mobilitat und leben Sommer 2012
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8 Zylinder für ein Maximum an Leistung. 4 Zylinder für ein Minimum an Verbrauch. Der Audi S7 mit cylinder on demand Technologie entscheidet selbst, ob 8 oder 4 Zylinder des V8 TFSI® Motors zum Einsatz kommen – je nach Fahrsituation. Für eine fortschrittliche Balance zwischen souveräner Performance und hoher Effizienz sorgt im Audi S7 außerdem: die besonders leichte Aluminium-Hybrid-Bauweise. Mehr unter: www.audi.de/s-modelle
Der Audi S7. Die intelligentere Kraft. Kraftstoffverbrauch in l/100 km: innerorts 13,4; außerorts 7,5; kombiniert 9,6; CO2-Emission in g/km: kombiniert 225 2
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Der erste Käfer machte die Menschen mobil. Dieser macht sie schneller.
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) Kraftstoffverbrauch in l/00 km: kombiniert 7,7–4,5, CO2-Emissionen in g/km: kombiniert 79–9. 2) TSI®-Motor, Kraftstoffverbrauch in l/00 km: 0,3 (innerorts)/6, (außerorts)/7,7 (kombiniert), CO2-Emissionen in g/km: 79 (kombiniert). 3) Unverbindliche Preisempfehlung des Herstellers. Preis gilt für Ausstattungsvariante Beetle, ,2 l (77 kW), Kraftstoffverbrauch in l/00 km: 7,6 (innerorts)/5,0 (außerorts)/5,9 (kombiniert), CO 2-Emissionen in g/km: 37 (kombiniert). Zzgl. Zulassungs- und Überführungskosten.
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Der Käfer war schon immer ein echter Volkswagen. Eben ein Wagen für das ganze Volk, der jeden zuverlässig ans Ziel brachte. In den Ferien lag das auch gerne hinter den Alpen am Gardasee.
Wer so viel unterwegs war, für den zählte vor allem, dass der Käfer lief. Und das tat er. Er lief, und lief, und lief. Heute läuft er wieder, nur eben viel schneller. Der 2st Century Beetle ) bietet mit bis
zu 47 kW (200 PS)2) echte Sportlichkeit. Wem das jetzt zu schnell ging, der testet ihn bei einer Probefahrt am besten ganz in Ruhe. The 2st Century Beetle schon ab 6.950 €3). www.beetle.de
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S.38
Cyber Turbo Der ultramoderne Supersportwagen i8 von BMW wird immer realistischer
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contributors
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impressum
34 Space X Das Silicon Valley erobert den Weltraum
20 Schwarmintelligenz Wie die Autoindustrie Internetnutzer für Ideen anzapft
38 Cyber Turbo Der ultramoderne Supersportwagen i8 von BMW wird immer realistischer
23 Luftfahrt Das erste fliegende Auto kann bald rechtmäßig auf der Straße fahren
42 Fliewatüüt Vom Autodesigner zum Künstler: Alain Bublex und seine seltsamen Gefährte
26 No-Go-Area Mercedes will mit einem Helikopter die Superreichen von der Straße holen
46 Zu früh, zu schnell Warum James Franco von Filmikone und Geschwindigkeitsfanatiker James Dean besessen ist
28 Satter Schwung Hyundais i-oniq taktet die Designstrategie der Koreaner erfolgreich neu ein
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S.48 twin shadow Honda Civic in der Dunkelkammer
INHALT / INTERSECTION no. 10 2012
laufsteg 48 Twin shadow Honda Civic in der Dunkelkammer 58 Hang Loose Audi A3 als Schuhkarton 64 fast Gatsby Toyota GT-86 im Gentleman-Look 72 Chromblende BMWs 7er: Facelift im Blaulicht
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S.82
„Volkswagen ist meine Religion“ Warum das irrsinnige GTI-Treffen am Wörthersee für VW so wichtig ist
INHALT / INTERSECTION no. 10 2012
werkstatt 82
„Volkswagen ist meine Religion“ Warum das irrsinnige GTI-Treffen am Wörthersee für VW so wichtig ist
90 Kein Blick zurück Porsche-Designer Mathias Kulla über Vergangenheit und Zukunft der deutschen Sportwagenikone 92 Die Kurve kriegen Zwischen technischer Perfektion und Portobello-Road-Feeling: dem Lebensgefühl MINI auf der Spur 98 Fight for your right to chill Lebensgroßes Rennspiel: Ex-Beastie-Boy Mike D kuratiert die Avantgarde Diaries
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104 Kunstlicht Wie Audi, BMW und Opel das Autolicht neu erfinden 110 Halbstark made in Schweden Die Rocker The Hives stehen auf alles, was fährt 114 Im Test: Citroën C4 Aircross, Ferrari FF, Mercedes SL AMG, Volvo V60 Hybrid, Ford Ranger, VW Golf GTI Cabriolet und mehr 128 Letzte Ausfahrt: Quentin Dupieux‘ „Rubber“
MASERATI GRANCABRIO SPORT. ERFAHRUNG FÜR ALLE SINNE Vergessen Sie alles, was Sie bislang wussten: Der neue GranCabrio Sport erweitert den Horizont all jener, die auf der Suche nach einem viersitzigen Cabriolet sind und gleichzeitig sportlich-dynamisches Handling schätzen. Der GranCabrio Sport bringt seinen sportlichen Anspruch in vielen Details zum Ausdruck: den Seitenschwellern, den ovalen, schwarzen Abgasendrohren, den Rädern im Astro-Design, wahlweise in Silber oder Anthrazit, den Sitzen im M-Design und den neuen Lederfarbtönen. Vervollständigt wird dieser Look durch die neue, impulsive Außenlackierung Rosso Trionfale. Der GranCabrio Sport ist ein einmaliges Automobil. Er spricht alle Sinne an und fasziniert durch beeindruckende Fahrerlebnisse in jeder Situation. Besuchen Sie www.maserati.com für einen detaillierteren Blick auf den GranCabrio Sport. Um mehr über die Welt des Maserati GranCabrio Sport zu erfahren, können Sie mit Hilfe Ihres Smartphones den QR Code scannen. Weitere Informationen zu den QR Codes finden Sie unter: mobi.maserati.com V8-MOTOR 4.691 CM 3 - LEISTUNG: 331 KW (450 PS) BEI 7.000 U/MIN. - MAXIMALES DREHMOMENT: 510 NM BEI 4.750 U/MIN. - HÖCHSTGESCHWINDIGKEIT: 285 KM/H 0-100 KM/H: 5,2 SEK. - KRAFTSTOFFVERBRAUCH (L/100 KM): INNERORTS 22,5, AUSSERORTS 9,8, KOMBINIERT 14,5 - CO 2-EMISSION: KOMBINIERT 337 G/KM | EFFIZIENZKLASSE G
CONTRIBuToRS
heiko richard
Heiko Richard fuhr für INTERSECTION auf Segeltour in die Türkei und fotografierte den sensationellen Ferrari FF mit Augenzinkern vor einem Berliner Biomarkt. Er fotografierte zahlreiche Kampagnen, unter anderem für das Label Blush, dreht Filme und ist ein hervorragender Porträtfotograf, was er auch unter anderem im INTERSECTION Schwesterblatt Fräulein immer wieder unter Beweis stellt.
Name: Heiko Ric hard Lives: Berlin NATIONALITY : Deutsch Contribution : Ferrari FF Points on Lic ense: trauer imm er noch um seinen Range Rover “VOGUE” Edition. Vehicle: Renaul
t Megane
detlef schneider
Kippenberger Racing
Detlef Schneider lebt in München, New York und Paris. Er arbeitete unter anderem für Adidas, Ellesse, Porsche Design und Magazine wie die Vogue oder GQ. Für INTERSECTION setzte er sein Faible für ungewöhnliches Licht in der BMW 7erStrecke perfekt ein. Wir hätten nicht gedacht, dass eine wuchtige Limousine wie der 7er so traumhaft und schwerelos wirken könnte.
Christopher Kippenberger, der Gründer von Kippenberger Racing, begann seine Karriere in der Pornoindustrie. Auf der Suche nach neuen Herausforderungen hat er sich dem Filmen und Fotografieren von Autos zugewendet. Mit Kippenberger Racing, für das er mit dem Kameramann Marcus Gelhard zusammenarbeitet, bringt er seine Leidenschaft für Autos mit seinem Gespür für SexAppeal zusammen, um ein Genre völlig neu zu erfinden. Kippenberger ist eine Marke, ein Business und eine Weltsicht.
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Alexander Batke-Lachmann
Schon als Kind hat sich der Berliner eher für das Design von Autos interessiert als für PS-Zahlen. Leider sahen die Autoentwürfe des damals 8-Jährigen allesamt aus wie 4-türige Versionen des damals gerade vorgestellten ICE. So ist aus einer Karriere als Autodesigner nichts geworden. Dafür durfte er für INTERSECTION die neuen Segelyachten von Bavaria begutachten und testete in einem Mercedes-Helikopter seine Luxusqualitäten.
Jan Friese
Für INTERSECTION ist Jan Friese einer der wichtigsten und treuesten Fotografen. Er schätzt die Urbanität der Berliner Großstadt ebenso wie die ländliche Ruhe. Statt eine Tour durch den Outback fotografierte er diesmal den neuen Toyota GT 86 auf einer nächtlichen Ausfahrt. Seit Kurzem wird er von der Fotoagentur Schierke vertreten. Seine Bilder zeichnen sich durch technische Präzision und naturalistische Authentizität aus.
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Off One’s Rocker Publishing Ltd. Produktion Redaktionssitz Strelitzer Str. 2, 10115 Berlin Telefon: +49 (0)30 28 88 40 43 Fax: +49 (0)30 28 88 40 44 redaktion@intersection-magazin.de
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Chefredaktion V.i.S.d.P. Götz Offergeld, Hendrik Lakeberg
Kreativ-Direktion Götz Offergeld
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Redaktionsleitung Franziska Giovannini
Lektorat Eckart Eisenblätter
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Verlag Off One’s Rocker Publishing Ltd. Strelitzer Str. 2 10115 Berlin Telefon: +49 (0)30 28 88 40 43 Fax: +49 (0)30 28 88 40 44 info@off-ones-rocker.de
Assistenz der Chefredaktion Diana Terpe Geschäftsführung Jörg Philipp
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Autoren Markus Haub, Daniel Seetal, Ji-Hun Kim, Alexander Batke-Lachmann, Ludek Broz, David Torcasso, Jan Joswig, Arto Matmoza, Dan Ross, Tone, H. Blonde
Fotografen Bella Lieberberg, Jan Friese, Detlef Schneider, Christian Hagemann, Mirjam Wählen, Fabian Zapatka, Patrick Fraser, Rémi Ferrante, Katherine Lu, Heiko Richard, Tillmann Franzen, Babette Pauthier, David Ledouz, Peter Langer, Lénoard Gomes Ferenczi, Kai Nedden
Gründer Dan Ross und Yorgo Tloupas
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Verlagsleitung Katharina Kuhn Herausgeber Götz Offergeld
Intersection England Dan Ross 116 Oldstreet London EC1V 9BG, UK Telefon: +44 (0) 207 608 1166 Fax: +44(0) 207 608 1060 info@intersectionmagazine.com Intersection USA Vivien Kotler 447 Broadway, 2nd Floor New York, NY 10013, USA Telefon: +1 917 302 8781 vivien@intersectionmagazine.com Intersection Mittlerer Osten Amin Domiati Master Mind fz 11c Dubai Media City, Dubai P.O. Box 502042 Telefon: +971 43 90 36 91 amin.domiati@masterminddubai.com Intersection SKandinavien c/o IWMG Nordic AB Peter Jäderberg Alströmergatan 31, 5tr 11247 Stockholm, Sweden Telefon: +46 8 410 200 8 Fax: +46 8 410 200 88 peter@intersectionmagazine.com
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ideen, Uber die man reden sollte Texte und Redaktion: Hendrik Lakeberg und Alexander Batke-Lachmann
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Superkomplex Foto: Christian Hagemann
Die modernen Motoren sind wie Kunstwerke: Asthetisch vertrackt und manchmal sogar funktionslos
Weil Sie wissen, wie eine aktuelle E-Klasse aussieht, zeigen wir Ihnen von der kürzlich vorgestellten HybridVersion nur den Motor, der mit seinen verschlungenen Leitungen und seiner technischen Raffinesse einer Skulptur gleicht. Das gilt im Übrigen nicht nur für diesen speziellen Motor. Allgemein erreichen Motoren eine technologische Komplexität, die ein g ewöh n l ic her Ga r ag en sc h r aub er längst nicht mehr verstehen kann. Was den Hybrid-Antrieb der E-Klasse interessanter weise besonders auszeichnet, ist die Fähigkeit zu – wie Mercedes es nennt – „segeln“. Im Klartext bedeutet das, dass man den
Antrieb auf langen Geraden oder auf der Autobahn bei Geschwindigkeiten von bis 160 km/h einfach abschalten kann, um den Verbrauch zu drücken. Die sparsamen, superkomplexen Motoren zeichnen sich zurzeit dementsprechend durch zwei Aspekte aus: Der Fahrer ist gefordert, durch geschickten Einsatz von Gaspedal und Kupplung die sparsamsten Werte aus ihnen herauszuholen. Und zweitens ermöglicht die komplizierte Technik, dass sich ein Motor einfach mal ganz abschalten lässt. Da wären wir wieder bei dem Vergleich mit einem Kunstwerk. Das erfüllt nämlich auch nie nur eine Funktion. •
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Fiat Mio
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Schwarmintelligenz Die grossen Autokonzerne nutzen das Internet fUr neue FahrzeugProjekte
Bis heute arbeiten Designer in streng abgeschirmten Designstudios, doch das Wesen von Facebook und Co. verlangt das Gegenteil: die Beteiligung an Gestaltungsprozessen durch Kommentare oder sogar die aktive Mitarbeit von Kunden und Fans einer Marke. Drei Hersteller, die mit dem Internet als Resource für neue Projekte und Fahrzeugdesigns ernsthaft experimentiert haben, sind Fiat, BMW und Volkswagen. Fiat zeigte auf dem Autosalon Sao Paolo 2010 die Entwürfe des Mio Concepts, ein Auto kleiner als der Smart und gedacht als Teil eines Carsharing- Netzwerks. Über 10.000 Entwürfe gingen ein, 17.000 Designer meldeten sich an und zwei Millionen Menschen besuchten die Webseite. Das Projekt von Peter Fassbender, dem Leiter des Fiat-Designstudios in Brasilien,
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war ein voller Erfolg und ein wichtiges Statement, was der Autoindustrie die neuen Bedingungen des digitalen Zeitalters vor Augen führte. Auch BMW war beteiligt mit dem „Co Breation Lab“, begeisterte Fans, Kunden und engagierte Jung-Designer am Gestaltungsprozess neuer Produkte und löste sogar Probleme mit der Antriebstechnik. Volkswagen zeigt auf der Automesse Beijing im Frühjahr die Ergebnisse des Anfang 2011 gestarteten „People‘s Car Project“, bei dem Fans der Marke aufgefordert waren, Ideen für neue Fahrzeugkonzepte und Designs beizusteuern. Über 119.000 Ideen wurden eingereicht, 33 Millionen Nutzer besuchten die Seite. Präsentiert wurden drei Konzepte: das „Hover Car“, ein frei schwebendes Stadtauto, das auf einem elektromagnetischen Straßennetz
Hover Car
gleiten soll. Das „Music Car“, was die Musikwahl des Fahrers auf der Karosserie durch changierende Muster und Farbverläufe widerspiegelt und der „Smart Key“, ein Hightech-Schlüssel, der mit einem 3-G-Empfänger und einem hochauflösenden Display ausgestattet ist. Darauf wird zum Beispiel automatisch der Stand der Betankung angezeigt. Luca de Meo, der neue Leiter des Marketings im Volkswagen-Konzern, spricht von einer „neuen Ära des Automobildesigns“. Vor allem sind Online-Projekte wie diese ein idealer Weg, um mehr über die Bedürfnisse der Kunden herauszufinden. Insofern ist absolut verständlich, warum de Meo schwärmt. Kostengünstiger und umfassender bekommt er wohl keine Kundenumfrage zur Verfügung gestellt, vor allem nicht
von Teilnehmern, die so begeistert und eifrig nicht nur ihre Meinung, sondern auch ihr Wissen beisteuern. Doch dass ein Volkswagen, BMW oder Fiat jemals das alleinige Ergebnis der Schwarmintelligenz des Internets sein wird, ist unwahrscheinlich. So sagt auch de Meo, dass ein Fahrzeug immer „eine Kombination aus Kundenmeinung und Markentradition sein muss“. Das scheint bei aller Kundenbeteiligung wichtig. Das kleine Start-up Local Motors produzierte nämlich bereits ein Auto, das aus einer Community hervorging. Es heißt „Rally Fighter“, sieht aus wie eine Mischung aus Muscle Car, Supersportwagen und wuchtigem SUV. Fast jeder autobegeisterte Internetnutzer wird es awesome finden, kaufen wird es aber kaum jemand. Und darum geht es ja. •
Music Car
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Luftfahrt Fliegendes Auto nun auch offiziell verkehrstauglich
Über das Terrafugia Transition haben wir vor etwa 2 Jahren schon mal kurz berichtet. Damals gab es zwar schon einen funktionstüchtigen Prototyp, aber die Markteinführung stand in den Sternen. Das hat sich geändert. Auf der New Yorker Autoshow im Frühjahr konnte Terrafugia erst mal konkrete Zahlen und Daten nennen. Die Transition hat die Zulassung der amerikanischen Behörden bekommen und darf somit offiziell geflogen und gefahren werden. Das fahrende Flugzeug oder fliegende Fahrzeug soll etwa 279.000 Dollar kosten und wird ab 2013
ausgeliefert. Doch ist ein fliegendes Auto, von dem die Designer und Techniker der 60er träumten, immer noch eine innovative Erfindung? Wohl eher nicht. Für diejenigen, die in abgelegenen Gegenden wohnen, ist die Terrafugia Transition mit Sicherheit eine Bereicherung und ein sinnvolles Transportmittel. Für alle anderen wohl nur eine lustige Idee, über die man kurz schmunzelt. Ein bisschen ist es mit der Terrafugia Transition so: Mit ihr ist ein Traum vieler Ingenieure, Designer und Autofahrer Wirklichkeit geworden, den man eigentlich schon vergessen hatte. •
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Smartphone oder Auto? Toyotas Fun-Vii gibt einen Ausblick auf das total vernetzte Fahrzeug Vorgestellt auf der letzten Tokyo Motorshow ist das Fun-Vii ein echter Vorbote der Zukunft. Statt am Exterior Design angestrengt herumzuschrauben wie bei vielen Concept Cars, bleibt die Oberf läche des Fun-Vii so schlicht wie möglich, denn die Gestaltung ist dem Fahrer überlassen. Die Karosserie besteht aus einem riesigen Screen, der mit jedem Bild bespielbar ist, das der User, Pardon, Fahrer auswählt. Nicht ohne Grund steht der Zusatz Vii für Vehicle Internet Interactive: Das FunVii soll eine Vision des total vernetzten Autos der Zukunft darstellen. Leider
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ist das Display mehr Idee denn Realität. In das Auto hineinsetzen kann man sich nämlich nicht, über einen Motor verfügt es ebenfalls nicht. Toyota erwartet, dass die Fertigung eines Fahrzeugs wie dem Fun-Vii erst in 15 Jahren realistisch ist. Nachvollziehbar ist die Idee jetzt schon. Wer lässt denn das Apple-Presetbild als Hintergrund auf seinem iPhone? Irgendwann wird sich wahrscheinlich sogar die Frage stellen, wo denn eigentlich der Unterschied zwischen einem Smartphone und einem Auto liegt? Vielleicht gibt es ja dann auch das Fun-Vii mit Vertrag günstiger. •
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Talisman Fotos: Babette Pauthier
Die Lexus-Studie LF-LC
