DE MT214 - Herbst 2021

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Band 21 Nummer 4

Herbst 2021

Myeloma Today

Herausgegeben von der International Myeloma Foundation

Die Bedeutung neuartiger Immuntherapien

Der IMWG-Arbeitsausschuss für Immuntherapien verfolgt die Bedeutung der neuen Therapien in der Praxis SEITE 2 r. Brian G.M. Durie über die ansteckendere }D

COVID-19-Variante Delta-Plus AY.4.2 SEITE 3

Diese Ausgabe von Myeloma Today wird unterstützt von Amgen • Bristol Myers Squibb • Karyopharm Therapeutics • Sanofi Genzyme • Takeda Oncology


Wissenschaft und Klinik

Die Bedeutung neuartiger Immuntherapien Dr. Brian G.M. Durie Vorsitzender der IMF

Der Arbeitsausschuss für Immuntherapien der International Myeloma Working Group (IMWG) der IMF unter der Leitung von Dr. Thomas G. Martin von der University of California San Francisco (UCSF) und Dr. Yi Lin von der Mayo Clinic (Rochestern, MN) hat einen Plan für die Kontrolle der Bedeutung der neuen Immuntherapien in der Praxis – also wenn diese Therapien nach Zulassung durch die US-Arzneimittelbehörde Food and Drug Administration (FDA) bei Patienten eingesetzt werden – zusammengestellt. Hierbei handelt es sich um ein äußerst bedeutungsvolles Unterfangen, mit dem das Ansprechen auf die Therapie, die beste Sequenzierung und auffällige Toxizitäten oder Nebenwirkungen aufgezeichnet werden sollen.

Die zu untersuchenden Therapien Die derzeit von der FDA zugelassenen neuartigen Immuntherapien sind Blenrep® (Belantamab-Mafodotin-blmf ) und Abecma® (Idecabtagen-Vicleucel). Blenrep ist für die Behandlung von erwachsenen Patienten mit relapsiertem oder refraktärem Myelom indiziert, die mindestens 4 vorangehende Therapien erhalten haben, einschließlich eines monoklonalen Anti-CD38-Antikörpers, eines Proteasominhibitors und eines Immunmodulators. Abecma ist für die Behandlung von erwachsenen Patienten mit relapsiertem oder refraktärem Myelom nach mindestens 4 vorangehenden Therapien indiziert – darunter ein Immunmodulator, ein Proteasominhibitor und ein monoklonaler Anti-CD38-Antikörper. Immuntherapien, die womöglich in den kommenden Monaten zugelassen werden, sind die CAR-T-Zell-Therapie (chimärer Antigenrezeptor) aus den klinischen CARTITUDE-Studien sowie der bispezifische Antikörper Teclistamab – beide von Janssen Pharmaceuticals. Alle diese Mittel richten sich gegen ein und dasselbe B-ZellReifungsantigen (BCMA) an der Oberfläche der Myelomzellen. Die Sequenzierung von Therapien ist daher von enormer Bedeutung. Welcher Wirkstoff ist am wirksamsten? Kann einer nach dem anderen angewendet werden? Welche Wirkstoffe sind problemlos verfügbar? Wie verhält es sich mit Kosten und Toxizitäten? Es gibt viele offene Fragen.

Die Ziele des neuen Registers Für die Beantwortung all dieser und weiterer Fragen wird das Aufzeichnungssystem in Form eines Registers in Dr. Martins Einrichtung an der USCF erstellt. Einrichtungen aus aller Welt haben sich zur Teilnahme bereit erklärt. Die Ergebnisse werden 2

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laufend an Partner weitergegeben und veröffentlicht, um die globale Myelom-Community auf dem Laufenden zu halten. Die Datenerhebung hat, beginnend mit Blenrep und Abecma, bereits begonnen. Jedes Arzneimittel hat eine beachtliche Wirksamkeit, jedoch jeweils auch Nebenwirkungen, die es aufzuzeichnen gilt. Im Fall von Blenrep ist eine Augentoxizität namens Keratopathie eine nennenswerte dosisbezogene Nebenwirkung, die mit speziellen Augentests beurteilt werden muss, damit Dosis und Behandlungsplan entsprechend angepasst werden können, um bestehende Probleme zu verringern. Bei der CAR-T-Zell-Therapie ist die größte Sorge das sogenannte Zytokin-Freisetzungssyndrom (CRS), welches korrekt behandelt werden muss, um potenzielle Komplikationen zu vermeiden.

