Südkorea ein Dokument mit dem Titel „Gemeinsam für das Leben: Mission und Evangelisation in sich wandelnden Kontexten. Eine neue Erklärung des ÖRK zu Mission und Evangelisation“ veröffentlicht. Dieser Text soll bei der Vollversammlung beraten werden. Doch das Papier erweist sich bei genauer Betrachtung als eine kalte Dusche für das noch zarte Pflänzchen ökumenisch-evangelikaler Gemeinsamkeit. Immerhin sind mit den Stichworten Mission und Evangelisation die zentralen Anliegen der Evangelisation angesprochen. Die Ausrichtung und Argumentation der Studie ist sprachlich zwar nicht mehr so provokant formuliert, wie dies in den Papieren vor einigen Jahrzehnten der Fall war, sie reißt aber inhaltlich die alten Gräben wieder auf. Zunächst fällt auf, dass Evangelisation ganz vom ersten Glaubensartikel – d. h. der Schöpfung – her begründet wird. Der gute Gott des Lebens und der Geist des Lebens laden zu einer „Leben spendenden Mission“ ein, die die ganze Menschheit, ja die gesamte Natur und den Kosmos umfasst. Es gilt, mit einer „transformativen Spiritualität“ die zerstörerischen Kräfte in der Welt zu überwinden, den ganzen Kosmos zu verwandeln und das Leben zu feiern. Wer der böse Feind ist, wird durchgängig klar definiert, nämlich „die Ideologie des Marktes“, sprich: der internationale Kapitalismus, der öko-
Foto: idea/Schmitt
Die Erwartungen sind hoch, wenn vom 31. Ok Oktober bis 9. November die 349 Mitgliedskirchen des Ökumenischen Rates der Kirchen (ÖRK) in Busan (Südkorea) zu ihrer 10. Vollversammlung zusammenkommen. Der gemeinsamen Anfänge dieser Ökumene vor über 100 Jahren hatte man 2010 im schottischen Edinburgh gedacht. Dort hatten Kirchenleiter 1910 bei der ersten Weltmissionskonferenz beraten, was man für die Einheit der gespaltenen Christenheit tun kann. Denn die Streitereien zwischen Christen wirkten alles andere als glaubwürdig für das Evangelium. So kam die Ökumene der Neuzeit ins Rollen und führte schließlich 1948 zur Gründung des ÖRK. Seither ist viel geschehen. Christen aus allen (nicht katholischen) Konfessionsfamilien sind aufeinander zugegangen und haben entdeckt, dass die Gemeinsamkeiten größer sind als die Gründe für die Trennungen. Allerdings entstanden auch neue Gräben. So verabschiedete sich der ÖRK in den sechziger bis in die acht achtziger Jahre des letzten Jahrhunderts mit einer liberalen und politisch-ideologischen Position von den gemeinsamen Grundlagen in der Missionstheologie. Ein Moratorium – d. h. eine Unterbrechung – für die Entsendung weißer Missionare wurde beschlossen. Militante Widerstandsbewegungen im südlichen Afrika wurden mit Kirchengeldern finanziert. Interreligiöser Dialog statt Mission war angesagt. Die theologisch konservativen Protestanten – die Evangelikalen – gingen deshalb auf Distanz zum ÖRK.
Hille
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nomische Ungerechtigkeit bewirkt und eine ökologische Katastrophe heraufführt. Dem muss die Mission entschlossen entgegenwirken, und sie soll im Geist des interreligiösen Dialogs „mit Menschen anderer Religionen und Kulturen am Aufbau von Gesellschaften der Liebe, des Friedens und der Gerechtigkeit“ zusammenarbeiten.
Die bisherigen ÖRK-Vollversammlungen 1.
1948 in Amsterdam
Niederlande
2.
1954 in Evanston
USA
3.
1961 in Neu Delhi
Indien
4.
1968 in Uppsala
Schweden
Ist Kampf gegen den Kapitalismus schon Evangelisation?
5.