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05 Ähnlich wie ein Manager mittleren Alters, der eines Morgens aufwacht und feststellen muss, dass er seinen Talisman (und seinen Biss) verloren hat – so scheint auch Lexus kürzlich aufgewacht zu sein, um festzustellen, dass man es sich in den letzten Jahren ein bisschen zu bequem gemacht hat. Doch Lexus scheint das erkannt zu haben, denn so langsam kommt Bewegung in Toyotas Luxusmarke. Schon der Supersportwagen LFA schoss über die Erwartungen der Zielgruppe hinaus und ist mehr als ein bloßes Ausstel-
lungsstück geworden. Gerade wurden die ersten 50 Exemplare des Supersportlers in Europa ausgeliefert. Sie waren in kürzester Zeit ausverkauft. Seit Anfang des Jahres präsentierte Lexus zudem die Studie LF-LC auf den Automessen von Detroit bis Peking, eine edle Version von Toyotas GT-86. Der LF-LC ist noch eine Studie, ein 2+2 Hybrid Coupé mit geschmeidigen Linien, einem umwerfend schön gestalteten Interior und opulenter Technik. Entworfen im Calty Design Center in Newport Beach, Kalifornien, führt der
LF-LC einen leicht zusammengedrückten Kühlergrill ein, der sich bald über die gesamte Produktpalette ausbreiten könnte. Vielleicht wird Lexus‘ neues sportliches Coupé zum Talisman der neu erwachenden Marke und sorgt vor allem für Glück und Erfolg in den Wachstumsmärkten China, Brasilien oder Indien. Aber auch in Europa braucht Lexus neue Energie. Denn so richtig als Luxusmarke verstanden hat man die Japaner hier immer noch nicht. Zu Unrecht. Aber das könnte sich nun ja endlich ändern. •
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No-Go-Area Fotos: Tillmann Franzen
Eurocopter hat sich mit Mercedes-Benz zusammengetan, um den Geldadel von der StraSSe zu holen Im verschlafenen bayrischen Donauwörth glaubt man die Probleme, die den internationalen Geldadel umtreiben, zu kennen: morgens Hochseefischen mit der Yacht, danach zum Meeting ins Büro und abends eine Runde mountainbiken im nächstgelegenen Nationalpark. Mit dem Auto unmöglich, gerade in Lateinamerika oder Russland, wo zum Termindruck noch die Angst vor Anschlägen oder Entführungen dazukommt. In Städten wie Sao Paulo sind die Straßen für die Superreichen längst zur No-go-Area geworden und selbst in Moskau, berühmt und berüchtigt für die rasenden Blaulicht-VIP-Konvois
wird diskutiert, Top-Beamte in die Luft zu verbannen. Genau für solche Anforderungen hat die EADS-Tochter Eurocopter den EC145 Mercedes-Benz Style entwickelt, ein Luxus-Helikopter, wendig genug, um auf der Yacht zu landen und mit einem Komfort, den die Kundschaft aus der automobilen Oberklasse gewohnt ist. Letzteres ist nicht selbstverständlich, denn im Hubschrauberbau zählen vor allem Sicherheit, Funktionalität und Gewicht. Diskussionen über Holzapplikationen im Innenraum und das Design der Luftdüsen – für die pragmatischen Helikopteringenieure absolutes Neuland. Technische Basis
ist der seit rund zehn Jahren gebaute EC 145, bekannt auch als ADAC- und Polizeihubschrauber, mit zweimal 780 PS und einer Höchstgeschwindigkeit von fast 250 km/h. Mit 500 verkauften Exemplaren ein Bestseller. In Zusammenarbeit mit dem Mercedes-Benz Advanced Design Studio wurde der Innenraum komplett neu entwickelt, inklusive Kabinenbeleuchtung wie in der S-Klasse. Der Preis, des als „Sport Utility Helicopter“ entwickelten Luxus-Helikopters, schwebt allerdings in anderen Regionen: 6,5 Millionen Euro kostet der EC145 Mercedes-Benz Style, rund eine Million mehr als die Standardversion – ohne Extras. •
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Satter Schwung
Text: Markus Haub Fotos: Hyundai Design
Hyundais i-oniq war nicht nur die eleganteste Studie von Genf, sondern gibt auch einen guten Ausblick auf die Zukunft des Designs der Koreaner: schOner, smarter und mehr Premium 28
drehmoment
INTERSECTION nr. 10 2012
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Es waren Brot-und-Butter-Autos, mit denen die Marke Hyundai ihren Erfolg begründete. Doch weil die Koreaner wissen, dass Stillstand den Tod bedeutet und der Erfolg nicht nur finanziell freier, sondern auch experimentierfreudiger machen sollte, war zum Beispiel ein exzentrischer Kompaktklässler wie der dreitürige Veloster möglich, über den wir in der letzten Ausgabe berichteten. Zielstrebig marschiert Hyundai in Richtung Premiummarkt, um auch die Kunden zu erobern, die sich bislang lieber in Audi, BMW, Mercedes und Co setzen und die Marke bisher ignoriert haben. Für die Auf bruchsstimmung der Koreaner steht seit diesem Jahr vor allem die Studie i-oniq, die in Genf zum ersten Mal gezeigt und im deutschen Entwicklungszentrum maßgeschneidert wurde. Das 2+2 Coupé im sportlich-futuristischen Blechkleid gehörte zu den schönsten Studien der Messe und fiel vor allem wegen der eleganten Karosserie auf. Bis auf die Concept-Car-typischen Spielereien wie die Schmetterlingstüren, könnte der edle Shooting-Braker i-oniq eine durchaus realistische Vision für eine moderne, zukunftsgewandte luxuriöse Mittelklasse sein.
Ins Auge fallen sofort die bumerangförmigen, gegenlaufenden Kur ven, die die Seitenansicht dominieren. Sie unterstreichen die klassisch schönen Shoot ing-Brake-Propor t ionen und verleihen besonders dem Heck einen satten Schwung. Die Dynamik der Linienführung und die flache Silhouette geben dem Auto einen geradezu italienischen Look. Die lang gestreckte Haube läuft nahtlos in Windschutzscheibe und Dach über. Seitenscheiben und Fahrzeugschulter verschmelzen zu einer gleichsam muskulösen wie smarten Einheit. Mit den Lamellen an der hinteren Seitenscheibe bedient man sich frech aus dem Regal der 70erJahre, der Mercedes-Benz SLC lässt grüßen. Auch die Leichtmetallräder, die jeweils über 20 Chromspeichen verfügen, erinnern entfernt an historische Sportwagen. Die konzentrierte Kombination von historischen Zitaten und hypermodernen Elementen machen den Charakter des i-oniq aus, der sich auch im Innenraum aus Holz und Hightech fortsetzt. Das von den Designern liebevoll als „Penthouse“ bezeichnete Dach spannt sich über den Body des Coupés und f ließt nahtlos ins Heck über. Durch die ungewöhnliche Form steht so auch
den Fondpassagieren genügend Kopffreiheit zur Verfügung. Trotz seiner dynamischen Erscheinung bietet der 2+2-Sitzer Platz für vier Personen und kann mit Alltagstauglichkeit glänzen. Der i-oniq stirbt nicht in Schönheit, sondern führt Funktion und Design zu einer Einheit zusammen. Diese elegante Ökonomie gilt auch für den Motor: Im rein elektrischen Betrieb alleine schafft das Auto 120 Kilometer. Kommt der 61 PS starke Verbrennungsmotor hinzu, dann werden es beachtenswerte 700 Kilometer mit einem Ausstoß von 45 Gramm CO2 pro Kilometer. Der i-oniq legt mit seinem Plug-in-Hybrid-Motor die elektrische Marschr ichtung des koreanischen Herstellers fest: Hyundai setzt auf das Konzept des Reichweitenverlängerers. Besonders zu begrüßen ist am ioniq aber vor allem die Weiterentwicklung im Design. Die bisherige „Fluidic Sculpture“-Strategie war häufig von überzeichneten, aggressiven Details dominiert, der i-oniq hingegen wirkt wesentlich ruhiger, reifer und eigenständiger. Gediegen, schön, sparsam und gehaltvoll, wäre das nicht die Definition von modernem Luxus? Der Hyundai i-oniq hat diese Attribute auf jeden Fall. •
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Toys for Boys Fotos: Heiko Richard
Die neuen Modelle von Bavaria sind So leicht zu bedienen wie ein ferngesteuertes Auto Vorbei die Zeiten, dass grau melierte Segelanfänger unter den schrillen Kommandos ihrer Gattinnen beim Anlegemanöver gegen die Nachbarsyachten krachen. Die von Farr Yacht Design entworfene 14-Meter-Segelyacht Vision 46 (Grundpreis 208.131 Euro) bringt nicht nur das Design des Premium-Segments in die Yacht-Mittelklasse, sondern auch Assistenzsysteme, wie das mit den Navigationsgeräte-Hersteller Garmin entwickelte Dock Control System. Segeln kinderleicht: Per Joystick wir das Boot zentimetergenau in jede Richtung manövriert, die auslappbaren Strahlruder erlauben sogar parallele Bewegungen.
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Per Knopfdruck werden die Segel bedient und mit dem System Auto Track sind selbst vollautomatische Wendemanöver möglich. Fehlt eigentlich nur noch die Steuerung per iPhone. Wem das immer noch zu kompliziert ist, dem bleibt nur der Griff zu Motorbooten wie der 39 Sport (Grundpreis: 171.955 Euro): Das knapp 12 Meter lange Motorboot lässt sich mit seiner 2x320-PS-Standardmotorisierung ohnehin so kinderleicht bewegen, dass man auf ein Assistenzsystem gerne verzichten kann. Einen echten Segler wird das allerdings kaum ins andere Lager locken. Vor allem bei dem Gedanken an den 720-Liter-Benzintank. •
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Zylinderkopf als Parkplatz Text: Dan Ross
Zaha Hadid entwirft Parkhaus fur Miami
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Es ist nicht das erste Mal, dass sich Zaha Hadid der Parkplatzgestaltung widmet. In den späten 90ern gestaltete sie die Staßenbahnendhaltestelle Hoenheim-Nord bei Straßburg, inklusive „Park and Ride“-Plätzen. Die schräg Richtung Überdachung ragenden Metallträger erinnerten an die krause Ordnung von Eisenspahn auf einem Magnetfeld. Nach dem Erfolg von Herzog & de Meuron‘s 11 11 Lincoln Road Parkhaus in Miami South Beach, (Intersection war dort Gastgeber eines Events zur Eröffnung der Art Basel), durchwirbelt Hadid erneut unsere gewohnten Vorstellungen von Parkplatz-Architektur. Matti Herrera Bower, die Bürgermeisterin von Miami Beach, hat es sich zum Ziel gesetzt, dass ihre Stadt die Geburtsstädte des sozialen Parkens sein soll. Etwas, das wir seit langer Zeit befürworten. Schließlich haben wir
2004 die obersten Etagen eines mehrstöckigen Parkhauses in London zu einem Ausstellungs- und Partyraum umgewandelt. Miami hat dabei natürlich den unschlagbaren Vorteil, dass es dort nicht die ganze Zeit in Strömen regnet. In Hadids neuem Entwurf treffen Menschen und Autos in einer spiralförmigen Struktur aufeinander, die entfernt an einen aus den Fugen geratenen überdimensionalen Zylinderkopf erinnert. Zusammen mit anderen experimentellen Parkhäusern von Enrique Norden, Frank Gehry und Arquitectonica, die in den umliegenden Straßen gebaut wurden, scheint es in Miami immer schwieriger zu werden, die gute alte Asphalt-Tristesse zu finden, an die wir uns seit Jahrzehnten gewöhnt haben, wenn wir unsere Autos an unwirtlichen Orten parkten. Doch das ist ja absolut zu begrüßen. •
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Schwimmendes Origami Text: Arto Matmoza Fotos: Katherine Lu
Max Frommfelds und Arno Mathies’ faltbares Ruderboot Gestaltet, damit man es in zwei Minuten zusammenbauen kann, komplettierbar durch ein wasserdichtes Kissen, das sowohl als Ersatz für die Rettungsweste durchgeht als auch zum entspannten Vor-sich-Hindösen in der Sonne: Das faltbare Boot von Max Frommfeld und Arno Mathies hält, was es verspricht. Auch der englische Designer Tom Dixon fand das und zeigte das Boot in einer Sonderedition auf einem seiner „The Dock“-Events, während des London Design Festival, zu denen er regelmäßig in sein Londoner Studio einlädt. Das befindet sich praktischerweise direkt an einem Kanal. Ein Praxis-Test war also gleich möglich. Hergestellt wird das sogenannte Foldboat aus einem Stück Kunststoff und kann mithilfe von insgesamt nur drei Teilen zusammengebaut
werden. Hat man genug vom Wasser, faltet man das Foldboat zusammen und hängt es sich über einen Tragebügel über die Schulter. Gerade für diejenigen, die in Städten mit vielen Kanälen
und Flüssen leben, also zum Beispiel die Berliner, ist das Foldboat eine enorm praktische Sache: Denn wer hat schon Lust, ständig ein wabbeliges Schlauchboot aufzupusten? Und wer hat schon Platz für ein sperriges Ruderboot aus Holz? Federleicht und leicht verstaubar, damit zielen die Designer aber nicht nur auf das Großstadtpublikum beim Sonntagsausflug, sondern auch in Richtung NGO-Hilfsorganisationen. Denn etwa hundert vollwertige Ruderboote sind in einem Stapel von gerade einem guten Meter transportierbar. Ökonomischer geht es nicht. •
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Space X Erobert das Silicon Valley nun das Weltall? Der Weltraum-Koloss NASA steht mit dem Rücken zu Wand: Nach dem vorzeitigen Ende des Shuttle-Programms fehlen Transportkapazitäten zur Internationalen Raumstation ISS. Auch das ambitionierte ConstellationProgramm, das bis 2020 Menschen wieder auf den Mond bringen sollte, wurde von der Obama-Administration gestrichen. Doch auf der Erde steht schon ein Heer von SelfmadeMilliardären bereit, die schwerfällige Weltraumbehörde abzulösen. Die Raumfahrt steht vor einer Revolution mit ungewissem Ausgang. Elon Musk ist so etwas wir der Richard Branson des digitalen Zeitalters: Nach Zip2, Paypal und Tesla Motors hat sich der 41-jährige Serienunternehmer mit seiner Firma Space X, ebenso wie Branson mit Virgin Galactic, dem ambitionierten Projekt verschrieben, das Weltall zu kommerzialisieren. Jetzt
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dürften bei dem smarten Musk die Korken knallen: Mit dem erfolgreichen Andocken seines Raumtransporters Dragon an die ISS wartet auf Space X ein milliardenschwerer Deal mit der NASA über 12 Transportf lüge. Die Zahlen verdeutlichen, dass sich hinter Unternehmen wie Space X, Virgin Galactic oder dem von Amazon-Gründer Jeff Bezos finanzierten Raumfahrtunternehmen Blue Origin längst mehr verbirgt als das exzentrische Hobby von ein paar supperreichen Internetnerds. Mit einem Bruchteil der Entwicklungskosten, größerer Flexibilität und finanzieller Risikobereitschaft werden Luftfahrtgiganten wie Lockheed und Boeing scheinbar mühelos an die Wand gespielt. Und der Run auf die Milliarden hat erst begonnen: Raumhotels, Minen auf dem Mond und Marsflüge – Space Economy ist the new New Economy. •
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Eurofighter Fotos: Rémi Ferrante Styling: PC Williams
Wie Infiniti sich endlich in Europa durchsetzen mOchte
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12 Infinitis neue Studie Emerg-E debütierte im Frühling auf den Genfer Autosalon. Der Sportwagen mit Mittelmotor soll andeuten, was von Nissans Luxusmarke in der Zukunft zu erwarten ist. Der Emerg-E ist der erste Infiniti, der in Europa entwickelt wurde. Eine gute Entscheidung. Fällt es der Marke in Europa immer noch sehr schwer, sich gegen die europäische Konkurrenz durchzusetzen. Die Modelle, mit denen Infiniti hier an den Markt ging, waren vor allem amerikanische Ent-
wicklungen. Und Europäern Autos zu verkaufen, die für den amerikanischen Markt entwickelt wurden, hat noch nie funktioniert. Um der Marken-Maxime „Inspired Performance“ gerecht zu werden, fährt der Emerg-E mit zwei Elektromotoren à jeweils 204 PS an der Hinterachse für 50 Kilometer elektrisch, dann schaltet sich ein Range Extender zu, wie wir es vom Ampera oder dem Fisker Karma kennen. Beides bringt den Emerg-E in unter vier Sekunden von null auf hundert, bei einem angegebenen Ver-
brauch von 2,3 Litern. Shiro Nakamura, Infinitis Chefdesigner wollte dem Wagen einen seidigen Look geben. Was nachvollziehbar ist, denn die Karosserie wellte sich elegant und komplex unter den Scheinwerfern von Genf und dem Laserstab unseres Models. Doch eine passendere Beschreibung für die Essenz dieser Studie wäre eine Eisenfaust, die in einem Seidenhandschuh steckt. Der Emerg-E vermag es kaum, Infinitis Aggression zu verbergen, mit allen Mitteln in den europäischen Markt vorzudringen. •
Oberteil Miss Selfridge Armband Freedom für Topshop Kette Topshop Schuh Aldo
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Schienenpark Text: Lisa Leinen Fotos: Kai Nedden
Die New Yorker Architekten Diller Scofidio + Renfro begrUnen stillgelegte Bahngleise
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In einem Gebiet, das Anfang des letzten Jahrhunderts noch ausschließlich für die Herstellung und den Transport von Fleischgütern bekannt war, erstreckt sich in New York seit einiger Zeit eine blühende Promenade. Die etwas mehr als zwei Kilometer lange, seit den 1970er-Jahren ungenutzte und eigentlich schon zum Abriss verdammte Hochbahntrasse zeigt sich heute in neuem Glanz, oder besser: in attraktivem Grün. Dass es überhaupt zu der Reaktivierung der Bahnstrecke im Meatpacking District kam, ist zunächst der Verdienst zweier Anwohner aus der Nachbarschaft: Der Journalist Joshua David und der Künstler Robert Hammond gründeten 1999 den Verein „Friends of the High Line“, um die Hochbahn vor der bevorstehenden Zerstörung zu bewahren – mit Erfolg. Nach dem Beschluss, die High Line nicht niederzureißen, rief die Stadt einen Wettbewerb für die Umgestaltung der Trasse aus, der einen „einfachen, wilden, ruhigen und langsamen“ Umgang mit der Landschaft zum Ziel
haben sollte. Dem ortsansässigen Architektenteam Diller Scofidio + Renfro gelang es, ein Konzept für die Neugestaltung der New York High Line zu entwickeln, das sowohl Auftraggeber als auch Bewohner überzeugte und in den Medien gefeiert wurde: das „Wallpaper Magazin“ kürte den neuen Park zum „Lebensverbesserer des Jahres“. Auf Einladung von Volkswagen im Rahmen der MoMA PS1 Kooperation des Konzerns konnten wir uns die umgestaltete High Line mit eigenen Augen ansehen. Tatsächlich erinnert der Schienenpark an einen idyllischen Stadtgarten. Die Architekten haben dazu große Teile der Bahnstrecke mit Betonplanken ausgelegt, die in einem Raster aus unterschiedlichen Dichten und Größen Raum für den Erhalt und die Neusetzung von einheimischen Pf lanzen bieten. Die Überreste der Schienen wurden genutzt, um fahrbare Liegen zu installieren. Entspannt schauten wir auf ihnen dösend dem Treiben auf der neue in der Luft schwebenden Flaniermeile zu und winkten den Booten auf dem Hudson River zu.
