INTERSECTION Magazin Deutschland #12

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mobilitat und leben winter 2012/2013

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S.36

undercover Christian Werner fotografiert zugedeckte Motorräder als Skulpturen

INHALT / INTERSECTION no. 12 2012

drehmoment 12

contributors

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impressum

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Altpapier Bei der Supersportwagenstudie Onyx führt der angeschlagene Autobauer Peugeot das Recycling in die Luxusklasse ein

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Kopierschutz Die Design Biennale in Istanbul zeigt, wie 3-D-Drucker und Open Source-Traktoren die industrielle Produktion verändern könnten

26 Sexy CO2 Mit der Hybrid-Technologie im Rücken will Lexus nun endlich den europäischen Premiummarkt erobern. Die Studie LF-CC zeigt wie

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Wuchernde Wege Das indische Architekturbüro CRIT zelebriert die Vielfalt der Stadt

30 Terra Nova Die Nissan Studie Terra wird von einer Brennstoffzelle angetrieben. Nachhaltig ist an ihr aber wohl vor allem das Design 36

undercover Christian Werner fotografiert zugedeckte Motorräder als Skulpturen

40 Das Meer ist eine feige Sau Andreas Fischer baut bizarre Maschinen, die von der Tragik des Lebens erzählen



S.66 Fast Type Jaguars neuer F-Type im Diplomatendienst

INHALT / INTERSECTION no. 12 2012

laufsteg 42 Grand Glam Nachtansichten mit dem Opel Adam 56 stray cats Monstertrucks und Rockchics in New York City 64 Royal G-Force Casios ultrarobustes G-Shock Modell GW-A1000 66

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fast type Jaguars neuer F-Type im Diplomatendienst


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S.78 stoische eleganz Warum auch der neue Golf VII viel besser als sein Ruf ist

INHALT / INTERSECTION no. 12 2012

werkstatt 74

„Ich warte auf die Teleportation“ Popstar Ebony Bones über brennende Tourbusse, Geheimprogramme der US-Regierung und nächtliche Autofahrten

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stoische eleganz Warum auch der neue Golf VII viel besser als sein Ruf ist und zeigt, wie virtuos Volkswagen es versteht, ein Auto in ein Kulturgut zu verwandeln

88 Markenkunst Von Alexander Calder bis Jeff Koons – alle BMW Art Cars im Überblick. 92 Emphatische Maschinen Von Nanotechnologie bis zu artifizieller Photosynthese – die Agentur PCH sondiert im Auftrag der Autoindustrie die Zukunft der Mobilität 100 GröSSenwahn Autoradio Mercedes-Benz forscht in den Star Wars-Studio nach dem perfekten Sound

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102 Sozialer Megahighway Das Architektenbüro Höweler + Yoon krempelt den amerikanischen Traum um 104 Strategische Revolution Wie Audi vom Biedermann zur Marke slicker Anzugträger wurde und welche Designstudien den Weg dahin geebnet haben 110 Gebrauchte Wagen: Dwight D. Eisenhowers Cadillac Eldorado Cabrio 111 Erste Liebe: Barack Obamas Limo One 112 Im Test: Mercedes GL, Cadillac ATS, Infiniti FX Vettel Edition, Seat Leon, Toyota GT86


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CONTRIBuToRS

David Fischer

David Fischer hat für INTERSECTION die Coverstrecke mit dem neuen Opel Adam in einem Berliner Studio fotografiert. Trotzdem sieht sie aus als würden die Models nicht mit einem Auto, sondern mit einem Raumschiff durch die Nacht fliegen. Es ist das dritte mal, dass es ein Foto von David auf den Titel dieses Magazins schafft. Neben INTERSECTION fotografiert er gerne und viel für die INTERSECTION-Schwester, das Fräulein Magazin. Abgesehen davon arbeitet er für internationale Magazine wie L‘Uomo Vogue oder Kunden so unterschiedlich wie Hugo Boss oder die Berliner Brillenmanufaktur Lunettes.

Name: David Fis cher Lives: Berlin NATIONALITY : Deutsch Contribution : Laufsteg: grand glam Points on Lic ense: +/– 0

Vehicle: Canno ndale Super Six

Toni Nüsse

In dieser Ausgabe fuhr Toni Nüsse mit uns in einem Alfa Giulietta durch die Berge Siziliens. Außerdem fotografierte er eine Modestrecke mit dem neuen Jaguar F-Type in der britischen Botschaft in Berlin. Wenn er nicht für INTERSECTION unterwegs ist, gilt er als der beste Fotoassistent der Stadt. Seit kurzem ist er auf dem besten Weg, selber ein großer Fotograf zu werden. Kürzlich fotografierte er Jensen Button für Hugo Boss. Manchmal geht das mit der Karriere so schnell wie Buttons Auto fährt.

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Amos Fricke

Amos Fricke hat an der Universität der Künste in Berlin visuelle Kommunikation studiert und sich dabei vor allem auf die Fotografie konzentriert. Geboren 1987 lebt und arbeitet er nach einem Jahr in New York nun in Berlin. Er fotografiert für Magazine wie zum Beispiel Derzeit oder Interview Deutschland. Auf ein Genre festlegen will er sich nicht. Neben Mode, Porträt und Stillife-Fotografie arbeitet er an freien Projekten. 2011 ist sein erstes Buch erschienen. Es heißt „Outlook Insights“ und wird der erste Teil einer Serie sein.

Alexander Batke-Lachmann

Fabian Zapatka

Schon als Kind hat sich der Berliner eher für das Design von Autos interessiert als für PS-Zahlen. Leider sahen die Autoentwürfe des damals 8-Jährigen allesamt aus wie 4-türige Versionen des zu dieser Zeit gerade vorgestellten ICE. So ist aus einer Karriere als Autodesigner nichts geworden. Dafür hat er für die neue Intersection die Designgeschichte Audis unter die Lupe genommen und den neuen Range Rover seziert.

Vor kurzem ist Fabian Zapatka aus Pankow-Niederschönhausen in die Berliner Innenstadt gezogen. Für INTERSECTION ist das eine große Erleichterung. So ist Fabian noch schneller vor Ort, wenn wir ihn spontan bitten, Luxuskarossen wie in dieser Ausgabe den neuen Range Rover zu fotografieren. Wenn er nicht für INTERSECTION unterwegs ist, arbeitet er unter anderem für das Süddeutsche Magazin, Brand Eins, Zeit Magazin oder Spex. Außerdem kennt er den Nahen Osten wie seine Westentasche seit er mit dem Fahrrad von Aleppo nach Beirut gefahren ist.

INTERSECTION nr. 12 2012


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IMpRESSUM Intersection -D- ist eine

WINTER 2012/2013 DEUTSCHLAND

Off One’s Rocker Publishing Ltd. Produktion Redaktionssitz Karl-Marx-Allee 91b, 10243 Berlin Telefon: +49 (0)30 28 88 40 43 Fax: +49 (0)30 28 88 40 44 redaktion@intersection-magazin.de

Chefredaktion V.i.S.d.P. Götz Offergeld, Hendrik Lakeberg

Kreativ-Direktion Götz Offergeld

Art-Direktion Jan-Nico Meyer

Redaktionsleitung Hendrik Lakeberg

Lektorat Eckart Eisenblätter

Mode Lisa Leinen

Lego V8

Verlag Off One’s Rocker Publishing Ltd. Karl-Marx-Allee 91b 10243 Berlin Telefon: +49 (0)30 28 88 40 43 Fax: +49 (0)30 28 88 40 44 info@off-ones-rocker.de

Assistenz der Chefredaktion Diana Terpe

Geschäftsführung Hannes von Matthey Verlagsleitung Katharina Kuhn (Yellow People)

Autoren Elisabeta Tudor, Alexander Batke-Lachmann, Le Tone, Daniel Seetal, Ji-Hun Kim, Lisa Leinen

Fotografen Fabian Zapatka, Peter Langer, Jan Friese, Nicolas Coulomb, Cameron Smith, Pierre Mahieu, Angela Moore, Samuel Guigues, Babette Pauthier, Cedric Viollet, Anders Sune Berg, Christian Werner, Daniel Josephson, Michael van den Bogaard, David Fischer, Amos Fricke, Toni Nüsse, Sam Hofman, Nicolas Poillot, Gilles Uzan, Guillaume Landry

Gründer Dan Ross und Yorgo Tloupas

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Herausgeber Götz Offergeld

Intersection England Dan Ross 116 Oldstreet London EC1V 9BG, UK Telefon: +44 (0) 207 608 1166 Fax: +44(0) 207 608 1060 info@intersectionmagazine.com Intersection USA Vivien Kotler 447 Broadway, 2nd Floor New York, NY 10013, USA Telefon: +1 917 302 8781 vivien@intersectionmagazine.com Intersection Mittlerer Osten Amin Domiati Master Mind fz 11c Dubai Media City, Dubai P.O. Box 502042 Telefon: +971 43 90 36 91 amin.domiati@masterminddubai.com Intersection SKandinavien c/o IWMG Nordic AB Peter Jäderberg Alströmergatan 31, 5tr 11247 Stockholm, Sweden Telefon: +46 8 410 200 8 Fax: +46 8 410 200 88 peter@intersectionmagazine.com

Anzeigenverkauf Nielsen 1 (Hamburg, Berlin, Schleswig-Holstein, Niedersachsen) Dirk Struwe, Medienvermarktung e.K. Poelchaukamp 8, 22301 Hamburg Telefon: +49 (0)40 280 580 80 Fax: +49 (0)40 280 580 89 d.struwe@struwe-media.de Nielsen 2 (Nordrhein-Westfalen) Andreas Fuchs Medienservice + Beratung Vereinsstraße 20, 41472 Neuss Telefon: +49 (0)2131 406 370 Fax: +49 (0)2131 406 3710 kontakt@medienservice-und-beratung.de Nielsen 3a (Hessen, Rheinland-Pfalz und Saarland) Weipert GmbH Palais Kronberg Frankfurter Straße 111 61476 Kronberg Telefon: +49 (0)6173 3250 970 Fax: +49 (0)6173 3259 140 helmujun@weipert-net.de Nielsen 3b (Baden-Württemberg) Nielsen 4 (Bayern) Bruno Marrenbach MMS Marrenbach Medien-Service Tucherpark 6, 85622 Feldkirchen Kr. München Tel. +49 (0)89 4308 855-5 Fax +49 (0)89 4308 855-6 Email info@mms-marrenbach.de JB Media surl (Italien) Jeffrey Byrnes Tel +390229013427 info@jbmedia.it

Intersection Frankreich Patrice Meignan 9R Pierre Dupont, 75010 Paris Telefon: +33 1 42 76 04 04 pat@intersectionmagazine.com

Vertrieb BPV Medien Vertrieb GmbH & Co. KG Römerstr. 90, 79618 Rheinfelden Tel. 07623 964-266 Telefax 07623 964-259 www.bpv-medien.com

Pressekontakt Pauline Hoch pauline@hochsandersbarduhn.com

Druckerei Dierichs Druck+Media GmbH & Co. KG Frankfurter Str. 168, 34121 Kassel www.dierichs.de

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ideen, Uber die man reden sollte Texte und Redaktion: Hendrik Lakeberg und Alexander Batke-Lachmann

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drehmoment

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NE WS

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altpapier Fotos: Nicolas Coulomb

Peugeots neue Supersportwagen-Studie setzt Massstabe in Sachen Recycling 17


Studien wie diese sind vor allem dazu da, Eindruck zu machen. Das gelingt bei Peugeots Onyx aber nicht nur mithilfe einer irre f lachen Karosserie: Das interessanteste Detail der Studie ist das sogenannte Newspaperwood, ein Material aus gepresstem Altpapier, das im Innenraum des Wagens verwendet wird. Bei einem imposanten Auto, das nach einer edlen QuarzVariante benannt wurde, ist das ein Statement, das in der Luxusklasse Maßstäbe setzten dürfte. Wird man in Zukunft bei seinen Porsche oder Bentley also nicht mehr nur stolz mit der Motorisierung und dem Design angeben, sondern auch damit, dass Teile des Autos aus recycletem Altpapier bestehen? Warum nicht. Die Grünen regieren mittlerwei-

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drehmoment

le schließlich im Herzen der deutschen Autoindustrie Baden-Württemberg und Stuttgart im Speziellen. Neben dem Altpapier im Innenraum haben die Peugeot-Designer dem Onyx, dessen Motor auf dem V8 von Peugeots Le Mans Racer 908 basiert und durch einen kleinen Elektroantrieb ergänzt w ird, eine beeindr uckende mattschwarze Karosserie aus Kohlefaser gefräst. Diese ist umwickelt mit einer Art Banderole aus glänzendem Kupfer, das den Wagen seltsam elegant und leichtfüßig wirken lässt – obwohl das ganze Design auf nichts anderes als brutale Geschwindigkeit hindeutet. Leicht ist dieses Auto mit 1100 Kilogramm tatsächlich. Ein klassenmäßig vergleichbarer Lamborghini Gallardo wiegt etwa 300 Kilogramm mehr. Vor

allem ist der Onyx aber wohl als betont optimistisches Statement eines Fahrzeugherstellers in der Krise zu sehen. Das gelingt auch. Auf dem Autosalon von Paris im September, wo das Auto zum ersten Mal gezeigt wurde, hat der Onyx diese Aufgabe erfüllt. Er rang den Zuschauern ein Staunen ab und zog die Kameras auf sich. Dass Peugeot in den nächsten Jahren einen straßenkompatiblen Supersportler auf den Markt bringen wird, ist allerdings so unwahrscheinlich wie die Übersiedlung der Menschheit auf den Mond. Onyx genannt und in Paris gezeigt wurden übrigens auch eine Studie für ein Hightech-Bike und für einen edlen Scooter. Dass der Scooter in Serie gehen könnte, ist wesentlich realistischer. •

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NE

Kein Kind von Traurigkeit Fotos: Cameron Smith und Pierre Mahieu

Death Spray Customs entwirft Hommage an David Aldana

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02 Der Motorradrennfahrer David Aldana galt als legendär. Nicht nur weil er erfolgreich war – für Aldana gehörte es zu seinem Job, dass er sich ab und an richtig auf die Fresse legte. Außerdem trug der Rock‘n‘Roller unter den Motorsportlern in den Siebzigern einen Overall aus Leder, auf dem ein großes weißes Skelett gedruckt war. Ein Kind von Traurigkeit war Aldana also nicht nur auf der Rennstrecke, sondern auch in seinem Modegeschmack. Als Hommage an den mittlerweile 63 Jahre alten Fahrer hat David Gwyther von Death Spray Customs zusammen mit der italienischen Marke Alpinestars einen neuen Aldana-Anzug entworfen. Auf dem Mix aus Kanguru und Kuhleder ist in Gwythers Variante aber kein Knochenmann gedruckt, sondern die comicartig gezeichneten weichen Innerereien des menschli-

chen Körpers. Darm, Lunge und Herz – Gw yther sieht die Anatomie des menschlichen Körpers als Kunstwerk. Man könnte ihm zustimmen. Nur, was hat das mit David Aldana zu tun? Vielleicht weil Aldana seinen Körper wie ein Künstler eingesetzt hat. Sein grober Pinsel war das Motorrad. Seine Narben erzählen seine Legende – die im Jahr 2012 wohl so nicht mehr entstehen könnte. Vielleicht passt die Entscheidung für die Organe statt Skelett auch deshalb: Wenn es heute harte Typen wie Aldana geben würden, sie wären wesentlich weicher. •

Kombination Alpinestars Model Malcom Kombination Pilot Leathers Handschuhe Fox Model Kat Hessen

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Aluminium-Diat Foto: Fabian Zapatka

Die wichtigste Neuigkeit erkennt man erst, wenn man ihn wiegt: Der neue Range Rover hat ordentlich abgespeckt

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NE WS Dekadenz und Understatement – die beiden widersprüchlichen Begriffe begleiten die Modellgeschichte des Range Rover von der ersten Stunde. Entwickelt wurde er als praktisches Fahrzeug für Menschen mit viel Zeit, Geld und Land. Der perfekte Begleiter für die Jagd, für das große Anwesen, das Gestüt. Kurzum: die merkwürdige, im Aussterben begriffene britische Upperclass. Man kennt die Bilder der Queen mit Kopftuch, großmütterlich und winzig klein hinter dem Steuer eines LandRover-Spitzenmodells. Die Dekadenz der ersten Generationen war nicht ihr überschwänglicher Luxus, die Materialien oder gar der Preis, sondern der Lebensstil, für den sie standen: Füchse, Gänse, Fasane schießen. Ascot. Doch heute? Neben der glatt gebügelten Neuauflage wirkt sogar der unter BMWÄgide entwickelte Vorgänger anachronistisch. Der Range Rover ist in der Gegenwart angekommen und versucht sich auf der Gratwanderung zwischen Bling-Bling-P-Diddy und konservativer Noblesse. Natürlich ist der Neue ein paar Zentimeter gewachsen und hat dabei, dank großzügigem AluminiumEinsatz, das Kunststück vollbracht, bis zu 400 Kilo abzuspecken. Aus diesem Grund hat sich unser Fotograf auch in Aluminium gekleidet und ließ sich mit dem Auto fotografieren. Sie sehen ihn, wie er gerade die Scheinwerfer inspiziert. Aber auch im Innenraum ist Hightech angesagt, Perfektion und Design. Der gediegen gedämpfte Fahrgastraum schirmt die Passagiere von der Welt ab, wie die First-Class Kabine von Singapore Airlines. Der Neue passt weniger in den Reitstall als in den Yachthafen. Neben eine Motoryacht wohlgemerkt. Für den Erfolg des Wagens sollte das kein Problem sein. Das Luxus-SUV Segment brummt, selbst wenn das Empire klein geworden ist. Die Landsitze der britischen Aristokratie sind längst in Hotels und Golfclubs verwandelt. Das Geld und die Absatzmärkte sitzen heute in der City of London, in Dubai oder Hollywood. Und Land Rover gehört zum indischen Mischkonzern Tata. •

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Knautschzone Text: Elisabeta Tudor Foto: Angela Moore

Das Label Bless wird zum Spezialisten fur weiche Autos

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Normalerweise ist Designerkleidung für Menschen gemacht, aber in der Mode verwundert nichts mehr. Vor allem wenn man weiß, dass es sich um ein Projekt des in Berlin und Paris ansässigen Labels Bless handelt. Dies ist kein Auto, könnte man frei nach Magritte sagen – sondern ein Sofa. So ganz richtig ist das allerdings auch nicht, denn das Bless-Projekt Nummer 35 mit dem Titel „Automatica Carcanapé“ ist auch einem Citroen BX als Überzug auf die Karosserie geschneidert. Mit ihrem Label haben die beiden Designerinnen Ines Kaag und Desirée Heiss ein einzigartiges Modeuniversum erschaffen, das zwischen Kunst und Design, zwischen Tragbarkeit

und avantgardistischem Statement pendelt. Gegründet 1997 ist es jedoch nicht das erste Mal, dass sich die beiden Designerinnen mit dem Thema Mobilität beschäftigen. 2008 lud Intersection sechs Labels ein, um einen Überzug für den Alfa Romeo Brera zu entwerfen. Darunter waren auch Kaag und Heiss von Bless. Sie experimentierten bereits damals mit einem hybriden Objekt aus Stoff – halb Autoüberzug, halb Sitzgelegenheit. Es wurde ein Jahr später in Leder als Projekt Nummer 22 unter dem Titel „Perpetual Homemotion Machines“ für eine Ausstellung im Sommerset Haus in London reproduziert. Für das neue Projekt „Automatica Carcanapé“ greifen sie diese Idee

wieder auf. Die Wahl fiel diesmal auf einen Citroen BX, weil der den Designerinnen klassisch genug war, dass jeder die Idee des Objekts nachvollziehen kann und das Auto gleichzeitig noch für das alte avantgardistische Citroen- Design steht. Als Stoff verwendeten sie Hallingdal 65 von der dänischen Marke Kvadrat. Zum ersten mal gezeigt wurde das Hybridsofa 2012 auf dem Möbelsalon in Mailand. So experimentierfreudig es auf den ersten Blick erscheinen mag: Eigentlich ist es doch ein wunderbar pragmatisches Objekt, da wir uns nun nicht mehr nach draußen in die Kälte begeben, um uns auf die Motorhaube zu legen. Das geht nun in der warmen Wohnung – und weicher fühlt es sich auch an. •

