Zukunft Medizin – Forschung, Therapien, Versorgung

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OKTOBER 2014

Auch als APP für Smartphones & Tablets

DIGITALISIERUNG Doktor Computer Seite 8 BIOTHERAPEUTIKA Maßgeschneiderte Medizin Seite 10 KOMPLEMENTÄRMEDIZIN Mehr als Placebo Seite 16

ZUKUNFT

MEDIZIN Forschung, Therapien, Versorgung

» Z U K U N F T M E D I Z I N « i s t e i n e u n a b h ä n g i g e P u b l i k a t i o n d e s i n|p a c t m e d i a Ve r l a g s u n d e r s c h e i n t a l s B e i l a g e i n d e r Z E I T.


GRUSSWORT

in|pact media Verlag

Liebe Leserinnen, liebe Leser, die Gesundheit ist zwar nicht alles, aber ohne Gesundheit ist alles nichts. Dieser bekannte Aphorismus von Arthur Schopenhauer entsprang nicht allein theoretischen Erwägungen des Philosophen. Bevor er zum geschätzten Denker wurde, hatte sich Schopenhauer Gesundheitsstudien gewidmet: Der Danziger Kaufmannssohn war im Fach Medizin immatrikuliert, bevor er zur Philosophie umschwenkte. Seit Schopenhauers Zeit hat die Medizin unglaubliche Fortschritte gemacht. Vor 200 Jahren hatte der überwiegende Teil der Landbevölkerung überhaupt keinen Kontakt zu Ärzten. Stattdessen blühte das Geschäft anderer Heilkundiger, die sich „Bader“ nannten und meist noch andere Berufe ausübten. Der staatlich angestellte „Physikus“ wachte über die Einhaltung der MIRKO HEINEMANN Chefredaktion Medizinalordnung bei den wenigen Ärzten, die in den Städten tätig waren. Deren Spezialisierung begann erst im Lauf des 19. Jahrhunderts. Heute ist diese Spezialisierung so weit fortgeschritten, dass es bereits wieder eine Gegenbewegung gibt: Unter dem Begriff der „ganzheitlichen Medizin“ sollen nicht spezifische Beschwerden, sondern der Mensch „als Ganzes“ gesehen und behandelt werden. Innerhalb dieser Disziplin werden Heilverfahren wiederbelebt, die bereits Schopenhauer bekannt gewesen sein dürften. Und die sich zunehmender Beliebtheit unter den Patienten erfreuen. Viele schauen recht skeptisch auf diese Entwicklung, auch weil die mangelhafte Regulierung es Scharlatanen recht leicht macht. Da aber die Nachfrage stetig steigt, werden Kenntnisse in alternativen Disziplinen auch für Fachmediziner immer wichtiger. Dazu kommt: Je komplexer die moderne Medizin wird, desto wichtiger sind Vermittler, die jene Komplexität kenntnisreich einzuordnen verstehen. Ein Effekt könnte nicht zuletzt sein, dass die Integration von Methoden der modernen Pflanzenheilkunde, Pilates, Yoga oder Meditation in eine verbesserte Prävention mündet. Da wären wir wieder ganz bei Schopenhauer, der da schrieb: „Die größte Torheit ist, seine Gesundheit aufzuopfern.“ In diesem Sinne: Bleiben Sie bitte gesund!

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INHALT

Seite 3 Medizin der Vielfalt

Seite 8 Doktor Computer

Seite 16 Viel mehr als Placebo

Die Gesundheitswirtschaft wächst

IT durchdringt die Medizin

Wirksame Komplementärmedizin

Seite 4 Lass dich nieder!

Seite 10 Nicht von der Stange

Seite 18 Virtuelle Ärzte

Die eigene Praxis

Maßgeschneiderte Medikamente

Der Markt für Zweitmeinungen im Internet

Seite 6 Galerie

Seite 12 Forum der Akteure

Seite 19 Wechseljahre beim Mann?

Apps & Co.

Joachim M. Schmitt, BVMed Birgit Fischer, vfa Dieter Kempf, BITKOM

Zeit für ein neues Gesundheitsbewusstsein

Seite 6 Enorme Gründungsdynamik Start-ups in der Gesundheitswirtschaft

Seite 14 Innovationen für das Leben Hoffnungen in der Krebsmedizin

HINWEIS: Alle nicht mit dem Zusatz »Redaktion« gekennzeichneten Beiträge sind Auftragspublikationen und damit Anzeigen.

IMPRESSUM in|pact media GmbH Dircksenstraße 40 D-10178 Berlin T +49 (0) 30 80 20 86 – 530 F +49 (0) 30 80 20 86 – 539 E redaktion@inpactmedia.com www.inpactmedia.com

CHEFREDAKTION Mirko Heinemann (V.i.S.d.P.), Klaus Lüber (stellv.) PROJEKTLEITUNG Lilith Eitel ART DIREKTION / LAYOUT Denis Held

AUTOREN Philipp Grätzel von Grätz Mirko Heinemann Jürgen W. Heidtmann Moritz Kohl Yvonne Millar Ole Schulz Dr. Ulrike Schupp Julia Thiem LEKTORAT Agnieszka Kaczmarek

ILLUSTRATIONEN Chiara Lanzieri by Marsha Heyer www.marsha-heyer.de www.cargocollective.com/ chiaralanzieri DRUCK Axel Springer Druckhaus Berlin-Spandau

HERAUSGEBER Edi Karayusuf GESCHÄFTSFÜHRUNG Edi Karayusuf Sara Karayusuf Isfahani


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ZUKUNFT MEDIZIN

Mirko Heinemann / Redaktion

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rüher war alles einfacher, nicht wahr? Fühlte man sich nicht wohl, ging man zum Arzt. Der stellte die Diagnose und verschrieb ein Rezept. Der Befund wurde auf Latein oder Altgriechisch ausgestellt, Patienten mit Nachfragen ernteten strafende Blicke. Das kam selten vor. Die Urteile der „Halbgötter in Weiß“ wurden kaum je angezweifelt. Die Vergötterung der Ärzte ist aus der Mode gekommen, im gleichen Maß, wie das Selbstbewusstsein der Patienten gestiegen ist. Deren Wissen um die Zusammenhänge in der Medizin ist – mit dem Informationsangebot – massiv gewachsen. Das Aufkommen des Internets, die Möglichkeit, zu jeder Indikation auf Hintergrundinformationen und Online-Foren zugreifen zu können, hat vielfältige Zugänge zur Medizin geschaffen, in der das Leistungsangebot der Ärzte und der Krankenkassen nur einen Aspekt darstellt. Mit einem Arztbesuch ist es heute längst nicht mehr getan. Patienten nutzen interaktive Angebote, betreiben Prävention, pflegen einen bewussten Lebensstil und sind bereit, über den Kassenbeitrag hinaus in ihre Gesundheit zu investieren. Ist er also bereits Realität, der gerne als Leitbild dahingestellte „mündige Patient“, der seine Beschwerden mit dem Arzt auf Augenhöhe bespricht und anschließend auf dieser Basis mit entscheidet, wie seine Behandlung aussehen soll? 2013 wurden die Rechte der Patienten mit dem so genannten Patientenrechtegesetz gestärkt. Darin wurden die Pflichten der behandelnden Ärzte und seine Informationspflichten, Regeln zur Dokumentation der Behandlung und zum Einsichtsrecht der Patientin festgeschrieben. Sieben Jahre zuvor wurde die Unabhängige Patientenberatung Deutschland (UPD) ins Leben gerufen, finanziert von den Gesetzlichen Krankenkassen (GKV). Bei Fragen oder Problemen können sich Patienten an eine der 21 Regionalstel-

Eine Medizin der Vielfalt entsteht

Umsetzung der Patientenrechte wird zum Beispiel dann schwierig, wenn es um Fachärzte geht, wo generell mit langen Wartezeiten zu rechnen ist. Dann ist es oft kaum möglich, sich zeitnah noch eine zweite Meinung einzuholen. Gleiches gilt für ländliche und dünn besiedelte Gebiete, in denen schlicht kein zweiter Facharzt erreichbar ist“, so der Bericht. Nach Einschätzung der Berater falle es Patienten zudem schwer, ihre Rechte tatsächlich einzufordern. Eine Situation, die viele kennen mögen: „Es gehört viel Mut dazu, eine Einwilligungserklärung nicht zu unterschreiben oder den Arzt Die Gesundheitswirtschaft wächst mit Forderungen zu konfrontieren.“ exorbitant. Ein Grund: Die Patienten Die Richtung mag also eingeschlagen sein, doch nehmen die Verantwortung für ihre bis zum „mündigen Patienten“ ist der Weg noch weit. Unterstützung kommt seitens der zunehmend Gesundheit zunehmend selbst wahr. diversifizierten Gesundheitswirtschaft. Die wächst mit fast vier Prozent im Jahr exorbitant schnell. Mit einem Bruttoinlandsprodukt von elf Prozent, len wenden und sich dort unabhängig und kosten230.000 Betrieben, die im vergangenen Jahr 268 frei beraten lassen. Im vergangenen Jahr führte Milliarden Euro erwirtschaftet haben, zählt sie zu die UPD 80.000 Beratungsgespräche durch. Eine den wichtigsten Branchen in Deutschland. Immer anonyme Auswertung wird einmal im Jahr an den mehr Arbeitsplätze entstehen im GesundheitswePatientenbeauftragten der Bundesregierung übersen, im vergangenen Jahr arbeitete bereits jeder achmittelt, der daraus Schlussfolgerungen zu Problete Erwerbstätige im Gesundheitsbereich. men im Gesundheitswesen ziehen soll. Seit Einführung des Patientenrechtegesetzes, Das schnelle Wachstum erklärt sich zum großen so der Bericht eines modeTeil aus eben dieser gewachrierten Gruppeninterviews senen Verantwortungsbereitmit Beratern, habe sich die schaft der Patienten. Sie inve»Gesundheit ist ein Beratungstätigkeit der UPD stieren – oft unterstützt von wichtiges Thema im Alltag Prämienanreizen der GKV – verändert: So wüssten immer mehr Patienten, dass sie immer mehr in ihre Gesundgeworden.« bestimmte Rechte haben, sie heit. Gesundheit ist wichtiges seien sensibler für das TheThema im Alltag geworden, ma geworden, und viele Patienten würden nicht das im Übrigen auch die Arbeitgeber erkannt hamehr so lange warten wie früher, um sich Rat zu ben: Ein modernes Gesundheitsmanagement ist ein holen. Durch die mediale Berichterstattung sei wichtiges Kriterium, mit dem sich Arbeitgeber im auch das Bewusstsein bezüglich der eigenen RechWettbewerb um Fachkräfte von ihren Mitbewerte und Möglichkeiten gewachsen. bern absetzen können. Der ergonomisch optimierte In der Praxis stelle sich dann aber häufig heArbeitsplatz, der Betriebsarzt, die Finanzierung von raus, dass Patienten auf Hindernisse stoßen, die Gesundheitsangeboten, Fitnessprogrammen, die sie an der Ausübung ihrer Rechte hindern: „Die Ausschreibung von Prämien – das gehört bei TopArbeitgebern inzwischen zur Pflichtausstattung. Ein weiterer Wachstumsmarkt ist das mobile Internet. Was unter dem Begriff Telemedizin schon seit vielen Jahren durch die Medien geistert, ist heute Realität. Robotergestützte Operationsverfahren, die aus der Ferne von einem Arzt ausgeführt und kontrolliert werden, gibt es bereits, etwa in der Krebschirurgie. Auch die kardiologische Fernüberwachung von Patienten etwa mit chronischer Herzinsuffizienz wird schon durchgeführt. Was bislang fehlt, sind einheitliche Standards und Schnittstellen und Klarheit bei der Kostenübernahme der GKV. Dies jetzt endlich zu ändern, versprach Gesundheitsminister Hermann Gröhe. Er werde den Entwurf für ein so genanntes E-Health-Gesetz noch 2014 vorlegen, erklärte der Minister anlässlich eines Besuchs im Universitätsklinikum Carl Gustav Carus in Dresden. Die Uniklinik Dresden gilt als Vorreiter in der Telemedizin – einer Wachstumsbranche ohnegleichen. Immer mehr Unternehmensgründer spezialisieren sich auf mobile Anwendungen, die als Hardwarebasis das Smartphone oder Tablet nutzen. Das beginnt bei der einfachen BlutdruckApp und geht hin zur professionellen Software zur Verwaltung von Patientendaten in Krankenhäusern. In Zukunft wird auch aus der Medizin das Smartphone nicht mehr wegzudenken sein. Die Möglichkeiten der Patienten erweitern sich damit noch einmal exponentiell. Der „mündige Patient“ rückt in greifbare Nähe.