Die Initiatoren des High Land Parks Joshua David und Robert Hammond wurden von der Rockefeller Foundation für ihr soziales und kulturelles Engagement geehrt. Derweil entwickeln Diller Scofidio + Renfro bereits neue Pläne für den nächsten Teil der stillgelegten Bahnschienen. •
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Cyber Turbo Fotos: Patrick Fraser Styling: Katharine Erwin
Auf dem besten Weg in die Serie: BMWs neue Studie i8 Spyder
Gerade erst wurde er als Meisterleistung deutscher Ingenieurskunst gefeiert, schon legt BMW nach und zeigte auf der Peking Autoshow den spektakulären i8 auch als Cabrio. 2014 soll der i8 Coupé auf den Markt kommen und damit dem Kleinwagen i3 (2013) folgen. Ob der Spyder es allerdings in Serie schafft, liegt erst mal am Erfolg der ersten beiden Kinder der i-Familie. Seriennäher ist bei der Studie des i8 Spyder auf jeden Fall das Interior geworden. Das sollte den letzten Zweiflern deutlich machen, dass BMW es mit seinem hypermodernem Supersportwagen grundsätzlich ernst meint.
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Doch schaut man sich den i8 Spyder fast drei Jahre nach der Präsentation des Coupés an, wie ist eigentlich das Design der i-Serie gealtert? Silvergrey und Electric Blue haben das WeißBlau des Vorgängers ersetzt. Wir finden, sie gehen als Zukunftsfarben durch. Doch wenn man auf dem Concorso d‘Eleganza in der Villa d‘Este Paul Bracq die kantig elegante Studie BMW Turbo gesehen hat oder sich an die M1 Hommage erinnert, die BMW 2008 auf der Villa d‘Este gezeigt hat, dann wünscht man sich schon, BMW würde die schwülstigen Linien des i8 etwas zurücknehmen. Der verschnör-
kelten Karosserie täte eine vorsichtige Schlankheitskur ganz gut. Verstehen Sie uns nicht falsch, wir lieben natürlich grundsätzlich Experimente und halten sowohl Chris Bangle als auch Adrian van Hooydonk für große Autodesigner. Wir denken aber auch, dass Technologie mittlerweile so tief in unseren digitalen Alltag eingedrungen ist, dass sie sich nicht als Statement überdeutlich nach außen zeigen muss, wie man es beim i8 versucht. Aber dieses Problem wird die Serienfertigung bestimmt von alleine lösen. Van Hooydonk und sein Team werden sich eine elegante Lösung einfallen lassen. •
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Fahrzeuganatomie
Ryoji Ikeda kennt sich aus mit Daten. In seiner Kunst transformiert er Zahlenreihen, mathematische Gleichungen oder naturwissenschaftliche Phänomene zu einer streng grafischen Ordnung. Was dem Maler sein Pinsel, ist für Ikeda der Computer. Seine manchmal fast klinisch saubere Kunst ringt den g r undlegenden Mechanismen, die die Welt bewegen, eine transparente Schönheit ab. Nur mit einem Auto wusste er zunächst nichts anzufan-
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In einer Installation zeigt der japanische KUnstler Ryoji Ikeda die KomplexitAt eines Honda Civic – und dessen abstrakte SchOnheit
gen, als Honda auf ihn zukam und ihn bat, für ein Kunstprojekt zusammenzuarbeiten. Erst als man ihm die CAD-Daten des Civic schickte, entwickelte er eine Faszination für die Komplexität des Fahrzeugs. „Es war eine gigantische Menge, sie sah am Bildschirm aus wie ein dichter Wald. Fast undurchdringlichh.“ Ikeda siebte die Daten aus, hob Muster und Strukturen hervor. Das Ergebnis ist die hypnotische Videoinstallation „data.anatomy“, die
im Frühjahr in Berlin im imposanten ehemaligen Kraftwerk zum ersten Mal gezeigt wurde. Zahlenreihen wimmeln weiß und in perfekt geometrisch geordneten For mat ionen über die Leinwand, der Karosserieumriss des Wagens blitzt auf. Fast jede Bewegung synchronisierte Ikeda mit einem Ton oder einem Geräusch. Aus den Daten des Autos wird eine abstrakte audiovisuelle Landschaft. „Kunst hat keinen Zweck“, sagt Ikeda. Trotzdem gelingt es ihm aus dem Ge-
brauchsgegenstand Auto eine zwecklose Schönheit, also Kunst zu erzeugen. Normalerweise arbeitet Ikeda nicht mit bestehenden Produkten. Der Honda Civic war eine Premiere. Doch es gibt eine Grundidee, die ihn mit dem Auto und den Ingenieuren und Designer, die es gestaltet haben, verbindet. „Es geht nicht nur um die Maschine“, sagt Ikeda. „Es geht um die Idee, die Vision von etwas. Diese Grundidee muss simpel sein, den Kern von etwas darstellen. „In meiner
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Kunst geht es mir immer darum, zu versuchen diese Grundidee bis zum Ende durchzusetzen, auch wenn es auf dem Weg dahin unübersichtlich werden sollte.“ Insofern zeigt Ikedas Arbeit zum Honda Civic vor allem auf poetische Art die Komplexität eines zeitgenössischen Autos, denn jenseits der endlos vielen Daten, Entscheidungsprozesse und Produktionszusammenhänge läuft auch hier ebenfalls alles auf eine Grundidee hinaus: Ein Auto muss fahren. •
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FLIEWATUUT Text: Tone Fotos: Lénoard Gomes Ferenczi
Alain Bublex begann seine Karriere als Autodesigner und wurde Kunstler. Seit dem stattet er alte Fiat mit Propellern aus, fahrt in einem schrottreifen Espace von Paris nach Tokyo und bevorzugt alte, knochige Autos wie den Citroen 2CV
Der Künstler Alain Bublex hat eine Leidenschaft für Autos. Und nicht nur das: Ein Streit über sie führte sogar zu seiner aktuellen Karriere. Nach Differenzen mit dem Management von Renault, für die er als Designer arbeitete („Ich wollte Autos gestalten, Renault wollte Profit machen“, sagt er), wandte sich Bublex der Kunst zu. Seine Fahrzeugskulpturen zeichnen sich durch ihren trockenen Humor aus. Bublex greift sich das Fahrzeugdesign – man könnte sogar sagen, dass er es als Geisel nimmt –, um es zu entführen und in sein seltsames Paralleluniversum zu überführen. Für eine Ausstellung in der Pariser Vallois
Galerie hat er den ikonischen Fiat 126 in konsequenter Back-to-Basics-Manier im Innenraum bis auf ein paar hölzerne Sitze reduziert und ihn für seine Aero-Serie mit einem Propeller ausgestattet, der bei den meisten von Bublex Auto-Modifikationen entweder vor der Windschutzscheibe oder am Heck angebracht ist. Seine Interventionen wirken oft wie eine Fortsetzung der ursprünglichen Absicht eines Autos. Man könnte auch sagen, Bublex versucht aus einem Schrotthaufen eine Art Fliewatüüt zu konstruieren, ein selbst gebasteltes Superauto, das so aussieht als könnte es sogar fliegen, und im Endeffekt
doch nur mehr schlecht als recht auf der Straße fährt. Bublex befreit das Design von Sachzwängen und fördert den wahren Charakter des Produkts zutage, der während des Produktionsund Gestaltungsprozesses in Bublex Augen verloren gegangen ist. Wir trafen den 52-jährigen Künstler in Paris, um mit ihm über seine Arbeiten und seinen Renault Espace der ersten Generation zu besprechen, in dem er vor Kurzem von Paris nach Tokyo gefahren ist.
land war und dort überraschenderweise viele japanische Fahrzeuge auf den Straßen entdeckt habe. Besonders der Nissan S-Cargo, eine Art moderne Kopie des 2CV aus den Achtzigern, interessierte mich. Bis dahin hatte ich nur einen in England gesehen und das zweite Mal ausgerechnet in Odessa. Ich dachte: Wenn jemand japanische Autos nach Russland importiert, warum nicht einfach mal den umgekehrten Weg fahren. Die Vorstellung hat mich amüsiert, da es verkehrstechnisch zwar möglich, aber im Endeffekt naErzählen Sie uns von Ihrem Trip? türlich absurd ist. Ich fand genau das Alain Bublex: Die Idee dazu kam mir verführerisch. Zudem passte es sehr öfter. Besonders nachdem ich in Russ- gut zu meiner Vorstellung von Autos.
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Ich mag Autos, die in ihren letzten Zügen liegen. Die so sind wie ein Filzstift, mit dem man als Kind so lange schreibt und malt, bis er komplett leer ist. Richtig gute Autos sind immer die, die lange halten. Ich finde, dass es Autos einen starken Charakter gibt, wenn sie ästhetisch abstoßend und veraltet sind, schlecht riechen und klappern. Denn so werden sie zu Objekten, die trotz aller Widrigkeiten funktionieren, sie haben dann etwas Heroisches. Ich wollte für meine Reise genau so ein Auto fahren. Eines, das kurz vor der Schrottreife stand. In Russland begegneten mir viele Fahrzeuge, die wie eine Bricolage zusammengebaut waren,
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über die Jahre verändert, umgebaut mit Teilen, die eigentlich zu anderen Fahrzeugen gehörten. Die Grundfunktion des Autos bleibt erhalten, aber alles jenseits davon verändert sich, die Zusatzfunktionen verabschieden sich – alles ist außer Betrieb, wie Heizung und elektr ische Fensterheber. Wir sind in dem alten klapprigen Renault Espace aus der ersten Generation etwa 2500 Kilometer gefahren. Wir haben von Paris nach Tokyo insgesamt acht Wochen gebraucht. Lustig war: Da es in Japan sehr selten ist, europäische Autos zu fahren, besonders, wenn das Lenkrad auf der linken Seite ist, liebten wir es, die Gesichter der Leute zu
beobachten, die an den Mautstellen arbeiteten. Glücklicherweise konnten wir unsere Sitze drehen. Diese Funktion ist in dem Espace über die Jahre erhalten geblieben. In welche Projekte waren Sie bei Renault involviert? Damals arbeiteten wir an einer Reihe von Ideen, die im Zusammenhang mit dem Minivan standen. Ich gebe zu, dass ich mit Renault nicht wirklich auf einer Wellenlänge lag. Ich fand einige meiner Ideen später im Nissan Serena. Es musste ein Team japanischer Ingenieure in die Renault-Büros gekommen sein, um sich in Frankreich inspirieren zu lassen.