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Kopierschutz Design zum Selberbasteln Power to the people – so könnte man zusammenfassen, worauf ein Großteil der ausgestellten Arbeiten und Projekte auf der diesjährigen Design Biennale in Istanbul abzielten. Da ist zum Beispiel der Kiosk 2.0 des belgischen Designstudios Unfold. Ein Mitarbeiter schob den Rollwagen, der aussieht wie ein Hotdog-Stand über das Gelände. Auf Anfrage ließ ein in den Rollwagen integrierter 3-D-Drucker ein Objekt auf Wunsch materialisieren. Die Frage hinter dem Projekt: Was passiert, wenn zur Herstellung eines Produkts nicht mehr benötigt wird als ein digitaler Bauplan und ein 3-D-Drucker? Der Kiosk 2.0 stellt nicht nur unsere Vorstellungen von Original und Copyright

WS

05 infrage, sondern auch die industrielle Massenproduktion wie wir sie kennen. Ähnlich gedacht ist auch das „Global Village Construction Set“, eine Open Source Plattform von Wissenschaftlern und Farmern in Ohio, USA, die den günstigen Bau eines Traktors ermöglicht. 50 Grundbausteine wurden entwickelt, mit denen eine Maschine montiert werden kann, die an die Funktionen eines normalen Marken-Traktors heranreicht, aber wesentlich billiger ist. Ein weiteres interessantes Ausstellungsstück: zwei Modelle von einer unbemannten „RQ170 Sentinal Drone“ der U.S. Air Force. Diese stürzte über iranischem Gebiet ab. Die US-Armee forderte die beschädigte Drohne zurück. Die iranische Regierung schickte nur Modelle im Maßstab von 1:80 an Präsident Obama. Ein Biennale-Kurator ließ sie als Souvenir mit dem Kiosk 2.0 erstellen. Auch hier geht es um das Thema Copyright – auf eine politische Art. Power to the people wäre in diesem Fall aber wohl ein unpassendes Motto, denn dass Irans Präsidenten Achmadineschad diese Drohne mit einem Open Source Kit nachbaut, wäre wohl nicht im Sinne der Sache. •

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Gummi marsch Text: Elisabeta Tudor Foto: Samuel Guigues

Frauenmode und Autoleidenschaft mussen kein Widerspruch sein Die Stylistin und Designerin Amandine Risacher hat die Abschlusskollektion an der Pariser Atelier Chardon Savard dem Auto gewidmet. Genauer gesagt: der Filmreihe „The Fast and the Furious“. Dabei setzt sie auf sinnliche Kurven und einen Look, der ordentlich Gas gibt. Statt aber dem Klischee der großbusigen Blonden, die sich auf der Motorhaube eines Muscle Cars räkelt, zu folgen, versucht Risacher die beiden Pole Frauen und Autos klüger zusammen zu denken. Trotzdem handelt es sich bei der Kollektion mit dem Titel „The Razors Edge“ nicht um ein feministisches Manifest. Konkret inspiriert hat sie vor allem der Chevrolet Camaro. Aus seinem Design leitet sie surreale Looks ab. Sie bestehen aus hauteng geschnittenen Rennanzügen, Masken, die an Sturmhauben erinnern, Rennhandschuhen und schnittigen High Heels. Gefertigt ist das alles aus Materialien wie Vinyl, das an glänzenden Autolack erinnert, Leder, dem Gummi von Autoreifen und widerständigen Stoffen. Dabei ist es nicht so, dass Risachers Silhouetten an Weiblichkeit einbüßen würden. Es gibt Stimmen, wie zum Beispiel unlängst die amerikanische Journalistin Hanna Rosin, die behaupten, der Mann habe jetzt schon ausgedient. Nun, ob das stimmt, soll an anderer Stelle diskutiert werden. Risacher trägt auf jeden Fall dazu bei, dass die Autoleidenschaft nicht reine Männersache bleibt, sondern auch in der Pariser Modewelt als selbstverständlicher Einfluss aufgegriffen wird. Das hätte es vor ein paar Jahren wohl noch nicht gegeben. •

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Sexy CO2 Fotos: Babette Pauthier

Lexus macht sich chic

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Lexus geht in die Breite. Darauf lässt zumindest die Studie LF-CC schließen, die die japanische Edelmarke kürzlich auf dem Pariser Autosalon vorgestellt hat. Als Coupé-Variante der Limousine IS oder als Downgrade der in Genf gezeigten Sportwagen-Studie LF-LC ist dieses Auto ein realistischer Ausblick auf eine neue Modellreihe, die es mittelfristig wahrscheinlich wirklich geben wird. Bislang verfügt Lexus vor allem über ein festes Standing auf dem USMarkt. In Europa tut sich die Marke schwer. Oft wirken die Autos zu gewöhnlich und unauffällig, um sich

gegen die starken Konkurrenten von BMW, Audi und Daimler zu behaupten. Ein sportliches Coupé fühlt sich wie ein richtiger Schritt an, um die Marke insgesamt attraktiver zu machen. Deshalb ist auch die Karosserie, vor allem durch den neuen Kühlergrill im sogenannten Diabolo-Design, markanter und sexyer geworden, als man das von Lexus bisher kannte. Vielleicht hilft das Design besser zu kommunizieren, dass die Marke eigentlich schon längst ausgesprochen attraktiv ist. Die Stärke von Lexus und natürlich auch Toyota liegt im souveränen Umgang mit der Hybridtechnik,

an die kein anderer Hersteller zurzeit heranreichen kann. Im LF-LC soll dementsprechend ein neu entwickelter Hybridmotor stecken, der einen CO2-Ausstoß von unter 100 Gramm erreichen, dabei aber deutlich über 200 PS leisten soll. Bei den Verbrauchswerten sprechen die Japaner von 4,3 Litern Super. Neben einer kraftvollen Motorisierung und einer luxuriösen Aussattung haben auch die Werte Sparsamkeit und Umweltverträglichkeit längst Einzug gehalten in das Erwartungsprofil der Käufer einer oberen Mittelklasse. Der LF-CC könnte diese Erwartungen perfekt bedienen. •

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Vettels perfekte Fahrtzeit In der Formel 1 zahlt jede Sekunde

Kein schlechtes Jahr für die Red BullSportler! Erst springt Adrenalinjäger Felix Baumgartner aus 39.045 Metern Höhe in Schallgeschwindigkeit auf die Erde, und dann fährt auch noch Sebastian Vettel den sensationellen dritten Weltmeistertitel in Folge für das Racing-Team ein. Wer war noch mal Michael Schumacher? Grund zum Feiern hat aber nicht nur Vettel selbst, sondern auch sein Gefolge an Mechanikern und Boxenstopp-Helfer n, ohne die er aufgeschmissen wäre. Diese tragen allesamt eine Casio Edifice EFR-520 in einer Special Edition von Red Bull. Timing ist eben alles. Dass Red Bull Flügel verleiht, sei mal dahingestellt, aber die Schnelligkeit des Reifenwechsels und des Auftankens in der Formel 1 ist zentral für einen Sieg. Jede Sekunde auf dem Ziffernblatt unter dem robusten Mineralglas der Edifice EFR-520 zählt. Für Casio gab es wohl keinen besseren

Ort als die Box von Vettel, um eine Uhr zu entwickeln, die den Belastungen der Formel 1 standhält. Dass man als ihr Träger nicht unbedingt mit 750 PS über die Ziellinie rasen muss, ist klar. Das Gefühl, dass man es mit dieser Uhr zumindest theoretisch könnte – das hat allerdings einen Reiz. Vielleicht verleiht es sogar Flügel. •

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Wuchernde Wege CRIT wollen die Stadt nicht neu erfinden

Als Audi im Herbst den Urban Future Award – einen Preis für Ideen zur Zukunft der Stadt – an die amerikanischen Architekten Höweler+Yoon vergab, da hatte ein Projekt das Nachsehen, das eine gegensätzliche Richtung einschlug, dabei aber nicht weniger interessant war. Während Höweler+Yoon den kompletten Stadtraum von Boston bis Washington restrukturieren wollten und sich dabei eine gigantomanische Science-Fiction-Utopie ausdachten, beschäftigte sich das Architekturbüro CRIT aus Mumbai in seiner Präsentation damit, wie man es vermeiden könnte, Städten in Zukunft architektonische Großvisionen überzustülpen. Das CRIT-Team um die Architektin Rupali Gupte geht davon aus, dass die Stadt – vor allem eine wie Mumbai – sich ohnehin ständig ändert. Sie ist wie ein wild wachsender Garten, der vor sich hinwuchert. CRIT suchen also Wege, diesem Wuchern eine Richtung zu geben, statt es einzudämmen. Das Architekturbüro nennt das „taktische Interventionen“. Eine Möglichkeit ist dieser Skywalk. Warum, wenn sich der Verkehr auf der Straße staut, Passanten nicht einfach über einen Fußgängerweg über die Dächer von Mumbai leiten? Die Luft ist schließlich besser, es ist leiser dort und weniger gefährlich. Kleine improvisierte Projekte wie dieses bilden das Zentrum von CRITs urbaner Zukunftsvision. Das ist nicht nur pragmatisch und ein Ansatz, von dem besonders viele Stadtbewohner profitieren können, es hat auch einen ästhetischen Reiz. •

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NE WS Skywalk 2, CRIT, Mmbai

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terra nova

Fotos: CĂŠdric Viollet

Nissans Studie Terra gibt einen Ausblickauf das zukUnftige Design von Juke und Quashqai

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NE WS Top und Rock Manish Arora G端rtel Kenzo Armreif Pierre Hardy Schuhe Louboutin

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Body Veronique Leroy Haarband Masha Ma Brille Dita Gürtel Pinko Handschuhe Club Monaco Schuhe Louis Vuitton Kleid Masha Ma Brille Louis Vuitton Halskette Veronique Leroy Uhr Nixon Schuhe Pierre Hardy

Für manche gilt sie als praktikable Lösung für das Reichweitenproblem von Elektroautos, aber von der Autoindustrie wird die Brennstoffzelle nur sehr zaghaft angegangen. Über Versuchsfahrzeuge verfügen zwar fast alle großen Konzerne, aber wenn es darum geht, das Thema ernsthaft anzugehen, dann zögern sie. Gut, BMW hat von einem 7er-Modell mal 100 Fahrzeuge mit Wasserstoffantrieb gebaut, Mercedes plant zaghaft die B-Klasse mit Wasserstoffantr ieb auf den Markt zu br ingen. Doch insgesamt bleibt es erstaunlich ruhig um die saubere Alternative zum Verbrennungsmotor.

Mit der Studie Nissan Terra versuchen nun die Japaner einen neuen Vorstoß in Richtung Wasserstoffbetankung. Eine Brennstoffzelle liefert Strom für drei Elektromotoren, die Vorder- und Hinterachse antreiben. Die Allradfunktion entspricht dem rundlich kraftvollen Design der SUV-Karosserie. Der Innenraum verbindet futuristisch dahingleitende Formen mit traditionsbewussten Materialien wie Seide und Buchenholz. Als Display dient ein Tablet-PC, der auch entfernt werden kann. Sie merken, wir schwenken immer mehr auf das Design des Wagens ab. Das ist es wohl auch, was in Zukunft der Wirklichkeit näher kommen dürfte als der

(noch) exotische Antrieb. Man kann den Terra nämlich auch als Ausblick auf die zukünftigen Generation von Qashqai und Juke sehen. Diese Studie wirkt auf den ersten Blick nämlich wie eine Kreuzung aus den beiden erfolgreichen Nissan Kompakt-SUVs. Beim zweiten Blick denkt man an das, was man im Prinzip nicht sieht: den Antrieb. Und der dürfte so bald nicht serienmäßig werden. Doch auch Nissan scheint sich nun intensiver mit ihm zu beschäftigen. Das ist zu begrüßen – und wohl auch eine Notwendigkeit. • Styling Josia.N Model Alice Aufray Haare / Make-up Emilie Peltier

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Sachschaden Fotos: Anders Sune Berg

Streetartists besprUhen Schrottkisten

Für das Banger Art Festival der Londoner Nelly Duff Galerie im Sommer besprühten zehn Streetartists eine gleiche Menge Autos. Natürlich hat das – wie Sie auf den Bildern sehen – nicht wirklich auf der Straße stattgefunden, sondern in einem verlassenen Parkhaus. Und – Entwarnung! – die Autos waren nicht mehr das Eigentum nichtsahnender Besitzer, sondern ausgewiesene Schrottkisten. Trotzdem würde man sich wünschen, auf der Straße würden einem mehr Autos mit diesen kreativ verfeinerten Autolackierungen begeg-

nen. Natürlich vor allem solche, bei denen die Bemalung im Einverständnis mit dem Besitzer angebracht wurde. Als würde er sich über seine eigene Zunft lustig machen, hat einer der Künstler auf einen alten Polo ein großes wachsames Auge gesprüht. Vielleicht geht es hier nicht – wie man zunächst denken würde – um eine Kritik am Überwachungsstaat oder Ähnlichem, sondern um Abschreckung: Ein Auto wie dieses rührt wohl kein anderer Streetart-Kollege an. Er würde sich bei der Arbeit daran erinnert fühlen, dass er beobachtet werden könnte. •

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Interview: Hendrik Lakeberg Fotos: Christian Werner

Wie geparkte MotorrAder zu Skulpturen werden

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KU T NS Es gibt Dinge im Straßenbild, die man nicht mehr zur Kenntnis nimmt. Sie sind selbstverständlich und fallen deshalb nicht weiter auf. Wissen Sie zum Beispiel, welche Form die Lampen der Laternen an Ihrer Straße haben? Wahrscheinlich nicht. Obwohl Sie jeden Tag an ihnen vorbeilaufen. Je länger man einen solchen Gegenstand anschaut, je länger man sich mit ihm beschäftigt, je interessanter und seltsamer wird er. Der Berliner Fotograf Chr istian Werner schaut schon von Berufs wegen genauer hin. Besonders aufgefallen sind ihm die vielen Motorräder, die auf öffentlichen Plätzen in der Stadt geparkt sind und von einer Plane vor der Witterung geschützt werden. Denn als er länger hinschaute, wirkten die Planen, die niemals in der gleichen Art über das Motorrad fallen, in Verbindung mit dem, was sie verbergen, auf Werner wie Skulpturen. Aus dieser Beobachtung ist eine faszinierende Fotoserie entstanden. Ihr Name: Undercover.

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Welche Rolle spielen die bedeckten Motorräder, die Sie für Ihre Serie „Undercover“ fotografieren, im Stadtbild? Gerade im städtischen Raum sind diese Abdeckplanen ja als eine Art mobile Garage zu verstehen, als Schutz vor Verschmutzung und Verwitterung für diejenigen, die aus Platzgründen nicht die Gelegenheit haben, ihr Fahrzeug wetterfest unterzustellen. Da das in den Großstädten den meisten so geht, häuft sich die Ansammlung dieser verhüllten Objekte im Stadtbild und ihr Anblick wird allgegenwärtig. Was hat Sie an den verhüllten Motorrädern als Fotograf interessiert? Als Fotograf versuche ich einen etwas anderen Blick auf die Dinge in meiner

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Umgebung zu werfen, dennoch war es zunächst einfach Intuition, die meine Aufmerksamkeit auf die verhüllten Motorräder gelenkt hat. Das Projekt schien anfangs auch eher banal, doch ich fand heraus, dass diese Fundstücke, sobald es mir gelang, sie isoliert darzustellen, tatsächlich ein Eigenleben entwickelten. Mein Interesse galt zunehmend der Fähigkeit der Fotografie, den ästhetischen Wert dieser scheinbar nur funktionalen Alltagsgegenstände zu betonen und regelrechte Skulpturen aus ihnen zu erstellen. Im Laufe der Zeit ist aus meinen Fotografien eine Serie geworden, die eine Art Typologie dieses spezifischen Readymades darstellt. Inwiefern ist Mobilität bzw Fahrzeuge

ein interessantes Motiv für Fotografen/Künstler? Was interessiert dich persönlich daran? In meiner Serie reizt mich gerade das Verhältnis zwischen Stillstellung und Bewegung. Die dynamischen Formen der Motorräder, die sich unter den Schutzplanen abzeichnen, suggerieren potenzielle Hochgeschwindigkeiten und verheißen Freiheit und Raumeroberung. Im verdeckten Zustand jedoch werden sie zu Skulpturen, zu plastischen Monumenten, die im Begriff scheinen, mit ihrem Untergrund zu verwachsen und selbst Stein zu werden, ohne dabei allerdings an Lebendigkeit zu verlieren. Was sind allgemein Themen, die Sie in Ihrer Fotografie interessieren?

Ich habe eigentlich immer eine Kamera dabei und fotografiere sehr viel und oft auch situativ. Wenn es geplant zugeht, ist mein Vorgehen das der Reportage. Mir liegt viel daran, Orte anhand bestimmter Details zu erfassen, die erst einmal weniger offensichtlich erscheinen. Ein wiederkehrendes Thema sind dabei eben diese Dinge und Objekte, die über sich selbst hinaus verweisen und eine Geschichte über den Zustand der Welt erzählen können. Zudem portraitiere ich im Auftrag von Magazinen Musiker und Künstler und fotografiere Modestrecken. Fotografie ist spätestens durch Mobiltelefone mit Kameras und die digitale Fotografie omnipräsent. Worin liegt

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Im verdeckten Zustand werden die Motorrader zu Skulpturen, die im Begriff scheinen, mit ihrem Untergrund zu verwachsen

alle Bilder Auswahl aus der Serie “Undercover” C – Prints, gerahmt 60 x 45 cm, Edition 1/10 + 1 aP

auf diesem Hintergrund die Herausforderung der aktuellen Kunstfotografie? Ich bin mir gar nicht so sicher, ob die technischen Errungenschaften der letzen Jahre eine besondere, bzw. neue Herausforderung für die Fotografie darstellen. Sicherlich kann heutzutage jeder ohne technisches Vorwissen korrekt belichtete Fotos machen und sie vielleicht auch durch zahlreiche Filterpresets ästhetisch stilisieren und überall hin hochladen. Das ist ja auch toll, macht diese Bilder aber natürlich noch nicht automatisch zur Kunst und den Fotografen zum Künstler. Man muss heute wie eh und je wissen, was man erzählen möchte. Ich denke, dass es immer eine Aufgabe der Kunst ge-

wesen ist, Weltbeschreibungen zu liefern oder Formen für Welt anzubieten, die nicht unbedingt übereinstimmen mit dem, was sowieso da ist. Was ist dein Lieblingsfortbewegungsmittel und warum? Ich selbst fahre einen dunkelblauen Audi 100 von 1989, den ich sehr gerne mag. Grundsätzlich fühle ich mich der automobilen Idee sehr verbunden, bin gewissermaßen in der Werkstatt aufgewachsen. In der Stadt greife ich aber, wann immer es geht, auf das Fahrrad zurück. Es ist die gesündere und intelligentere Art der Fortbewegung. Außerdem hasse ich es, im Stau zu stehen. • www. christianwerner.org

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Das Meer ist eine feige Sau Fotos: Michael van den Bogaard

Der Kunstler Andreas Fischer baut bizarre Maschinen, die die tragische Komik des Lebens zeigen

Andreas Fischer baut zwar Maschinen, ihn interessieren aber vor allem Menschen. Menschen in spannungsgeladenen Momente, häufig auch unangenehmen. Zum Glück hat er Humor, sonst wären seine hintersinnigen Installationen nur schwer auszuhalten. In der Arbeit „LIAISON Lackmus“ wird ein Motorradhelm von einer Holzlatte in zackigen, penetranten Bewegungen angetippt. An der Holzlatte ist der Griff einer Fahrradbremse montiert, die wie ein Finger dem Helm ins Gesicht pikst. Synchron zu den Bewegungen der Holzlatte läuft ein Tonband, auf dem eine gepresste Stimme immer wieder sagt: „Zeig uns deine Zähnchen! Zeig sie uns doch mal! Komm schon, zeig sie uns.“ Vielleicht erinnern Sie sich, wie sie als Kind aufgefordert wurden, Ihre Zähne zu zeigen und sich dabei gefühlt haben wie ein Tier in der Manege. Im übertragenden Sinne finden sich solche Momente auch im Erwachsenenleben. Obwohl er sich also in Maschinen ausdrückt und auch das Thema Mobilität immer wieder indirekt aufgreift, sind Fischer Maschinen wie eine Bühne, auf der sich das menschliche Theater abspielt. In einer Arbeit mit dem Titel „Operation Notzucker“ hat der Künstler ein Schlauchboot mit einem Mast ausgestattet, auf dem ein Lautsprecher befestigt ist. Der Mast ruckelt ähnlich impulsiv wie die Holzlatte mit der Fahrradbremse im Boot hin und her. Aus dem Lautsprecher tönt ein Gesang,

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der an ein Seemannslied erinnert. Eine der Textzeilen lautet: „Das Meer ist eine feige Sau“. Auch hier geht es um die unangenehmen Situationen des Alltags, um das Gefühl des Scheiterns und den lächerlichen Trotz, mit dem man diesem Scheitern begegnet. Das Meer ist natürlich keine feige Sau, es fühlt überhaupt nichts. Weil die Person, die ihm ausgesetzt ist, nicht anders kann als die Naturgewalt Meer zu vermenschlichen, in dem es sie beschimpft, entsteht eine tragische Komik. Auch dieses dürfte den meisten bekannt vorkommen: Wer hat im Verkehr nicht schon mal sein Auto beschimpft, als wäre es die Schuld des Autos, wenn etwas an ihm kaputt gegangen ist. Oder den Regen, wenn man eine Jacke ohne Kaputze trägt oder den Regenschirm vergessen hat. Da Andreas Fischer solche Situationen so pointiert darstellt und durch die eigenartige Konstruktion der Skulptur absurd überzeichnet, muss man lachen, wenn man vor ihnen steht. Das Museum Ludwig in Köln zeigt bis zum März 2013 eine Einzelausstellung des in Düsseldorf lebenden Künstlers. Der Titel lautet „Your time is my Rolex“. Auch in ihm vermischen sich Mensch und Maschine. Im Kern geht es Fischer also immer auch darum, die Ähnlichkeit von Mensch und Maschine darzustellen. Oder besser: Das Problem, dass der Mensch den Funktionsweisen von Maschinen immer mehr annähert. Das allerdings ist kein Problem der Maschinen, sondern eines des Menschen. •

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links Operation Notzucker, 2008 300 x 120 x 250 cm Privatsammlung, Kรถln rechts Liaison Lackmus, 2011 120 x 65 x 235 cm Privatsammlung, Kรถln

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GRAND GLAM fotos David Fischer styling Gรถtz Offergeld Models Anna B./Spin Models, Johanna K./Viva Models Fotoassistenz Maxi Hirte Haare/make-up Diana Stimper auto opel adam glam

Strirnband Max Mara Jacke Nike Strirnband Max Mara Sweatshirt Nike

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Outfit Max Mara Strirnband Max Mara Kleid Marlene Birger



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Stirnband Max Mara Kleid Max Mara Armreif Sportmax Schuhe Urban Outfitters

Strirnband Max Mara Jacke Nike Hose Max Mara Schuhe gesehen by TK Maxx

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Outfit Max Mara


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fracht st端ck fotos alexis raimbault set design romain lenancker auswahl josia N.

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stray cats fotos Stefani Pappas styling Katharine Erwin Models James/Red, Rachel/Muse, Pedro und Stephanie/Request Haare Carolyn Riley/Intelligent Nutrients make-up Jen Myles autos 1987 Iroc Z Monster und GMC Jimmy

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Shirt Fox Latzhose Carhartt Unterhemd Under Armour T-Shirt Comme des Garçons Stiefel Giuseppe Zanotti Bandana Kuku

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Pullover Deth Killers Lederhosen Deth Killers Armschutz Rat vs Pigeon Pullover Deth Killers Lederhosen Deth Killers Armschutz Rat vs Pigeon

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Bandana Kuku Jacke Ralph Lauren T-Shirt Comme des Garçons Black Schutz Fox Stiefel Giuseppe Zanotti Jacke Comme des Garcon Hose Amy Claire Shorts Ralph Lauren Schutz Daniele Kombination Deth Killers Weste Deth Killers Hemd Hermés Hose Y-3 Stiefel Alpinestars

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Jacke Comme des Garcon Black Shorts Ralph Lauren Schuhe Giuseppe Zanotti Pullover Deth Killers Schutz Rat vs Pigeon Kleid Hermès Schutz Fox Schuhe Giuseppe Zanotti

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royal g-force foto Amos Fricke styling Jan-Nico Meyer uhr Casio GW-A1000 RAF-1AJR

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n den Neunzigern trug man als Skater- oder Hip-Hop-Kid eine GShock, weil sie groß und robust war – und weil sie bei allen coolen Kids am Handgelenk baumelte. Heute sind die Jungs von damals zu Männern geworden. Und eine knallweiße Armbanduhr zählt nicht unbedingt mehr zu den Accessoires, mit denen man dem Ernst des Lebens gegenübertreten will. Dieses mattschwarze Modell der für diese Zwecke ins Leben gerufenen G-Shock Premium Linie dafür um so mehr. Zusammen mit der Royal Air Force

hat Casio die GW-A1000 RAF-1AJR entwickelt, deren Features an die Arbeitsbedingungen eines Kampfpiloten angepasst sind – inklusive CockpitThermometer und Zulu-Funktion, die garantiert, dass alle Piloten in einem Einsatz dieselbe Zeit nutzen. Auf dem Ziffernblatt befindet sich eine Solarzelle, die die Batterie auflädt. Teile des Gehäuses sind aus Carbon gefertigt. Der Eindruck, man habe es mit einem nahezu unkaputtbaren Zeitmesser zu tun, verstärkt sich noch, wenn die Uhr beruhigend schwer am Handgelenk liegt.



fast type

fotos Toni NĂźsse styling GĂśtz Offergeld Model Richard Kranzin/Mega Model Agency auto Jaguar F-Type Alle Outfits Hugo Boss








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ebony bones Ich warte auf die Teleportation Als sie ihr erstes Album in ihrem alten VW Käfer aufnahm, hatte sie schon eine Karriere als Fernsehstar hinter sich. Mit ihren exzentrischen Auftritten, den knallbunten Outfits und einer vor Energie strotzenden Musik ist die 29-jährige zu einem Gesamtkunstwerk geworden und bereist unermüdlich die Welt.

Interview T o n e

Fotos G u i l l a u m e L a n d r y

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nerschöpfliche Energie und Fantasie – das sind die Motoren, die Ebony Bones antreiben. Sie als Musikerin zu bezeichnen wäre wohl untertrieben. Ebony Bones ist viel mehr ein vor Ideen strotzendes Gesamtkunstwerk. Sie hat sich selber als Zentrum eines selbst geschaffenen Universums positioniert, um das herum ihre vielen Projekte kreisen. Ihre Karriere beginnt im Alter von 12. Unter dem bürgerlichen Namen Ebony Thomas geht sie auf die Theaterschule Silvia Young in London – als Klassenkameradin von Amy Winehouse. Kurze Zeit später wird sie durch die Fernsehserie „Family Affairs“ zu einer der populärsten Schauspielerinnen Großbritanniens. Dann erfindet sie sich neu und konzentriert sich ganz auf Musik. Mit großen Erfolg. 2008 wird sie deswegen vom Magazin „Time Out“ zu den 40 Persönlichkeiten gewählt, die den Zeitgeist von London ausmachen und schafft es auf Magazincover auf der ganzen Welt. Ihre bunten Outfits und ihre exzentrischen, wilden Livekonzerte fasziniert die Mode und die Medien. Seit ihrem Debütalbum „Bone of My Bones“ tourt sie um die Welt und fühlt sich überall dort zu Hause, wo sie ihr Blackberry aufladen kann. Doch trotz des Rummels um ihre Person behält sie einen kühlen Kopf – und bleibt immer in Bewegung.

meine Flucht aus England schon seit dem Alter von sechs geplant. Ich wollte mich mit Leuten umgeben, die hoffnungsvoll sind und wie ich das Verlangen spüren, sich künstlerisch auszudrücken. Als ich mein neues Album angefangen habe, fühlte ich mich in England fremd. Ich wollte unbedingt raus. Also habe ich eine Reise nach Indien organisiert, um dort mit dem Symphonie Orchester des Landes Musik aufzunehmen. Für jemanden, der sein erstes Album in ihrem Zimmer produziert hat, war das eine riesige Herausforderung. Woher kommt eigentlich ihr Name? Meine Mutter nannte mich Ebony inspiriert von dem Lied „Ebony and Ivory“ von Paul McCartney und Stevie Wonder. Vor allem das Video zu dem Song ist immer noch ein schlechter Clip der Achtziger, aber die Botschaft des Songs ist immer noch richtig. Ebony ist ein altes griechisches Wort, das „die Früchte der Götter“ bedeutet. Man findet es auch im alten Ägypten. Dort bedeutet es „das schöne Holz des Flusses“. Der Name Bones wurde mir von meinem Freund und Schlagzeuger Rat Scabies von der Gruppe The Damned gegeben. Es war eine spontane Idee, während wir in der Küche Käse gegessen haben. Wie bewegen Sie sich in London fort? Ich benutze die U-Bahn. Wenn ich in New York bin, nehme ich am liebsten ein Taxi oder ich laufe, weil mich die Stadt immer wieder neu inspiriert. Mit welchen anderen Musikern würden Sie gerne mal in einem Tourbus Woher kommen Sie? unterwegs sein? Meine Familie stammt ursprünglich aus Jamaika, aber ich bin in London Mit den B52s, Afrika Bambaataa, Talking Heads, Fela Kuti, The Cure, vielgeboren. leicht The Smiths, wenn Morrissey sich zusammenreißt, Shaka Kahn und Wo leben Sie zurzeit? Slayer. Ich bin immer unterwegs. Ich habe 18 Monate damit verbracht, in 25 verWas ist Ihre Lieblingsart sich fortzubewegen? schiedenen Ländern auf Tour zu gehen. Ich bin eine Art Nomade, der auf die- Ich liebe das Gefühl, spät nachts, wenn alle schlafen, mit dem Auto durch die ses Interview in einem merkwürdigen Hotel mitten in Los Angeles antwortet Stadt zu fahren. und sich parallel vorbereitet, morgen nach Kanada zu reisen. Eigentlich Können Sie eine lustige Anekdote von Ihrer letzten Tour erzählen? glaube ich, dass mein Zuhause vor allem dort ist, wo ich mein Blackberry Da gäbe es viele! Einmal ist unser Bus auf der Autobahn explodiert. Wir aufladen kann. saßen alle drin. Das war aber eigentlich gar nicht lustig, weil das Feuer alle Gibt es einen Ort, an dem Sie noch nicht waren und an den Sie unbedingt meine Sachen zerstört hat. Zum Glück wurde aber niemand verletzt. Ich noch reisen wollen? hing vor Kurzem mal vier Stunden am Zollamt in Tokyo fest. Zuammen mit Ach, ich fühle mich überall dort wohl, wo ich das Gefühl habe, wachsen zu Flavour Flav von Public Enemy und ein paar anderen Leuten. Das war sehr können. Wo ich Leute treffen kann, mit denen ich wachsen kann, von denen merkwürdig. Keiner von uns hatte ein Visum und wir sollten am nächsten ich etwas lernen kann. Es gibt so viele Orte, an denen das geht. Ich habe Tag auf dem riesigen Fuji Rock Festival spielen. Sie wollten uns eigentlich

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» Immer wenn ein Strafzettel auf die Windschutzscheibe geklebt wird, dann würde sich das Auto in heftigster Weise in Richtung der Person vom Ordnungsamt erbrechen «

wieder nach Hause schicken. Nach langen Verhandlungen haben sie uns vorgeschlagen, dass die Hälfte der festsitzenden Personen in Japan bleiben konnten. Zum Glück haben sie auch mich ausgewählt. Interessieren Sie sich für Autos? Eins meiner ersten Autos war ein VW Käfer. Aber es war nicht wirklich ein Auto. Viel mehr ein mobiles Büro, in dem ich fast gelebt habe. Unglücklicherweise musste ich das Auto irgendwann verkaufen, um meine Tourmusiker zu bezahlen. Es war herzzerreißend, weil ich das meiste meines ersten Albums darin geschrieben habe. Was war Ihre Inspiration für die Musik zu der Yves Saint Laurent-Kampagne, die Sie vor kurzem eingespielt haben? Für mich ist Kunst wie das Leben. Es geht darum zu teilen. Ich glaube, dass Mode und Musik ein perfektes Paar ergeben. Yves Saint Laurent ist ein klassisches altes Modehaus. In Kombination mit meiner Musik entsteht eine gewisse Kraft. Ich bin glücklich, dass man mir dieses Projekt vorgeschlagen hat und ich bleiben konnte wie ich bin. Ich musste mich für die Musik nicht verbiegen. Können Sie sich vorstellen, als Künstlerin mit einer Autofirma zusammen zu arbeiten? Als Künstler sollte man normalerweise unabhängig von Marken sein. Aber im Vergleich zu vor ein paar Jahren hat sich die Situation sehr verändert. Das Radio wird immer mainstreamiger und spielt nicht mehr so oft Musik wie meine. Da sind Werbekampagnen, ein möglicher Weg seine Songs zu Gehör zu bringen. Trotzdem ist es natürlich nicht der Antrieb eines Künstlers Musik für Werbung zu produzieren, außer es handelt sich um eine Auftragsarbeit. Man macht die Musik, um zu kommunizieren, und natürlich interessiert das die Werbung. Citroen hat meine Musik vor ein paar Jahren für einen internationalen Werbespot verwendet. Aber ich bin mir nicht sicher, ob sie wirklich spüren, was meine Musik kommuniziert oder bedeutet. Eigentlich hätten sie irgendjemanden nehmen können. Justin Bieber zum Beispiel. Trotzdem war es eine interessante Erfahrung. Wenn Sie ein Auto erfinden müssten, wie sähe es aus und was würde es können? Es würde schwarz metallic glänzen. Man kann damit fliegen und dem schrecklichen Pariser Stau entkommen wie mit einem Helikopter. Außerdem sollte es sprechen können wie KIT 2000 aus „Knight Rider“. Aber mit einem jamaikanischen Akzent. Das beste Feature: Immer wenn ein Strafzettel auf die Windschutzscheibe geklebt wird, dann erbricht sich das Auto in heftigster Weise in Richtung der Person vom Ordnungsamt wie das Mädchen aus „Exorzist“. Am Interiordesign und am Motor arbeite ich noch, aber ich spüre es wird ein Erfolg werden.

Gibt es eine futuristische Fortbewegungsart, die Wirklichkeit werden sollte? Ich warte immer noch geduldig auf die Teleportation, weil ich kein großer Fan von langen Flugzeugreisen bin. Angeblich hat Nikola Tesla die Teleportation vor seinem Tod 1943 erfunden. Ich bin auch fasziniert vom Project Pegasus. Ein streng geheimes amerikanisches Forschungsprojekt zu Raum und Zeit, das 1968 begonnen wurde. In diesem Projekt soll das Zeitreisen erforscht worden sein. Angeblich soll es sogar möglich sein. Die Amerikaner haben im Rahmen des Projekts wohl sogar eine geheime Marsstation gegründet. Ich habe Andrew D. Basagio, ein ehemaliges Mitglied dieses Projektes, kontaktiert. Wir hatten ein nettes Gespräch. Die Forschungsergebnisse könnten die Reiseindustrie revolutionieren und es ermöglichen von Paris nach Sidney innerhalb von zwei Minuten zu reisen. Es hätte das beste Spielzeug aller Zeiten werden können. Aber es bleibt unter Verschluss. Wie stellen Sie sich die Zukunft der Musik vor? Musik wird in Form einer MP3-Pille konsumiert. Durch sie verbinden sich Körper und Seele. Gleichzeitig mache ich mir große Sorgen, dass wir in Zukunft in einem Orwelschen Polizeistaat leben könnten. In dem man, wenn man dabei erwischt wird illegale MP3-Pillen von Gil Scott Heron, Bob Dylan, Bob Marley, oder Björk zu schlucken, riskiert, ins Gefängnis zu wandern. Was sind Ihre nächsten Projekte? Ich bin dabei, mein zweites Album fertig zu stellen. Ich habe einige Songs bereits auf Festivals getestet und die Reaktionen waren viel besser, als ich erwartet hatte. Ich habe mir viele Fragen über dieses zweite Album gestellt. Obwohl die Musik in meinem Kopf immer besser klingt als auf der Aufnahme, bin ich mit dem Resultat sehr zufrieden. Die Songs erinnern mich an Filmmusik, wobei jedes Stück ein eigenes Setting hat, eigene Charaktere und Regeln. Ich kann es nicht abwarten, es dem Publikum vorzustellen. Mein neues Album ist auch der Grund, warum ich nach Toronto fahre. Ich werde dort den ersten Clip zur Platte fertigstellen. Wir haben gehört, dass Sie dafür mit der Tochter von Al Pacino, Julie, arbeiten werden. Ja, ich arbeite mit ihr und der Produzentin und Regisseurin Jennifer DeLia zuammen. Sie waren sofort Feuer und Flamme für meine neuen Stücke. Ich liebe, was sie machen, und bin sehr gespannt auf das Ergebnis. Normalerweise mag ich abgehakte und schnelle Schnitte in Musikvideos nicht. Meistens reiht man so inhaltlos nur irgendwelche verrückten Szenen aneinander. Aber die beiden haben so viel Talent und so viel Humor, dass sie mich total überzeugt haben genau das zu versuchen. Und Julies Vater ist natürlich einer meiner Lieblingsschauspieler und ich muss ständig dem Drang wiederstehen ihr meine Lieblingsszenen aus „Scarface“ zu erzählen.

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Stoische Eleganz 1974 kam der erste Golf auf den Markt. Seit dem ist Volkswagens Kompaktklasse zu einem der wichtigsten und ERFOLGREICHSTEN Autos des 20. Jahrhunderts geworden. Gelungen ist das vor allem durch Beharrlichkeit und einen virtuosen Umgang mit dem Design. Das zeigt auch die VII. Generation des deutschen Automobilklassikers Collagen P e t e r L a n g e r

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as deutscheste unter den deutschen Autos, den VW Golf, hat ursprünglich ein Italiener entworfen. Giorgio Giugiaro, heute 74, zeichnete Anfang der Siebziger einen kantigen Kompaktklassewagen, der wirkte wie das Spätwerk eines Bauhaus-Architekten. Ursprünglich ist der Golf also eine deutschitalienische Koproduktion. Im Endeffekt wahrscheinlich ein ureuropäisches Auto, denn in Europa wurde der Golf groß, zu einem Kulturgut, zum Kult, ja, sogar zum Symbol einer Generation. Giugiaros radikales „folded paper design“, bei dem er jegliche Rundungen am liebsten gänzlich aus der Karosserie verbannen wollte, ließ den ersten Golf von Anfang an aussehen wie einen neuen archaischen Fahrzeugtyp. Die schnörkellosen Linien, durch die das Auto einen funktionsorientierten, uneitlen Eindruck machte, wurden in Europa zu einer Blaupause für das Auto des späten 20. Jahrhunderts. Wenn man Kinder bittet ein Auto zu zeichnen, dann wird noch heute etwas Ähnliches wie der Golf dabei entstehen. Mit dem Golf begann für Volkswagen eine neue Ära. Giugiaro katapultierte die Marke mitten in die Siebziger und wieder auf die Höhe der Zeit. Der Käfer galt damals als veraltet und hatte seine besten Zeiten hinter sich. Dass das – wie sich später rausstellte – nicht ganz stimmen sollte und der Käfer bis 2003 sogar noch gebaut wurde, ist eine andere Geschichte. Doch wie die des Golf, steht auch sie stellvertretend für eine Strategie, die Volkswagen in der Nachkriegszeit zu einem der größten Autokonzerne der Welt machte: Disziplin und Beharrlichkeit. Mit dem ersten Golf begann eine lange Verbindung zwischen VW und Giugiaro. Direkt im Anschluss gestaltete er den ersten Passat und entwarf den ersten Scirocco. Giugiaro entschlackte in den Siebzigern die Karosserie und krempelte das Autodesign komplett um.

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Geht man davon aus, dass gutes Design das Ziel verfolgt, nicht modisch, sondern stilvoll zu sein, dann ist der Golf eines der am besten GESTALTETEN Fahrzeuge überhaupt

Später wurde er deswegen zum einflussreichsten Fahrzeugdesigner des 20. Jahrhunderts gewählt. 2010 sagte Giugiaro einmal, dass ihm der Übergang vom Käfer zum Golf leicht gefallen sei. Schaut man sich den Golf I an, dann wirkt die unbedarfte Entschlossenheit der Karosserie auch so. Natürlich kann der konsistente Erfolg des GolfDesigns nicht nur Giugiaro zugeschrieben werden. Aber er legte den Grundstein. „Für mich ist der erste Golf wie ein 17-jähriges Mädchen: schon hübsch, aber noch nicht ganz entwickelt. Und daraus ist heute eine schöne Frau geworden“, sagte er einmal in einem Gespräch mit dem aktuelle Designchef der Volkswagengruppe Walter da Silva und dem ehemaligen VW-Chefdesigner Hartmut Warkuß. Zu dieser Reifung hat der souveräne Umgang Volkswagens mit dem neuen Kompaktklasse-Modell geführt. Der Golf ist auch fast 40 Jahre nach seiner Einführung in der gerade eingeführten 7. Generation immer noch ein Verkaufsschlager. Wo andere Marken im gleichen Zeitraum neue Fahrzeugtypen erfanden oder wieder vom Markt verschwinden ließen, neue Designsprachen einführten und wieder verwarfen, verfeinerten die Designer bei Volkswagen nach Giugiaros Urknall den Golf von Generation zu Generation mit einer stoischen Konsequenz. Der Golf liegt mittlerweile mit über 29 Millionen Fahrzeugen auf dem dritten Platz der meistverkauften Autos aller Zeiten, einen vor dem Käfer und hinter Fords F-Truck und Toyotas Corolla. Vergleicht man den Corolla und den Golf, dann ist beim Corolla über all die Jahre nur der Name gleich geblieben. Bei den Fahrzeugtypen, die unter ihm auf den Markt kamen, war kaum mehr eine konsistente Linie zu erkennen. Er schlingerte wirr durch die Moden der Zeit. Der Erfolg des Golf basiert im Gegenzug auf der Disziplin, eine neue Modellinie zu entwickeln und ihrem Charakter so lange treu zu bleiben, bis sie tief in der Wahrnehmung der Menschen verankert ist. Der Golf wurde zu mehr als nur einem Auto. Der Golf repräsentiert wie kein anderes Fahrzeug die Werte des deutschen Mittelstands – eine Mischung aus Understatement, Qualitätsbewusstsein,

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Pragmatismus und rationalem Markenbewusstsein. Die Deutschen lieben das stilvolle Mittelmaß. Modern, aber nicht zu aufdringlich. Zeigen, was man hat, aber bitte nicht zu sehr. Volkswagen hat das besser verstanden als alle anderen deutschen Autokonzerne. Auch der neue unter Walter de‘Silva, Chefdesigner der Volkswagen AG und Volkswagen-Designchef Klaus Bischoff entstandene Golf VII ist natürlich wieder keine Revolution, sondern eine disziplinierte Weiterentwicklung oder besser: eine Präzisierung. Als habe man eine Kamera scharf gestellt. Auf eine intelligente Art ist das Auto ein bisschen feiner geworden, schlanker und eleganter. Die Sicken an der Seite ragen spitzer und leicht aggressiver aus dem Blech als beim Vorgänger. Auch die Qualitätsanmutung der Armaturen, die Kombination von schwarzem Klavierlack und feinen metallischen Zierleisten, die Radio oder Lüftungsöffnungen umrahmen, die schlanken Sitze und Türen – das alles ist auf einem so hohen Niveau designt und ausgearbeitet, dass immer noch kein Konkurrenzprodukt in der Kompaktklasse ernsthaft an den Golf heranreichen kann. Wenn man unter Design allerdings vor allem Effekthascherei versteht, dann würde man den neuen Golf wohl als Desaster bezeichnen. Geht man aber davon aus, dass gutes Design das Ziel verfolgt, nicht modisch, sondern stilvoll zu sein, dann ist der Golf nicht nur eines der am besten gestalteten Fahrzeuge überhaupt, er spiegelt die Wolfsburger Designstrategie wie im Lehrbuch: Ein zurückgenommener, uneitler bis zur Selbstverleugnung betriebener Gestaltungswille, der trotzdem oder gerade deswegen als perfektes Design erkennbar bleibt. In den letzten Jahren werden die Stimmen lauter, die dem Golf diese Beharrlichkeit vorwerfen und ihn langweilig finden. Eine Golfmüdigkeit macht sich breit. Vielleicht sind aber unsere Augen auch einfach überreizt. Die Konkurrenz schläft natürlich nicht. Sie trommelt unermüdlich mit neuen Designgimmicks. Jeder beliebige Kleinwagen soll dynamisch wie ein Supersportwagen aussehen oder edel wie ein MINI. Verzweifelt kämpft man um einen globalen Markt und ein junges Publikum,

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das sich immer weniger für Autos interessiert. Einige Marken neigen in diesem nervösen Klima zur Übertreibung. Es wird viel zu viel herumdesignt. Auf diesem Hintergrund ist der Golf eine Wohltat. Denn er erneuert sich vorsichtig und bleibt, ohne dabei ranschmeißerisch zu wirken, auf der Höhe der Zeit. Vielleicht ist das besonders deutsch, vielleicht aber auch einfach eine kluge Produktstrategie, die auf einem virtuosen kontrolliertem Design fußt. Auch Steve Jobs war von der Schlichtheit des deutschen Designs, von Bauhaus, Braun und Volkswagen beeinflusst. Und auch ein iPod oder ein iPhone ist nicht zum erfolgreichsten Produkt der Welt geworden, weil es gestaltungstechnisch übertrieben hätte. Im Gegenteil. Weil das Design so schlicht wie möglich war, stand die Funktion im Mittelpunkt des Geräts. Apple-Produkte gelten trotzdem als die am besten gestalteten Produkte überhaupt. Vor diesem Hintergrund ist der Golf ein Pionier, ein Lehrstück in Sachen Designentwicklung. Nach Giugiaros Golf I war man sich bei Volkswagen schnell bewusst, dass dem Italiener ein ähnlich ikonisches Produkt wie der Käfer gelungen war. Eines, das es vorher so noch nicht gab. Diese Neuartigkeit kultivierte man, bis sie sich zu einer verlässlichen Größe, zu einer Tradition, sogar zu einem Kult entwickelte. „Damals hatte ich diesen Design-Einfall, diese Idee“, sagte Guigiaro einmal. „Natürlich unter Berücksichtigung der Rahmenbedingungen. Das ist einfach so gekommen. Das war die Unschuld der Zeit.“ Unschuldig ist die Gegenwart nicht mehr, aber etwas in Giogiaros Zitat bleibt als Wahrheit über den Golf bestehen: Wie leicht und mühelos die Knochenarbeit wirken kann, ein Produkt immer wieder auf die Höhe der Zeit zu bringen – ohne dabei die Nerven zu verlieren und seinen Charakter zu zerstören.

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Romain Gavras Ich habe Angst vor zu viel Mobilität Der Skandalregisseur über seine Vorliebe für Unfälle

Interview L e T o n e

Fotos Ni c o l a s P o i l l o t

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Beschreiben Sie uns die ideale Kamerabewegung? Ich mag Unfälle oder Fehler in den Bewegungen der Kamera. Ich hasse es, zu Hundertprozent die Kontrolle zu haben. Ich finde, in der Kontrolle liegt keine Emotion, nur Angeberei. Die Komplexität und die Herausforderung, einen Film zu drehen, liegt für mich in der Idee Unfälle zu erzeugen oder sogar sie zu planen. Das kann Angst machen. Denn jede Aufnahme ist, als ob man ohne Sicherheitsnetz ins Leere springen würde. Aber ohne Gefahr gäbe es keine Magie. Glauben Sie, es gibt zurzeit einen typischen französischen Stil des Filmemachens? Glaube ich nicht. Die Nouvelle Vague hatte einen, aber das ist lange her. Heute gibt es exzellente Regisseure wie zum Beispiel Jacques Audiard, aber man kann nicht wirklich von einem Stil reden. Ich glaube, es ist eher das Gegenteil: Französischen zeitgenössischen Filmen fehlt es oft an Stil. Bei der Artdirektion und der Form fehlt es an Klasse. Bei Musikvideos ist das ein bisschen anders. Es gibt nicht direkt einen Stil, aber einige Regisseure Woher kommen Sie? haben ähnliche Visionen, eine ähnliche Energie. Wir machen Liebe mit der Romain Gavras: Ich bin aus Paris, mit griechischer Abstammung. Ich habe Welt. Wenn wir alle in den Streik gehen würden, gäbe es 2013 nur fürchtermit 13 mit meinem Kumpel Kim Chapiron angefangen Kurzfilme unter liche Clips. dem Namen „Kourtrajme“ zu machen. Danach habe ich weiter alleine Clips Welche Künstler haben Sie beeinflusst? gedreht. Außerdem noch einen Spielfilm, einen Dokumentarfilm und eine Die Filmemacher Federico Fellini, Luis Buñuel, der Autor Louis-Ferdinand Werbung. Mittlerweile lebe ich in London. Céline, die Künstler Salvador Dali, Giannis Tsarouchis und: Prince und Fühlen Sie sich in Europa wohl? Michael Jackson. Ich liebe Europa. Ich bin schließlich ureuropäisch mit meinen französischen Sagen Sie uns einen Autofilm, der Sie inspiriert hat? und griechischen Wurzeln. Ich bin Europa. Ich mag nur Europas komplexbehaf- „Verliebt in scharfe Kurven“ (Originaltitel: Il Sorpasso) von Dino Risi. Weil tetes Verhältnis zu Amerika nicht. Und Angela Merkel – die mag ich auch nicht. das Cabrio der eigentliche Hauptdarsteller des Films ist. Welche Bedeutung spielt Mobilität in Ihrem Leben? Interessieren Sie sich für Autos oder Motorräder? Ich bin ständig zwischen Paris, London, Athen, Buenos Aires und Los Angeles un- Nicht in technischer Hinsicht. Zumal ich nicht mal einen Führerschein terwegs. Ich lebe im Prinzip aus meinem Koffer. Ich kaufe mir meine Kleidung auf habe. Aber sie faszinieren mich als kulturelles Symbol. den Flughäfen. Ich bin fast wie so ein scheiß Außendienstmitarbeiter geworden. Wenn Sie eine neue Art von Fortbewegung erfinden könnten, wie sähe Mögen Sie es, unterwegs zu sein, oder wären Sie lieber länger an einem Ort? die aus? Ich weiß nicht, es ist aber schwer beides miteinander zu vereinigen. Mit der Es wäre etwas Ahnliches wie das Hoverboard aus „Zurück in die Zukunft“. Zeit wird die nahe Umgebung an einem Ort immer kleiner und überschauWas ist Ihre Definition von Mobilität? barer – und natürlich weniger aufregend. Aber da ich mittlerweile Vater bin, Einen Führerschein zu haben. Aber ich will ihn nicht haben. Ich habe Angst komme ich öfter nach Hause. Ich versuche, nie mehr als 10 Tage weg zu sein. vor zu viel Freiheit und zu viel Mobilität. Ich mag es, keine Wahl zu haben. omain Gavras gilt als kompromissloser Filmemacher. Vor allem seine Darstellung von Gewalt und seine provokanten Themen werden immer wieder kontrovers diskutiert. In dem Video „Stress“ der Band Justice ließ er eine Gang aus einer Pariser Vorstadt Passanten anpöbeln und schlagen, am Ende des Clips zünden sie ein Auto an. Und die Musikerin MIA cruiste in Muscle Cars triumphierend durch Saudi-Arabien, was Frauen eigentlich verboten ist. Sie dürfen dort eigentlich gar nicht fahren. Irritierend ist an Gavras‘ Videos, dass sie keine eindeutige Moral vertreten. Der Zuschauer muss sich selber ein Bild machen. Viele überfordert das. Deshalb wurde Gavras nicht nur mit Lob und Preisen überschüttet, sondern auch heftig angefeindet. Moral hin oder her: Gavras‘ Musikvideos strotzen vor Energie. Kaum ein anderer Videoregisseur fesselt den Zuschauer wie er. Wir haben uns mit Gavras über Mobilität unterhalten, denn Autos spielen in fast allen seiner Videos die heimliche Hauptrolle.

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Markenkunst BMW ist ein Vorreiter, was die Zusammenarbeit von Künstlern und Autoindustrie angeht. In diesem Jahr wurden erstmals alle 17 Art Cars gleichzeitig gezeigt

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anche sagen, ein schöner Sportwagen wäre eine Kunst an sich. Für alle, die das nicht so recht glauben wollen, hat BMW in den Siebzigern einen Weg gefunden, auch die Zweifler zu überzeugen. 1975 rief BMW das Art Car Projekt ins Leben. Dafür lädt die Marke regelmäßig die Crème de la Crème der zeitgenössischen Künstler ein, um ein Auto in ein Kunstwerk zu verwandeln. Von Alexander Kalder bis Jeff Koons: Im Sommer 2012 wurden zum ersten Mal alle Art Cars in der Ausstellung BMW ART DRIVE! in einem Parkhaus im Londoner Stadtteil Shoreditch gezeigt.

Manrique verfolgt mit seiner Interpretation eines BMW 730i die Absicht, „in einem Objekt die Wahrnehmung von Geschwindigkeit, Aerodynamik und einer Gestaltung zu vereinen“. 1992 wählt Esther Malhangu einen BMW 525i, der in dieser Zeit für die Überlegenheit der bürgerlichen Limousine in der westlichen Welt stand und konterkariert diese Aura mit dem traditionellen Muster der afrikanischen Ethnie Ndebele, das ebenfalls ein herrschaftlicher, formeller Ausdruck ist. Durch die Kombination entsteht eine dynamische Mischung aus europäischen und afrikanischen Insignien von Status und kulturellem Ausdruck. Olafur Eliassons Art Car hingegen treibt die Form eines Autos an die Initiiert wurde das Projekt ursprünglich von Hervé Poulain, einem leidenGrenzen. Als Basis verwendete er ein Fahrzeug aus dem BMW Wasserstoffschaftlichen Rennfahrer und Kunstsammler, der heute das Auktionshaus Projekt H2R. Die Karosserie erinnert mehr an einen vereisten Iglu oder den Artcurial betreibt und dort auch selber immer mal wieder den Hammer gefrorenen Panzer eines Insekts als an ein Fahrzeug, wie wir es kennen. schwingt, wenn die Gebote auch dem gut betuchten Bieter die Tränen in die Damit stellt er die formale Gestaltung und die Bedeutung des Autos an sich Augen treiben. Das erste Art Car, ein 3.0 CSL, wurde 1975 von Alexander infrage und dem Betrachter vor die Aufgabe, es neu zu erfinden. Jeff Koons Calder gestaltet, damals ein Freund von Poulain. Es folgten unter anderem Le-Mans-Racer war auf dem Hintergrund der Geschichte der Art Cars und Frank Stella, Roy Lichtenstein, Andy Warhol, David Hockney oder Jeff Koons, im Gegensatz zu Eliassons Entwurf eine klassisch anmutende Auseinanderder 2010 einen BMW M3 GT2 als vorläufig letzter und 17. Künstler mit einem setzung mit dem Auto. Die knallbunten Farben illustrieren die Geschwinexplodierenden Farbenmeer überzog. Koons‘ M3 GT2 nahm tatsächlich am digkeit des Wagens. Darum wird es aber auch in den zukünftigen Art Cars 24-Stunden-Rennen von Le Mans teil, und auch Poulain fuhr das erste Art immer wieder gehen. Trotzdem ist es jedes mal aufs Neue spannend, wie Car in Le Mans. Nicht alle Autos der Reihe sind jedoch rennerprobt. Und Künstler das Auto neu denken. Es bleibt also die Frage: Wer wird eigentlich auch Poulains Intention war es am Anfang nicht, einen möglichst großen das nächste Art Car gestalten? PR-Effekt zu erzielen, sondern vor allem zwei seiner Leidenschaften zu kombinieren: die Kunst und schnelle Autos. „Diese Fahrzeuge sind kraftvoll wie das Leben. Fährt man in ihnen, fusioniert die Energie der Mechanik mit der des Menschen“, sagt Jeff Koons, der sich wie Poulain von Rennautos angezogen fühlt und von dem Adrenalin, das sie beim Fahrer und beim Publikum erzeugen. BMW lässt den Künstlern bei der Gestaltung der Art Cars freie Hand. Sie werden auch nicht bezahlt. Nur einige erhielten für ihre Arbeit ein Auto. Trotzdem greifen sie von Anfang an die großen Themen des Auto auf. Herunter gebrochen sind das: Bewegung, Geschwindigkeit und das Auto als kulturelles (Status-)Symbol. Die Bandbreite der Interpretationen sind so verschieden wie die Künstler. Roy Lichtenstein und Andy Warhol benutzten das Auto als Leinwand, um die Essenz der Geschwindigkeit zu malen bzw. zu sprühen. Warhol erklärt seinen Entwurf so: „Ich habe versucht eine lebendige Demonstration von Bewegung zu zeigen. Wenn ein Auto sehr schnell fährt, verwischt seine Farbe und seine Konturen“ 16 Jahre später 1995 kehrt David Hockney das Innere eines Autos nach außen. Er malt den Motor auf die Karosserie und einen Hund auf die Rückbank. Auch der spanische Maler, Bildhauer und Architekt César

