4 minute read
Interview mit Friederike von Houwald
«Ich freue mich darauf, Bern zu erkunden»
INTERVIEW MIT DER NEUEN DIREKTORIN DES TIER- UND BÄRENPARKS
Advertisement
Friederike von Houwald trat per 1. September als neue Berner Tier- und Bärenparkdirektorin die Nachfolge von Bernd Schildger an, der nach über 24 Jahren im Dienste des Tier- und Bärenparks in den Ruhestand geht. Die Tiermedizinerin war seit über 20 Jahren in verschiedenen Funktionen im Bereich der Nachhaltigkeit und Tierhaltung im Zoo Basel tätig. Als Kuratorin ist sie eine in der Zoowelt anerkannte Persönlichkeit. Von ihrem fachlichen Netzwerk und ihrem Engagement in Organisationen wie der European Association of Zoos and Aquaria (EAZA) oder der International Union for the Conservation of Nature (IUCN) wird jetzt auch der Tierpark Bern profitieren.
Interview Michèle Freiburghaus, Foto Remo Eisner Frau von Houwald, herzlich willkommen in Bern! Sie treten nicht nur eine neue Stelle an, sondern wechseln auch ihren Wohnort. Freuen Sie sich darauf, in der Bundesstadt zu leben? Ja, ich freue mich wirklich sehr! Ich habe schon jetzt sehr liebenswerte Menschen kennen gelernt und bin gespannt auf weitere Begegnungen. Ich freue mich aber auch auf die Stadt selber, auf die unterschiedlichen Angebote seitens der Kulturszene und die vielen Möglichkeiten, die Umgebung zu erkunden.
Was hat Sie zum Wechsel vom Zoo Basel nach Bern bewogen? Nach 20 Jahren in Basel ist es an der Zeit, sich einer neuen Herausforderung zu stellen. Und ich liebe Herausforderungen. Eine davon ist es, Menschen für Tiere zu begeistern und ihnen zu zeigen, wie wichtig es ist, die Schönheit der Natur und ihre Lebewesen, von «Wurm bis Adler», kennen und vor allem schätzen zu lernen. Der Tierpark Dählhölzli bietet – weil er in vielen Bereichen für alle Berner*innen 365 Tage gratis zur Verfügung steht – da ganz wunderbare Möglichkeiten.
Bernd Schildger war in Bern bekannt wie ein «bunter Hund» – wie schwer wiegt die Last, in seine Fussstapfen zu treten? Ich hoffe, Bernd Schildger bleibt ein bunter Hund in Bern! Das Schöne an meiner neuen Stelle ist, dass es nicht darauf ankommt, etwas oder jemanden zu kopieren, sondern um das Weiterführen von Gedanken und die Entwicklung neuer Gedanken für die Zu-
kunft des Tierpark Dählhölzli. Da Bernd Schildger mit einem grossartigen Team zusammengearbeitet hat, freue ich mich nun sehr auf den Einstieg und die Zukunft im TP.
Was werden Sie gleich, was anders machen? Ich werde mir zuallererst Zeit nehmen, mich in die aktuellen Themenfelder einzuarbeiten und die Menschen, Tiere und die Situation vor Ort kennenzulernen.
Was würden Sie als Ihre grösste Stärke bezeichnen? Ich bin eine Optimistin und ein Mensch mit Visionen.
Welche Projekte werden Sie weiterverfolgen, welche werden Sie neu anstossen? Das möchte ich zurzeit noch nicht beantworten, da ich mich erst einmal einarbeiten und mit allem vertraut machen möchte. Dann werde ich – zusammen mit meinem Team – mit der Arbeit beginnen. Aber der Fokus auf Natur- und Artenschutz motiviert mich sehr und das wird sicherlich auch in vielen Bereichen unserer zukünftigen Arbeit einfliessen.
Sie werden auch für die Berner Bären zuständig sein, die den Berner*innen sehr am Herzen liegen – wie erklären Sie sich diese Bärenliebe? Bern prägt eine enorm lange Tradition zu Bären. Das Interesse am Bären entstand bereits im 13. Jahrhundert. Es gibt keine andere Stadt – zumindest keine, die mir bekannt ist –, in der Bären eine so prominente Stellung einnehmen. Was mich dabei berührt, ist, wie die Berner*innen sich für die Bären einsetzen und so die Haltung der Tiere immer weiter verbessert werden konnte. An dieser Einstellung erkennt man, wie fortschrittlich die Berner*innen sind und wie viel Empathie sie für Bären haben.
Natur- und Artenschutz ist Ihnen ein grosses Anliegen – wo sehen Sie da in Bern noch Potenzial? Schaut man sich die Zahlen über den Artenschwund und Verlust der Biodiversität in der Schweiz an, dann denke ich, wird es für uns alle wichtig werden, uns gut zu überlegen, was wir gemeinsam tun können, um weitere Verluste zu stoppen. Der Tierpark hat in dieser Hinsicht ein grosses Potenzial. Nicht nur, dass im Tierpark Expert*innen arbeiten, die sich mit sehr vielen verschiedenen Tierarten sehr gut auskennen und durch Zuchten Arten vor dem Aussterben retten. Das Potenzial des Tierparks liegt auch darin, in Zukunft noch mehr mit anderen Organisationen, NGOs, Universitäten, Schulen und so weiter zusammenzuarbeiten und die Bemühungen seitens des Tierparks im Natur- und Artenschutz für die Besucher*innen erlebbarer zu gestalten. Der Schutz der Tiere vor Ort und in der Region wird ein wichtiger Schwerpunkt werden.
Ich möchte hier Baba Dioum zitieren, der vor vielen Jahrzehnten (1968) an einer Konferenz in Indien gesagt hat: «In the end, we will conserve only what we love; we will love only what we understand and we will understand only what we are taught.»Am Ende werden wir nur schützen, was wir lieben, wir lieben nur, was wir verstehen, und wir verstehen nur das, was man uns beigebracht hat. Es ist ein häufig zitierter Spruch, der mir persönlich viel bedeutet. Er hat unglaublich viel Wahres und er trifft auf viele Bereiche zu, die wichtig für die Arbeit im Tierpark Bern sein werden.
Bernd Schildger an der Buch-Vernissage «Mensch, Tier!», 2019, im Schloss Hünigen.
Foto Annette Weber-Hadorn
Lieber Bernd
Du hast uns unterhalten, jahrelang und gut. Die Bärn!Redaktion durfte für Dich und mit Dir zahlreiche Berichte und Geschichten im Bärn!Magazin realisieren.
Die schönsten und tiefsten gemeinsamen Erlebnisse konnten wir bei der Erarbeitung, Realisation und Herausgabe Deines Buches «Mensch, Tier!» geniessen und wir haben unvergessliche Buchvernissagen und -auftritte erleben dürfen. Du hast die Menschen begeistert, motiviert und sie die menschliche Sichtweise auf das Tier neu überdenken lassen. Dank Dir wurden wir nachdenklicher und haben uns neuen Themen und Ansichten gewidmet.
In diesem Sinne freuen wir uns auf Deine neue Freiheit, auf weitere Auftritte und Publikationen von Dir!