Was war das erste Fahrzeug, das Sie als Kunstwerk entworfen haben? Das wäre der erste weiße Aerofiat, 1995. Ich hatte die Idee, ihn umzuwandeln, als ich merkte, dass dieses Auto im Prinzip aus den 1930er-Jahren kam. Es ist ein kleines und eher grobes Auto und plötzlich, je länger ich mich mit ihm auseinandersetzte, erkannte ich, wie viel es wirklich von den 30er-Jahren geerbt hat. Die Idee der Hybridisierung schien in der Zeit bei Designern ganz natürlich. Haben Sie überhaupt kein Interesse an modernem Design? Ich tue mich mit Neo-Retro-Designs und Formen schwer. Viele Entwürfe
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links oben CORSAIR, 2010 Basrelief aus Holzresten, 180 x 87 x 12cm
Mobilitat hat viel mit Toleranz zu tun. Auch wenn das nicht wirklich eine Definition ist, dann ist es auf jeden Fall eine Bedingung. links Quatre Aérofiat au Printemps, 2002 C-Print auf Aluminium, 180 x 180 cm rechts Achetez de l’acier, 2006 C-Print auf Aluminium, 160 x 232 cm
sind mir zu fettleibig. Man kann nicht wirklich sehen, wo die Linien sind. Ich bevorzuge alte, knochige Autos, wie den 2CV zum Beispiel, er sieht sehr dünn aus, nur Haut und Muskeln. Ich mag diese Leichtigkeit. Obwohl ich von einem großen Lexus in Versuchung gebracht werden könnte. Der Sedan. Ich verstehe das Design nicht wirklich, aber ich mag es. Ich liebe japanische Exzentrik, inklusive Lastwagen mit riesigen Kühlergrills. Wir hörten, Sie fahren Motorrad? Ja, eine Harley. Ich besitze eine Triumph Bonneville und eine Kondor, ein Schweizer Armee Bike. Aber das ist nicht wirklich bequem. Ich finde, dass
Fortschritte bei Motorrädern wirklich spürbar sind und sie sich insgesamt wirklich verbessert haben. Ich gestehe auch, dass ich ein ziemlicher Fan von Honda bin. Es ist eine Marke, die viele für langweilig halten, die aber den meisten anderen Herstellern immer noch überlegen ist. Was ist Ihre Definition von Mobilität? Mobilität hat viel mit Toleranz zu tun. Auch wenn das nicht wirklich eine Definition ist, dann ist es auf jeden Fall eine Bedingung … Wenn ich es mir überlege ... Doch, es ist eine Definition. •
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Zu frUh zu schnell Text: Daniel Seetal
Warum James Franco von der Filmikone James Dean besessen ist 46
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Dass James Franco uneitel wäre, kann man nicht unbedingt behaupten. Der Schauspieler, der sich gleichzeitig als Schriftsteller und Künstler versucht, hat für das Museum of Contemporary Art in Los Angeles eine riesige Kunstshow mit dem Titel „Rebel“ kuratiert, in der er in gefühlt der Hälfte der Kunstwerke selber auftaucht. Entweder hat er sie gemacht oder er ist in ihnen zu sehen. Nichtsdestotrotz ist die Idee, James Dean und seinem berühmten Film „Denn sie wissen nicht, was sie tun“ eine Ausstellung zu widmen, eine sehr gute. Vor allem, wenn es um die Verbindung von Auto und Popkultur geht, ist „Rebel without a cause“ – wie der Film im Original heißt –, eine sehr ergiebige und immens wichtige Angelegenheit, denn in ihm symbolisiert das Auto die Rebellion, die Freiheit und den Tod – es spielt also eine ziemlich grundlegende Rolle. Und auch die Privatperson James Dean liebte die Geschwindigkeit. Er starb am 30. September 1955 bei einem Unfall in seinem silbernen Porsche 550 Spyder. Auf dem Heck des Wagens war sein Spitzname „Little Bastard“ geklebt. Franco spielte James Dean mal in einem Biopic, seit dem lässt ihn die Figur – milde ausgedrückt – nicht mehr los. Dass er von ihr besessen ist, wäre wohl angemessener, schaut man sich den PR-Zauber rund um die Ausstellung an. Für die hat Franco eine Menge berühmter Künstler gewonnen. Darunter: Paul McCarthy, Douglas Gordon, Terry Richardson oder Ed Ruscha. Uns interessieren natürlich vor allem die Arbeiten von Aaron Young und Har-
mony Korine, in denen es direkt um den Zusammenhang von Mobilität und Rebellion geht. In Harmony Korines Kurzfilm „Caput“ persifliert der Regisseur die Messerkampfszene in „Denn sie wissen nicht, was sie tun“. Statt am Griffith Observatorium außerhalb der Stadt wie im Original spielt Korines Film in einem Parkhaus in Los Angeles, inklusive einer Mädchen-Gang, die mit Macheten hantiert. Der Künstler Aaron Young, bekannt für seine zahlreichen Mobilitätsbezüge, steuerte gleich mehrere Arbeiten zur Ausstellung bei. Eine nennt sich „Life is a drag“. In dem Titel steckt eine dreifache Anspielung: Einmal auf Deans Geschwindigkeitssucht, auf das grundsätzliche Hadern mit dem Leben und natürlich auf drag im Sinne von Drag Queen und James Deans Homosexualität. In dem Video „Grapevine“ lässt Young ein Auto aus etwa 30 Metern Höhe in ein zehn Meter tiefes Loch fallen. Es ist der Wagen, mit dem James Dean in seinem Porsche zusammenstieß, als er starb. Das Auto verschwindet in dem Loch, als würde die Erde es verschlucken. Die Kultfigur James Dean stand wie kein anderer Schauspieler für die Rebellion der 50er und war für eine ganze Generation ein Vorbild für ein selbstbestimmteres Leben war. James Dean wollte ein Leben mit mehr Geschwindigkeit – und war zu früh zu schnell für die Gesellschaft, in der er lebte. Von Geschwindigkeit haben wir heute genug. Deshalb interessierte James Franco wahrscheinlich auch der Mythos James Dean, um zu schauen, was von ihm geblieben ist. Was verlo-
ren gegangen ist, aber bewahrt werden sollte. Dass Autos für Freiheit stehen, das ist zum Beispiel ein Gedanke, den man sich ab und zu mal wieder vor Augen führen könnte, statt sorgenvoll auf CO2-Ausstoß und Verbrauch zu starren. Und was James Francos Eitelkeit angeht: Kennen Sie einen echten Rebellen, der das nicht wäre? •
links Aaron Young, Grapevine, 2011 Länge: 1:10 Minuten, Courtesy of the Artist & Bortolami Galerie, Foto courtesy of the artist oben Harmony Korine, Caput, 2011 mit: James Franco und Eddie Peel, Länge: 6 Minuten, Foto courtesy of the artist unten Aaron Young, Life’s a Drag, 2011 Länge: 6 Minuten, Stills courtesy of the Artist
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Twin shadow fotos Debora Mittelstaedt styling Lisa Leinen Haare / Make-up Tricia Le Hanne Model Recep G端neysu, Mega Models alle outfits hugo auto honda civic
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Overall Tommy Hilfiger Bikini Louis Vuitton Tuch Louis Vuitton Armreifen und Ringe Kiki Dieterle
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Hang Loose fotos Peter Langer styling Hendrik Lakeberg auto audi a3
von links nach rechts Nike Converse Nike
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von links nach rechts Y-3, JackeNike Y-3 NewMotorad Balance Hose, Shirt und Helm BMW Adidas SLVR Stiefel Kostas Murkudis Nike Hair and Make-up TK Besonderen Dank an Hendrik Converse Lakeberg
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oben New Balance unten Adidas SLVR
von oben nach unten Asics Y-3 Converse Converse Nike New Balance Converse Adidas SLVR
Tuch Hermès Ring Vibe Harsløf Sonnenbrille Louis Vuitton
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oben Y-3 unten Asics
von links nach rechts Converse Nike Y-3 Nike
Bikinihose Hermès Tuch Hermès Kette und Armband Sabrina Dehoff
Bikinihose Hermès Tuch Hermès Kette und Armband Sabrina Dehoff
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Fast Gatsby fotos Jan Friese styling Osman Chaudhary Haare / Make-up Theo Schn端rer, blossom management Model Marcel Sorsch, Vivamodels auto toyota gt86
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Anzug Tombolini Hemd Louis Vuitton Krawatte Louis Vuitton Einstecktuch Louis Vuitton Schuhe Hermès
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Anzug Tombolini Hemd Louis Vuitton
Jackett Etro Shirt Louis Vuitton Hose Tombolini Schuhe Calvin Klein
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Anzug Burberry Hemd Louis Vuitton Einstecktuch/Halstuch Hermès Schuhe Hermès
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Jackett BOSS Black Tuch Filippa K Handschuhe Filippa K Hose Tombolini
Mantel Brioni Pullover COS Hose COS
Chrom blende fotos Detelf Schneider styling Sabine Volz Haare / Make-up Susanne Krammer, Fame Agency Model Chris Kightley, Promod auto bmw 7er
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T-Shirt Hermès Anzug Tombolini Tuch Hermès Boots Santoni Handschuhe Roeckl Kette Stylist’s Own
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Hemd Regent Jacket HUGO Jeans COS Gürtel Armani Schuhe COS
Jacket Tombolini Pullover COS Jeans COS Ring Stylist’s own
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Overall Tommy Hilfiger Bikini Louis Vuitton Tuch Louis Vuitton Armreifen und Ringe Kiki Dieterle
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Jacket Lacoste T-Shirt Schiesser Hemd Lagerfeld Shorts Hermès Schuhe Emporio Armani Kette Make-up-artist’s own
Karo-Hemd Louis Vuitton Jeans-Hemd COS
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Pullover Calvin Klein Mantel Armani Hose Polo Ralph Lauren Boots Model’s own Armkette Stylist’s own
Pullover Polo Ralph Lauren Jeans COS Gürtel Armani
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»Volkswagen ist meine Religion« Jedes Jahr fallen tausende Volkswagen-Jünger für das jährliche GTI-Treffen in das kleine Städtchen Reifnitz am Wörthersee ein. Ein irrsinniges Spektakel, das die Region regelmäSSig an die Grenze der Überforderung treibt. Doch gerade hier schlägt nicht nur das Herz des VW-Konzerns besonders stark, sondern auch das der Tuning-Subkultur Fotos K a t h a r i n a P o b l o t z k i
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ochdrehende Motoren zerschneiden die Gebirgsstille um den Wörthersee, Tausende getunte Golf GTI, Polo oder Audi mit schimmerndem Lack, Spoilern und Stickern, auf denen Sätze wie „Ameise bück dich“ stehen, sorgen für eine Klimaveränderung im idyllischen Kärnten. Die „Waffenschmiede“ Wolfsburg – wie die Volkswagen-Jünger ihren Konzern liebevoll nennen – hat die Region fest im Griff. Aus ganz Europa fahren jedes Jahr um die 100.000 Fans mit ihren Tiefliegern nach Reifnitz. Einige von ihnen tragen T-Shirts mit dem Aufdruck: „Wir sorgen für Dorfgespräche.“
nicht statt, weil es zu Krawallen kam. Die GTI-Fans trafen sich trotzdem. Nach drei Jahren Pause wurde die Veranstaltung wieder offiziell. 2006 kehrte auch Volkswagen als Sponsor zurück. Längst geht es nicht mehr nur im GTI, sondern um alle Marken des VW Konzerns. Auch Audi, Seat und Skoda haben einen großen Stand in Reifnitz aufgebaut. Das diesjährige GTI-Treffen nannte das Regionalblatt „Kleine Zeitung“ eines der ruhigsten seit 31 Jahren. Vielleicht lag es daran, dass der Dalai Lama zur gleichen Zeit Kärnten besuchte. Nähert man sich Reifnitz mit dem Boot, dann wirkt es als stammte es aus einer Geschichte von Clemens von Brentano oder von irgendeiner anderen
Das tun sie in der Tat: Das 569 Einwohner starke Reifnitz ist seit Anfang der 80er das Zentrum des GTI-Treffens am Wörthersee. Wobei Treffen in diesem Fall wie eine Lexikon-Definition des Worts Euphemismus klingt. Die Ankunft der PS-Kolonnen ist eine Eroberung. Die meisten Einwohner verlassen jedes Jahr Mitte Mai fluchtartig ihre Häuser. Man kann sie verstehen. Wer will schon Horden von Mitte zwanzigjährigen Tunerfreaks dabei zusehen, wie sie einem in den Vorgarten pinkeln. Aber Reifnitz lässt sich gerne für die paar Tage die Stadt aus der Hand nehmen. Wenn die Gemeinde gut wirtschaftet, dann dürfte sie während des GTI-Treffens die Haushaltskasse für das ganze Jahr sanieren. Die Einfahrt in den Ort kostet mittlerweile 50 Euro, der Eintritt als Fußgänger liegt bei fünf Euro. Trotzdem gibt es immer wieder kritische Stimmen, die befürchten, das GTI-Treffen zerstört den Ruf der Tourismus-Region Maria Wörth. Außerdem bringen die Volkswagen-Jünger die Gemeinde an ihre logistischen Grenzen. Anfang der 90er fand das Treffen ein paar Jahre offiziell
Erzählung der Romantik. Das Schloss Reifnitz thront auf einem Felsen an der Bucht, weiter hinten ragt die Sankt Anna Kirche in den Himmel. Legt man mit dem Boot an, dann steigt einem der Geruch von Bratwürsten und Motorabgasen in die Nase, später der von Bier. „Das geht ab“ von den Atzen bollert aus einem Soundsystem. Gleich am Anfang des Dorfes gegenüber vom Gemeindeamt ist ein großer Volkswagen-Stand aufgebaut, auf dem der berühmte 25 Tonnen schwere Granit-Golf steht, den der VW-Konzern 1987 der Gemeinde Reifnitz spendete. Seit 1982 findet das GTI-Treffen am Wörthersee statt. Es wurde weltweit das größte seiner Art. Aber es sind nicht nur die drei Tage des offiziellen Treffens, die die Region erschüttern, teilweise kommen die Tuner-Gangs bis zu drei Wochen früher. Man trifft sich auf Parkplätzen und Tankstellen in der Umgebung. Die frühe Anreise hat zwei Gründe: Einerseits gibt es auch in der Tuning-Subkultur Hierarchien. Die elitären Tuner möchten unter sich sein. Sie wollen sich nicht
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Eine derartig treue Fangemeinde, die sich Sticker mit dem Slogan „Volkswagen ist eine Religion“ auf den frischen Lack klebt ist ein Segen für einen Konzern
mit der ahnungslosen Masse und ihrem aufgemotzen Mittelmaß abgeben. Andererseits ist die Polizeipräsenz um Reifnitz mittlerweile so groß, dass einige Volkswagen-Ultras vermeiden wollen, dass der ein oder andere halblegale Eingriff an ihren Autos entdeckt wird. Kommt man als völlig Fremder in dieser Zeit in diese Stadt, dann würde er wahrscheinlich an der Vernunft des gesamten Menschengeschlechts zweifeln. Warum sollte man 50 Euro zahlen, nur um im Schneckentempo durch ein Dorf zu fahren, durch das Tausende andere Besucher mit oder ohne Auto drängeln? Den interessierten Sympathisanten dürfte verwundern, dass sich neben den Audi, Seat und VW zum Beispiel auch 3er BMW nach Reifnitz verirrt haben. Aber vielleicht ist das ein Provo-Ding der Tuner-Szene, um die Volkswagen-Fanatiker ein bisschen auf die Palme zu bringen. Man muss den Tuner-Humor lieben: Die ganzen „Nur meine Oma liegt tiefer“-oder „Friss meinen Feinstaub“-Sticker, der völlig unverblümte Sexismus, die Pappschilder von großbusigen Frauen, die man an einem Stand als Begleiterinnen kaufen kann. Eine Pappkameradin kostet zwei Euro, drei gibt es für fünf. Ein Typ in einem Polo mit Schalensitzen und Renngurten hat eine dieser Frauen aus Pappe auf dem Beifahrersitz. „Sie heißt Anita“, sagt er ernst. Hinter ihm hält ein GTI extra lange, sodass eine Lücke im Autokorso entsteht, und er der jubelnden Menge zumindest für 10 Meter zeigen kann, was sein Motor draufhat. Auf dem Beifahrersitz neben dem Typ sitzt seine Freundin im knappen Tanktop und zwirbelt Kaugummi kauend und gelangweilt an ihren blondierten Haaren. Insgesamt hat VW von 1982 bis heute etwa 1,8 Millionen GTI verkauft. Je länger man sich umschaut, je besser versteht man, dass der Volkswagen-Konzern hier offiziell als Sponsor auftritt. Eine derartig treue Fangemeinde, die sich Sticker mit dem Slogan „Volkswagen ist eine Religion“ auf den frischen Lack klebt und teilweise 50.000 Euro aufwärts in ihre Autos steckt, ist ein Segen für einen Konzern. Die Basis sozusagen. Und die braucht eine Marke, wie eine Bar die Stammkunden. Sie ist kostbar und dauerhaft wie Gold. Zur Presse-Konferenz des VW-Konzerns sitzen Ferdinand Piëch und Martin Winterkorn persönlich in der ersten Reihe. In der zweiten Reihe hockt Rupert Stadler von Audi im Freizeit-Outfit auf einem der weißen Sitzmöbel der VW-VIP-Lounge. Auch der Chefdesigner der Marke Volkswagen Klaus Bischoff ist angereist. Während Entwicklungsvorstand Ulrich Hackenberg das nagelneuen GTI Cabrio präsentiert, fühlt man sich für einen Moment, als wäre man auf der IAA in Frankfurt am Eröffnungstag. Daneben steht das Sondermodell GTI Black Dynamic. Neun Volkswagen-Azubis heben einen GTI tiefergelegt, verbreitert und in „Deep Black Metallic“ lackiert. Der schwarze Tuner-Traum verfügt über einen 360-PS-Motor, 150 mehr als die Serienversion. Glitzernd steht der Wagen
in der Sonne. Er kann durchaus mit den improvisierten Brüdern jenseits der Absperrung mithalten. Die Basis – also das Herz des VW- und GTI-Kults – besteht zum Beispiel aus René aus Unterschneidheim bei Stuttgart. Er hat seinen imposanten Golf direkt gegenüber vom VW-Stand geparkt und ist seit 8 Uhr morgens hier, um sich einen guten Platz zu sichern. Mittlerweile ist es drei. Renés besitzt sein Cabrio seit 1996 und hat es komplett umgebaut. Beige braune Ledersitze, die perfekt zu seinem rotbraunen Teint passen. Der Motor vergoldet und verchromt. Man kann sich in den Rohren spiegeln. Dann ist da Rainer mit
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Es sind nicht einfach nur Autos, mit denen die Tuner-Gemeinde hier aufläuft, In ihnen steckt manchmal ein halbes Leben
einem schicken Golf GTI der ersten Generation. Er kommt aus der Steiermark und sagt: „Der GTI ist ein Oldtimer, kein Plastikbomber“. Dann lästert er ein bisschen über das ganze „Proletenzeug“ hier. An einer Shell Tankstelle in Selpritsch etwa 10 Kilometer von Reifnitz entfernt befindet sich ein zweiter Hotspot der Tunergemeinde. Um einen Kreisverkehr sitzt die Dorfjugend in Campingstühlen und jubelt den vorbeifahrenden Autos zu. Auf einem Lidl-Parkplatz ganz in der Nähe pausieren drei Frauen neben einem dezent modifizierten Golf II. Sie haben vorher in einer Runde durch den Kreisverkehr eine Gummipuppe aus dem Schiebedach gehalten. Nicht die einer Frau, von denen man hier häufiger welche sieht, sondern die eines Mannes, entsprechend gut bestückt. Sogar die Polizei hat sie schon mit der Puppe fotografiert. Sie heißt Angelo, sagt eine der Frauen, während die anderen beiden sich gegenseitig frische Tattoos zeigen, auf denen noch die Schutzfolie klebt. Zurück in Reifnitz, am Ortseingang treffen wir Alex aus Leverkusen. Auf seiner Motorhaube prangt das Airbrush-Bild eines Mannes mit einem feinen
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Schnurrbart, darunter steht „True Familia“. Es erinnert an Bilder, die man auch auf Zirkus- oder Schaustellerwagen findet. Ein bisschen kitschig und deshalb rührend. Alex erzählt, dass das sein Großvater sei. Er hat ihn zur Autoschrauberei gebracht. Eigentlich wollte er sich ein Tattoo seines Konterfeis stechen lassen, aber da wäre seine Mutter durchgedreht, sagt er. Der GTI mit 450 PS und VR 6 Turbomotor ist sein erstes Auto. Mittlerweile hat er über 30.000 Euro in den Wagen gesteckt. „Alles selbst gemacht“, sagt er freundlich. In Leverkusen steht das Schmuckstück in einer videoüberwachten Garage. Er ist „seit einer Woche hier mit den Freaks“. Etwas melancholisch steht er da, während die Sonne langsam hinter den Bergen um den Wörthersee verschwindet. Es sind nicht einfach nur Autos, mit denen die Tuner-Gemeinde hier aufläuft, in ihnen steckt manchmal ein halbes Leben. Im englischen gibt es den Ausdruck „Wear your heart on your sleeve“ für jemanden, der sein Herz auf der Zunge trägt. Hier am Wörthersee trägt man es im Autolack und einem VR-6-Turbo-Motor.
