Redaktion_0822 25.07.2022 15:00 Seite 40
Zugabe von Claudia Pichler
IMPRESSUM
Hundstage in München
— Hundstage, so heißen umgangssprachlich die heißesten Tage des Jahres im Juli und August. Normalerweise geht es zu dieser Zeit eher ruhig und gemütlich zu in München, fast ein bisserl lätschert. In diesem Jahr aber wuselt es zumindest im Juli außerordentlich. Man spricht schon vom neuen Advent im Sommer, so viel passiert gleichzeitig. Festivals, Konzerte, Open-Air-Kinos, Hochzeiten, Jubiläen und Feiern – alles, was in den letzten zwei Jahren kaum möglich war, kommt jetzt geballt daher. Darunter fallen erfreulicherweise auch einige Neueröffnungen im gastronomischen Sektor. Die mag ich persönlich besonders gern, weil das traditionell mit unterhaltsamen Gesprächen und vor allem Gratis-Drinks und Snacks einhergeht. Bei einem dieser Anlässe finde ich mich mit den üblichen Verdächtigen (liebevoll könnte man von „Freibierlätschn“ sprechen) in einer schicken Kellerbar wieder. Die Stimmung ist fröhlich, die Musik laut, das Licht angenehm schummrig. Ich halte mich strategisch in Barnähe auf und da sehe ich ihn: einen gstandenen Dackel. Auf Herrchens Arm schaut er sich ungläubig in der Menge der Feierlustigen um. Die dröhnende Musik zwickt sauber in den Zamperl-Ohrwascheln. Ich bin absolut hundevernarrt, deshalb nehme ich gleich Kontakt auf. Schwupps, der Dackel landet jetzt in meinen Armen, das Herrchen wollte nämlich eh grad Richtung Tanzfläche. Da stehen wir nun gemeinsam, er zitternd, ich irritiert. Who let the dogs out? Wer geht mit seinem Hund aus in eine Bar? Tatsächlich fällt mir das jetzt
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öfter auf, dass sich immer wieder Hunde unter Partygäste mischen. Das hat wohl mit der Pandemie zu tun. Es gibt so viele neue Wauzis, München erlebt einen Hunde-Boom. Klar, als das Tageshighlight während der Lockdowns der Spaziergang an der Isar war, war ein tierischer Begleiter Gold wert. Mit dem durfte man trotz Ausgangssperre nächtens durch die Stadt strawanzen. Und Homeoffice ist in Gesellschaft natürlich auch viel lustiger. Dass ein tierischer Kollege manch menschlichem vorzuziehen ist, wissen wir spätestens seit Kommissar Rex oder seit Oswald, dem Dackel von TatortOberinspektor Veigl alias Gustl Bayrhammer.
Schwupps, der Dackel landet jetzt in meinen Armen, das Herrchen wollte nämlich eh grad Richtung Tanzfläche Der Dackel gehört schon lange zu München. Charakterstark, zielstrebig, stur, eigensinnig – das passt ganz gut zum Münchner Gemüt. Die Wittelsbacher züchteten ihn, er war das It-Piece des Adels. Auch der grantige Herr Hirnbeiß, die gwamperte Erfindung von Karikaturistin Franziska Bilek, wurde von einem Dackel begleitet. Und Waldi, das erste Olympia-Maskottchen überhaupt, löste 1972 einen wahren Dackel-Hype aus. Heute ist der Dackel nach wie vor sehr beliebt. Allerdings stolpern die unterschiedlichsten Hunde-Rassen durch München. Alle Größen, Formen und Preisklassen sieht man, gern auch ganz junge Exemplare. Mei, liab sind die ja schon! Aber manch einer hat vielleicht
Aufwand und Kosten unterschätzt. Vor allem bei Hunden aus der Tierrettung weiß man vorher nicht, welche Tücken aus der Vergangenheit man heute mit Erziehung, Pflege oder Tierarztkosten ausbügeln muss. Das kostet viel Zeit, Geld und Fürsorge. Wenn es für den Hundehalter dann zurück ins Büro geht, kann es schon passieren, dass der Wuffi derweil allein daheim die Wohnung zerlegt. Dann muss er eben mit – auch auf jede Party! Der Dackel aus der Bar wurde mir übrigens noch vorgestellt, Hindemith heißt er. Ja, Hindemith! Sofort habe ich Gerhard Polt im Ohr. Der sucht nämlich in einer Bühnennummer als Hunde-Besitzer eine Urlaubsbetreuung für seinen Hindemith. Am Telefon will er den Herbert überzeugen, seinen Köter zu beherbergen. Leider wird er durch den umtriebigen Hindemith im Hintergrund immer wieder unterbrochen: „Hindemith! Hörst du auf!“ – „Was hast denn da an der Vitrine zu tun?“ – „Jetzt is er scho wieder am Perser!“ – „Ois verschissn.“ Kein Wunder also, dass Herbert lieber keine Zeit hat für den Hindemith. Vermutlich plagen einige Herrchen und Frauchen aktuell dieselben Sorgen. Wo hin mit dem Zamperl, wenn der IbizaUrlaub ansteht? Derzeit ist die Reiselust verständlicherweise groß, was das Chaos an Flughäfen und Bahnsteigen deutlich belegt. Bleibt nur zu hoffen, dass all die neuen Hunde in der Stadt da nicht auf der Strecke bleiben. Oder anders gesagt: Hoffentlich sind die Münchner Hunde auch nach den Hundstagen noch hier willkommen. Claudia Pichler ist Münchnerin und Kabarettistin. Sie hat ihre Doktorarbeit über Gerhard Polt geschrieben, was ihren pathologischen Hang zu Polt-Zitaten erklärt. Ihr Buch „Gerhard Polt und die anderen“ ist über ihre Webseite erhältlich. www.claudiapichler.com
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