Die Möglichkeiten einer virtuellen Biobank Es ist möglich, im Zusammenhang mit der StandardDatenerhebung Ergebnisse mit den Ergebnissen spezialisierter Tests an Knochenmark und Blutproben zu korrelieren. Jede Einrichtung verfügt über eine eigene Biobank für die Lagerung und routinemäßigen Untersuchung verschiedener Tests, u. a. Molekularstudien, Untersuchungen des AntigenRezeptorstatus, Messung eines potenziell unerfassten Grades einer minimalen Resterkankung (MRD) und anderen Arten von Immunmessungen. Durch die Bereitstellung der Ergebnisse in einer zentralen Datenbank ist eine enorme Chance entstanden, das Register zu füllen. Die virtuellen Biobank-Verfahren sind bereits von Dr. Wee Joo Chng vom National University Cancer Institute in Singapur und einem Mitgründer des Unterausschusses der Asian Myeloma Network (AMN) Tissue Bank und des Unterausschusses von AMN Clinical Trials etabliert worden. Diese anfängliche AMNErfahrung hat die breiteren globalen Bemühungen mit mehr Fachwissen und Zuversicht infundiert. Durch diese Vernetzung werden wir die Qualität der Datenerhebungsarbeit des Immunregisters erheblich verbessern können.

Forschung der IMWG Das Immunregister ist nur ein Beispiel für die vielen Forschungsprojekte der IMWG. Auf Seite 15 dieser Ausgabe von Myeloma Today erfahren Sie mehr über die Geschichte des ersten Teilnehmers der klinischen Studie ASCENT. Die ASCENT-Studie wurde in dem Versuch entwickelt, Patienten mit Hochrisiko-Smoldering multiplem Myelom (Fortsetzung auf Seite 4)

info@myeloma.org

myeloma.org


Wissenschaft und Klinik

Neue Leitlinien und Optionen in Bezug auf COVID-19 Dr. Brian G.M. Durie Vorsitzender der IMF

Es kommen immer mehr neue Informationen über die COVID19-Pandemie hinzu. Zum Zeitpunkt dieses Artikels besteht in Großbritannien Sorge über eine neue, ansteckendere Variante des Coronavirus – Delta-Plus (AQ.4.2). Außerdem werden Studien zu Antikörperkonzentration und Immunität gegen COVID-19 bei Myelompatienten unter verschiedenen Therapien durchgeführt. Darüber hinaus wird vor neuen Risiken des Fliegens gewarnt. Die Verfügbarkeit von BoosterImpfungen und die Notfallzulassung eines Impfstoffs für Kinder im Alter von 5 bis 11 Jahren sowie die unerwarteten Vorteile eines kostengünstigen Antidepressivums in Bezug auf COVID geben jedoch Anlass zur Freude. Es ist wichtig, über die aktuellsten Daten informiert zu bleiben.

Entstehung der Variante AY.4.2 Großbritannien ist mitunter führend in der Identifizierung neuer COVID-19-Mutationen. Die neue Variante AY.4.2 macht derzeit 10 % der Fälle in Großbritannien aus. Manche Wissenschaftler schätzen, dass AY.4.2 10 bis 15 % ansteckender ist als die ursprüngliche Delta-Variante. Das Risiko für Hospitalisierung und Tod scheint bei AY.4.2 gleich zu sein. Zum Zeitpunkt dieses Artikels macht AY.4.2 gerade mal 1 % der Fälle in den USA aus – allerdings sind Sequenzanalysen in den USA wesentlich weniger streng als in Großbritannien. Es ist zwar noch zu früh, um die globalen Auswirkungen der AY.4.2-Variante einschätzen zu können, allerdings ist sie eine deutliche Warnung bezüglich des Potenzials für neue Mutationen und erinnert uns daran, dass wir wachsam bleiben müssen.