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1975 bis 2010 die BMW Art cars in chronologischer Reihenfolge

1975 Alexander Calder (1898 - 1976)

Modell BMW 3.0 CSL Maße 4750 x 2050 x 1350 mm Spitzengeschwindigkeit 291 km/h Teilnahme 24 Stunden von Le Mans – 1975

1976 Frank Stella

1977 Roy Lichtenstein

1979 Andy Warhol

1982 Ernst Fuchs

Modell BMW 3.0 CSL Maße 4950 x 2050 x 1350 mm Spitzengeschwindigkeit 341 km/h Teilnahme 24 Stunden von Le Mans und das 500 Kilometerrennen von Dijon – beides 1976

Modell BMW 320i Gruppe 5 Maße 4800 x 1950 x 1300 mm Spitzengeschwindigkeit 257 km/h Teilnahme 24 Stunden von Le Mans – 1977

Modell BMW M1 Gruppe 4 Maße 4640 x 2000 x 1150 mm Spitzengeschwindigkeit 307 km/h Teilnahme 24 Stunden von Le Mans – 1979

Modell BMW 635CSi Maße 4755 x 1725 x 1365 mm Spitzengeschwindigkeit 229 km/h Teilnahme keine

1986 Robert Rauschenberg

1989 Michael J. Nelson

1989 Ken Done

1989 Matazo Kayama

Modell BMW 635CSi Maße 44815 x 1725 x 1365 mm Spitzengeschwindigkeit 220 km/h Teilnahme keine

Modell BMW M3 Maße 4360 x 1675 x 1370 mm Spitzengeschwindigkeit 281 km/h Teilnahme AMSCAR (Australien) – 1987

Modell BMW M3 Gruppe A Maße 4345 x 1680 x 1370 mm Spitzengeschwindigkeit 281 km/h Teilnahme keine

Modell BMW 535i Maße 4720 x 1751 x 1412 mm Spitzengeschwindigkeit 227 km/h Teilnahme keine

1990 César Manrique

1990 A.R. Penck

1992 Esther Malhangu

1992 Sandro Chia

Modell BMW 730i Maße 4910 x 1845 x 1411 mm Spitzengeschwindigkeit 222 km/h Teilnahme keine

Modell BMW Z1 Maße 3921 x 1690 x 1277 mm Spitzengeschwindigkeit 227 km/h Teilnahme keine

Modell BMW 525i Maße 4720 x 1751 x 1412 mm Spitzengeschwindigkeit 221 km/h Teilnahme keine

Modell BMW M3 Maße 4433 x 1698 x 1365 mm Spitzengeschwindigkeit 300 km/h Teilnahme keine

1995 David Hockney (geb. 1937)

1999 Jenny Holzer

(geb. 1950)

2007 Olafur Eliasson

2010 Jeff Koons

Modell BMW 850CSi Maße 4780 x 1855 x 1562 mm Spitzengeschwindigkeit 250 km/h Teilnahme keine

Modell BMW V12 LMR Maße 4650 x 2000 x 1020 mm Spitzengeschwindigkeit 340 km/h Teilnahme 24 Stunden von Le Mans

Modell BMW H2R Projekt Maße 5200 x 2500 x 1400 mm Spitzengeschwindigkeit mehr als 300 km/h Teilnahme Teststrecke von Miramas, Frankreich

Modell BMW M3 GT2 Maße 4714 x 1917 x 1289 mm Spitzengeschwindigkeit 300 km/h Teilnahme Centre Pompidou und 24 Stunden von Le Mans – beides Juni 2010

(geb. 1936)

(1925 - 2008)

(1919 - 1992)

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(1923 - 1997)

(geb. 1964)

(geb. 1939)

(1928 - 1987)

(geb. 1940)

(geb. 1935)

(geb. 1967)

(geb. 1930)

(1927 - 2004)

(geb. 1946)

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» In Zukunft wird das Auto spüren, wie meine Stimmung ist, und darauf reagieren. Es könnte erkennen, dass ich krank werde, und berät mich entsprechend «

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enn wir uns heute das Auto der Zukunft vorstellen. Zum Beispiel in 20 Jahren. Haben wir es dann wirklich mit einem Auto der Zukunft zu tun? Oder eher mit einem von heute? Schließlich dauert es bis zu zehn Jahre von der Planung bis zur Realisierung von neuen Modellen. Stefan Liske: Wenn es um die Zukunft in zehn Jahren geht, dann stimmt das. In 20 Jahren werden wir allerdings über völlig neue Antriebstechnologien und Materialien verfügen. Wir werden auf Nanomaterialien zugreifen können, im Leichtbau viel weiter sein als heute und dynamische und adaptive Bauteile verwenden, die die Karosserie eines Autos flexibler und weniger statisch machen. Das alles ermöglicht völlig neue fluide Formen des Designs. Durch die vorangeschrittene Technologie wird das Auto neue Funktionen übernehmen. Ich denke, dass wir in 20 Jahren mehr Fahrzeuge sehen, die aus natürlichen und recyclebaren Materialien bestehen. Die Car to X oder Car to Car-Kommunikation wird sich ab 2018 in Regionen wie Europa, den USA und in einigen asiatischen Ländern durchgesetzt haben. Spätestens, wenn das so weit ist, sind völlig andere Autos möglich. Unfälle werden zurückgehen, dadurch sind die Sicherheitsanforderungen zum Beispiel an den Fußgängerschutz nicht mehr so hoch. Das Design könnte sich freier entfalten. Alexander Nolte: Wenn sich die Car to X-Kommunikation durchsetzt, dann hat das normale Auto im täglichen Gebrauch einen komplett neuen Zweck. Fahrer sind freier, sie müssen sich nicht mehr um den Verkehr sorgen, sondern können die Zeit anders nutzen, wenn der Verkehr sich durch die Kommunikation der Autos untereinander immer stärker selber regelt. Ich bin dadurch in der Lage, meine Zeit im Auto anders zu nutzen. Ich kann im Auto mein Leben organisieren, ich kann einkaufen oder arbeiten. Anderseits hilft das Auto mir, das nächste Abenteuer zu finden. Entsprechend meiner Stimmung könnte mir das Auto eine alternative Route vorschlagen und mich durch eine schöne Landschaft leiten, die mich beruhigt. Oder es zeigt mir einen Weg, auf dem ich interessante Menschen oder Freunde treffen kann. Was sind die wichtigsten Veränderungen, auf die das Auto der Zukunft eine Antwort finden muss? Liske: Zunächst werden sich die Städte ändern. In London hat man damit bereits angefangen. In Innenstädte werden in Zukunft nur noch bestimmte Autogrößen und Antriebstechnologien zugelassen sein. Die CO2-Regulation und der transparente Umgang damit werden so restriktiv sein, dass nicht nur ein gesetzlicher, sondern auch ein sozialer Druck entsteht. Oder man zahlt enorm hohe Steuern und Gebühren für umweltschädliche Modelle und nimmt die Anfeindungen durch Mitbürger in Kauf. Aber ich denke, in 20 Jahren werden wahrscheinlich ohnehin völlig neue Energiequellen zur Verfügung stehen. Denken wir an die künstliche Photosynthese. Das ist eine Technologie, bei der in den USA gerade große Fortschritte gemacht werden. Man kann bereits auf der Größe eines iPhones eine Photosynthese-Zelle

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simulieren. Man stelle sich vor, das wäre auf einer noch größeren Fläche möglich, zum Beispiel auf der Karosserie eines Autos. Würde sich so eine Idee durchsetzen, dann kann man die ganze aktuelle Diskussion über Wasserstoff, Elektroantrieb und die Reichweiten von Akkus vergessen. Es könnte ganz plötzlich eine Technologie da sein, die das Auto völlig verändert. Mit welchen geografischen Entwicklungen rechnen Sie? Liske: Ich denke, dass wir nach China beobachten werden, wie Afrikas Wirtschaft wachsen wird. In 20 Jahren könnte der Kontinent prosperieren. Das bedeutet, es wird dort verstärkt in die Infrastruktur investiert, der Internetzugang wird flächendeckend sein, Talente und Fähigkeiten werden zunehmend kommerzialisiert. Das alles bedeutet auch die Nachfrage nach mehr Mobilität. Trotzdem werden in Afrika andere Erwartungshaltungen an das Auto gestellt als in Europa. Es herrscht ein anderes Klima, die Kulturen sind völlig verschieden und dadurch die Bedürfnisse der Konsumenten. Außerdem werden wir grundsätzlich und weltweit eine diversifiziertere Nutzung von Mobilität erleben. Wir werden vom Auto auf den Zug, auf Fahrräder umsteigen. Wir werden völlig neue Carsharing-Modelle sehen. Im Prinzip müssen wir kein Fahrzeug mehr besitzen. Das gilt nicht nur für das Auto. Nolte: Das ist die eine Seite. Andererseits werden Autos aber ein besseres Image haben. Heute werden sie häufig mit Umweltverschmutzung und Stau verbunden. Das wird sich ändern. Das Auto erfüllt viel stärker eine soziale Funktion. Es ermöglicht Kommunikation und bietet ein perfekt auf den Fahrer abgestimmtes Umfeld. Das Auto kann viel sensibler und genauer auf den Fahrer reagieren. Liske: Es gibt vier urbane Faktoren, die entscheidend für das Auto der Zukunft sind: Die kulturellen und kommerziellen Faktoren, also die Möglichkeit im Auto einkaufen zu können. Der Faktor Lernen. Das Auto unterstützt mich darin, meine Umgebung oder eine Stadt in kurzer Zeit zu entdecken, damit ich mich in ihr zu Hause fühle. Und der soziale Faktor. Das Auto unterstützt den Fahrer darin, mit anderen in Kontakt zu treten. Wie wird sich in diesem Zusammenhang das individuelle Fahrgefühl in der Zukunft verändern? Liske: Autofahren ist zurzeit noch sehr statisch. Wir bedienen die Kupplung, das Gas, das Lenkrad und die Bremse. Eine richtige Interaktion mit dem Auto findet kaum statt. In Zukunft wird das Auto spüren, wie meine Stimmung ist, und darauf reagieren. Es könnte erkennen, dass ich krank werde, und berät mich entsprechend. Emphatische HMIs (Human Machine Interfaces) werden eine immer größere Rolle spielen. Data Science wird weiter vorangeschritten sein. Der Computer wird mit Informationen besser umgehen können, sie genauer und bedürfnisgerechter interpretieren. Das Auto wird auch das unmittelbare Umfeld viel umfassender registrieren. Wenn das der Fall ist, dann treten wir in einen neuen Rhythmus mit der Umgebung ein.

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Emphatische Maschinen Stefan Liske und Alexander Nolte zählen zu den wichtigsten Vordenkern der deutschen Autoindustrie. Von Nanotechnologie bis zum wirtschaftlichen Aufschwung Afrikas – Liske und Nolte erklären den neuen Rhythmus einer automobilen Zukunft. Interview D a n i e l S e e t a l

Foto D a n i e l J o s e f s o h n


900 Kurven

In den Bergen rund um Palermo fand 1906 zum ersten Mal die Targa Florio statt, eines der ersten Autorennen überhaupt. Für Alfa Romeo wurde das Rennen zum Gründungsmythos der sportlichen Quadrifoglio VERDE-MODELLE. Schuld war 1923 ein abergläubiger Fahrer, der die Startnummer 13 zugewiesen bekam

Interview D a n i e l S e e t a l

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m Stadtrand von Palermo liegt eine Menge Müll. Die Sizilianer scheint das nicht zu stören. Oder es stört sie und es hat was mit der Mafia zu tun. Jedenfalls türmen sich nicht nur in der Nähe der Stadt am Straßenrand blauen Säcken auf, sondern auch im prachtvollen sizilianischen Bergland kippen Familien ihren kompletten Sperrmüll die steilen Hänge herab. Die Sizilianer sind ein bisschen wie Kinder, die sich die Augen zuhalten und dann denken, dass die Person vor ihnen nicht mehr da ist, weil sie sie nicht sehen. Doch in dem Moment, in dem man im Alfa Romeo Giulietta sitzt und die alte Strecke des legendären Autorennens Targa Florio durch die Berge von Madonien abfährt, ist das gar nicht mehr so schlimm. Der Himmel über der karg besiedelten Landschaft zelebriert ein beeindruckendes Farbspiel. Die dunkelblauen bis schwarzen Wolken schweben bedrohlich über gelben Feldern, die ab und zu ein paar letzte Sonnenstrahlen zum Glühen bringen. Wirklich schnell fahren kann man auf diesen Straßen nicht. Der aufgeplatzte Asphalt wirft riesige Falten, die einem wahrscheinlich die Achsen zertrümmern würden, würde man sie mit mehr als 60 km/h überqueren. Die Kurven sind so unberechenbar wir der hügelige Verlauf der Straße. Fassungslos liest man, dass der österreichische Fahrer Helmut Marko bis heute eine Rekordzeit der Targa Florio hält. In einem Alfa Romeo Tipo 33/TT/3 fuhr er die Strecke 1972 mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 128 km/h. Auch aus heutiger Sicht immer noch ein Wunder. In den größten Jahren des Rennens – zwischen 1955 und 1973 – hatte die Targa Florio WM-Status. Als Erster fuhr der legendäre Rennfahrer Stirling Moss in einem 300 SLR einen WM-Sieg auf Sizilien ein. Als letzter Herbert Müller in einem Porsche 911 Carrera RSR. Obwohl die Targa Florio auch heute noch als Rallye gefahren wird, sind die glanzvollen Tage vorüber. Das ist nicht schlimm, denn von denen gab es eine Menge.

Da ist zunächst die Geschichte der Gründung: 1906 initiierte Vincenzo Florio, ein reicher Winzer, die Targa Florio (Targa bedeutet Bronzeplakette auf Italienisch). Es nahmen 6 Fahrzeuge teil, die Länge des Kurses beträgt 148 Kilometer. Gefahren wurden drei Runden. Die Targa Florio ist eines der ersten richtige Autorennen überhaupt, lange bevor es die Mille Miglia oder das 24-Stunden-Rennen von Le Mans gab. Der Autoenthusiast Florio, der in seiner freien Zeit auch malte, nahm in den ersten Jahren selber teil und erfuhr sich einen beachtlichen 9. Platz. Die Durchschnittsgeschwindigkeit belief sich in den ersten Jahren auf etwa 50 km/h. Als Strecke dienten immer die öffentlichen Straßen. Jedes Rennen war ein soziales Event. In manchen Jahren strömten bis zu 200.000 Menschen an den Straßenrand, um den waghalsigen Fahrern zuzujubeln, die in Italien einen Heldenstatus hatten. Weil das Rennen als gefährlich galt und es immer wieder zu Todesfällen kam, wurde der Targa Florio 1974 der WMStatus aberkannt. 1977 wurde es ganz verboten. Die 500 PS starken Prototypen waren für die Strecke zu schnell geworden. Aber auch vorher, in den 1920er-Jahren, hatten Fahrer vor dem Start allen Grund, in Erwartung der über 900 Kurven, die während der Targa Florio durchquert werden

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Der aufgeplatzte Asphalt wirft riesige Falten, die einem wahrscheinlich die Achsen zertrümmern würden, würde man sie mit mehr als 60 km/h überqueren

müssen, ein flaues Gefühl im Magen zu haben. Der Alfa Romeo-Fahrer Ugo Sivocci war als katholischer Süditaliener zudem auch noch extrem abergläubisch. Als er 1923 kurz vor seinem Start die Nummer 13 zugewiesen bekam, wollte er anfangs überhaupt nicht starten. Erst als seine Mechaniker ihm ein großes grünes Kleeblatt (Auf Italienisch: Quadrifoglio Verde) als Glücksbringer in eine weiße Raute auf die Motorhaube pinseln, lässt er sich umstimmen – und gewinnt das Rennen. Im September desselben Jahres verunglückt Sivocci beim Training zum Grand Prix von Europa in Monza tödlich. Von diesen Zeitpunkt an starten alle Alfa-Rennautos nur noch mit einem grünen Kleeblatt auf der Karosserie in ein Rennen. Aus Respekt vor Sivocci ist das nach seinem Tod allerdings auf einem weißen Dreieck statt einer Raute gedruckt oder gemalt. Seit mehreren Jahrzehnten ist dieses Symbol außerdem zum Erkennungszeichen der besonders sportlichen Alfa-Modelle geworden. Der Giulietta QV mit dem wir durch die sizialianischen Berge unterwegs sind, trägt auch so ein Logo. Nur knattert und brodelt der Wagen nicht wie Sivoccis Alfa Tipo RLS. Kraftvoll zieht er angetrieben von einem 235 PS 1.8 TBi Motor nahezu geräuschlos um die Kurven. Im Städtchen Cerda halten wir am Museo Vincenzo Florio. Es ist vollgestellt mit Devotionalien von lange vergangenen Rennen. Alte Rennanzüge hängen in Vitrinen und Fotos von Vincenzo Florios Frau gerahmt an der Wand. Daneben verblichene Schwarz-Weiß-Bilder aus jedem Jahr des Rennens. Auf einem sitzt Enzo Ferrari in einem Alfa Romeo 40/60HP. 1920 war er Testfahrer bei der Marke aus Mailand und holte auf der Targa Florio

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einen Klassensieg. Manche Devotionalien-Ensembles wirken wie kleine Altäre. Caetano tritt hinzu. Er ist ein guter Freund des Besitzers Antonio und spricht im Gegensatz zu Antonio deutsch. „Gut reden, besser machen“, sagt er, grinst breit und schaut herausfordernd über die Brillengläser hinweg in die Runde. Er redet sehr viel, aber kaum über die Targa Florio. Er erzählt von den Nachtschichten bei Audi, wo er von den Siebzigern bis in die Achtziger gearbeitet hat. In den Neunzigern haben die Roboter übernommen, sagt er. Dann geht es um Träume und die Mafia. „Die sind immer da, und die meisten hier verhalten sich wie Schafe. Mäh, mäh.“ Er verschwindet im Museum und kommt mit einer Mappe handgezeichneter Fahrzeugstudien zurück. Skurrile Autos. Einige sehen aus wie fahrbare futuristische Imbissbuden. Dann müssen wir weiter, zurück auf die Piste. „Dialog ist sprechen mit den Herzen“, sagt er zum Abschied. Oder mit den Motoren, hätte der alte Vincenzo Florio wohl gesagt. Oben in den Bergen hängen die Wolken noch tiefer als vorher. Es fängt an zu regnen. Wenn sich die Wolkendecke einen kurzen Moment öffnet, dann glitzert die Landschaft sekundenlang wie auf einem Gemälde von William Turner. Der Giulietta QV gleitet über die ramponierten Straßen. Ich kenne die Malerei von Vincenzo Florio nicht, aber für die Landschaften hätte er sich – wie die Sizilianer heute – wahrscheinlich nicht so sehr interessiert. Er hat bestimmt Maschinen gemalt, irgendwas Futuristisches. Zum Glück. Ohne seinen Enthusiasmus für schnelle Autos hätte es die Targa Florio nie gegeben, auch keine Alfa QVs – und die ganzen schönen Geschichten nicht.