1975 in Nairobi
Kenia
Nun kritisieren auch Evangelikale den Raubtierkapitalismus, den wir in der internationalen Bankenkrise 2008 erlebt haben, und auch sie prangern die Zerstörung der Umwelt und die Verschwendung der natürlichen Ressourcen an. Es gibt tatsächlich Sünde, die sich in sozialen Strukturen verfestigt. Nur, ist das alles bereits Mission und Evangelisation? Gewiss nicht! Denn das christliche Glaubensbekenntnis hat bekanntlich drei Artikel. Und der zweite stellt Jesus Christus und sein Heilswerk ins Zentrum. Warum? Weil die Schöpfung nicht mehr ungebrochen die paradiesische Welt ist, wie sie aus der Hand ihres Schöpfers hervorgegangen ist. Die Rebellion des Sünders steht zwischen Gott und Mensch. Der Gott des Lebens, der in dem Text des ÖRK unentwegt benannt wird, hat den Tod über den Sünder verfügt. Er lässt Krankheit, Schmerz, Elend, Armut und Mühsal zu. Das Papier des ÖRK hat an keiner Stelle wirklich ausgelotet, wie schwer das Gewicht der Sünde ist.
6.
1983 in Vancouver
Kanada
7.
1991 in Canberra
Australien
8.
1998 in Harare
Simbabwe
9.
2006 in Porto Alegre
Brasilien
2013 in Busan
Südkorea
Der Heiland für Sünder wird nicht gebraucht Deshalb kommt Jesus Christus auch nicht als Welterlöser in den Blick. In der vom ÖRK vorgelegten Evangelisationstheologie wird kein Sünderheiland gebraucht. Hier musste Jesus nicht am Kreuz sterben, um Vergebung der Sünde zu erlangen. Es gibt deswegen auch keinen Ruf zum rechtfertigenden Glauben. Was sich findet, ist die Forderung zur Umkehr und zur Kreuzesnachfolge hinter dem vorbildlichen Jesus her. Es handelt sich um eine Nachahmung von Jesus, die seine hohe moralische Qualität, aber gerade nicht die Rechtfertigung allein aus dem Glauben und allein durch die Gnade betont. Der Mönch Martin Luther hätte sich, ginge es nach dem Papier des ÖRK, getrost auf die Schulter klopfen können. In seinem Augustinerkloster zu Erfurt lebte er frei von jeder Geldgier und aller kapitalistischen Marktwirtschaft. Warum Luther einen gnädigen Gott suchte und das Jüngste Gericht fürchtete, bleibt völlig unerfindlich.
Die im Kommunismus verfolgten Christen kommen nicht vor Das Böse ist nach Auffassung des ÖRK nahezu ausschließlich in unterdrückerischen Strukturen und ausbeuterischen Systemen zu suchen: Kapitalismus, Rassismus usw. werden gebrandmarkt. Auffällig ist, dass der Kommunismus fehlt; so als hätte es nie einen Stalinismus oder Maoismus gegeben, so als ob nicht bis zum heutigen Tag vor der Haustüre Busans, nämlich in Nordkorea, Tausende Christen in Straf Straflager gesteckt und umgebracht werden. Das vom ÖRK erarbeitete Papier zur Mission ist nicht nur defizitär, sondern ideaSpektrum 44.2013
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10.
Mitglieder großer Organisationen Römisch-katholische Kirche
1.200 Mio.
Weltweite Evangelische Allianz
600 Mio.
(Dachverband der Evangelikalen) Weltkirchenrat (repräsentiert)
500 Mio.
Der Weltkirchenrat vertritt etwa 22 % der Kirchenmitglieder Weltweit gibt es über 2,3 Milliarden Kirchenmitglieder. 1. Zum Weltkirchenrat gehören Kirchen mit rund 500 Millionen Mitgliedern (Protestanten, Anglikaner, Orthodoxe), 2. zur katholischen Kirche etwa 1.200 Millionen. 3. Die Weltweite Evangelische Allianz hat ca. 600 Mio. Anhänger.
eine Katastrophe, weil das Wesen der Evangelisation, die Botschaft von Gericht und Gnade ausgeblendet wird.