Zwei Studien zu Antikörperkonzentration und Immunität Die erste neue Studie von Dr. Samir Parekh (Mount Sinai, New York) befasst sich mit der Immunantwort auf eine COVID-19-Impfung bei 44 Myelompatienten im Vergleich mit 12 gesunden Personen. Eine wesentliche Erkenntnis ist, dass bei 15 % der Patienten absolut keine Antikörper gegen das Spikeprotein von COVID-19 vorhanden sind. Detaillierte immunologische Studien zeigen, dass bei eben diesen Patienten auch die zelluläre (T-Zellen-)Antwort fehlt, so dass sie besonders anfällig für eine Infektion mit COVID-19 sind. Die fehlende Immunität zeigte sich besonders häufig bei Myelompatienten unter einer Anti-CD38-Antikörper-Therapie (Daratumumab oder Isatuximab) und einer Anti-BCMAAntikörpertherapie (Arzneimittelkonjugat oder bispezifisch). Unterm Strich lässt sich sagen, dass bei Myelompatienten eingehende Untersuchungen auf Antikörper und Immunität +1 800-452-CURE (gebührenfrei in den USA und in Kanada)

nötig ist, um die am meisten gefährdeten Patienten und diejenigen zu identifizieren, die eine zusätzliche Impfdosis und/oder einen Booster benötigen. Ferner sind erweiterte Sicherheitsprotokolle und womöglich vorbeugende Therapien angebracht. Eine Nachbeobachtung ist erforderlich. Zum Beispiel: Wie schnell erholt oder verbessert sich die Immunantwort auf COVID-19, wenn die Therapien für einige Wochen verzögert oder unterbrochen werden? Kann eine zusätzliche Impfdosis oder ein Booster für eine ausreichende Immunität gegen COVID-19 sorgen? In der zweiten Studie, einer Vorabveröffentlichung aus Großbritannien, werden Daten zu 214 Patienten mit Myelom oder Smoldering multiplem Myelom (SMM) berichtet. Patienten, die eine Impfung von AstraZeneca oder Pfizer erhalten hatten, wurden mindestens zwei Wochen nach der zweiten Impfdosis untersucht. Hier waren die Befunde ein wenig erhellender: 92,7 % der Patienten wiesen Antikörper gegen das Spikeprotein von COVID-19 auf, und nur bei 6,3 % waren keine Antikörper und auch sonst keine Immunantwort vorhanden. Zu den Prädiktoren für eine schlechtere Immunantwort gehörten: männlich zu sein, FEHLENDE VGPR (sehr gute teilweise Remission) oder CR (komplette Remission) erreicht zu haben, eine Therapie mit Anti-CD38- oder AntiBCMA-Antikörpern und die Verwendung des Impfstoffs von Pfizer gegenüber dem Impfstoff von AstraZeneca, der in dieser britischen Analyse besser abschnitt. Eine aktuelle Studie aus Israel weist beim Pfizer-Impfstoff ebenfalls auf einen stärkeren Nachlass der Immunität im Laufe der Zeit hin. Wie auch weiter oben bereits erwähnt, lässt sich zusammenfassend sagen, dass wir die Antikörperkonzentration bei Myelompatienten genauer studieren und überwachen, auf ungünstigere prognostische Faktoren achten und bereit sein müssen, mit bestimmten Strategien gegenzusteuern.

Die Übertragung von COVID-19 auf Flugreisen Zwar wurden die meisten Studien vor der Entstehung der ansteckenderen Variante AY.4.2 Delta durchgeführt, das Risiko ist auf Flugreisen jedoch nach wie vor relativ gering. Im September 2021 berichtete das Wall Street Journal, dass bestimmte Aktivitäten das Risiko für eine Infektion erhöhen. Dabei wurden Mahlzeiten, besonders auf internationalen Flügen, als Hochrisikozeitraum genannt, in dem das Risiko um 59 % steigt, da hier alle Passagiere zur gleichen Zeit ihre Masken abnehmen. In einem solchen Moment reicht schon ein infizierter Fluggast aus (Indexfall), um die Infektion an viele andere Personen zu übertragen (sekundäre Fälle). Die Forscher

+1 818-487-7455 (international)

(Fortsetzung auf Seite 4)

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Wissenschaft und Klinik DIE BEDEUTUNG NEUARTIGER IMMUNTHERAPIEN – FORTSETZUNG VON SEITE 2 (HRSMM) mit einer frühzeitigen aggressiven Behandlung mit Darzalex® (Daratumumab), Kyprolis® (Carfilzomib), Revlimid® (Lenalidomid) und dem Steroid Dexamethason (DKRd) zu behandeln. Die kurz- und längerfristigen Ergebnisse werden derzeit erwartet. Äußerst zuversichtlich stimmt uns die Tatsache, dass der Beginn der Behandlung beim ersten Patienten in der Studie nun über 3 Jahre zurückliegt und der Patient seit 15 Monaten nicht mehr behandelt wird – und KEINE Resterkrankung nachweisbar ist.

der American Society of Hematology (ASH) in Atlanta präsentiert. Die Ergebnisse sind sehr vielversprechend und werden nach Freigabe der vollständigen Abstracts am 4. November 2021 überprüft.