GröSSenwahn Autoradio

Viele Premiummarken arbeiten zurZeit wieder verstärkt am perfekten Klang im Auto. Zum Beispiel Mercedes-Benz in den kalifornischen Skywalker Studios, wo auch George Lucas den Ton für die STAR-WARS-FILME gemischt hat. Der Aufwand ist beträchtlich und das Ergebnis beeindruckend. Aber wird der neue Supersound jemals massentauglich werden?

Text und Fotos J i - H u n Ki m

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utobauer entdecken den Sound für sich neu. Dabei geht es nicht nur um das sonore ausbalancierte Brummen eines V8-Motors, auch die Musikanlage wird wieder zur Spielwiese neuer Technologien und ist vor allem im Sektor Sportwagen der höheren Preiskategorie der neue Way to go. Seien es Ferrari FF, Porsche 911 Carrera oder der Edelroadster Mercedes SL, alle arbeiten mit neuerdings präzise abgestimmten Soundsystemen, die extra für das jeweilige Auto in Zusammenarbeit mit HiFi-Experten hergestellt wurden. Das alles hat mit dem typischen Bild des provinziellen Autotuners mit Oktoberfestbierfassgroßen Subwoofern im Kofferraum nicht mehr viel zu tun. Perfektionieren an allen möglichen Stellen, das Auto als Klang- und Resonanzkörper verstehen, jahrzehntealte „Fehler“ im Verbauen von Musikanlagen beheben – das ist die Devise.

sinfonische Klassiker wie Beethovens 5. oder Griegs Peer Gynt Suite neu auf fünf Kanäle zu mixen und zu mastern. Der Master Engineer wurde hierbei mit seinem Equipment ins Auto gesetzt, statt wie gewöhnlich, wo die fertigen Spuren in sein Masterstudio geschickt werden. Leslie Ann Jones, die Chefin von Skywalker Sound und ebenfalls mehrfache Grammy-Gewinnerin hat schon mit Miles Davis, Herbie Hancock, B.B. King und dem Kronos Quartet gearbeitet, zeigt sich aber auch für den Sound von Hollywoodfilmen wie „Apocalypse Now“ und „Requiem for a dream“ verantwortlich. Monatelang hat sie sich im Studio verschanzt, um dem Signature Sound sein Gesicht zu verleihen: „Es war auch für mich eine neue Herausforderung. So etwas habe ich noch nie gemacht. Sitzposition von Fahrer und Beifahrer zu berücksichtigen, so wie die Lautsprecherpositionen im Auto. Wir haben, so hoffe ich, ein ultimatives Klangerlebnis geschaffen, das es so noch nicht gegeben hat.“ Auf die Frage, wen sie auf Bei Mercedes-Benz geht man mit dem Projekt Signature ihrer Wunschliste für den Signature Sound hat, antwortet Sound noch einen Schritt weiter. In Zusammenarbeit mit sie mit einem ehrlich verschmitzten Lächeln: Supertramp. Skywalker Sound, dem Tonstudiokomplex, das zum LuNicht weil es aus technischer Sicht eine besondere Hercasfilm-Imperium (Star Wars) gehört und dem Grammyausforderung wäre, sondern weil sie einfach nur Fan sei. Gewinner und Soundproduzenten Herbert Waltl (Media Der Signature Sound beeindruckt in der Tat. Streicher Hyperium), wurden 25 Songs/Musikstücke aus dem rauschen selbst bei offenem Verdeck über den ScheiBereich Pop und Klassik ausschließlich für den SL neu tel, als würde man mitten im Orchestergraben hocken. abgemischt. „Normalerweise wird Musik für den StereoGitarrensoli klingeln brillant und das in der Mittelsäule Standard produziert. Unsere Aufgabe bestand darin, die integrierte Frontbass-System kickt sanft gegen die Brust. Rechte für die Einzelspuren der Stücke zu bekommen, Im Moment kommen zwar nur Kunden eines neuen SL in um ein neuartiges 5.1-Sounderlebnis zu erschaffen, das den Genuss dieses exklusiven Tonträgers. Aber Innovaexakt auf den Innenraum des Roadsters abgestimmt ist“, tionen wären keine Innovationen, hätten sie nicht auch so Waltl. Ein mutiges Unterfangen, sind doch gerade im das Potenzial für Abwärtskompatibilität. Es sei kein Popbereich die Stereo-Mastertapes so etwas wie der heiWiderspruch, diesen Ansatz in Zukunft auch in A- oder lige Gral der Musikproduktion. Unantastbar und für die C-Klassen zu finden. Denkt man daran, dass Systeme wie Ewigkeit bestimmt. Noch mal die diskreten Einzelspuren ABS, Airbag und Dreipunkt-Gurt ihre Weltpremieren in zu bekommen und ein neues Mastering anzuberaumen, der S-Klasse hatten und heute zum Standard selbst für ist in etwa so, als hätte man Pablo Picasso gefragt, ob man kleinste Autos gehören, kann man selbst so einem im das Gelb seiner „Les Demoiselles d‘Avignon“ durch ein Ansatz größenwahnsinnigen Soundprojekt Zukunftsglauneues, „besseres“ ersetzen dürfte. Dass dies aber geklappt ben schenken. Vor allem wird hierbei eine Grundregel der hat, spricht auch für die Reputation des Dreigestirns LuPopmusikproduktion auf den Kopf gestellt. Es hieß becasfilms, Mercedes-Benz und Herbert Waltl. Eigens dafür kanntlich sonst: Ein fertiger Song muss auch im schlechwurde ein SL ins Studio gekarrt, um Songs wie „Pokerface“ ten Autoradio gut klingen. So langsam wird das Auto aber (Lady Gaga), „Owner of the loney heart“ (Yes), aber auch vielleicht zur besten Stereoanlage überhaupt.

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Sozialer Megahighway

Das Architekturbüro Höweler + Yoon krempelt den amerikanischen Traum um. Eric Höweler und seine Mitarbeiter wollen in einer Zukunftsvision für die Region zwischen Boston und Washington das Auto zur Nebensache machen

Text H e n d r i k L a k e b e r g

Bilder H ö w e l e r + Y o o n

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m Endeffekt geht es bei diesem Projekt um den amerikanischen Traum“, sagt Eric Höweler vom Bostoner Architekturbüro Höweler + Yoon. Der scheint sich in der letzten Zeit ziemlich verändert zu haben, wenn man sich Höweler + Yoons Entwurf für eine Neustrukturierung der Metropolregion Boston und Washington anschaut. Und vor allem, wenn man ihm zuhört. „Amerikaner brauchen Wahlmöglichkeiten. Zum Beispiel zwischen verschiedenen Fortbewegungsmitteln, Fahrrad, Auto oder Zug. Der Unterschied ist aber, dass nachfolgende Generationen nicht mehr unbedingt ein Fortbewegungsmittel besitzen wollen. Viele hören Musik über das Internet, haben aber die Platte nicht mehr zu Hause. Ich denke, das lässt sich auf die Mobilität übertragen. Auch Carsharing wird selbstverständlich werden. In Zukunft wollen viele die Versicherung eines Autos nicht mehr bezahlen oder den Garagenplatz. Das Beste ist doch: Man hat die Wahl ohne die Last des Besitzes.“ Moment, Fahrräder in den USA, Besitztum ist eine Last... Amerikanische Träume haben schon anders ausgesehen. Trotzdem hat Eric Höweler natürlich nicht unrecht, denn Verkehr wird auch in den amerikanischen Großstädten nicht weniger. Autos sind teuer, sie verschmutzen die Umwelt – es gibt immer mehr Indizien, dass wir sie uns in Zukunft immer weniger leisten können und wollen. Dass sich das Verhältnis zum Auto langsam ändert, zeigt der Erfolg von Carsharing-Projekten wie Zipcar, Car2go oder Drive Now.

Trotzdem ist die Region durch ein flächendeckendes, aber unzureichendes Verkehrsnetz verbunden. Höweler + Yoon möchten es restrukturieren. Im Herzen ihrer Vision steht deshalb eine Art Megahighway, der auf verschiedenen Ebenen eine Durchquerung der Metropolregion für unterschiedliche Transportmittel ermöglicht. Man kann, muss aber nicht mehr mit dem Auto fahren, Zugfahren ist möglich oder die Fahrt in Kleinwagen, die automatisch gesteuert werden. Gerade in den Zügen soll ein komfortables Ambiente geschaffen werden, in dem man arbeiten, essen oder Konferenzen abhalten kann. Der Highway ist nicht mehr einfach nur ein Mittel der Fortbewegung, sondern auch ein Ort der Kommunikation, eine Pulsader, die die zerklüftete und ungleich entwickelte Region zusammenführen soll. Besonders wichtig ist für Eric Höweler eine stärker diversifizierte Mobilität, die nicht nur auf dem Auto beruht – wie es jetzt der Fall ist. Auch der Verkehr in den Stadtzentren soll sich verändern: Höweler möchte den Aspahlt durch sogenannte Tripanels ersetzen. Der Straßenbelag kann so an den Bedarf angepasst werden. Aus einer Straße wird in kürzester Zeit eine Rasenfläche oder ein Fußgängerweg. Der städtische Raum ist auf diese Weise flexibler nutzbar. Die Straße wird bei Höweler + Yoon von einem reinen Transportmedium zu einer Art sozialem Korridor, einer Begegnungsstätte, vielleicht sogar zu einem gesellschaftlichen Motor. Auf den ersten Blick sehen die futuristischen am Computer erstellten Modelle nicht so aus, als würden sie tatsächlich jemals gebaut werden. Doch Höweler hofft: „Wenn Obama die Wirtschaft ankurbeln will, dann muss Eric Höweler und sein Team haben mit einer futuristisch anmutenden Zuer Geld investieren. Außerdem möchte er einen gesellschaftlichen und kunftsvision für die Metropolregion Boswash im Oktober 2012 den Audi Ur- kulturellen Umschwung bewirken. Er hat schon über neue Highspeed-Züge ban Future Award gewonnen, einen Preis, der die besten Entwürfe und Ideen geredet, die sich in den USA, im Gegensatz zu Europa, nicht durchgesetzt für die Stadt der Zukunft prämiert. Ganz bewusst habe sich sein Büro dazu haben. In der Metropolregion Boswash gibt es bereits Bahnlinien, auf die entschieden, sich vor der eigenen Haustür umzuschauen, sagt Höweler. Die man aufbauen könnte. Es wäre also der ideale Ort, um anzufangen.“ Forschung stürze sich auf exotische Projekte wie Mumbai oder Sao Paolo So unrealistisch ist Höweler + Yoons Entwurf also nicht. Bislang hat sich (zu beiden Städten waren ebenfalls Entwürfe im Wettbewerb), die vertraute nur der amerikanische Traum auch unter Obama kaum verändert. Und für Umgebung werde häufig links liegen gelassen, weil sie zu wenig aufregend, den Schritt weg von den Autos hin zu mehr mobiler Diversität müsste Obavielleicht auch zu naheliegend sei. Dass das nicht stimmen muss, zeigt Höma an der Autolobby vorbei. Und mit der hat er sich bislang ganz gut verwler + Yoons futuristische Vision von Boswash, eine Metropolregion, die von standen – wie die Milliardenkredite zur Wirtschaftskrise zeigten. Trotzdem Boston bis Washington reicht und sich um den Interstate Highway I-95 ange- setzte er erst kürzlich das Ziel, den Verbrauch der amerikanischen Autos siedelt hat. Nicht alle Teile der Region prosperieren wie Manhatten. Baltibis 2025 auf 4,3 Liter zu senken – also um die Hälfte. Das könnte ein guter more zum Beispiel ist eine sogenannte Shrinking City. Eine Stadt, deren Ein- Anfang sein. Vielleicht auch für eine Realisierung von Höweler + Yoons Boswohnerzahl stetig abnimmt und die nicht mal über genügend Supermärkte wash Projekt. Denn den Segen der Autoindustrie haben auch sie – zumindest verfügt, um die Bewohner der Innenstadt mit Lebensmitteln zu versorgen. den von Audi.

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PO RE AG RT E

links Shareway in der Stadt, © Höweler + Yoon Architecture, BosWash: Shareway 2030/USA

rechts Farm Share, © Höweler + Yoon Architecture, BosWash: Shareway 2030/USA unten Shareway auf dem Bahnsteig, © Höweler + Yoon Architecture, BosWash: Shareway 2030/USA

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E RT AG RE PO 104 W ER K ST A TT

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Strategische Revolution Vom Biedermann zum slicken Anzugträger: Bei keinem anderen Autohersteller war das Design so zentral für den Erfolg wie bei Audi. Wie genau es dazu kam und welche Designstudien die Meilensteine auf dem Weg zum Siegeszug der Marke waren, erklärt INTERSECTION-Autor Alexander Batke-Lachmann.

Text A l e x a n d e r B a t k e - L a c h m a n n

I

m Rückblick betrachtet werden sich sicherlich einige Protagonisten der deutschen Automobilindustrie ungläubig die Augen reiben. Selten hat ein Hersteller einen so erfolgreichen Klassenaufstieg hingelegt wie die Ingolstädter.

Doch der wirkliche wegweisende Moment der Markenselbstfindung war das unter Designchef Hartmut Warkuß Anfang der 80er-Jahre etablierte „Aero-Design“ mit seinen cw-optimierten Karosserien. Die geometrische hölzerne Strenge des Quader-Designs der 70erJahre weichte nun in Fahrzeugen wie dem Audi 100 oder Doch Audis Wandlung vom belächelten Biedermann später dem Audi 80 einer geschmeidigen Klarheit und zum slicken Anzugträger ist ohne eine konsequente Leichtigkeit. Neuorientierung bei der Fahrzeugentwicklung nicht 1997 begann mit dem avantgardistischen und poladenkbar: Plötzlich sprachen die Designer auf Augenhöhe risierenden, von Claus Potthoff gezeichneten A6 die Ära mit den Ingenieuren. Qualität war keine rein messbare des Sculpture-Designs und damit die Abkehr von den Größe mehr, die sich in Prozessen, Zahlen und Statistifunktionalen Designkonventionen des Aero-Zeitalters. ken abbildete, sondern zugleich Anspruch und VerspreVormals abstehende Karosserieteile wie Stoßdämpfer chen geworden, das sich in der Form und Gestaltung des wurden praktisch nahtlos in den Karosseriekörper integFahrzeuges widerspiegeln musste. Die Designer haben riert. Das Resultat war eine skulpturale Eigenständigkeit, das Image von Audi im wörtlichen Sinne neu erschaffen, wie sie zum Beispiel in der erste Generation des Audi TT indem sie den technologischen und innovativen Kern der verwirklicht wurde. Die neue Formsprache sollte mehr Marke in eine erfolgreiche Formsprache übersetzt haben. Emotionen zulassen, mit lebhaften Formen und Flächen. „In den 60ern und 70ern gestalteten Designer einzel- Ein Ziel, das seit 2002 auch die „Dynamic Sculpture“ne Automodelle, in den 80er- und 90er-Jahren hatten sie Evolution unter Walter de´Silva weiterentwickelte. eine strategische Rolle für die ganze Marke. Und jetzt Doch in der Designstrategie der letzten zehn Jahre kommt ein kultureller Aspekt dazu. Design verkörpert deuten sich auch erste Sackgassen ab. Zu stringent hat heute Geschichte, Philosophie, technische Kompetenz“, man ein generations- und modellübergreifendes Marfasste der damalige Audi-Designchef Walter de Silva kengesicht entwickelt. Eine Strategie, die lange Zeit sehr den Bedeutungswandel 2003 in einem Focus-Interview erfolgreich das Premiumimage der höheren Fahrzeugzusammen. klassen auf das mittlere und untere Preissegment hat Audis Rückkehr in die Automobilwelt nach der abstrahlen lassen. Aber wer kann heute noch auf den kriegsbedingten Neugründung beginnt 1965 mit einer ersten Blick einen A6 von einem A8 unterscheiden? Ist kleinen, im Nachhinein fast banal wirkenden Revolution: das schon der neue, oder noch das alte Modell? dem rechteckigen Scheinwerfer. Zu einer Zeit, als fast Für einen kompakten Überblick über die Designalle Wagenfronten der Welt von runden Beleuchtungsentwicklung der Inglostädter Aufsteiger haben wir einheiten geziert wurden, setzte der Audi 72 eine erste fünf richtungweisende Studien der letzten Jahrzehnte Wegmarke mit innovativem, modernem Design. herausgesucht.

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Forschungsauto 1980 Die Geburtsstunde des modernen Audi-Designs. Mit dem „Forschungsauto“ vollführte Audi 1981 einen Quantensprung: Das erstmals vorgestellte revolutionäre Aero-Design machte den Windkanal zum Chefgestalter. Weiche, fließende Formen lösten die kantige Formsprache der 70er ab und ermöglichten einen damals für Limousinen rekordverdächtigen cW-Wert von unter 0,30 und entsprechend niedrigere Verbrauchswerte. Das aerodynamische Design des „Forschungsautos“ greift aber keineswegs nur damalige Themen der Automobilentwicklung wie Wirtschaftlichkeit, Energiebedarf und Ökologie auf. Mit seinen bündigen Fensterflächen und seiner formalen Homogenität ist das neue Design Ausdruck technischer Präzision und technologischer Innovation und formuliert damit die Designlinie für kommende Serienmodelle wie den Audi 100 oder den Audi 80.

Audi Steppenwolf Der Urvater des Q3: Als Audi im September 2000 auf dem Pariser Automobilsalon eine Konzeptstudie in der Kompaktklasse für den Straßen- und Offroad-Einsatz vorstellte, war der Begriff SUV für die meisten Autofahrer noch ein Fremdwort. Auf Basis des A3 präsentierte Audi einen ungewöhnlich hohen und breiten LifestyleViersitzer mit klar gezeichneten Linien und großzügigen Flächen, dunkel abgesetzten Stoßfängern und integrierten Blinkern, der einen frühen Ausblick auf ein Segment gab, das erst Jahre später mit der QReihe eine eigene Nomenklatur bekommen sollte.

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Audi Avus quattro 12 Zylinder, über 500 PS und eine Beschleunigung von 0-100 in ca. 3 Sekunden: Der 340 km/h schnelle Audi Avus quattro von 1991 war eine fast größenwahnsinnige Kampfansage an das elitäre Luxus-Establishment und verkörpert wie keine Studie zuvor die Ambitionen der Ingolstädter. Nach dem halbherzigen Oberklassen-Einstand mit dem Audi V8 ist die Botschaft klar: Wir bleiben. Oder richtiger: Wir waren schon immer da. Schließlich war der Name des Audi Avus quattro eine Reminiszenz an den Avus-Geschwindigkeitsrekord des Auto Union-Sechzehnzylinders von 1934. Nicht weniger aufsehenerregend als die Leistungsdaten war die hochglanzpolierte Aluminiumkarosserie, die das Lieblings-Innovationsthema von Audi, den Leichtbau, spektakulär sichtbar machte.