Mit diesem Missionspapier spaltet der ÖRK, statt zu einen Eine kleine Anmerkung des Textes zeigt, wie sehr der ÖRK die ökumenische Gemeinschaft verlässt und schon vor Beginn seiner Vollversammlung die Tür zuschlägt. Dort heißt es unter Ziffer 21: „Es ist wichtig, darauf hinzuweisen, dass nicht alle Kirchen Evangelisation so verstehen, wie sie hier beschrieben wird. Die römisch-katholische Kirche spricht von der ‚Evangelisierung‘ als missio ad gentes (Sendung zu den Völkern), die sich an jene wendet, die Christus nicht kennen. In einem weiteren Sinne … von ‚Neuevangelisierung‘, um die Sorge für jene zu beschreiben, die den christ christlichen Glauben nicht mehr praktizieren.“ Darum geht es auch den Evangelikalen ebenso wie den Orthodoxen und anderen. Was also tut der ÖRK? Er gibt den Konsens der Christenheit auf, indem er neue Trennwände errichtet. Ein Ökumenischer Rat, der spaltet, statt zu einen, ist auf dem besten Wege, sich selbst abzuschaffen. P
net F O R U M F Ü R J U N G E C H R I S T EN
Pfarrers Kinder, Müllers Vieh … PFARRHAUS Als Pfarrerskind ist man eine eigene Spezies. Man kann erklären, was eine Synode ist, lernt früh mit dem Ende des Lebens umzugehen und wundert sich nicht, wenn ein Bettler vor der Tür steht. Das Pfarrhaus prägt – durchaus unterschiedlich. 3 Cousinen erzählen für idealisten.net, wie der Pfarrberuf ihrer Väter sie beeinflusst hat.
Meine Lieblingsrolle im Krippenspiel war immer der Verkündigungsengel. Ich bin als ältestes von 3 Kindern in einer Pfarrfamilie der Selbständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche aufgewachsen; das Krippenspiel gehörte quasi zum Pflichtprogramm. Für mich war es normal, vor Publikum auf aufzutreten oder Lesungen im Gottesdienst zu halten. Das hilft mir in der Schule sehr. Oft merke ich, dass ich meinen Freunden einiges voraus habe. Der Umgang mit vielen verschiedenen Menschen gehört einfach zu meinem Leben. Im Pfarrhaus gehen ständig mir unbekannte Leute ein und aus. Ich bin es gewohnt, auf sie zuzugehen. Der Beruf meines Vaters hat mich sensibler und offener für andere gemacht. Umgekehrt erfahre ich aber auch sehr viel Liebe von Gemeindemitgliedern, die wie eine zweite Familie für mich sind. Ich habe das alles früher für selbstverständlich gehalten. Erst jetzt erkenne ich, dass das nicht der Normalfall ist und ich ein unglaubliches Glück habe. Hannah Morrison (18) wohnt in Kaiserslautern und besucht die 12. Klasse des Gymnasiums. Nach ihrem Abitur möchte sie am liebsten Musik studieren.
Das Pfarrhaus per se hat mich nicht gläubig gemacht Jedes Mal, wenn ich nach dem Beruf meines Vaters gefragt werde, sagt mein Gegenüber anschließend mit einem großzügigen Lächeln: „Das heißt also kein Alkohol und viel beten?“ Mit Vorurteilen hat man als Pfarrerskind immer zu kämpfen. Stets wurde angenommen, dass ich beson-
B e su cht u ns au ch au f
ders fromm bin. Dabei spielte die christliche Prägung für mich nie eine übergroße Rolle. Das Beten war selbstverständlich; nach der Konfirmation wurde mir freigestellt, ob ich sonntags in die Kirche gehen wollte. Ich kann aber nicht behaupten, dass ich deswegen sehr viel gläubiger als andere bin. Im Gegenteil. Die Frage, ob ich wirklich an Gott und Jesus glaube, spielt in meinem Leben eine permanente Rolle. Dass ich mich trotzdem für ein Theologiestudium entschieden habe, liegt vor allem an meinem Religionslehrer, der mir mit schwierigen und interessanten Texten die Theologie als Wissenschaft aufgezeigt hat. Das Pfarrhaus per se hat mich nicht gläubig gemacht. Aber es hat in mir auf jeden Fall eine gläubige Neugier geweckt. Johanna Bergner (19) studiert Theologie in Marburg. Ob sie später wirklich Pfarrerin wird, weiß sie noch nicht genau.