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wie abschließbare Kleiderschränke für die Mitarbeiterinnen. Auch Olaf Neumann musste die gealterten Praxisräume renovieren und während der langen Umbauphase das Personal weiter bezahlen. Insgesamt kostete ihn die Niederlassung mehr als 200.000 Euro. „Stadt, KV und Politik haben mich zwar emotional total unterstützt, aber finanziell war ich auf mich allein gestellt“, sagt der Arzt – Zuschüsse von Stadt oder Region erhielt er nicht. Einen Kredit bekam der Kinderarzt dafür ohne Probleme. „Ich bin gut vorbereitet zur Bank gegangen, mit schlüssigem Konzept und den betriebswirtschaftlichen Zahlen meines Vorgängers“, erzählt er. Für die teure neue Einrichtung musste dann nur noch jemand haften – also schloss Neumann Versicherungen ab, die ihm völlig neu waren. Zusammen mit Steuerberater und Versicherungsökonomin kümmerte er sich unter anderem um Praxisinventarversicherung, Praxisgeräteversicherung und Praxisausfallversicherung. ÄRZTE SIND AUCH UNTERNEHMER Spätestens jetzt sind niedergelassene Ärzte auch Unternehmer. „Wir Ärzte sind so sehr in unserem Fach spezialisiert, dass wir vieles andere erst lernen müssen“, sagt Serpil Öcal. „Personalführung, wirtschaftliche Belange, ein Corporate Design für Homepage und Flyer – und dann kommt so etwas wie eine astronomisch hohe Betriebskostenabrechnung.“ Die Abrechnung war vermutlich ein Fehler Die eigene Praxis – für diesen Traum müssen Ärzte bereit sein. der Verwaltung. Einen Rechtsanwalt musste die Sie werden sich mit bislang unbekannten Verordnungen, Versicherungen Ärztin trotzdem anheuern, für viel Geld. und Problemen beschäftigen müssen. Ihre erste Mitarbeiterin entließ Öcal schon nach wenigen Wochen, weil das Vertrauen fehlte. „Gerade am Anfang, wenn alles noch holprig läuft, ist die Suche nach Ersatz schwierig“, sagt sie. Doch vor zehn Jahren, als ihr Fachgebiet noch nicht vom Moritz Kohl / Redaktion eine befreundete Personalberaterin half bei StellenBedarfsplan begrenzt war. ausschreibungen und Bewerbungsgesprächen. Jetzt unge Ärzte wollen nicht aufs Land. Das sagt arbeitet in der Praxis eine studierte VerwaltungsPRAXIS EINRICHTEN zumindest die Statistik: Arztpraxen konzenkraft, mit der zusammen die Ärztin zwei Arzttrieren sich auf die Stadt und fehlen in den helferinnen ausbildet. Eigentlich wollte die ÄrzteMit der Zulassung in der Tasche ist ein Umzug Dörfern. Während die Bundesregierung finanzikammer ihr ohne ausgebildete Arzthelferin in der von der Praxisgemeinschaft in die eigene Praxis elle Anreize für angehende Landärzte plant, stePraxis nur eine Auszubildende erlauben. Doch Öcal kein Problem – wenn man im selben Planbezirk hen junge Mediziner vor der Wahl: nach Uni und hat einen Weg gefunden: „Die beiden wechseln sich bleibt und der KV einen Mietvertrag vorlegen Ausbildung an der Berliner Klinik in die Provinz ab mit Berufsschule und Arbeit, die Ärztekammer kann. „Es gibt eine Menge Auflagen, da ist die nach Vorpommern? Oder auf die Zulassung in gut hat zugestimmt.“ Mittlerweile ist das Team eingeAuswahl an Immobilien sehr beschränkt“, erzählt versorgten Gebieten hoffen und die Konkurrenz in spielt und die Ärztin genießt ihre Selbstständigkeit: Öcal. „Vor allem sollten die Räume barrierefrei Kauf nehmen? „Ich kann Arbeitsumfeld und Atmosphäre nach zugänglich sein.“ Als die Ärztin die passenden Egal ob Stadt oder Land, viele oder wenige Prameinem Stil gestalten – es macht Spaß, so zu arbeileerstehenden Praxisräume gefunden hatte, nahm xen – hört ein älterer Arzt auf, kann ein jüngerer ten und damit erfolgsie einen Kredit auf, beKollege die Zulassung übernehmen. Diesen Weg reich zu sein.“ sorgte Geräte und Softwählte Olaf Neumann. Er verließ seinen Posten als Olaf Neumann hat ware und machte sich Oberarzt in einer Kinderklinik für eine Praxis für WAS MACHEN SIE ALS ARZT ebenfalls wieder den zusammen mit ihrem Kinder- und Jugendmedizin in Wunstorf, in der BEI DER NIEDERLASSUNG? medizinischen Betrieb Mann an den Umbau. Nähe von Hannover. „Konkurrenz hatte ich dabei aufgenommen, nachDie Praxiseinricheigentlich keine“, sagt er. „Wunstorf ist eine aufSie absolvieren eine Weiterbildung dem er ein halbes Jahr tung stellte Öcal und strebende Region mit vielen jungen Familien, viele zum Facharzt, in der Regel in einer Klinik mit Planung, Umbau Neumann dann vor Kollegen wollen aber lieber nach Hannover.“ Neuund Betriebswirtschaft einer Fülle von Gesetmann reichte den mit dem Vorgänger abgestimmSie wählen einen Standort und suchen zugebracht hat. Am zesvorgaben. Desinten Abnahme-Vertrag, Approbation und Zeugeine Immobilie oder eine Praxis, die Sie 1. September öffnete die fektionsmittel müssen nisse bei der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) übernehmen können Praxis ihre Pforten, die datiert und nach sechs Niedersachsen ein und bekam seine Zulassung. Sie bewerben sich auf Zulassung bei Eltern der kleinen PaMonaten ausgewechselt Wird keine Praxis frei, können Ärzte auch eine der Kassenärztlichen Vereinigung Ihres tienten sind informiert, werden. Patienten müsneue gründen. Welche Fachärzte dafür in welBundeslandes. der Terminkalender sen im Behandlungschen Regionen zugelassen werden, entscheiden die ist bereits voll. Für den zimmer die Arme ausKVen der Länder. Ausschlaggebend ist, wie gut Sie planen Renovierungen, Praxiseinrichtung, Versicherungen, Personal und Kinderarzt eine aufbreiten und sich einmal der Bezirk schon versorgt ist. Seit 2013 gilt die so Finanzierung und beachten dabei die regende Zeit. „Ich bin herumdrehen können, genannte Bedarfsplanung auch für Fachärzte aus gesetzlichen Vorgaben froh, mich jetzt um ohne elektrische Geräte der Gruppe der gesonderten fachärztlichen VerEltern und Kinder zu zu berühren. Lüftung, sorgung wie Pathologen und TransfusionsmediziSie eröffnen die Praxis und machen sie kümmern und wieder Kühlschränke und ner. Für Serpil Öcal kein Problem – die KV Berlin bekannt bei Gesundheitsamt und Patienten Mediziner sein zu könWaschbecken im Laverlieh der Ärztin die Zulassung auf dem Gebiet nen.“ bor sind ebenso geregelt der Physikalischen und Rehabilitativen Medizin

Lass dich nieder!

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ZUKUNFT MEDIZIN

— Beitrag COMMERZBANK —

Bankberatung auf Augenhöhe Ärzte sind eine spezielle Kunden-Klientel. Das weiß man bei der Commerzbank und hat deshalb ein eigens auf ihre Bedürfnisse zugeschnittenes Beratungskonzept entwickelt.

Herr Sieber, was macht Ärzte als Bankkunden besonders?

Kompass betrachten sie die private Seite. Auf Basis dieser beiden Beratungsinstrumente erhalten unsere Berater ein gutes Gesamtbild. Daraus können sie fundierte Handlungsempfehlungen ableiten und mit den Kunden gemeinsam Lösungen erarbeiten, die auf ihre individuellen Ziele und Wünsche ausgerichtet sind.

Die Heilberufe-Branche ist sehr komplex. Entsprechend möchten Ärzte nicht nur einen persönlichen Ansprechpartner, dem sie vertrauen können. Ihr Berater muss sie kompetent und KARSTEN SIEBER Vertriebsmanageauf Augenhöhe beraten Leiter ment Business Banking können, also eine gute Commerzbank Branchenkenntnis mitbringen. Themen wie Absicherung, Und das unterscheidet die CommerzÖkonomie und Abrechnungswesen bank von anderen Geldinstituten? der eigenen Praxis spielen in der Wir sind davon überzeugt, dass Beratung eine wichtige Rolle. Denn wir uns mit unseren spezialisierten rund 50 Prozent aller Ärzte entscheiBeratern, die wirklich auch die Spraden sich im Laufe ihrer Karriere für che der Ärzte sprechen, von anderen die Selbstständigkeit – sei es in Form Wettbewerbern abgrenzen können. einer Praxis-Neugründung oder Darüber hinaus sind wir bundesweit -übernahme. Allerdings verfügen mit unserem breiten Filialnetz idedie wenigsten Ärzte schon über ausal aufgestellt, um die Kunden auch reichend Kapital für ihre Existenzdirekt vor Ort zu erreichen. Doch gründung, da die Ausbildung sehr damit geben wir uns noch nicht zeit- und kostenintensiv ist. Im Lauzufrieden, wir wollen mehr als nur fe des Lebenszyklus ändert sich das Finanzdienstleister sein. Deshalb jedoch. Dann sind Kredite zurückbieten wir Ärzten mit dem Informabezahlt und Themen wie privater tionssystem „MedMaxx“ und dem Vermögensaufbau und AltersvorFortbildungsportal „MedLearning“ sorge rücken stärker in den Fokus. zusätzliche Unterstützung an. Kurz: Will man Partner an der Seite dieser Kunden-Klientel sein, muss Was verbirgt sich dahinter? man diese Besonderheiten kennen. Als Bank bieten wir Ärzten natürlich das volle Leistungsspektrum aus einer Hand: die professionelle Wie stellen Sie diesen hohen BeraAbwicklung des Zahlungsverkehrs, tungsanspruch von Ärzten sicher? maßgeschneiderte Finanzierung, Etwa 150 unserer rund 2.000 individuelle Absicherung spezieller Geschäftskundenberater sind auf Risiken oder die optimale Anlage Heilberufe spezialisiert. Das beder Liquidität im und für das Undeutet, dass sie über die notwendige Branchen-Expertise verfügen, um ternehmen. Darüber hinaus erforökonomische Zusammenhänge der dert die Selbständigkeit aber auch Branche zu kennen und zu versteeine Menge organisatorisches und betriebswirtschaftliches Know-how. hen. Dabei ist es wichtig, sowohl Es ist wichtig, dass eine Praxis von die private als auch die geschäftliche Anfang an vor allem aus wirtSituation gleichermaßen zu berücksichtigen. Unseren Beratern stehen schaftlicher Sicht erfolgreich gedafür zwei Tools zur Verfügung: führt wird. Und dafür sorgen wir Mit dem GeschäftskundenKompass mit „MedMaxx“. können sie die geschäftliche Finanzsituation systematisch und effiziKönnen Sie das näher erläutern? ent analysieren, mit dem Kunden„MedMaxx“ bieten wir unseren

Kunden im Rahmen einer Kooperation mit Prof. Dr. Wolfgang Merk an. Er ist Experte, wenn es um die Bewertung von Unternehmen im Gesundheitswesen und Praxen geht. Mit „MedMaxx“ haben unsere spezialisierten Berater Zugriff auf über 2.000 Analysen von Praxen und Unternehmen sowie aktuelle ökonomische Daten und Fakten aus nahezu allen Bereichen der Gesundheitsbranche. Unsere Berater können beispielsweise im Rahmen einer Praxisanalyse beurteilen, wie hoch die Kosten einer Praxis im Vergleich zum Durchschnitt sind und wie viel Potenzial noch im Hinblick auf Optimalwerte vorhanden ist. Somit bieten wir unseren Kunden Hilfestellungen bei der wirtschaftlich effizienten Führung ihrer Praxis, können eventuelle Schwachstellen identifizieren und Abläufe optimieren – ein großer Mehrwert für viele unserer Kunden. Und „MedLearning“?

Dabei handelt es sich um ein kostenfreies Portal für zertifizierte Online-Fortbildungen. Ärzte können sich dort im Rahmen des gesetzlich geforderten Nachweises fortbilden und CME-Punkte sammeln. Wir arbeiten bereits seit 2010 mit „MedLearning“ zusammen und bieten mittlerweile fünf Fortbildungsmodule an.

mittlerweile schon von rund 20.000 unserer Kunden absolviert. Das zeigt deutlich, dass wir hier einen weiteren Mehrwert für die Ärzte schaffen. Letzte Frage: Haben Sie noch einen heißen Tipp an Ärzte für die private Vermögensanlage?

Im aktuellen Zinstief eine berechtigte Frage. Wer verhindern will, dass sich die Kaufkraft seines Vermögens langfristig verringert, muss zumindest einen Teil in Wertpapieren anlegen. Aber nicht jeder hat die Zeit, sich um sein Wertpapier-Depot zu kümmern. Deswegen empfehle ich unsere mehrfach ausgezeichnete Vermögensverwaltung. Dabei wird das Vermögen professionell von einem Expertenteam aus Portfoliound Risikomanagern betreut – nach den Vorgaben des Kunden und auf Basis des individuellen Risikoprofils. Damit brauchen unsere Kunden eben nicht jedem "heißen Anlagetipp" hinterherzurennen, sondern können sich auf ihre Praxis konzentrieren.

Welche Fortbildungen sind das?

Natürlich fokussieren wir uns hier auf Themengebiete innerhalb unseres Kompetenzbereichs. Ein Schwerpunkt stellt das Qualitätsmanagement in der Praxis dar. Hierzu haben wir drei Module entwickelt – von den Grundlagen, über ein QualitätsmanagementHandbuch, bis hin zu einer patientenorientierten Praxisorganisation. In zwei weiteren Modulen können sich unsere Kunden in finanz- und erfolgswirtschaftlichen Grundlagen sowie im Rechnungswesen weiterbilden. Und das Angebot kommt an?

Absolut. „MedLearning“ gehört in Deutschland zu den führenden Anbietern von Online-Fortbildungen für Ärzte. Über 53.000 Mediziner nutzen das Portal regelmäßig mit steigender Tendenz. Und auch unsere fünf Module wurden

www.commerzbank.de/aerzte cme.medlearning.de/commerzbank.htm


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Enorme Gründungsdynamik

GALERIE

Apps & Co. Advanova Das junge Unternehmen aus Erlangen hat eine elektronische Patientenkurve entwickelt, die von Krankenhäusern und anderen Einrichtungen zur Visite, Dokumentation und Information genutzt wird. Die Kurve kann auf digitalen Geräten, auch auf Tablets abgebildet werden und ist damit hochmobil und flexibel. Damit kann die papiergebundene Patientenkurve komplett abgelöst werden.

Klara Dieser medizinische Online-Service zur Früherkennung und Einschätzung von Hautproblemen wurden von zwei Berlinern gegründet. Patienten können auffällige Hautpartien mit ihrem Smartphone fotografieren und von Hautärzten begutachten lassen. Für eine feste Gebühr von 29 Euro bekommen sie eine Begutachtung von einem echten Hautarzt.

PocketAid Dieses ganz junge Start-up möchte erreichen, dass die Zeit im Wartezimmer des Arztes besser genutzt wird. Mittels Smartphone können Patienten Angaben zu ihrer Krankengeschichte machen und Fragen über ihren Gesundheitszustand beantworten. So entsteht mit der Zeit eine elektronische Patientenakte, die ärztliche Betreuung effektiver macht.

OneLife Die mobile Gesundheitsplattform in Verbindung mit einer privaten Cloud vereint einen medizinischen Ausweis und eine Chronik sowie eine Kommunikationsanwendung zwischen Arzt und Benutzer, zum Beispiel zur Terminvereinbarung, Diagnose und Therapie. Insbesondere Patienten mit Gewichtsproblemen, chronischen Erkrankungen und Schwangere werden unterstützt.

NeuroNation Mit dem von zwei Berlinern entwickelten Gehirnjogging soll das Arbeitsgedächtnis verbessert werden, das in direktem Zusammenhang mit der Intelligenz steht. Die Gehirnjogging-Übungen basieren auf Studien aus der Gehirnforschung, die an Einrichtungen wie dem Max-Planck-Institut für Bildungsforschung durchgeführt werden.

MySugr Ziel des österreichischen Start-ups ist es, das Leben von Menschen mit Diabetes weltweit zu verbessern. So soll etwa das Blutzuckertagebuch durch einen „Diabetes Companion“ aus einer Smartphone-App ersetzt werden. Er motiviert durch Gamification-Tools und hilft, alle wichtigen Daten aus dem DiabetesAlltag zu dokumentieren.

Am Anfang stand die Theorie der Thermophorese. Sie besagt, dass aneinander gebundene Moleküle sich anders bewegen als getrennte, wenn man sie Temperaturunterschieden aussetzt. Damit verändert sich auch das fluoreszierende Licht, das jedes Molekül abstrahlt. Praktisch nachweisbar war dies nicht. Bis Stefan Duhr und Philipp Baaske kamen. Jürgen W. Heidtmann / Redaktion

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wei Jahre lang bastelten sie an einem Prototypen, der in der Lage war, diese Veränderungen darzustellen. Rund 30 Prototypen verkauften die Gründer, bevor sie in Serie gingen. Heute heißt ihr Unternehmen NanoTemper Technologies und ist nicht nur mit dem Deutschen Gründerpreis ausgezeichnet, sondern auch sehr erfolgreich. Die vier verschiedenen NanoTemper-Modelle kosten zwischen 100.000 und 300.000 Euro. Praktisch jede namhafte deutsche und ausländische Universität hat ein Gerät der Münchner im Labor stehen, darunter so bekannte Namen wie die Harvard Medical School und die University of California, San Francisco. Auch große internationale Pharmakonzerne wie Boehringer Ingelheim oder Sanofi nutzen das Verfahren. Denn das NanoTemper-Verfahren ist vor allem in der Pharmaforschung interessant. „Man kann so prüfen, ob eine neu entwickelte Substanz überhaupt an den kranken Zellen andockt, denn nur dann kann sie auch wirken“, so Stefan Duhr. Daneben hat die Methode praktische Vorteile: Die Tests dauern nur wenige Minuten und sind näher an realen Bedingungen als bisher, weil die Substanzen in körperähnlichen Flüssigkeiten gelöst sind. Start-ups wie NanoTemper stehen für einen Trend: Die Gründungsdynamik in der deutschen Gesundheitswirtschaft ist enorm. In klassischen Forschungssparten ist ein starkes Innovationspotenzial zu verzeichnen, und die gesellschaftliche Entwicklung unterstützt den Trend. Mit dem zunehmenden Gesundheitsbewusstsein und der alternden Gesellschaft sind viele Patienten bereit, für Prävention und Gesundheit auch privat zu zahlen. So ergeben sich neue Marktchancen für innovative Start-ups mit Technologien und Geräten, die einfach von unterwegs oder von zu Hause zu bedienen sind. Die Gesundheitswirtschaft entwickele sich „immer mehr vom Kostenfaktor zum eigenständigen Wachstumstreiber“, erklärte BDIPräsident Ulrich Grillo 2013 in einem Grundsatzpapier. Einer der wichtigsten Investoren in junge Unternehmen hierzulande ist der High-Tech Gründerfonds, der nach dem Modell eines Public-Private Partnership konzipiert ist. Er investiert Risikokapital in Technologie-Unternehmen, die vielversprechende Forschungsergebnisse unternehmerisch umsetzen. Neben dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie ist die KfW-Bankengruppe und 18 Wirtschaftsunternehmen aus der Gesundheitswirtschaft beteiligt. Der Fonds beteiligt sich anfangs mit 500.000 Euro. Insgesamt stehen bis zu zwei Millionen Euro pro Unternehmen zur Verfügung. Unterstützt werden Erfindungen wie die der Bomedus GmbH, die Patienten mit wiederkehrenden Rückenschmerzen mit Hilfe eines neuartigen Rückenbandes mit eingebauter elektromechanischer Schmerzunterdrückung hilft. Oder die PersonalMedSystems GmbH, die ein Elektrokardiogramm (EKG) als handliches Gerät für zu Hause entwickelt hat. Die Daten werden in Echtzeit an den behandelnden Arzt übermittelt, was durch eine sofortige Diagnose Leben retten kann. Oder die Assistenzsysteme der exelonix GmbH für Senioren und pflegebedürftige Menschen, die über ein Tablet bedient werden können. Die Gründungsdynamik hat weitere Investoren auf den Plan gerufen – wie den Berliner Investmentfonds XLHEALTH, der in Lösungen investiert, die zur „evolutionären Verschmelzung von medizinischem Wissen in Kombination mit IT-Lösungen zum Erhalt und zur Verbesserung menschlicher Gesundheit“ beitragen, so die Selbstdarstellung des Unternehmens. Angesichts dieser Entwicklung kritisiert der Hightech-Verband Bitkom die Pläne der Bundesregierung, die Finanzierungsmodelle Crowdinvesting und Crowdfunding gesetzlichen Beschränkungen zu unterwerfen. Bisher können Gründer auf Online-Plattformen wie Companisto, Innovestment oder Seedmatch ihre Geschäftsmodelle unbürokratisch vorstellen und bei vielen Geldgebern meist geringe Einzelbeträge einsammeln, um ihre Idee zu realisieren. Das neue Gesetz, das zum Schutz von Kleinanlegern gedacht ist, sieht vor, dass Start-ups vor Crowdinvesting- und Crowdfunding-Runden ein Informationsblatt erstellen und bei der Finanzaufsicht hinterlegen müssen. Die Geldgeber wären gezwungen, bereits ab einer Beteiligung von nur 250 Euro diese Information auf Papier auszudrucken und unterschrieben per Post an das Start-up oder die Crowdinvesting-Plattform zurückzusenden. „Die neuen bürokratischen Hürden für Crowdinvesting und Crowdfunding machen es schwieriger und teurer, Geldgeber und Investoren zu finden, ohne Anleger besser zu schützen, so Bitkom-Hauptgeschäftsführer Bernhard Rohleder. Das widerspreche dem erklärten Ziel der Bundesregierung, Start-ups in Deutschland zu fördern.


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ZUKUNFT MEDIZIN

— Beitrag BERLIN PARTNER —

Am Puls der Gesundheitsbranche Unternehmen der Gesundheitswirtschaft wissen längst um die Vorzüge der Hauptstadtregion. Mit der Health Week soll nun auch die breite Öffentlichkeit mehr erfahren „Man kann vielleicht sagen, dass wir mit der richtigen Idee am richtigen Ort waren“, sagt Sonja Jost, Geschäftsführerin der DexLeChem GmbH, fast schon bescheiden. In Wahrheit verbergen sich hinter dem Berliner Start-up Innovationskraft, Pioniergeist und unternehmerischer Mut. Den Gründern von DexLeChem ist es gelungen, industriell genutzte chirale Edelmetallkatalysatoren in wässrigen Systemen einzusetzen und unmodifiziert wiederzuverwenden. Solche Katalysatoren werden etwa für die Produktion von Duft- und Pharmawirkstoffen benötigt und wurden bisher in erdölbasierten Lösungsmitteln hergestellt. Entsprechend groß ist der Nachhaltigkeitsaspekt bei dem von DexLeChem entwickelten Verfahren, das zudem auch die Produktionskosten deutlich senkt. Dennoch ist es sicherlich kein Zufall, dass das Start-up gerade in Berlin so erfolgreich ist. Denn die Region Berlin-Brandenburg ist

international einer der führenden Standorte in den Bereichen Life Sciences, Gesundheitswirtschaft und -versorgung. Dabei spielt natürlich die einzigartige Forschungs- und Kliniklandschaft eine entscheidende Rolle – ebenso wie der Zugang zu hochqualifizierten Arbeitskräften.

Im wahrsten Sinne am Puls der Gesundheitswirtschaft – die Region Berlin-Brandenburg

Das weiß auch Matthias Reinig, Unternehmenssprecher bei Takeda Deutschland: „Als Pharmaunternehmen beschäftigen wir viele Spezialisten aus unterschiedlichen Fachgebieten wie der Gesundheitsökonomie oder der Medizin. Insgesamt sind wir zufrieden mit der Bewerbersituation, zumal auch nicht-Berliner inzwischen gerne nach Berlin kommen, um hier zu leben und zu arbeiten.“ Aktuell sind in der Region über 300.000 Beschäftige in der Gesundheitswirtschaft tätig. Mit etwa 19 Milliarden Euro Umsatz im Jahr 2011 ist die Branche zudem ein wichtiges Standbein für die Wirtschaft. Entsprechend groß ist der Einsatz, diesen so wichtigen Wirtschaftszweig sowie den Standort weiter auszubauen. Hierfür sorgt zum Beispiel die Berlin Partner für Wirtschaft und Technologie GmbH als Clustermanager. Neben zahlreichen Initiativen und Hilfestellungen für Unternehmen gilt es, die vielfältigen

Facetten der Gesundheitsregion auch der breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Deshalb findet in diesem Jahr auch bereits zum zweiten Mal die Health Week statt. Vom 13. bis 22. Oktober präsentieren sich in Berlin und Brandenburg Unternehmen, Krankenhäuser und Organisationen mit verschiedenen Veranstaltungen, Informationsangeboten und Aktivitäten, die zum Mitmachen und Testen einladen sollen. Für Sonja Jost ist dies eine gute Gelegenheit, ihr Chemie-Start-up einmal von einer anderen Seite zu präsentieren: „Viele Menschen haben nicht unbedingt positive Assoziationen, wenn sie an Unternehmen der Chemie- oder Pharmabranche denken. Wir möchten zeigen, dass es heute möglich ist, hochwertige Medikamente nachhaltig und sogar deutlich kostengünstiger zu produzieren.“ Mit mehr als 300 Veranstaltungen war die Health Week im vergangenen Jahr ein voller Erfolg. Und auch in diesem Jahr sollte man sich diesen einmaligen Einblick in einen ebenso spannenden wie zukunftsweisenden Wirtschaftszweig nicht entgehen lassen.

www.health-week.de

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Doktor Computer

IT durchdringt die medizinische Versorgung. Neben der Telemedizin sind mobile Anwendungen und Big DataAnalysen im Kommen. Philipp Grätzel von Grätz / Redaktion

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n den 80er und frühen 90er Jahren des 20. Jahrhunderts waren Ärzte in Deutschland bei der Nutzung von Informationstechnik eine globale Avantgarde. In kaum einem anderen Land wurden digitale Informationssysteme, die damals noch „Praxis-EDV“ hießen, so rasch in den Alltag der Arztpraxen integriert. Diese Vorreiterrolle hat man freilich mittlerweile eingebüßt. Bei den großen Trendthemen der Gesundheits-IT geben überwiegend andere Länder den Ton an. Ein Beispiel: Nicht nur bei Retailern und Banken, auch im Gesundheitswesen sehen Experten Potenziale für IT-Anwendungen, die große Mengen an digitalen Daten in nahezu Echtzeit auswerten. Diese „Big Data“-Analysen können zum Beispiel im Krankenhaus zum Risiko-Screening eingesetzt werden. So gibt es IT-Module, die anhand von Patientendaten unterschiedlicher Quellen berechnen, wie wahrscheinlich es ist, dass ein Patient nach einer Hüftoperation Komplikationen entwickelt. Auch das Risiko einer lebensbedrohlichen Sepsis lässt sich mit Hilfe von Big DataAnalysen abschätzen. „Solche Werkzeuge können helfen, zu entscheiden, wer ein paar Tage länger im Krankenhaus bleiben sollte, oder bei wem Präventionsmaßnahmen erforderlich sind, um Infektionen zu vermeiden“, sagt Ralf Klein, DeutschlandGeschäftsführer des aus einem Joint Venture von GE und Microsoft hervorgegangenen Unternehmens Caradigm. Noch größer könnte der Nutzen von Big Data außerhalb des Krankenhauses sein. Krankenkassen könnten Menschen mit erhöhtem Risiko für chronische Erkrankungen identifizieren. Sie könnten die Wirksamkeit von Präventionsprogrammen evaluieren und die Maßnahmen auf diese Weise stärker auf den Einzelnen zuschneiden. Das ist freilich leichter gesagt als getan, denn in Deutschland sind derartigen IT-Projekten von Kostenträgern enge Grenzen gesetzt. Die meisten aktuellen Beispiele für bevölkerungsbasiertes Gesundheitsmanagement unter Einsatz von Big Data-Technologien kommen aus den USA. Etwas weiter vorn ist Deutschland bei den mo-

