4 minute read

ANDREAS STEINHÖFEL SABINE LUDWIG (ROALD DAHL)

Next Article
VINCE EBERT

VINCE EBERT

Wonky Zeiten

Roald Dahl Matilda Illustriert von Quentin Blake Übersetzt von Andreas Steinhöfel Penguin JUNIOR | 240 S. | 18,– € O P 180 Lesepunkte Auch als eBook | Hörbuch Ab 8 Jahren ENTDECKEN SIE AUCH

BLITZGESCHEITE, mutige, optimistische Kinder sagen Danke, Roald Dahl (1916–1990)! Er hat uns großartige Bücher und vor allem Vorbilder hinterlassen, wie Matilda. Das Mädchen, klein und scheinbar machtlos, versteht es geschickt, sich Gehör zu verschaffen und auch ihren Freunden und Freundinnen zur Seite zu stehen. Wie das geht? Einfach! Egal, wer und wo du bist, egal, wer dich kleinmachen will – mit Fantasie, Entschlossenheit und Mut kannst du deine eigene verrückte Geschichte selbst in die Hand nehmen und alles sein, was du willst. Wonky Zeiten, oder?

EXKLUSIV | INTERVIEW

ROALD DAHL ist ein Glücksfall für Kinder, denn er steht uneingeschränkt auf ihrer Seite. Seine grandiosen Geschichten sind seit Generationen für kleine Menschen wichtig wie Vitamine, um eigene Stärken zu entdecken und über sich hinauszuwachsen. Einige seiner schönsten Klassiker wurden nun für Kids von heute neu zum Funkeln gebracht – in zeitgemäßen Übersetzungen von Kinderbuch-BestsellerautorInnen, darunter Andreas Steinhöfel (AS) und Sabine Ludwig (SL). Im Gespräch teilen die beiden ihre Begeisterung mit uns.

T Was macht für Sie Roald

Dahl nicht nur unsterblich, sondern für eine Generation Kinder nach der anderen aktuell und immer von neuem wichtig?

AS: Erwachsene wirken Kindern gegenüber häufig übergroß und allwissend – sie sind die Bestimmer, denen das Kind ausgeliefert ist. Dahl aber gelingt es, jede noch so kleine Kinderangst, jede erlittene Ungerechtigkeit zuletzt in einen kindlichen Triumph zu verwandeln. SL: Ich war neulich zu einer Lesung in einer dritten Klasse eingeladen und habe wie immer auch ein wenig von meiner Arbeit erzählt. Als ich fragte, wer von den Kindern „Charlie und die Schokoladenfabrik“ kennt, rissen alle die Arme hoch und ein Mädchen brach in lautes Lachen aus. „Das ist so lustig!“, rief sie. „Das ist so cool!“ Das sagt wohl alles.

T Wenn Sie Roald Dahl her-

beiwünschen könnten: Was würden Sie ihn gern fragen und was würden Sie ihm am liebsten sagen?

SL: Ich würde ihm gern sagen, dass mich schon als Jugendliche seine „Küsschen, Küsschen“Kurzgeschichten begeistert haben, ich finde sie auch heute noch großartig und erzähle sie sehr gern nach. Und fragen würde ich ihn nach dem Vorbild für den unkonventionellen Vater in „Danny, the Champion of the World“. Es ist eine warmherzige, zutiefst berührende Hommage an einen Vater, den Roald Dahl ja selbst nie hatte, weil sein eigener ganz früh gestorben ist. AS: Zunächst würde ich ihm für die wunderbaren Lesestunden danken, die sein Werk mir verschafft hat. Dann würde ich ihn fragen, was er von einem Buch über Eltern halten würde, die ihren Kindern alle Hindernisse aus dem Weg räumen, so dass diese weder Stolpern noch Aufstehen lernen, die ihre eigene Konfliktscheu als großzügige Antiautorität verkaufen und die digitale Nabelschnüre um die halbe Welt spannen, mit denen sie ihren heranwachsenden Kindern die Luft abschnüren.

T Bei früheren Übersetzungen

wurden bestimmte Textstellen ausgelassen. Sie hingegen haben komplett alles ins Deutsche übertragen. Warum sind Ihnen diese Lückenschließungen bedeutsam?

AS: Da geht es um Integrität dem Original gegenüber. Durch Weglassen beraube ich es ja eines Teils seiner Wirkung, womöglich sogar seiner Intention. Für vermeintlich unlösbare, nicht zu übersetzende Stellen zuletzt doch eine adäquate Lösung zu finden, fühlt sich großartig an. SL: Wenn man übersetzt, hat man natürlich den Anspruch, alles zu übersetzen, auch wenn es noch so knifflig ist. Eine große Herausforderung waren neben eigentlich unübersetzbaren Wortspielen die

„Matilda ist selbst Leserin, sie eröffnet sich

Gedichte. In Charlie gibt es viele und lange und auch in „James und der Riesenpfirsich“. Auf Englisch sind die einfach genial und dabei locker und leicht. Diese Leichtigkeit in das doch etwas sperrige Deutsch zu übertragen, war Herausforderung und Vergnügen zugleich. Besonders viel Spaß hat die Übertragung eines Liedes gemacht, das der Hundertfuß zum Besten gibt und in dem er beschreibt, was er alles an Leckereien verzehrt hat. Hier eine kleine Kostprobe:

die Welt mit Büchern.“

Vom Gürteltier die Schuppen, vom Schmetterling die Puppen, gehackten Knilch in Kokosmilch, pochierten Po vom Känguroh (da war mein Magen gar nicht froh)

T Was war für Sie das größte Vergnügen

beim Übersetzen?

AS: Die Gedichte und Dahls berüchtigte Wortspiele und Wortneuschöpfungen zu knacken. In Matilda gibt es ein sehr, sehr langes Gedicht, im Mister Fuchs ein paar knackige kurze. Wenn da beim Übersetzen Inhalt und Rhythmus sich die Hand geben, ist das eine große Belohnung.

T Wodurch ist Ihnen Matilda ans Herz

gewachsen?

AS: Matilda ist selber Leserin, sie eröffnet sich die Welt mit Büchern. Das hat mich sofort für sie eingenommen, denn so ein Kind war auch ich. Je mehr Weltwissen sie erlangt, umso weniger lässt sie sich herumstoßen. Außerdem gibt sie sich gar nicht erst mit Kinderkackabüchern ab, sondern geht gleich in die Vollen, weil sie sich nur dadurch ernstgenommen fühlt – ein für mich brandaktuelles Plädoyer Dahls dafür, Kinder nicht zu unterfordern.

EIN HOCH AUF DIE GRANDIOSEN ÜBERSETZER:INNEN

© Privat Andreas Steinhöfel Sabine und Emma Ludwig

This article is from: