Ausgabe 2/13 · Juni 2013
Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen,
in unserem beruflichen Alltag drehen sich die Räder immer schneller. Laut dem „Stressreport 2012“ nehmen Geschwindigkeit, Hetze und psychische Probleme im Job stark zu. Da die Arbeitgeber hier selten auf die Bremse treten, sind die Arbeitnehmervertreterinnen und -vertreter gefragt. Diese BR-aktuell stellt euch den „4D-Indikator“ der IG BCE vor. Er hilft euch dabei, eine erste Einschätzung der psychischen Belastungssituation im Betrieb zu ermöglichen und weitere Schritte einzuleiten. Informieren wollen wir euch zudem über einen spektakulären Rechtsprechungswandel des Bundesarbeitsgerichtes (BAG), das die Rechte von Betriebsräten und Leihbeschäftigten verbessert hat. Neuerdings zählen Leihbeschäftigte bei der für die Größe des Betriebsrats maßgeblichen Anzahl der Beschäftigten mit. Das ist gerade mit Blick auf die Betriebsratswahlen 2014 wichtig. Darüber hinaus beschäftigt sich diese Ausgabe mit dem Phänomen Social Media. Immer häufiger nutzen Betriebe und auch Betriebsräte die Möglichkeiten von Twitter, Facebook, Youtube und Co. Welche Chancen und welche Risiken gibt es hierbei zu beachten? Wir schauen genauer hin. Und dann wollen wir noch einen Blick auf die BR-Wahl 2014 werfen: Wie steht es mit den Vorbereitungen? Wir zeigen euch, wie ihr frühzeitig eure Öffentlichkeitsarbeit stärken könnt – getreu dem Motto „tue Gutes und rede darüber“. Ich hoffe, dass auch diesmal für jeden etwas Interessantes dabei ist. In jedem Fall wünsche ich euch viel Spaß beim Lesen. Es grüßt euch, eure Edeltraud Glänzer
Psychische Belastungen am Arbeitsplatz – Was kann der Betriebsrat tun? Immer häufiger leiden Kolleginnen und Kollegen unter psychischen Problemen am Arbeitsplatz. Besonders infolge der zunehmenden Arbeits- und Leistungsverdichtung sowie dem wachsenden Zeitdruck fühlen sich viele oft permanent gehetzt. Die vielfältigen Belastungen im Job wirken sich auf Körper und Psyche aus. Hinzu kommen unsichere Zukunftsaus-
4D-Indikator bietet schnelle Hilfe Vor diesem Hintergrund bietet die IG BCE ein einfaches Erhebungstool an, mit dem psychische Belastungen ermittelt werden können. Der sogenannte „4D-Indikator“ zeigt in vier Dimensionen die akuten Probleme auf und hilft dabei, die ersten wichtigen Schritte einzuleiten. Der Vorteil: Die betroffene Belegschaft wird in den Prozess eingebunden.
sichten – besonders vor dem Hintergrund einer verlängerten Lebensarbeitszeit. Angesichts dieser Entwicklungen wächst die Rolle der Interessenvertretungen stetig.
Ihr könnt den 4D-Indikator inklusive Handlungs- und Argumentationshilfen unter bws@igbce.de oder unter Tel.: 0511 7631-336 bestellen.
Verantwortung wahrnehmen
IG BCE-Abteilung Arbeits- und Gesundheitsschutz, abt.arbeitsschutz@igbce.de, 0511 7631-364
Eigentlich ist der Arbeitgeber dafür verantwortlich, eine Gefährdungsbeurteilung durchzuführen. Meist kann sich der Betriebsrat hierauf jedoch nicht verlassen und muss selbst aktiv werden, um den Diskussions- und Umsetzungsprozess voranzubringen und die gesundheitsgefährdenden Belastungen abzustellen.
Betriebsrat aktuell kostenlos per E-Mail abonnieren bei bws@igbce.de – Hotline 0511 7631-336
Ausblick Das Stichwort Demografie ist auch immer mehr ein Thema für Betriebsräte. Durch Betriebsvereinbarungen kann hier entscheidend Einfluss genommen werden. Dazu mehr in der nächsten Ausgabe.
