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Diversity? Diversity
Text: Flavia Wasserfallen und Katharina Lehmann, Foto Adrian Moser
«Diversity-Managerinnen und -Manager» werden ernannt, Firmen brüsten sich mit einem hohen «Diversity-lndex», «Diversity-Awards» werden verliehen und «Diversity-Ziele» finden sich in vielen Strategiepapieren. Diversity ist in aller Munde. Doch was steckt eigentlich dahinter?
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Diversity, zu Deutsch Vielfalt, verfolgt den Ansatz, dass alle Menschen Anerkennung, Respekt und Wertschätzung erfahren sollen, unabhängig von Geschlecht, Alter, Herkunft und Religion. Chancengleichheit und der Abbau von Diskriminierung sind wichtige Ziele von Diversity. Alle Menschen sind verschieden und haben ein Recht darauf, ihren Platz in der Gesellschaft und auch in der Arbeitswelt zu finden.
Mangelnde Vielfältigkeit zeigt beispielsweise die Situation der älteren Arbeitnehmenden auf dem Arbeitsmarkt. Sie leisten mit ihrer Erfahrung und ihrem Wissen einen wichtigen Beitrag für das gute Funktionieren der Wirtschaft. Wird ein Arbeitsverhältnis aufgelöst, müssen über 50-jährige Personen jedoch eineinhalbmal länger eine Stelle suchen als jüngere. Ein Unternehmen kann konkret Einfluss nehmen, damit ältere Arbeitnehmende im Arbeitsmarkt bleiben, indem es Unterstützung für Standortgespräche und Weiterbildungen bietet und bei der Anstellung neuer Arbeitskräfte auf eine gute Altersdurchmischung der Teams achtet. Gerade in dynamischen Arbeitsfeldern ist es zudem wichtig, die Bedürfnisse und Anliegen älterer Arbeitnehmenden ernst zu nehmen, damit Veränderungen mitgetragen werden.
Nebst einer guten Altersdurchmischung ist ein guter Mix der Geschlechter zentral. Frauen verdienen im Schnitt auf eine Vollzeitstelle rund 20 Prozent weniger als Männer und sie übernehmen den grossen Teil der unbezahlten Betreuungs- und Hausarbeit. Auch ist die Vertretung der Frauen in höheren Positionen sehr dürftig. Lohngleichheit, familienfreundliche Strukturen, Teilzeitangebote oder Vaterschaftsurlaub sind deshalb wichtige Rahmenbedingungen.
Was bringt Diversity einem Unternehmen?
Ob eine gute Alters- und Geschlechterdurchmischung, Menschen mit besonderen Bedürfnissen oder Migrationshintergrund – Vielfalt ist nicht einfach schön und nett, sondern bringt echte Vorteile für ein Unternehmen. Die vielfältigen Erfahrungen und Leistungen von Menschen beinhalten wertvolles Potenzial, welches es zu erkennen, nutzen und kombinieren gilt. Gemischte Teams bringen bessere Ergebnisse, es entstehen Perspektiven und Ideen, welche sich in allen Bereichen des Unternehmens nutzen lassen, beispielsweise in der Produktentwicklung oder für innovative Problemlösungen. Das positive und offene Arbeitsklima wiederum fördert die Zufriedenheit und Kreativität der Arbeitnehmenden. Auch im Arbeitsmarkt wirkt sich eine aufgeschlossene Haltung positiv aus, denn tolerante und vielfältige Unternehmen ziehen gute Kandidatinnen und Kandidaten an. Unbestritten ist ausserdem, dass eine Erhöhung der Erwerbsquote der Frauen ein Mittel zur Bekämpfung des Fachkräftemangels ist. Energie Wasser Bern, der städtische Energieversorger, verfolgt beispielsweise den ganzheitlichen Ansatz, indem das Unternehmen Faktoren wie Gleichstellung der Geschlechter, Alter, Herkunft, Sprache, Kultur, Religion oder Lebensstil in die langfristige Strategie miteinbezieht. Die unterschiedlichen Sichtweisen, Erfahrungen, Ideen und Fähigkeiten jedes Einzelnen tragen dazu bei, dass das Unternehmen erfolgreich unterwegs ist. Die Mitarbeitenden sollen sich in einem Arbeitsumfeld bewegen, in dem sie ihre Stärken, Erfahrungen und Denkweisen einbringen und gleichzeitig auch davon profitieren können. Mit dieser Ausrichtung begegnet Energie Wasser Bern dem Fachkräftemangel und der Pensionierung der Babyboomer-Generation.
Ein kürzlich publizierter Vergleich börsenkotierter Firmen sowie öffentlicher Unternehmen im Raum Bern hat gezeigt, dass betreffend Geschlechtervertretung vielerorts grosser Aufholbedarf besteht. Seit dem 1. Januar 2021 gibt das Obligationenrecht immerhin börsenkotierten Firmen für den Verwaltungsrat und die Geschäftsleitung sogenannte Geschlechterrichtwerte vor. Das Ziel von Energie Wasser Bern, in Führungspositionen mindestens eine Frauenquote von 20 Prozent zu haben, ist trotzdem noch nicht erreicht. Mit der zukünftigen CEO Cornelia Mellenberger sowie der Wahl von Marion Mattes zur neuen Leiterin IT bewegt sich der Energieversorger jedoch mit grossen Schritten in die richtige Richtung.
ewb.ch/jobs
Flavia Wasserfallen (links im Bild) ist seit 2017 als Vertreterin der Arbeitnehmenden Mitglied des Verwaltungsrates von Energie Wasser Bern und seit Mai 2018 vertritt sie den Kanton Bern als SP-Nationalrätin. In ihrer Funktion als Verwaltungsrätin steht sie auch in regelmässigem Austausch mit der Personalvertretung von Energie Wasser Bern zu Themen wie Führungskultur, Veränderung der Arbeitswelt oder auch Diversity im Unternehmen. Im Verwaltungsrat und auch in der politischen Arbeit liegen ihr Themen wie Gleichstellung, Chancengerechtigkeit oder bessere Rahmenbedingungen, welche die Vereinbarkeit von Familie und Beruf erleichtern, besonders am Herzen.
Kolinda Kropf (rechts im Bild) ist Diversity-Managerin bei Energie Wasser Bern. In dieser Funktion setzt sie sich für den ganzheitlichen Ansatz ein, der dem Begriff Diversity gerecht wird. Dabei geht es in erster Linie um die Kommunikation und Vernetzung von verschiedenen Interessengruppen und darum, Themen anzustossen und gemeinsam neue Wege und Strukturen im Unternehmen zu schaffen. So arbeitet die Diversity-Managerin eng mit Human Resources, der Personalvertretung sowie externen Diversity-Gruppen und Organisationen zusammen.
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