Blickpunkt N°6 2014

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Das unabh채ngige Schweizer Wirtschaftsmagazin Ausgabe 6 / 2014 CHF 6.80 www.blickpunktkmu.ch

RITa & ZIA

Mit Inspiration und Beharrlichkeit Sandrine Barabinot hat in weniger als f체nf Jahren eine starke Marke f체r Modeschmuck und Accessoires aufgebaut.


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Editorial

Impressum

www.blickpunktkmu.ch AUSGABE 6 / 2014 auflage: 57681 exemplare

3

Liebe Leserin Lieber Leser

Herausgeberin

W. Gassmann AG Längfeldweg135 Postfach 1344 2501 Biel/Bienne Telefon 032 344 81 11 info@blickpunktkmu.ch

A

verleger

uch wenn die Stossrichtung kaum umstritten ist, kann ein politisches Thema heftige Reaktionen hervorrufen. Das gilt aktuell besonders für die Diskussion rund um «Auslandaktivitäten von Schweizer Unternehmen». In der Rubrik «Im Gespräch» auf Seite 44 streiten diesmal ein Vertreter des Schweizerischen Gewerbeverbandes und die Leiterin der Kampagne «Recht ohne Grenzen» über den richtigen Weg.

Marc Gassmann geschäftsführender direktor

Marcel Geissbühler Verlagsleiter

Martin Bürki mbuerki@gassmann.ch Chefredaktor

Theo Martin tmartin@gassmann.ch

Der Bundesrat will, dass alle in der Schweiz ansässigen Unternehmen bei ihren Auslandgeschäften die Menschenrechte und den Umweltschutz einhalten. Damit stellt sich die Frage, ob der bürokratische Aufwand für KMU überhaupt noch tragbar ist. Die Hürden für den Export von Schweizer Firmen und für die Geschäftstätigkeit von Tochterfirmen im Ausland würden mit Sicherheit grösser. Der Schweizerische Gewerbeverband fordert deshalb den Rückzug des bundesrätlichen Berichts, «Recht ohne Grenzen» droht bereits mit einer Volksinitiative.

Autoren Expertenwissen

Dr. Dorothea Brunner Thomas Hasenfratz Dr. Bernhard Höveler Roger Jaggi Ruedi Josuran Prof. Dr. Matthias Lütke Entrup Beat Rüfli Lorenz Schmid Sheila Schweizer Dr. Christophe v. Werdt Layout

Das Beispiel zeigt, dass das regulatorische Umfeld massive Auswirkungen auf die Geschäftstätigkeit haben kann. Selbst relativ kleine Firmen sind deshalb aufgefordert, sich für passende Rahmenbedingungen einzusetzen. Denn wie sagt doch das Sprichwort: Wer nicht Politik macht, mit dem wird Politik gemacht... ●

Inédit Publications SA Avenue Dapples 7 1001 Lausanne BILDER

Flavio Girolimetto Peter Samuel Jaggi Jonathan Liechti Vanina Moreillon Fotolia INSERATE

Herzlichst

Annoncen-Agentur Biel AG Längfeldweg 135 2501 Biel/Bienne Telefon 032 344 83 44 verkaufsleitung

Roger Hauser rhauser@gassmann.ch

THEO MARTIN Chefredaktor

verkauf Innendienst

Margot Iseli anzeigen@gassmann.ch E-Mail: abo@blickpunktkmu.ch Einzelpreis: CHF 6.80 Jahresabo: CHF 60.– Druck und vertrieb

Ziegler Druck- und Verlags-AG CH-8401 Winterthur Titelbild: Vanina Moreillon

BLICKPUNKT KMU

Foto: Jonathan Liechti / Fotolia

Abonnemente

Auspacken braucht Kraft! Mehr dazu auf der Seite 50.


Inhalt

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Ausgabe 6 / 2014

Standards

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Fokusthema

Editorial

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Impressum

Schweissarbeit

George Clooney kommuniziert perfekt Der Erfolg der Kommunikation für KMU hängt auch vom richtigen Medienmix ab. Zeitungsinserate rechnen sich immer noch. Braucht es heute aber auch den Einsatz von Social Media?

Marktplatz 6 Flexibilität am Arbeitsplatz, fehlende Fachkräfte, zufriedene Mitarbeiter, schlaue Maturanden und weitere Meldungen

Fotos: Vanina Moreillon / Fotolia./ zvg. / Illustrationen: Fotolia.

KMU des Monats 10

Mit Inspiration und Beharrlichkeit Sandrine Barabinot hat in weniger als fünf Jahren

eine starke Marke für Modeschmuck aufgebaut. Die trendigen Halsketten aus Holz- und Halbedelsteinperlen gehören mittlerweile zum begehrten Accessoire modebewusster Frauen.

BLICKPUNKT KMU


Expertenwissen 25

Die sinnvolle Steuerung der gesunden Führung

28

Die zehn Gebote für Ihr Websiteprojekt

5

Im Gespräch 44

Panik im Verwaltungsrat Der Bundesrat will Exporteure

auf Menschenrechte und Umweltschutz verpflichten. Der Gewerbeverband fordert den Rückzug des Berichts, «Recht ohne Grenzen» droht mit einer Volksinitiative.

30

Neue Medien: Content is ranking

34

Professionelle Akten- und Datenarchivierung im KMU

38

Wann haben Sie zuletzt Ihren Lieferanten besucht?

42

Was haben wir, was sie nicht haben?

BLICKPUNKT KMU

Allzeit griffbereit: Lesen Sie Blickpunkt KMU jetzt auch auf dem iPad oder iPhone!


6

Marktplatz

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Zahl des Monats

5,8

Millarden Franken Die Ausgaben für die Soziale Sicherheit sind in der Schweiz im Jahr 2012 um 4,1 Prozent gestiegen. Kostentreiber sind Krankheit und Alter. (Quelle: Gesamtrechnung der Sozialen Sicherheit 2012, Bundesamt für Statistik.)

Flexibilität am Arbeitsplatz hat Priorität Für den Grossteil der Schweizer Berufstätigen ist Flexibilität am Arbeitsplatz Trumpf: 82 Prozent würden einen Job einem vergleichbaren Angebot vorziehen, sofern sie über Ort und Zeit ihres Arbeitens mitbestimmen dürften. Das ist das Ergebnis einer Umfrage von Regus, dem globalen Anbieter für flexible Arbeitsplätze. Darüber hinaus sind rund zwei Drittel der Befragten überzeugt, dass flexible Arbeitsmodelle helfen, Mitarbeiter stärker an das Unternehmen zu binden. Laut einer Studie des Beratungsunternehmens Aon Hewitt weisen Firmen mit hoher Mitarbeiterbindung weltweit überdurchschnittliche Gewinne aus. 72 Prozent der Befragten gaben an, Flexibilität im Arbeitsalltag sei ein klarer Anreiz. 64 Prozent würden einen Job, bei dem flexibles Arbeiten nicht möglich ist, ablehnen. 54 Prozent Fotos: Fotolia. Illustrationen: Fotolia.

wären länger bei ihrem letzten Arbeitgeber

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geblieben, hätte er ihnen eine freiere Gestaltung von Arbeitszeiten und -orten ermöglicht. In der Regus-Studie wurden mehr als 20 000 Führungskräfte und Unternehmenseigentümer in 95 Ländern befragt. ●


Marktplatz

MEM-Industrie will inländisches Fachkräftepotenzial besser nutzen Die Erwerbsbevölkerung altert und die Geburtenrate sinkt. Zusammen mit der Einführung von Kontingenten für ausländische Arbeitskräfte droht sich der bereits bestehende Fachkräftemangel in der Maschinen-, Elektro- und Metall-Industrie (MEM-Industrie) deutlich zu verschärfen. Aus diesen Gründen hat Swissmem eine Fachkräftestrategie erarbeitet, um das inländische Arbeitskräftepotenzial besser auszuschöpfen. Sie setzt auf die Nachwuchsförderung, will den Anteil der Frauen in der Industrie erhöhen sowie ältere Mitarbeitende länger im Arbeitsprozess halten. Gemäss einer durch Swissmem in Auftrag gegebenen Studie des Beratungsunternehmens BSS Basel besteht zurzeit in fünf von elf MEM-Berufsfeldern ein Verdacht auf Fachkräftemangel (MEMInformatiker, MEM-Ingenieurberufe, Maschinisten, MEM-Techniker und Technische Fachkräfte). Aufgrund der bevorstehenden Pensionierungen müssen in den nächsten fünf Jahren jährlich 17 000 Personen dazugewonnen werden, um den Bestand zu halten. In einigen Berufsfeldern seien die Ausbildungsanstrengungen zu gering. ●

Beste Maturarbeiten im Bereich Informatik ausgezeichnet Die besten Maturarbeiten 2014 im Bereich Informatik umfassen vielfältige Lösungen, ein Spiel und ausgereifte Anwendungen. Im Kern stehen neben Softwarelösungen und Algorithmen auch komplexe Hardware-SoftwareSysteme. Vermehrt wurden Projekte mit mobilen Technologien eingereicht. Das Institut für Informatik und angewandte Mathematik der Universität Bern, das Institut d’Informatique der Universität Neuenburg und das Departement für Informatik der Universität Fribourg fördern zusammen mit der Joint Alumni Association in Computer Science mit dem Preis das Engagement der Maturanden in dieser Zukunftsbranche. Am meisten überzeugt hat die Jury die Arbeit «Bird Recognition using Audio Fingerprinting» von Laurin Brandner. Den zweiten Preis teilen sich Ewald Kleefstra («Stundenausfall-Informationssystem») sowie Raphael Fischer und Sebastian Stengele («Entwicklung eines Quadcopters zum automatisierten Transport eines

www.swissmem.ch

Behälters»). ● www.jointalumni.ch – http://mcs.unibnf.ch

Schweizer Arbeitnehmer sind mit ihrem Job zufrieden Im Rahmen der von Randstad vierteljährlich durchgeführten Arbeitnehmerbefragung wird jeweils auch die Zufriedenheit der Mitarbeitenden mit ihrer aktuellen Arbeitssituation erhoben (Satisfactory Index). Die Resultate zeigen: Schweizer sind deutlich zufriedener mit ihrem Job als ihre Kollegen aus Deutschland, Frankreich und Italien. 75 Prozent der Schweizer Arbeitnehmer gaben an, dass sie zufrieden bis sehr zufrieden sind. Dies ist ein markant höherer Wert als bei den Nachbarn: In allen drei Ländern sind lediglich 67 Prozent der Befragten mit ihrem aktuellen Arbeitgeber zufrieden. Obwohl Studien belegen, dass das Salär nicht der wichtigste Motivationsfaktor ist, zeigt der Randstad Satisfactory Index, dass die Zufriedenheit mit der Arbeitssituation bei höheren Einkommen tendenziell grösser ist. Randstad ist auf dem Gebiet der Stellenvermittlung und des Personalmanagements mit 250 Mitarbeitenden und 50 Filialen in der gesamten Schweiz präsent. ● www.randstad.ch

Randstad Satisfactory Index Q2 /2014

Geld ist nicht alles, aber ... Obwohl Studien belegen, dass das Salär nicht der wichtigste Motivationsfaktor ist, zeigt der Randstad Satisfactory Index, dass die Zufriedenheit mit der Arbeitssituation bei höheren Einkommen tendenziell grösser ist. Mit ihrer Jobsituation zufrieden bis sehr zufrieden sind: über CHF 100‘000 bis

CHF 100‘000

bis

CHF 75‘000

bis

CHF 50‘000

71 %

75 %

79 %

81 %

© Randstad (Schweiz) AG

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Digitale Erfassung an Messen

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essen gelten weithin als erprobter Vertriebskanal, gerade für KMU. Für den Erfolg entscheidend ist dabei ein schneller und gezielter Nachkontakt – der scheitert jedoch allzu oft daran, dass der Vertrieb zunächst hunderte handgeschriebener Notizen und Visitenkarten erfassen und auswerten muss. Die Leitz GmbH, deutsche WerkzeugHerstellerin für Holz- und Kunststoffbearbeitung, erfasste diese an der Messe Holz-Handwerk erstmals digital und sicherte so einen schnellen Nachkontakt der Gespräche. Die Wahl fiel auf quickLead, eine Lösung für digitale Leaderfassung und Leadmanagement auf Messen. Damit konnte Leitz die Messegespräche abbilden, die Daten sofort online nutzbar machen und die Kontakte noch auf der Messe mit Hilfe einer E-Mail-Kampagne nachfassen. Am Messestand protokollierten die Standmitarbeiter das Messegespräch mit der quickLead App, die auf iPads installiert war. quickLead ist eine Lösung für digitale Leaderfassung und Leadmanagement auf Messen. ● www.quicklead.de/leitz-auf-der-holz-handwerk

Drei Fragen an… André Caradonna LEITER KOMMUNIKATION, BERNEXPO AG

Verteilen Sie noch Visitenkarten? Ich persönlich verteile sie nach wie vor – ich setze heute aber auch Netzwerke wie LinkedIn ein. Wie profitieren KMU am meisten von einer Messe? Eine Messe beinhaltet für Aussteller viele Potentiale; mit Fokus darauf, Business zu generieren. Das ist auch mit anderen Marketingmassnahmen möglich, aber die Livekommunikation an einer Messe ermöglicht innert kürzester Zeit viele qualitativ gute Kontakte. Bei B2C-Messen ist der Effekt unmittelbarer, bei B2B entwickeln sich die Abschlüsse eher mittelfristig. Aussteller haben drei Möglichkeiten: 1. Die Frequenz der Besucher vor Ort nutzen. 2. Zusätzliche Kommunikationsmassnahmen als Verlängerung einsetzen und auf die Messe hinweisen. 3. Bereits im Vorfeld Leadmanagement betreiben, zur Aktivierung von Kunden. Was geht in der Nachbearbeitung einer Messe häufig vergessen? Es spielen ähnliche Mechanismen wie in der übrigen Berufswelt: Man muss am Kundenkontakt dran bleiben und die Effizienz ausnützen. Digitalisieren kann helfen – weil Informationen weniger vergessen gehen, weil mehrere Mitarbeiter beteiligt sind und weil der Kontakt über mehrere Kanäle bearbeitet werden kann.

Fotos: quickLead, Fotolia und ZVG.

Aus Kontakten Kunden zu machen ist stets das Ziel. Eine Messe ist dabei das Abbild eines Marktes. Sie hilft sich selber zu positionieren und sie erlaubt einen Konkurrenzvergleich. ●

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KMU des Monats

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RITA & ZIA

Mit Inspiration und Beharrlichkeit Sandrine Barabinot hat in weniger als fünf Jahren eine starke Marke für Modeschmuck aufgebaut. Die trendigen Halsketten aus Holzund Halbedelsteinperlen gehören mittlerweile zum begehrten Accessoire modebewusster Frauen. Barabinots Kreationen verkörpern archetypische Symbole wie Glück, Gelassenheit und Schutz vor Unheil. Die Glücksbringer sollen ein gutes Lebensgefühl verströmen. Vielleicht liegt hier ein Grund, warum die Schmuckstücke so gerne getragen werden. Text: nathalie praz /// ÜBERSETZUNG: PIERRE LEDUC /// fOtos: vanina moreillon

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KMU des Monats

G

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lück lässt sich im Nachhinein erklären; Erfolg muss man sich erarbeiten», sagt die Genfer Schmuckdesignerin Sandrine Barabinot. Tatsächlich spielte Fortuna zu Anfang mit. Der Markt war damals offen für neue Trends: Neben der klassischen Bijouterie bestand Raum für Modeschmuck und andere Accessoires wie Handtaschen und Foulards. Dass die Unternehmerin die Chance im richtigen Zeitpunkt packte, darf wohl noch dem Glück zugerechnet werden. Aber damit endet die Gunst des Schicksals. Den kometenhaften Erfolg ihres Unternehmens verdankt Barabinot ihrem zähen Fleiss und dem unerschütterlichen Willen, zu reüssieren. «Nicht ein einziges Mal dachte ich daran, das Projekt aufzugeben», bestätigt die Gründerin der Marke Rita & Zia. Dennoch waren die Anfänge nicht gerade rosig. Da halfen auch die Talismane nicht, die den Schmuck zieren. So musste Barabinot dem Erfolg gelegentlich mit einer gehörigen Portion Dreistigkeit auf die Sprünge helfen. Dazu hat sie gleich eine Anekdote parat: Um ihre Produkte bei Modegeschäften bekannt zu machen, war sie viel mit dem Auto unterwegs. Schliesslich musste sie die Verantwortlichen überzeugen, ihre Kollektion ins Sortiment aufzunehmen. Aber eines Tages ging ihr mitten auf einer solchen Besuchstour das

Benzin aus. «Dummerweise hatte ich keinen Rappen Geld mehr, weder im Portemonnaie noch auf der Bank», erinnert sich unsere Gesprächspartnerin. Trotzdem betankte sie ihr Auto und gab an der Tankstellenkasse vor: «Ich habe unglücklicherweise meine Brieftasche zu Hause vergessen.» Man glaubte ihr die Geschichte, nahm ihre Personalien auf und liess sie weiterfahren. Selbstverständlich kehrte die Schuldnerin wenig später zurück und beglich die offene Rechnung.