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Seminarübersicht
Social Media – Chancen und Risiken
Seminare zum Thema Social Media Web 2.0 für Betriebsräte – Express-Seminar BWS-005-710102-13 12.09.2013 Ort: Hotel Excelsior, München
Blogs, soziale Netzwerke und mehr – Web 2.0 und Betriebsrat BWS-001-710802-13 06.10. – 11.10.2013 Ort: Wilhelm-Gefeller-Bildungs- und Tagungszentrum in Bad Münder
Tagesschulung – Recht und Web 2.0 BWS-005-710602-13 13.09.2013 Ort: Hotel Excelsior, München
Seminare zum Thema psychische Belastungen Psychische Belastungen erkennen – Handlungsmöglichkeiten für Betriebsräte – Stress, Stressprävention und Gefährdungsbeurteilung BWS-028-620301-13 25.08. – 30.08.2013 Ort: Bildungszentrum KagelMöllenhorst
Psychische Belastungen und Erkrankungen – Erfolgreiche Interventionsstrategien – Beratung und Unterstützung für Betroffene BWS-028-621501-13 27.10. - 30.10.2013 Ort: Bildungszentrum Haltern am See
Psychische Belastungen erkennen – Handlungsmöglichkeiten für Betriebsräte – Burn-out, Mobbing und Überforderung durch gute Arbeitsabläufe und -organisation vermeiden BWS-028-620302-13 08.12. – 13.12.2013 Ort: Bildungszentrum KagelMöllenhorst
Immer mehr Betriebsräte und Beschäftigte twittern, bloggen oder posten Inhalte auf Facebook oder Youtube. Dabei sind die Grenzen zwischen Arbeit und Freizeit fließend. Ob wir es mögen oder nicht – wir alle kommen um das Thema Social Media nicht herum. Der Betriebsrat muss einerseits entscheiden, ob und wie er selbst Social Media für Kommunikationszwecke nutzen will. Außerdem muss er sich darüber informieren, ob und wie Social Media in seinem Betrieb von Beschäftigten genutzt wird und dann überlegen, welche Regelungen sinnvoll sind.
form, die vor allem demokratisch angelegt ist, da alle sofort auf Beiträge reagieren können.
Welche Risiken gibt es? „Shitstorms“, arbeitsrechtliche Konsequenzen von vermeintlich im persönlichen Umfeld gemachter Beleidigung und Schmähkritik in Social Media, die Haftung für rechtswidrige Inhalte und die zu berücksichtigenden Urheberrechte bei der Platzierung von Texten, Links oder Fotos und vieles mehr.
IG BCE-Abteilung Betriebsverfassung, abt.betriebsverfassung@igbce.de, 0511 7631-606
Der Betriebsrat hat im Bereich von Social Media ein Mitbestimmungsrecht gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG für die Aufstellung von Richtlinien bei deren Nutzung, wenn das sogenannte Ordnungsverhalten betroffen ist. Hier kann er auf Regelungen hinwirken, die z. B. eine berufliche Nutzung ausschließlich über einen dienstlichen Account vorsehen. Um Rechtsverstöße zu vermeiden, können Schulungen zum Umgang mit Social Media vereinbart werden. Sinnvoll kann es auch sein, eine Clearingstelle einzurichten, die in Zweifelsfällen eine Anlaufstelle für Fragen der Beschäftigten in diesem Bereich ist.
Und welche Chancen stehen dem entgegen? Eine unabhängig von Zeit und Ort, schnelle, zeitsparende, kostengünstige, aktuelle und flexible Kommunikations-
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Betriebsratswahl: Leihbeschäftigte zählen mit! Das BAG (Bundesarbeitsgericht) hat die Betriebsräte entscheidend gestärkt. Bislang galt, dass Leihbeschäftigte zwar „wählen, aber nicht zählen“. Seit dem 13.03.2013 steht fest: Bei den „in der Regel Beschäftigten“, die ausschlaggebend für die Betriebsratsgröße sind (§9BetrVG), müssen Leihbeschäftigte mit berücksichtigt werden. Das ergibt sich aus dem Sinn und Zweck der Regelung.