wurden Ärzte und Krankenkassen Anfang 2012 bilen, Smartphone-basierten Gesundheitsdiensten, im GKV-Versorgungsstrukturgesetz dazu verdonin der Branche oft mHealth genannt. Für einige nert, sich endlich über eine reguläre Erstattung Furore hat das Berliner Start-up goderma gesorgt, telemedizinischer Leistungen zu verständigen. das sich jüngst in Klara umbenannt hat. Es hat Passiert ist seither freilich nichts. Das war einer eine App entwickelt, bei der Patienten mit Hautder Gründe, die Bundesgesundheitsminister Herbefunden sich gegen eine geringe Gebühr Hilfe mann Gröhe im Sommer 2014 dazu veranlassten, vom Experten einholen können. Innerhalb eines ein E-Health-Gesetz anzukündigen. Dem digiJahres wurde sie 120.000 Mal heruntergeladen. tal fußlahmen deutschen Gesundheitswesen soll Jetzt expandiert das Unternehmen in die USA, wo einmal mehr gesetzlich auf die Sprünge geholfen die bekannte Mount Sinai-Klinik in New York die werden. Erste Verzögerungen deuten sich freilich App systematisch einsetzen will, um die dermatoauch hier bereits an. Ursprünglich sollte der Refelogische Versorgung effektiver zu gestalten. „2017 rentenentwurf im Herbst 2014 vorgelegt werden. wollen wir über 10.000 Ärzte unter Vertrag haben Jetzt soll es frühestens Ende des Jahres so weit sein. und über eine Million Patienten mit ihnen verbinSpürbar vorwärts geht es mit der Gesundheitsden“, sagt Klara-Gründer Simon Bolz. IT in Deutschland in jenen Bereichen, wo mächGesundheits-Apps und andere internetbasiertige Interessenvertreter weniger präsent sind. So ist te Gesundheitsdienste werden übrigens nicht nur Deutschland bei der Verknüpfung von Medizinvon jüngeren Menschen genutzt: In einer Umfrage technik und IT-Lösungen einer der Vorreiter weltzum Thema Patient 2.0 der Analysten von E Patiweit: In Operationssälen werden immer häufiger ent RSD hat sich gezeigt, dass der medizinische Navigationssysteme eingesetzt, die mit Hilfe von Internetsurfer in Deutschland in Durchschnitt 59 intraoperativer Bildgebung quasi in Echtzeit kaliJahre alt ist. „Das hätten wir so nicht erwartet“, briert werden und so sehr viel präzisere Schnitte, sagt Studienautor Alexander Schachinger aus Bohrungen oder VerschrauBerlin. Sein Unternehmen bungen erlauben. arbeitet gerade an einem DiNoch dominieren hier gitalen Gesundheitsmarkt»Einfach hat es die Report, der in Kürze vorKomplettsysteme den Telemedizin in gestellt werden soll und der Markt, doch das soll sich den deutschsprachigen webändern. In dem vom BunDeutschland nicht.« basierten Gesundheitsmarkt desministerium für Bildung genauer vermisst. und Forschung geförderten Nicht scharf trennen lässt sich der mHealthVerbundprojekt OR.NET wird derzeit an einer Kosmos von der Welt der Telemedizin. Unter standardisierten Plattform gearbeitet, die es MeTelemedizin werden ärztliche Betreuungsszedizingeräteherstellern erlauben soll, ihre Produkte narien verstanden, bei denen der Arzt Patienten an existierende IT-Systeme anzudocken. Eines der per Datenleitung betreut oder überwacht. Das ersten Resultate ist ein von Industrieverbänden lässt sich mit mobilen Gesundheitsdiensten kopund Standardisierungsorganisationen getragenes peln. Üblicher sind bisher aber telemedizinische Weißbuch „Sichere und dynamische Vernetzung Service-Center, die in enger Kooperation mit niein Operationssaal und Klinik“, das Anfang Sepdergelassenen Ärzten chronisch kranke Patienten tember vorgelegt wurde. Es könnte den Weg zu betreuen, beispielsweise bei Diabetes oder Herzineiner noch tieferen Integration von Medizingesuffizienz. Vor allem in der Radiologie dient die räten und klinischen IT-Systemen ebnen. Davon Telemedizin zudem einem direkten Austausch würden nicht nur die Patienten profitieren, sonzwischen den Ärzten. dern auch die deutsche Medizintechnikindustrie Einfach hat es die Telemedizin in Deutschland mit ihren über 1.100 Herstellern und rund 100.000 genauso wenig wie die Big Data-Analytik. Zwar Beschäftigten.


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ZUKUNFT MEDIZIN

— Beitrag BARMER GEK —

Im Dienst der Versicherten Die BARMER GEK stellt sich nicht nur neu auf, sie will auch neue Trends in der Gesundheitsbranche aktiv mitgestalten – die Telemedizin ist ein Beispiel dafür.

Herr Dr. Straub, es tut sich gerade viel bei der BARMER GEK.

Das stimmt. Seit nunmehr 18 Jahren gibt es einen Wettbewerb unter den gesetzlichen KrankenkasDR. CHRISTOPH STRAUB sen. Das heißt, Vorstandsvorsitzender BARMER GEK wir sind ein modernes Dienstleistungsunternehmen, das sich wie alle anderen auch an den Wünschen der Kunden orientieren muss. Und für die stehen ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis und eine hohe Servicequalität im Vordergrund. Mit unserer Neuausrichtung wollen wir in beiden Bereichen künftig noch stärker punkten. Mit welchen konkreten Maßnahmen?

Uns ist der persönliche Kontakt zu unseren Versicherten wichtig. Dafür wollen wir die Erreichbarkeit vor Ort verbessern. Das soll zum einen über die rund 400 bundesweiten Geschäftsstellen geschehen. Ein ausgeklügeltes System sorgt dafür, dass 90 Prozent unsere Versicherten eine Geschäftsstelle in 20 Minuten Fahrzeit erreichen. Der überwiegende Rest braucht maximal zehn Minuten länger. Außerdem werden wir unseren mobilen Beratungsdienst ausbauen. Darüber hinaus müssen wir aber auch das veränderte Kommunikationsverhalten unserer Kunden berücksichtigen. Was heißt das?

Aus diversen Umfragen wissen wir, dass die Mehrheit der Versicherten den telefonischen Kontakt einer persönlichen Betreuung vorziehen. Bei jungen Kunden liegen die Präferenzen klar bei Online-Geschäftsstelle und mobilen Apps. Insgesamt wünschen sich 60 Prozent unserer Versicherten, dass wir für unseren Service immer die neusten technischen Möglichkeiten nutzen. Was kann der Kunde erwarten?

Immer mehr Kunden wünschen sich einen orts- und zeitunabhängigen Kontakt mit uns. Dem

kommen wir mit einer OnlineGeschäftsstelle nach, in der viele persönliche Anliegen wie beispielsweise das Einreichen von Belegen und Rechnungen rund um die Uhr erledigt werden können.

esse und eben nicht bis Mitternacht vor dem Fernseher sitze, weil das meinen Schlafrhythmus stören würde. Genau hier kann auch die Telemedizin ansetzen. Wie genau?

Was ist mit den Kunden, die nicht online-affin sind?

Unser Ziel ist auch, die telefonische Beratung weiter zu optimieren. Dafür bauen wir bundesweit sechs Telefon-Geschäftsstellen auf. Ziel ist eine schnelle Erreichbarkeit und vollständige Bearbeitung der Anliegen in der Regel beim ersten Kontakt. Reichen diese Neuerungen, um im Wettbewerb zu bestehen?

Die Serviceoffensive ist ein Aspekt der umfassenden Neuausrichtung. Ein weiteres Ziel ist die Effizienzsteigerung im Unternehmen, um die Verwaltungskosten noch weiter zu reduzieren. Damit schaffen wir die Voraussetzung, im Wettbewerb nicht nur mit einem überzeugenden Kundenservice zu punkten, sondern auch mit einem attraktiven Beitragssatz. Stichwort Trends: Wie bewerten Sie die Telemedizin?

Grundsätzlich stehe ich Innovationen im Gesundheitswesen positiv gegenüber, auch wenn ich als Mediziner mögliche Widerstände dagegen kenne und verstehen kann. Die Telemedizin macht zwei wichtige Versprechen. Zum einen soll die Qualität der medizinischen Versorgung vor allem in strukturschwachen Regionen verbessert werden, zum anderen erhofft man sich finanzielle Entlastungen im Gesundheitssystem. Kann die Telemedizin diese Versprechen einlösen?

Ich glaube, das Potenzial der Telemedizin ist sehr hoch, auch weil Menschen heutzutage offener sind für technische Innovationen. Denken Sie an den Fitnessbereich. Es gibt unzählige Apps, die meine Bewegungen, meine Ernährung, sogar mein Schlafverhalten dokumentieren. Und sie sorgen dafür, dass ich mich mehr bewege, vielleicht gesünder

Wir unterstützen gerade die Berliner Charité dabei, eine der größten Telemedizinstudien zur chronischen Herzinsuffizienz weltweit durchzuführen. Sie will bis 2015 erstmals untersuchen, welche Effekte eine Kombination aus ambulanter Versorgung und telemedizinischer Betreuung von Patienten mit Herzschwäche im ländlichen Raum Brandenburgs hat. Die These: Eine kontinuierliche telemedizinische Beobachtung kann bei Risikopatienten helfen, Verschlechterungen frühzeitig zu erkennen, um so im Notfall entsprechend schnell eingreifen zu können. Damit wäre eine solche Behandlung vergleichbar mit der eines Kardiologen in der Metropolregion Berlin.

einen Arzt aufsuchen. Ähnliche Erfolge konnten beispielsweise mit Chat-Rooms bei Anorexie nachgewiesen werden, in denen sich Betroffene austauschen und ein Therapeut als Administrator fungiert. Kontinuierliche Interaktion ist ein entscheidender Faktor für medizinische Effekte. Und über die Telemedizin kann die Anzahl der Kontaktpunkte deutlich erhöht werden. Sie birgt aber auch Risiken.

Sicherlich ist der Datenschutz bei der Telemedizin ein Thema. Und natürlich muss man über den Stellenwert der Telemedizin in der gesamten Gesundheitsversorgung sprechen. Denn sie ist in keinem Fall ein Ersatz für eine durchgehende ärztliche Betreuung. Vielmehr ist sie eine sinnvolle Ergänzung und Unterstützung der ärztlichen Versorgung. Ich bin aber überzeugt, dass die Chancen die Risiken überwiegen. Nicht zuletzt, weil sie eben auch den Kostenaspekt berücksichtigen.

Wird sich diese These bestätigen?

Das kann man heute noch nicht sagen. Aber es gibt andere Bereiche, in denen Online-Angebote bereits einen Mehrwert bieten. Denken Sie an Depressionen. Im Schnitt vergehen zwischen Ausbruch und Diagnose viele Jahre. Studien haben belegt, dass barrierefreie webbasierte Tests zur Risikoermittlung und Therapie von den Patienten akzeptiert und benutzt werden und möglicherweise dazu führen, dass Patienten viel früher

Soll heißen?

Telemedizin verspricht neben Qualitätsverbesserungen auch Kosteneinsparungen. Erste Erfahrungen bei der Versorgung von Patienten mit Herzinsuffienz belegen dies.

www.barmer-gek.de


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Nicht von der Stange Bei immer mehr Erkrankungen sind die molekulargenetischen Grundlagen im Detail bekannt. Das erlaubt die Entwicklung maßgeschneiderter Medikamente. Doch der Weg ist mühsam und teuer. Philipp Grätzel von Grätz / Redaktion

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as Versprechen der Molekularbiologie an die Medizin ist unmittelbar einleuchtend: Wenn erst die biochemischen Mechanismen einer Erkrankung geklärt sind, ist es ein leichtes, jene Defekte gezielt zu reparieren, die die jeweils vorliegende Erkrankung verursachen. In den letzten Jahren hat die biomedizinische Forschung begonnen, ihr Waffenarsenal aufzubauen: Kleine Moleküle („Small Molecules“) und große Antikörper sollen es erlauben, beliebige Strukturen im Körper einzeln zu blockieren oder zu aktivieren. Die auch als „Biotherapeutika“ bezeichneten Präparate sind in Wahrheit hoch artifizielle Medikamente. Ihr Einsatz und auch ihre Zulassung orientieren sich zunehmend an genetischen Strukturen, die bei einem Patienten vorliegen, beim anderen aber nicht. Ein Beispiel für diese Entwicklung sind seltene monogenetische Erkrankungen, jene Erkrankungen also, die durch einen einzelnen, oft gut bekannten Gendefekt verursacht werden. Bei diesen Erkrankungen müsste es doch relativ einfach sein, Medikamente zu entwerfen, die den jeweiligen Defekt ausgleichen. allerdings vorerst befristet auf nur ein Jahr. Viel Doch weit gefehlt: „Es ist im Gegenteil richtig mehr gab es bisher nicht. schwierig“, sagt Professor Dr. Burkhard TümmLetztlich kamen bei der Mukoviszidose mehrere ler von der Medizinischen Hochschule Hannover. Faktoren zusammen, die dazu führten, dass ausgeTümmler ist Experte für die Erkrankung Mukorechnet hier das erste mutationsspezifische Medikaviszidose. Bei der Mukoviszidose ist ein Chloridment bei seltenen Erbkrankheiten gefunden wurde. Kanal namens CFTR defekt, der an den Schleim„Die Mukoviszidose ist unter den seltenen Erkranhäuten der Lunge, des Magen-Darm-Trakts, der kungen eine der häufigsten. Damit ist sie kommerBauchspeicheldrüse und anderer Organe des Menziell noch einigermaßen attraktiv für die Industrie“, schen vorkommt. erläutert Tümmler. Bei vielen anderen seltenen Er„Wo genau sich das CFTR-Gen befindet, wiskrankungen sind die Patientenzahlen so klein, dass sen wir bereits seit 1989. Mittlerweile kennen wir sich sehr teure Forschung nicht lohnt. über 2000 Mutationen dieses Gens.“ Trotz dieser Deutlich häufiger eingesetzt werden molekudetaillierten Kenntnisse dauerte es bis zur Zulaslargenetisch maßgeschneisung des ersten „mutationsderte Medikamente bereits spezifischen“ Medikaments heute bei erwachsenen gegen Mukoviszidose viele »Oft sind die PatientenKrebspatienten. Hier ist die Jahre. 2012 war es so weit: zahlen so klein, dass sich Behandlungslogik aber eine Mukoviszidosepatienten mit etwas andere: Es geht nicht einer G551D genannten MuForschung nicht lohnt.« um genetische Merkmale tation können seither mit der Person. Maßgeschneieinem Medikament namens dert wird die Behandlung vielmehr anhand der Ivacaftor gezielt behandelt werden – ein Durchgenetischen Merkmale des Tumors. bruch, der weltweit für Aufsehen gesorgt hatte. Eines der ersten modernen Biotherapeutika, Wer freilich erwartet hatte, dass auf diese Zudessen Einsatz an eine molekulare Diagnostik gelassung rasch viele andere folgen würden, sah sich koppelt wurde, war der Antikörper Herceptin bei getäuscht. Weitere mutationsspezifische MedikaBrustkrebs. Mittlerweile ist das Spektrum enorm mente bei der Mukoviszidose lassen bisher auf sich breit. Ob schwarzer Hautkrebs, Darmkrebs, Lunwarten. Immerhin: Für Patienten mit der häugenkrebs oder Krebs der Bauchspeicheldrüse: Fast figsten Mutation, F508 genannt, wurde gerade ein immer erfolgt heute vor einer Behandlung eine Kombinationsmedikament in den USA zur Zumolekulare Analytik. lassung eingereicht. „Die Effekte sind aber längst Immer häufiger wird dafür nicht mehr die nicht so deutlich“, sagt Tümmler. klassische Gewebsanalyse genutzt. Stattdessen Auch bei anderen Erbkrankheiten stehen kommen Genchips oder gleich Komplettsequendie Pharmafirmen nicht gerade Schlange. Mit zierungen des Tumorerbguts zum Einsatz. Das Ataluren wurde von den europäischen Zulasist dann kostengünstiger, wenn viele molekulare sungsbehörden im August 2014 ein mutationsMerkmale auf einmal ermittelt werden sollen. spezifisches Medikament für Patienten mit Eine (weitgehend) komplette Genomanalyse koDuchenne’scher Muskeldystrophie zugelassen,