Angeborener Geschäftssinn Barabinot hatte wieder einmal gepokert. Sie selbst spricht dabei vom «Système D». So nennt man diese Form der Pfiffigkeit in der Romandie. Die Wahlgenferin mit italienischen Wurzeln zeigte von Anfang an Stehvermögen: Nachts fertigte sie ihre Halsketten, und am nächsten Morgen belieferte sie einen Genfer Concept Store, der ihr Anfang 2008 Vertrauen geschenkt hatte. Wenige Monate später wollte auch ihr ehemaliger Arbeitgeber, die Kaufhauskette Bon Génie, die Kollektion von Rita & Zia ins Sortiment aufnehmen. In diesem Augenblick bewies die Designerin ihren angeborenen Geschäftssinn. Als Erstes zog sie ihre gefragten Accessoires für drei Monate aus dem genannten Concept Store zurück. Damit löste sie bei der Fangemeinde von Rita & Zia eine grosse Nachfrage aus – und das kurz vor Weihnachten. Als die Produkte dann ab 2009 im Bon

Perlen. Die Rohmaterialien von Rita & Zia kommen aus der ganzen Welt.

Wer ist Sandrine Barabinot? Sandrine Barabinot ist eine Kämpfernatur. Das hat die Modeexpertin schon im Privatleben bewiesen, wo sie ihre beiden Kinder Bruce und Léo trotz Vollzeitarbeit als Alleinerziehende betreut hatte. Aber das schien der jugendlichen Vierzigerin nicht zu genügen, denn neben der Herausforderung durch die heranwachsenden Söhne wagte sie den Sprung in die Selbstständigkeit und gründete ihr eigenes Unternehmen für Accessoires in der Modebranche. Ihre Marke Rita & Zia sollte dereinst international bekannt werden, lautete schon damals ihr Anspruch. Dabei konnte Barabinot nicht auf Hilfe zählen, schon gar nicht von den Banken, die ihr Anliegen vorab nicht ernst genommen hätten. So blieben der Selfmadefrau nur der Wille und eine aussergewöhnliche Schaffenskraft, um ihre Vision von schönen Objekten durchzusetzen. Schliesslich hatte die quirlige platinblonde Jungunternehmerin bereits reiche Erfahrung in der Modebranche gesammelt, zuerst als Verkäuferin, später als Einkäuferin in bekannten Genfer Boutiquen wie Chantal Thomass, Thierry Mugler und Prada. Heute hat Barabinot ihr «perfektes Gleichgewicht» gefunden, wie sie erklärt. Neben ihrer Passion für den Modeschmuck pflegt sie ein gutes Verhältnis zu ihren inzwischen erwachsenen Söhnen. Obwohl sie eigene berufliche Wege gehen, unterstützen sie ihre Mutter und Firmengründerin. Ihren neuen Lebenspartner hat Barabinot 2012 geheiratet. Dennoch wohnen die Beiden nicht unter dem selben Dach, wohl deshalb, weil sie die Flamme ihrer Liebe auf diese Weise besser behütet fühlen.

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FÜR SIE SchauEn wIR gEnau hIn

Wussten Sie es? Der Schmuck von Rita & Zia ist zugleich Glücksbringer: Die verwendeten Symbole verkörpern Liebe, Schutz vor Unheil, Gelassenheit und Wohlbefinden. Der Totenkopf symbolisiert nicht nur den Mut, sondern auch die reine Seele, wie sie nach dem Verlassen des Körpers weiterlebt.

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Génie auftauchten, verkauften sie sich wie frische Brötchen. Im ersten Monat gingen 300 Schmuckstücke über den Ladentisch. Alle waren von der Firmengründerin in Handarbeit hergestellt worden. Endlich liess der geschäftliche Durchbruch die Entbehrungen der vergangen Monate verblassen. Aber das Erfolgsrad drehte sich immer schneller, und personelle Unterstützung wurde notwendig. Zudem musste die Marke Rita & Zia, die im Handelsregister als SB Diffusion firmiert, unternehmerisch aufgestellt werden. Barabinot stellte damals ihre ersten beiden Angestellten in Vollzeit ein: eine Produktionsmitarbeiterin, die heute noch im Unternehmen tätig ist, und eine Verwaltungsangestellte. Schliesslich mietete Sandrine Barabinot am geschäftigen Genfer Boulevard du Pontd'Arve einen Ausstellungsraum für ihre Kollektionen. Marktbeobachter von Modegeschäften der Romandie, aber auch Trendscouts internationaler Warenhausketten wurden auf Rita & Zia aufmerksam. Zwischen 2009 und 2011 etablierte sich die Unter-

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Die Meilensteine

In Zahlen

2008 Ein Genfer Concept Store nimmt die Kollektion in sein Sortiment auf.

USA

Belgien

2008 Die Warenhauskette Bon Génie Grieder verkauft ab Dezember Produkte von Rita & Zia.

1,5%

3%

2009 Die Marke gewinnt erste Verkaufspartner in Frankreich.

Polen Dänemark Norwegen

2009 Modeboutiquen in der Romandie nehmen die Accessoires ins Sortiment auf.

18%

2011 Aufbau eines Vertriebsnetzes in Belgien.

Verteilung des Umsatzes

Schweiz

52,5%

2011 Eröffnung der ersten eigenen Boutique in Genf. 2011 Das Franchising wird lanciert: Zwei Konzessionäre der Marke eröffnen ihre Geschäfte in Lyon. 2012 Akquisition von Verkaufspartnern in Polen, Dänemark und Norwegen.

Frankreich

25%

2012 Eröffnung der Markenboutique im französischen Skiort La Clusaz. 2013 betrug der Umsatz 3,5 Mio. Franken.

Von 2009 bis 2013 wuchs der durchschnittliche Jahresumsatz alljährlich um 70 Prozent. Zwischen 2012 und 2013 betrug der Zuwachs 23 Prozent.

2013 Aufbau des Vertriebsnetzes in den Vereinigten Staaten. 2013 Rita & Zia wird durch einen Konzessionär in Dubai vertreten. 2013 Eröffnung der eigenen Boutiquen in Saint-Tropez und Cannes. 2014 Ein Konzessionär eröffnet in Grenoble. 2014 Vertrag mit einem Vertriebspartner in Brasilien.

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Wussten Sie es? Der Markenname Rita & Zia enthält eine Hommage an die heilige Rita, die Patronin der aussichtslosen Anliegen. Zia bedeutet auf Italienisch «Tante» und erinnert an die italienischen Wurzeln der Firmengründerin.

Handarbeit. Die Herstellung des Schmucks erfordert viel Konzentration.

nehmerin im französischen und belgischen Markt. Im Juni 2011 setzte sie einen weiteren Markstein und eröffnete ihre erste eigene Boutique in der Genfer Altstadt. Damit war sie in der Shoppingmeile der Schönen und Reichen angekommen. Bald schmückten sich Stars aus dem New Yorker Showbusiness mit den Schweizer Kreationen. Frauenmagazine aus aller Welt zeigten seitenweise Abbildungen der symbolhaften Halsketten und Armreife von Rita & Zia.

Wohlüberlegtes Verkaufsnetz Barbinot legt bei der Planung ihres Verkaufsnetzes grossen Wert auf prestigeträchtige BLICKPUNKT KMU

Standorte. Dazu gehören Megève, Cannes, Dubai, Paris und Miami. Manchmal spiele bei der Schaffung einer geeigneten Niederlassung auch der Zufall mit, meint die rastlose Schafferin. Das Glück bleibt ihr also hold. So geschah es 2013 in Saint-Tropez: «Ich erhielt den Anruf einer Freundin, die mich auf ein Mietangebot an bester Lage aufmerksam machte. Ich habe die Chance sofort beim Schopf gepackt», erzählt die Unternehmerin. Schon am 13. Juni 2013 wurde die neue Boutique eröffnet, wenige Wochen vor der Einweihung ihrer vorher geplanten Niederlassung in Cannes. Das Datum mit den zwei 13 wurde bewusst gewählt, denn tatsächlich


KMU des Monats bekennt sich Sandrine Barabinot zum Aberglauben. Die Geschäfte von La Clusaz und Saint-Tropez bleiben aus Kostengründen ausserhalb der Touristensaison geschlossen. Die Vertriebspartner erhalten nicht nur die Chance, erfolgreiche Produkte zu verkaufen. Genau wie die Franchisenehmer von Rita & Zia müssen sie sich an gewisse Vorgaben der Marke halten. Sandrine Barabinot und ihre SB Diffusion überlassen nämlich nichts mehr dem Zufall. Das pfiffige «Système D», welches sich in der Anfangszeit bewährt hatte, ist einer fachkundigen Unternehmensleitung auf allen Gebieten gewichen. Das gilt vor allem für die strategische Ausrichtung der Marke: Trotz verlockender Angebote von Investoren will die Gründerin ihr Unternehmen nicht für auswärtiges Kapital öffnen. Sie legt den Schwerpunkt auf das Schmuckdesign und führt eine bedachte Personalund Finanzpolitik. Dank der Unterstützung ihrer 15 Mitarbeiterinnen kann sich Barabinot wieder vermehrt ihrer Passion, nämlich der künstlerischen Gestaltung, widmen.

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Kampf den Fälschern Je grösser der Erfolg einer Marke, desto mehr treten Produktfälscher auf den Plan. Auch Rita & Zia ist nicht von Trittbrettfahrern verschont geblieben. Nur zwei Jahre nach der Firmen-gründung tauchten auf Märkten und in schweizerischen wie in ausländischen Modeboutiquen Halsketten aus minderwertigen Holz- oder Steinperlen auf, an welchen Symbolzeichen baumelten, die jenen von Rita & Zia überraschend ähnlich waren. Die Schweizer Marke strengte daraufhin mehrere Prozesse wegen Produktfälschung und unlauterem Wettbewerb an. «Ich war schockiert zu erfahren, dass etliche Täter aus meinem unmittelbaren Umfeld stammten», erinnert sich Barabinot. Seither lässt Rita & Zia alle Schmuckkreationen patentrechtlich schützen. Aber wie erkennt die Kundin, ob sie ein echtes Stück kauft? Auch hier hat das Unternehmen Massnahmen getroffen: Einerseits steht der Markenname auf jedem Artikel, und andererseits bürgt eine winzige patentierte Punze für seine Echtheit (nichtdruckende Innenflächen eines Buchstabens).

Geschenk. Dieses Armband mit Glücksbringern schenkt die Marke ihren Kundinnen, die eine Treuekarte besitzen, zum Geburtstag.

Nächste Generation steht bereit Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm, heisst es im Volksmund. Tatsächlich ist einer ihrer Söhne ebenfalls künstlerisch tätig. Der angehende Innenarchitekt konnte die Mutter mit seiner Kollektion von Wohnaccessoires überzeugen. Unter dem Label «Rita Home Line» werden die bewährten Markensymbole wie Tiger und Totenkopf auf hochwertigen Tuftteppichen bei einem prominenten belgischen Hersteller neu interpretiert. Barabinots Ideenreichtum ist unerschöpflich. In weniger als fünf Jahren hat Rita & Zia den Modeschmuck revolutioniert. Zudem bietet die Marke auch Accessoires wie Handtaschen, Etuis für Mobiltelefone, Badewäsche, T-Shirts, Schuhe, Parfüms und Herrenartikel an. Mit der Schmuckkollektion «Black Line» ist nun auch der Einstieg ins höhere Preissegment gelungen: Hier dominieren Gold und Diamanten. Ihr schönstes Stück trägt die Designerin oft selbst. Es handelt sich um einen der Gothik-Szene nachempfunden Rüstungsring, der über und über mit kleinen Brillanten besetzt ist. Der Preis dieser Preziose liegt bei 7000 Franken.

Der Umsatz von Rita & Zia steigt seit der Firmengründung unablässig. Im vergangenen Jahr betrug er 3,5 Mio. Franken, und ein Ende des Steigflugs ist nicht absehbar. Inzwischen verkaufen weltweit mehr als 150 Partnerboutiquen die Produkte der Genfer Marke. Vor Kurzem unterzeichnete die Firma einen Vertrag mit einem Vertriebsunternehmen in Brasilien. Die Zeiten, wo Sandrine Barabinot kein Geld für Benzin hatte und wo sie nachts Perlen am Küchentisch einfädeln musste, um ihre Kunden zu bedienen, sind passé. Auch das Jahr 2014 hat gut begonnen. Liegt es vielleicht doch daran, dass ihr erstes Amulett ein vierblättriges Kleeblatt darstellte? Die Frage der Balance zwischen etwas Glück und harter Arbeit lässt sich wohl nie restlos klären, zumal die Schöpferin dem Aberglauben nicht abgeneigt ist. ●

Ein Ende des Steigflugs ist nicht absehbar.

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Fokusthema

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George Clooney kommuniziert perfekt Fotos: Fotolia, Nespresso und ZVG.

Der Erfolg der Kommunikation f체r KMU h채ngt auch vom richtigen Medienmix ab. Zeitungsinserate rechnen sich immer noch. Braucht es heute aber auch den Einsatz von Social Media? AUTOR THEO MARTIN

BLICKPUNKT KMU


Fokusthema

S

ieht eine Schweizerin ein Bild von George Clooney, so denkt sie sofort an Nespresso – solche positive Gedächtnisbilder zu schaffen, ist für Professor Michael Boenigk vom Institut für Kommunikation und Marketing der Hochschule Luzern die Idealvorstellung von Kommunikation. Das Beispiel zeigt aber auch, wie stark sich Kommunikation und Werbung für KMU in den letzten Jahren verändert haben: «Genügte früher ein Inserat in der regionalen Tageszeitung für eine Reichweite von 60 bis 80 Prozent, so braucht es heute einen ganzen Medienmix», bilanziert Martin Bürki, Geschäftsleiter der Gassmann Media in Biel. Das kann Firmen ohne eigene Kommunikationsabteilung rasch einmal überfordern.

Von 0 auf 15 Prozent Gassmann Media in Biel konnte für Amag im Seeland die Marke «Das WeltAuto» einführen. Unter dieser neu geschaffenen Marke werden die Occasionen von VW, Skoda, Seat und VW

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Nutzfahrzeugen verkauft. Gassmann begleitete nicht nur den Markteintritt kommunikativ, sondern betreute auch Botschaft und Gestaltung der Kampagne vollumfänglich. Dazu gehören Konzeption, Planung, Grafik und Produktion aller Werbemittel – die Kampagne wurde schliesslich auf allen Kanälen in der Region gefahren, wobei insbesondere auf innovative und auffällige Platzierungen geachtet wurde. Im «Bieler Tagblatt» fiel die Wahl auf ein Post-it auf der Titelseite sowie auf eine Kopfplatzierung auf einer Innenseite. Mobile gab es eine Fullscreen-Belegung. Dazu wurden während insgesamt vier Wochen Lokalradio und Regionalfernsehen belegt – mit dem Resultat, dass die vorher gänzlich unbekannte Marke nun in der für Occasionen relevanten Zielgruppe der 18- bis 34-Jährigen einen Bekanntheitsgrad von 15 Prozent hatte. Die Nachkontrolle hat gezeigt, dass 63 Prozent der Befragten, die sich an die Kampagne erinnern konnten, die Anzeige in der Tagespresse bemerkt haben. Tageszeitungen seien

Social Media: Ein Reifetest für KMU Die ZHAW School of Management and Law hat zusammen mit Lardi & Partner Consulting einen Test entwickelt, der die Social-Media-Reife eines Unternehmens misst. Das Social Media Maturity Assessment ermöglicht eine schnelle und effiziente Messung der Social-Media-Reife. Auf der Basis von sieben Fragen zu Social-Media-Tools, Ressourcen, Supportstruktur, Erfolgsmessung, Richtlinien, Beteiligung des Managements sowie Unternehmenskultur wird die Reife auf einer fünfstufigen Skala eingeordnet. Die Internet-Umfrage samt Beurteilung benötigt nur fünf Minuten. Das Ergebnis und die mitgelieferten Vorschläge sollen helfen, die nächsten Schritte einer Social-Media-Strategie zu ermitteln.

Gute Werbung. Anzeigen müssen direkt und authentisch sein – und zwar auf allen Kanälen.

