Innsbruck informiert (Mai 2020)

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Stadtgeschichte Mit dem Einzug der US-amerikanischen Truppen (hier in der Höttinger Au auf dem Weg zur Universitätsbrücke) am 3. Mai 1945 ging die Schreckensherrschaft des NS-Regimes in Innsbruck endgültig vorüber.

Trauern im Krieg

I

m März 1945 fiel der Vater bei Danzig. Franz-Josef Witting aus Zirl erinnerte sich lebhaft an die Reaktion seiner Mutter und Oma, als die Nachricht eintraf: „Dieser Ausbruch von Leid, die Schreie des Elends der beiden Frauen! Niemals mehr habe ich so Schreckliches erlebt.“

Heldenbücher – Heldengedenken Die Partei organisierte mit der Gemeinde das Gedenken an die toten Soldaten. In Stams legte der Bürgermeister ein auf-

RCHIV/ST ADTMUSEU M © STADTA

Die meisten Menschen, ob in Zivil oder Uniform, starben 1944/45. Der Krieg war verloren, die Toten in den Tiroler Gemeinden nicht mehr zu zählen.

INNSBRUC

K

von Horst Schreiber

wendig gestaltetes Heldenbuch an. Er nahm alle Kriegsteilnehmer auf: mit Foto, Dienstgrad, Einsatzort, Auszeichnungen – und mit ihrem Heldentod. Als er selbst einrücken musste, war es mit dem Heldenbuch vorbei. Niemand wollte es mehr weiterführen. Ortsgruppenleiter und Gemeinde hielten beim Kriegerdenkmal und am Dorfplatz Heldengedenkfeiern ab, die Musikkapelle spielte, die Schützen marschierten auf. Die Trauerreden der Parteigenossen ertranken in kitschigen Meta-

phern, immer war der Tod des Gefallenen verbunden mit dem Aufruf zu weiterer Opfer- und Einsatzbereitschaft für Hitler, für Deutschland, für die Verteidigung der Heimat vor den westlichen Luftterroristen und der Bestie im Osten, für den in immer weitere Ferne rückenden Endsieg. Das ideologische Gestammel wirkte angesichts der steil ansteigenden Zahl an Toten abgedroschen, lächerlich, grotesk. Dennoch war vielen die Ehrung des Gefallenen, der musikalische Rahmen und das Antreten der Traditionsverbände ein Trost. Nicht nur den überzeugten Nazis.

Sterben für den Sieg und Großdeutschlands Zukunft

© GEMEINDEARCHIV FIEBERBRUNN

Anton Pinzger war Bauer, ihn schmerzten die Zerstörungen in den besetzten Gebieten. Er schrieb seinen Eltern nach Fiss, wie es nahe der lettischen Stadt Bauska nach dem Abzug der Wehrmacht aussah: die Ernte vernichtet, die Häuser zertrüm-

NS-Heldenehrung. Provisorisches Kriegerdenkmal in Fieberbrunn

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INNSBRUCK INFORMIERT


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