Im Betrieb, um den es in dem Verfahren ging, waren 24,9 Prozent von insgesamt 1171 Beschäftigten Leihbeschäftigte. Konkret bedeutet das für das Gremium: 15 statt bislang 13 Betriebsratsmitglieder vertreten fortan die Interessen der Belegschaft. Das BAG hatte in Entscheidungen zu §§ 111, 112 BetrVG und § 23 KSchG bereits klargestellt, dass Leihbeschäftigte je nach Sinn und Zweck der Regelung auch zählen können. Für die anderen Schwellenwerte ist weiter alles offen. Aufgrund der ähnlichen Interessenlage bei §38 BetrVG spricht aber viel dafür, dass auch hier Leihbeschäftigte auf Dauerarbeitsplätzen mitzählen können. Grundlage: Pressemitteilung des BAG 13.03.2013, Az.: 7 ABR 69/11
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Seminarübersicht Seminare zum Thema Leiharbeit und Werkverträge Leiharbeit und Co. – Die Ausnahme von der Regel? BWS-001-320402-13 01.09. – 04.09.2013 Ort: Wilhelm-Gefeller-Bildungs- und Tagungszentrum in Bad Münder
Arbeitnehmerüberlassung (Leiharbeit) und Werkvertrag – Wo ist die Notbremse? BWS-005-320501-13 23.10. – 25.10.2013 Ort: Hotel Excelsior, München
Seminare zum Thema Öffentlichkeitsarbeit Der Betriebsratsauftritt im Intranet BWS-001-550401-13 03.11. – 06.11.2013 Ort: Wilhelm-Gefeller-Bildungs- und Tagungszentrum in Bad Münder
Meinung machen – Erfolgreiche Öffentlichkeitsarbeit für Betriebsräte BWS-001-540602-13 25.08.-28.08.2013 Ort: Wilhelm-Gefeller-Bildungs- und Tagungszentrum in Bad Münder
Tue Gutes und rede darüber – Öffentlichkeitsarbeit und Betriebsratswahlen Klappern gehört zum Handwerk – immer mehr Betriebsräte erkennen dies. Besonders im Vorfeld der Betriebsratswahlen 2014 kann mit einer gezielten Öffentlichkeitsarbeit viel bewegt werden. Die Belegschaft weiß die Aktivitäten und Erfolge einer Arbeitnehmervertretung eben erst dann zu würdigen, wenn sie über diese informiert ist. Betriebsräte, die eine aktive Kommunikation betreiben, sind häufig nicht nur bekannter, sondern auch anerkannter. Und das wiederum ist eine gute Grundlage für die nächste
Der gläserne Arbeitnehmer – Datenschutz im Unternehmen BWS-001-710703-13 20.10. – 25.10.2013 Ort: Wilhelm-Gefeller-Bildungs- und Tagungszentrum in Bad Münder
BR-Wahl. Doch was gehört zu einer funktionierenden Öffentlichkeitsarbeit? Das Spektrum der möglichen Kommunikationsmittel wächst: Aushänge am Schwarzen Brett, Flugblätter und Mailings gehören dazu, aber immer häufiger auch Newsletter, Intranetauftritte, Blogs und andere Social-Media-Aktivitäten. Und zum Handwerkszeug brauchen viele Betriebsräte ein wenig Mut, zur Abwechslung ruhig etwas lauter zu klappern.
IG BCE-Abteilung Betriebsverfassung, abt.betriebsverfassung@igbce.de, 0511 7631-606
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6. Betriebsrätejahrestagung am 10. und 11. Dezember 2013
Expertinnen und Experten in Sachen Mitbestimmung! Qualifizierte BR-Arbeit durch Bildung und Beratung Eine qualifizierte BR-Arbeit benötigt Sachverstand, umfangreiche Rechts- und Wirtschaftskenntnisse sowie fundiertes aktuelles Wissen. Betriebsräte werden mit einer Fülle an Themen und Herausforderungen konfrontiert, die es zu bewältigen gilt. Die 6. Jahrestagung für Betriebsrätinnen und Betriebsräte (BWS-000-090601-13) gibt Hilfestellung und Antworten auf zahlreiche Fragen wie zum Beispiel: Welche Kenntnisse kann das Gremium sich mithilfe einer sinnvollen
Bildungsplanung selbst erarbeiten? Wie gehe ich Themen wie Leiharbeit und Werkverträge an? Wie nutze ich Kommunikation innerhalb der Strukturen der Interessenvertretungen für die Betriebsratsarbeit? Welche speziellen Beratungsleistungen kann ich bei speziellen Themen in Anspruch nehmen?