stet heute keine 1000 Euro mehr. Einzelmarker zu bestimmen kann dreistellige Beträge kosten. Der Sprung ist also nicht riesig. Eines der weltweit spannendsten Genotypisierungsprojekte in der Krebsmedizin startet demnächst in Heidelberg. Tausend Patienten mit neu diagnostizierten Tumoren erhalten dort eine Komplettsequenzierung des Tumorerbguts. Mit Hilfe einer speziellen Software werden die Ergebnisse ausgewertet und auf Basis aktuellster Forschungsergebnisse individuelle Behandlungsempfehlungen gegeben. Ob das für den Patienten einen Nutzen bringt, wird in klinischen Studien evaluiert. Anhand der Krebsmedizin lassen sich die Herausforderungen einer am Genotyp orientierten Medizin schön illustrieren: Was früher eine einheitliche Krebsart war, wird aufgebrochen in immer mehr Untergruppen. Das erfordert mehr Diagnostik. Es macht auch klinische Studien anspruchsvoller. Im Prinzip müsste für jede genetisch definierte Patientengruppe bei neuen Medikamenten eine eigene klinische Studie her. Mit Hilfe neuer Studiendesigns und mit Hilfe der Bioinformatik versuchen Hersteller und Zulassungsbehörden, den neuen Anforderungen zu genügen. Die Krebsmedizin zeigt auch die Grenzen der am Genotyp orientierten Therapien auf. Krebspatienten, die früher mit „klassischen“ Chemotherapien behandelt wurden, entwickelten irgendwann Resistenzen. Krebspatienten, die heute mit maßgeschneiderten Biotherapeutika behandelt werden, tun das auch. Der Grund ist, dass der Mensch kein Räderwerk ist, bei dem nach Art einer Autowerkstatt defekte Teile einfach ausgetauscht werden können. Lebende Organismen sind komplexe Systeme, bei denen tausende von Faktoren interagieren. Auch deswegen kommt der Fortschritt trotz Genanalytik eher in Trippelschritten als in Siebenmeilenstiefeln.


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ZUKUNFT MEDIZIN

— Beitrag CSL BEHRING —

»Ein Durchbruch kann nur miteinander gelingen« Seltene Erkrankungen sind häufiger als allgemein angenommen und noch wissen wir viel zu wenig über sie. Um das zu ändern, braucht es eine neue Form der Zusammenarbeit.

Herr Prof. Klein, wann ist eine Erkrankung selten?

Gibt es überhaupt wirksame Therapien?

Nach europäischer Definition sprechen wir von einer seltenen Erkrankung, wenn von 10.000 Menschen nicht mehr als fünf von ihr betroffen sind. Jede einzelne seltene Erkrankung ist sehr selten, in ihrer Gesamtheit sind sie allerdings sehr häufig. Wir kennen mehr als 7.000 verschiedene Krankheiten, in Europa leben schätzungsweise 30 bis 33 Millionen betroffene Menschen.

Ja, nur nicht genug. Aktuell sind rund 120 Medikamente für die Behandlung seltener Erkrankungen zugelassen. Initiativen wie die des International Rare Disease Research Consortium (IRDiRC) haben es sich zum Ziel gesetzt, bis 2020 200 neue Therapien und Diagnosemethoden für die ‚häufigsten’ seltenen Erkrankungen zu finden. Solche Impulse sind richtig und wichtig, um Fortschritte zu erzielen.

Darunter viele Kinder?

Seltene Erkrankungen entstehen oft aufgrund kleiner Genmutationen, die sich häufig bereits bei Kindern bemerkbar machen. Wir nennen diese Kinder ‚Waisen der Medizin’. Es dauert oft sehr lange, bis eine korrekte Diagnose gestellt wird. Die Kinder haben dann schon eine Odyssee von Arzt zu Arzt hinter sich. Für viele seltene Erkrankungen gibt es immer noch keine Behandlungsmöglichkeiten. Woran liegt das?

Die Gründe sind vielschichtig. Während des Medizinstudiums lernen die angehenden Ärzte, ihr Augenmerk auf die häufigen Probleme zu richten. Natürlich kann kein Arzt alle Details zu allen seltenen Erkrankungen lernen, aber es wäre wichtig, die Sensibilität für das Thema zu erhöhen. Zudem steht die Forschung noch am Anfang. Das BMBF und andere Forschungsförderorganisationen unterstützen bereits viele Projekte, doch insgesamt müssen wir viel aktiver werden. Die Forschungsergebnisse aus dem Bereich der seltenen Erkrankungen sind auch für das Verständnis häufiger Erkrankungen sehr wichtig. Für die Industrie fehlt außerdem oft der wirtschaftliche Anreiz, Therapien für nur wenige Patienten zu entwickeln. Erfreulicherweise wagen sich aber immer mehr Unternehmen in Nischenmärkte und arbeiten an neuen Therapien für Patienten mit seltenen Erkrankungen.

Wie sehen Therapien bisher aus?

Das hängt von der Krankheit ab. Wenn die seltene Erkrankung zu einem Funktionsverlust eines Organs wie z. B. der Leber oder der Nieren führt, kann die Transplantation eines gesunden Organs die Lösung sein. Außerdem hat sich die Gentherapie in den letzten Jahren weiterentwickelt. Bei der Stammzellgentherapie werden Stammzellen entnommen, genetisch korrigiert und wieder eingesetzt. Diese Therapie ist bei einigen Erkrankungen des Blutes und Immunsystems sehr erfolgreich, aber noch mit Nebenwirkungen verbunden, denn die Gentaxis können nach einer erfolgreichen Behandlung zu Leukämien führen. Gibt es keine verträglicheren Therapien?

Etwa 200 der seltenen Erkrankungen betreffen das Immunsystem. Davon sind viele mit sogenannten Immunglobulinen behandelbar. Entdeckt wurde dieser Zusammenhang 1952 vom amerikanischen Kinderarzt Ogden Bruton. Er untersuchte, warum einige seiner Patienten unter wiederkehrenden Lungenentzündungen litten und entdeckte, dass sie keine Antikörper produzierten. Später wurde der entsprechende Gendefekt hierfür lokalisiert, er führt zur fehlerhaften Funktion des Proteins Bruton-Tyrosin-Kinase. Heute werden Immunglobuline sehr erfolgreich bei der Behandlung von Immunerkrankungen eingesetzt. Es

handelt sich dabei aber lediglich um eine symptomatische Ersatztherapie. Wird die Behandlung abgebrochen, bricht die Erkrankung wieder aus. Und langfristige Lösungen sind nicht in Sicht?

standen, dass die BrutonTyrosin-Kinase als Schalter für die Entwicklung von Immunzellen wichtig ist. Ohne diesen Schalter entstehen keine B-Zellen, die die Immunglobuline bilden. Später hat man sich diese Erkenntnis in einem anderen Kontext zu Nutze gemacht. Neue Medikamente können diesen Schalter ausschalten. Sie werden heute eingesetzt, um Patienten mit Leukämien zu behandeln. Sie sehen, wer wenigen versucht zu helfen, kann am Ende vielen Gutes tun.

Natürlich entwickelt sich die Medizin perma- PROF. DR. DR. KLEIN nent weiter. Aus meiner CHRISTOPH Direktor der Kinderklinik Sicht gibt es aber nach wie und -poliklinik am Dr. von Haunerschen Kinderspital vor zu wenig Spezialisten der Ludwig-MaximiliansMünchen, für seltene Erkrankungen. Universität Sprecher der BMBFUnd viel wichtiger: Ein geförderten ForschungsNetzwerke „Seltene Spezialist alleine kann Erkrankungen” und der Care-for-Rare oft wenig ausrichten. Will Vorstand Foundation man den Betroffenen hel- Foto: Klaus Michael Woelke fen, benötigt man eine konzertierte Zusammenarbeit vieler Spezialisten. Es gibt mittlerweile gute Was wünschen Sie sich für die ZuZentren in Deutschland, wo dieses kunft? interdisziplinäre Miteinander etabliert Wir brauchen mehr und stärkere ist. Der Nationale Aktionsplan für Brücken zwischen den Disziplinen. Menschen mit Seltenen ErkranUnd wir müssen unseren Horizont kungen hat gute Vorschläge untererweitern und international nach breitet, nun müssen alle Partner im Lösungen suchen. Wir haben mit Gesundheitssystem Sorge tragen, dass der Care-for-Rare Foundation für sie umgesetzt werden. Kinder mit seltenen Erkrankungen eine Stiftung ins Leben gerufen, die diese Mission verfolgt. Sie förWie könnte das aussehen? dert unter anderem den Aufbau Um in der Erforschung seltener einer Akademie, um eben diesen Erkrankungen einen wirklichen Nachwuchs – die Physician ScienDurchbruch erzielen zu können, brauchen wir eine starke Allianz tists – auszubilden. Das erfordert zwischen Klinik, Forschung, Lehre viele Investitionen, doch sie werund Industrie – und zwar disziplinden sich auszahlen. Davon sind wir übergreifend. Ich glaube aber auch, überzeugt und hoffen, dass wir viele dass Mäzenatentum und PhilanthroMenschen gewinnen können, sich an dieser Mission zu beteiligen. pie eine wichtige Rolle spielen müssen. Gelingt es uns, hier etwas zu bewegen, bin ich davon überzeugt, dass der Nutzen für nachfolgende Generationen immens ist. Das zeigt auch das Beispiel der Immunglobuline. Inwiefern?

Dr. Bruton hat sich um Kinder mit seltenen Erkrankungen gekümmert und er dachte weiter als die Medizin seiner Zeit. Durch die Erforschung seltener Fälle schwerer, wiederkehrender Lungenentzündungen wurde die zugrundeliegende Genmutation entdeckt. Die Medizin hat nun ver-

www.cslbehring.de/therapien/ immunglobuline.htm


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FORUM DER AKTEURE

Die Zukunft der Medizin Die Redaktion befragt Akteure zu den Herausforderungen der Gesundheitswirtschaft

Joachim M. Schmitt

Birgit Fischer

Prof. Dieter Kempf

Geschäftsführer, Bundesverband Medizintechnologie (BVMed)

Hauptgeschäftsführerin, Verband der forschenden Pharma-Unternehmen (vfa)

Präsident, Hightech-Verband BITKOM

in zwölfjähriger Junge kämpft gegen Krebs. Ein Halswirbel ist von einem Tumor befallen. Er wird operativ entfernt. Die nun fehlenden Teile werden durch ein Titan-Implantat aus einem 3D-Drucker ersetzt. Zukunftsmusik? Nein, medizintechnische Versorgung der Gegenwart.

eit der Jahrhundertwende haben sie die Arzneimitteltherapie revolutioniert: die monoklonalen Antikörper, kurz mAbs. Diese Wirkstoffe sind bestimmten Abwehrmolekülen des Immunsystems nachempfunden. Das Besondere: Jeder Typ von mAb bindet, wenn man ihn injiziert, an eine bestimmte Zielstruktur. Das kann eine Krebszelle sein, die daraufhin vernichtet wird. Das kann auch beispielsweise ein fehl- oder überproduzierter Botenstoff sein, der hierdurch aus dem Verkehr gezogen wird. Pharmaforscher verstehen sich darauf, passende mAbs zu unzähligen Zielstrukturen im Körper zu entwickeln. Große Erfolge mit mittlerweile mehr als 30 mAb-Medikamenten werden unter anderem bei Patientinnen und Patienten mit Darm-, Haut- und Brustkrebs, Gelenkrheuma, Osteoporose und bestimmten Sehstörungen erzielt. Bald dürften mAbs gegen viele weitere Krankheiten dazu kommen, darunter Magenkrebs und Alzheimer. Ein experimentelles Mittel gegen Ebola enthält ebenfalls mAbs. Gut möglich also, dass es schon 2017 doppelt so viele zugelassene mAbs gibt wie heute.

