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Ein Konzertbesuch der anderen Art
Text Dr. Doris Slezak, Foto Rando
Die Bühne ist in üppigem Grün gehalten, mit lebhaftem Wechsel von Licht und Schatten, der durch die Dschungelpflanzen bestimmt wird. Der/die Konzertbesucher/-in wandelt staunend und mit allen Sinnen fühlend zwischen den üppigen Pflanzen. Sanft senkt sich der Boden ab und lässt sie oder ihn in ein buntes, flirrendes Gemälde eines Korallenriffs eintauchen. Alles ist bereit, das Konzert kann beginnen.
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Der Held tritt auf. Ein paar unvermittelte Sprünge, dann noch drei ruckartige Drehungen, plötzlich hält er still und hebt an zu singen. Zuerst leise, dann erklingt sein trillernder Gesang, mit dem er eine seiner Damen umwirbt, bald in voller Lautstärke. Winzig ist der Tenor, mit seinen paar Zentimetern kaum auszumachen, doch sein Gesang tönt, als wäre er 1000-mal so gross. Und gleich antwortet ein weiterer Sänger, ein Duett. Während man auf der Bühne voranschreitet, schwillt das Trillern vieler Sänger zu einem intensiven Crescendo an, hüllt den Gast ein und entführt ihn in die Fremde.
Der winzige Tenor sitzt irgendwo im Dschungel des Berner Tierparks, sein Lied trällert er jeden Tag zur Partnersuche und/ oder zur Revierverteidigung. Nach dem Motto «Die Kleinsten schreien am lautesten» übertönen sie tagsüber fast alle sonstigen Geräusche im Vivarium des Dählhölzli. Es gilt: je besser die «Qualität» der Rufe und Triller, desto mehr sind die Damen beeindruckt. Dreistreifen-Baumsteiger ist sein Name, ein Pfeilgiftfrosch. Sie leben frei in der Weite des Vivariums und vermehren sich bestandserhaltend. Hat der Heldentenor seine Dame erfolgreich zur Eiablage im feuchten Laub bewegt, lädt sich Vater Frosch die frisch geschlüpften Kaulquappen auf den Buckel und trägt sie behutsam zu den geeigneten Tümpeln. Senkt sich dann die Nacht über das Vivarium, verstummen die Triller der Dreistreifen-Baumsteiger und ein anderer Chor hebt an zu singen. Dieser klingt wie Vogelgezwitscher, doch halt – kein Vogel ist es, es stammt vom kleinen, unscheinbaren Gewächshausfrosch. Auch er bewegt sich frei im Vivarium und die Population gedeiht prächtig. So unscheinbar der Gewächshausfrosch aussieht, ist er doch besonders: Das Weibchen, von den Rufen und Gesängen angelockt, legt die Eier nicht, wie bei Fröschen meist üblich, ins Wasser, sondern in feuchte Moospolster und Ähnlichem ab. Und dann – man staune – schlüpfen aus den Eiern statt Kaulquappen winzig kleine fertige Jungfrösche. Die froschtypische Entwicklung von der Quappe zum Frosch spielt sich vollständig im Ei ab! Als nachtaktiver Jäger von Insekten und Ameisen ist der Gesang der Gewächshausfrösche die ideale konzertante Kulisse bei einem Abendbesuch im Vivarium, sei es auf einer der zahlreichen Abendführungen oder in der speziellen Atmosphäre des Vivariums bei einem Event nach Wunsch.
TIERPARK BERN
Vollmondführung im September Alle Besucherinnen und Besucher haben das Dählhölzli verlassen und die Tiere sind wieder «unter sich». Einige von ihnen machen sich nun bereit zum Schlafen, andere aber werden erst jetzt so richtig aktiv. Entdecken Sie auf dieser unvergesslichen Dämmerungstour eine ganz neue und überraschende Seite des Tierparks. Dienstag, 21.09.2021 19:30 Uhr
Mehr Infos www.tierpark-bern.ch, Führungen und Events