IN MÜNCHEN 06/2022 - Stadtleben, Kultur und Programm von 1.06. bis 30.06.2022

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Redaktion_0622 25.05.2022 14:14 Seite 18

Kunst Rundgang

Erinnerung und Gegenwart Im Juni lehren uns Münchens Museen wie unser Gestern unser Heute formt

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ür Rosemary Mayer (1943–2014) – Künstlerin, Autorin, Übersetzerin – war die Bildhauerei ein Feld nahezu unbegrenzter Möglichkeiten, zu sehen in der Ausstellung Rosemary Mayer – Ways of Attaching im Lenbachhaus (11.6. – 18.9.). Mayers Objekte aus zarten Stoffen scheinen dem Gesetz der Schwerkraft zu trotzen. Ihre flüchtigen „Temporary Monuments”, Installationen unter freiem Himmel aus Luftballons und Schnee verkörpern Mayers eigenen Begriff einer sozialen und bewegten Plastik: „Das Kunstobjekt sollte nicht

starr, unbewegt und losgelöst von seinen Umständen sein. Nichts ist”, schrieb Mayer 1978. Durch die Linse der Kunst ihrer Zeit interpretierte Mayer unterschiedliche Traditionen und Genres und gab ihnen neue Form. In ihrem eigenwilligen Werk treffen die kühle Distanz des Minimalismus auf die manieristische Malerei, die Architektur des Barock und des Rokoko und die Texte mittelalterlicher mystischer Autor*innen sowie zeitgenössischer Dichter*innen. Diese Ausstellung bietet den ersten Überblick über das Schaffen der Künstlerin. Der Titel ist absichtsvoll zweideutig: „Attaching” Nathalie Grenzhaeuser, Geodetic Observatory bezeichnet ein Ver(aus der Serie ‚Coincidence’) knüpfen von Materialien, aber auch das Herstellen emotionaler Bindungen mit Freund*innen und Mitstreiter*innen aus Vergangenheit und Gegenwart, was so maßgeblich für Mayers Kunstverständnis war. Am Lenbach-

EN DETAIL

Future Bodies from a Recent Past ... Skulptur, Technologie, Körper seit den 1950er-Jahren. Vom 2.6. – 15.1.2023 im Museum Brandhorst — Die zeitgenössische Kunst ist geprägt von der Auseinandersetzung mit dem Verhältnis von Körper und Technologie. In vielen Kunstwerken der vergangenen Jahre bildet sich ab, wie wir uns und unsere Umgebung in der hoch technologisierten und vernetzten Gegenwart erleben. Doch dies lässt sich bis weit in das 20. Jahrhundert zurückverfolgen. Die Nachkriegszeit war gezeichnet von einem rasanten technologischen Wandel, der immer schon ideologisch instrumentalisiert wurde. Er stillte ebenso das Bedürfnis nach Neuem wie nach der Überwindung der Kriegstraumata. Gleichzeitig wurde Technologie zum Kristallisationspunkt für die Sorge vor globaler Bedrohung und für die Angst vor Veränderungen oder gar Kontrollverlust. In diesem breiten Spektrum von Zukunftseuphorie bis kritischer Distanznahme bewegte sich auch in der Skulptur die Auseinandersetzung mit neuen Technologien, die gleichermaßen Mittel der Emanzipation wie der Überwachung und (Fremd-)Steuerung sein können und das Ver30

Rosemary Mayer, Hypsipyle

haus liegt der Schwerpunkt auf Mayers skulpturalen Methoden wie Drapieren, Knoten, Spannen und Balancieren, welche sich metaphorisch durch das zeichnerische, geschriebene und performative Werk der Künstlerin bis in die 2000er Jahre ziehen. Für viele ein Sehnsuchtsort: Das Paris des Fin de Siecle. Dorthin entführt uns die Ausstellung La Bohème – Toulouse-

Lautrec und die Meister vom Montmartre im Künstlerhaus (24.6. – 14.8.). Die Ausstellung aus dem berühmten Musée d’Ixelles in Brüssel präsentiert das einzigartige lithografische Lebenswerk von Henri de Toulouse-Lautrec in Gegenüberstellung mit Arbeiten seiner Vorgänger und Zeitgenossen aus den Jahren 1885 bis 1900. So wird ein Dialog eröffnet, der es dem Besucher ermöglicht, das Lebensgefühl jener Zeit – der Belle Époque – nachzuempfinden und dabei die Ursprünge unserer heutigen Massenwerbung zu erfassen. Das Plakatwerk von Toulouse-Lautrec ist in Europa in nur

zwei Museumssammlungen vollständig vorhanden. Daher ist es etwas ganz Besonderes in dieser Schau das unvergleichliche Oeuvre – begleitet durch Arbeiten von Alfons Mucha, ThéophileAlexandre Steinlen, Pierre Bonnard und Felix Vallotton – lückenlos bestaunen zu können. Unterteilt in die Sektionen „Rampenlicht. Plakate für das Pariser Nachtleben”, „Lesefieber. Werbung für Bücher und Zeitschriften” und „Die Welt der Waren. Plakate für Konsum- und Gebrauchsgüter”, wird nicht nur das Paris von Toulouse-Lautrec in dieser Schau zum Leben erweckt, sondern auch das Paris seiner Vorgänger und Zeitgenossen. In der hauseigenen Lithografiewerkstatt werden begleitend zur Ausstellung Druckdemonstrationen angeboten. Künstler und Kulturschaffende sind wie Seismographen sich stetig wandelnder gesellschaftlicher Prozesse und Strukturen. Das gilt es in der Ausstellung Terra Infirma anhand dreier Gegenwartskünstlerinnen im Kunsthaus Kaufbeuren

ständnis von Körpern zutiefst beeinflussen. Auf zwei Etagen des MuBródno People von Paweł Althamer u.a. seums präsentiert „Future Bodies from a Recent Past“ nun erstmals einen strukturierten Bezugsrahmen für diese Erzählung, die von der Nachkriegszeit bis in die Gegenwart reicht. Dabei wird deutlich, dass sich die Skulptur in besonderer Weise dafür eignet, diese Veränderungen aufzugreifen und zu reflektieren. Denn sie ist nicht nur an sich schon ein Körper im Raum und damit eine Projektionsfläche für unsere eigene und wo enden unsere digitalen Verlängerungen Körperlichkeit. Sie teilt ihre Materialien und Pro- wie Computer oder Handy? Was bedeutet dies für duktionsweisen auch mit der uns umgebenden unsere Vorstellungen von Körperlichkeit und MaWelt. Diese Durchlässigkeit für Einflüsse von au- terialität? Und welche gesellschaftlichen Auswirßen zeigt sich auch in den Werken der Ausstellung. kungen haben diese Entwicklungen auf unser (kolSie unternimmt eine Reise durch Formen und Aus- lektives) Selbstverständnis? Diese und andere drucksweisen in der Skulptur, die sich in den letz- Fragen werden bei einem Besuch der Ausstellung ten 70 Jahren so stark gewandelt hat wie wohl nie anhand von Werken von Genpei Akasegawa, Paweł Althamer, Nairy Baghramian u.v.a. erörtert. zuvor in ihrer langen Geschichte. FRA N Z FURT N E R Wie hat sich das Verhältnis zwischen Mensch und Technologie seit den 1950er-Jahren verändert? Future Bodies from a Recent Past, Sind die Grenzen noch klar zu ziehen? Wo beginnen 2.6.2022 – 15.1.2023, Museum Brandhorst


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