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»MedTech und IT wachsen zusammen« Die sogenannte „regenerative Medizin“ hat hohe Ansprüche: Reparieren, wo erforderlich. Heilen, wo möglich. Zwei innovative Technologien stehen bereit: das Bioprinting mit 3D-Druckern und Tissue-Engineering, also das Züchten von Organen oder Organteilen im Labor. In unserem Beispiel des zwölfjährigen Jungen fertigte ein 3D-Drucker ein komplexes Bauteil aus Pulverschichten, die mit Laserstrahlen fixiert werden. Das Verfahren ermöglicht kleine Poren im Metall des Implantats, in die der verbleibende Knochen einwachsen kann. Dadurch wird der Wirbel schneller stabil und belastbar. Ein weiterer Trend: Medizintechnik und IT wachsen immer stärker zusammen. Implantate werden aufgrund verbesserter Hardware immer leistungsfähiger. Durch den Aufbau modellbasierter Regelkreise erhalten Therapiesysteme, die beispielsweise in Dialyse oder Beatmung eingesetzt werden, eine noch intelligentere Steuerung. Weitere Felder sind eHealth, Telemedizin und TeleMonitoring sowie die erforderliche Vernetzung. Telemedizin und adaptives Workflow Management sollen zu Kosteneinsparungen und Qualitätsverbesserungen führen. Personal Healthcare zur Versorgung chronisch Kranker und alter Personen in ihrem häuslichen Umfeld wird flächendeckend eingeführt. Erste Ansätze dazu sind bereits vorhanden, die wirtschaftlichen Vorteile der Telemedizin sind erheblich. Innovative Medizintechnologien sind eine Investition in das Leben und die Leistungsfähigkeit der Menschen. Sie bedeuten mehr Lebensqualität für die Menschen. Und sie machen die Gesundheitsversorgung effizienter und damit auch in Zukunft bezahlbar. www.bvmed.de

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enn das Erbgut von Krebspatienten entschlüsselt und untersucht wird, entstehen pro Patient Datenmengen im Terabyte-Bereich. Dieser gewaltige Datenberg kann mit Hightech-Methoden schnell nach relevanten Mutationen durchsucht und analysiert werden. In einem zweiten Schritt können Behandlungen gezielter auf Patienten und Krebsarten abgestimmt und so die Heilungschancen verbessert werden. Das ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg zur personalisierten Medizin. Die schnelle Verarbeitung und Auswertung von riesigen Datenmengen, genannt Big Data, ermöglicht gewaltige Fortschritte in der Medizin.

»Big Data kann Leben retten und verlängern.«

Diese ermutigende Erfolgsgeschichte begann allerdings mit einer langen Durststrecke: Nach der Erfindung der mAbs durch ein deutsch-argentinisches Forscherduo 1975 brauchte es fast 25 Jahre bis zu den ersten medizinisch relevanten Medikamenten, und etliche weitere Jahre, bis Mediziner von deren Leistungsfähigkeit überzeugt waren. Gut, dass Wissenschaft und forschende Unternehmen damals einen langen Atem hatten! Innovationen brauchen eben Zeit, um zu reifen und sichtbar erfolgreich zu sein. Das muss man gerade gegenüber Bestrebungen betonen, neue Medikamente schnell wieder aus der Anwendung zu drängen, wenn ihre besonderen Stärken nicht aus dem Stand heraus belegbar sind. Gut für Deutschland wäre eine Innovationskultur, die dem Neuen Zeit gibt, sich zu beweisen.

Software und Hardware haben sich sprunghaft weiterentwickelt. Die Programme und Algorithmen zur Daten-Analyse sind in den vergangenen Jahren viel leistungsfähiger geworden. Die neuen Verfahren unterstützen Ärzte bei der Diagnose und schlagen Therapien vor, speziell zugeschnitten auf einzelne Patienten und deren Krankengeschichte. Dabei können sie sich auf viele weitere Quellen zusätzlich zur Erbgut-Analyse stützen – beispielsweise auf die gesamte Studien- und Forschungslage. Täglich werden weltweit etwa 6.000 medizinische Fachartikel veröffentlicht. Zudem tauschen sich Ärzte und Patienten in Foren, Blogs und Sozialen Netzwerken aus, etwa über Behandlungserfolge oder Nebenwirkungen von Medikamenten. Das geschieht weltweit, in Dutzenden Sprachen und mit unterschiedlichen Terminologien. Mit Big-Data-Technologien können diese Millionen Einträge ausgewertet werden. Forscher und Ärzte können eher reagieren. Medikamente können schneller weiterentwickelt, Behandlungen angepasst werden. Auch wenn Algorithmen die persönliche Betreuung durch einen Arzt nicht ersetzen können: Big Data wird die Medizin einen großen Schritt nach vorne bringen und nicht zuletzt die Prävention und Vorsorge auf ein ganz neues Niveau heben.

www.vfa.de

www.bitkom.org

»Innovationen brauchen Zeit, um ihren vollen Nutzen zu zeigen.«


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ZUKUNFT MEDIZIN

— Beitrag SANTHERA PHARMACEUTICALS —

Orphan-Drugs: speziell aber keinesfalls unattraktiv Pharmaunternehmen können auch Nischen erfolgreich besetzen, wie das Beispiel Santhera Pharmaceuticals eindrucksvoll beweist.

DR. THOMAS MEIER CEO Santhera Pharmaceuticals

Herr Meier, ist es aus wirtschaftlicher Sicht nicht ungewöhnlich, sich als Pharm au n t e rn e h men im Bereich seltener Erkrankungen zu engagieren?

Im Gegenteil: Gerade für Unternehmen unserer Größe ist es interessant, Produkte für seltene Krankheiten zu entwickeln. Denn der Gesetzgeber fördert die Forschung, indem die Gebühren während des Zulassungsverfahrens erlassen werden oder mit einem zehnjährigen Marktschutz. Das alles sorgt dafür, dass sich die Kosten für Forschung und Entwicklung neuer Therapien amortisieren, auch wenn es nur vergleichsweise wenige Patienten gibt. Zudem sind die Vertriebsvorteile nicht zu unterschätzen.

CRM

Was meinen Sie damit?

Nehmen Sie einen Blutdrucksenker als Beispiel. Die Produktkonkurrenz ist groß. Ein Markteintritt gelingt nur mit erheblichem Vertriebsaufwand, und auch dann ist unklar, ob die Ärzte letztendlich Ihr Präparat verschreiben. Das ist bei seltenen Erkrankungen anders. Die Nachfrage besteht, weil es für die allermeisten seltenen Krankheiten noch keine Behandlungsmethode gibt. Zudem konzentriert sich der Einsatz der Therapien oftmals auf einige wenige spezialisierte Zentren, was den Vertrieb sehr effizient macht. Und auch der Preisdruck ist im Bereich seltener Erkrankungen deutlich geringer. So kann man als Pharmaunternehmen in Nischen profitabel agieren und damit auch wieder in neue Produkte und Entwicklungen investieren. Das heißt, die öffentliche Wahrnehmung ist falsch?

Das kann man pauschal nicht sagen.

Denn selbst bei relativ bekannten seltenen Krankheiten ist auch heute noch der natürliche Verlauf zu wenig erforscht. Das erschwert die Planung von klinischen Studien und verzögert somit die Entwicklung wirksamer Therapien. Es macht aber auch einen Unterschied, ob es aktive Patientenorganisationen gibt, die auf eine Krankheit aufmerksam machen oder sogar Forschungsprojekte finanziell unterstützen. Inwiefern?

Nehmen Sie zwei der Krankheiten, für die wir uns engagieren. Während der Muskeldystrophie des Typs Duchenne als häufigste muskuläre Erbkrankheit bei Kindern relativ viel Aufmerksamkeit zukommt, weiß kaum jemand etwas über die Leber’sche Hereditäre OptikusNeuropathie. Nicht nur, weil diese erbliche Form der Blindheit überwiegend Erwachsene betrifft. Für die Betroffenen ist es aufgrund ihrer

DaVinci Zentrum

Beeinträchtigung deutlich schwerer, im Internet oder den Medien Aufmerksamkeit zu erlangen. Doch beide Krankheiten haben Gemeinsamkeiten?

Das stimmt. Vereinfacht ausgedrückt sind bei diesen beiden Erkrankungen die Mitochondrien geschädigt. Das heißt, die Energieproduktion der Zellen ist beeinträchtigt, was je nach Krankheitsbild entweder zur Erblindung führt oder die Muskulatur schädigt. Auf eben solche mitochondrialen Erkrankungen haben wir uns spezialisiert. Und so konnten wir ein Medikament entwickeln, das bei beiden Krankheiten die zelluläre Energieproduktion deutlich verbessert. In einem Fall kann es die Sehfähigkeit der Patienten zurückbringen, im anderen Fall unterstützt es den Erhalt der Atemfunktion. www.santhera.com

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GYNÄKOLOGIE

Center for Robotic Medicine Gronau

UROLOGIE

CHIRURGIE

„Diese hochmoderne und innovative Medizintechnik setzt neue Maßstäbe bei der chirurgischen Präzision und der Schonung unserer Patientinnen und Patienten.“ Erfahrung – Präzision – Sicherheit. Mit weit über 7.000 Operationen gehört das CRM am St. Antonius-Hospital in Gronau zu den europaweit führenden Kompetenzzentren in der roboter-assistierten Chirurgie. Mit Hilfe des hochmodernen DaVinci®-Operationsroboters bieten wir unseren Patientinnen und Patienten ein besonders schonendes Verfahren an, das die Vorteile der minimal-invasiven Operationstechnik mit denen der herkömmlichen offenen Chirurgie verbindet. Eine hochauflösende 3D-Darstellung und Instrumente mit hohen Freiheitsgraden erlauben unseren erfahrenen Spezialisten eine extrem präzise Behandlung. Die roboter-assistierte Chirurgie sorgt insbesondere auch bei komplexen Eingriffen für ein sehr hohes Maß an Sicherheit, ein geringeres Komplikationsrisiko und ermöglicht den Patienten einen verkürzten Krankenhausaufenthalt.

Mit jährlich über 1.200 Eingriffen und mittlerweile drei Robotiksystemen der neuesten Generation ist das CRM Gronau in diesem Fachgebiet hochspezialisiert und gehört zu den europäischen Zentren mit der größten Erfahrung. Unsere Mediziner geben ihr Wissen im angegliederten European Robotic Institute (ERI) auch an fortgeschrittene Operateure weiter. Ergänzend wirken sie erfolgreich bei internationalen Studien mit. Für weitergehende Informationen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.

CRM · Center for Robotic Medicine Gronau · Möllenweg 22 · 48599 Gronau · Telefon 02562 915-2113

www.crm-gronau.de


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Innovationen für das Leben In der Krebsmedizin machen personalisierte Therapien, minimal-invasive Verfahren und neue Arzneimittel Hoffnung. Dr. Ulrike Schupp / Redaktion

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er Deutschen Krebshilfe zufolge erkranken jedes Jahr rund 500.000 Menschen in Deutschland neu an Krebs, 221.000 sterben jährlich daran. Aufgrund der demografischen Entwicklung ist bis 2030 sogar mit einem Anstieg der Neuerkrankungen um gut 20 Prozent zu rechnen – im Vergleich zum Jahr 2010. Hoffnungsvoll stimmt trotz der beängstigenden Zahlen die Tatsache, dass moderne Behandlungsverfahren den Verlauf vieler Erkrankungen positiv beeinflussen können. Sie tragen außerdem dazu bei, die Lebensqualität der Patienten zu erhöhen. Darüber hinaus gibt es mittlerweile neue Operationstechniken, die wesentlich schonender sind als herkömmliche Verfahren. Als vielversprechende Behandlungsmethode gilt die personalisierte Therapie. Berücksichtigt werden hier nicht nur die körperliche und die seelische Verfassung der Kranken oder ihre medizinische Vorgeschichte, sondern vor allem auch die Beschaffenheit ihrer Tumoren. Vielfach kann eine genetische Analyse des Tumorgewebes Aufschluss darüber geben, welche Krebspatienten auf ein bestimmtes Medikament ansprechen. Für die anderen können so zumindest unerwünschte Nebenwirkungen vermieden werden. Die Therapien kommen insgesamt zielgerichteter zum Einsatz. Durch die Behandlung mit individuell abgestimmten Medikamenten lässt sich meist zumindest die Lebenserwartung der Betroffenen erhöhen. Bestenfalls steht am Ende der Behandlung sogar die Heilung. Dem Verband forschender Arzneimittelhersteller (VFA) zufolge werden jedoch erst kaum mehr als 30 Medikamente in Deutschland „personalisiert“ eingesetzt, die meisten davon in der Krebstherapie, pro Jahr kommen einige weitere dazu. Leider sind alle diese Medikamente ausnahmslos ziemlich teuer. Gelingt es, die Tumordiagnostik weiter zu verbessern und noch genauere Therapiekonzepte zu entwickeln, soll sich in Zukunft auch das Verhältnis von Kosten und Nutzen noch verbessern. „Damit die Patienten optimal von diesem Fortschritt profitieren, müssen neue Wirkstoffe auch nach ihrer Zulassung in versorgungsnahen unabhängigen Studien getestet werden,“ forderte Michael Hallek, Präsident des Deutschen Krebskongresses (DKK) 2014 anlässlich einer