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bloc party Spaziergang Bloc Party Drummer geht am liebsten zu FuSS

Interview H e n d r i k L a k e b e r g

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T IN V ER

M

it ihrem mechanischen Sound ist die Band Bloc Party zu einer der größten Rockbands Europas geworden. Im November spielte die Band in Berlin ein exklusives von Beck‘s Bier ausgerichtetes Konzert. Wir trafen die Band backstage und sprachen mit Drummer Matt Tong über Essen an Tankstellen, die schlechten Straßen von New York und einen irren Taxifahrer. Welche Bedeutung hat Mobilität für Sie? Wir können als Band nur existieren, indem wir reisen. Nur eine Kleinigkeit muss passieren und alles fällt auseinander. Ein Flug, der Verspätung hat, oder ein Bus mit einer Panne kann den kompletten Tourplan ruinieren. Mögen Sie dieses ständige Unterwegssein? Am Anfang habe ich mir darüber keine Gedanken gemacht. Es gehörte zu meinem Job. Aber klar, du bist nie zu Hause, du isst auf Tankstellen oder am Flughafen. Wenn du nur unterwegs bist, dann kann dich das ein bisschen unentspannt machen. Meistens sitzt du herum und wartest... Man fragt sich schon manchmal, ob es den ganzen Aufwand wert ist, wenn du nur einen kleinen Bruchteil deiner Zeit auf Tour damit verbringst, Musik zu spielen. Aber ich habe mich daran gewöhnt. Glauben Sie, das viele Touren und Reisen hat einen Einfluss auf Ihre Musik? Ich bin mir nicht sicher, ob das bei uns der Fall ist. Vielleicht allgemein: Das zweite Album von vielen Bands handelt davon, irgendwie heimatlos zu sein. Das ist verständlich, denn man schreibt natürlich über das, was man erlebt. Aber es mag auch ein Grund dafür sein, warum das zweite Album von vielen Bands so schwierig ist. Denn die meisten der normalen Zuhörer interessiert dieses Gefühl nicht, weil sie es nicht kennen. Grundsätzlich gibt es Musiker, bei denen Aspekte der Fortbewegung in die Musik Eingang finden. Das Geräusch und der Rhythmus eines Zuges zum Beispiel. Wie in der frühen Countrymusik? Ja, aber auch Dichter waren vom Klappern der Hufe auf dem Pflaster inspiriert. Interessieren Sie sich für Autos? Immer schon, auch für Motorsport. Ich bin aber das einzige Bandmitglied, das fährt. Als wir uns in London kennenlernten, war ich immer der Fahrer, weil ich der Einzige mit einem Auto war. Mittlerweile lebe ich in New York. Viele meiner Freunde dort fahren Fahrrad, was mir zu gefährlich ist. Ich habe mir auch dort ein Auto gekauft. Ich brauche es eigentlich kaum, aber mir ist es irgendwie wichtig eines zu haben. Was fahren Sie? Einen Saab 900 Turbo. Baujahr 1993. Ein tolles Auto, das man nicht mehr häufig sieht. Ich überlege gerade, was ich mit ihm machen soll. Eine Grunderneuerung würde mehr kosten als ein neues zu kaufen. Außerdem ist es in New York sehr teuer, ein Auto zu haben. Die Straßen sind sehr schlecht. Autos gehen deswegen schnell kaputt. Ich bekomme ständig Parktickets,

IEW

» Hey, können wir mal so fahren wie in einem dieser Filme? «

weil ich immer vergesse mein Auto umzuparken, wenn die Straßenreinigung kommt. Es ist frustrierend. Was ist Ihr Lieblingsfortbewegungsmittel? Diese Rollbänder auf Flughäfen finde ich gut. Ich mag dieses Gefühl, zu gehen und viel schneller zu sein, als man eigentlich ist. Ich weiß nicht warum. (lacht) Und ich mag es immer mehr, spazieren zu gehen. Bis ich nach New York gezogen bin, habe ich keinen Sinn darin gesehen. Es hat mich gestresst, zu Fuß laufen zu müssen. Das hat sich sehr verändert. Auch wenn wir auf Tour sind, versuche ich jeden Tag ein bisschen durch die Gegend zu laufen. Spazierengehen ist total unterschätzt! Was ist der seltsamste Ort, an den Sie gereist sind? Der Ort war nicht seltsam, aber was wir dort erlebt haben: Wir haben ein Konzert in San Francisco gespielt und sind im Anschluss auf eine Party gegangen. Wir mussten also sehr spät in der Nacht zurück zum Tourbus und haben ein Taxi angehalten. Wir waren etwas angetrunken. Der Fahrer fuhr auf einen dieser typischen Hügel, die man aus den Filmen mit den Autoverfolgungsjagden kennt, die in San Francisco gedreht wurden. Ich habe aus Scherz zu ihm gesagt: „Hey können wir mal so fahren wie in einem dieser Filme?“ Er hat mich angeschaut, nichts gesagt und dann das Gas bis zum Boden durchgetreten. Wir sind mit Topspeed den Hügel runtergefahren. Teilweise mit allen Reifen in der Luft. Der Fahrer war ein ziemlich korpulenter Typ. Während der Fahrt hat er mit seiner Barriton-Stimme laut Barry White mitgesungen. Anschließend ist er mit uns ins Rotlichtviertel gefahren und hat mit den Prostituierten geredet. Irgendwann hat er uns schließlich zum Tourbus zurückgebracht. Wir haben ihm ein ordentliches Trinkgeld gegeben.

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gebrauchte wagen

Cadillac Eldorado

Dwight D. Eisenhowers Staatskarosse stand für den automobilen Enthusiasmus der Fünfziger Dwight D. Eisenhower fuhr zu seiner Amtseinführung 1953 in einem Cadillac Eldorado Cabrio – einem der ersten, die vom Band liefen. Bis heute gilt dieses Auto als ein Höhepunkt der amerikanischen Automobilgeschichte. Eisenhower war ein Autoenthusiast, der schon in seiner Zeit bei der Armee damit beauftragt war, Militärfahrzeuge zu testen und die Planung eines flächendeckenden amerikanischen Straßennetzes voranzutreiben. Ein Ziel, das er auch in seiner Amtszeit als 34. Präsident der Vereinigten Staaten verfolgte. Als eine seiner wichtigsten Innenpolitischen Errungenschaften gilt bis heute der Federal Aid Highway Act von 1956 – ein gigantisches Bauvorhaben, bei dem die wichtigsten Punkte der USA durch ein Interstate Highway Netzwerk verbunden wurde. Begründet wurde die Einführung des Interstate Netzwerks vor allem militärisch. Eisenhower war während seiner Zeit als Oberbefehlshaber der Alliierten im 2. Weltkrieg beeindruckt von der Effektivität der deutschen Autobahnen. Auch das Interstate-Netz sollte eine bessere militärische Manövrierfähigkeit im Landesinneren ermöglichen. Wichtig wurde es im Endeffekt aber für die amerikanische Wirtschaft und den Erfolg der amerikanischen Autoindustrie. Dass sich Eisenhower in einem Cadillac Eldorado zur Amtseinführung fahren ließ, entsprach also nicht nur seiner Wertschätzung für schöne Autos, es setzte auch ein Zeichen: Seine Mobilitätsinitiativen entfachten eine kulturelle

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und ökonomische Dynamik, von der die USA bis heute zehren. Eisenhower trug zur Autoabhängigkeit der Amerikaner bei, was heute mancher als Fluch denn als Segen empfindet. Daran dachte in den Fünfzigern noch niemand. Der Optimismus der Zeit spiegelt sich in dem Foto oben, auf dem Eisenhower jubelnd in der aus heutiger Sicht viel zu großen und sperrigen Karosserie des Cadillac Eldorado steht. Der Eldorado war das fortschrittlichste amerikanische Auto der Zeit. Das Aushängeschild des barocken amerikanischen Autodesigns der Fünfziger. Vergleicht man Eisenhowers Präsidentenlimousine mit der Obamas (Bild rechts), dann liegen Welten dazwischen. Während Eisenhowers Eldorado Cabrio als Symbol für den Aufschwung der Fünfziger verstanden werden kann, steht Obamas Cadillac One vor allem für eine verlorene Unschuld. Der Präsident fährt nicht mehr in direktem Kontakt zum Volk, sondern – als Folge von Terroranschlägen und Attentaten – in einer Hochsicherheitszelle, abgeschnitten von der Außenwelt. Es stellt sich außerdem die Frage, was aus der amerikanischen Oberklasse, ja, der amerikanischen Automobilindustrie überhaupt geworden ist. Denn die scheint nicht mehr in der Lage zu sein, in einem Serienmodell die Basis für ein präsidentenwürdiges Fahrzeug herzustellen. Und auch das Design von Obamas Limo One ist nicht schön, sondern vor allem zweckgerichtet. Obama hätte Besseres verdient.

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erste Liebe

Cadillac One

BARACK OBAMA BLEIBT AUCH IN DER 2. AMTSZEIT SEINER GEPANZERTEN PRÄSIDENTENLIMO TREU Obwohl Barack Obama ja nun für eine zweite Amtszeit gewählt wurde, lässt er sich immer noch im gleichen Auto fahren – übrigens die erste Präsidentenlimousine, die ohne eigenen Namen auskommt. Saß George W. Bush noch auf der Rückbank eines umgebauten Cadillac DTS, so ist Obamas Staatskarosse ein Hybrid aus verschiedenen Cadillac-Modellen. Einerseits eine Weiterentwicklung des DTS, ist das Chassis von einem Chevrolet Kodiak verbaut, die Scheinwerfer stammen vom Monster-SUV Escalade und die Rücklichter vom Cadillac STS. Die Limo One ist also ein automobiler Melting Pot. Also nicht nur in der wuchtigen Form, sondern auch in der Genese einem US-Präsidenten angemessen. Die CIA nennt Obamas zwischen sieben und acht Tonnen schweres Schlachtross The Beast. Im Kofferraum sind Blutkonserven aufbewahrt, mit denen ein von einem Attentat betroffener Obama noch vor Ort versorgt werden kann. Das Auto ist gegen biochemische und andere Arten von Attentaten ausgestattet. Inklusive Präsident können sieben Personen im Innenraum Platz nehmen. Zwischen den zwei Rücksitzen befindet sich ein ausklappbarer Tisch. Obama kann aus dem Auto direkt auf das Kommunikationsfahrzeug zugreifen, das stets hinter der Präsidentenlimousine fährt. Auch im Cadillac One verfügt Obama über alle erdenklichen Kommunikationsmittel. Der Präsident sitzt also durch die dicke Panzerung, die kaum Geräusche von draußen in den Wagen lässt, völlig abgetrennt von der Welt, durch die Kommunikationstechnologien ist

er mit der ganzen Welt auf einen Knopfdruck verbunden. Natürlich dürfen nur extrem fähige CIA-Agenten hinter das Steuer des Wagens. Pflichtübung eines Obama-Fahrers ist es, einen sogenannten J-Turn zu vollziehen. Das bedeutet, das Auto in wenigen Sekunden um 180 Grad drehen zu können. Bei diesem Monstrum mit Sicherheit keine leichte Angelegenheit. Wie sperrig und ungelenk das Beast sein kann, zeigte neulich ein mittlerweile millionenfach geclicktes YouTube-Video, in dem das Auto beim Verlassen der US-Botschaft in Irland auf einer leichten Erhöhung am Tor stecken blieb. Obama wurde nicht gesehen, wie er das Auto verließ, und die US-Behörden verneinten sogar, dass es sich bei dem Wagen um den Cadillac One gehandelt haben soll, sondern um ein Ersatzfahrzeug, in dem andere hochrangige Offizielle saßen. Wir wissen nicht, was stimmt, nur, dass es ein ziemlich lustiger Anblick war, wie das sicherste Auto der Welt an einem nicht gerade seltenen Straßenhindernis stecken blieb. Obama hat auch in seiner zweiten Amtszeit an seinem Wagen festgehalten. Als Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika müsste er das sicherlich nicht. Dass er das tut – wir sind uns sicher – muss mit Liebe zu tun haben. Denn Bescheidenheit und Sparsamkeit taugen als Argumente nämlich eigentlich nicht. Zumindest, wenn man sich den Verbrauch des Cadillac One anschaut. 29L pro 100 Kilometer – verschwenderischer geht es kaum.

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G

M bläst zum Angriff: Während die Amerikaner Opel in den unteren Preisklassen mit Chevrolet von hinten in die Beine grätschen, bringt man

im Luxussegment Cadillac in Angriffsstellung. Doch mit dem knackigen ATS will man nicht nur das süddeutsche Premium-Heimspiel von BMW, Audi und Mercedes durcheinander bringen – das eigentliche Publikum sitzt nämlich ganz woanders. Eine Kostprobe davon, wie man sich in Detroit deutsches Lifestyle-Appeal vorstellt, gibt es bei der Fahrvorstellung des ATS MT RWD: Vom Frankfurter Flughafen geht es über kurvige Landstraßen, an herbstlichen Weinbergen und Wäldern vorbei nach… Würzburg. Was nun ausgerechnet fränkische Weine und barocke Architektur über Cadillacs „Art & Science“ Designphilosophie auszusagen vermögen, bleibt vage. Vielleicht ist es ja der Gegensatz: Die klaren, dynamischen Linien des 276 PS-starken Kraftpaketes bilden einen anschaulichen Kontrast zur malerischen Beschaulichkeit des kleinen Städtchens. Zwischen Audis bravem A4 und einem 3er BMW geparkt, bedient der ATS schamlos jedes Klischee vom lauten, aufschneiderischen Amerikaner. Zu Recht spielt Cadillac den Underdog-Status gegen die gediegene deutsche Hausmannskost aus: Der agressiv gezeichnete ATS mit seinen kurzen Überhängen ist auf Krawall gebürstet und überrascht am Ende doch mit erstaunlichen PremiumQualitäten. Im Innenraum viel Leder und Metall, eine üppige Serienausstattung und teilweise aufpreispflichtige Gimmicks wie ein Spurhalteassistent, der den Fahrer mit Sitzvibrationen vor Gefahren warnt. Great. Aber was soll das Ganze eigentlich? Der ohnehin kleine Markt für PremiumKompaktlimousinen in der Gegend der 250 PS-Schallmauer ist unter den heimischen Platzhirschen aufgeteilt. Mehr als die Exoten-Ränge mit ein paar Hundert Einheiten werden die Amerikaner da kaum verbuchen können. Allein die Anzahl der Cadillac-Händler in Deutschland spricht Bände: Laut Website sind es sechs. Doch die Logik in der Detroiter Konzernzentrale ist eine andere: 90 Prozent aller Luxusmarken kommen aus Europa und wenn man in diesem Segment mitspielen möchte, dann muss man sich als Autohersteller eben auch auf deutschen Autobahnen beweisen. Aha.

Text

Alexander Batke-Lachmann

foto

Fabian Zapatka

fazit Autobahn-approved.

leistung und preis 240 K M

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PS

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6 SEK / 0199 G C 100 O 0 EURO 2 4 ZYLIN DE R

112 w e r k s t a t t

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TE ST

cadillac

ATS MT RWD 113


ST TE

Infinity

FX Vettel Edition 114 w e r k s t a t t

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S

ebastian Vettel feierte in diesem Jahr den 3. Formel1-Sieg in Folge. Spätestens damit gehört er zu den ganz Großen seiner Zunft. Da Nissans Edelmarke

Infiniti zu den Sponsoren des Red Bull Formel-1-Teams zählt, konnte sich Sebastian Vettel sein Lieblingsauto aus der aktuellen Produktpalette aussuchen, um es zusammen mit dem Bottroper Tuning-Unternehmen Brabus nach eigenen Vorstellungen umzugestalten. Auf der letzten IAA wurde in Frankfurt eine erste Studie gezeigt, ab 2013 wird es die Infiniti FX Vettel Edition nun in einer limitierten Auflage von 150 Stück zu kaufen geben. 50 davon gehen nach Europa. Der stolze Preis liegt bei 125.000 Euro. Ohne den Heckspoiler, der kostet 5000 Aufpreis. Es wundert nun nicht, dass sich der PS-verwöhnte Vettel mit dem SUV FX50 Infinitis dicksten Brummer aussuchte. Bei Brabus bohrte man den Motor des ohnehin schon monströsen SUVs zusätzlich auf, um dem 390 PS starken Serienmotor noch mal 30 PS mehr abzuringen. Der FX Vettel ist zudem um zwei Zentimeter abgesenkt, was die wuchtige Karosserie windschnittiger und dynamischer aussehen lässt. Im normalen Straßenverkehr bewegt sich der mit Karbonteilen angereicherte Kraftprotz dynamisch wie eine Kompaktklasse, fühlt sich dabei allerdings an wie ein Panther im Käfig. Richtig zu seinem Recht kommt der Vettel FX auf der Autobahn. Es ist eine Freude, das etwa zwei Tonnen schwere Gefährt mit dem neu abgestimmten Fahrwerk wie einen Sportwagen zu fahren. Der brodelnde Motor sorgt dafür, dass man dieses Auto im Straßenverkehr nicht überhören kann, wenn man ordentlich Gas gibt, um den von Infiniti angegebenen Beschleunigungswert von 5,6 Sekunden von null auf hundert einer Prüfung zu unterziehen. Man will so ein Monstrum mit allen Sinnen genießen. Das Draufgängertum gehört also zum Vettel-FX wie der Elektromotor in einen Nissan Leaf. Trotzdem ist er nicht nur ein Biest auf Rädern. In der Fahrerkabine kommt der Klang des Motor angenehm gefiltert an, sodass man die Kraft des Motors hören kann, ohne dass sie sich aufdrängen würde. Der Komfort im Innenraum entspricht dem hohen InfinitiStandard. Natürlich ist dieses Auto im Endeffekt ein riesiges Spielzeug. Fans werden es lieben, eher nüchterne Verkehrsteilnehmer den Kopf schütteln. Genau so soll es sein. foto

Infiniti / Intersection

fazit Fans und Draufgänger werden den Vettel FX lieben.

leistung und preis 250 KM /H ca. 14 L ITE R 420 PS

12

5.