Johanna Bergner
Man bleibt immer das Pfarrerskind „Ich bin klein, mein Herz mach’ rein, soll niemand drin wohnen, als Jesus allein.“ Dieses kurze Gebet hat an keinem Tag meiner Kindheit gefehlt. Als 6-Jährige habe ich immer gesagt: „Ich werde Pastor wie mein Vati.“ Wir waren 11 Jahre lang in der Missionsgemeinde der Selbständigen EvangelischLutherischen Kirche in Berlin-Marzahn. Nur 5 % der Einwohner gehören dort einer Kirche an. Mitten in diesem Umfeld haben unsere Eltern uns vorgelebt, wie der christliche Glaube im Alltag stärkt und das Fundament für das Zusammenleben legt. Mit 16 Jahren zog ich mich aus dem Gemeindeleben zurück und wollte nichts mehr von Gott wissen – vielleicht eine typische Krise. Aber man ist und bleibt Pfarrerskind – auch
face b o ok .com/ ide alis te n
Patricia Neigenfind
wenn man sich mal abwendet. Inzwischen bete ich wieder vor dem Essen, gehe in den Gottesdienst. Ich möchte zwar nicht mehr Pastorin werden, bin aber dem sozialen Beruf treu geblieben und arbeite in einer Einrichtung für psychisch Kranke. Und manchmal bete ich noch: „Ich bin klein, mein Herz mach’ rein...“ P Patricia Neigenfind (19) macht seit dem Sommer ein Freiwilliges Soziales Jahr bei der katholischen Caritas in Stuttgart. Danach möchte sie „Soziale Arbeit“ studieren.
Fo l g t u ns au f
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Fotos: privat (3)
Ich habe meinen Freunden einiges voraus
Hannah Morrison
DI E K LE I N E K A NZ E L
» Gottes Sohn wurde Mensch und lebte unter uns Menschen. Wir selbst haben seine göttliche Herrlichkeit gesehen, wie sie Gott nur seinem einzigen Sohn gibt. In Christus sind Gottes Barmherzigkeit und Liebe wirklich zu uns gekommen. «
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Andreas Engelbert ist Pastor der Freien evangelischen Gemeinde München-Nord.
Aus dem Evangelium des Johannes 1,14
Mit Gott in Einklang kommen In einem alten Schloss stand seit Jahrzehnten eine verstaubte Harfe. Vor langer Zeit hat sie prächtig geklungen. Dann wurde sie beschädigt, niemand konnte sie reparieren und ihren alten Klang zurückbringen. Eines Abends klopfte ein Greis an die Pforte des Schlosses, um für die Nacht ein Bett zu erbitten. Als er von der Harfe hörte, bat er darum, sie zu sehen, und versprach, sie zu reparieren. Kurze Zeit später, hatte er sie gereinigt, mit kundigem Blick überprüft und mit flinker Hand repariert. Nun stimmte er die Harfe neu und begann zu spielen. Es klang so schön, wie in alter Zeit. Auf die Frage, wie er die Harfe so schnell und gut repariert habe, antwortete der Greis, dass er das Instrument vor langer Zeit gebaut hatte. Er wusste, wie es wieder heil wird. Eine schöne Geschichte, mag man denken. Doch was hat sie mit unserem Leben zu tun? Gott, der Schöp-
fer, hat uns geschaffen. Und er hat es sehr gut gemacht. Durch die Trennung des Menschen von Gott ist jedoch ein großer Riss in unser Leben gekommen. Unser einstmals von Gott gut gedachtes Leben ist seitdem von Missklängen begleitet. Nur der Schöpfer selbst kann sein Geschöpf heilen. Darum wurde Gott Mensch und wohnte unter uns. Jesus will unseren Missklang wieder in Einklang mit Gott bringen. Er will unser Leben reinigen, reparieren und ganz neu machen. Wenn wir unser Leben Jesus Christus anvertrauen, dürfen wir damit rechnen, dass Gott uns einstimmen möchte auf seine Melodie, auf seine Komposition des Lebens. Er möchte uns helfen, ein Leben in seiner Qualität und Geborgenheit zu führen. Gott wurde Mensch, damit wir wieder zu den Menschen werden, die er sich zuvor gedacht hat. Und er ist nur ein Gebet weit entfernt.
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PORTRÄT
Im Taxi Gott bekennen LEBENSWENDE Nachdem er mit seiner Beratungsfirma Insolvenz anmelden musste, fährt der Betriebswirt Johannes Jakobson (59) in Wesel am Niederrhein seit einem Jahr Taxi. Mit seinen Fahrgästen spricht er oft über Gott. Ein Porträt von Klaus Rösler.