Pressekonferenz. „Dafür müssen sich aber die Förderstrukturen für die klinische Forschung deutlich verbessern.“ Bewährt haben sich individualisierte Therapien bereits bei Patienten mit Haut-, Lungen- oder Brustkrebs, bei Darm-, Prostata- oder Lymphdrüsenkrebs. Belege für ihre Wirksamkeit präsentierten Wissenschaftler der Kölner Uniklinik 2013 auf dem Lungenkrebskongress in Sydney. Im Rahmen einer Studie mit Daten von etwa 5.000 Lungenkrebspatienten hatten die Forscher zwischen 2010 und 2013 Gewebeproben untersucht. Daraus ergab sich eine neue Klassifizierung von Lungen-

krebs, derzufolge der „großzellige Lungenkrebs“ fortan anderen Untergruppen zugeordnet werden kann, was wiederum neue Therapiemöglichkeiten eröffnet. Zudem zeigt die Studie, dass Patienten, die individualisierte Behandlungen erhielten, im Schnitt bis zu zwei Jahre länger lebten als unter klassischer Chemotherapie. Die Vorteile einer individualisierten Krebstherapie verdeutlicht auch die FIRE-3-Studie zur Behandlung von metastasiertem Darmkrebs, die auf dem DKK 2014 vorgestellt wurde. „Unsere aktuellen Analysen bestätigen, dass Darmkrebspatienten mit Metastasen einen deutlichen Überlebensvorteil haben, wenn ihre Tumorzellen ein RAS-Wildtyp-Gen ohne genetische Veränderungen enthalten und sie zusätzlich zur Chemotherapie eine Anti-EGFR-Therapie erhalten,“ erklärte Volker Heinemann vom Comprehensive Cancer Center der Ludwig-Maximilians-Universität in München. Vor allem bei Krebsarten wie Brust- oder Hautkrebs sind die Heilungschancen durch eine Ope-

ration relativ gut. Befindet sich die Krankheit in einem frühen Stadium, bedeutet dies im günstigsten Fall sogar, dass nach die Therapie nach der OP abgeschlossen ist. Allerdings entscheidet auch hier die Art des Tumors. Anhand von Gewebeproben kann das Rückfallrisiko eingeschätzt werden. Vom Ergebnis der Gewebe-Analyse hängt es dann ab, ob weitere Therapiemaßnahmen nötig sind. Bei den Operationen bewähren sich zunehmend minimal-invasive Verfahren wie Laserchirurgie und Endoskopie, sogenannte „Schlüsselloch- Chirurgie“, die jedoch nicht bei jedem Tumor einsetzbar ist. Beispielhaft für ein solches Verfahren ist die „Bauchspiegelung“, bei der das Innere der Bauchhöhle mit dem Laparoskop, einem speziellen Endoskop, betrachtet wird. Über sehr kleine Hautschnitte und mit speziellen Instrumenten können bei diesem Verfahren ohne große Schnitte Operationen im Bauchraum durchgeführt werden. Besonders bewährt hat sich die Laparoskopie bei Gebärmutterkörper-, Enddarm- und Prostatakrebs. Nach dem Eingriff benötigen Patienten weniger Schmerzmittel und erholen sich schneller. Ergebnisse, die hoffen lassen, gibt es inzwischen auch aus der Forschung zur Immuntherapie. „Mehr als 20 Jahre haben wir daran geforscht, wie wir eine Immunreaktion gegen Krebs stimulieren können, erklärte Ulrich Keilholz, Direktor des Charité Comprehensive Cancer Center in Berlin im Juni 2014 in einem Interview mit der Deutschen Welle. Wurde das Immunsystem stimuliert, um Krebszellen anzugreifen, gelang es dem Tumor immer wieder die Abwehr zu hemmen. Jetzt seien einige dieser „Bremsmechanismen“ bekannt und es ist teilweise möglich, sie durch Wirkstoffe gezielt auszuschalten. Zu den Herausforderungen zählt jedoch noch immer der Transfer wissenschaftlicher Ergebnisse in den medizinischen Alltag. „Vor allem brauchen wir Lösungen dafür, wie wir die hohe Dynamik des Forschungsgeschehens in die klinische Routine transferieren und zwar flächendeckend, schnell sicher und wirtschaftlich sinnvoll“, forderte Hallek auf dem DKK. Zudem gelingt eine optimale Behandlung nur, wenn Chirurgen, Experten für medikamentöse Tumortherapie und für Strahlentherapie, Pflegepersonal, Psychoonkologen, Sozialarbeiter und Palliativspezialisten eng zusammenarbeiten, wenn der Körper und die Seele des Patienten dabei berücksichtigt werden.


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— Beitrag DR. RER. NAT. PETRA ORTNER, MÜNCHEN —

Beispielhafte Krebsforschung Entwicklung von Medikamenten gegen Erbrechen und Übelkeit Erbrechen und Übelkeit waren bis Anfang der 1990er Jahre unausweichlich die gefürchtetsten Nebenwirkungen einer Chemotherapie. Nicht selten wurde eine eventuell lebensrettende Chemotherapie abgebrochen oder gar nicht erst angetreten. Seit den 1980er Jahren kamen Forscher der Ursache erfolgreich auf die Spur. Im Gehirn gibt es ein Brechzentrum, das aktiviert wird, wenn der Mensch Giftstoffe zu sich nimmt. Chemotherapien werden vom Körper als „Gift“ identifiziert, im Magen-Darm-Trakt und im Gehirn werden unmittelbar körpereigene „Botenstoffe“ freigesetzt und diese melden dem Brechzentrum „Schleunigst entfernen“. Übelkeit und Erbrechen werden ausgelöst. Anders beispielsweise als durch verdorbene Speisen kann der durch Chemotherapeutika ausgelöste Brechreiz extrem stark und über mehrere Tage anhaltend sein. Serotonin wurde als ein wichtiger Botenstoff identifiziert und spezielle Medikamente entwickelt, die gezielt die Funktion des Botenstoffes unterbrechen. Bereits

nisten auf den Markt. 2005 gelang Anfang der 1990er Jahre gelang der mit dem ersten „Zweitgenerationsentscheidende Durchbruch mit EinSetron“ dank längerer und stärkerer führung der Serotonin-Antagonisten Wirksamkeit ein klinisch bedeut(„Setrone“). Die Medikamente ähsamer Fortschritt. neln chemisch dem Serotonin, aber ihnen fehlt die Funktion zur „GiftHeute werden die drei Medikamenmeldung“. Sie wirken vorwiegend tenklassen miteinander kombiniert im Magen-Darm-Trakt und blockieund schon vor der Chemotherapie ren die Reizweiterleitung an das Gehirn. Die Chemotherapie setzt im Magen-DarmDadurch wird ErbreTrakt und im Gehirn chen verhindert. In den Botenstoffe frei, die das Brechzentrum im folgenden Jahren stellte Gehirn aktivieren. Dadurch kommt es man fest, dass die Zuzu Erbrechen und Übelkeit. gabe von Steroidhormonen (Kortikoiden) die Wirksamkeit der Setrone noch verstärkt. Das Erbrechen als gefürchtete Nebenwirkung trat erstmals in den Hintergrund. Weitere Signalwege und beteiligte Botenstoffe wurden untersucht. 2003 kam der erste Vertreter der überwiegend im Gehirn wirkenden Foto: Fotolia Neurokinin-Antago-

prophylaktisch gegeben. Wie sie kombiniert werden, wird individuell an die jeweilige Chemotherapie und das persönliche Risiko angepasst. Bei bestimmten Chemotherapien besteht ein Risiko für Übelkeit und Erbrechen nicht nur akut innerhalb von 24 Stunden nach der Gabe, sondern auch verzögert an den Tagen 2 bis 5. Ambulant behandelte Patienten sind dann schon wieder zu Hause. Durch die prophylaktische Kombination der Medikamente wird von vornherein ein optimaler Schutz über den gesamten Risiko-Zeitraum angestrebt. Es kommt nur noch selten zu Erbrechen und Übelkeit tritt nicht oder häufig weniger stark auf. Wichtig ist, dass Patienten ihr Befinden nach der letzten Chemotherapie vor der nächsten Behandlung dem onkologischen Team mitteilen, damit der antiemetische Schutz angepasst und gegebenenfalls ein länger wirksames Medikament gegeben wird. In nächster Zukunft wird es kombinierte Medikamente geben, von denen man sich eine noch bessere Wirksamkeit verspricht.

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FERMENTATION VERBESSERT AUFNAHME

Viel mehr als Placebo Wissenschaftliche Studien prüfen die Wirksamkeit der Komplementärmedizin. Mit überraschenden Erkenntnissen.

Yvonne Millar / Redaktion

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chulmedizin basiert auf wissenschaftlichen Erkenntnissen. Die Wirksamkeit ihrer Methoden ist durch empirische Studien belegt. Andere Heilverfahren sind zweifelhafte Methoden, die bestenfalls durch den Placebo-Effekt wirken und schlimmstenfalls den Patienten mehr schaden als nützen. Soweit die Vorurteile. Dem stehen jedoch Studien gegenüber, durchgeführt nach wissenschaftlichen Standards, die die Wirksamkeit komplementärer Heilmethoden untersuchen und Therapieerfolge in verschiedenen Bereichen nachweisen. Laut einer Pressemitteilung des Immanuel Krankenhaus in Berlin „zeigen z.B. neuere Studien aus der Kardiologie, dass die gesamte sekundäre medikamentöse Prävention nach Herzinfarkt nur 1/10 so effektiv wirkt wie eine Lebensstilveränderung mit Ernährung, Bewegungsprogrammen, Entspannungs- und Meditationsverfahren.“ Im Rahmen der sogenannten CORONA-Studie forscht auch das Immanuel Krankenhaus selbst zu diesem Thema. Darüber hinaus gibt es dort wissenschaftliche Untersuchungen zu vielen weiteren komplementärmedizinischen Verfahren, unter anderem zur Wirksamkeit von Yoga bei Rückenschmerzen, Heilfasten bei Typ 2 Diabetes und Ayurveda bei Weichteilrheuma (Fibromyalgie). Diese Vielfalt zeigt das große Spektrum der Komplementärmedizin. Der Berufsverband Deutscher Internisten e.V. definiert auf seiner Internetseite www.internistenim-netz.de die Komplementärmedizin folgendermaßen: „Verfahren der komplementären Medizin (complementary medicine) sind Verfahren der Naturheilkunde und anderer Medizinsysteme, mit denen die konventionelle Medizin ergänzt und unterstützt werden kann.“ Dazu zählen beispielsweise Methoden der Traditionellen Chinesischen Medizin, wie etwa die Akupunktur. Hier haben wissenschaftliche Studien belegt, dass sich durch die Nadeln Schmerzen lindern, die Muskulatur stimulieren und die Immunabwehr ankurbeln lässt.

SCHULMEDIZIN ZIELT AUF ERKRANKUNG

Durch eine spezielle Verarbeitung, etwa die Fermentation (Gärung) kann der Körper wertvolle Inhaltsstoffe wie Vitamine und Enzyme besonders leicht aufnehmen. Bekannte fermentierte Lebensmittel, die sich auch positiv auf die Gesundheit auswirken sollen, sind zum Beispiel Sauerkraut, Joghurt und Kefir. Bei der Gärung sorgen Bakterien und Enzyme dafür, dass biologische Stoffe zu neuen biochemischen Verbindungen umgewandelt werden. Eine besondere Form ist die sogenannte Kaskadenfermentation. Der Prozess verläuft über mehrere Stufen und ähnelt dem der Verdauung im Körper. Am Anfang stehen frische Lebensmittel, wie Obst, Gemüse, Nüsse und Kräuter. Diese werden mehrfach mit verschiedenen Milchsäurekulturen fermentiert, so dass am Ende Enzyme, Vitalstoffe und sekundäre Pflanzenstoffe in hoher Konzentration vorliegen. Diese sollen im Körper anti-entzündlich wirken, den Stoffwechsel innerhalb der Zellen günstig beeinflussen und die Leistungsfähigkeit erhöhen. Verfahren der Komplementärmedizin kommen auch häufig zum Einsatz, um Nebenwirkungen der konventionellen Medizin zu lindern. Darum spielen diese besonders in der Onkologie eine wichtige Rolle. Laut Deutscher Krebshilfe zeigen Studien, dass viele Krebspatienten komplementärmedizinische Verfahren nutzen, dies aber kaum mit ihren behandelnden Ärzten besprechen. Gleichzeitig fühlen sich Ärzte und Pflegepersonal zu diesem Thema nicht ausreichend informiert, um Entscheidungen treffen zu können. Oftmals fehlen auch schlicht verlässliche wissenschaftliche Studien zur Wirksamkeit.

KOMPLEMENTÄRMEDIZIN Während bei der Schulmedizin häufig die ErIN DER ONKOLOGIE krankung im Mittelpunkt steht, zeichnen sich viele komplementärmedizinische Verfahren durch ihre Das Projekt „Komplementärmedizin in der ganzheitlichen Ansätze aus. Sie zielen darauf hab, Onkologie – KOKON“ soll dazu beitragen, diese den Körper wieder in Einklang zu bringen und Lücke zu schließen und den Kenntnisstand im die Selbstheilungskräfte zu aktivieren. Die TradiBereich der Komplementärmedizin in der Onkotionelle Chinesische Medizin sowie die aus Indien logie zu verbessern. Um dies zu erreichen, werden stammende Lehre des Ayurveda zählen ebenso beispielsweise Fortbildungskonzepte für Fachleute dazu wie die europäische Tradition der Naturund Schulungsprogramme für Selbsthilfegruppen heilkunde. Die Wirkung bestimmter Heilpflanentwickelt. Dies soll es Krebspatienten erleichtern, zen beispielsweise ist seit Jahrhunderten bekannt. kompetente Ansprechpartner zu finden. Ein weiSo enthält Weidenrinde etwa schmerzlindernde terer Aspekt des Projekts Stoffe, die denen im moderKOKON ist es, die Qualität nen Aspirin ähneln. Gerade in den westlichen »Ärzte und Pflegepersonal wissenschaftlicher Untersuchungen zu überwachen. Industrieländern werden fühlen sich zu diesem Denn ausschließlich Studiviele der sogenannten Zivilisationskrankheiten, zu denen Thema nicht ausreichend en, die auch wirklich wissenschaftlichen Standards etwa Herz-Kreislauf- und informiert.« entsprechen, können auch Stoffwechselerkrankungen verlässliche Informationen zählen, mit ungesunder Erzur Wirksamkeit komplenährung in Zusammenhang mentärmedizinischer Methoden liefern. Nur so gebracht. Klassische Verfahren zielen darauf ab, lassen sich wirksame von unwirksamen oder gar eine Ernährung mit zu viel Fett und Kohlehydraten schädlichen Methoden unterscheiden. durch eine mit mehr Vitaminen und Ballaststoffen Das Engagement von Universitätskliniken in zu ersetzen. Im Rahmen der Naturheilkunde gibt diesem Bereich und die zunehmende Nachfrage es eine Vielzahl von Ernährungskonzepten, die durch Patienten sind Hinweise darauf, dass die zum Beispiel durch den Verzicht auf Fleisch, verKomplementärmedizin zunehmend als Ergänschiedene Trennkost-Modelle und die Ernährung zung zur Schulmedizin anerkannt wird. Viele mit Rohkost die Gesundheit fördern und KrankÄrzte verfügen bereits über von den Ärztekamheiten entgegenwirken und vorbeugen sollen. Die mern anerkannte Zusatzausbildungen in komplewertvollen Inhaltsstoffe der Pflanzen können zumentärmedizinischen Bereichen wie etwa Akusätzlich über Nahrungsergänzungsmittel aufgepunktur, Homöopathie und Naturheilverfahren. nommen werden.