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Kein Blick zurück MatThias Kulla ist bei Porsche verantwortlich für das Exterior-Design. Im Interview mit INTERSECTION-Autor und Autodesigner Markus Haub erklärt er, warum der 911er ein Klassiker geworden ist, und warnt vor zu viel Nostalgie
Interview M a r k u s H a u b
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as ist, abgesehen vom neuen, Ihr Lieblings 911er? Der 964er (Baujahr: 1988 bis 1994), weil er so ein puristisches Auto war und nicht Everybody’s Darling ist. Der 964 war der letzte, der noch mit dem „Urbody“ des ganz frühen 911ers (Baujahr: 1963 bis 1973) gebaut wurde, der Letzte der schmalen Generation. Vielleicht mag ich den 964 aber auch so gerne, weil es der erste Porsche war, den ich gefahren bin. Der 911 wird seit sieben Generationen gebaut. Wie nähert man sich dem Design eines Autos, das so viele Vorgängermodelle aufweisen kann? Ich bin seit 23 Jahren bei Porsche und ich habe bis auf ein Projekt ausschließlich am Exterieur-Design gearbeitet. Meine Erfahrung ist, dass viele Designer ziemlichen Respekt vor dem 911er haben. Ich lockere das Design-Team daher zunächst auf, ich ermuntere sie, mutig zu sein. Das 911typische bekommen wir später mit unserer Routine schon hin. Ich glaube, hierfür ist der neue 911er ein gutes Beispiel. Er sieht aus wie einer, aber wenn man ins Detail geht, zum Beispiel im Bereich der Leuchten, ist er ein extrem modernes Auto geworden. Was sind denn die Hauptmerkmale des neuen 911ers? Sie haben eben schon die runden Leuchten angesprochen, die sind ja bei einem Modell mal abhandengekommen, und prompt gab es große Aufruhr. Welche anderen gibt es? Bei der Gestaltung gehen wir vom Groben ins Feine. Wir fangen mit den Proportionen und der Silhouette an. Der 911er hat wegen des Heckmotors einen kleinen Radstand und ist damit einmalig in der Welt der Sportwagen. Die Dachlinie sinkt nach hinten schnell ab, der höchste Punkt der Karosserie liegt so immer genau über dem Fahrer. Die Seitenfenstergrafik folgt dieser Kontur und ist eines der Wahrzeichen des 911. Ein 911er ist an der Hinterachse am breitesten und an der Tür am schmalsten. Wenn man ihn von oben anschaut, erkennt man also eine Art Taillierung. Vorne betonen die runden Scheinwerfer die typische Porsche 911-Formensprache. Sie sind
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ein elementarer Bestandteil der 911-Produktidentität. Und auch die flache Haube, die erhöhten Kotflügel und das trapezförmige Heckfenster sind sehr 911er-typisch. Den Abschluss findet die Karosserie in einer stark horizontal gegliederten Leuchteneinheit. Das sind für mich die wichtigsten 911Designmerkmale. Was glauben Sie, hat die Dauerhaftigkeit des 911ers möglich gemacht? Als Autofan und mal nicht als Designer denke ich: Wenn der 911 in seiner Konzeption nicht so einmalig und technisch nicht so ausgefeilt gewesen wäre, hätte er vielleicht nicht so lange überlebt. Ich glaube, es war die Zusammenkunft von einem sehr individuellen Auto und gutem Timing, da es zur richtigen Zeit auf den Markt kam. Der 911er war puristisch gestaltet und von Anfang an mit dem zeitlosen Gedanken konzipiert: mit wenig möglichst viel zu erreichen. Man darf nicht vergessen, dass der 911er sich im Motorsport gegen Autos mit zwölf Zylindern und doppelt so viel PS behauptet hat. Und der 911er ist von Anfang an als Sportwagen auch ein sehr zweckmäßiges Auto: Er hatte hinten zwei Notsitze, Kinder konnten also auch mitfahren und man konnte Gepäck transportieren. Es war nicht nur ein schnelles, sondern auch ein alltagstaugliches Auto. Der 911 ist im Zuge der letzten Generation größer und komfortabler geworden. Der ursprüngliche 911 war ein sehr schlankes und leichtes Fahrzeug. Wie weit richtet man sich beim Design nach den Kundenwünschen? Wie viel Weiterentwicklung kann man ihnen zumuten? Die Frage verdeutlicht, wie komplex unser Job ist. Die Vorschriften an die passive Sicherheit verschärfen sich jedes Jahr. Wir werden daher mit immer neuen Gesetzesanforderungen konfrontiert, zum Beispiel wie viel Raum Fahrer und Beifahrer haben müssen oder dem Thema Fußgängerschutz. Früher musste ein Auto ja noch nicht mal einen Crashtest bestehen! Zudem sind die Menschen insgesamt größer geworden und das spiegelt sich natürlich auch in den Autos wider. Da aber weltweit alle Fahrzeuge die gleichen Anforderungen erfüllen müssen, ist der 911 in seinem Umfeld immer noch
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T IN V ER IEW Porsche 911 „Urmodell“ (1963) Porsche 911 „G-Modell“(1974) Porsche 964 (1988) Porsche 993 (1993) Porsche 996 (1997) Porsche 997 (2004) Porsche 991 (2011)
das kompakteste Modell. Der 991, also der neue 911er, ist zum Beispiel nicht breiter als sein Vorgänger, aber seine Proportionen wirken viel dramatischer. Wenn Sie den 911er vor dem Hintergrund der Porsche-Produktpalette sehen, wie hat sich da die Arbeit an dem Auto durch den Cayenne oder den Panamera und die neuen Märkte wie zum Beispiel China verändert? In China zum Beispiel war der 911er nie die Ikone, die er bei uns geworden ist. Die Verantwortung ist noch größer geworden, seit wir mit dem Cayenne und dem Panamera in andere Märkte vordringen. Für uns ist der 911er aber nach wie vor das Urmeter von Porsche, das die Markenphilosophie und damit auch die anderen Baureihen entscheidend prägt. Viele Fahrer schwärmen ja gerade wieder für Oldtimer und Youngtimer, sind wieder vom alten, puren, unperfekten Design begeistert, wollen sich an ihre Jugend erinnern. Sie haben vor einiger Zeit einen neuen 911 Sport Classic herausgebracht, mit den Fuchsfelgen, die an den RS von 73 erinnern und jetzt vor Kurzem das Club Coupé. Inwieweit spielt Nostalgie eine Rolle beim 911er-Design? Ich persönlich halte Nostalgie für ein Risiko. Deswegen vermeiden wir am Anfang des Designprozesses bewusst den Blick zurück. Wenn wir fertig sind, können wir das Ergebnis in Ruhe mit den Vorgängern messen. Die Tatsache, dass wir bei Sondermodellen das ein oder andere Detail aus der Vergangenheit zitieren, ist eine Verneigung gegenüber den Wünschen unserer Kunden. Aber ich bin sicher, dass diejenigen Marken, die mehr zurückschauen als nach vorne, ihre Wettbewerbsfähigkeit aufs Spiel setzen. Richtiger ist es, in die Zukunft zu schauen, dem Produkt aber seine Seele zu erhalten. Damit beschäftigen wir uns sehr viel. Ferdinand Alexander Porsche ist vor Kurzem gestorben. Hatten Sie jemals die Chance ihn zur Zukunft des Automobil-Designs zu befragen? Kam er früher zu Ihnen ins Studio? Zu meiner Anfangszeit kam er manchmal ins Studio, was uns alle natürlich sehr gefreut hat. Es gibt einige Designer, die etwas engeren Kontakt zu ihm
hatten als ich, Kollegen, die noch vor mir bei Porsche angefangen haben. Mir ist in Erinnerung geblieben, dass ihm Funktionalität sehr wichtig war. Sein Credo war: „Ein formal stimmiges Produkt braucht keine Verzierung, es soll durch die reine Form erhöht werden.“ Und er sprach immer von „ehrlichem Design“. Der 911 ist eine Ikone des deutschen Designs. Inwiefern spiegelt sich das in den neuen Fahrzeugen? Was würden Sie sagen, macht deutsches Design aus? Was sehr deutsch ist – und wofür auch der 911er steht -, ist dass man sich ihm mit einer gewissen Ernsthaftigkeit nähert, obwohl es ein sehr emotionales Auto ist. Das gilt sowohl für das Design als auch für die technische Kon-
» Für uns ist der 911er aber nach wie vor das Urmeter von Porsche « zeption. Die Emotionalität ist nicht effekthascherisch, sondern das Arbeitsergebnis von Tüftlern, die Nürburgring-Nordschleifen-Zeiten im Visier haben und gleichzeitig um jedes Zehntel Benzinverbrauch ringen. Interessant ist für mich, dass pragmatische, technische Entscheidungen am Ende zu einem Produkt führen, das die Sportwagenfans auf der ganzen Welt auch wegen seiner Emotionalität begeistert. Ich glaube, in dieser Gewissenhaftigkeit liegt etwas Deutsches. Im Design führt es dazu, dass wir jedes formale Feature immer wieder auf den Prüfstein stellen und uns fragen: Braucht es das noch? Ja, es gibt Details, die nicht nur dem Blech, sondern auch dem Auge Halt geben, wie die typische Kante unter der Tür. Aber dieses Verlangen, das Auto auf das Wesentliche zu reduzieren, das macht den 911er aus. Vielleicht wäre es interessant, diese Frage mal meinem internationalen Team zu stellen.
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die kurve kriegen
Jedes Jahr treffen sich hunderte MINI-Fans zum United Festival. Diesmal in Le Castellet bei Marseille. Zwischen technischer Perfektion und PORTOBELLO-ROAD-FEELING, zwischen Vernunft und Authentizit채t: INTERSECTION-Autor Ji-Hun Kim und der Fotograf Fabian Zapatka begaben sich auf einen Roadtrip nach Frankreich und fragten sich, was das Lebensgef체hl MINI eigentlich ausmacht
Fotos F a b i a n Z a p a t k a
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as erste Mal Mini für mich war vor über zehn Jahren. Ein alter Classic, hinten auf der Rücksitzbank eingequetscht. Der Wagen rumpelte über die unebenen Berliner Straßen, mein Kopf stieß in regelmäßigen Abständen gegen die Decke. Dass der rallyegrüne Cooper dem Bassisten der Ärzte Rod Gonzales gehörte, soll hier nur nebenbei erwähnt werden. Aber zu sehen, wie sich jemand mit voller Überzeugung und solch einer Körpergröße in so einen Schuhkarton zwängt, musste mehr Gründe haben, als nur mit einem praktischen Gefährt von A nach B zu gelanden. Rods alte Mod-Ehre erlaubte nichts anderes als einen MINI. Wahrscheinlich hätte er sich auch ein luxuriöseres und komfortableres Vehikel aussuchen können. Der gute alte MINI war für ihn so etwas wie eine Lambretta auf vier Rädern. In der Geschichte hatte wohl kaum ein Auto so viele verschiedene Bauherren, wie die tiefliegende von Alec Issigonis entworfene Rennkiste. Austin, Morris, BMC, Leyland, Rover und seit 2001 in der Neuauflage eben unter der Führung von BMW. Seitdem versucht die Marke ihren Kultstatus fortzuführen. Bayrisches Ingenieurstum und britisches Portobello-Road-Gefühl zusammenzubringen. Dass dabei das Auto auch ein Liebling wohlhabender, botoxverliebter Haus- und Ehefrauen in Chelsea wurde (die Gatten fahren standesgemäß Range Rover) und der spritzige, nostalgische Verve von damals einer gewissen technologisierten Spießigkeit gewichen ist, kam vielleicht nur mir so vor. Man hat sich im Laufe der Jahre an den Mini im Stadtbild gewöhnt. Neuerdings zum Beispiel als Carsharing-Auto. Nur die Sache mit dem Lifestyle-Auto leuchtete nie so recht ein. Die Bemühungen den MINI als so zu vermarkten, wirkten häufig angestrengt. Aber es gibt ihn wohl, den MINI-Lifestyle. Alle zwei Jahre wird er seit 2005 auf dem MINI United Festival zelebriert. Dieses Jahr fand es in Le Castellet in der Nähe von Marseille statt. Wir fahren mit einem John Cooper Works Clubman, einer aufgedrehten Version des Cooper S von Bayern über Mailand gen Provence. Drangsalieren die Serpentinen, passieren die Alpen und diese wundervoll dahindrapierten Straßen, riechen den Grand Tourismo und werden feststellen, dass man gar nicht bis zu den Festival-Headlinern Iggy Pop und Gossip kommen muss, um jenem Lebensgefühl auf die Spur zu kommen. Er findet bereits in der Fahrkabine statt. Der Sport-Mini mit 211 PS ist vielleicht gerade in seiner (aus praktikabler Sicht) Unperfektheit ein perfektes Auto. Ein Sieg über die Vernunft, eine Reminiszenz an den Asphalt und den Transit. Wie ein Kaugummi haftet er in den Kurven und man fühlt sich wie die Balineristas.
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Jene wagemutigen kolumbianischen Autoreparateure, die mit ihren Carros de Balineros, skateboardartigen, motorlosen Langbrettern mit Pappkarosserie, tollkühn die Hänge der La Linea ohne Bremsen und Gurte runterheizen und dabei wuchtige LKWs wie Slalomstangen umkurven. Es ist keine Neuigkeit, dass sich der Mini mit seiner viel gepriesenen Gokarthaftigkeit besonders im kurvigen Ambiente wohlfühlt. Aber diese subtile, neckische Überlegenheit, die man gerade in der Turbo-injizierten Variante verspürt, wenn man nicht nur RS6-Piloten, sondern auch
» Ein Sieg über die Vernunft, eine Reminiszenz an den Asphalt und den Transit « Motorradfahrern auf Bergstraßen die Rücklichter zeigen kann, scheint gerade in so einem dezenten Kugelblitz doppelt amüsant. Mit einem Koenigsegg schnell geradeaus fahren kann jeder. Vielleicht zeigt es sich genau hier: das britische, bissige Understatement. Auf dem Circuit Paul Ricard geht es nach der Ankunft gemächlich zu. Das Festival mit der großen Bühne scheint mit konventionellen Open-Air-Spektakeln wenig zu tun zu haben. Die Leute sind am Freitagabend noch nicht im erwartungsgemäßen Delirium. Keine
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gröhlenden Gruppen, eher gesetztes Beieinander. Familien und Fanclubs gesellen sich zu jungen Musikfreunden aus dem Umland. Rallye-Teams zeigen offene Werkstätten. Am nächsten Tag wird es nicht nur um Musik, sondern ab früher Stunde natürlich auch um Rennen, Trophäen und Drift-Eskapaden gehen. Man sucht sich einen Rennparcours ja nicht umsonst als Austragungsort aus, da bleibt keine Zeit für lange Ausnüchterungen. Joost Gijzel aus Eemnes aus der Nähe von Utrecht steht seit Samstagmorgen in der heißen Sonne neben seinem knallroten Classic-Cabrio, das er in eine fahrbare DJ-Kanzel umgebaut hat. Handtaschenhouse-Beats entspringen seinen CDs, barfuß fräst er Kuhlen in die Rücksitzbank. Er ist seit dem ersten Mini United dabei und er genießt sichtlich die Aufmerksamkeit, die er mit seinem Gefährt erregt. Das DJ-Mobil, mit dem er tatsächlich auch Partys bespielt, gefiel den MINI-Offiziellen so gut, dass sie aus einem neuen Clubman ebenfalls ein Disco-Gefährt nachbauten. Natürlich viel perfekter und sogar mit drehbarer Discokugel. „Meins ist das Original“, bekräftigt der 27-Jährige mit einem breiten Grinsen. Für Joost war der MINI Liebe auf den ersten Blick, er weiß aber auch von der schwierigen Identitätszusammenführung von altem und neuem Mini zu berichten. „Es kursierten Geschichten herum, dass nach der BMW-Übernahme Mini-Händlern auf einmal Lizenzgebühren aufgebrummt wurden, was in der Szene überhaupt nicht gut ankam.“ Aber ist der aktuelle Mini überhaupt noch ein britisches Auto? „Es verbindet bei beiden Autos die sprichwörtliche Freude am Fahren. Aber bis auf die Zubehörteile mit viel Chrom und Union Jacks haben die neueren Modelle wie
der Countryman kaum noch was mit der englischen Geschichte zu tun. Das sind eindeutig deutsche Autos. Aber hey, frühere Classics hatten Macken wie Millionäre Münzen. One size fitted nothing und wie wir in Holland schon immer gesagt haben: Ein MINI fing schon am Fließband an zu rosten. Diese Zeiten sind vorbei.“ Von den Macken weiß auch der lettische Radio-DJ und Sänger Normuns Ruttulis, der den ganzen Weg von Riga an die Cote d‘Azur mit seinem Classic zurückgelegt hat. So ein Festival sei dennoch Urlaub für ihn und seitdem er und seine Familie den Slapstickpannen von Rowan Atkinson aka Mr. Bean („unser aller Lieblingsschauspieler“) erlegen sind, gibt es kein anderes Auto mehr für die Ruttulis. „Erst war der Classic für meine Frau gedacht, aber nachdem sie mich regelmäßig anrief, dass sie stehengeblieben sei und nicht mit der Technik klarkäme, habe ich ihr einfach einen neuen gekauft. Seitdem ist dieses Auto hier mein Hobby und mein Spielzeug.“ Ein
Auto-Festival kommt aber auch selten ohne sportliches, modernes Tuning aus. Der Slowene Ambroz Kavs hat laut Medienberichten den schnellsten Mini Osteuropas. Drei Modelle besitzt er mittlerweile und bietet seine Dienste und selbst gebauten Motorteile auch anderen Besitzern an. „Als der heutige Mini 2001 herauskam, wollte ich ihn einfach ausprobieren, seitdem bin ich dem Handling und seiner Sportlichkeit verfallen.“ 300 PS hat er. „0-100 in 5 Sekunden, 0-200 in 14 Sekunden, das ist so schnell wie ein M3 oder ein Aston Martin V12 Vantage ...“ Die Sonne geht zu den dicken Akkorden von Gossip unter. Wir freuen uns aber schon auf den Rückweg. Auf die Serpentinen, den Drift in den schmalen Gassen. Unser John Cooper Works ist vielleicht nicht die große Liebe fürs Leben, aber wohl diese eine wundervolle Urlaubsliaison, von der man immer wieder erzählen wird. Auch um zu berichten, wie geschmeidig man wieder die Kurve gekriegt hat.