Die fünf Stufen im Detail (gekürzt): • Aware (Bewusstsein schaffen) Sie sind sich grundsätzlich der Thematik «Social Media» bewusst. Das Social Web spielt jedoch in ihrem Tagesgeschäft keine Rolle. • Listen (Zuhören) Sie sind sich der Thematik «Social Media» und dessen Einfluss auf Ihr Geschäftsmodell bewusst. Sie überwachen und analysieren Online-Konversationen und identifizieren Schlüsselnachrichten. • Communicate (Kommunizieren) Sie beteiligen sich an Online-Konversationen mit Ihren Kunden. Dabei versuchen Sie, die Werte der Marke auch im Social Web zu leben. • Support (Unterstützen) Die Beantwortung von Kundenanfragen im Social Web ist in Ihre bestehende Support-Organisation integriert. Organisation und Mitarbeitende werden auf dem jeweiligen Themengebiet wahrgenommen und bieten Beratung an. • Engage (Mitmachen) Ihre Organisation nimmt eine aktive Rolle auf den Social-Media-Plattformen wahr und schafft durch die Bereitstellung von Inhalten Mehrwert für die Kunden. www.imm.zhaw.ch/smma

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also trotz des Wandels weiterhin sehr wichtig, unterstreicht Martin Bürki. Das Inserat generiert weiterhin am meisten Werbegelder und hat die stärkste Wirkung.

Werbung muss Gesicht zeigen «Direkt und authentisch» müsse heute kommuniziert werden, findet Armin Ledergerber von der ZHAW School of Management and Law – «und ein Gesicht zeigen». Der Kunde wolle heute wissen, wer hinter einem Produkt stecke. Bei einem KMU sei diese Botschaft zwar schwieriger zu vermitteln, ist sich Ledergerber bewusst. Denn diese Art von Marketing ist bei kleinen und mittleren Unternehmen noch nicht so verbreitet – und die meisten Firmeninhaber sind auch nicht ganz so bekannt wie George Clooney. Nur eine «offene und authentische Kommunikation» führe zum Erfolg, ist Ledergerber aber überzeugt. Auch ein KMU müsse transparent sein. Die potenziellen Kunden will der wissenschaftliche Mitarbeiter am Institut für Marketing-Management mit Kompetenzen überzeugen: Das, was man besonders gut kann kommunizieren und damit die Leute packen, empfiehlt Ledergerber. So finde man Anknüpfungspunkte für eine Diskussion mit dem Kunden. Auf den Austausch online kann dann ein Abschluss offline folgen. Der

Strategie und Konzept der Vernetzung (Modell) PR «TelAuto» Verkaufssendung

Marke Bekanntheit

Imagewerbung 0 0 0 0 0

Print Radio Online Mobile TV

POS Besuch «Das Weltauto» vor Ort (Wettbewerbs-Box)

Internetseite Amag Biel

Wettbewerb 0 Sticky Notes 0 Printwerbung (Coupon)

Internetseite DasWeltAuto

Sales / Action

Verkaufsförderung 0 Spezialangebot Räder & Garantieverlängerung 1

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Fokusthema

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Praxisbeispiel Rega: Gute Werbung wird verstanden Die Rega verkauft keine Produkte. Sie kommuniziert daher auf zwei verschiedenen Kanälen: Einerseits wird die Öffentlichkeit informiert «was wir als Rettungsorganisation tun», sagt Sascha Hardegger, Leiter Kommunikation und Gönner der Rega. Andererseits gibt es Kommunikationsaktivitäten im Bereich des Gönnerwesens. Nur in dieser Sparte werden alle bestehenden Medien bedient. So gibt es Prospekte, Beiträge über die Rega in Printmedien sowie eigene Kanäle wie die Gönnerzeitschrift und Social Media. Unternehmenskommunikation, Medienarbeit und Gönneraktivitäten beanspruchen je etwa ein Drittel des Kommunikationsbudgets. Alle Aktivitäten werden regelmässig überprüft. Wichtig ist für Hardegger, dass die Kommunikation «zu unserer Organisation passt». Sie müsse authentisch sein. Luxusprospekte würden der Rega nicht entsprechen. Von einer gemeinnützigen Organisation, die sich weitgehend über Gönnergelder finanziert, werde eine gewisse Zurückhaltung erwartet. Dazu müsse die Kommunikation sympathisch wirken. Persönlich ist Hardegger überzeugt, dass gute Werbung verstanden wird. Bei der Rega befasst sich eine Person schwerpunktmässig mit der elektronischen Kommunikation. Bei den Sozialen Medien beschränkt sich Hardegger auf Facebook, weil dieses Netzwerk dank der Verwendung von Bildern am besten zur Rega passt. Daneben gibt es den Internetauftritt sowie einen Newsletter. www.rega.ch

Der Begriff Corporate Publishing bezeichnet die journalistische und periodische Unternehmenskommunikation mit eigenen Medien. Dabei ist die Art der Medien zunächst unerheblich. Die Wurzeln des Corporate Publishing liegen zwar traditionell bei Printprodukten wie Kunden-, Mitarbeiterund Mitgliederzeitschriften sowie Firmenzeitungen, doch auch die immer zahlreicher werdenden TV- und Audiomedien sowie Online-Medien zählen zum Corporate Publishing – vorausgesetzt, sie sind journalistisch geprägt. (Quelle: Wikipedia)


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Dialog ist also nie Selbstzweck, sondern hat immer das Ziel zu einem Geschäftsabschluss zu führen. Um diese Kontakte zu generieren, müssen heute auch KMU mehrere Medien belegen. Monomediale Kampagnen gebe es praktisch nicht mehr, betont Martin Bürki. Jeder Firmeninhaber müsse sich deshalb überlegen, was für ihn Sinn mache. Während für einen Tag der offenen Tür Inserat und Radiospot in Frage kommen, sind TV und Radio geeigneter für die Präsentation neuer Produkte.

Die Schwelle der Wirksamkeit Die Gefahr ist jedoch, dass man sich verzettelt. Martin Bürki plädiert dafür, weniger Kanäle zu belegen, diese aber gezielt einzusetzen. Es bringt nichts, möglichst viele Medien zu belegen, aber eine Anzeige nur einmal zu schalten. Jedes Medium hat eine WerbewirksamkeitsSchwelle: Die Anzahl Einschaltungen, um überhaupt wahrgenommen zu werden, habe

zugenommen, beobachtet Bürki. So brauche es im Print mindestens drei Inserate, um eine Wirkung zu erzielen. Weil nicht jeder täglich das Regionalfernsehen anschaue, müssten Werbungen dort mindestens 14 Tage lang laufen. Und dabei besteht laut Armin Ledergerber immer noch die Gefahr, dass man nicht verstanden wird, weil man nicht die Sprache des Kunden spricht. Michael Boenigk plädiert deshalb für die integrierte Kommunikation, die in den 80erJahren des letzten Jahrhunderts entstanden ist. Dabei geht es darum, alle Kommunikationsmassnahmen hinsichtlich Zeit, Inhalt und Form aufeinander abzustimmen. Plakat, TV-Spot und Website sollen folglich die gleiche Farbe haben, die gleiche Musik und die gleichen Botschaften. Man erhofft sich dadurch bessere Erinnerungseffekte bei den Konsumenten. Und je öfter man den Auftritt mit positiven Gedächtnisbildern wie bei Nespresso sieht, desto besser ist die Wirkung.

Praxisbeispiel: Schokolade aus dem Netz

Kamales Lardi / Rainer Fuchs Social Media Strategy «A Step-by-Step Guide to Building Your Social Business» soll Unternehmen helfen, Social Media als Bestandteil einer umfassenden Unternehmensstrategie zu verstehen und Schritt für Schritt in verschiedene Businessbereiche zu integrieren. Ergänzt wird das Fachbuch durch eine Website mit umfangreichen Fallstudien bekannter Unternehmen. ISBN 978-3728135575 Vdf Hochschulverlag Zürich 2013. www.build-your-socialbusiness.eu

BLICKPUNKT KMU

MySwissChocolate entstand aus der Idee heraus,

stellten wir zehn Varianten in den Blog und liessen

ein qualitativ hochwertiges Produkt individuell

die Leser entscheiden», erinnert sich Beichler.

nach Kundenwunsch anbieten zu können. Heute

Hier hatte der Kunde immer das letzte Wort. So

gilt das Unternehmen als Paradebeispiel für den

bestimmte er neben Logo auch die Preisstruktur

Einsatz Sozialer Medien. Das KMU ist unter

und machte Vorschläge zu der besten Versandart.

anderem vertreten auf Facebook, Twitter, Google

Später kam der Auftritt bei Facebook dazu. Immer

Plus, Youtube und Pinterest.

wieder wurden den Kunden Fragen gestellt,

Aus den langjährigen Erfahrungen der vorgängi-

beispielsweise zu den gewünschten Zutaten. Die

gen Startups der Freunde Sven Beichler und

Resultate müssten dann unbedingt auch umge-

Christian Philippi im Bereich des individuellen

setzt werden, betont CEO Sven Beichler: «Sonst

Premiumcaterings und des Eventbereiches

ist man nicht authentisch.»

entstand der Wunsch, vermehrt auf einzelne

MySwissChocolate in Pfäffikon/ZH macht auch

Kundenwünsche eingehen zu können. So wurde

heute keine Werbung, sondern bewegt sich

monatelang überlegt, welche Produkte sich wohl

ausschliesslich in den Sozialen Medien – dort ist

eignen würden. Stets war klar, dass die Qualität

man aber an 365 Tagen pro Jahr präsent. Heute

in Produkt und Herstellung absolut top sein

betreuen zwei Mitarbeiter des achtköpfigen

musste. Zudem war ein Schweiz-Bezug gefragt.

Kernteams die vielen Plattformen und die App.

Da Uhren, Milch und Käse nicht die erste Präferenz

Daneben sind sie auch zuständig für die Ratgeber-

waren, kam man schnell auf Schokolade.

Community gutefrage.net als firmenunabhängiges

Weil kein Geld für Marketing vorhanden war,

Netzwerk. Beichler: «Man muss dort sein, wo

setzte Beichler vor fünf Jahren «notgedrungen»

sich die Leute bewegen – und reagieren auf das,

auf Social Media. Wesentliche Inputs kamen

was die Kunden schreiben.»

hierbei immer auch von den Kunden aus dem schon früh aufgesetzten Firmen-Blog. «Weil wir uns nicht über das Firmenlogo einigen konnten,

www.myswisschocolate.ch


Fokusthema Social Media bewusst einsetzen Dabei spielt auch Social Media eine immer grössere Rolle. Social Media (auch Soziale Medien) bezeichnen digitale Medien und Technologien, die es Nutzern ermöglichen, sich untereinander auszutauschen und mediale Inhalte einzeln oder in Gemeinschaft zu erstellen. Beispiele dafür sind Facebook, Twitter, Blogs und Fotosharing. Armin Ledergerber warnt jedoch davor, einfach aufzuspringen. Ob man Social Media einsetze, komme primär auf die Zielgruppe an. Das unterstreicht auch Boenigk: Erst wenn sich auch die Zielgruppe in den Sozialen Medien bewege, sei es relevant dort mitzumachen. Am Anfang jeder Kommunikation steht für Boenigk die Frage, was man erreichen und wen man ansprechen will. Ob der Einsatz eines Mediums Sinn macht, hänge letztlich davon ab, wie affin die Zielgruppe sei. Da Erfahrungswerte gerade bei den neuen Medien oftmals fehlen, brauche es eine gute Auseinandersetzung mit dem Thema. Problematisch kann dabei gemäss Ledergerber sein, dass nicht der Dialog im Zentrum steht, sondern traditionelle Einweg-Kommunikation. Es brauche aber die Bereitschaft, sich auf den Dialog einzulassen. Voraussetzung dafür sind Investitionen, beispielsweise muss das Personal entsprechend geschult werden. Ledergerber empfiehlt deshalb, die Sozialen Medien zuerst privat auszuprobieren, bevor im Namen der Firma gespro-

Im Business holen wir die Kränze.

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Anzahl und Ähnlichkeit der Botschaften steigt Herausforderungen der Kommunikation in KMU Steigender Wettbewerbsdruck: In vielen Branchen steigt – hervorgerufen durch das zunehmend internationale Leistungsangebot – der Wettbewerbsdruck. Herausforderung der Stützung des Erreichens der strategischen Unternehmensziele.

Homogenität der Leistungsangebote: Die Produkte und Dienstleistungen

gleichen sich hinsichtlich ihrer Qualität immer mehr an. Herausforderung der wachsenden Bedeutung der Kommunikation im Marketingmix.

Kommunikationswettbewerb: Die Anzahl der Kommunikationsbot-

schaften steigt bei zunehmender Ähnlichkeit und abnehmender Wirkung. Herausforderungen der Differenzierung gegenüber den Wettbewerbern.

Instrumentenvielfalt: Die Anzahl der Kommunikationsinstrumente

und -medien wächst. Herausforderung des Erreichens der Zielgruppen. Quelle: Best Practise der Kommunikation in KMU: Erfolgsfaktoren und Entwicklungspotentiale für die Kommunikationspraxis der KMU, Prof. Dr. Michael Boenigk

chen wird. Dann gelte es, relevante Inhalte bereitzustellen, über die man sich effektiv austauschen kann. Boenigk erklärt es so: Die Informationshoheit über eine Marke liegt nicht mehr allein beim Unternehmen, denn in den Sozialen Medien gibt es einen regen Austausch. Hinzu kommt der Multiplikatoreffekt. Eine Botschaft kann

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Kommunikation in Schweizer KMU qualitative Ergebnisse

Einsatz externer Kommunikationsinstrumente und -mittel 87

86 78 69

70 60

63

59

56 55

54

50

44 44

30

29 28

20

26 25 23 15

13

Newsletter

Plakate

Lobbying

Multimedia

Publireportagen

Geschäftsberichte

Medienmitteilungen Online-Werbung

Kundenmagazine

Fachartikel

Sponsoring

Direct-Mailings

Events

Imagebroschüren

Messen

Website

Anzeigen

0

Gespräche

10

10 TV-Spots

37 34

40

Radio-Spots

90

80

Medienkonferenzen

Nennung 100 in Prozent

Frage: Welche Kommunikationsmittel setzt Ihr Unternehmen im Rahmen der externen Kommunikation ein?

innert Minuten um die Welt gehen. Jeder kann etwas schreiben, sagt Boenigk, es muss nicht mehr wie früher von einem Journalisten verifiziert worden sein. Das ist eine Gefahr für jedes Unternehmen, da sehr rasch ein Shitstorm entstehen kann (Sturm der Entrüstung im Internet, der zum Teil mit beleidigenden Äusserungen einhergeht). Eine Unternehmung wird dadurch auch abhängig davon, was andere über sie sagen. Durch die Verbreitung der Sozialen Medien ändert sich laut Boenigk der Entscheidungsprozess: Ging man noch vor wenigen Jahren für die Beratung ins Reisebüro, so konsultiert man heute Tripadvisor. Wollte früher jemand eine Auskunft, so griff er zum Telefonhörer. Heute können die Sozialen Medien zur Beratung genutzt werden. Später kann ein OnlineShop die Palette erweitern. Es stellt sich also die Frage, ob ein Unternehmen genügend Geld und Ressouren hat, um das alles zu steuern. Soziale Medien könnten aber gerade für KMU sehr interessant sein – vorausgesetzt man hat jemanden, der den Auftritt auch betreuen kann.

Facebook ist nicht teuer...

In den USA fragt heute niemand mehr, ob Social Media relevant ist.

BLICKPUNKT KMU

Einen Facebook-Auftritt zu starten sei nicht teuer, sagt Boenigk. Und man spare erst noch bei den Anzeigekosten. Die Betreuung aber ist aufwendig. Denn ein Auftritt in den sozialen Medien brauche Traffic – «sonst bringt es nichts», so Boenigk. Gefragt sind also zusätz-

liche Massnahmen und Aktionen wie Wettbewerbe und Filme. Entscheidend sei deshalb, welches Ziel man verfolge, so Boenigk. Strebt ein Unternehmen Bekanntheit und Reichweite an, so braucht es eine Breitenwirkung in Form von Plakaten oder Beiträgen in Magazinen (beispielsweise Publireportagen). Während der erste Kontakt über solche Offline-Massnahmen zustande kommt, erfolgt die Vernetzung über die Sozialen Medien. Denn da kann das Unternehmen in einem zweiten Schritt in direkten Kontakt mit der Zielgruppe treten. Voraussetzung dafür ist, dass die Zielgruppe gross genug ist und eher jüngere Personen enthält. Das B2BGeschäft kommt dafür kaum in Frage, da die Zielgruppe zu speziell ist. Für Ledergerber ist letztlich die Kombination entscheidend. Die Verknüpfung entsteht, weil online und offline die gleichen Kernbotschaften verwendet werden. Der Umfang des professionellen Einsatzes von Sozialen Medien ist in der Schweiz aber «immer noch verschwindend klein». Gerade im KMUBereich sind kaum Zahlen vorhanden. Und es existiert kein Messverfahren, um die digitale Kommunikation zu messen. Der Rückstand auf Deutschland und die USA sei gross – «gerade in Amerika fragt heute aber niemand mehr, ob Social Media tatsächlich relevant ist», so Ledergerber. ● www.gassmannmedia.ch


Fokusthema

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Kommunikations-Audit für Schweizer KMU

K

MU stehen im Wettbewerb vor vielfältigen Herausforderungen. Dabei wird die Kommunikation immer mehr zu einem bestimmenden Faktor für den ökonomischen Erfolg. Bisher fehlten jedoch Ansätze zur Gestaltung der Kommunikation in KMU. Mit einem Forschungsprojekt der Hochschule Luzern und der Fachhochschule Nordwestschweiz wurde diese Lücke geschlossen. Das von der KTI und privatwirtschaftlichen Partnern (Infel AG und Swisscom) unterstützte Forschungsprojekt erzielte drei wichtige Ergebnisse.

