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ALEX SCHULMAN
Wogen VON LIEBE UND WUT
SInterview Dörte Hansen 2 DSOMMER 1932: Die 24-jährige Karin verliebt sich in den jungen Schriftsteller Olof. Wird sie es wagen, für ihre neue Liebe ihren aufbrausenden Ehemann, den angesehenen Schriftsteller Sven zu verlassen? 68 Jahre später fragt sich Karins Enkel Alex, warum ihn eine so tiefe Wut umtreibt, die seinen drei Kindern Angst macht und seine Ehe zu zerstören droht. Auf der Suche nach Antworten stößt er auf die Geschichte unglücklich Liebender, deren Tragödie über die Generationen hinweg Wogen schlägt. Wahrhaftig, todtraurig und wunderschön!
Alex Schulman Verbrenn all meine Briefe Übersetzt von Hanna Granz dtv | 304 S. | 23,– € O P 230 Lesepunkte Auch als eBook | Hörbuch
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EXKLUSIV | INTERVIEW
LÄNGST EIN STAR in seiner schwedischen Heimat und international als großartige Entdeckung gefeiert: Alex Schulman, Jahrgang 1976, Blogger, Podcaster, Moderator und vor allem Bestsellerautor. Zum Kultstatus brachte er es mit seinen autobiografischen Werken wie „Glöm mig“ (engl. „Forget about me“, noch nicht auf Deutsch erschienen), 2017 Buch des Jahres. Nach seinem furiosen Familiendrama „Die Überlebenden“ übertrifft er sich nun selbst mit seinem persönlichsten Roman: „Verbrenn all meine Briefe“, in Schweden sein bisher größter Erfolg!
T Warum liegen Ihnen die
deutschen LeserInnen so besonders am Herzen?
Als Teenager bin ich jeden Sommer durch Europa getrampt. Jedes Mal, wenn ich nach Deutschland kam, fiel mir auf, dass es in fast jedem Gespräch früher oder später um Bücher ging. Nach diesen Reisen hatte ich immer das Gefühl: Unter allen Völkern sind es die Deutschen, die Bücher am meisten schätzen. Deshalb ist es etwas ganz Besonderes für mich, dass meine Bücher in Deutschland veröffentlicht werden. Ich liebe nun mal dieses Niveau an Intellektualität.
T Zu Ihrem Schreibkonzept
gehört es, sich in die eigene Kindheit zurückzuversetzen. Welche Überzeugung steht dahinter?
Für mich ist die Kindheit Ground Zero, der Punkt des Einschlags. Hier hat alles angefangen. In meinem Leben frage ich mich immer wieder: Was ist passiert? Und auch in meinen Büchern komme ich immer wieder auf diese Frage zurück: Was ist passiert? So fragen auch Psychotherapeuten. Und da ich noch keine Antwort darauf gefunden habe, stelle ich mir die Frage immer wieder und schreibe darüber. T Was war der Auslöser für Ihr
neuestes Buch „Verbrenn all meine Briefe“?
Ein Streit zwischen meiner Frau und mir. Er endete mit der Mitteilung meiner Frau, sie sei sich nicht sicher, ob sie die Beziehung mit mir weiterführen will, weil sie meine Wutausbrüche fürchte. Deshalb begann ich, meinen Zorn zu erforschen und suchte eine Therapeutin auf. Sie machte eine „Familienaufstellung“.
T Was haben Sie dabei
herausgefunden?
Als ich damit fertig war, konnte ich klar erkennen, dass alle Kämpfe und alle Dunkelheit in meiner Familie mit einem Mann anfingen: meinem Großvater. Da begann ich, seine Bücher zu lesen und über ihn nachzuforschen, um herauszufinden, wo der Familienzorn seinen Ursprung hatte. Und so deckte ich eine heimliche Liebesgeschichte in der Familie auf, gleichsam die Liebesgeschichte des Jahrhunderts.
T Auf Ihrem neuen Buch steht
Roman, aber die wichtigsten Figuren heißen wie im wirklichen Leben, z.B. der Großvater Sven Stolpe wie ihr eigener, der Enkel Alex wie Sie. Wie haben Sie Ihre eigene Familiengeschichte und die Fiktion verbunden?
„Für mich ist die Kindheit Ground Zero,
der Punkt des Einschlags.“
In diesem Buch basiert alles auf Tatsachen, alles, was passiert, beruht auf Quellen wie z.B. Tagebüchern und Briefen. Ich wollte in dieser Geschichte die Wahrheit über meinen Großvater und meine Großmutter erzählen. Aber natürlich gibt es auch Szenen mit Gesprächen zwischen Leuten, die vor hundert Jahren lebten. Das ist meine Freiheit als Autor und deshalb spreche ich auch von einem Roman.
T Wie hat die Arbeit an Ihrem Buch Ihr
Bild von Ihrem Großvater beeinflusst?
Nun, es war eine Reise für mich. Als ich an dem Buch arbeitete, kam ich zu der Erkenntnis: Ich mag diesen Mann nicht. Aber jetzt – mit etwas Abstand – beginne ich ihn zu verstehen. Vielleicht muss ich ihm verzeihen, denn hinter jedem Kummer tut sich neuer Kummer auf. Wenn man die Tür zu seiner Kindheit öffnete, sah man noch mehr Dunkelheit.
T Was war bei der Lektüre der Familien-
korrespondenz am aufschlussreichsten?
Endlich war es mir möglich, die wahre Stimme meiner Großmutter zu entdecken. Zuhause traf man nicht auf die wahre Karin, da sie vor ihrem Ehemann Sven Stolpe Angst hatte. In den Briefen hörte ich sie zum ersten Mal – und es war wunderbar.
T Wie hat Sie die Arbeit an Ihrem neuen
Buch als Familienmensch beeinflusst oder sogar verändert?
Ich ließ mich sieben Jahre lang therapieren. So etwas verändert einen Menschen letztendlich. Über die Vergangenheit Bescheid zu wissen, hilft mir auch dabei, die richtigen Entscheidungen für die Zukunft zu treffen.
© Christian Werner
Alex Schulman