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Mit der Ampel reden Ford Blueprin
Seit Jahrzehnten träumen Verkehrsplaner von Fahrzeugen, envisions a future of intelligent vehicles and a smart transpor die miteinander vernetzt sind,Ford Informationen austauschen und irgendwann sogar autonom was bringt and fahren. paymentDoch system. Public and personal transportation will be fu das eigentlich und warum hat sich die Technik noch nicht durchgesetzt? INTERSECTION sprach mit Pim van der Jagt, dem Managing Director des Ford Research Center in Aachen
Interview A l e x a n d e r B a t k e - L a c h m a n n
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ird die Zukunftsvision des vernetzten Fahrens Wirklichkeit? Wie ist der Stand der Entwicklung? Wenn Sie sich neueste Assistenz-Systeme, wie das „Active City Stop“ ansehen, das mit verschiedenen Sensoren zum Beispiel erkennt, wenn das vorausfahrende Fahrzeug abbremst, dann haben Sie es bereits mit relativ komplexer Technik und teuren Sensoren zu tun. Im Gegensatz dazu ist Fahrzeug-zu-Fahrzeug-Kommunikation eigentlich einfache und preiswerte Technologie. Gleichzeitig ist das Potenzial unglaublich: Wenn Sie zum Beispiel bremsen, dann kann das Fahrzeug ein zuverlässiges Signal an das nächste Fahrzeug weitergeben. Wenn ein Hindernis hinter einer Kurve liegt, dann können andere Fahrer bereits gewarnt werden, obwohl sie gar nicht in Sichtweite sind. Dafür gibt es noch keine Sensoren, aber über die Fahrzeugkommunikation klappt das. Dennoch gibt es folgendes Problem: Systeme wie ActiveCity-Stop kann man einzelnen Kunden für ihr Fahrzeug anbieten und sie haben sofort einen Nutzen davon. Aber für die Fahrzeug-zu-Fahrzeug-Kommunikation muss man erst eine kritische Masse an Nutzern erreichen, damit es funktioniert. Denn der Kunde zahlt trotzdem, auch wenn er der Einzige mit diesem System ist. Richtig, das ist das Problem: Wie kommen wir dahin, dass digitale Fahrzeug-zu-Fahrzeug Kommunikation in einigen Jahren preiswert oder umsonst angeboten wird, um eine kritische Masse zu erreichen? Denn erst dann haben wir eine Funktionalität, die den Kunden etwas bringt. Doch über den Weg dorthin gibt es natürlich große Diskussionen. Aber das könnte ja auch über eine politische Entscheidung erreicht werden. Das wird in den USA ganz stark diskutiert. Mit der EU haben wir da natürlich ein Problem. Wir müssen uns alle
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rtation system that will tie all modes of travel into a single network ully integrated to save time, conserve resources and lower emissions.
einig sein und das geht sehr langsam, obwohl alle vom Sicherheitszugewinn überzeugt sind Aber die Technik ist eigentlich schon da… Noch nicht komplett. Aber vielleicht in zwei, drei Jahren. Es gibt bereits große Flottenversuche in den USA mit 200 Fahrzeugen, die miteinander kommuniziert haben. Das hat ohne große Probleme funktioniert. Doch es ist ja nicht nur so, dass Fahrzeuge miteinander kommunizieren können, sondern auch mit der Infrastruktur, mit der Am-
» wir werden schon bald erste Anwendungen von autonomem Fahren erleben « pel oder der nächsten Baustelle. Dadurch haben Sie ganz andere Möglichkeiten, den Verkehrsfluss zu steuern, und das hat dann natürlich auch erhebliche Umweltaspekte. Von Google gibt es ein Pilotprojekt mit Fahrzeugen, die sich völlig autonom im Straßenverkehr bewegen. Werden wir bald alle von Computern durch die Stadt chauffiert? Autonomes Fahren ist für uns ein großes Thema, aber sich morgens ins Auto zu setzen und zu sagen: „Fahr mich mal zur Arbeit“, das ist noch in ferner Zukunft. Doch bestimmte Formen davon werden in absehbarer Zeit kommen. Denken Sie an Staus: Sie haben hier ein übersichtliches Umfeld, keine Fußgänger, geringe Geschwindigkeiten. In den Ballungszentren verbringen die Kunden oft viel Zeit in Staus, Zeit, die sie gerne nutzen würden. In solchen Szenarien werden wir schon bald erste Anwendungen von autonomem Fahren erleben.
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Fight for your right to chill!
Beastie Boy Mike D übernimmt den Staffelstab von Modedesigner Raf Simons bei den Avantgarde Diaries. In Los Angeles kuratierte er einen neo-psychedelischen Überwältigungsparcours – inklusive lebensgroSSem Autorennspiel
Fotos M i rj a m W ä h l e n
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ike D kann’s nicht lassen. Auch mit weit über 40 bleibt der MC und Schlagzeuger der Beastie Boys der jungshafte Klamaukrebell, als der er vor einem Vierteljahrhundert Dosenbier-spritzend und Hydraulikpenis-protzend angetreten war. Allerdings ist der Grad an Selbstironie und lässiger Abgeklärtheit enorm gewachsen. In ihrem Kurzfilm „Fight for your right revisited“ aus dem letzten Jahr lassen die Beastie Boys ein junges Beastie-Boys-Impersonatoren-Trio auf ein altes Beastie-Boys-Impersonatoren-Trio stoßen – die beide mit wehenden Sneaker-Schnürsenkeln an den infantilen Unfug von 1986 anschließen. Was werden sich Mike D, MCA und Ad Rock am Set kugelig gelacht haben beim Beobachten, wer von den Schauspielerteams treffender die großmäuligen Nichtsnutze imitiert, als die sie in die Hip-Hop-Geschichte und bis in die Rock-‘n‘-Roll-Hallof-Fame eingegangen sind. Alt, aber albern, scheint die Losung der Beastie Boys zu sein. Gleichzeitig hat sich Mike D längst in einem sehr vernünftigen Manhattan-Loft-Leben mit Promigattin, vegetarischer Küche, Knuddelkindern und Yoga-Stundenplan eingerichtet. Sein Beastie-Boys-Image ist aber nicht nur Show, sein Ehemannleben nicht ausschließlich seine eigentliche Existenz. Mike D schlagen beide Herzen in der Brust.
Das hat er bewiesen, als er von Mercedes Benz eingeladen wurde, die Ausstellung „Transmission LA: AV Club“ im „The Geffen Contemporary at MoCA“ in Los Angeles zu kuratieren. „Transmission LA: AV Club“ ist das zweite Festival zu Mercedes Benz‘ Videoplattform „Avantgarde/Diaries“. Im Sommer 2011 hatte Raf Simons die Festivalreihe mit „Transmission 1“ in Berlin eröffnet. So einen dunkel autoritären Klang Raf Simons bei seiner Ausstellung anschlug, so verspielt erlebnisorientiert zeigt sich Mike D als Kurator. Mithilfe der smarten Eule Jeffrey Deitch, dem intellektuellen Posterboy der LA-Kunst-Schickeria und Direktor des MoCA, hat der ewig schlaksige Mike D einen neo-psychedelischen Überwältigungsparcours geschaffen, der alle Sinne in einen bunten Taumel treibt – bis zum wortwörtlichen Gleichgewichtsverlust. „So oft im Leben geht es nur um Kritik und Kontrolle, die Leute lesen Blogs, anstatt mal ihre Scheuklappen abzulegen und sich der Erfahrung zu öffnen. Ich wollte eine Ausstellung schaffen, die die Besucher aufsaugt. Ihnen soll vor Überraschung das Telefon aus der Hand fallen, anstatt dass sie sich wieder nur darauf konzentrieren, eine SMS an die Freunde zu schreiben, wie awesome alles sei“, erläutert Mike D seine Motivation als Kurator. Er hat 16 Künstler versammelt, deren Exponate eine erstaunlich geschlossene Welt aus bunter Unbekümmertheit, Bastelspaß, Bewusstseinserweiterung und digitalem Hippietum vermitteln.
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» Den Besuchern soll vor Überraschung das Telefon aus der Hand fallen « Man bekam wieder Kinderaugen, wenn man von Tom Sachs mobiler Hifi-Station, die wie ein freundlicher Androide aus Sperrmüll mit dem Sonnenschirm grüßte, über Ara Petersons und Jim Drains Wald aus drehenden Popart-Hypnosescheiben in den Raum von Ben Jones stolperte, der einen mit seiner rasanten, alle Oberflächen bespielenden Videospielaction aus den Latschen kippte, um schließlich beim asien-kalifornischen Fusion-BBQ von Roy Choi an ganz unerwarteten Geheimrezeptoren des Gaumens gekitzelt zu werden.
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Die Mercedes-Benz-Studie „Concept Style Coupé“ fügte sich markant, aber geschmeidig in den Rahmen ein. Gegen den angriffslustigen A-Klassen-Youngster brandete eine audiovisuelle Welle an, unter der er kernig hinwegtauchte. Für das LED-Leuchten-Gewitter über dem Wagen hatte Adam „Ad Rock“ Horovitz eine Soundspur maßgeschneidert, die einen mit schroffen Drillbeats davon überzeugte, dass man hinter dem Steuer des Style Coupés den Jason Statham in sich entdecken würde. Hatte man die LED-Leuchten wieder gegen die Sonne von LA getauscht, holte einen Roy Choi, den Mike D als DJ an den Kochplatten bezeichnete, mit seinem „Kogi Korean BBQ“ in die sprichwörtliche kalifornische Lebensart zurück: Das Gemüse ist knackig, die Haltung ist lässig. Bei diesem Ausklang fragte man sich, ob Mike D doch nicht mehr ganz so der jungshafte Klamaukrebell sei? Vielleicht ermuntert er einen vielmehr, die Parole mit dem „Fight“ altersweise abzuwandeln: „Chill for your right to party!“? Das wäre ein schöner Erkenntnisgewinn, den Mike D einem von der „Transmission LA: AV Club“ mitgibt.
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1 Mike D vor Jim Drain und Ara Petersons Installation „Hypnagogic State“ 2 Mercedes-Benz Concept Style Coupé 3 Pop-up-Store des Family Bookstores, Los Angeles 4 Besucher auf dem Eröffnungs-Event im AV Club 5 Soundsystem des Künstlers Tom Sachs 6 Ben Jones und John Pham Videoinstallation „Roadtrip“ 7 Takeshi Murata, Still aus „i, Popeye“ 8 Peter Coffins Raumintervention „Untitled (Lines) 9 Mike Mills Fotoserie über das Jahr 1979 und dessen Folgen für Gesellschaft und Kultur
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Air
REISE zum Mond
Die Band Air gehört auch in ihrem 16. Jahr immer noch zu den bekanntesten französischen Popbands. Auf ihrem neuen Album „Méliès“ vertonten Jean-Benoît Dunckel und Nicolas Godin einen Science-fiction klassiker
Foto D a v i d L e d o u z Interview T o n e u n d H . B l o n d e
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hrem Namen entsprechend, kann man die Band Air schwer in eine Schublade stecken. In ihrer mittlerweile 16 Jahre andauernden Karriere haben JeanBenoît Dunckel und Nicolas Godin von leichten Popalben bis zu düsteren Soundtracks, wie für Sofia Coppolas „Virgin Suicides“ und melancholischem Songwriterpop für Charlotte Gainsbourgs Platte „5:55“ in den verschiedensten Genres gewildert. Gemeinsam ist all ihren Projekten die airtypische, entrückte „Nicht von dieser Welt“-Haltung. Doch obwohl es durch ihre sphärische Musik und ihre exzentrischen Interview-Antworten stets so wirkt, als kämen sie im Raumschiff auf die Erde geflogen, um den Erdbewohnern ein neues Album zu übergeben, ist Air immer noch eine der bekanntesten französischen Popgruppen. Es ist also wenig überraschend, dass das urfranzösische Luxusschmucklabel Cartier sie gerade für die musikalische Untermalung ihres Kurzfilms „Painted Love“ verpflichteten. Das Thema des Films lautet: „Wie weit würdest du für die Liebe gehen?“. Air antworten naturgemäß: Auf den Mond. Der Mond scheint auch auf „Méliès“, dem achten Studioalbum der Band. Es ist eine Hommage an den französischen Kino-Pionier Georges Méliès und seinen wohl bekanntesten Film von 1902: „A Trip to the Moon“. INTERSECTION traf Dunckel und Godin in ihrer privaten Raumkapsel, äh Entschuldigung, wir meinen natürlich ihr luftdicht abgeschlossenes Studio.
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T IN V ER IEW Wie verbringen Sie die freie Zeit auf Ihren unzähligen Reisen? Jean-Benoît Dunckel: So eine Reise ist perfekt, um gute Musik zu hören. Diese übertönt dann im besten Falle auch den Fluglärm. Musik entspannt mich. Durch sie habe ich weniger Angst vor Turbulenzen. Nicolas Godin: Ich dagegen schaue mir diese dummen Filme an, die ich mir normalerweise nie anschauen würde. Ich stopfe mich damit richtig voll. (Lacht) Wie sah das Arbeiten an „Méliès“ aus? G: Wir haben alles in diesem Studio aufgenommen. Die Musik ist synchron zu den Bildern entstanden. Wir haben den Film angesehen und dazu gespielt. Welche Autos fahren Sie? G: Ich fahre einen Audi A4. Ich liebe seine Formen, sie wirken so simpel und frei. Ich hätte mir mal fast einen Jaguar gekauft, nachdem ich genug Geld verdient hatte. Aber das Modell erinnerte mich dann doch zu sehr an einen Ford Mondeo, ekelhaft, also bin ich schnell wieder aus dem Laden raus. D: Ich fahre einen 1980er Honda CB 124, den ich für 800 Euro auf Ebay bekommen habe. Die Bremsen sind allerdings nicht sehr gut und – viel unangenehmer – wenn ich mich auf den Sitz beim Einsteigen fallen lassen, tut das an den Eiern weh, du hast keine Vorstellung. Ich liebe alte Autos, aber ich bin kein Bastler-Typ und ich sehe mich auch nicht am Straßenrand mit meinen Kindern stehen, nur weil der Wagen wieder nicht anspringt. Also fahre ich auch einen Polo. Ich hätte gerne einen Prius, ich wette er ist von innen ganz leise, perfekt zum Musikhören. Wie geht es bei Ihnen auf Tour zu? G: Eines Tages, irgendwo zwischen Seattle und San Francisco, hat die Hydraulik unseres Wagens versagt. Wir sind mit dem Bus bis dahin durch 40 Staaten gefahren. Wir verließen den Highway, um ihn reparieren zu lassen. Wir fuhren in eine kleine Stadt und hielten an einer Werkstatt. Am Stadtrand stand diese Statue von einem Höhlenmenschen. Als wir in der Werkstatt ankamen, fragten wir den Besitzer nach dieser Statue. Er sagte: „Die Leute aus der großen Stadt halten uns für Hinterwälder, und um ihnen zu zeigen, dass das nicht stimmt, haben wir diese Statue aufgestellt.“ Wir fühlten uns ein bisschen wie in dem Film „Fluss ohne Wiederkehr“, in dem Städter auf Kanutour von bösartigen Rednecks gejagt werden. Wenn Sie ein Transportmittel erfinden könnten, wie würde dieses aussehen? G: Ohne zu zögern: Teleportation à la „Star Trek“. Das ist mein Traum. D: Ein Helikopter-Rucksack. Wie lautet Ihre Definition von Mobilität? G: Das Geschenk von Allgegenwärtigkeit. D: Mobilität ist das Ergebnis der Sehnsucht, einen Platz zu finden, den man Zuhause nennen kann.