0

307 MG CO2 O 8 ZYLIN

EUR 00

DE

R

5,6 SEK / 0 -1

00

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O

bwohl es den Toyota GT86 erst seit wenigen Monaten gibt, hat er es geschafft die Klasse des Sportcoupés aufzumischen. Dies hier ist ein

echter Sportwagen, der wenig kostet, aber eine Menge Spaß bringt. Quasi ein Tuningfahrzeug ab Werk. Ein Sportwagen, von dem man weiß, dass er gegen einen Porsche nicht ankommt. Von dem man das aber auch nicht erwartet. Der GT 86 trägt seine Klasse mit Stolz und Würde – und kostet dabei nur 30.000 Euro. Für die Marke Toyota kommt die Einführung dieses Autos genau zur rechten Zeit. Manche sagen, dass es von den Japanern längst ein Modell wie dieses hätte geben sollen. Das Yin der sauberen Hybrid-Modelle brauchte ein Yang, das wieder mehr nach Motoröl riecht. Dieses Yang ist nun da und liefert genau das, was man sich von einem solchen Auto erhofft hat. Für die nur 1,29 Meter hohe Karosserie hat man eine Silhouette gefunden, die die Emotionalität von Fahrwerk und Motor nach außen trägt. Der zusammen mit Subaru entwickelte GT86 setzt vor allem auf Dynamik. Es geht nicht darum Geschwindigkeits- (Mehr als 200 km/h sind nicht drin) oder Beschleunigungsrekorde (7,6 Sekunden von von null auf hundert klingen im Vergleich zum Beispiel zu einem GTI mittelmäßig) zu brechen, sondern um ein Auto, das den Fahrer sportlich durch den Alltag bringt und das nach außen repräsentiert. Der Realismus in diesem Konzept passt wiederum perfekt zu Toyota. Der GT86 bringt also nicht nur das Portfolio der Japaner in eine neue Balance, auch das Auto an sich findet genau die richtige Mitte aus Posertum und Realismus. Vor allem aber hält es sein Versprechen: Fahrspaß für wenig Geld.. foto

Mélanie Bordas AubIès

fazit Die perfekte Mischung aus Emotionalität und Realismus.

leistung und preis

22

SE

6

7,6

KM

K

/H

/0

-1 00 7,8 LIT ER 200 PS 181 G CO2 29.9 9 4 ZYLIN 0 EU DE RO R

toyota

gt86 116 w e r k s t a t t

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TE

ST

117


ST TE

porsche

boxster S 118 w e r k s t a t t

INTERSECTION nr. 12 2012


E

s gab 2012 kaum ein Auto, dem in der Fachpresse mehr Sympathien entgegengeschlagen sind als dem neuen Porsche Boxster. Einige Rezensenten halten

ihn sogar für den besseren 911er, der im Vergleich zu seinem kleinen Bruder mittlerweile fast zu saturiert und behäbig wirkt. Auch der Einstiegspreis ist mit etwa 50.000 Euro für einen Porsche unschlagbar. Ein 911er kostet fast das Doppelte. Nun wird dem Boxster der Ruf des kleinen, „billigen“ Mädchen-Porsches wohl noch ein bisschen nachhängen. Trotzdem: Manchmal ändert sich so was schneller, als man denkt. In Zuffenhausen macht man den größten Umsatz schließlich längst nicht mehr mit Sportwagen, sondern mit dem Cayenne. Das wird sich in den kommenden Jahrzehnten auch nicht mehr ändern. Im Gegenteil: Im nächsten Jahr schon kommt mit dem Macan ein kleinerer SUV auf Basis des Q5 auf den Markt, der diesen Trend noch verstärken wird. Zudem war es der Erfolg des Boxsters, der die Zuffenhausener zu dem größenwahnsinnigen Gedanken inspiriert hat, den gesamten Volkswagen-Konzern übernehmen zu wollen. Die Herausforderung liegt nun darin, beide Seiten zufriedenzustellen: Die europäischen Sportwagen-Traditionalisten und die neue luxushungrige Kundschaft in Asien und anderen aufstrebenden Regionen der Welt, die Porsche bis vor ein paar Jahren noch gar nicht kannten und die Marke vor allem durch die Cayenne- und Panarama-Brille sehen. Der neue Boxster ist hier eigentlich der perfekte Mediator, da er Porsches Sportwagenkompetenz nicht zugunsten eines schnellen Erfolgs vernachlässigt, aber auch in China durch den guten Einstiegspreis und das leicht aggressivere und elegantere Design ein Erfolg werden könnte. Da wir weder strenge Puristen noch tumbe Sportwagenmachos sind, raten wir: Wenn Sie ernsthaft überlegen, sich einen Sportwagen zuzulegen, dann bitte diesen hier.

foto

Péka Devé

fazit Besser als der 911er.

leistung und preis KM/H

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31

46 E 6 Z UR YL

5

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R

R

188

LITE

DE

8,4

IN G CO2

4,6 SE

K /0

-

10

0

277

119


G

olf oder Leon? Da es sich im Prinzip um die gleichen Autos handelt, was die inneren Werte angeht, ist es vor allem eine Frage von Design und

Image, sich für das ein oder andere Modell zu entscheiden. Ginge man allein nach dem Preis, wäre der Seat Leon die günstigere Variante. Aber das scheint nicht ausschlaggebend zu sein, denn der Golf ist der mit Abstand erfolgreichere Kandidat. Während der Golf im Design traditionell für eine disziplinierte Konsequenz steht, positioniert Seat den Leon als verspielte und sportliche Alternative. Die Form ist stromlinienförmiger, man könnte sogar sagen, sie wirkt aggressiver. Dazu tragen vor allem die scharf konturierten Scheinwerfer des neuen Leons bei, deren kantige Umrisse darauf hindeuten, dass sich das Seat-Design von der weichen Rundlichkeit entfernt. Ähnliche Tendenzen sieht man auch im Golf, der Leon bringt sie allerdings wesentlich offensiver zum Ausdruck. Es stellt sich beim Vergleich der beiden Autos grundsätzlich die Frage, ob ein Fahrzeug der Kompaktklasse aussehen sollte wie ein Sportwagen. Wir denken nicht und ziehen den Golf deswegen vor. Nicht dass der Leon schlecht gestaltet wäre. Im Gegenteil. Die neue Schärfe lässt das Auto ernster wirken, was zu der von Krisen geprägten Zeit passt, in der wir leben. Es ist eher eine philosophische Frage: Ein Auto sollte in der Form widerspiegeln, wofür es im Alltag steht. In einem Leon fahren die meisten Menschen zum Einkaufen oder zur Arbeit, nicht auf eine Rennstrecke. Es ist auch kein Luxusauto, bei dem ein Funktionsüberschuss quasi zum Genre gehört. Beim Leon ist die Dachlinie etwas zu flach geraten. Die Sicken an den Seiten suggerieren etwas zu viel Dynamik. Beim Golf stehen sie für Stabilität. Und die werden die meisten Käufer von einem Auto wie dem Leon ebenfalls erwarten. Aber im Prinzip ist die Gegenüberstellung ungerecht. Der Golf dominiert seine Klasse seit Jahrzehnten und hat sie geprägt wie kaum ein anderes Auto. Alle Eindringlinge müssen sich an ihm messen. Insofern ist der Look des neuen Leon absolut angemessen. Denn der steht für Angriff. foto

Péka Devé

fazit Im Duell mit seinem Pendant Golf verliert der Leon.

leistung und preis

22 4 KM

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E 1S

0-100 K/

4 ZYLIN 18 6 L 4 PS IT 132 M G 2 D E 4.1 C R 90

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seat

leon fr 1.8 tsi 121


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mercedes-Benz

GL 500 4matic blue efficiency 122 w e r k s t a t t

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G

eradezu reflexartig halten SUV-Schlachtschiffe, wie der 435-PS starke, über 5 Meter lange und rund 2,5 Tonnen schwere GL 500 jeden noch so

Auto-vernarrten deutschen Großstädter auf kritische Distanz. Bei Themen wie Verbrauch, Parkplatzsuche und blöden Kommentaren von Fußgängern lässt sich der Kopf kaum in den Sand stecken. Doch was passiert eigentlich, wenn man den deutschen Großstädter und die Offroad-S-Klasse in das SUV-Mutterland verfrachtet? Der 24-stündige Praxistest in New Mexico liefert einige überraschende Erkenntnisse: Das Konzept des super-sized SUV funktioniert auf amerikanischen Straßen nach ganz eigenen Regeln und ist ganz sicher nicht dazu gedacht, die Milch beim Bio-Laden um die Ecke zu besorgen. Beim gemächlichen Cruisen über die endlosen Prärie-Highways entspannt sich zuerst die notorische Verbrauchspanik. Fernab vom Berliner Stop-and-Go pendelt sich der Durchschnittsverbrauch bei den Werten eines aggressiven Mini-Fahrers im Berufsverkehr ein. Parkplatzsuche vor der Mall? Mit Rundum-Kamera und Parkassistenz kein Problem. Aber Platz gibt es ja eh genug. Viel gefährlicher ist da die Highway-Patrol. Was soll man mit Sportwagenverdächtigen Beschleunigungswerten, wenn nach ein paar Sekunden durchgetretenem Gaspedal schon der Führerscheinentzug droht? Doch warum überhaupt rasen? Der GL 500 ist bei allen Kraftreserven die Ruhe selbst und das strahlt sich auf den Fahrer aus. Von der erhabenen Sitzposition aus lässt man die Welt an sich vorbeiziehen und es fehlt eigentlich nur jemand, der einem den Nacken krault. Text

Alexander Batke-Lachmann

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Jan Friese

fazit Die Kampfansage an Range Rover..

leistung und preis 250 KM /H

11,

435 PS

348 MG CO2 05 EURO 94.6 8 ZYLIN D

5L I

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5,4 SEK / 0-1

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event

Jukebox auf Rädern INTERSECTION feiert 10-jähriges Bestehen mit Nissan und Ministry of Sound

Bass Bass, wir brauchen Bass Bass. Mit diesen Boxen kann man das ohne falsche Bescheidenheit behaupten. Denn die Nissan-Sonderedition Juke Ministry of Sound steht nicht nur für schickes Design, sondern auch für ein Soundsystem der Megaklasse – garantiert lauter als ein startender Jumbojet! Die Kooperation zwischen dem französischen Autohersteller und dem Londoner Clublabel wurde in Paris gebührend gefeiert. Es versammelten sich Auto- und Musikliebhaber, um das schwarz-matte Monstrum genauer unter die Lupe zu nehmen – und natürlich um auf 10 erfolgreiche Jahre INTERSECTION Frankreich anzustoßen. Happy Birthday also auch von uns! Aber zurück zum Auto: 485 PS der Motor, 19.000 Watt die Boxen, erhältlich in Black Metallic oder Solid White – ist die Auflage dieses Autos weltweit auf 3.000 Exemplare limitiert. 400 davon werden in Deutschland ausgeliefert. Wer also zukünftig in einer rollenden Jukebox durch die Stadt cruisen möchte, sollte sich etwas beeilen. Um die Musik muss man sich allerdings keine Sorgen machen. Ein paar Ministry of Sound Silberlinge sollten im Preis enthalten sein.

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händlernachweis Alexander McQueen 76-78 Clerkenwell Road London EC1M 5QA Großbritannien Shop: Department Store Quartier 206 Friedrichstr. 71 10117 Berlin American Apparel American Apparel Deutschland GmbH Zollhof 10 40221 Düsseldorf Shop: American Apparel Münzstr. 19 10178 Berlin Bally Network PR Brahmsallee 9 20144 Hamburg mailbox@network-pr.de Bally Kurfürstendamm 52 10718 Berlin Bric’s Bric’s Deutschland Martin Luther Platz 32 40212 Düsseldorf Shop: KaDeWe Tauentzeinstr. 21-24 10789 Berlin Carhartt Work In Progress Textilhandels GmbH Rosenthalerstr. 38 10178 Berlin www.carhartt-wip.com Shop: Carhartt Rosenthalerstr. 48 10178 Berlin Converse Schröder+Schömbs PR Torstr.107 10119 Berlin Shop: Converse Berlin Münzstr. 18 10178 Berlin Diesel Henri + Frank Public Relations Schopenstehl 22 20095 Hamburg frank@henriplusfrank.de Shop: Diesel Store Neue Schönhauser Str. 21 10178 Berlin Dior KCD Paris 13 rue du Mail 75002 Paris Frankreich Shop: Departmentstore Quartier 206 Friedrichstr. 71 10117 Berlin

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Dockers Bold Torstrasse 68 10119 Berlin Shop: Peek & Cloppenburg Tauentzienstr. 19 10789 Berlin

Lacoste Yello Sport GmbH Hohe Str. 68-82 50667 Köln Shop: Lacoste Kurfürstendamm 213 10719 Berlin

Rag & Bone 425 W 13th Street New York, NY, 10014 USA Shop: Departmentstore 206 Friedrichstr. 71 10117 Berlin

Emporio Armani Giorgio Armani Retail s.r.l. Maximilianstr. 32 80539 München Shop: Emporio Armani Theatinerstr. 12 80333 München

Lanvin 15 Rue du Faubourg Saint-Honoré 75008 Paris Frankreich contact@lanvin.com Shop: Departmentstore Quartier 206 Friedrichstr. 71 10117 Berlin

Vans K-MB Agentur für Markenkommunikation Linienstr. 144 10115 Berlin Shop: Vans Alte Schönhauser Str. 48 10119 Berlin

G-Star Schoeller von Rehlingen Ismaninger Str. 102 81675 München Shop: G-Star Store Kasernenstr. 10 40213 Düsseldorf Globetrotter Pressestelle Bargkoppelstieg 10 - 14 22145 Hamburg Shop: Globetrotter Schloßstr. 78 – 82 12165 Berlin Gucci Network PR Brahmsallee 9 20144 Hamburg Shop: Gucci Friedrichstr. 71 10117 Berlin Hermès Hermès GmbH Marstallstr. 8 80539 München Shop: Hermès Store Kurfürstendamm 58 10707 Berlin Hyde’s Bold Torstrasse 68 10119 Berlin Shop: Departmentstore Quartier 206 Friedrichstr. 71 10117 Berlin Iceberg Bernd SchürmannGmbH & CO. KG Nollendorfstr. 28 10777 Berlin Shop: Pool Maximilianstr. 11 80539 München Jil Sander Loews GmbH Maximilianstr. 43 80538 München Shop: Jil Sander Kurfürstendamm 185 10707 Berlin

Levi’s Made&Crafted Silk Relations GmbH Rückerstr. 4 10119 Berlin Shop: Buttenheim Levi’s Store Memmhardsr. 7 10178 Berlin Lou Dalton brett@village-press.com Shop: thecorner.com Marni Karla Otto 8 Avenue du Président Wilson 75116 Paris Frankreich Shop: Departmentstore Quartier 206 Friedrichstr. 71 10117 Berlin Miharayasuhiro Pruple PR 28 Savile Row London W1S 2EU England Shop: Pool Maximilianstr. 11 80539 München Owl Bold Torstrasse 68 10119 Berlin owloptics.com Pringle of Scotland Nicole Weber Communications GmbH Susannenstr. 29 20357 Hamburg Shop: KaDeWe Tauentzeinstr. 21-24 10789 Berlin

Victorinox Donkey PR Heinrich-Roller-Str. 16B 10405 Berlin Shop: KaDeWe Tauentzeinstr. 21-24 10789 Berlin Walter Steiger Press Office 33, Avenue Matignon 7 5008 Paris Frankreich Shop: Walter Steiger Schlüterstr. 38 10629 Berlin Wolverine Schröder + Schömbs PR Torstr. 107 10119 Berlin Shop: 14. oz Neue Schönhauser Str. 13 10178 Berlin Wrangler Schröder + Schömbs PR Torstr. 107 10119 Berlin Shop: Breuninger GmbH & Co. Marktstr. 1-3 70173 Stuttgart Y-3 Häberlein & Mauerer AG Rosenthaler Str. 51 10178 Berlin Shop: No 74 Berlin Torstr. 74 10119 Berlin

PRPS Fake PR Münzstr. 13-15 10178 Berlin Shop: Departmentstore Quartier 206 Friedrichstr. 71 10117 Berlin

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„Stark gemacht“ auto motor und sport 24-2012

„Die neue Motorengeneration im DB9 bietet neben guten Manieren auch alles Rockstar-Drama, das man von einem Zwölfzylinder im Sportwagen erwartet“

„Gutes besser gemacht“

Die Presse (Österreich) 2.November 2012

Tagesanzeiger (Schweiz) 24.Oktober 2012

„Was wirklich Schönes... Glatt und schön und ewig... Alles läuft smooth, kontrolliert und seidenweich“

„Elite Brite. Herrlich!“ Sonntags Blick (Schweiz) 28.Oktober 2012

Der Standard (Österreich) 25/26 Oktober 2012

„Himmlische Schönheit“ Auto Zeitung 23-2012

„Ein Gran Turismo im besten Sinn“ Kurier (Österreich) 25.Oktober 2012

„Der DB9 ist das Herz von Aston Martin und ein gut geformtes Symbol für die Kraft der Freiheit“ Weltwoche (Schweiz) 45-2012

Der neue Aston Martin DB9 DER BESTE DB9 ALLER ZEITEN, IN DEN HAUPTROLLEN: ZEITLOSES DESIGN | RUNDUM NEUER 6 LITER-V12 MOTOR | 0-100KM/H 4,6 SEKUNDEN 620 NM DREHMOMENT | HERVORRAGENDE FAHREIGENSCHAFTEN | NOCH LUXURIÖSERES INTERIEUR Um den neuen DB9 selbst zu erfahren, kontaktieren Sie bitte Ihren nächsten Aston Martin Händler: ASTON MARTIN ALLGÄU Camelot Car Company GmbH 08331-974 450 www.astonmartin-allgaeu.de

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ASTON MARTIN HAMBURG Tamsen GmbH 040-5 700 300 www.tamsen.de

ASTON MARTIN KÖLN Royal Motors Kempen GmbH 0221-93 47 800 www.astonmartin-koeln.de

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ASTON MARTIN MÜNCHEN AM Automobile GmbH 089-287 012 10 www.astonmartin-muenchen.de

ASTON MARTIN STUTTGART Schwabengarage AG 0711-280 33 610 www.astonmartin-stuttgart.de

WWW.ASTONMARTIN.DE Kraftstoffverbrauch in Liter/100 km: Kombiniert 14,3 (innerorts 21,6/außerorts 10,0), CO2-Emissionen: 333 g/km nach dem vorgeschriebenen EU-Messverfahren.


letzte Ausfahrt

Il Sorpasso

Der italienische Regisseur Dino Risi erzählt in dem Roadmovie „Il Sorpasso“ die Geschichte zweier ungleicher Freunde zur Wirtschaftswunderzeit Geschichten und Filme über Freunde, die ein Abenteuer suchen und glauben, es während eines Roadtrips zu finden, gibt es unzählige. Der italienische Kultfilm „Il Sorpasso“ erzählt allerdings die Geschichte zweier sich zu Beginn fremder und sehr unterschiedlicher Männer. Regisseur Dino Risi schickt Bruno, einen italienischen Vorzeige-Macho, und Roberto, den schüchternen und strebsamen Studenten, auf eine Reise durch Italien, die sie beide verändern wird. Ort des Geschehens sind die Straßen, irgendwo in der Nähe von Rom. Das Gefährt und der heimliche Star des Films ist Brunos Cabrio, ein Lancia Aurelia B24. Ein Auto, das ohne Fahrtwind und grölenden Motor bereits das Gefühl von Freiheit und Charme versprüht. Der Film kam 1962 in die Kinos – dem Höhepunkt des Wirtschaftswunders der Nachkriegszeit. Bruno symbolisiert in seinem Handeln und Denken einen Vorzeigemann der Konsumgesellschaft. Aus Langeweile schnappt er sich Roberto, den er zufällig kennenlernt, und fährt mit ihm drauflos. Roberto – zu Beginn des Trips ohne Ziel noch

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merklich nervös, versucht immer wieder zu flüchten, doch Bruno schafft es stets, ihn zu sich ins Cabrio zurückzuholen. Im Laufe der Zeit entsteht eine seltsame Freundschaft zwischen den beiden. Roberto wirkt losgelöst, scheint den Fahrtwind an der Küste Italiens zu genießen. Bruno fühlt sich dafür verantwortlich, den Adrenalinschub weiter anzutreiben, und drückt das Gaspedal immer weiter bis zum Anschlag. Plötzlich verliert er die Kontrolle über den Wagen, gerät auf die falsche Spur, ein Lastwagen kann nicht mehr ausweichen, der Aufprall unausweichlich. Bruno rettet sich in letzter Sekunde aus dem rollenden Wagen, Roberto aber fällt mit dem Lancia die Klippen hinunter. Die Kamera richtet sich auf Bruno, an seiner Schläfe läuft Blut herab, schmerzverzerrt hält er seinen Arm fest. Vorbei ist es mit der Unbeschwertheit der Dolce Vita. Er scheint sich Vorwürfe zu machen, doch bevor der Zuschauer dies genauer erkennen kann, schwenkt die Kamera wieder auf das Autowrack, das von den Wellen umspült wird.

Il Sorpasso - Verliebt in scharfe Kurven Cecchi Gori E.E. Home Video SRL Italien, 1962 Dauer: 102 Minuten Regie: Dino Risi Darsteller: Vittorio Gassmann, Jean-Louis Trintignant

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