Die Ergebnisse von Studien des iStopMM-Projekts (Iceland Screens Treats or Prevents Multiple Myeloma bzw. Island untersucht auf, behandelt oder verhindert das multiple Myelom) werden auf dem demnächst anstehenden Kongress

Um stets über Neuigkeiten in Bezug auf Myelompatienten informiert zu bleiben,folgen Sie unbedingt Dr. Duries Blog Week in Review. Um Dr. Duries Antworten auf Fragen zum multiplen Myelom für ein breites Publikum zu hören, sehen Sie die Videoserie Ask Dr. Durie. Richten Sie Ihre Fragen an askdrdurie@myeloma.org.

Die IMF freut sich sehr über die vielen Chancen auf Finanzierung und Unterstützung solch bedeutsamer Forschungsmaßnahmen und wird alle Beteiligten mit den aktuellsten Informationen auf dem Laufenden halten.  MT

NEUE LEITLINIEN UND OPTIONEN IN BEZUG AUF COVID-19 – FORTSETZUNG VON SEITE 3 führten ein Cluster von 50 Fällen auf einen Flug von Neu-Delhi nach Hongkong zurück; nur 20 % waren symptomatisch, und 8 waren Kinder, die keiner Maskenpflicht unterlagen. Weiter sind auf Flugreisen Zeiträume problematisch, in denen die Passagiere aktiv und nah beieinander sind, wie Boarding und Aussteigen. Untersuchungen des Abwassers von Flugreisen haben ergeben, dass sich an Bord höchstwahrscheinlich infizierte Fluggäste befanden. Das Tragen von Masken macht einen erheblichen Unterschied. Ferner wäre eine neue Art Maske denkbar, die an einem kleinen Gerät mit einem HEPAFilter zur Reinigung der Luft angebracht wird. Eine solche Maske lässt sich über mehrere Stunden bequem tragen.

Gute Neuigkeiten Zwei neue Studien geben Hoffnung auf neue potenzielle Behandlungsmöglichkeiten bei einer COVID-19-Infektion: Eine Studie aus Brasilien weist auf den potenziellen Nutzen eines kostengünstigen Antidepressivums namens Fluvoxamin hin, welches einer Hospitalisierung und einem schweren Verlauf vorbeugen kann. Insgesamt 741 Patienten wurden einer Behandlung mit Fluvoxamin, 756 dem Erhalt eines Placebos zugewiesen. Bei einem randomisierten Vergleich verringerte eine 10-tägige Behandlung mit Fluvoxamin die Notwendigkeit einer Hospitalisierung bei Patienten, die die gesamte Therapie abschlossen, erheblich. Zwar sind weitere Studien nötig – die Ergebnisse jedoch ermutigend.

Forscher aus Kanada haben Spiegelpeptide entwickelt, die COVID-19 neutralisieren können! Diese Peptide werden im Körper nicht abgebaut und können kostengünstig hergestellt werden. Prof. Philip Kim (University of Toronto), einer der führenden Autoren der Studie, sagt: Man könnte mit [den Peptiden] ein Nasenspray herstellen, die eine Infektion verhindern.“ Dies wäre selbstverständlich eine hochinteressante Möglichkeit, und wir freuen uns auf die weitere Entwicklung.

Der Status zusätzlicher Impfdosen und Booster Für Myelompatienten ist es sehr wichtig, dass zusätzliche Dosen der Impfstoffe von Pfizer, Moderna und J&J zugelassen worden sind. Bei immungeschwächten Personen kann die zusätzliche Dosis eine volle Dosis sein, wobei eine vierte mRNA-Dosis oder ein Booster zur weiteren Verstärkung der Antikörperreaktion in Betracht gezogen werden kann. Die Notfallzulassung der Impfung für Kinder im Alter von 5 bis 11 Jahren ist nicht nur zum Schutz der Kinder wichtig, sondern auch für potenziell gefährdete Familienangehörige, Freunde, Lehrer und andere Personen. Es ist von entscheidender Bedeutung, wachsam zu bleiben, um in den kommenden Monaten nach Möglichkeit gesund zu bleiben. Weitere Informationen folgen demnächst; gemeinsam mesitern wir diese schwierige Situation weiter.  MT

Bitte senden Sie eine Anfrage an subscribe.myeloma.org, wenn Sie zukünftige Ausgaben dieses Newsletters erhalten möchten.

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