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1. Kunstlicht
Audi hat das LED-Licht zur Serienreife gebracht – und damit die Scheinwerfer-Technologie revolutioniert. Die Nachfolger stehen schon in den Startlöchern: Serienreif sind OLED und MID zwar noch nicht, doch auch sie könnten wieder für eine Erleuchtung sorgen Fotos C h r i s t i a n H a g e m a n n
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ls Dr Martin Winterkorn 2003 die weißen LEDs zum ersten Mal an einem Vorabmodell des neuen A8 12-Zylinders sah, war er Feuer und Flamme. Das bauen wir. Sofort, war seine Ansage. Das Team rund um Stephan Berlitz, dem Chef des Lichtdesigns bei Audi, fühlte sich erst mal überrumpelt. Der A8 war zu Demonstrationszwecken gedacht, LEDs in Serie, das war machbar, aber in der Zukunft lag es trotzdem noch. Es blieben noch 8 Monate um die Technik alltagstauglich zu bekommen – was, wie wir wissen, gelingen sollte. Der A8 V12 war nicht nur der erste Audi, der mit serienmäßigen LED-Scheinwerfern auf der Straße fuhr, sondern der erste PKW überhaupt. Zunächst noch ausschließlich als Tagfahrlicht. Es folgten der S6, der A5, schließlich der A4 und mittlerweile sogar der A3. Der R8 war das erste Auto mit Voll-LED-Scheinwerfern. Weiter vorgedrungen in die unteren Autoklassen ist die LED heute in keinem anderen Konzern. Das LED-Licht wurde zum neuen Standard. Und nicht nur das: In das Scheinwerfer-Design kam grundsätzlich eine völlig neue Dynamik. „Wenn wir auf Konferenzen unterwegs sind, dann bekommen wir heute noch von der ganzen Branche ein Schulterklopfen. Wir haben die Lichttechnik auf ein anderes Level gehoben“, sagt Berlitz und lächelt zufrieden. Seit Audis LED-Vorstoß sehen Scheinwerfer immer öfter wie Skulpturen aus, selbst wenn in ihnen keine LEDs verbaut sind. Wenn es ein Element im Autodesign der letzten 10 Jahre gab, das entscheidende Änderungen erfahren hat, dann die Gestaltung der Scheinwerfer. LEDs versprechen durch ihre Helligkeit nicht nur mehr Sicherheit, sie sparen auch Energie und sind viel haltbarer als die gute alte Glühlampe. Vor allem aber sind sie ein perfektes Erkennungszeichen für die Marke. Ein Audi, ein BMW, ein Mercedes, etc. sind Tag und Nacht als solches identifizierbar. LED-Scheinwerfer sind ein essentieller Charakterzug eines Autos geworden. Gerade beim schlichten, technisch anmutenden Exterior-Design von Audi setzen die LED-Streifen emotionale Akzente – und geben dem Look einen subtilen, aggressiven Spin, was das strenge Audi-Design in eine perfekte Balance versetzt. Nun erschließt die Mannschaft um Stephan Berlitz die nächste Entwicklungsstufe. Die nennt sich OLED, was eine Abkürzung für Organic LED ist. Im Gegensatz zur physikalischen Basis der LEDs basieren OLEDs auf chemischen Prozessen. Dadurch, dass sie so flach verbaut werden können, besteht die
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Möglichkeit Licht dreidimensional aussehen zu lassen. Die leuchtenden Scheiben werden hintereinander angeordnet. Es wäre so zum Beispiel viel leichter möglich, Licht hochdimmen zu lassen, was wertiger wirkt als das bislang übliche An/Aus. Wichtig bei OLEDs ist aber vor allem die Möglichkeit ein homogenes Licht zu erzeugen. OLEDs sind immer gleich hell, es gibt nicht mehr den Lichtpunkt einer Lampe, hier leuchtet eine ganze Fläche. Durch OLEDs tun sich darüber hinaus auch – wie auf dem Modell zu sehen –, neue Dimensionen auf, was zum Beispiel die Blinker angeht. Denkbar wäre das Blinksignal als einen animierten Schwarm zu zeigen, der pulsierend die Abbiegerichtung anzeigt. Irgendwann könnte es sogar möglich sein Scheiben zu beleuchten. Eingesetzt wird die OLED-Technik bereits bei Smartphones und Fernsehern. Monitore könnten durch sie biegsam werden, oder einrollbar wie eine Zeitschrift. Funktionstüchtig ist die Technik also, es muss nur in der Autoindustrie ein Weg gefunden werden, sie sinnvoll zu implementieren. Auch in Sachen LEDs gibt es Neuigkeiten bei Audi. Gemeinsam mit den Designern entwickelte man ein Objekt, das man intern als Todesstern bezeichnet: Eine Kugel, die mithilfe von LED von innen heraus leuchtet. MID nennt sich die Technik, die es technisch zum ersten Mal möglich macht, LEDs auf einer biegsamen Platine anzubringen. Die Zukunft des Autolichts wird sich also immer mehr in Richtung Dreidimensionalität und Räumlichkeit verschieben – darauf deuten MID und OLED hin. Aber das alles ist Zukunftsmusik. Serienreif in der Automobilindustrie ist beides noch nicht. Vor allem die OLED Beleuchtung liegt noch in weiter Ferne. Bisher ist sie zu anfällig und nicht haltbar genug. Aber wer weiß schon was morgen ist. Als Berlitz damals beim Leuchtmittelhersteller Osram anrief, um erste LEDs zu bestellen, antwortete man dort zunächst: Die brauchen wir für unsere Taschenlampen. „Für den A8 W12 haben wir dann schon die Weltproduktion der Hochleistungs-LEDs aufgebraucht“, sagt Berlitz und grinst herausfordernd.
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2. Keine Angst du haben musst BMW arbeitet daran, Laserlicht im Autoscheinwerfer einzusetzen. Die Idee klingt futuristischer als sie ist
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atürlich hat man sofort entsprechende Bilder im Kopf, wenn das Wort Laser fällt. Das Laserschwert in Star Wars zum Beispiel oder der Laser als Schneidewerkzeug von Chirurgen. Aber keine Angst: Ein Autoscheinwerfer mit Laserlicht stellt keine Gefahren für Fußgänger oder entgegenkommende Fahrzeuge dar. Im Gegenteil: Er birgt viele Vorteile. Laserlicht ist mit 170 Lumen nicht nur fast doppelt so hell wie LED-Licht, mit dem man zurzeit etwa 100 Lumen erreicht, sondern mit zehn Mikrometern auch wesentlich kleiner als eine LED-Diode, die schon nur etwa einen Quadratmillimeter Fläche braucht. Deshalb benötigt Laserlicht die Hälfte der Energie von LEDs, die wiederum schon wesentlich sparsamer sind als die herkömmlichen Glühlampen sind. Das kommt natürlich dem Gesamtverbrauch eines Fahrzeugs zugute, also der Umwelt. Und im Endeffekt natürlich allen Teilnehmern des Straßenverkehrs. Falls Sie nun immer noch Angst haben sollten, dass der Laserstrahl Ihnen im Verkehr die Netzhaut wegbrennt: Bevor er aus dem Scheinwerfer tritt, wird es
mittels eines Phosphorleuchtstoffs umgewandelt und scheint als rein weißes helles und laut BMW sehr angenehmes Licht auf die Straße. Verbaut wurde das Laserlicht aktuell in der Studie des neuen Supersportwagens i8 Spyder, den wir Ihnen vorne im Heft schon vorgestellt haben. Die Errungenschaften wie zum Beispiel adaptives Kurvenlicht und der blendfreie Fernlichtassistent gehen durch die Lasertechnologie natürlich nicht verloren. Wozu es darüber hinaus in der Lage sein wird, das können wir schon in 3 bis 5 Jahren in der Praxis erleben, denn dann soll Laserlicht bereits in der Serie verbaut werden. „Vergessen du musst, was früher du gelernt“, hat Jedi-Meister Yoda mal gesagt. Wie Audis OLEDs und Opels Matrix-Licht zeigt auch BMWs Forschung, wie blitzschnell die Entwicklung der Scheinwerfertechnik gerade voranschreitet.
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ie Idee ist verblüffend einfach und man fragt sich, warum diese Technologie nicht früher in alltagstauglicher Version präsentiert wurde: Opels Matrix-Licht nimmt dem Fahrer zunächst ganz schlicht Arbeit ab. Schon jetzt dreht man die Lichteinstellung auf Auto, sodass das Fahrzeug automatisch Dunkelheit erkennt und das Licht zum Beispiel bei der Einfahrt in einen Tunnel einschaltet. Opels Matrix-Licht geht eine Stufe weiter: Man fährt grundsätzlich mit Fernlicht. Eine Kamera erkennt den Gegenverkehr und schaltet automatisch ausreichend Lichtelemente des Voll-LED-Scheinwerfers aus, sodass niemand geblendet wird. So weit so gut. Das revolutionär Neue ist aber die Genauigkeit, mit der sich das Licht auf Gegenverkehr, Passanten oder Wild auf der Straßen einstellen kann. Sie sehen auf unserem Bild, dass Artdirektor Jan-Nico Meyer komplett im Dunkeln verschwindet, um ihn herum aber alles hell erleuchtet bleibt. Die Kamera erkennt auch die Bewegung des Gegenverkehrs und passt sich den vorbeifahrenden Autos an. Der Matrix-Scheinwerfer, der erstmals nun auch bei Nacht den typischen Opel-Winkel als Erkennungsmerkmal betont, besteht aus vier Lichtsegmenten, die wiederum jeweils vier Lichtquellen beinhalten. Insgesamt sind 256 Einstellungsvarianten möglich. Und auch der Winkel des Scheinwerfers konnte von 60 Grad auf volle 90 Grad zu den Seiten erweitert werden. Reif für die Serie ist die Technik bereits 2015, getestet wird sie aktuell in einem Insignia, das erste Serienfahrzeug soll der neue Astra sein und im Anschluss die gesamte Fahrzeugpalette von Opel. Hightech ist also in Sachen Scheinwerfern auf dem Weg in die breite Masse. Für die Sicherheit ist das gut, fürs Design auch. Wie bei Audi arbeitet man auch bei Opel schon in einem frühen Stadium eng mit der Designabteilung zusammen. Ingolf Schneider, Leiter der Lichttechnik bei Opel, sagt: „Was das Licht angeht, befinden wir uns mitten in einer rasanten Entwicklung. Wir haben vor 5 Jahren angefangen, uns mit dem Matrix-Licht zu beschäftigen, jetzt ist es reif für die Serie. Bis vor Kurzem waren die LEDs noch nicht hell genug. Wir sind gerade in einer Phase, in der wir Patente schreiben, die erst in fünf bis zehn Jahren kommen. Es wird viel über Laserlicht gesprochen oder Infrarot, doch das ist Zukunftsmusik. Die LED ist noch so entwicklungsfähig, die Preise fallen. Da gibt es – wie sie am Matrix-Licht sehen – noch eine Menge Möglichkeiten.“
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3. Schattenwurf Opels Matrix-Licht l채sst nur den Gegenverkehr im Dunkeln stehen Fotos C h r i s t i a n H a g e m a n n
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The Hives Halbstark made in Schweden
Für die ersten Touren mieteten sie sich einen alten VW-Bulli von Freunden, mittlerweile sind sie die gröSSte Rockband Schwedens und sammeln Fortbewegungsmittel. Vom Saab 900 I über das Fahrrad bis zum Mercedes 300 SL – The Hives stehen auf alles, was fährt Foto J a n F r i e s e Text D a v i d T o r c a s s o
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chwarze Lederjacken, schwarze Boots, schwarze Sonnenbrille und ein schwarz glänzender 900 I – Saabs letztes schönes Auto: Die fünf Jungs der schwedischen Rockband The Hives passen perfekt zur exzentrischen Karosserie des Kultautos, das immer noch am liebsten von Kreativen oder Lehrern gefahren wird. Die Passanten bleiben stehen, weil der Anblick von Band und Auto so perfekt passt als würde ein Film gedreht. „Halbstark made in Schweden“, könnte sein Titel sein.
Instrumente zu einem Gig zu transportieren. Mittlerweile sind sie weltberühmt und sind nicht mehr auf klapprige, alte Busse angewiesen. Wer hat nicht schon mal ihre Hits wie „Tick Tick Bumm“ aus einem Autofenster in voller Lautstärke gehört. Howlin bevorzugt alte Autos. „Ich fahre einen Mercedes SL 300 aus den 80er-Jahren. Der gleiche wie in der Serie Dallas“, lacht er. Es sei zwar ein Klischee, als Rocksänger Autos aus vergangenen Epochen zu mögen, meint der Hives-Sänger. „Aber hey, sie sind einfach schöner. Genauso wie alte Häuser oder Möbel“. Gitarrist Vigilante Hives-Sänger Howlin Pelle Almqvist scheint den Wagen Carlstroem meint: „Der Lamborghini Countach war das gut zu kennen. Geübt montiert er die Motorhaube ab – coolste Auto der Welt!“ Heute finden sie viele Autos langbeim Saab 900 nicht ganz einfach. „Dieser Wagen steht weilig, weil sie auf Funktionalität und Kosteneffizienz in Schweden an jeder Ecke. Viele Freunde von uns fahren hin gebaut sind. „Früher war der Wille, etwas Schönes zu ihn“, erklärt Howlin. Er mag die Karre. Nicht nur, weil es kreieren, viel größer als heute“, findet Carlostroem. eines der bekanntesten schwedischen Autos ist, sondern Der größte Autonarr bei The Hives ist Schlagzeuweil es für die 80er-Jahre steht wie fast kein anderes Au- ger Christian Grahn alias Chris Dangerous. Er nannte tomobil und in den 80ern ist er aufgewachsen. eine Zeit lang dreizehn Autos sein Eigen. Von teuren, Damals rollte dieses Modell als Cabriolet in Dutzenitalienischen Schlitten über alte, rostige Amerikaner bis den Filmen über die Leinwand. Er galt als avantgardistihin zum neusten BMW. Er sammelte vor allem italienisches Luxusauto. Heute ist Saab Vergangenheit. Nicht nur sche Marken wie Alfa Romeo oder Lancia. „Jetzt fahre die schwedische Rockband, sondern viele Anhänger der ich aber oft Fahrrad“, sagt er und ergänzt: „Wir haben Marke bedauern das. „Vielleicht kaufen es ja die Chinewohl alle die Lektion gelernt, ein Auto für den Spaß und sen, wie alles heutzutage“, sagt Bassist Matthias Bernvall ein normales für Transporte oder Einkäufe zu besitzen.“ alias Dr. Matt Destruction und zuckt mit den Schultern. Bandleader Howlie erinnert sich an Familienausflüge als Obwohl die Band meistens monatelang durch die Kind, bei denen er am ganzen Leib schlotterte, weil die ganze Welt tourt, fahren sie zu Hause alle Auto. Schließ- Heizung nicht funktionierte oder das Auto mitten in der lich ist Schweden ein riesiges Land, wo man außer in den Schneelandschaft mit den verzweifelten Eltern stehenStädten auf irgendein individuelles Fahrzeug angewiesen blieb. „Mit einem neuen Auto bist du auf der sicheren ist. Außerdem wohnen die fünf Bandmitglieder an verSeite.“ Was gar nicht rockermäßig klingt. Und als ob er schiedenen Orten. „Wir treffen uns meistens irgendwo in das gleich wieder gutmachen wollte, sagt er: „Ich fahre der Mitte. Das bringt aber mindestens eine zweistündige ab und zu ganz alleine in der Nacht mit aufgedrehter Fahrt mit sich“, sagt Howlin. Anlage durch die Landstraßen und singe laut vor mich „Ich brauche das Auto während der Woche nicht so hin.“ Es passierte ihm auch schon, dass jemand zu seiner oft, weil ich die Strecken mit dem Fahrrad zurücklege“, Stimme an der Ampel „abgerockt“ habe. Daraufhin sagt sagt Matthias. In den Anfangszeiten der Band mieteten Schlagzeuger Chris Dangerous: „Autos sind fucking sich die Jungs einen alten VW-Bus bei Freunden, um die beautiful, man!“
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gebrauchte wagen
Velorex
Text
Ludek Broz
Ein tschechisches Cabrio aus den Fünfzigern Mojmir und Frantisek Stansky führten zusammen eine Fahrradwerkstatt in der Tschechoslowakei. Vom Morgan Dreirad inspiriert, begannen die Brüder 1939 an ihrem eigenen Fahrzeug zu arbeiten: ein leichtes, günstiges, Spaß bringendes Gefährt. Der erste Prototyp entstand zu Beginn des Zweiten Weltkrieges. Sie nannten ihn „Fish“. Sechs Jahre und mehrere Prototypen später stiegen mit Kriegsende langsam die Bestellungen. Die Stanskys steuerten auf ihr Ziel zu: die Massenproduktion. Doch das sollte sich ausgesprochen schwierig gestalten. Denn 1948 kam die Kommunistische Partei an die Macht und verbot alle privaten Geschäftsaktivitäten. Die Brüder ließen nicht locker und erhielten 1951 die Erlaubnis, ihr Dreirad unter dem Dach einer neuen staatlichen Firma weiterzuproduzieren. Weil das Fahrzeug auf einem schlauchförmigen Rahmen aufbaute, der in einer eigens patentierten Vorderachse mündete, nannten sie den Wagen „Oskar“, eine Ableitung aus „Car on Axel“. Oskar war mit einem 250-cc-Motor ausgestattet und in Leder gehüllt anstelle von Blech. Ungefähr 35 Fahrzeuge wurden von einem kleinen Team handgefertigt und waren schnell ausverkauft.
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Die Brüder entschlossen sich, die Produktion zu erweitern und den Sommer darauf in eine größere Fabrik zu ziehen. Sie stellten 60 Mitarbeiter ein und produzierten 180 Fahrzeuge im Monat. Doch der Erfolg wurde bald durch privates Unglück überschattet: Frantisek starb 1954 hinter dem Steuer seines Oskar bei einem Autounfall. Ein Jahr später verließ Mojmir die Firma, weil er nicht der Kommunistischen Partei beitreten wollte. Der Name wurde kurze Zeit später in Velorex geändert, was sich aus dem Lateinischen herleitet und „König der Reifen“ bedeutet. Die Produktion des Velorex ging ohne die Brüder bis 1971 weiter. Bis dahin waren über 15.000 Autos auf den Straßen unterwegs. Als die Nachfrage das Angebot überholte beschloss die Regierung, dass Autos vorerst nur noch an Körperbehinderte verkauft werden dürfen. Doch der Velorex behielt seine Popularität innerhalb des Ostblocks. Spätestens nach dem Ende des Sozialismus erreichte das tschechische Dreirad Kultstatus. Etwas, was eine vierrädrige Folgeversion übrigens nie erreichte. 1971 eingeführt konnte sie dem damals neuen Trabant nicht das Wasser reichen und wurde 1973 endgültig eingestellt.
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Foto
Bella Lieberberg
Protokoll
Lisa Leinen
erste Liebe
berliner Tram
Für die britische Band Maximo Park sind Zugfahrten die schönste Art zu reisen, deshalb gab sie gerade ihr erstes Konzert in einer Berliner StraSSenbahn Das war es also, unser erstes Konzert in einer Straßenbahn. Und es war grandios! Es hat unglaublich viel Spaß gemacht, und das obwohl wir vorher so skeptisch waren, ob das alles klappt, wie wir uns das vorgestellt haben. Vielleicht hat es nicht jeder der Zuschauer rausgehört, aber da sind ein paar Töne reingerutscht, die vorher nicht im Song vorgesehen waren – immer wenn die Bahn um die Kurve gefahren ist und wir es nicht rechtzeitig gemerkt haben, sind nicht nur wir etwas aus dem Gleichgewicht geraten, sondern auch unsere Instrumente. Aber egal, es war eine tolle Herausforderung. Dieses In-Bewegung-Sein und Anfahren und Stoppen und wieder Gasgeben, das passt alles sehr gut zu unserer Musik. Unsere Songs sind meist schnell und explosiv, beinhalten aber auch das eine oder andere Crescendo, leise Passagen, bevor es wieder richtig losgeht. Wer uns und unsere Musik schon einige Jahre verfolgt, wird sich wahrscheinlich an das Video zu „Graffiti“ erinnern. Da stehen wir in einem geschlossenen Van, zusammen mit einigen Möbeln. Wir werden durch
den Raum geschleudert und verlieren immer wieder das Gleichgewicht. Was man nicht sieht, ist, dass wir während des ganzen Videos über ein stillgelegtes Flughafengelände gefahren worden sind, immer wieder hin und her. Man könnte also denken, wir wären erprobt, was das angeht. Aber das Konzert in der Straßenbahn war wieder etwas ganz anderes. Wir mögen es, in unseren Songs über den Alltag zu singen. Und was gibt es Alltäglicheres, als mit der Bahn zu fahren? Eben. Auto und Tram haben wir nun also hinter uns, als Nächstes sollten wir höher denken. Vielleicht ein Auftritt in einem Flugzeug, das hätte was. Obwohl wir nicht so gerne fliegen, wir fahren lieber Zug. So sieht man mehr von der Außenwelt. Wenn es die Zeit erlaubt, fahren wir immer mit dem Zug nach Deutschland. Vielleicht ist das also der Ort für den nächsten Gig auf Rädern. Das Album „The National Health“ ist bei Universal erschienen.