Offenlegen der Kommunikationspraxis in KMU Eine quantitative Analyse (782 eingegangene Datensätze, Rücklaufquote 21%) sowie Interviews mit 20 isolierten Best-PracticeUnternehmen legten die wirtschaftliche Performance sowie die Planung und Organisation der KMU-Kommunikation offen. So haben knapp 75 Prozent der befragten Unternehmungen bereits eigene Kommunikationsstellen geschaffen. Positiv ist auch die oftmals hohe hierarchische Einordnung der Kommunikationsverantwortlichen, vor allem auf der Ebene der Geschäftsleitung. Nachholbedarf besteht hinsichtlich der schriftlichen Festlegung der Kommunikation, denn lediglich in knapp über 50 Prozent der Unternehmungen basiert diese auf einer schriftlich festgelegten Kommunikationsstrategie.

Entwickeln eines Kommunikationsmodells für KMU Auf der Grundlage der Untersuchungsergebnisse wurde ein umfassendes Anforderungsprofil für ein KMU-taugliches Kommunikationsmodell erarbeitet. Als eine Anforderung wurde beispielsweise dessen einfacher Einsatz in Unternehmungen mit geringeren Planungskapazitäten abgeleitet. Basierend auf dem

Anforderungsprofil wurde ein drei Ebenen umfassendes Kommunikationsmodell entwickelt, dass sich unter anderem durch die Variabilität des Einsatzes auf Unternehmungs-, Marken- und Projektebene auszeichnet.

Entwickeln eines OnlineSelbstanalysetools Als drittes Ergebnis des Forschungsprojektes wurde ein browser-basiertes Tool zur Selbstanalyse der Kommunikationsqualität von Unternehmungen entwickelt. Mit diesem Tool können Unternehmungen ihre Kommunikationstätigkeit einem Benchmark unterziehen und bewerten lassen. Nach dem Ausfüllen eines Online-Fragebogens erhalten die Unternehmungen ein Direktfeedback zur Leistungsfähigkeit der eigenen Kommunikation in Relation zu anderen Unternehmungen. Das Tool… • … zeigt Stärken und Schwächen der Kommunikation im Vergleich zu den Forschungsresultaten; • … liefert Anhaltspunkte zu Effizienz- oder Effektivitätssteigerungen der Kommunikation; • … ermöglicht einen Kommunikationsbenchmark im Vergleich mit Unternehmungen ähnlicher Grösse oder gleicher Kundenart. ●

Die Betreuung des Facebook-Auftritts ist aufwendig.

Informationen zu den Forschungsresultaten und zum Online-Tool sind zu finden unter: www.kommunikationsaudit.ch

Quelle: Das Forschungsprojekt wurde vom Institut für Kommunikation und Marketing IKM der Hochschule Luzern – Wirtschaft in Kooperation mit dem Institute for Competitiveness and Communications ICC der Fachhochschule Nordwestschweiz durchgeführt.

BLICKPUNKT KMU


Expertenwissen

Ruedi Josuran ist CIO, Fachspezialist Prä26 vention Gesundheitsförderung, Burnout-Prävention und Gesundheits-Coach, BGM Forum Schweiz, Zug. www.bgm-forum-schweiz.ch Beat Rüfli ist Kaufmann, Experte Betriebliches Gesundheitsmanagement, Geschäftsführer bizfit. www.biz-fit.ch

PERSONAL GOVERNANCE

Die sinnvolle Steuerung der gesunden Führung Infolge der rasanten Veränderungen in der modernen Arbeitswelt steigen auch die Anforderungen an die Belastbarkeit und Flexibilität. Gleichzeitig führt die demografische Entwicklung dazu, dass das Angebot an jüngeren Arbeitskräften zurückgeht und das Durchschnittsalter der Belegschaften steigt. AUTOREN RUEDI JOSURAN UND BEAT RÜFLI

U

Fotos: Fotolia und ZVG.

mso wichtiger ist, dass Führungskräfte von KMU ihre Mitarbeitenden nicht nur fachlich, sondern auch gesundheitlich fördern, indem sie sich verstärkt für die Gesundheit, Zufriedenheit und Motivation ihrer Mitarbeitenden engagieren. Die Einsicht wächst, dass Investitionen in die Gesundheit von Mitarbeitenden deren Zufriedenheit sowie

BLICKPUNKT KMU

Produktivität erhöhen, und auch den Krankenstand dauerhaft senken. Gemäss Gallup, einem der führenden Forschungsinstitute, ist erwiesen, dass sich jeder investierte Franken in die Prävention und Gesundheitsförderung in Mitarbeitende dreimal bezahlt macht. Dazu wird das Image des Unternehmens nach innen und aussen verbessert und damit insgesamt der Erfolg und die


Expertenwissen Performance gesteigert. Immer mehr zeigt sich, dass der Einfluss der persönlichen Lebensweise der Führungskräfte eine grosse Rolle auf die Sensibilisierung und nachhaltige Umsetzung von BGM im Betrieb hat. Für eine wachsende Anzahl Führungskräfte in KMU setzt sich die Überzeugung durch, dass Gesundheit und Leistungsfähigkeit der Mitarbeiter einen unternehmerischen «Wert» darstellt, in den es sich zu investieren lohnt. In der heutigen schnelllebigen, komplexen Leistungsgesellschaft ist für Führungskräfte die körperliche, seelische, soziale und existenzielle Gesundheit eine absolute Voraussetzung, um die täglichen Herausforderungen erfolgreich meistern zu können. Die Verbesserung der Arbeits- und Lebensqualität zählt deshalb zu den wichtigsten Aufgaben erfolgreicher Führung.

Chefs müssen reflektieren können Health Leadership ist die Aufgabe, andere Menschen wachsen zu lassen, fachlich wie menschlich. Dafür brauchen wir Führungskräfte, die bereit sind, sich selbst zu reflektieren und in hohem Masse über Dialogfähigkeit, Einfühlungsvermögen und Zuhörerqualität verfügen. Der Buchautor und Betriebsökonom Fredy Hausamann spricht davon, dass in der Corporate Governance ein Perspektivenwechsel angesagt ist: Personal Governance heisst das notwendige Pendant zu Corporate Governance im persönlichen Bereich. Es geht dabei um ein neues Führungsverständnis: um reflektierte Selbsteinschätzung und Selbstüberprüfung, um ethisches Management, um den Umgang mit Stresssituationen und mit der eigenen Reputation, um die persönliche Weiterentwicklung und um die Notwendigkeit ausserberuflicher Passionen. Das Konzept der Personal Governance zeigt auf, dass das persönliche Verhalten der Verantwortlichen als Bestandteil einer guten Corporate Governance entscheidend ist für den nachhaltigen Erfolg und die Gesundheit von Unternehmen und Gesellschaft. Eine gut funktionierende Personal Governance erfordert die Fähigkeit zur Selbstreflexion, Selbsteinschätzung und Selbstregulation und das Erkennen der eigenen Grenzen. Wichtig ist auch das Kennen und das gezielte Verbessern der eigenen Produktivität der Zeit und ein reflektierter Umgang mit den eigenen Zeit-

26

investitionen. «Personal Governance» nennt Hausammann den vernünftigen Umgang mit den eigenen Ressourcen. Ein gesundes Bewusstsein über eigene Fähigkeiten, Begabungen sowie persönlichen Prioritäten und Lebens-Ziele. In diesem Training geht es um: • die Entdeckung Ihrer Werte, Wertvorstellungen und Bedürfnisse; • Ihre Motivationen, Visionen und Ziele; • Ihre Stärken und Erfolge und das bewusste Feiern Ihrer Erfolge. Kurz: Selbst-Bewusstsein, Motivation und Selbstwert-Gefühl. Wann haben Sie sich als Führungsperson oder Mitarbeiter/in letztmals diese Fragen gestellt: • Wenn ich so weiterlebe, bin ich in fünf Jahren noch glücklich, gesund, aktiv und attraktiv sowie zufrieden? • Wie geht es mir heute in meiner Situation? • Was ist mir wichtig? Was brauche ich? • Wie bekomme ich was ich brauche? • Was kann ich tun? Wer könnte mich unterstützen? Das BGM Forum Schweiz in Zug bietet für Führungskräfte und Mitarbeitende vor Ort mittels evidenzbasierter Methoden aus Medizin, Sportwissenschaft und Arbeitspsychologie medizinische Gesundheits-Check-ups an. Umfangreiche Risikoparameter werden gemessen und erfragt. Die Risikoanalyse führt zur gezielten Beratung und Empfehlung von Veränderungsmassnah-


Das persönliche Verhalten ist Bestandteil der Corporate Governance.

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men oder zur Weiterleitung an den Hausarzt. Der grösste Nutzen entsteht dann, wenn Gesundheit und Ausgeglichenheit der Führungskräfte und der Mitarbeitenden nachhaltig erhalten werden können und Fehlentwicklungen frühzeitig erkannt werden. Das BGM Forum Schweiz setzt nach erfolgten medizinischen Gesundheits-Check-ups auf individuelle Begleitung und Betreuung.

Neue Kräfte freisetzen Jeder Teilnehmer des Gesundheits-Check-ups erhält ein individuell auf ihn zugeschnittenes Interventionsprogramm, welches mehrere Ebenen umfasst. Es knüpft an die «klassischen» Felder Bewegung, Ernährung und Entspannung an, reicht über das Thema Stressprävention bis zur Frage der WorkAbility (Arbeitsfähigkeit), eines gesundheitsorientierten Führungsstils sowie einer gesundheitsorientierten Arbeitsorganisation und schliesst den Bogen beim betrieblichen Gesundheitsmanagement. Mit diesem Prozess erlangen Mitarbeitende und Führungskräfte innere Klarheit und somit einen erweiterten Blick für Möglichkeiten und Chancen. Neue Kräfte und Energien werden freigesetzt und ermöglichen Ihnen eine andere Gestaltung Ihres privaten und beruflichen Lebens. bizfit, als Kooperationspartner von BGM Forum Schweiz, unterstützt und begleitet die KMU dank langjähriger Erfahrung in den Bereichen Unternehmensführung und -entwicklung sowie Change Management in diesem Verände-

rungs- und Weiterentwicklungsprozess. Mit viel Praxisbezug nehmen wir Ihre Perspektiven ein, sind Sparringpartner und Personal Coach. Mit dem externen Blick und dem Verständnis des Unternehmers stärken wir Sie auf dem Weg zum gesunden und dauerhaften Unternehmenserfolg.

Mehr als Absenzenmanagement Wenn man für die Zukunft den Wettbewerbsfaktor Mensch im Fokus hat, gehört zu einem BGM mit erweiterter Sichtweise auch die Betrachtung des Überzeugungs- und Wertekapitals des Unternehmens. Die zukunftsrelevanten Werte der Unternehmensleitsätze mussten allerdings in gelebte Alltagskultur umgesetzt werden. Die dann von allen Mitarbeitern gemeinsam gelebten Werte bieten diesen eine Orientierung, führen zu weniger Reibungsverlusten und vermitteln so dem Unternehmen Stabilität. Es erhöht sich das Commitment aller Beteiligten, vor allem des Managements, welches einer der wesentlichen Indikatoren für eine Leistungssteigerung ist. Wenn ein BGM nicht als Sozialleistung für die Mitarbeiter verstanden wird, sondern als Investition in das Personalvermögen, ist die zu erwartende Rendite aus der Investition eine entscheidende Frage für das Unternehmen. Ein BGM in einem Mittelstandsunternehmen muss sich für das Unternehmen wirtschaftlich lohnen. In den meisten Unternehmen wird der durch ein BGM erzielbare Nutzen noch allein an der Veränderung des Absentismus und den daraus resultierenden, ersparten Entgeltfortzahlungen festgemacht. Dieser Effekt ist relativ einfach nachzuweisen, auszurechnen und darf nicht vernachlässigt werden. Ebenso ergeben sich durch gesunkene Unfallzahlen auf der einen Seite ersparte Lohnfortzahlung, auf der anderen Seite aber auch geringere Beiträge zu BGM durch anteilige Rückerstattung von Beiträgen. BGM ist ein Veränderungsprozess in den Verhältnissen des Unternehmens und im Verhalten aller Mitarbeitenden. Vor allem aber ein Wandel von Unternehmenskultur und -werten, welcher Zeit und Geduld braucht. Haben Sie den Mut und die Ausdauer andere Wege zu gehen, um mit gelebter Personal Governance und gesunder Führung Ihren persönlichen und geschäftlichen Erfolg sinnvoll zu steuern und langfristig zu sichern. ●


Expertenwissen

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INTERNET

Die zehn Gebote für Ihr Websiteprojekt Im Internet lässt sich viel Geld verlochen – vor allem, wenn das Projekt ohne präzisen Plan beginnt. AUTOR THOMAS HASENFRATZ

D

ie Realisierung oder Überarbeitung des Internetauftrittes ist immer etwas Spezielles – ausser Sie arbeiten in einer Webagentur und verdienen damit Ihr Geld. Falls nicht, finden Sie im eBook der Agentur cloudWEB die zehn Gebote aus Kundensicht für ein erfolgreiches Projekt. Damit die Website Ihres Unternehmens so effektiv wie möglich wird, bedarf es wie bei jedem Projekt viel Vorarbeit. Für Webagenturen ist dies Alltag. Hier finden Sie die zehn wichtigsten Schritte zur (neuen) Website.

gefällt Ihnen auf deren Seiten? Unter welchen Stichworten tauchen Sie bei Google auf? Kopieren Sie Ihre Konkurrenz nicht, aber lassen Sie sich inspirieren. Wie können Sie ein Feature, das auf deren Seite ist, ausbauen, perfektionieren und für sich nutzen? Besuchen Sie Seiten aus anderen Branchen. Wie und was kommunizieren die? Wie können Sie Ihre qualitativ hochstehenden Inhalte darstellen? Die Internetseite vermittelt heute sehr oft den ersten Eindruck Ihrer Firma. Dementsprechend wichtig ist ein ansprechender, kompetenter und aktueller Auftritt.

1 I SMART vorgehen Bestimmen Sie eine Projektgruppe sowie die leitende Person. Von Vorteil hat diese Gruppe auch die Entscheidungsvollmacht, damit die Wege kurz und somit Kosten minimal gehalten werden können. Sobald diese Gruppe steht, werden die Ziele festgehalten. Am besten verwenden Sie dabei die SMART-Regel: Die Ziele sollen spezifisch und messbar sein. Alle Beteiligten müssen die Ziele akzeptieren können. Zudem sollen die Ziele realistisch und terminierbar sein.

2 I Zielgruppe kennen Bestimmen Sie Ihre Zielgruppe. Wen sprechen Sie an? Und was wollen diese Menschen von Ihnen? Die konkreten Ziele sowie die Details zur Zielgruppe helfen der Agentur, Design und Funktionalität Ihrer neuen Webpräsenz passend zu erstellen.

3 I Konkurrenz analysieren Surfen Sie im Internet, suchen Sie Seiten, die Ihnen gefallen und solche, die Ihnen nicht passen. Suchen Sie nach Ihrer Konkurrenz. Was

Geben Sie der Agentur einen klaren und detaillierten Auftrag. Machen Sie ab, wann sie welche Zwischenresultate sehen möchten.

4 I Seite pflegen Von Vorteil bestimmt die Gruppe bereits vor dem eigentlichen Projektstart eine Person, die nach der Realisierung der Seite für deren Pflege verantwortlich ist. Regeln Sie auch gleich die Stellvertretung: Das Internet ist ein schnelllebiges Medium, entsprechend wichtig sind Ihre Reaktionszeit und die Aktualität der WebsiteInhalte. E-Mails sollten ususgemäss innerhalb von 24 Stunden beantwortet werden. Es reicht, wenn Sie dem Absender signalisieren, dass Sie sein Anliegen bearbeiten und sobald als möglich wieder auf ihn zukommen.