Vom Krebs geheilt Da fällt ihm ein Spruch von der Wohnzimmerwand seiner frommen Mutter ein: „Wenn ich nur dich habe, frage ich nichts nach Himmel und Erde“ (Psalm 73,25). Er erinnert sich, dass ihm früher Gott viel bedeutet hat. Damals war er krebskrank und wurde geheilt. Die Ärzte bezeichnen es als ein Wun-
der. Doch dann vergaß er Gott. Nun in der Krise kommt alles wieder hoch, und er fängt wieder an zu beten und besucht Gottesdienste. Seine Stimmung wird besser. Bald fühlt er sich von Gott getragen. Ein Freund rät ihm, es doch als Taxifahrer zu versuchen. Er schafft die erforderliche Prüfung und findet sofort eine Stelle.
Fromme Tipps für seine Fahrgäste Eine Fahrt bei ihm ist anders: Als langjähriger Berater weiß er, wie man mit Fahrgästen in Kontakt kommt. Da weint etwa eine Frau auf der Rück Rückbank. Er erfährt, dass sie ihre Stelle verloren hat. Im Laufe des Gesprächs erklärt er ihr, dass manche Menschen, die an Gott glauben, solche Erlebnisse besser verarbeiten können: „Auch ein Chef ist doch nur eine kleine Nummer, wenn Sie Gott auf ihrer Seite haben.“ Die Frau muss schmunzeln. Mit einer anderen Frau, die er zum zweiten Mal transportiert, spricht er über ihre Kinder und ihre Sorge, dass ihnen etwas Böses zustoßen könnte. Er gibt Erziehungstipps – hat er doch selbst 5 Kinder – und rät ihr, die Kinder dem Schutz Gottes anzubefehlen. Als er merkt, dass sie mit dem Satz nichts anzufangen weiß, schenkt er ihr eine Gideon-Bibel: „Dort können
Sie nachlesen, was ich Ihnen gerade erzählt habe.“ Für ihn ist ein Arbeitstag im Taxi ein guter Tag, wenn er ein so tiefgründiges Gespräch führen kann. Und er sagt: „Im Durchschnitt ist jeder 2. Tag so ein guter Tag.“ So gute Erfahrungen er auch im Taxi macht: Er weiß nicht, ob er diese Auf Aufgaben bis zur Rente ausüben will. Denn er will dem Staat später nicht zur Last fallen – doch im Ruhestand würde er zum Hartz-IV-Bezieher. Denn auch seine Zusatzrenten hat er bei der Insolvenz verloren. Und so bewirbt er sich auch weiter auf freie Stellen, die seinen Gaben entsprechen. Er bekennt: „Wenn Gott es will, finde ich eine Aufgabe.“ Bis es soweit ist, bezeugt er fröhlich seinen christlichen Glauben im Taxi. P b j.jakobson@gmx.de
Foto: privat
„Das war eine Kurskorrek Kurskorrektur von Gott her“, sagt Jakobson heute. Er meint die Zahlungsunfähigkeit seiner Firma. Bis zu den Terroranschlägen vom 11. September 2001 in New York und Washington berät er viele Unternehmen mit Handelskontakten in die USA. Doch durch die anschließende Wirt Wirtschaftskrise gibt es für ihn immer weniger zu tun. Schließlich muss er sich von seinen 10 Mitarbeitern trennen. Bis 2009 macht er als Einzelberater weiter. Doch dann kommt die Pleite. Er verliert alles: seinen Beruf, den Bungalow, den BWM, sein Einkommen, seine Freunde – beinahe auch seine Familie. Er bewirbt sich, aber niemand will ihn einstellen. Er bekommt Depressionen – und verbringt seine Tage auf dem Sofa. Er hat Selbst Selbstmordgedanken. Seine Frau droht mit Scheidung.
DAS WORT DER WOCHE » Politiker sind nicht immer überzeugend. Unser Ansehen in der Öffentlichkeit ist noch nicht oberhalb von dem der Bischöfe, gell? Daran müssen wir noch arbeiten. « Bundestags-Alterspräsident Heinz Riesenhuber (CDU) bei seiner Rede zur konstituierenden Sitzung des 18. Bundestags. 44.2013