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rés chic ist Citroëns Aircross geworden. Eigentlich würde er sehr gut als Ergänzung für die edle DSLinie passen. Natürlich ist es auch beim C4 Aircross
so, dass es Konkurrenten gibt, die besser und billiger sind. Autos der Marke Citroën muss man sich unter anderen Vorzeichen nähern als dem Rest. Der Appeal des Aircross liegt vor allem in seinem Pariser Charme, den liebevollen Details des Designs, kurz: in dem zumindest auf deutschen Straßen hervortretenden, dezent eleganten Look dieses Autos. Deshalb ist der Aircross mehr noch als viele andere kleine SUVs vergleichbarer Marken ein perfektes Gefährt für die Großstadt, wo diese Fahrzeugklasse ohnehin am meisten gefahren wird. Ein Stil-Statement, ohne dabei protzig zu wirken. Politisch korrekt wegen der mit 119 g/ km guten CO2-Werte des Wagens – und geräumig genug, um darin Familie oder Einkäufe zu transportieren. Als ernst zu nehmender Geländewagen geht der Aircross zumindest in der Basisversion mit Frontantrieb und ohne Allrad nicht durch. Unser Foto mit dem freistehenden Hinterrad soll weniger auf die Offroad-Qualitäten dieses Autos hinweisen, sondern vielmehr die Qualität des Aircross verdeutlichen, in einer Umgebung eine gute Figur zu machen, die nicht zu ihm passt.
foto
Robert Wunsch
fazit Es gibt günstigere und bessere Autos in seiner Klasse. In Sachen Charme ist der C4 Aircross allerdings schwer zu schlagen.
leistung und preis
10,8
SEK / 0-100
182 KM/ H
4 Z Y LIN 25.99 DE R 0E
CO G 9 11 RO U
4,6
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ER LIT 114 PS
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TE ST
CITROテ起
c4 aircross 115
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Ferrari
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ntschuldigen Sie, aber von diesem Auto können wir nur schwärmen: Von außen ist der Ferrari FF eines der schönsten Fortbewegungsmittel, das es zurzeit
auf diesem Planeten gebaut wird. Die Shooting-Brake-Form der Karosserie löste bei uns jedes Mal neue Glücksgefühle aus, wenn wir uns ihr näherten. Das tat auch der unfassbare Motor, das sensationelle Handling, mit dem man den 660 PS starken 6,3-Liter-V12 elegant durch die Innenstadt fahren kann. Eine Fahrt auf der Autobahn und eine Beschleunigung von 3,7 Sekunden auf hundert schütten so viele Dopamine aus, dass sie für ein ganzes Jahr reichen. Und trotz alledem ist dieser kraftstrotzende Edelcruiser auch noch familienfreundlich. Denn in der Tat ist auf der Rückbank genug Platz, dass auf ihr zwei – zugegebenermaßen eher schmale – Erwachsene sitzen können. Natürlich ist uns bewusst, dass der FF unter Fans der Marke umstritten ist. Viele halten ihn für eine Kopie des BMW Z3 Coupé und tatsächlich waren bei beiden Autos mit Pininfarina die gleichen Designer am Werk. In Foren verspottet man den FF als Gemüsetransporter oder Pampersbomber. Wir sagen: Ja und, ihr PS-Proleten?! Haben nicht auch Familienväter das Recht, ihre Familie im Supersportwagen durch die Gegend zu kutschieren? Als Antwort auf seine tumben Kritiker haben wir den FF direkt vor einem Berliner Biomarkt in Prenzlauer Berg fotografiert. Artdirektor Jan-Nico Meyer kramte dafür sogar Rennhelm und FerrariFanjacke aus seinem Schrank. Tatsächlich fiel der FF vor dem Biomarkt zwar auf, aber fast alle Kunden schauten neugierig hin, statt über den mit 15,4 Litern Verbrauch oder den CO2-Ausstoß von 360 g/km zu schimpfen. Dass sie sich nicht beschwerten, liegt wohl auch an der Form des „Kombis“, die den Supersportwagen weniger bedrohlich wirken lässt. Der FF steht bei aller Motor-Megalomie für ein gewisses Understatement. Und natürlich ist er schlicht atemberaubend schön. Das kann auch der größte Bio-Hardliner in Prenzlauer Berg nicht bestreiten. Die einzige Kritik, die wir anbringen wollen: Die Formel-1-Anleihen des Lenkrads schienen uns unnötig. Wofür die Marke steht, das braucht man einem Kunden, der 260.000 Euro für dieses edle Modell ausgegeben hat, nicht mehr unter die Nase zu reiben. foto
Heiko Richard
fazit Eines der schönsten Autos, das derzeit gebaut wird – und ein perfektes Statement von Ferrari, was die Zukunft des Supersportwagens angeht.
leistung und preis
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260.
000
E 12 URO ZY
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PS
360 MG CO2
SE
33
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,7
KM
15,4 LITER
117
D
er Ford Ranger hat eine lange verschlungene Geschichte. In den Siebzigern als Passagier-Version der F-Truck-Serie gestartet, löste er in den USA
den Ford Courier, einen Pick-up-Kompaktwagen, ab. Seit Längerem wird der Ranger auch in Europa verkauft. Jetzt startet hierzulande ein komplett überarbeitetes Modell, das in Zukunft die Basis für die weltweite Ranger-Produktion sein wird. Ähnlich wie VWs Amarok geht der Ranger sowohl als Nutzfahrzeug als auch als alltagstaugliches Auto an den Start, mit dem man problemlos längere Strecken zurücklegen kann, inklusive Kindern auf der Rückbank. In Wahrheit wird der Ranger in Deutschland wohl entweder als hartes Nutzfahrzeug oder als potentes Lifestyle-Spielzeug für Pickup-Fans verkaufen. Als Cruising-Vehikel mit bis zu 200 PS in der hochwertigen Wildtrak-Serie mit Doppelkabine und großzügigem Platzangebot bewegt sich der Ranger auf der normalen Straße fast so leicht wie eine herkömmliche Reiselimousine. In Sachen Ausstattung im Innenraum erfüllt der Ranger einen gehobenen Standard, inklusive aller üblichen technischen Gimmiks (zum Beispiel Bluetooth, USB- und iPod-Schnittstelle, Sprachsteuerung für Mobiltelefone und Rückfahrkamera), die das Fahren erleichtern und angenehmer machen. Mit dem Unterschied natürlich, dass man entsprechend hoch sitzt und das Brummen des Diesels ein angenehmes Gefühl von Kraft vermittelt. Auch im Gelände macht der Ranger einen unverwüstlichen Eindruck. Besonders hervorzuheben sollte man noch Folgendes: Erstaunlicherweise ist dieses wuchtige Gefährt laut Euro-NCAP Crashtest weltweit der sicherste Pick-up mit dem besten Fußgängerschutz. Und nicht nur das: Seine Bewertung ist die beste, die je ein Fahrzeug erreicht hat. foto
Fabian Zapatka
fazit Der Ford Ranger funktioniert sowohl als Spielals auch als Nutzfahrzeug. Ganz nebenbei ist er – was den Fußgängerschutz angeht – eines der sichersten Fahrzeuge überhaupt.
leistung und preis
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TE ST
ford
ranger Wildtrak 3.2 tdci 119
ST TE
VW
Golf gti cabrio 120 w e r k s t a t t
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M
an mag kaum glauben, dass dies das erste GTI Cabrio ist. Nicht, dass nicht schon VW-Verrückte einen gewöhnlichen GTI zu einem Cabrio zurechtgesägt
hätten, aber offiziell bekam man den VW-Tunertraum noch nicht topdown. Weil uns der Anblick anfangs nicht so richtig einleuchten wollte, haben wir den neuen GTI geschlossen fotografiert. Für einen echten GTI-Fahrer ist sein Auto eine Rennmaschine für die Straße, das im Alltag die Ausnahme simuliert. Ein Cabrio funktioniert in erster Linie als CruisingMobil, ein Auto, mit dem man im Sommer entspannt durch Kornfelder oder die Strandpromenade entlangfährt. Doch in Sachen GTI ist in den letzten Jahren eine Menge passiert. Der aktuelle geschlossene GTI schafft nämlich mittlerweile den Spagat zwischen Tuner-Basis-Material und Zweitwagen für gut betuchte, geschwindigkeitssüchtige Hausfrauen oder ihre entsprechend orientierten Söhne und Töchter ziemlich gut. Und auch wir fahren gerne GTI. Der Kultcharakter des Wagens hat sich über die letzten drei Jahrzehnte tendenziell aus der Nische hinaus entwickelt und neue Zielgruppen erschlossen – und die dürften sich vor allem für das Cabrio interessieren. Die richtigen VW-Ultras, die beim GTI Treffen
am Wörthersee durch Reifnitz fahren, mögen noch skeptisch sein, aber sie können das Cabrio ja in ein paar Jahren gebraucht kaufen. Dass es das GTI-Cabrio als Gebrauchtwagen geben wird, liegt nämlich nicht weit in der Zukunft, denn schon auf dem Pariser Autosalon im September dieses Jahres wird der neue Golf präsentiert. Und auf dem GTI-Treffen in spätestens zwei Jahren sieht man dann auch, wie man das aktuelle Cabrio am besten aufmöbelt. foto
Katharina Poblotzki
fazit Es kommt einem jetzt schon so vor, als ob es den GTI immer als Cabrio gegeben hat. Ob sich VWs Rennschüssel auch topdown durchsetzt, wird nicht mehr nur die Tuner-Gemeinde entscheiden, sondern auch die geschwindigkeitssüchtige Hausfrau.
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enn Sie ein regelmäßiger Leser dieser Zeitschrift sind, dann wissen Sie, dass wir große AMG-Fans sind. Unter den Lieblingsautos der Redaktion
steht eine AMG C-Klasse ohne Logo auf dem Heck ganz oben. Und so abgegriffen die Metapher klingen mag, bei den wahren AMG steckt der Wolf immer im Schafspelz. Außen gaukeln sie Normalität vor, unter der Motorhaube ist die Hölle los. Beim SL Cabrio in der AMG-Version funktioniert das nicht wirklich, denn der SL steht schon in der normalen Serienversion für sportliche Eleganz. Das Statement, das man mit dem Klassiker unter den Edel-Roadstern als AMG setzt, ist also viel weniger drastisch und damit weniger interessant. Doch das ändert natürlich nichts an dem serienmäßigen Adrenalin-Ausstoß, den einem dieses Auto schenkt. Der 537 PS-Motor brodelt befriedigend laut und hart. Fast hätten wir „wie gewöhnlich“ hinzugefügt, aber gewöhnlich ist ein AMG nie. Besonders erstaunlich ist beim SL 63 AMG, dass man es in Affalterbach geschafft hat, den Verbrauch im Vergleich zum Vorgängermodell um fast 4 Liter zu senken. Ein Durchschnitt von 9,9 Litern ist für ein Auto mit dieser Wirkungsmacht erstaunlich und steigert den Spaß. Wir haben – wie Sie sehen können – den neuen SL AMG in einem Mohnfeld fotografiert. Nicht ohne Grund, denn Mohnblumen blühen nicht nur in einer ähnlich knallig roten Farbe wie der Lack des SL, den wir gefahren sind, man kann aus ihnen Drogen gewinnen. Natürlich wollen wir an dieser Stelle keine illegalen Rauschmittel promoten, auf die berauschende Wirkung dieses Autos hinzuweisen, das hingegen schon.
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Jan Friese
fazit Obwohl das Statement eines SL AMG nicht so stark ist wie eine C-Klasse mit Bollermotor, hat natürlich auch dieser AMG eine berauschende Wirkung.
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unächst sind es nur 1000 ausgewählte Kunden, die den Volvo V60 in der Hybrid-Version fahren können. Volvo lässt es langsam angehen, dabei sind die
Werte, die die Schweden zum V60 Hybrid kommunizieren sensationell: 1,9 Liter Verbrauch auf 100 Kilometern. So etwas klingt immer noch utopisch. Und wahrscheinlich wird es doch noch ein paar Jahre dauern, bis ein Auto im Alltag tatsächlich nur knapp zwei Liter verbrauchen wird. Der Wert entspricht zunächst wohl nur den Laborbedingungen als dem Gesetz der Straße. Im Alltag wird der Verbrauch eher bei etwa 3 Litern liegen, was immer noch beeindruckend klingt. Ab 2013 sollen größere Stückzahlen des 57.000 Euro teuren Kombis produziert werden. Zur Markteinführung des V60 bietet Volvo zusammen mit Vattenfall ein Starterpaket an. Dazu gehören eine Ladestation und ein Liefervertrag über klimaneutral erzeugten Strom. In technischer Hinsicht wird der V60 als Hybrid zum Allrader. Ein Fünfzylinder Diesel treibt die Vorderachse mit 215 PS an. An der Hinterachse sitzt der Elektromotor mit 70 PS. Solange der Akku reicht, lässt sich das Auto etwa 50 Kilometer rein elektrisch fahren, wenn man will. Standardmäßig fährt der V60 allerdings im Hybridmodus. Der Elektromotor wird sowohl durch externes Laden als auch durch Rekuperation, also vor allem Bremsen, und zu kleinen Teilen durch den Verbrennungsmotor gespeist. Am Hafen in Hamburg, wo wir den V60 testeten, haben wir Fritz, der uns dort zufällig begegnete, nach seiner Meinung zu Volvos Öko-Kombi gefragt. Er handelt unter anderem mit Gebrauchtwagen und warf einen interessierten Blick auf den V60. Nicht schlecht, gestand er ein, bemerkte aber, dass Motoren wie dieser nicht mehr in normalen Werkstätten repariert werden können. Dann fing er an zu schimpfen über die Autofirmen und diesen ganzen technischen Schnickschnack, den sie mittlerweile verbauen. Seine Reaktion zeigt vor allem, dass so langsam tatsächlich eine neue Ära des Automobils anbricht. Volvo hat seine Schimpfe auf jeden Fall nicht verdient, denn mit dem V60 Hybrid machen die Schweden alles richtig. Nur der Preis, der könnte erschwinglicher werden. Aber das könnte sich ja bereits mit der Großserie im nächsten Jahr ändern.
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Fabian Zapatka
fazit Der Volvo V60 könnte in naher Zukunft der Inbegriff des Kombis für ökologisch bewusste Familien werden – wenn der Preis sinkt.
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Die nächste intersection erscheint ende september 126 w e r k s t a t t
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Sophie Auster &
ROSAMOND BERNIER, LOUISE BOURGOIN, BETHANY COSENTINO, MARINA AND THE DIAMONDS, JOUMANA HADDAD, ODA JAUNE, LADYHAWKE, JING LIU, HELEN WALSH U.A.
letzte Ausfahrt
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Der französische Regisseur Quentin Dupieux drehte 2010 einen der absurdesten Horrorfilme überhaupt. Er heiSSt „Rubber“ und handelt von einem Autoreifen, der zum Serienkiller wird Weil seine Familie, also der Rest des Autos, verschrottet wird, macht sich Robert, ein Autoreifen, alleine auf den Weg. Er will Rache für das Unrecht, das ihm angetan wurde. Überrollt er anfangs nur kleine Kriechtiere, wird er schnell immer skrupelloser und brutaler. Er entwickelt telekinetische Fähigkeiten, bei denen sein Gummi unruhig zu beben beginnt und schließlich den Kopf seines Gegenübers zum Platzen bringt. Regisseur Quentin Dupieux kennt die Regeln des Horrorgenres nur zu genau. Er weiß: Was wäre auch der absurdeste Film ohne eine kleine Liebesgeschichte? Robert aka Rubby aka Reifen trifft auf ein Mädchen, in das er sich verliebt. Er folgt ihr ins Motel, ver-
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steckt sich dort, wird von dem Zimmermädchen auf die Straße geworfen. Er tötet das Zimmermädchen und wird anschließend vom Sheriff erschossen, um als Dreirad wieder aufzuerstehen. So fährt er am Ende des Films die endlosen amerikanischen Highways entlang und erreicht kurz vor dem Abspann Hollywood. Was dort passiert, kann sich selbst der unaufmerksamste Zuschauer spätestens jetzt denken. Robert, den Killerreifen, kann niemand stoppen. Nicht mal Dupieux selber. Wir fragen uns genau so wie Sie, warum bisher niemand eine Fortsetzung gedreht hat, und überlegen, was eigentlich Wes Craven, der König des Horrorfilms, gerade so macht.
Rubber Frankreich, 2010 Dauer: 78 Minuten Regie: Quentin Dupieux Darsteller: Stephen Spinella, Roxane Mesquida, Thomas F. Duffy Studio: Capelight (Alive AG)
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entschieden! Besorge auch du dir einen Organspendeausweis. www.junge-helden.org
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Kraftstoff verbrauch (l/100 km) nach RL 80/1268/EWG: innerorts 6,4 – 5,6, außerorts 4,3 – 4,1, kombiniert 5,1 – 4,7. CO2-Emission (g/km): kombiniert 119 – 110. 130 w e r k s t a t t
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