5 I Systeme kennen Es gibt verschiedene Möglichkeiten, eine Internetseite und deren Inhalte zu pflegen. Üblich sind sogenannte CMS (Content Management Systeme = Inhaltsverwaltungssysteme). Dabei können Sie auf «Open Source-Systeme» oder Eigenentwicklungen zurückgreifen. Entscheiden Sie, was für Sie das richtige ist. Falls Sie sich in diesem Bereich nicht so gut auskennen, stelBLICKPUNKT KMU


Thomas Hasenfratz ist Gründer der Firma cloudWEB – digitale medien. Seit über zehn Jahren beschäftigt er sich professionell mit dem Medium Internet. Sein Spezialgebiet ist das Online-Marketing, insbesondere die Suchmaschinenoptimierung. www.cloudweb.ch/dienstleistungen/webdesign

Zudem ist es wichtig, dass die Projektleiterin/ der Projektleiter befugt ist zu entscheiden. Kurze Wege bedeuten wenig Zeit (= weniger Geld). Falls Ihr Projektleiter und sein Team aktiv mithelfen können (z. B. erstellen von Texten und Bildmaterial), bezahlen Sie weniger extern, dafür steigen die (günstigeren?) internen Kosten.

8 I Website abnehmen Gesammeltes Wissen. Wie aus Daten verwertbare Informationen werden.

len Sie diesen Punkt hinter den nächsten und finden Sie die für Sie passende Lösung zusammen mit Ihrer Agentur.

6 I Agentur wählen Nun sind Sie soweit: Sie haben die wichtigsten Informationen zusammen, um Agenturen anzugehen und einen «Pitch» zu veranstalten. Bei einem «Pitch» bitten Sie drei bis vier Agenturen, Ihnen Vorschläge für Layout, Funktionalität sowie eine Offerte zukommen zu lassen. Am einfachsten suchen Sie die Agenturen im Internet. Schauen Sie sich deren Seiten an, vielleicht finden Sie auf der Referenzseite ähnliche Projekte. Investieren Sie Zeit in die Recherche, lassen Sie sich aber auch vom Bauchgefühl leiten. Wichtig ist zum Schluss die Frage: Kann ich mir vorstellen, mit dieser Agentur auch über eine längere Zeit zusammenzuarbeiten? Und es ist von Vorteil, wenn die Agentur in Ihrer Nähe ist. So können Sie auch die Menschen hinter der Agentur persönlich kennenlernen und im Falle eines Falles ist die Hilfe schnell vor Ort.

Bevor Ihre Seite online geht, wird jede professionelle Agentur Tests auf verschiedenen Endgeräten (Computer, Tablet, Smartphone) und in etlichen Browsern durchführen, um die Funktionalität zu gewährleisten. Machen Sie dasselbe: Funktioniert jedes Formular? Kommen E-Mails an? Werden Sie informiert, wenn jemand einen Kommentar im Blog hinterlassen hat? Wichtig: Seit 2012 ist in der Schweiz eine Impressumseite Pflicht. Ist diese vorhanden?

9 I Internetseite warten Zum Zeitpunkt der Schaltung funktioniert die Website, wie die Tests gezeigt haben. Doch wie wird das in ein paar Monaten oder Jahren sein? Die Technik entwickelt sich rasant – benötigen Sie einen Wartungsvertrag, damit ihre Website sich mitentwickelt? Was passiert, wenn einmal der E-Mail-Verkehr ausfällt? Wer ist bei Ihnen intern für solche Zwischenfälle verantwortlich, wen können Sie extern (bei der Agentur) erreichen?

10 I Online gehen 7 I Kosten sparen

Fotos: Fotolia und ZVG.

Normalerweise halten Agenturen die Offerten auch ein, die sie erstellen. Wenn Sie aber mitten im Prozess die Ziele ändern, neue Features einbauen wollen oder das Layout ändern, kostet Sie das nicht nur Zeit, sondern auch Geld. Es lohnt sich, der Agentur einen klaren und detaillierten Auftrag zu geben. Machen Sie auch Zeitpunkte ab, zu welchen Sie Zwischenresultate sehen möchten. Diese sollten in vernünftigen Abständen gewählt werden, damit Sie im Bilde sind, die Agentur aber auch daran arbeiten kann und nicht nur Präsentationen vorbereiten muss. BLICKPUNKT KMU

Dem Start Ihres neuen Online-Auftrittes steht nichts mehr im Weg. Das wissen Sie. Doch wissen das auch Ihre Mitarbeitenden und die Kundschaft? Schauen Sie, dass Ihre Internetadresse auf Ihren Briefschaften ersichtlich ist, ebenfalls in den Signaturen in den E-Mails. Je nachdem lohnt es sich auch, den neuen Webauftritt mit zusätzlichen Marketingmassnahmen zu bewerben. Falls beispielsweise eines Ihrer Ziele war, zehn Prozent mehr Anfragen über das neue Kontaktformular zu erhalten, können Plakate, Inserate oder Radiospots hilfreich sein. ●


Expertenwissen

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CONTENT MARKETING

Content is ranking Die neuen Medien haben bei Menschen neue Bedürfnisse ausgelöst. 95 Prozent wünschen gemäss der Edelmann-Markenstudie «brandshare» einen tiefer gehenden Dialog mit Marken und fast ebenso viele möchten an der Marken- oder Unternehmensgeschichte teilhaben. AUTOR LORENZ SCHMID

Lust und Laune gezwitschert wird. Den Sozialen Medien sei Dank schauen Konsumenten heute nicht mehr auf die Fassade eines Unternehmens, sondern direkt dahinter, was Marken dazu zwingt, nicht nur ehrlicher denn je zu produzieren, sondern auch transparenter, offener, individueller und schneller denn je zu kommunizieren. Das stellt Kommunikationsverantwortliche heute vor grosse Herausforderungen. Aber auch vor grosse Chancen.

Oben: Hier finden Sie relevante Trends für die Märkte «Dienstleistungen und Services», «Energie und Technologie», «Gesundheit und Food». Weitere Wordclouds für die Märkte «Institutionelles», «Mobilität», «Kommunikation und Design» finden Sie unter www.inflagranti.ch/zak-06

BLICKPUNKT KMU

Fotos: Fotolia und ZVG.

W

o Marken früher mit viel Muskelkraft und noch mehr Werbegeld in reichweitenstarken Medien prunkvolle Fassaden zur Schau stellten und monologisch um die Gunst der Konsumenten buhlten, ist heute getrieben durch das Web 2.0 ein vibrierendes, aber auch komplexes Mediennetzwerk entstanden, über welches auf Knopfdruck nach


Lorenz Schmid ist Gründungspartner und Managing Director bei in flagranti. Mit erfolgreichen Kommunikationslösungen stärkt die inhabergeführte Agentur mit Sitz in Lyss Beziehungen zwischen Menschen und Marken. Im Vordergrund steht das unternehmerische Denken und Handeln. Lorenz Schmid berät KMU und Grossunternehmen mit Sitz in der Schweiz. www.inflagranti.ch

Nach wie vor sind Marken starke Orientierungspunkte im Leben von Konsumenten. Markenwelten interessieren. Gemäss der Edelmann-Markenstudie «brandshare» wünschen heute 95 Prozent der Menschen einen tiefer gehenden Dialog mit Marken und 89 Prozent wollen an der Marken- und Unternehmensgeschichte teilhaben. Starker Content wird zum «Must have» und ContentMarketing zu einer Art Königsdisziplin in der Markenführung, weil es Unternehmen in den Suchmaschinen, in den Köpfen und in der Branche ganz nach oben bringt. Und weil es der Beginn einer wunderbaren Freundschaft zwischen Mensch und Marke sein kann.

Ohne Ziel kein Weg Content produzieren ist weit mehr, als einfach ein paar beliebig nette Unternehmensgeschichten zu erzählen. Seit Menschengedenken wohnt in jeder Geschichte eine explizite oder implizite Botschaft, die Einsicht vermittelt und Verhalten steuert. Man denke dabei nur an die Bibel, den Koran oder die Thora. Gute Geschichten prägen und leiten. Und genau so, wie eine Unternehmenskultur die Summe der Geschichten ist, die man sich erzählt, genau so ist Konsumentenverhalten unter anderem eine logische Folge von wahrgenommenen Markengeschichten. Markengeschichten steuern. Steuern heisst, ein klares Ziel vor Augen zu haben. Steht beim Content Marketing unsere Bekanntheit im Vordergrund? Geht es vordringlich um eine notwendige Imagekorrektur? Treten wir primär in den Dialog mit Kunden? Konzentrieren wir uns bewusst auf die Absatzförderung? Legen wir schwergewichtig Wert auf den Aufbau von (Fach-)Wissen? Betreiben wir mit der Content-Marketing-Strategie vor allem Marktforschung? Oder steht unser Kundenservice im Vordergrund?

Schritt 1 I Analyse Marke Marken bieten Projektionsflächen, die weit über den reinen Produktnutzen hinausgehen. So geht es beispielsweise bei einem DüngerBLICKPUNKT KMU

6 starke Gründe für Content Marketing Menschen wollen von Marken stärker eingebunden werden:

96%

möchten wissen, wie Produkte hergestellt werden und wo sie herkommen.

95%

möchten einen tiefer gehenden Dialog mit Marken.

92%

möchten, dass Marken Sie nach ihren Bedürfnissen fragen.

92%

möchten Produkte nach ihrem Geschmack personalisieren.

89%

möchten an der Marken- oder Unternehmens- geschichte teilhaben.

77%

möchten gemeinsam Erlebnisse mit Marken über die Produktebene hinaus.


Expertenwissen

hersteller nicht nur um das Wohlergehen der Pflanzen, sondern auch um eine bewusst individuell zelebrierte Gartenkultur und -ästhetik (der Nachbar lässt grüssen). Bei einer Privatbank geht es nicht nur um die Vermögenserhaltung und -vermehrung, sondern auch um persönliche Pläne und Träume, die man irgendeinmal verwirklichen will. Und beim Strom geht es nicht nur um Energie, sondern um Unabhängigkeit (mein Haus, meine Solarzellen, mein Kraftwerk), Nachhaltigkeit und Sicherheit. Nur wer sich fragt, weshalb es ihn gibt und worin er mit seiner Marke auch noch Experte ist, entdeckt für Content-Marketing ergiebiges Neuland.

Schritt 2 I Analyse Markt Märkte mutieren laufend und passen sich wie ein anschmiegsames, gut sitzendes Hemd neuen Bedürfnissen an. Richtungsweisenden Content liefern, heisst wissen welche Medien, Formate, Blogs, Experten und Meinungsführer in der Branche den Ton angeben, wohin sich der Markt bewegt und wer ihn bewegt. Aufschlussreiche Inputs dazu liefert beispielsweise die Ideenverbreitungsplattform TED.com. Die Nase im Wind haben auch Institute und Thinktanks wie das GDI, das Zukunftsinstitut oder W.I.R.E, die sich intensiv mit der Welt von morgen auseinandersetzen. Starke Marken zeigen ihren Kunden immer wieder eindrücklich, wie sie sich mit der Zukunft beschäftigen. Daraus schöpfen Kunden Vertrauen und die Gewissheit, bei der Marke zu sein, die mit sinnstiftenden Produkten und Services Antworten auf die Fragen von morgen hat. Eine Auswahl an relevanten Trends finden Sie in den Wordclouds auf Seite 31. Tipp: Trends herauspicken, googeln, in Kontext mit Ihrer Marke bringen und herzhaft in die Tasten greifen. Mit Google Trends finden Sie heraus, welche Themen auf Interesse stossen.

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für welche sicher nicht? Menschen ticken in Abhängigkeit von soziodemografischen (wie Geschlecht, Alter, Wohnort, Einkommen usw.) oder psychografischen (wie Interessen, Kaufabsichten usw.) Kriterien grundlegend anders. Viel darüber erfahren Sie beispielsweise mit dem Neuromarketinginstrument Limbic von Dr. Hans-Georg Häusel, mit dem Psychografiemodell blue mind von blues eyes marketing, mit der MACH Consumer der AG für Werbemittelforschung, mit den Sinus Milieus von Publisuisse oder mit consumerbarometer.com von Google. Sie werden dabei auf zahlreiche Themen stossen, worüber Sie appetitanregend berichten können. Als Banker werden Sie beispielsweise feststellen, dass finanzinteressierte Menschen auch scharf auf PC- und Videogames sind. Und wer Frauen erfolgreich unterhalten will lernt, dass man dies am besten damit tut, was Männer so richtig hassen: zum Beispiel mit Filmfestivals oder Astrologie. Die besten Resultate für gute Geschichten liefern Ihnen übrigens (fast) immer direkte Beobachtungen oder Gespräche mit Ihrer Zielgruppe. Sich dafür Zeit zu nehmen, zahlt sich mehrfach aus.

Lassen Sie On- und Offline-Kanäle immer zusammenspielen.

Schritt 4 I Content fixieren Wenn Sie die Projektionsflächen Ihrer Marke kennen, wenn Sie wissen, welche Trends in Ihrem Markt für Bewegung sorgen und wenn In flagranti 4M Content Strategy Modell

Schritt 3 I Wie ticken Ihre Zielpersonen? Bevor Sie Content produzieren, klären Sie ab wie Ihre Zielpersonen wirklich ticken. Welche Ziele haben sie und was sind dabei ihre grössten Herausforderungen? Wie und wo kaufen sie ein und wie informieren sie sich dabei? Für welche Themen interessieren sie sich und BLICKPUNKT KMU


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haben, und dass Sie nicht nur vordergründig daran interessiert sind was Ihre Kunden denken, sondern dass Sie bereit sind, mit ihnen in Dialog zu treten und daraus zu lernen.

Schritt 5 I Medien fixieren Bleibt die Frage, wie man die produzierten Geschichten wirksam verbreiten kann. Dazu drei Fragen, die Ihnen dabei weiterhelfen. Wo und wann ist die Zielperson für unseren Content empfänglich? Mit welchen Medien erreichen wir sie zu diesem Zeitpunkt? Und mit welchen Medien erreicht sie uns? Ein Tipp dazu: Lassen Sie On- und Offline-Kanäle immer zusammenspielen und konzentrieren Sie sich auf wenige, dafür gut geführte und kombinierte Medienkanäle. Der richtige Medienmix ist letzten Endes abhängig von Ihrem Ziel. «Bekanntheit» oder «Absatz/Umsatz» können Sie unter anderem nur mit bezahlten Medien erfolgreich erreichen, «Image und Reputation» lässt sich nur über ehrliche und glaubwürdige Berichte von zufriedenen Kunden (Earned Media) nachhaltig steuern und für «Dialog», «Wissensaufbau», «Marktforschung» oder «Kundenservice» müssen Sie zwingend einen eigenen Medienkanal wie beispielsweise Wiki, Blog oder Facebook aufbauen und pflegen.

Bewusst investieren

Oben: Die Recherche nach Interessen via soziodemografischen oder psychografischen Kriterien liefert ergiebige Anhaltspunkte für die Contenterstellung. Quelle: blue mind von blue eyes marketing

BLICKPUNKT KMU

Sie nahezu riechen können, wie Ihre Zielpersonen wirklich ticken, lässt sich daraus ein prickelnder Content-Mix ableiten. Langweilen Sie Ihre Kunden nicht mit offensichtlichem Marketingblabla wie Produktenews, Benefits, durchsichtigen Rabatten und Aktionen. Bieten Sie ihnen Geschichten, die eindrücklich zeigen, dass Sie wissen was und wie Sie es machen, dass Sie verstehen was Ihre Kunden im Leben sonst noch alles brauchen, dass Sie sich aktiv mit der Welt von morgen auseinandersetzen, dass es im Kontext von Ihren Produkten und von Ihrem Unternehmen noch viel Spannendes zu entdecken gibt, dass hinter jedem Krawattenknopf und unter jedem Helm Mitarbeitende stecken, die auch neben dem Beruf viel Wissenswertes zu erzählen

Content Marketing ist kein allheilendes Wundermittel. Es substituiert weder Marktforschung noch Werbung, PR oder Verkaufsförderung. Aber es wird Kraft der neuen Medien im Kommunikationsmix von morgen eine zunehmend dominierende Rolle spielen. Kommunikation wird damit noch mehr zur Chefsache und zur Sache von qualifizierten Mitarbeitenden und Partnern, die nicht nur Inserate machen und buchen können, sondern die konstruktiv über Marke, Menschen und Märkte nachdenken, die fähig sind hinzuhören und über passende Medienkanäle mit bewegenden Geschichten in Dialog mit Kunden treten können. Sieben Tage in der Woche, 24 Stunden lang. Diese Investition zahlt sich zwangsläufig aus. Weil man nur Sender orten kann. Und wer nicht sendet (und heute notabene auch empfangen will), ist morgen weg vom Fenster. ●


Expertenwissen

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ARCHIV

Professionelle Akten- und Datenarchivierung im KMU Die ungebremst wachsende Informationsflut stellt hohe Anforderungen an die Archivierung. Um die gesetzlichen Bestimmungen zu erfüllen, braucht es eine klare Strategie. AUTOREN ROGER JAGGI UND CHRISTOPHE V. WERDT

Wie präsentiert sich die Situation heute?