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ZUKUNFT MEDIZIN

— Beitrag PASCOE NATURMEDIZIN —

Sehnsucht nach dem Ursprünglichen Eine Studie von PASCOE und dem Kölner rheingold Institut erforscht, woher der starke Trend zur Naturmedizin rührt. Für immer mehr Menschen liegen Schul- und Naturmedizin auf Augenhöhe und stehen gleichberechtigt nebeneinander. Die Patienten fordern von Ärzten und Apothekern aktiv Wissen zur Naturmedizin ein, sie recherchieren selbstständig im Internet und setzen die Fachleute dadurch permanent unter Druck. Um die hohen Erwartungen an die Naturmedizin und die Auswirkungen auf die Akteure in der Gesundheitswirtschaft besser zu verstehen, hat das Kölner rheingold Institut auf Initiative des Naturmedizin-Unternehmens Pascoe eine tiefenpsychologische Studie durchgeführt. Ziel war es, zu ergründen, was die Patienten für Naturmedizin begeistert und wie sich der anhaltende Trend hin zu Homöopathie und Naturheilkunde erklären lässt. Dazu wurden im ersten Teil der Studie 50 Männer und Frauen mit Affinität zur Naturmedizin tiefenpsychologisch befragt. Im zweiten Teil sollten 45 Ärzte, Apotheker und Heilpraktiker vom Niederrhein erklä-

ren, inwiefern sie naturmedizinische Mittel empfehlen oder verordnen. Von den Befragten waren 18 Ärzte mit Schwerpunkt Naturheilkunde, dazu kamen neun Heilpraktiker und 18 Apotheker beziehungsweise pharmazeutisch-technische Assistenten. Ein zentrales Ergebnis der Studie: Mit dem Trend zu Naturmedizin verbinden viele Menschen Sehnsüchte, die durch die Schulmedizin nicht eingelöst werden: individuelle Zuwendung und ganzheitliche Betrachtung, Verständnis und ausgedehnte Kommunikation. Die Naturmedizin bietet nach Ansicht der Probanden ein alternatives Weltbild. Sie ist frei von Industrie und Chemie – und oftmals auch frei von schnellen Lösungen. Es wird Zeit und Verständnis für die

Anliegen der Patienten aufgebracht. Die Behandlung beim Naturheilkundler wird wie eine Auszeit aus der Rastlosigkeit des Alltags erlebt. Vor diesem Hintergrund lässt sich auch verstehen, wieso viele Patienten, die sich einem Naturheilverfahren anvertrauen, überdurchschnittlich aktiv an ihrer eigenen Gesundung mitwirken. Zum Beispiel, indem sie ihre Ernährung umstellen, mit sportlichen Betätigungen beginnen oder auf Alkohol und Zigaretten verzichten. Sie übernehmen einen aktiven Part, während sie, so die Probanden, beim Schulmediziner eher in die passive Rolle schlüpfen und hilflos der „Kompetenz in Weiß“ gegenüberstehen. Dabei wollen sie auf den medizinischen Fortschritt nicht verzichten. Viele Befragte artikulieren den

Natürlich gesund bleiben.

Wunsch, dass sich Schulmedizin und Naturmedizin in Zukunft stärker ergänzen sollen. Bereits 2007, in einer vom Institut für Naturheilverfahren an der Universität zu Köln durchgeführten Studie zur Naturmedizin, wurden angesichts des hohen Vertrauens in die Naturmedizin auf die brach liegenden Chancen für die traditionelle Medizin hingewiesen. Allerdings stoßen laut der aktuellen Befragung Ärzte und Apotheker auch nach eigenem Bekenntnis in Sachen Naturmedizin an ihre Grenzen. Kein Wunder angesichts der schlechten Ausbildungssituation in Deutschland: Laut PASCOE-Studie gab es 2012 an den 36 medizinischen Fakultäten etwa 3.000 Professuren, jedoch nur an sechs medizinischen Fakultäten zehn Professuren im naturheilkundlichen und komplementärmedizinischen Bereich. PASCOE Naturmedizin wird seit 120 Jahren als Familienunternehmen geführt. Das Unternehmen gehört zu den führenden Herstellern von pflanzlichen und homöopathischen Arzneimitteln.

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Virtuelle Ärzte Im Internet ist ein Markt für Zweitmeinungen entstanden. Experten sehen die Angebote kritisch. Ole Schulz / Redaktion

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ein langes Warten in der Arztpraxis und Medikamente per Mausklick? DrEd macht´s möglich. Seit Ende 2011 ist die britische Online-Praxis mit der deutschsprachigen Webseite www.dred.com/de im Netz und bietet für bestimmte Krankheiten Fernbehandlungen an. Diese sind in Deutschland zwar eigentlich nicht erlaubt, aber aufgrund einer EU-Richtlinie zur Mobilität der Patienten müssen Verschreibungen anderer EU-Länder hier anerkannt werden, weshalb DrEd seinen kostenpflichtigen Web-Dienst auch bei uns weiter anbieten kann. Allerdings wird von vielen Seiten gewarnt, dass Diagnosen und Behandlungen allein über das Internet riskant seien. So kam die Stiftung Warentest bereits 2012 zum Urteil: „Das Risiko einer Fehlbehandlung ist immens. Reale Patienten gehören nicht in eine virtuelle Arztpraxis.“ Doch auch andere medizinische Online-Angebote gewinnen an Bedeutung: Insbesondere in Gesundheitsforen wird im Internet zunehmend um Rat bei Krankheiten, Behandlungen und Medikamenten gefragt. Bei der kaum zu überblickenden Zahl von Diskussions- und Informationsforen so-

fung der Seiten erfolgt nicht.“ Als Orientierung wie Webseiten für Preisvergleiche zwischen serikönnen aber anerkannte Siegel wie das hon-Sieösen und unseriösen Anbietern zu unterscheiden, gel der Schweizer Health on the net Foundation verlangt dem Verbraucher aber einiges ab. „Es ist (www.hon.ch ) sowie jenes vom Aktionsforum unausweichlich, dass sich der Internetnutzer hier Gesundheitsinformationssystem (www.afgis.de) gewisse Kompetenzen aneignet“, sagt Regina Behdienen. rendt, Gesundheitsreferentin der VerbraucherzenVorsicht ist laut Behrendt nicht zuletzt bei trale Nordrhein-Westfalen. kommerziellen Webseiten zur Einholung einer Die VZ NRW hat darum die „Checkliste zu medizinischen Zweitmeinung geboten. Denn Gesundheitsinformationen aus dem Internet“ sie sind oft kostenpflichtig – wie zum Beispiel veröffentlicht. Laut Behrendt gilt zunächst hedie Internet-Dienste www.krebszweitmeinung. rauszufinden: „Wer ist der Anbieter, und welche de und www.vorsicht-operation.de. Bei ersterem Ziele sowie wirtschaftlichen Interessen verfolgt fallen Kosten von 379 Euro er?“ In der Regel sachkunan, wenn eine schriftliche dige Auskünfte bieten BehZweitmeinung geliefert rendt zufolge von Experten »Das Risiko einer wird – übernommen wermoderierte Foren, die zum Fehlbehandlung den sie nur von einigen BeBeispiel von Krankenkassen triebskrankenkassen. Und und Selbsthilfeverbänden ist immens.« auch bei „Vorsicht Operaangeboten werden. Generell tion“ kostet ein Gutachten solle man aber „gerade bei mehrere Hundert Euro. „Unnötig herausgeworAngaben zur Gesundheit auf den Datenschutz fenes Geld“, findet Behrendt. Denn aufgrund der achten“ und „sorgsam mit Informationen zur eifreien Arzt- und Krankenhauswahl kann sich bei genen Person umgehen“. uns jeder Versicherte jederzeit eine zweite mediSiegel für Gesundheitsinfos im Internet biezinische Meinung einholen, ohne dafür zu zahten indes keine „letzte Gewähr“, sagt Behrendt. len. „Viele Krankenkassen haben einen Pool von „Meist handelt es sich um Selbstverpflichtungen Experten und helfen bei der Arztsuche.“ der Anbieter, und eine durchgängige Überprü-

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Wechseljahre beim Mann? Männer gehen mit ihrem Körper nachlässiger um als Frauen. Höchste Zeit für ein neues Gesundheitsbewusstsein. Jürgen W. Heidtmann / Redaktion

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twa ab dem 40. Lebensjahr verändert sich der Körper der Frau. In den Eierstöcken werden immer geringere Mengen Östrogene und Gestagene gebildet, bis die Produktion schließlich vollständig eingestellt wird. Rund ein Drittel der Frauen klagt über ausgeprägte Beschwerden: Neben Hitzewallungen, Schweißausbrüchen und depressiven Verstimmungen kann auch das Körpergewicht plötzlich zunehmen. Die Wechseljahre setzen ein. Was die wenigsten wissen: Auch Männer können die Wechseljahre betreffen. Ab dem 45. Lebensjahr sinkt nämlich der Spiegel des männlichen Hormons Testosteron kontinuierlich. Dass dies bisher wenig bekannt ist, hat mit dem Selbstbild der Männer zu tun: Viele haben die nachlassende sexuelle Aktivität oder ein verschlechtertes körperliches Befinden bislang weggeschoben – so wie Männer dazu tendieren, gesundheitliche Probleme eher zu missachten als Frauen. Das Bild des „starken Geschlechts“ prägt Männer bis in die Neuzeit. Das wirkt sich auch auf den Umgang mit dem Körper aus. Männer gehen seltener zum Arzt als Frauen, nämlich im Schnitt nur 2,5 Mal pro Jahr. Bei Frauen beträgt der Schnitt 3,4 Mal pro Jahr. Gesundheitliche Präventionsmaßnahmen werden von Männern sehr viel seltener wahrgenommen. Viele Männer schieben Warnsignale wie ein Stechen in der Brust oder eine Veränderung am Genitalbereich wochenlang vor sich her. Theodor Klotz, Chefarzt der Klinik für Urologie, Andrologie und Kinderurologie im Klinikum Weiden und Mitglied des wissenschaftlichen Beirats der Stiftung Männergesundheit, sagte in der ZEIT-Beilage „Männergesundheit“. „Sie verdrängen die Symptome aus Angst. Für sie ist der Körper ein Werkzeug. Wenn dieses Werk-

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zeug nicht mehr richtig funktioniert, fürchten sie, als Versager abgestempelt zu werden. Es muss also kommuniziert werden, dass die Erhaltung der Gesundheit keine Schwäche ist, sondern ein Mittel, um Erfolg zu haben.“ Männer leben riskanter, sie schonen sich weniger und ernährten sich schlechter: Ein Kilo Fleisch und Wurst essen deutsche Männer pro Woche, Frauen verzehren im gleichen Zeitraum nur knapp über die Hälfte, nämlich 600 Gramm. Auch gezuckerte Getränke werden vom männlichen Geschlecht bevorzugt. Männer konsumieren doppelt so viel Limonade wie Frauen. Eine Folge ist unter anderem deren geringere Lebenserwartung, die laut Statistischem Bundesamt für Männer, die heute

geboren werden, etwa 77 Jahre beträgt. Frauen können mit etwa 82 Jahren rechnen. Dass die Gründe für die stark unterschiedliche Lebenserwartung keinesfalls allein genetisch bedingt sein können, legte eine Studie des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung von 2002 nahe. Damals hatte es rund 12.000 Datensätzen aus vorwiegend bayerischen Ordensgemeinschaften ausgewertet. Hintergrund: Männer und Frauen, die im Kloster leben, haben einen recht ähnlichen Lebensstil. Ihre Ernährung, der Tagesablauf, die beruflichen Aktivitäten und die Wohnverhältnissen klaffen viel weniger weit auseinander als im Alltag der Bevölkerung. Ergebnis: Von dem fünf- bis siebenjährigen Unterschied in der Lebenserwartung der Allgemeinbevölkerung blieb nur etwa ein Jahr übrig, das möglicherweise auf biologische Faktoren zurückzuführen ist. Haben Frauen und Männer also einen vergleichbaren Lebensstil in ihrem privaten und auch beruflichen Umfeld, werden sie fast gleich alt. Für die Männer bedeutet das: Ein verbessertes Bewusstsein für die Bedürfnisse ihres Körpers würde auch deren Lebenserwartung verbessern. Keinesfalls aber heißt es, dass der Blick auf den männlichen Körper dem auf den weiblichen gleichzusetzen ist. Im Gegenteil: Die relativ neue Disziplin der „Gender Medizin“ plädiert für die Wahrnehmung der kleinen Unterschiede zwischen der männlichen und der weiblichen Physis: Vordergründig gleiche Symptome können auf völlig unterschiedliche Krankheitsbilder hindeuten. Manche Medikamente schlagen in unterschiedlicher Weise an. Die Gender-Medizin will Mediziner wie Patienten gleichermaßen für die Unterschiede der Geschlechter sensibilisieren. Mit einigem Erfolg: Vor allem bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes oder Bluthochdruck haben sich Prävention, Diagnose- und Therapieverfahren in den letzten Jahren verändert.

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