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Wichtige BAG-Entscheidungen
Impressum
Zustimmungsverweigerungsrecht des Betriebsrats bei Einstellung von Leihbeschäftigten auf Dauerarbeitsplätzen
Herausgeber Gesellschaft für Bildung, Wissen, Seminar der IG BCE mbH Königsworther Platz 6 · 30167 Hannover
Wenn ein Arbeitgeber beabsichtigt, auf Dauer eingerichtete Arbeitsplätze mit befristeten Leihbeschäftigten zu besetzen, kann der Betriebsrat seine Zustimmung zur Einstellung verweigern. Eine Arbeitnehmerüberlassung erfolgt bei der Abdeckung eines Dauerbeschäftigungsbedarfs nicht nur vorübergehend. Das Gesetz sieht jedoch gerade keine Höchstüberlassungsdauer vor. Dem Arbeitgeber ist es auch erlaubt, Leihbeschäftigte für eine flexible Arbeitsgestaltung einzusetzen. Der Einsatz darf aber nach Ansicht des Gerichts nicht auf Dauerarbeitsplätzen erfolgen. Dabei kommt es nicht darauf an, dass die Beschäftigung des jeweiligen Leiharbeiters vorübergehend erfolgen soll. Entscheidend ist, dass ein dauerhafter Bedarf besteht. LAG Berlin-Brandenburg 19.12.2012, Az.: 4 TaBV 1163/12 (Rechtsbeschwerde eingelegt beim BAG unter Az.: 7 ABR 8/13)
Umkleidezeit als vergü- Altersrentenbezug: tungspflichtige Arbeits- Berücksichtigung bei zeit? Sozialplangestaltung Umkleidezeiten einschließlich AGG-konform damit zusammenhängender innerbetrieblicher Wegezeiten können dann vergütungspflichtige Arbeitszeit sein, wenn der Arbeitgeber das Tragen bestimmter Kleidung vorschreibt und das Umkleiden zwingend im Betrieb erfolgen muss. Entscheidend ist jedoch zunächst, was im Tarifvertrag geregelt ist. Definiert dieser die Arbeitszeit nicht näher, kann es sich je nach den konkreten Umständen bei der Umkleidezeit um geschuldete tarifliche Arbeitszeit handeln. Entgegen einer älteren Rechtsprechung (BAG 11.10.2000, Az.: 5 AZR 122/99) ist diese Umkleidezeit auch vergütungspflichtig. Das gilt nicht pauschal für die tatsächlich in Anspruch genommene Zeit der Beschäftigten, sondern nur für die Zeit, die „nach Ausschöpfung der persönlichen Leistungsfähigkeit“ dafür erforderlich ist. Gemeint ist damit, dass ein Trödeln nicht von der erforderlichen Zeit umfasst wird.
Bei der Bemessung der Sozialplanleistungen dürfen die Betriebsparteien berücksichtigen, dass Beschäftigte eine vorgezogene gesetzliche Altersrente beziehen können. Das verstößt weder gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des BetrVG noch gegen das Verbot der Altersdiskriminierung im EURecht. Im konkreten Sozialplan wurden zwei unterschiedliche Berechnungsformeln für Abfindungen rentennaher und rentenferner Jahrgänge vorgesehen. Nach dem Stichtag, der Vollendung des 58. Lebensjahres, sollten Beschäftigte einen Abfindungsbetrag erhalten, der sich auf einen 85-prozentigen Bruttolohnausgleich unter Anrechnung des Arbeitslosengeldes bis zum frühestmöglichen Eintritt in die gesetzliche Altersrente beschränkt.
Verantwortlich Edeltraud Glänzer, Peter Wind Redaktion Isabel Eder, Bernd Stahl, Michael Porschen | IG BCE, Hannover, Stefan Dirscherl | IG BCE BWS GmbH, Hannover Kathrin Behrens | kb², Berlin Gestaltung & Layout Syskom Werbeagentur GmbH, Mönchengladbach Druck BWH GmbH – Die Publishing Company, Hannover Fotonachweis IG BCE und fotolia.com
BAG 26.03.2013, Az.: 1 AZR 813/11 (Pressemitteilung)
BAG 19.09.2012, Az.: 5 AZR 678/11
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