Das papierlose Büro wurde bereits vor 20 Jahren ins Leben gerufen. Doch noch heute sind wir weit davon entfernt. Die Informationsquantität hat noch nie so rasant zugenommen wie in den letzten Jahren. Viele Informationen werden digital generiert und mehr oder weniger strukturiert abgelegt/gespeichert. Abgelegt oder gespeichert heisst noch lange nicht archi-

viert. Auf der anderen Seite werden in Unternehmen immer mehr physische Dokumente erstellt, dies bedingt durch die gesteigerte Komplexität an Geschäftsprozessen sowie die veränderte Auftragsstruktur in vielen Unternehmen. Die Anzahl der Kommunikationskanäle, auf welchen geschäftlich Informationen übermittelt werden, hat ebenfalls an Breite zugelegt (elektronisch, Papier, E-Mail, SMS usw.). BLICKPUNKT KMU


Roger Jaggi ist Verkaufs- und Marketingleiter bei archivzürich, das Gesamtlösungen für die digitale und physische Archivierung anbietet. www.archivzuerich.ch Dr. Christophe v. Werdt ist Mitbegründer und -inhaber der Berner Archiv AG und seit 2014 Geschäftsleiter. Er ist promovierter Osteuropa-Historiker und hat als Leiter der Schweizerischen Osteuropabibliothek 15 Jahre an der Universität Bern gearbeitet.

Welche gesetzlichen Bestimmungen sind zu beachten?

Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die sogenannte Compliance. Der Begriff bezeichnet das generelle Erfüllen und Einhalten von Normen wie zum Beispiel von staatlichen Gesetzesbestimmungen (957 ff. OR) in Verbindung mit der Geschäftsbücherverordnung (GeBüV), Verordnungen, Reglementierungen usw. in der Strukturierung und Archivierung der entsprechenden Informationen (digital oder physisch). Je nach Branche und Geschäftsvorfall gelten spezielle Bestimmungen. Das Einhalten dieser Normen ist Chef-Sache. Bei Missachten der gesetzlichen Normen droht der Unternehmung der Verlust von ausstehenden Forderungen. Der Gesetzgeber geht sogar noch einen Schritt weiter und verweist auf das Strafgesetzbuch. Konsequenz kann eine zivilrechtliche Schadenersatzpflicht oder sogar eine Verurteilung sein. Die Unternehmen sind heute gut beraten, eine klare Archivierungsstrategie zu entwickeln, welche der anwendbaren Compliance der Branche sowie den gesetzlichen Grundlagen über die Aufbewahrungspflicht Rechnung trägt.

Archivierungsfrist Art 962 OR Rechtliche Grundlagen Art 957 Abs. 1 OR Steuerrechtliche Vorschriften Art 957 ff OR Geschäftsbücherverordnung GeBüV GeBüV, SR 221431 Mehrwertsteuergesetz

MWSTG, SR 641.20

Mehrwertsteuerverordnung

MWSTGV, EIDI-V SR 641.201.1

Archivierungsgesetz

BGA, SR 152.1

Bundesgesetz über die elektronische Signatur

ZertES, SR 943.03

das entsprechende Aufbereiten der physischen Dokumente zu 100-prozentig elektronisch digital archivierbaren Informationen pro Papierlaufmeter zirka 1000 bis 2000 Franken kostet, wird schnell bewusst, dass es eine dezidierte Herangehensweise braucht, um die relevanten Informationen vom Gros der Dokumente zu separieren. Aus langzeitlicher Praxiserfahrung ist bekannt, dass nur noch auf zirka zwei bis fünf Prozent der Informationen regelmässig zugegriffen wird. Umso wichtiger ist es, die wesentlichen Informationen zu archivieren und diese in einer systematischen Struktur wieder auffindbar abzubilden. Wie archiviere ich physische Dokumente professionell?

Ob physisch oder digital, die Grundlage für die professionelle Archivierung von Dokumenten bildet eine saubere Archivierungsstrategie. Grundsätzlich ist es in einem ersten Schritt notwendig, die Dokumente zu qualifizieren. Die Ablage der Dokumente mittels eines Ordnungssystems bildet den nächsten Schritt einer strukturierten Organisation der Informationen. Diese sichert auch viele Jahre später die Wiederauffindbarkeit der entsprechenden Dokumente und gewährleistet, dass bei einer Beweisführung innerhalb eines Vertragsverhältnisses in kurzer Zeit auf die Informationen zugegriffen werden kann. Die Verpackung ist ein wichtiger Bestandteil, um die Dokumente vor äusseren Einflüssen zu schützen. Bei der Wahl des Archivierungsortes sind die Vorschriften über Feuer, Wasser und diejenigen hinsichtlich der Sicherheitsbestimmungen (Zutritt, Einbruch) unabdingbar einzuhalten. Was heisst archivieren von digitalen Informationen?

Fotos: Fotolia und ZVG.

Alles digitalisieren?

Viele Unternehmen suchen die Lösung in der umfassenden Digitalisierung sämtlicher Dokumente. Führt man sich vor Augen, dass der komplette Prozess des Einscannens sowie BLICKPUNKT KMU

Bei der Langzeitarchivierung von elektronischen Daten/Informationen stellen sich im Wesentlichen folgende Herausforderungen: • Haltbarkeit der Datenträger Die Daten-/Informationsträger (CD, Disketten, Magnetbänder usw.) besitzen eine


Expertenwissen begrenzte Lebensdauer. Diese werden nicht plötzlich unlesbar, doch die Tatsache, dass der Systemwechsel bei den Speicher medien und der Hardware je länger umso rascher voranschreitet, bedingt mit jedem Wechsel eine grundsätzliche Prüfung hinsichtlich der Lesbarkeit und Wiederabrufbarkeit der elektronisch archivierten Daten und Informationen. • Lesbarkeit der Dateiformate Elektronische Daten sind in bestimmten Dateiformaten abgespeichert. Diese Dateiformate werden von entsprechender Software gelesen. Handelt es sich um ein Dateiformat, welches auf einem nicht offengelegten Formatcode (proprietäre Formate) basiert, kann die Lebensdauer einer solchen Datei sehr kurz sein, so kurz wie jene des dazugehörenden Programms. Auf der anderen Seite muss ebenfalls bedacht werden, dass selbst bei Standardformaten je länger je mehr mit einer kurzen Lebensdauer zu rechnen ist. Die Formatstandards sind heute regelmässigen Änderungen unterworfen. Werden Daten nicht in neue Dateiformate umgewandelt, sind sie plötzlich mit einer aktuell verwendeten Software nicht mehr lesbar. • Kontext und Struktur der Daten Damit die Daten einem langzeitlichen Qualitätsanspruch genügen, ist es notwendig, diesen ihren inhaltlichen und technischen Zusammenhang mitzuliefern. Die Kontextinformationen und Strukturmerkmale (Meta-daten) müssen ebenfalls auf Dauer archiviert werden. • Integrität und Authentizität Der unsachgemässe Umgang sowie die Manipulation von elektronischen Daten sind leicht möglich. Dies bedingt, dass entsprechende Massnahmen für die wahrheitsgetreue und vollständige Überlieferung ergriffen werden müssen. Die Authentizität der Daten muss auch in 10 oder 50 Jahren nachgewiesen werden können. Wie wird sichergestellt, dass die digitalen Daten auch konform archiviert werden?

Als Referenzmodell für die digitale Archivierung hat sich das OAIS-Modell (Open Archival Information System) durchgesetzt. Das Modell regelt im Wesentlichen, wie ein

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von einem Daten-Produzenten (Producer) hergestelltes Objekt (SIP = Submission Information Package) in das Archivierungssystem eingespiesen wird (Ingest). Es wird danach in ein langzeit-archivierungsfähiges Informationspaket (AIP = Archival Information Package) umgewandelt und im Archiv-Speichersystem (Archival Storage) abgelegt. Die Verwaltung des Informationsobjekts erfolgt mittels des Verwaltungsmoduls (Data Management). Das archivierte Informationsobjekt wird via Benutzungsmodul (Access) an den Benutzer unter Einhaltung sämtlicher rechtlicher Einschränkungen für die Benutzung (DIP = Dissemination Information Package) ausgeliefert. Die Langzeitarchivierung der archivierten Informationsobjekte durch Migration und Emulation der Objekte wird im Konservierungsmodul geplant (Preservation Planning). Die Verwaltung des gesamten Archivierungssystems erfolgt im Administrationsmodul (Administration). Die Arbeitsabläufe sind im Wesentlichen vergleichbar mit den klassisch physischen Arbeitsabläufen bei physischen Dokumenten.

Archivieren gehört nicht zur Kernkompetenz – ist aber essentiell.

Welche Möglichkeiten bieten sich heute hinsichtlich professioneller Archivierung?

Archivieren gehört bei den KMU nicht zur Kernkompetenz der unternehmerischen Tätigkeit, und doch ist es essentiell, die physischen und digitalen Informationen entsprechend den gesetzlichen Archivierungsfristen in kurzer Zeit greifbar zu haben. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist der Sicherheitsstandard bei der Aufbewahrung der Informationen in Form von Akten und Daten. Feuer, Wasser, Feuchtigkeit und Einbruch sind integrale Faktoren professioneller Archivierung. Der Gesetzgeber macht diesbezüglich klare Vorschriften und kennt keinen Spielraum. Auf der anderen Seite sind die Kosten der innerbetrieblichen Bewirtschaftung des Archivs nicht transparent und im Gegensatz zu einer professionellen Outsourcing-Lösung wesentlich intensiver (Raumund Personalkosten). BLICKPUNKT KMU


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Archivierung

Descriptive Info

Data Management

Descriptive Info queries

Ingest SIP AIP

Archival Storage

Access AIP

result sets orders

CONSUMER

PRODUCER

Preservation Planning

DIP

Administration

MANAGEMENT

Heute gibt es auf dem Schweizer Markt renomierte Anbieter, welche sich professionell ausschliesslich mit dem Archivieren von Informationen von Unternehmen im KMUBereich befassen. Hier ist es wichtig, sich einer

Archivunternehmung anzuvertrauen, welche die Kompetenz des ganzen Wertschöpfungsprozesses überblickt (von der Entstehung bis zur professionellen Vernichtung von Informationen). Ein zentral wichtiger Bereich ist die vorausgehende kompetente Beratung vor Inangriffnahme eines Projekts, zur Externalisierung des Archivs. Auch nach der Externalisierung ist der Zugriff für Personen, die von der Unternehmung dazu legitimiert sind, einfachst möglich und gewährleistet einen zeitnahen und gesicherten Zugang zu den eigenen digitalen und physischen Informationen in Form von Akten und Daten. Was heute in der Schweiz noch in den «Kinderschuhen» steckt (externalisierte Archivierung), ist in unseren Nachbarländern seit vielen Jahren ein Standard – getreu dem Motto «Schuster bleib bei deinen Leisten» sowie in weiser Voraussicht zur Abwendung von steigenden Raum- und Personalkosten. ●

10 r e d o 5 ahresJ g a r t r e mietv -

Das Geschäftsleben steckt voller schwieriger Fragen. Gut, gibt’s fürs Finanzielle eine einfache Antwort. postfinance.ch/einfachKMU

BLICKPUNKT KMU


Expertenwissen

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EINKAUFSPRAXIS

Wann haben Sie zuletzt Ihren Lieferanten besucht? Nur wer seine Lieferanten kennt, kann richtig verhandeln. Zehn Tipps für Erkenntnis bringende Werksbesuche. AUTOREN BERNHARD HÖVELER UND MATTHIAS LÜTKE ENTRUP

W

er Kosten senken will, muss sich auskennen. Zum Beispiel in der Produktion seines Lieferanten. Haben Sie Ihre Lieferanten schon einmal vor Ort besucht und dort die Wertschöpfungsprozesse en détail vor Ort betrachtet? Nur wenige Einkäufer können uns bestätigen, dass die Leistungen ihrer Lieferanten in regelmässigen Abständen vor Ort überprüft werden. Wenn Sie als Einkäufer aber nicht wissen, wie die Produktion Ihres Lieferanten vonstatten geht, dann bleiben Ihnen unter Umständen signifikante Kostensenkungspotenziale verborgen. Statten Sie Ihrem Lieferanten also einen Besuch ab. Beim Besuch der Produktionsstätten werden Sie schnell herausfinden, bei welchen Prozessen die Produktion hakt und welche Prozesse verbessert werden können. Als findiger Beobachter und verständiger Interviewer werden Sie von einem lehrreichen Werksbesuch mit Einsparideen im Gepäck zurückkehren. Wir haben Tipps und Erfahrungen aus der Praxis für Sie zusammengestellt.

Tipp 1: Lesen Sie das Schwarze Brett Ein Gutteil der Unternehmenskommunikation findet in Fabriken auch heute noch auf dem Schwarzen Brett statt. Dort entdeckt man nicht selten Statistiken zur Produktivität, zur Kostenentwicklung und zu vielen anderen interessanten Themen. Nehmen Sie sich Zeit, nach interessanten Informationen Ausschau zu halten, während Sie das Firmengelände besuchen. Es zahlt sich aus! Ein Hersteller von Softdrinks vermied es, die Kostenstruktur der Zutaten seines Produktes offen zu legen. Bei der Fabrikbesichtigung fand sich eine Notiz BLICKPUNKT KMU


Prof. Dr. Matthias Lütke Entrup ist Dozent für Operations Management und Controlling in Dortmund und Mitglied der Geschäftsleitung bei Höveler Holzmann Consulting GmbH. Dr. Bernhard Höveler ist geschäftsführender Gesellschafter der Höveler Holzmann Consulting GmbH, Düsseldorf. www.hoeveler-holzmann.com

Sprechen Sie nicht nur mit dem Kundenbetreuer.

am Schwarzen Brett, die den Arbeitern die Konsequenzen der Verschwendung einzelner Komponenten des Softdrinks aufzeigte. Da dort die Kosten der Einzelkomponenten benannt waren, wurde offensichtlich, dass der Lieferant einen überhöhten Preis für Sirup an seinen Auftraggeber weitergab. Der Preis wurde im Nachgang angepasst.

Tipp 2: Nehmen Sie Kollegen zur Besichtigung mit Binden Sie bei Ihren Werksbesuchen die Expertise der anderen Funktionsbereiche ein. Insbesondere Ihre Kollegen aus den technischen Disziplinen wie z. B. Produktion, Logistik, Instandhaltung und Qualitätssicherung haben oft ein geschultes Auge für Schwachstellen und Risiken in Fertigungsabläufen. Vor einem Werksbesuch sollten Sie sich gemeinsam mit Ihren Kollegen Fragen überlegen und sich während der Besichtigung unabhängig voneinander mit unterschiedlichen Mitarbeitern unterhalten. Vergleichen Sie im Anschluss die Antworten, die Sie erhalten haben. Beim Besuch eines Herstellers von Fertiggerichten haben Mitarbeiter unterschiedliche Aussagen zur Beschaffenheit der verwendeten Zutaten gemacht. Manche Mitarbeiter sagten aus, dass der verarbeitete Brokkoli frisch eingekauft sei, andere, dass er zu bestimmten Jahreszeiten tiefgekühlt angekauft würde. Da Marktforschungsberichte zeigten, dass Konsumenten den Unterschied nicht schmecken, konnte die Produktion auf die Verwendung des günstigeren Tiefkühl-Brokkoli umgestellt werden. Die Umstellung führte zu beachtlichen Kosteneinsparungen.

Tipp 3: Sprechen Sie mit dem Produktionsleiter Fotos: ZVG. Illustrationen: Fotolia

Es ist wichtig, nicht ausschliesslich mit dem Kundenbetreuer zu sprechen, da er eigens dazu ausgebildet ist, Gespräche diplomatisch zu lenken und schwierige Themen erfolgreich zu umschiffen. Der Produktionsleiter ist in vielen Fällen der richtige Ansprechpartner, um Ihnen ungeschönt Auskunft über die Sachlage und mögliche Probleme in der Produktion zu geben. BLICKPUNKT KMU

Tipp 4: Befragen Sie die Mitarbeiter Häufig können die Arbeiter am Band am besten erklären, welche Schwierigkeiten es im Produktionsablauf gibt. Eine Frage, die immer zum Gespräch motiviert, lautet: «Es gibt hier wie überall sicherlich das eine oder andere Problem. Was würden Sie ändern, wenn Sie es sich aussuchen könnten?» Bei der Besichtigung einer Kaffeefabrik stellte sich bei mehrmaliger Befragung der Hilfsarbeiter heraus, dass die Umstellung einer Maschine auf eine neu eingeführte Gefässform nicht reibungslos verlief. Die Marktforschung stellte überraschenderweise fest, dass Kunden der neuen Gefässform gar nicht den Vorzug gaben. Mit dem folgerichtigen Relaunch der alten Gefässform konnten die Umstellungsprobleme vermieden und erhebliche Prozesskosteneinsparungen erzielt werden.

Tipp 5: Besuchen Sie den Rohstoffeingang Da Ihr Lieferant bei Ihrem Besuch verständlicherweise einen möglichst guten Eindruck hinterlassen möchte, wird er vor der Besichtigung vor allem die Bereiche seiner Fabrik auf Vordermann bringen, die üblicherweise besichtigt werden, zum Beispiel die Endfertigung. Schauen Sie sich darum auch den Wareneingang an. Gerade die unvorbereitete Besichtigung bietet Ihnen die Möglichkeit, wichtige Erkenntnisse zu gewinnen. Wie sieht die Lagerhaltung der Rohstoffe aus? Stapelt Ihr Lieferant grosse Menge an Rohstoffen, die möglicherweise bald das Haltbarkeitsdatum erreichen oder hat er Fehlbestände und es ist mit Lieferengpässen zu rechnen? Schwierigkeiten dieser Art können durch eine aufmerksame Besichtigung des Rohstoffeingangs rechtzeitig erkannt werden.

Tipp 6: Besichtigen Sie die hintersten Ecken der Fabrik Scheuen Sie keine langen Fusswege bei der Inspektion der Fabrik, denn gerade darauf setzt der Lieferant. Häufig lassen sich in den hintersten Ecken der Gebäude stillgelegte


Expertenwissen Anlagen oder ungenutzte Ausschussware finden. Bei einem Kleidungslieferanten hat einer unserer Kunden überschüssiges Packmaterial gefunden, das für die Verkaufsförderungsaktion eines anderen Kunden vorgesehen war. Da dieser Kunde vor Durchführung des Auftrages insolvent wurde, kam die Aktion nie zustande. Unser Kunde kaufte das tadellose Packmaterial zu guten Konditionen für eine Neuprodukteinführung auf. Auch der Lieferant profitierte von dieser Lösung.

Tipp 7: Stellen Sie offene Fragen Um möglichst viele Informationen zu gewinnen, müssen Sie offene Fragen stellen. Meiden Sie allzu konkretes Nachfragen zu Beginn der Unterhaltung und leiten Sie Ihre Fragen nicht mit «wer», «was», «wie», «warum» oder «wo» ein. Offene Fragen sind neutral und lenken die Antwort nicht in eine festgelegte Richtung. «Was passiert hier?» motiviert mehr zur Antwort als «Hier mischen Sie also die Zutaten, richtig?». Fragen Sie bei sich andeutenden Problemen immer nach, warum etwas nicht besser funktioniert, um Optimierungspotenziale zu identifizieren. Gerade bei Lieferanten, die nicht besonders auskunftsfreudig sind, können offene Fragen der Schlüssel zum Erfolg sein.

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Tipp 8: Legen Sie Ihren Besuch auf einen Freitagmittag Die Auslastung eines Werkes ist ein wesentlicher Parameter bei der Preisgestaltung Ihres Lieferanten. Vollständig ausgelastete Werke können einen Wettbewerb um die Kapazitäten entstehen lassen, was sich natürlich stark preistreibend bei den Kunden auswirkt. Bei Unterauslastung sind hingegen viele Werke bereit, Aufträge auch zwischen Voll- und Teilkosten anzunehmen, um zumindest noch eine gewisse Fixkostendeckung zu erzielen. Es ist für Sie als Kunde nicht einfach zu erkennen, wie die Auslastungssituation des Lieferanten ist, um Ihre Verhandlungsposition abschätzen zu können. Rückschlüsse können Sie aber häufig gut an Freitagen rund um die Mittagszeit ziehen, da bei Unterauslastung für die Produktionsmitarbeiter das Wochenende früher beginnt.

Beobachten Sie die Fabrikation auch am Mittag und am Freitag.

Tipp 9: Ermitteln Sie einfache Kennzahlen Der Leistungsstand eines Werkes lässt sich häufig anhand von wenigen, leicht zu ermittelnden Kennzahlen bestimmen. Gut geeignet sind hier beispielsweise der Krankenstand als Massstab für die Motivation der Belegschaft, die Erstdurchläuferrate als Massstab für die

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Qualität und der Gesamtbestand (inkl. Roh-, Halbfertig- und Fertigwaren) als Massstab für Flexibilität und Agilität der Fabrik. Versuchen Sie, im Rahmen der Gespräche zu evaluieren, wo Ihr Lieferant bei diesen Indikatoren im Vergleich zum Wettbewerb steht.

Tipp 10: Achten Sie auf Ordnung und Sauberkeit Ordnung und Sauberkeit sind vermeintlich alte Tugenden, aber sie sind vor allem Charakteristika von leistungsstarken und qualitätsorientierten Fabriken. Natürlich lässt sich eine Stahlproduktion vom Sauberkeitsgrad her nicht mit einer Leiter-

Fazit Um schlummernde Einsparmöglichkeiten zu entdecken, müssen Sie kein geübter Detektiv sein. Durch die Anwendung unserer zehn einfachen Tipps und mit dem Einsatz des gesunden Menschenverstandes sind Sie in der Lage, sogar bei Besichtigungen von Produktionsstätten, die Sie bereits kennen, relevante neue Informationen zu identifizieren, die Ihnen dann erlauben, zusätzliche Einsparungen zu erzielen. ●

Wissen was die Schweizer KMU-Welt bewegt.

er Das Schweiz agazin Wirtschaftsm 2013 Ausgabe 5 / CHF 6.80 unktkmu.ch www.blickp

Spitex zur

plattenbestückung vergleichen, aber schon der Vergleich innerhalb einer Branche zeigt signifikante Unterschiede. Verbinden Sie Ihre Analyse mit unserem Tipp 6: Gehen Sie in die hintersten Ecken, z. B. in die Werkstätten der Instandhaltung oder in die Lagerbereiche der Langsamdreher. Oftmals führt dieser Weg zu neuen Erkenntnissen.

Mühle

Break even hr Ja nach einem Radtke sich Wie Barbara aten Spitex mit ihrer privventionierten gegenüber sub erbern Mitbew behauptet

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Expertenwissen

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EMPLOYER BRANDING

Was haben wir, was sie nicht haben? Wie kommen KMU zu geeignetem Personal ? Employer Branding kann auch ohne grosses Budget betrieben werden. AUTOREN DOROTHEA BRUNNER UND SHEILA SCHWEIZER

A

uch für kleine und mittlere Unternehmen ist es lohnenswert, sich einige Gedanken zum Thema «Employer Branding» zu machen. Sich als KMU auf dem Arbeitsmarkt zu positionieren heisst einerseits, die Vorteile der KMU-Struktur herauszustreichen und andererseits, die unternehmensspezifischen Werte darzustellen. Nur so können die besten Arbeitskräfte gewonnen werden – und zwar auch ohne bekannten Namen und ohne grosses Budget.

nehmende und Arbeitsuchende. Aus Sicht der Arbeitnehmenden bzw. Arbeitsuchenden heisst es, die Pro’s und Contra’s von Grossunternehmen und KMU sorgfältig gegeneinander abzuwägen. Die oben genannten Vorteile der Grossunternehmen liegen dabei wohl klarer auf der Hand. Die Vorteile der KMU sind verborgener und werden erst erkenntlich und vor allem geschätzt von denjenigen Arbeitnehmern, die selbst schon in kleinen oder mittleren Unternehmen gearbeitet haben und den Unterschied zu den grossen kennen.

David gegen Goliath

Rundumsicht und Flexibilität

Die grossen Unternehmen haben einiges zu bieten: Einen starken «Brand», einen Namen, der im Markt und somit auch auf dem Arbeitsmarkt bekannt ist. Sie haben ein umfangreiches Budget, ja ganze Teams in der HR- und/oder Kommunikationsabteilung, die sich mit dem Thema «Employer Branding» auseinandersetzen. Sie drucken Flyer, hosten Events, sponsoren ganze Bildungsstätten. Sie bieten Jobs mit komplex klingenden englischen Namen, versprechen internationale Entwicklungsmöglichkeiten, den Besuch von internen Business Schools, Coaching- und Mentoringprogramme und vieles mehr.

Als grosses Plus der KMU ist vor allem die bessere Gesamtsicht herauszustreichen. Die Kommunikations- und Entscheidungswege sind viel kürzer und direkter, es gibt weniger politische Machtspiele, welche rasche Umsetzungen von Ideen bremsen oder verhindern. Die Vernetzung zwischen den Bereichen ist enger und die eigene Verantwortungsspanne über verschiedene Aufgabenbereiche hinweg ist breiter, womit sich ein besserer Blick auf das Unternehmen und seine Prozesse als Gesamtheit ergibt. Darüber hinaus sind die Entwicklungsmöglichkeiten schneller, unkomplizierter und oft fast unbegrenzt. Das Senioritätsprinzip, welches bei den Grossunternehmen herrscht, wird in KMU meist weniger rigide angewandt. Ist ein Mitarbeiter oder eine Mitarbeiterin extrem leistungsstark und motiviert, kann er bzw. sie durchaus schon in jungem Alter einen Platz in der Geschäftsleitung einnehmen. Bei anderen uns bekannten KMU wurden gar neue Abteilungen oder Bereiche

Die Qual der Wahl Es liegt auf der Hand, dass dies gerade für junge qualifizierte Arbeitnehmende verlockende Angebote sind. Die wir durchaus nicht schlecht machen möchten. Wir möchten lediglich einen Denkanstoss geben – sowohl für kleine und mittlere Unternehmen als auch für Arbeit-

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Dr. Dorothea Brunner Senior Consultant bei synfluence, einer strategischen HR-Beratung, welche KMU und inhabergeführte Unternehmen bei der Ausgestaltung einer Führungsphilosophie unterstützt, welche konsequent auf die Markenpositionierung ausgerichtet ist. www.synfluence.ch Sheila Schweizer Consultant synfluence.

gen, welche «Typen» gesucht werden und zum Unternehmen passen.

(Soziale) Medien gezielt nutzen Darüber hinaus bieten Social-Media-Kanäle wie Xing, Facebook, Linkedin, Twitter usw. eine kostengünstige, moderne und äusserst breite Plattform, um das eigene Unternehmen neben den grossen Unternehmen als attraktiven Arbeitgeber zu positionieren, die eigenen Werte darzustellen und gerade für junge Nachwuchskräfte, welche diese Kanäle aktiv nutzen, sichtbar zu machen. Was es dazu braucht sind ein Konzept für den Einstieg, das heisst die Evaluation der für die Branche geeignetsten Kanäle sowie die Ausgestaltung eines Unternehmensprofils. Nach dem Initialaufwand wird die Plattform einerseits von einer verantwortlichen Person kontinuierlich gepflegt, anderseits können sämtliche bestehenden und ehemaligen Mitarbeitenden mitwirken, um das Unternehmensnetzwerk zu vergrössern sowie die Markenwerte über ihre eigenen Profile nach aussen zu tragen. geschaffen, um den besten Mitarbeitenden eine Stelle «auf den Leib zu schneidern» und so deren Potenzial optimal einzusetzen.

Kostengünstiges Employer Branding

Fotos: Fotolia und ZVG.

Im KMU ist die Gesamtsicht besser.

BLICKPUNKT KMU

Aus Sicht der KMU gilt es zu überlegen, wie diese vielfältigen Vorteile auf dem Arbeitsmarkt angepriesen werden können, so dass sie trotz ihrer nicht, oder wenig bekannten Marke als interessanter Arbeitgeber wahrgenommen werden und die besten Mitarbeitenden gewinnen können. Dieses Employer Branding kann auch ohne grosses Budget betrieben werden. Bereits im Stelleninserat kann herausgestrichen werden, wie umfassend die Verantwortung der Position ist und wie das Unternehmen Entwicklungswege gestalten kann. Zudem ist das Inserat ein wichtiges Medium, um die eigene Arbeitgebermarke zu verkaufen. Die unternehmensspezifischen Markenwerte können hier gezielt platziert werden und so klar zum Ausdruck brin-

Nicht die «Besten», sondern die «Passendsten» Dies sind erste wichtige Schritte, um sich auch als kleines oder mittleres Unternehmen auf dem Arbeitsmarkt optimal zu verkaufen und die besten Mitarbeitenden gewinnen zu können. Es stellt sich nun die Frage: Welches sind denn die «besten» Mitarbeitenden? Natürlich müssen sie die der jeweiligen Funktion entsprechenden Fähigkeiten, Kompetenzen, Erfahrungen und Qualifikationen sowie Persönlichkeitsmerkmale mitbringen. Schliesslich sind aber diejenigen die besten, welche die genannten Vorteile der KMU bewusst auswählen und schätzen, welche die in den Inseraten transponierten Markenwerte verstehen und diese im Arbeitsalltag leben. Dieses Mitarbeitenden mit ihren Fähigkeiten sind für das Unternehmen zentraler Erfolgsfaktor und wichtigstes Differenzierungskriterium. ●


Im Gespräch

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«Fast jeder Verwaltungsrat ist heute etwas in Panik» Der Bundesrat will Exporteure auf Menschenrechte und Umweltschutz verpflichten. Der Schweizerische Gewerbeverband fordert den Rückzug des Berichts, «Recht ohne Grenzen» droht mit einer weitergehenden Volksinitiative. Ein Gespräch mit Henrique Schneider und Rahel Ruch. AUFGEZEICHNET VON THEO MARTIN

Blickpunkt KMU

Frau Ruch, was haben Sie

gegen Exporte?

(lacht) Wir haben gar nichts gegen Exporte… Zudem geht es auch nicht um Exporteure, sondern um Firmen mit Sitz in der Schweiz, die einen Teil ihrer Geschäfts tätigkeit im Ausland haben (via Tochterfirmen, Filialen usw.).

Rahel Ruch

Das war zu erwarten.

Uns geht es einzig und allein darum, dass alle in der Schweiz ansässigen Unternehmen bei ihren Auslandsgeschäften die Menschenrechte und den Umweltschutz einhalten. Viele machen das bereits oder sind daran,

Ruch

BLICKPUNKT KMU


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Leitfäden zu entwickeln. Die entsprechenden UNO-Leitprinzipien sind 2011 einstimmig angenommen worden. Dieser internationale Rahmen existiert – wir wollen, dass er für alle gilt und dass es verbindliche Regelungen gibt. Niemand soll sich dem entziehen können. Herr Schneider, funktioniert das nicht bereits?

Ausland. Wer soll im Ausland Menschenrechte und Umweltschutz durchsetzen? Die Meinungen sind geteilt.

Henrique Schneider Für die überwältigende Mehrheit der Unternehmer ist klar, dass es so ist. Es gibt heute schon entsprechende Vorschriften – in der Schweiz und im Ausland. Wenn man sich daran hält, werden Mindeststandards eingehalten. Jede Unternehmung ist frei, mehr zu machen. Besser zu sein als der Mindeststandard, muss aber freiwillig sein. Ruch Die Problematik ist aber gerade, dass in Ländern mit schwachen Staatsstrukturen oder in Konfliktgebieten die Regelungen nicht zur Anwendung kommen. Dort kommt dem Heimatstaat eines Konzerns eine besondere Verantwortung zu – das schreibt auch der Bundesrat in seinem Bericht. Es gibt Fälle wie Glencore in Sambia, wo beim Schwefeldioxid das 40-fache der WHO-Richtwerte überschritten wird. Teilweise tödliche Atemwegerkrankungen sind in dieser Region verbreitet. Da muss man etwas dagegen machen. Schneider Ich bin einig, dass nicht jedes Land Schweizer Standards hat. Es gibt aber verschiedene Gründe, wieso viele Unternehmen trotzdem hohe Schweizer Standards einsetzen – beispielsweise, weil sie nicht an den Pranger gestellt werden wollen. Durch die internationale Natur des Geschäfts sind sie ohnehin diversen Regelungen gleichzeitig unterworfen.

Problematisch ist…

…wenn wir in der Schweiz ein Gesetz erlassen, das Unternehmungen in Schwierigkeiten bringt, weil es Widersprüche schafft. Anders als die USA erheben wir ja nicht den Anspruch, weltweit gültige Gesetze zu machen. Einzelfälle bezweifle ich nicht. Die Schweiz hat aber heute schon relativ viele Möglichkeiten einzugreifen – beispielsweise mit dem nationalen Kontaktpunkt OECD. Dort können auch Länder wie Sambia ihre Klagen deponieren, wenn eine Firma gegen internationale Regeln verstösst. Ruch Der nationale Kontaktpunkt ist einzig ein Mediationsgremium und fällt keine

foto: Fotolia, Monika Flückiger und ZVG.

Schneider

«Es geht Ihnen um ein Verbürokratisieren von Ethik.»

BLICKPUNKT KMU

Urteile. Es gibt die Erkenntnis, dass heute auch internationale Konzerne die Menschenrechte verletzen können. Wir wollen nicht einem anderen Land Schweizer Ansprüche aufoktroyieren. Die Schweiz soll – zusammen mit anderen Staaten – einen Anfang machen und die Sorgfaltsprüfungspflichten umsetzen – es geht bloss um eine Risikoanalyse und anschliessende Massnahmen. Das machen viele Unternehmungen bereits heute. Es stimmt, es gibt Unternehmungen, die öffentlich angefeindet werden, wenn sie sich nicht an gewisse Standards halten. Aber wir möchten, dass die Regelungen präventiv und für alle gelten und sich dem niemand entziehen kann. Risiken in Bezug auf Menschenrechte und Umwelt sollen im Vorfeld abgeklärt werden. Herr Schneider, Sie signalisieren ein gewisses Verständnis für «Recht ohne Grenzen». Wieso verlangt der Gewerbeverband den Rückzug des Berichts?

Es gibt einerseits die Sachebene: Wir haben Verständnis für das Anliegen, ich würde aber anders vorgehen und auf Selbstregulierung und freiwillige Massnahmen setzen. Andererseits finden wir auf der Polit-ebene, dass der Bericht des Bundesrats unausgewogen ist. Das bedeutet nicht, dass das Thema nicht wichtig ist. Die grosse Problematik des Berichts ist, dass sich alles auf die Änderung des OR-Artikels 716a zuspitzt. Das tönt technisch, ist aber ein sehr wichtiger Artikel, weil hier die persönlichen Pflichten des Verwaltungsrates geregelt sind. Es geht also nicht um die Pflicht der Unternehmung, sondern um die einzelne Person. Ruch Der Bericht ist eine gute Auslegeordnung, wie man die Sorgfaltspflicht als wichtiges präventives Instrument im Gesetz verankern könnte. Die konkrete Ausgestaltung will gut überlegt sein. Die Ansiedlung bei den Aufgaben und Pflichten des Verwaltungsrates hat aber schon ihre Berechtigung. Es geht darum, die Themen Menschenrechte und Umweltschutz auf die oberste Leitungsebene zu heben. Dort wird entschieden, dort muss das Bewusstsein der Unternehmen wachsen, dass Menschenrechte und Umwelt wichtige Themen sind. Eine untergeordnete Abteilung hätte zu wenig Gewicht. Der Bericht will KMU ausdrücklich ausnehmen – vielleicht mit Schneider


Im Gespräch Ausnahme jener, die in besonderen Hochrisikofeldern wie Diamantenhandel tätig sind. Das ist sinnvoll; die meisten KMU könnte man aber befreien. Der Bundesrat schlägt deshalb einen Schwellenwert vor.

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Henrique Schneider… ... ist Ökonom. Er leitet das Ressort Wirtschaftspolitik

Sind KMU wirklich ausgenommen?

im Schweizerischen

Wir haben Bedenken, weil man sich über den Stellenwert eines Berichts im politischen Prozess bewusst sein muss. Entweder wird der Bericht «begraben» – was bedeutet, dass der politische Prozess beendet wird, oder er ist Anstoss für eine zusätzliche Entwicklung. Wir diskutieren hier problematische Änderungen einer grundlegenden Regel des Schweizer Privatrechts. Fast jeder Verwaltungsrat ist heute etwas in Panik wegen des Artikels, da hier die ureigne persönliche Pflicht angesprochen ist; und es ist eine sehr weitreichende. Zudem sind Ausnahmen stets etwas unschweizerisch – und selbst wenn es Schwellenwerte gäbe, wäre das problematisch, denn es gibt KMU, die zwar

Gewerbeverband, dem

Schneider

grössten Dachverband der Schweizer Wirtschaft. Henrique Schneider verbrachte den grössten Teil seines Lebens in Südamerika und Asien.


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Genau hier sehe ich die logische Inkongruenz: Internationale Konzerne haben Corporate-Responsibility-Abteilungen. Es gibt aber eine ganze Reihe von internationalen KMU, die zwar Ihre Grundhaltung teilen, das aber nicht bürokratisch kenntlich machen können. Wir sprechen also von eindeutigen Zusatzkosten. Diese belasten genau jene am meisten, die der Meinung sind, dass sie alle Anforderungen erfüllen. Es geht Ihnen um ein Verbürokratisieren von Ethik – und das halte ich für sehr problematisch. Ruch Uns wäre es auch lieber, es bräuchte kein Gesetz – aber wir sehen in der Realität ganz offensichtlich, dass freiwillige Vereinbarungen und Branchenlösungen nicht ausreichen. Ein tragischer Fall ist der Fabrikeinsturz in Bangladesch: Firmen, die dort produzierten, waren Mitglieder verschiedener freiwilliger Initiativen und kurz vor dem Drama hatte sogar ein Audit stattgefunden. Man muss die Lücke schliessen:Alle Firmen müssen imVorfeld Risikoabklärungen machen. Das Problem sind nicht Schweizer KMU mit einer inhärenten Ethik, es sind oft internationale Unternehmungen, die profitieren. Das kann nicht im Interesse eines Gewerbeverbandes sein… Schneider In Bangladesch war keine Schweizer Firma betroffen. Ein Gesetz kann menschliche Katastrophen nicht verunmöglichen, es gibt immer Missbrauch. Spitz formuliert: Mord ist verboten, aber es geschehen trotzdem immer wieder Morde. Schneider

Rahel Ruch … ... ist als angehende Historikerin seit acht Jahren in verschiedenen Funktionen im Bereich Campaigning in Nichtregierungsorganisationen tätig. Heute leitet sie die Kampagne «Recht ohne Grenzen», die zum Ziel hat, dass Schweizer Unternehmen weltweit Menschenrechte foto: Monika Flückiger und ZVG.

und Umwelt respektieren.

«Für uns sind Menschenrechte und internationale Umweltstandards nicht antastbar.»

BLICKPUNKT KMU

klein sind, aber mit hohen Werten handeln und keine Compliance-Abteilung haben. Das sind nicht Diamantenhändler – ich denke beispielsweise an die Uhrenindustrie, die rasch die finanziellen Schwellenwerte erreicht. Ich persönlich bin Mitbesitzer einer Schokoladenfabrik, die Nougat in Frankreich und der Türkei einkauft. Wir wollen die gleichen Standards bei Hygiene und Arbeitsbedingungen. Interessanterweise schneiden die Türken nicht immer schlechter ab – namentlich nicht bei Umweltfragen. Mein KMU wäre also auch betroffen und würde mit einer Pflicht konfrontiert, die ich gar nicht erfüllen kann. Das bedeutet Zusatzkosten, ohne dass eine Wirkung erzielt würde. Man hat einige wenige schwarze Schafe im Visier, «bestraft» aber die grosse Mehrheit. Ruch Wenn Sie, wie viele andere, die Risiken bei Menschenrechten und Umwelt schon berücksichtigen, dann gibt es keine Zusatzkosten, die nicht zu bewältigen sind. Der Bundesrat schlägt eine Sorgfaltspflicht vor, die beim Verwaltungsrat angesiedelt ist – was bewirkt, dass ein Unternehmen Massnahmen treffen und darüber berichten muss. Das hat nur für jene Folgen, die heute noch die Augen verschliessen.

Welchen Weg favorisiert denn der Gewerbeverband? Schneider Wir setzen auf eine klare Trennung: Es gibt Mindeststandards, welche Unternehmungen erfüllen müssen. Und dann gibt es den Bereich der Ethik, der aus unserer Sicht privat sein muss. Wir sind der Meinung, dass freiwillige Massnahmen funktionieren und Selbstregulierungen, wie beispielsweise in der Schweizer Rohstoffindustrie, ein guter Weg sind. Dieser Weg kann weiter ausgebaut werden. Nicht akzeptabel ist aber, alle Firmen zu bürokratischen Abläufen zu verpflichten, die in der Wirkung nicht garantieren können, dass das Problem behoben wird.

Die EU schlägt lediglich eine Offenlegungspflicht vor. Ist das ein Papiertiger?


Im Gespräch

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Uns geht das sicher zu wenig weit. Eine reine Offenlegungspflicht löst allein keine Probleme. Das wird dann schnell zum Papiertiger. Für uns ist das Kernelement die Sorgfaltspflicht, die auch in Politikbereichen wie Umweltverträglichkeitsprüfung und Geldwäscherei etabliert ist. Die Berichterstattung muss als Teil dieser Pflicht verstanden werden und ist in diesem Fall ein wichtiges Instrument für mehr Transparenz. Eine möglichst unbürokratische Umsetzung ist sicher wichtig, uns geht es aber auch um die Bewusstseinsbildung. Für uns sind Menschenrechte und internationale Umweltstandards nicht antastbar. Es gibt genügend Beispiele, dass es auf freiwilliger Basis nicht funktioniert. Wir bedauern das. Weil es aber so ist, braucht es verbindliche Regeln. Schneider In einem Punkt möchte ich Frau Ruch Recht geben. Eine reine Reportingpflicht ist tatsächlich ein Papiertiger. Die Idee dahinter ist, dass die Öffentlichkeit auf das Ruch

Reporting wartet – aber das tut sie nicht. Bei der symbolischen Lösung der EU fallen nur Kosten an und die Wirkung ist gleich null. In den USA wird die Durchführung von Sorgfaltsprüfungen mittels einer Haftungsregelung erreicht. Ist das ein Weg für die Schweiz?

Die USA setzen ebenfalls auf Reporting- und Sorgfaltspflicht – allerdings mit Branchenlösungen. Im Fall des Rohstoffhandels im Kongo konnte man mittlerweile belegen, dass es Veränderungen im Verhalten gegeben hat – und dass sich die Firmen nicht zurückgezogen haben, wie Kritiker befürchteten. Das zeigt, dass Gesetze Verbesserungen bringen.

Ruch

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Ruch

Die ersten beiden Elemente sind iden-

tisch. Schneider In der alten Auslegung des Schweizer Rechts hatte der Verwaltungsrat Aufgaben, aber ihre Nichterfüllung hatte kaum Konsequenzen. Heutzutage – und das ist auch korrekt so – führen die Aufgaben zu einer persönlichen Verpflichtung. Wenn ich als Verwaltungsrat das interne Kontrollsystem ignoriere, dann entziehe ich mich meiner Pflicht. Im Fall eines Konkurses könnte ich dann persönlich belangt werden. Das gehört zur Oberleitung einer Gesellschaft. Wir müssen aber aufpassen, dass der Verwaltungsrat nur Aufgaben bekommt, die er widerspruchslos erfüllen kann. Es führt zu Rechtsunsicherheit, wenn eine Aufgabe der anderen widerspricht. Der Schweizerische Gewerbeverband ist der Meinung, dass die Verankerung einer politischen Pflicht einen solchen Konflikt heraufbeschwören kann. Das bedeutet nicht, dass sich die Firma um Menschenrechte und Umweltschutz foutieren soll – aber es kann niemals die persönliche Aufgabe eines Verwaltungsrates sein, Menschenrechte und Umweltstandards im politischen Sinne zu überprüfen. Ruch Das finde ich bedenklich, wenn Sie es für einen Zielkonflikt halten, gleichzeitig die Interessen der Firma zu wahren und Menschenrechte einzuhalten. Für uns ist eben gerade wichtig, dass die Firmen nicht auf Kosten der Menschenrechte Profit machen. Für Führungskräfte ist es einfacher, wenn beide Ziele klar definiert sind. Es gibt kein Abwägen zwischen Menschrechten und Firmenanliegen – beide müssen erreicht werden. Schneider Ich sehe einen Unterscheid in der Ebene der Verpflichtung. Es ist klar, dass ein Verwaltungsrat Umweltaspekte, aber auch Qualitätsstandards berücksichtigen muss. Aus dem Katalog der vielen Aspekte lediglich zwei Ziele herauszupicken und sie als oberste Priorität zu deklarieren – das ist ein Widerspruch zum Rest der Aufgaben eines Verwaltungsrates. Ruch Bei der externen Prüfung geht es um den Kontrollmechanismus. Dabei sind verschiedene Möglichkeiten denkbar. Schneider Was uns beschäftigt, ist die Summe. Berichte kosten Geld, externe Prüfung kos-

BLICKPUNKT KMU

tet auch Geld. Man kann zwar Freigrenzen schaffen, aber gerade im Ausland tätige KMU erzielen oftmals einen höheren Umsatz. Sie sind also sehr direkt betroffen von den zusätzlichen Auflagen. Deshalb lehnen wir auch die externe Prüfung ab. Reine Berichte bringen nichts, wir setzen daher auf freiwillige Verpflichtungen oder Branchenlösungen. Frau Ruch, Sie drohen in der Pressemitteilung vom 28. Mai mit einer Volksinitiative, deren Vorbereitung bereits weit fortgeschritten sei. Was wollen Sie?

Wir machen uns seit ein paar Monaten Gedanken über eine Volksinitiative und prüfen verschiedene Versionen von Initiativtexten. Dahinter stehen über 50 Organisationen – klar ist, dass das Kernstück einer Volksinitiative genau diese Sorgfaltspflicht wäre.

Ruch

Beeindruckt die Drohung den Gewerbeverband? Schneider Wir haben nie Angst vor Initiativen. Im Gegenteil, das ist eines der wichtigsten Elemente unserer direkten Demokratie. Ich bin gespannt auf den Vorschlag – wir sind gegen eine gesetzliche Regelung und damit logischerweise auch gegen eine Verankerung in der Bundesverfassung.

Frau Ruch, Herr Schneider, herzlichen Dank für dieses Gespräch! ●


Schweissarbeit

Definitiv zu klein…

N

Qualitätssicherung hat höchste Priorität.

ebst dem Bau des Eigenheims ist die Anschaffung eines Fahrzeugs in der Regel die grösste «Investition» eines Privathaushalts. Umso ausgeprägter ist die Vorfreude auf das Schmuckstück. Doch wer sein neues Auto im Fahrzeuglogistik Zentrum der AMAG in Lupfig sehen würde, käme aus dem Staunen nicht heraus: Verbirgt die Verpackung ein «hässliches Entlein»? Marco Weber lacht. Der Leiter der 107 Angestellten weiss aus jahrzehntelanger Erfahrung: Nicht nur «Nachtbuben» können die Autos beim Transport aus einem der 23 Werke in die Schweiz beschädigen. Die grössere Gefahr sind Flugrost, Bremsstaub sowie Wetter- und Umwelteinflüsse. So will ich mich also daran machen, die fabrikneuen Autos auszupacken, im Akkord Folien und Hüllen wegzureissen – doch schon stoppt mich Gennaro Simeone. Die Uhr muss weg, der Fingerring ebenso, die Gurtschnalle deckt er mit einem Tuch ab. Denn kein Kratzer darf das neue Auto verunstalten. Doch nun geht es los. Haken lösen, Ecken vorbereiten – schon reisst die erste Folie. Es ist mühsame «Gäggeli-Büez», die fest klebenden, kleinen Folienresten vollständig zu entfernen. Doch schliesslich sollen die Augen der Kunden bei der Übergabe ihres Fahrzeugs strahlen. Die Ecken der Folien sind kaum zu greifen – die Verlockung ist gross, mit einem Schlüssel nachzuhelfen. Ein abwegiger Gedanke! Da eilt schon Atif Mahic herbei,

es geht ihm zu langsam, der Sechs-MinutenRhythmus droht durcheinander zu geraten. Ich halte den Prozess auf… Jetzt noch das Dach – ich bin definitiv zu klein, es ist nichts zu machen. «Das Team hilft einander», beruhigt Teamleiter Gennaro Simeone. Denn es nützt nichts, wenn am Schluss alle auf einen warten müssen. Die Abläufe sind minutiös durchdacht, es gibt keine Fehlzeiten und keine langen Fussmärsche, um das nächste Auto in die Warteschlange einzufügen. Jedes Modell ist anders verpackt. Lieferungen aus Wolfsburg sind beliebt, diese Autos sind einfacher auszupacken. Und schon ist ein kleiner zeitlicher Vorsprung herausgearbeitet. Ich stelle mir vor, wie schwierig diese Arbeit sein muss, wenn es schneit. Oder wenn sich bei heissen Temperaturen die Folien kaum lösen lassen. Im riesigen, 165 000 Quadratmeter grossen Fahrzeuglogistik Zentrum der AMAG werden täglich rund 350 Fahrzeuge per Bahn und LKW angeliefert, entladen, verzollt und für die Kunden vorbereitet. Das beinhaltet die Borddokumentation, die Entfernung des Transportschutzes und die Oberflächenkontrolle. Hinzu kommen Zusatzaufträge wie technische Kontrollen, Beschriftungen, Abänderungen, Nacharbeiten sowie allenfalls eine gründliche Aussenreinigung. Qualitätssicherung hat höchste Priorität. Schliesslich sollen die Händler jedes Jahr über 90 000 fehlerlose Autos übergeben können – die zufriedenen Kunden werden vermutlich trotzdem keinen einzigen Gedanken an die flinken Hände in Lupfig verlieren... ● BLICKPUNKT KMU

Fotos: ZVG.

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